Karl-Theodor zu Guttenberg ist wieder da, das fränkische Stehaufmännchen. Es war ja befürchtet worden. Aber wisst Ihr was – ich mag jetzt nicht über dieses überflüssige Thema schreiben. Es kamen viele Leserbriefe, denen ich nun das Wort erteile, und wer darüber hinaus was über dieses vermutlich genau kalkulierte „Ereignis“ wissen möchte, der klicke einfach hier.
Heinz Abraham aus Kronberg meint:
„Ein Blick ins StGB und man stellt fest, dass die Einstellung des Verfahrens gegen Guttenberg wegen Betrugs nach § 263 StGB und nach anderen §§ wegen Urheberrechtsverletzungen (die lächerliche Geldbuße rechne ich nicht) der Staatsanwaltschaft formal recht gibt. Formal wohlgemerkt, da dort immer nur von materiellen Schädigungen die Rede ist; das Gesetz schützt also immaterielle oder indirekte Schädigungen aus Mangel an Gesetzes-Vollständigkeit. Da haben sich aber die Juristen gefreut, dass nicht jedes kriminelle Delikt dort aufgeführt wird und eine Tat dann auch als nicht kriminell behandelt werden kann.
Die Fälschung der Doktorarbeit und die Täuschung der Doktorväter, wenn es denn so war, erfolgte, um einen in der Politik und Wirtschaft vorteilhaften geisteswissenschaftlichen Doktortitel zu erhalten, der leichteren Aufstieg ermöglicht und Prestige verleiht. Dass Guttenberg Geld hat, war kein Hindernis für die Tat, begründet vielleicht auch kein vorrangiges Streben nach materiellen Vorteilen, aber auch keines für Entschuldigungen jener Fälschungen.
Die Freunderl in der CSU, aber auch der CDU, die seine „Verfehlungen“ als Kavaliersdelikt sehen und uns verkaufen wollen oder die gar auf die Verfahrenseinstellung hinweisen, wenn sie ihn als Politiker anerkennen und vielleicht auch zurückkehren lassen wollen, haben eine merkwürdige Vorstellung von Rehabilitation und von Resozialisierung, die vielleicht bei minderjährigen Ersttätern angebracht sein kann, nicht aber bei sogenannten gestandenen Mannsbildern.
Das Vertrauen in die alle gleichbehandelnde (?) Justiz hat wieder einmal einen Dämpfer erhalten, aber auch das in Politiker, die sich nicht eindeutig von Kriminellen abwenden und sie als unter Umständen wieder wählbar erklären. Dass fränkische Orts- und Bezirks-Verbände wieder guttenbergen wollen, ist aber kein typisch bayerischer Vorgang dumpfen Denkens und der Absolution, sondern auch anderswo möglich.“
Wolfgang Wurtz aus Oldenburg:
„Ich empfinde die „Berichterstattung“ als böswillig, ungerecht, selbstgerecht, verheuchelt, pharisäerhaft, falsch und somit insgesamt widerlich. Guttenberg ist der Politiker, welcher in den letzten Jahren am meisten bewirkt hat, welcher unkorrumpierbar und unabhängig von Sonderinteressen ist, selbst von den Interessen der Bauernpartei CSU, und welcher die aktuellen brennenden Probleme mit mehr Klugheit betrachtet und klarer anspricht als die gegenwärtige Regierung, die Opposition und die Presse zusammen. Nur deshalb und nicht nur weil er eine inhaltlich hervorragende vergleichende Doktorarbeit geschrieben hat, muss Guttenberg möglichst bald Frau Merkel ablösen.“
Roland Klose aus Bad Fredeburg:
„’Menschen stolpern nicht über Berge, sondern über Maulwurfshügel.‘ Dieses Zitat des weisen Konfuzius erklärt, warum der Ex-Politstar KT zu Guttenberg mit seinem persönlichen Watergate – der sogenannten Plagiatsaffäre – einfach scheitern musste. Deshalb feilt KT gerade an einer neuen Doktorarbeit zum Thema „Maulwurfshügel in der Politik und wie man sie gekonnt umgehen kann“. Sein Ziel: das allseits erwartete Comeback des neuen Messias KT im Stile eines Muhammad Ali. Dafür hat KT jetzt eine Biographie geschrieben oder schreiben lassen, die bezeichnenderweise in Gottes eigenem Herder-Verlag erschienen ist. Dabei will er sich mit seinem neuen Outfit deutlich von der Klasse der politischen Schwätzer und Schaumschläger abheben. KT will endlich wieder seriös angreifen. Vielleicht sogar als Kanzlerkandidat der alternativen Shooting-Partei „Piraten“. Adel verpflichtet schließlich!“
Karsten Neumann aus Nürnberg:
„Wenn man eine Suchmaschine bemüht, kommen unter den Stichworten „Guttenberg“ und „Halifax“ gut 400 Treffer im Bereich Nachrichten, und das innerhalb von zwei Tagen. Da wird über seinen Auftritt von den Potsdamer Nachrichten über den Spiegel bis hin zur FR berichtet. Immer der gleiche Tenor, Motto „versuchtes Comeback“. Geht´s noch? Alle bundesdeutschen Medien berichten und berichten von einem versuchten (!) Comeback?
Zur Pressefreiheit gehört nicht nur, schreiben zu dürfen, was man will, zur Pressefreiheit gehört auch, mal Nein zu sagen. Aber die newsgeilen Journalisten lassen sich von Medienberatern in gewohnter Häppchenmanier vorführen. Darauf kann vielleicht ein JU-Fan von Guttenberg reinfallen, aber bitte kein Profi-Journalist. Ich vermisse die nötige Distanz eines seriösen Blattes auf das Äußerste.“
Rasmus Ph. Helt aus Hamburg:
„Auch wenn jeder Mensch bei genügend Einsicht über seine Fehler eine zweite Chance verdient, verbietet sich zumindest eine weitere politische Karriere in Deutschland. Da nur jemand glaubwürdig eine Leistungsgesellschaft repräsentieren kann, der deren Regeln selbst beachtet, anstatt über Umwege – wie die eigene Selbstinszenierung – die breite Öffentlichkeit über seine Schaffungskraft nach Vorbild von Münchhausen zu täuschen!“
Nur kleingeistige Spießbürger haken sich an einem verzeihlichen Fehler fest, zukunftsorientierte Mitbürger sehen in KT zu Guttenberg einen charakterstarken und fähigen Politiker, der von allen derzeitigen Politikern, die in der Euro-Krise zum Schaden für Deutschland total versagt haben, allein echtes Kanzlerformat hat. Beginnt im nächsten Jahr die Rezession und kommt auch der Euro ins Trudeln, dann ist es Zeit für eine neue Partei, die wieder echte menschliche Grundwerte vertritt und unter seiner Führung auf Anhieb sicher über 30 % der Wähler allein aus den saturierten alten Parteien hinter sich bringt. Das ist dann der Beginn einer neuen Zukunft für Deutschland, die von den gegenwärtigen Politikern systematisch vernichtet wird.
„Aber wisst Ihr was – ich mag jetzt nicht über dieses überflüssige Thema schreiben.“
Exakt, so sehe ich das auch, ein völlig überflüssiges Thema. Jeder Sack Reis, der irgendwo in China umfällt, ist wichtiger als dieser Guttenzwerg. Aber so krank und gleichgeschaltet sind bereits die Medien, insbesondere die öffentlich-rechtlichen. Ein Blender, Täuscher, hartnäckiger Lügner, Betrüger und politischer Totalversager, der bisher aber auch gar nichts zustande gebracht hat, außer Sprüche zu klopfen, hält ein Stöckchen hin, und die mediale Republik hüpft, hüpft und hüpft. Einfach nur noch krank.
zu @ Herbert Gaiser
Eigentlich habe ich gedacht Jutte Rydzewski hat recht und ich schreibe nichts zu diesem Thema, aber dann habe ich Ihren Beitrag gelesen. Darauf hin habe ich mich entschlossen doch Fragen an Sie zu richten. Die Erste wäre; Ob Sie möglicherweise in der ganzen Zeit als der Herr in der Regierung als Minister tätig war außer Landes waren? Und wenn nein welche Taten es waren die Sie so in Begeisterung versetzt haben?
@Bronski:“Ich mag jetzt nicht über dieses überflüssige Thema schreiben“ – Ich wünschte, das wäre die Haltung der gesamten Redaktion der Frankfurter Rundschau! Damit, dass sie sich in mehreren ausführlichen, wenn auch kritischen, Artikeln mit ihm beschäftigt, hält sie ihm den Steigbügel für seine Rückkehr.
Dieser aufgeblasene Blender gehört einfach ignoriert. Die Leute, denen ein Typ wie der imponiert, werden seine Bücher in ihrer Buchhandlung finden, aber im übrigen sollte man sein Geschwätz ins Leere laufen lassen und zur Tagesordnung übergehen.
Was die Person des ehrenwerten Herrn Baron angeht – da pflichte ich Bronski voll und ganz bei – ist alles gesagt. Jede weitere Diskussion wird kontraproduktiv, wo das Sichtbarwerden des Betrugs die Ehrfurcht seiner Bewunderer noch steigert. Schon ein F.J. Strauss fuhr seinen größten Wahltriumph nach Bekanntwerden seiner Gaunereien in der „Bäderaffaire“ ein.
Freilich: Der Erfolg eines Hochstaplers setzt auch die Bereitschaft breiter Kreise voraus, sich betrügen zu lassen – wie schon Thomas Mann auf meisterhafte Weise am Beispiel „Felix Krull“ gezeigt hat. Von „Bekenntnissen“ kann (anders als bei Felix Krull) im Fall zu Guttenberg allerdings keine Rede sein. Im Gegenteil scheint das einzig neue Element die Steigerung seiner Chuzpe auf ein selbst für seine Förderer unerträgliches Maß zu sein.
Das Phänomen der fast religiösen Heilserwartung von Guttenberg-Bewunderern, der Eifer, ihrem Guru Fähigkeiten anzudichten und Betrug zu Chararakterstärke umzudefinieren (siehe Herbert Gaiser,# 1) sind ebenso wenig ausdiskutiert wie die Folgen solcher Realitätsverweigerung. Auch wenn Herr Gaiser es für den Ausguss eines „kleingeistigen Spießbürgers“ halten mag: Mir kommen bei solcher Art von Antibürgerlichkeit, die auf bürgerliche Werte wie „Ehrlichkeit“ und „Anstand“ verzichten zu können glaubt, Bilder von Menschen in den Sinn, die auch vom Beginn einer „neuen Zukunft für Deutschland“ träumten, sich von einer „saturierten“ Bürgerlichkeit zu befreien glaubten und mit Hurra-Geschrei in den 1. Weltkrieg zogen.
Zu diskutieren wäre auch, wer mit welchem Interesse solche Heilserwartungen weckt, wer die Hintermänner einer solchen „zukunftsorientierten“ Bewegung sind (um bei der Terminologie Herrn Gaisers zu bleiben) – unter „Führung“ solcher Lichtgestalten wie zu Guttenberg und Sarrazin.
Sollte es da bloßer Zufall sein, dass man sich bei Maybritt Illner im ZDF eine geschlagene Stunde lang an der Forderung „Wir wollen Guttenberg zurück!“ auf einem Riesentransparent erbauen konnte, vor dem die Diskutanten wie lächerliche Statisten wirkten – und wohl wirken sollten? – Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!