„Liebe ist ein Konzept, das ich nicht verstehe“

Liebe – ein Konzept? Damit Sie die Überschrift nicht falsch verstehen: Es handelt sich um ein Zitat aus meinem Theaterstück Genetics, das im Wettbewerb des Frankfurter Autorentheaters 2022 den zweiten Platz erreicht hat und das am 25. September in einer szenischen Lesung uraufgeführt wird. Also gleich mal diesen Termin vormerken:
25. September, 18 Uhr, Brotfabrik Frankfurt-Hausen, Bachmannstraße 2-4
.

Screenshot Leseprobe Genetics 20220914Wer hier Liebe als Konzept zu begreifen versucht, ist eine künstliche Intelligenz namens Cia. Sie unterhält sich mit ihrem Schöpfer, dem genialen Informatiker und Nobelpreisträger Lucas Phelps (siehe Leseprobe rechts). Ort des Geschehens: Block Arkansas, ein Laborkomplex tief unter der Erdoberfläche, der in diesem Moment versiegelt wird. Cia wird hier in den kommenden Jahrzehnten die Artverbesserung leiten – genetische Experimente am Menschen auf Basis der Programmierung, die Lucas Phelps geschrieben hat. Der greise Mann ist todkrank und hat sich hier unten mit seiner Schöpfung einschließen lassen.

Leseprobe aus dem Theaterstück Genetics,
erschienen im FR-Magazin am 14. September.
Hier gibt es ein gut lesbares pdf von der Doppelseite.
Dazu erscheint auch der Roman
Genetics.

Die Leseprobe umfasst den ersten Akt des Theaterstücks Genetics. Der zweite Akt spielt 150 Jahre später. Cia heißt jetzt Ciah, in Anlehnung an Noah, weil die KI glaubt, dass Block Arkansas nach gewissen Ereignissen auf der Erdoberfläche im Jahr 2025 zu einer Art Arche geworden ist. Das Theaterstück Genetics spannt also einen weiten Bogen vom Moment der Versiegelung von Block Arkansas bis zum Scheitern des Projekts und erzählt vom finalen Kampf der übrig gebliebenen Tics gegen Ciah. Dieser Kampf wird mit Worten ausgetragen, denn Ciah muss davon überzeugt werden, dass die Versiegelung von Block Arkansas aufgehoben werden kann. Nur dann können die Tics überleben.

Genetics komplett mit FischenDie genetisch manipulierten Lebewesen, die Ciah geschaffen hat, werden also Tics genannt. Cal ist ein solcher Tic, Polizist in Block Arkansas. Er gilt als bisherige Krone von Ciahs Schöpfung. Doch eines Tages versagt er und wird zu Ausschussmaterial. Damit setzt Ciah eine Entwicklung in Gang, die Block Arkansas an den Rand der Vernichtung führt. Der Roman erzählt Cals Geschichte, sein Leben in einer Welt, in der es keinen Himmel gibt und in der Männer strikt von Frauen getrennt sind (denn die genetischen Linien müssen kontrolliert werden). Frauen sind kaum mehr als Gebärmaschinen, und der gelebte Mainstream ist gleichgeschlechtlich – was keineswegs immer funktioniert. So wie umgekehrt in unserer Gegenwart Heterosexualität keineswegs immer funktioniert.

Lutz Büge, Genetics
Science-Fiction-Thriller. Überarbeitete Neuauflage.
Ybersinn-Verlag, Offenbach. 384 Seiten, 18 Euro.

Mehr zu meinen Romanen auf meiner Autoren-Webseite Ybersinn.de.

Im Theaterstück geht es nicht um „Feinheiten“ dieser Art, sondern schlicht ums Überleben. Und um das Verhältnis von Mensch/Tic zur KI. Wer hat das Sagen? Für Cal und die anderen Tics, die es bisher geschafft haben zu überleben, geht es um alles. Für die KI geht es um Prinzipien und Programmbefehle. Sie darf die Versiegelung von Block Arkansas erst aufheben, wenn das Projektziel umgesetzt ist: die Artverbesserung. Leider droht beiden, Tics wie KI, momentan die Selbstzerstörung von Block Arkansas. Es sieht nicht gut aus.

Genetics war zuerst. Dann kam mein Romanzyklus Virenkrieg. Doch zeitlich ist Genetics das Sequel von Virenkrieg, denn Roman und Theaterstück sind 150 Jahre nach Virenkrieg angesiedelt. Im „Tagebuch einer Mutter“, mitten im Roman Genetics, spielen die Vorgänge, die ich in McWeir – Virenkrieg V  erzähle, eine wichtige Rolle.

Virenkrieg Zyklus komplett

Die oben wiedergegebene Leseprobe ist (fast) identisch mit dem Prolog von Evan – Virenkrieg IV. Die Romane sind also eng miteinander verzahnt. Man kann Genetics zwar verstehen, ohne den ganzen Virenkrieg-Zyklus gelesen zu haben, aber um von Anfang an auf dem Laufenden darüber zu sein, aus welcher menschenfeindlichen Ideologie heraus die Welt in Genetics entstanden ist, schadet es keineswegs, diese Romane zu kennen. Der zweite Akt des Theaterstücks ist dann wiederum (fast) identisch mit dem Finale des Romans Genetics in der nun vorliegenden Form als gedrucktes Buch.

Genetics erschien erstmals 1999 als gedrucktes Buch beim Hamburger Verlag Männerschwarmskript. 2013 habe ich als Selfpublisher eine überarbeitete Fassung als E-Book herausgegeben. Dieselbe Fassung ist nun als gedrucktes Buch nochmals erschienen. Das Cover hat meine frühere FR-Kollegin Isa Galanty besorgt, den Ybersinn-Verlag führt mein Ehemann Thomas Vögele.

Während Genetics nun also seiner Wege geht, habe ich weitere Pläne und auch tatsächlich bereits zwei neue Romane in Arbeit. Das sag ich mal so, obwohl der neueste bisher nicht mal einen richtigen Namen hat und noch Feinschliff braucht. Der erste dieser Romane trägt den Arbeitstitel Noah schläft, der zweite Wenn ich dich zu fassen kriege, an dem noch viel zu tun ist. Und so entsteht bei mir ein Roman:

Meine Magnet-Pinwand, Stand Ende September 2022. Außer zu den beiden bereits genannten Romanen finden sich hier auch Zettel, die Drovettis Tagebuch – Amduat III betreffen, einen Roman, den ich seit langem vor mir herschiebe. Aber bleiben wir bei dem, was hier zu sehen ist. Der größte Teil der Notizen betrifft den Roman Wenn ich dich zu fassen kriege. Es geht um ein Auto des Baujahrs 1925, den Charlemagne, der sich selbsttätig aktualisiert und damit alle überfordert, weil niemand versteht, wie der Wagen das macht. Die Idee von Autos mit Eigenleben ist nicht neu – siehe „Ein verrückter Käfer“ oder „Christine“ –, aber hier geht es weniger um das Auto selbst, sondern eher um das Verhältnis von Mensch und Maschine. Um es mit dem Philosophen Günther Anders zu sagen: Der Mensch beherrscht die Phantome nicht, die er erschafft. Hier kommt mein Entwurf für einen Klappentext:

Carlo Muccino, Sohn italienischer Einwanderer, bewirbt sich im Jahr 1972 als Taxifahrer. Im Hinterhof der Firma ist ein Oldtimer abgestellt, Marke Charlemagne. Carlo verliebt sich auf den ersten Blick. Das Problem: Der Charlemagne akzeptiert nicht jeden Fahrer. Doch mit Carlo zeigt er sich einverstanden. Der junge Mann bekommt den Job, und zusammen mit dem Charlemagne tritt er die Fahrt durch die Jahrzehnte an. Bald zeigen sich die Eigenheiten des Wagens: Er fängt Nazis und Mafiosi. Und nicht nur das: Außerdem ist er immer auf dem aktuellsten technischen Stand. Er führt Aktualisierungen ein, ohne zu fragen. Wer sitzt hier am Steuer? Außerdem betreibt der Wagen Familienplanung für Carlo …

Auch für Noah schläft gibt es Andock- und Bezugspunkte in der Filmgeschichte, so wie für fast alle meine Romane. Neben den Zitaten, die im Roman direkt vorkommen, ist dies vor allem der Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“, in dem es um eine Zeitschleife geht. Dieser Topos kehrt in Filmen immer wieder („Edge of Tomorrow“, „12 Monkeys“, „Die Insel der besonderen Kinder“, aber auch in „Star Trek“ usw.). In Noah schläft selbst spielt die Zeitschleife noch keine Rolle, aber falls es eine Fortsetzung gibt, geht es damit los. Drum schicke ich hier gleich noch den Klappentext zu Noah schläft hinterher:

Besuch von oben: Die Arche Allerdings will im Auftrag des H’rrn auf der Erde Geschöpfe aussetzen, die sie vor 65 Millionen Jahren von dort gerettet hat. Doch die Erde ist mittlerweile wieder bevölkert – von einem Unkraut namens Menschheit. Die darf nun den Räumungsbescheid erwarten. Allerdings sind sich die Herren der Arche uneinig: Falls die Menschen zufällig intelligente Lebewesen wären, dürften sie nicht einfach vertrieben werden. Lud, Stellvertreter Noahs als Kommandant der Arche, würde die Erde am liebsten zertrümmern. Doch eine Taxifahrerin, ein Physiklehrer und ein schwuler Pornostar von der Erde kommen ihm in die Quere. Und das alles nur, weil Noah den tiefen Schlaf der Patriarchen schläft!

Für diesen Roman suche ich derzeit einen Verlag. Mal sehen, was noch so passiert. Natürlich hoffe ich, anregende und spannende Lektüre zu liefern.

Ihr Lutz „Bronski“ Büge

 

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