Keine Ruhe in Euroland. Griechenland spart sich zu Tode, die griechische Wirtschaft schrumpft dementsprechend, die Abwärtsspirale ist in Gang gesetzt. Das war zu erwarten, aber es hat die Europapolitik nur am Rande interessiert; sie hatte vor allem die Stabilität des Euro im Blick und schreckte nicht davor zurück, Griechenland mit Entmündigungsszenarien zu konfrontieren. Mal sollte das Land unter die Aufsicht der EU-Kommission gestellt werden, mal wird über ein Sperrkonto geredet, von dem die griechischen Verbindlichkeiten direkt bedient werden sollen, ohne dass die Griechen Zugriff darauf hätten. Das Geld könnte ja sonst im griechischen Korruptionssumpf versickern. Stattdessen verschwindet es in den Bilanzen der Banken. So weit, so konkret. Die Pläne für einen „Marshall-Plan“ für Griechenland hingegen bleiben bisher noch unkonkret. Auch über einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone wird wieder geredet.
Der deutschen Wirtschaft hingegen geht es blendend. Warum, das ist hier beschrieben. FR-Autor Stephan Kaufmann kommt in diesem Text zu dem Schluss: „Man sieht: Der deutsche Erfolg hat viele Gründe. Er kann von den anderen Euro-Ländern daher nicht so einfach durch Sparhaushalte und Lohnsenkungen kopiert werden.“ Da spricht er im Vorübergehen noch einen weiteren Grund für die Stärke der deutschen Wirtschaft an: Lohnsenkungen. Das heißt übersetzt wohl: Die Saat der Agenda-Politik Gerhard Schröders ist aufgegangen. Wir wissen alle, um welchen Preis das geschehen ist. Ist das ein Weg, den man unseren europäischen Nachbarn empfehlen kann? Der französische Präsident Nicolas Sarkozy scheint dieser Meinung zu sein, er schwärmt vom deutschen Vorbild und will Frankreich offenbar umbauen, wenn er wiedergewählt wird (wonach es derzeit allerdings nicht aussieht). Das dürfte nicht ohne Auswirkungen auf die hohe französische Geburtenrate bleiben, die wiederum von der deutschen Politik für vorbildlich gehalten wird. Wir lernen: Alles hängt mit allem zusammen. Extreme Ausschläge des Pendels bewirken extreme Entwicklungen. Gibt es einen Mittelweg?
In der Euro-Politik sucht Kanzlerin Merkel (CDU) nicht nach einem Mittelweg. Machtvoll hat sie die Politik, die sie für richtig hält, in Europa durchgesetzt. Spardiktat, Schuldenbremsen – das hat in Deutschland anscheinend tatsächlich gewirkt. Zumindest hat der Bund 2011 „nur“ 25 Milliarden Euro Neuschulden gemacht. Aber viele andere Euro-Länder haben die starke Wirtschaft nicht, die sowas möglich macht. Merkels Konzept wird uns, das wage ich zu prophezeien, mittelfristig noch beschäftigen.
Peter Boettel aus Göppingen:
„Wenn die Politik sich den Stammtischmeinungen, Griechenland möge doch pleitegehen, fügt, hat diese Regierung selbst mit ihrer Nötigungshaltung gegenüber einem seither befreundeten Land, das von Deutschland bereits im Krieg stark gedemütigt wurde, diese Stimmung mit vielfältigen Falschinformationen über angebliche Faulheit und zu hohe Renten aufgeheizt und nichts zur Versachlichung der Diskussion beigetragen. Dagegen kam bisher Frau Merkel kein Wort über die hohen Militärausgaben des Landes über die Lippen, verdienen doch ihre Freunde aus der Rüstungsindustrie kräftig an diesen Ausgaben. Die allgemeinen Schlagworte von Korruption u. ä. sind von Fachleuten widerlegt und stellen sich im internationalen Vergleich nicht gravierender dar als in anderen Ländern Mitteleuropas. So findet der Leserbrief meine volle Zustimmung. Als häufiger Griechenlandurlauber mit stets positiven Erfahrungen empfinde ich das Verhalten der Merkozy-Politik gegenüber Griechenland als erpresserisch. Es erinnert an verhängnisvolle Diktate in der Vergangenheit.
Als geradezu heuchlerisch ist zu bewerten, wenn Herr Schäuble sich beklagt, dass Griechenland sein Angebot zur Hilfestellung bei der Steuerverwaltung ablehne, wenn man bedenkt, dass das deutsche Steuersystem, in dem Steuerfahnder kaltgestellt wurden, oder in dem wenn verhindert wird, dass CDs mit Steuersündern, die zu erheblichen Mehreinnahmen führen könnten, nicht angekauft werden, oder wenn Herr Schäuble gar mit der Schweiz ein Steuerhinterziehungsabkommen abschließt.
Insofern ist die Äußerung des griechischen Staatspräsidenten, Schäuble verhöhne Griechenland, nicht nur verständlich, sondern als Pflicht gegenüber seinem Volk zu sehen. Kein Wunder, wenn sich die Scharfmacher aus Union und FDP darüber aufregen, haben sie doch selbst ständig mit ihren Forderungen nach einem Staatskommissar, Sonderkonto und so weiter Präsident Papoulias zu dieser Schelte provoziert.“
Bernhard Winkler aus Trebur:
„Es ist ein Trauerspiel: Mit Frau Merkel vorneweg diktiert Europa dem kleinen Griechenland einen „Spar“-Kurs, der das Land immer weiter ins Elend treibt. Seit zwei Jahren zeitigen die immer schärferen Vorgaben nur eins: den wirtschaftlichen Absturz des Landes und Hunderttausende von Menschen, die dramatisch verarmen. Die Medizin der Frau Merkel und all jener, die darauf pochen, die Griechen sollten sich doch gefälligst etwas anstrengen und zeigen, dass sie ernsthaft sparen, wirkt nicht. Im Gegenteil, es wird immer schlimmer. Die Konsequenz, die man daraus zieht: Noch mehr der gleichen Medizin! Wie soll denn ein Land seine wachsende Schuldenlast jemals zurückzahlen, wenn man die Wirtschaft immer weiter knebelt? Merkel und Sarkozy haben offenkundig nichts aus der Weltwirtschaftskrise der 1920er und 30er Jahre gelernt, sie machen die gleichen Fehler wie damals.
Man sollte nicht vergessen, dass das deutsche Wirtschaftswunder auch darauf beruhte, dass die Siegermächte weitestgehend auf Reparationsleistungen des am Boden liegenden Deutschlands verzichteten – auch Griechenland, das unter der Nazi-Besatzung gelitten hatte, verzichtete, obwohl es sicher Grund genug gehabt hätte, Wiedergutmachung zu verlangen. Und heute stellen sich die weitblickenden deutschen Spitzenpolitiker hin und erzählen den Griechen, wie sie gefälligst zu wirtschaften haben. Das ist mehr als traurig, ich finde das widerlich und beschämend.
Die Schwäche einiger südeuropäischer Volkswirtschaften und die ökonomische Stärke Deutschlands mit seinen hohen Exportüberschüssen sind zwei Seiten einer Medaille. Deutschlands Überschüsse beruhen unter anderem auf den umfangreichen Importen unserer europäischen Nachbarn. Dieses Ungleichgewicht muss beseitigt werden, sonst wird die Eurokrise zum Dauerzustand oder der Euroraum zerbricht.
Von allen wirtschaftlichen Zusammenhängen abgesehen – das Projekt Europa wird immer noch in vielen Ländern als ein Modell mit historischem Charakter gesehen. Die europäischen Gründungsväter waren geprägt von den entsetzlichen Erfahrungen der Weltkriege und haben sich geschworen, dass so etwas nie wieder passieren darf. In der amtierenden Bundesregierung scheint man sich kaum noch daran zu erinnern, stattdessen bedient man dumpfe Ressentiments, um sich die nächste Wahl zu sichern. Der europäische Gedanke spielt entweder keine Rolle mehr oder man glaubt, dies „der schwäbischen Hausfrau“ nicht mehr vermitteln zu können. Wer so Politik betreibt, bewegt sich auf dünnem Eis: Die EU ist keine Selbstverständlichkeit.“
Carsten Dietrich Brink aus Gauting:
„Ich würde nicht allein Kanzlerin Merkel die Schuld geben. Wer eine Ehe als reine Zugewinngemeinschaft betreibt, wie es die EU-Staaten tun, muss scheitern. Seit Jahren ist die EU für mich ein gescheitertes Projekt! Von Anfang an fehlten der EU das soziale Gewissen und eine auf den Menschen bezogene „Seele“. Ich habe seinerzeit (ich glaube 1994!) am Europamarsch der Gewerkschaften nach Amsterdam teilgenommen. Der konnte die EU-Politiker nicht wachrütteln, seither gebe ich das EU-Projekt verloren.
Der Euro ist eine Missgeburt! Auch die DDR wurde schon so wie Griechenland behandelt! Man hat sie zulasten ihrer Bürger und aller Steuerzahler pleitegehen lassen. And the winner takes it all.“
Herbert Gaiser aus München:
„Entwickelt sich Europa zum Tollhaus? Da bauen unfähige Polit-Banker wie Mario Draghi mit Hilfe der EZB nach Gutdünken und ohne parlamentarische Legitimation eine Spekulationsblase von unvorstellbarer Größe auf, ohne dass ihnen Einhalt geboten wird. Auch zum Teil marode Banken bekommen Mittel in unbegrenzter Höhe zu einem Prozent Zins, um damit dann Ramschpapiere bankrotter Staaten zu kaufen. Diese Mittel sind langfristig verloren, da sie nie zurückgezahlt werden können. Und 27 Prozent dieser Verluste trägt der deutsche Steuerzahler.
Für wie dumm halten denn unsere Politiker das deutsche Volk? Wann kommt es endlich auch bei uns zum Aufstand der Wutbürger gegen dieses größte Wirtschaftsverbrechen der Nachkriegszeit, so lange es noch nicht zu spät ist? Weiter so und Deutschland und Europa landen im Abgrund. Ursprünglich einmal sollte Ländern geholfen werden, jetzt werden nur noch verantwortungslos spekulierende Banken über Wasser gehalten, ein Treppenwitz unseres Jahrhunderts und ein Zeichen für das totale Versagen der derzeitigen Politiker! Lasst Griechenland endlich aus dem Euro raus! Nur so kann Griechenland und Europa gerettet werden.“
Gerd Wientzek aus Neu-Isenburg:
„Es geht doch überhaupt nicht um Griechenland sondern nur darum, wie man die Kreditausfallbürgschaften einiger einflussreicher Banken retten kann. Weder EZB noch IWF sind demokratisch legitimiert und deshalb nicht zu kontrollieren. Diese Institutionen kümmern sich um ihre Klientel, nämlich die Finanzwirtschaft.
Griechenland sieht keinen Cent des Rettungsgeldes. Man kann es direkt an die Banken überweisen oder dort lassen. Wenn Spitzenpolitiker eines Staates über Jahre oder Jahrzehnte so wirtschafteten und inzwischen aufgrund der Hinhaltetaktik zur Schuldnerrettung das Land in eine derartige Rezession stützt, werden zig Jahre vergehen, bis Licht am Ende des Tunnels erscheint, und selbst das ist fraglich. Die Profiteure dieses Dilemmas haben ihre Schäfchen im Trockenen. Die für dumm Verkauften haben gezahlt und zahlen auch weiterhin die Zeche. So läuft Kapitalismus, ob links oder rechts.“
„… Mal sollte das Land unter die Aufsicht der EU-Kommission gestellt werden, mal wird über ein Sperrkonto geredet,“…
Wenn ich die Aufzählung MAL über das Gesagte hinaus etwas ergänzen darf: MAL ist Frau Merkel im höchsten Grade verärgert und hell empört, dass sich ein griechischer Ministerpräsident tatsächlich erdreistet, über eine Volksbefragung MAL laut nachzudenken. In einer Art Strafaktion werden dann auch MAL demokratisch gewählte Ministerpräsidenten, vom deutsch sprechenden Europa, unter strammer deutscher Führung, MAL eben herausgeschmissen, und durch linientreue europäische Technokraten MAL kurzerhand ersetzt. Und wenn schon MAL deutsche Führung, dann auch richtig, meint Herr Schäuble, und hält von demokratischen, freien, griechischen Wahlen MAL garnix. Schäuble versteht die Welt schon MAL gar nicht mehr, weil diese undankbaren, unfähigen und faulen Griechen, seine Sparkommissare und deutschen Finanzbeamten, die er nach Griechenland so gerne MAL in Marsch setzen wollte, noch nicht MAL dort willkommen heißen. Dass die Deutschen überhaupt MAL wieder den Ton angeben, darüber sollten nicht nur die Griechen, sondern die Europäer überhaupt, endlich MAL dankbar sein. Die Deutschen haben schließlich schon MAL unter Beweis gestellt, dass sie es können. Und wenn die deutsche Führerin MAL etwas Neues, wie z.B. die marktkonforme Demokratie einführen will, dann sollten die Europär, verflixt und zugenäht, sich wirklich MAL darüber freuen. Schließlich verbraucht sich so eine alte Klamotte, wie die Demokratie alter Prägung, auch MAL, und dann muss eben MAL was Neues her. Auch das ist in Deutschland alles schon MAL dagewesen. So, das soll es dann fürs Erste MAL gewesen sein. Habt endlich MAL mehr Vertrauen in den deutschen Weg, verdorrich noch MAL. Amen.
mfg
Jutta Rydzewski
Die nicht erst seit heute in überaus rauen Mengen kursierende Auffassung, die Konsequenzen sozioökonomischer Mechanismen wären insbesondere in Südosteuropa andere als in mitteleuropäischen Regionen, äußert nichts anderes als ein Kompositum vollständig frei erfundener Ungleichheit innerhalb moderner Gesellschaften abseits aller gültigen Einsicht in das, was unabdingbar nicht nur die unterschiedslose Gleichheit der Mitgliedsländer Europäischer Gemeinschaften untereinander stets begründet. Dass keine Regierung weltweit sich solcherlei blanken Unfug aneignet und ihre Politik womöglich auch noch danach ausrichtet, wundert deshalb niemand bei Verstand.
Griechenlandkriese: Wieso fragt eigentlich niemand nach den Ursachen? Was sind die wirklichen Ursachen? Haben wir vergessen das Griechenland/Zypern seit 60 Jahren von der Türkei bedroht wird? Die USA und Europa haben Griechenland ständig Kredit gewährt um den Westen zu schützen. Trotzdem hat die Türkei 1974 Teile von Zypern erobert.Griechenland hat viel zu teure Flughäfen und Häfen gebaut. Griechenland hat eine gigantische Luftwaffe, Marine und Armee. Warum? Um uns vor der Türkei und der arabischen Invasion zu schützen.
Unter diesen Bedingungen hat Griechenland nie ein efizientes Finanzsystem entwickelt.
Richtig! Wir sind vom arabischen Öl abhängig.
Aber wir im Westen sind auch eine Wertegemeinschaft: Menschenrechte, Humanität, Tolleranz und Solidarität sind unsere Grundlage.
Dagegen steht in der islamischen Welt Haß auf die Menschenrechte, Ablehnung von Humanität und ausufernde Fremdenfeindlichkeit. Beispielsweise der Haß auf Armenier in der Türkei, der Haß auf die christlichen Kopten in Ägypten, der Haß auf Israel und Juden durch die Muslime. Wir sollten Klartext reden: Das ist Antisemitismus und Rassenhass.
Deshalb kann Griechenland seine Probleme erst lösen wenn diese Bedrohung überwunden ist.
Oder fangen wir damit an das die Türkei als Entschädigung für den Völkermord an den Armeniern oder genauer an die überleben Armenier erst einmal 200 Milliarden Euro an die Opfer bezahlt. Außerdem muß die Türkei erst eimal
100 Milliarden Euro an Zypern zahlen für die widerrechtliche Nutzung eines Teils von Zypern.
Wir sollten den Mut haben die Wahrheit zu sagen, auch wenn die Grauen Wölfe, Milli Görüs, DITIB, VIKZ,
Gülen-Bewegung etc. uns mit Gewalt drohen.
Meiner Meinung nach werden die Rolle von A. Merkel und der Einfluss der deutschen Politik bei der Diskussion über den Rettungsschirm für Griechenland überbewertet. Frau Merkel kann nur deshalb Bedingungen stellen oder “Medizin” verordnen, weil sie sich einer ergebnisorientierten und innovationsfreudigen Industrielandschaft hinter ihrem Rücken bewusst und sicher ist. Die Stärke und die Erfolge unserer Industrie beruhen auf etlichen – nicht nur positiven – Faktoren, die auch durch hervorragende Produkte und eine hohe Effizienz in Forschung, Entwicklung, Produktion, Marketing und Verkauf bedingt sind. Aus eigener Erfahrung und Praxis kann ich bestätigen, dass in Europa und der Welt keineswegs “deutsch” – auch nicht im übertragenen Sinn – gesprochen wird. Um beispielsweise erfolgreich Forschungsaufträge extern bei ausländischen Firmen platzieren zu können, werden Diskussionen und Fachgespräche ausschließlich in Englisch und auf Augenhöhe mit den Partnern geführt. Mit dem von “Stubenhockern” postulierten und den Deutschen vorgeworfenen “Untertan – Führer – Dualismus” gewinnt man heutzutage keinen Blumentopf mehr. Nicht das “Deutsche” gibt den Ton an, sondern den Takt gibt der vor, der beim “cutting-edge” die Nase vorne hat und auf dem höchsten Niveau “performed“, was nur möglich ist, wenn man in einem positiv “competitiven” Arbeitsumfeld nicht nur zu arbeiten in der Lage sondern es auch gewöhnt ist.