Trump und Netanjahu, Brüder im Geiste

Donald Trump macht weiter in seinem Furor, die Welt in Gut und Böse zu unterteilen und alles zu unterminieren, was bisher mühsam auf diplomatischen Wegen erreicht worden ist. Oder welche strategische Weitsicht soll zu erkennen sein in der Entscheidung des US-Präsidenten, die von Israel annektierten Golanhöhen als israelisches Staatsgebiet anzuerkennen? Man möge mich korrigieren – aber genau das bedeutet es doch, was dieser Tage durch den Äther unserer ach so sozialen Medien zwitscherte, nicht wahr?

In Israel stehen Wahlen an. Zugleich hat der jetzige Premierminister, Benjamin Netanjahu, ein Korruptionsverfahren am Hals. Die Hamas im Gaza-Streifen hat schon das ihr Mögliche dazu getan, Netanjahu im Amt zu halten, denn sie braucht das Feindbild, ohne das ihr die Existenzgrundlage wegbricht. Darum hat sie Israel mit Raketen bombardiert, und Israel hat wie immer reagiert. Das bringt Stimmen. Die Mechanismen funktionieren, so wie immer. Der Nahe Osten – immer derselbe Teufelskreis. Und jetzt noch befeuert von Trump. Was für ein Wahnsinn!

Der folgende Gastbeitrag zu diesem Thema erschien leicht gekürzt auch im Print-Leserforum.

Trump und Netanjahu, Brüder im Geiste

Von Jürgen Malyssek

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Wieder einmal hat US-Präsident Donald Trump zugeschlagen: Dieses Mal mit der Anerkennung der Golanhöhen unter israelischer Souveränität. Mit einem Federstrich (Tweet) macht dieser Dealer die Lage für die Palästinenser und Israelis immer aussichtsloser. Netanjahu fühlt sich bestätigt und befeuert dadurch weiter den Hass zwischen den Bürgern in Israel, Westjordanland und Gaza. Mit höchstwahrscheinlich weiteren fatalen Folgen. Die seit 1981 von Israel annektierten Golanhöhen sind wesentlicher militärischer Stützpunkt, vor allem durch die dauerhaften Scharmützel mit Syrien an den Grenzgebieten. Gleichermaßen rechtfertigt Netanjahu den Golan als Schutzregion gegen den Erzfeind Iran. Die Palästinenser werden diese Provokation nicht schlucken und Israel scheint nicht mehr aus seiner Besatzungs-Spirale und Rechtfertigungs-Dogmatik auf Landbesitz („God’s own country“) herauskommen zu wollen. Als zuletzt der amerikanische Außenminister Mike Pompeo zu Besuch in Jerusalem weilte, sagte Netanjahu: „Es ist an der Zeit, dass die internationale Gemeinschaft Israels Anwesenheit auf dem Golan anerkennt und den Fakt, dass der Golan für immer Teil des Staates Israel bleiben wird.“, dann dürfte ziemlich klar werden, welche Signale damit in die Richtung der Widersacher gesendet werden. Nicht anders Netanjahus Satz in einem Telefonat mit Trump „Du hast Geschichte geschrieben.“

Wiederholt setzen die beiden Brüder im Geiste mit diesen Schnellschüssen und Provokationen die hauchdünnen Friedensmöglichkeiten im Nahen Osten aufs Spiel, einschließlich der Waffenruhe zwischen Syrien und Israel. Wie bereits bei der Erklärung Jerusalems zur Hauptstadt Israels und der Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv in die Heilige Stadt – dort wo der dauerhafte Knackpunkt des Konflikts zwischen Juden und Arabern der Tempelberg ist – ohne dortige Lösung keine Gesamtlösung möglich ist.

Die Schützenhilfe, die Trump für den politisch angeschlagenen Netanjahu gibt, ist ein erneuter Affront!

ie Golanhöhen sind für Israel nicht nur militärisch-strategisch wichtig, sie sind auch ein beträchtlicher Lieferant des Wassers, das im Heiligen Land immer mehr zum Mangel geworden ist, etwa durch ausgetrocknete Teile des Jordans. Wasser als Faktor des Krieges und der Besatzung.

Überall sind noch die Spuren des 6-Tagekrieges von 1967 auf dem Plateau zu sehen. Ca. 40.000 Einwohner leben jetzt dort (vor 1967 waren es noch 152.000), je 20.000 alteingesessene Drusen (eine vom Islam abgewandte Religionsgemeinschaft) und Israelis.
Die Gefahren, die sich für die besetzte bzw. zersiedelte Westbank durch den Handstreichakt von Trump für dessen ebenfalls denkbare Annexion ergeben, beschreibt Inge Günther sehr realistisch, mit den alten Argumenten dieses Gebietes als biblisches Kernland der jüdischen Stammesväter (wie die Stadt Hebron in ihrem Dauerkonflikt aufzeigt).

Wenigstens kommen jetzt vernünftige Zeichen aus der EU, wenn die Außenbeauftragte Federica Mogherini im Namen aller EU-Staaten die syrischen Golanhöhen weiterhin nicht als Staatsgebiet anerkennt! Dies in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und bestimmten Resolutionen des UN-Sicherheitsrats. Richtig so!

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