Die Geiselnahmen in Afghanistan bewegen die Deutschen. 64 Prozent sprechen sich inzwischen für einen Rückzug der Bundeswehr aus Afghanistan aus. Die Bundesregierung hingegen spricht von Ausweitung des Mandats. Derweil sind die Taliban mächtig im Aufwind.
Mit der militärischen Absicherung steht und fällt jedoch das „Friedensprojekt“. Und der „Kampf gegen den Terror“ sowieso. Dazu meint Herbert Klupp aus Rüsselsheim:
„Die westlichen Regierungen sollten härter gegen den Terror vorgehen oder komplett abziehen. Die Geiseln befreien und die Verbrecher bestrafen: Wir müssen härter denken, härter entscheiden, härter agieren. Die islamistischen Terroristen sind uns in dieser ‚Disziplin‘ sowieso weit überlegen. Sofort aufhören muss allerdings diese amerikanische Unart, ‚flächenmäßig‘ gegen Afghanen, Iraker und andere vorzugehen.“
Und noch eine Stimme zur Doppelmoral des Westens – von Hermann Bender aus Bad Bergzabern:
„Herr Gaddafi wechselt spektakulär vom ‚Terrorpaten‘ zum ‚Unterstützer des freien Westens‘. Er bekommt dafür Millionen für die Opfer der Schlamperei in seinen Krankenhäusern, und noch Waffen, ein Kernkraftwerk und Milliarden für seine marode Ölindustrie.
Warum zahlen wir den Taliban nicht einige Millionen für die deutsche Geisel? Warum gibt es für Auslandseinsätze von Entwicklungshelfern nicht Rechtsschutzgarantien wie bei Investitionen? Im ‚freien Westen‘ ist Sacheigentum wichtiger als der Mensch. Man schämt sich, dazu zu gehören.“
zu Herbert Klupp
Es ist leicht gefordert, härter vorzugehen.
Wollen Sie wirklich Opfer unter der Zivilbevölkerung (billigend) in Kauf nehmen?
Kann man sich dann über eine flächendeckende Bombardierung aufregen? Das Ergebnis ist doch nahezu das Selbe und unterscheidet sich „lediglich“ durch die Zahl der Opfer, aber wollen Sie wirklich eine Bewertung abgeben, indem Sie Menschenleben (Tote) zählen?
Dann ist das Abziehen der Truppen sicherlich die einzig richtige Konsequenz, aber nur sinnvoll, wenn diese Massnahme mit einer Ächtung seitens ALLER Medien in Form von Stillschweigen einher geht.
Auch Herrn Hermann Benders Vorschlag zu folgen, Lösegeld zu zahlen, wäre doch so trivial wie falsch:
1. hätten „die Terroristen“ (es gibt dann sicherlich noch viele Nachahmer) eine sichere Geldquelle und
2. würde man ihnen Achtung verschaffen, die sie nicht verdienen.
.. und warum gibt es keine Rechtsschutzgarantien?
Wollen Sie sich, lieber Herr Bender, vor Terroristen hinstellen und mit Ihrer Rechtsschutzpolice wedeln?
Es mag in einigen Fällen sinnvoll sein, im Ausland tätige Helfer entsprechend abzusichern, aber in Zusammenhang mit dem vorliegenden Thema passt die Forderung m.E. nicht.
„Mit der militärischen Absicherung steht und fällt jedoch das „Friedensprojekt“. Und der „Kampf gegen den Terror“ sowieso.“
Was sagt der gesunde Menschenverstand?
Am 23. 12.06 schrieb in der FR Angelika Claußen:
Der „Kampf gegen den Terror“ verschlingt Milliarden. Im Kontrast dazu stehen die Ausgaben für den Kampf gegen den Terror in Afghanistan: 9.6 Milliarden US-Dollar kostete dieses Jahr allein der Einsatz der US-Streitkräfte in Afghanistan. Zwischen 2002 und 2005 bezahlte die deutsche Bundesregierung rund 1.4 Milliarden Euro (so genannte einsatzbedingte Zusatzausgaben), um »am Hindukusch die Sicherheit Deutschlands zu verteidigen«. Angesichts dieser Zahlen müssen meiner Meinung nach die Prioritäten in der Afghanistan-Politik neu gesetzt werden. Die Probleme in Afghanistan heißen Arbeitslosigkeit, horrende Mütter- und Kindersterblichkeit und Dürre – nicht Terror und fehlende Tornados. Anstatt sich darauf zu konzentrieren, ob und wie deutsche Tornados Kampfhandlungen unterstützen können, sollten wir nachdenken, wie wir langfristig den Hunger der Menschen stillen und wirkliche Aufbauhilfe durch zivile Kooperationen leisten können.“
Der weitere Bericht über die soziale Situation in Afghanisten ist katastrophal. Dagegen sind die Verhältnisse im Irak vergleichsweise milde. (weitere Details und eine ausführliche Gedächtnishilfe zur Chronik Afghanistan auf der homepage
http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Afghanistan/claussen.html)
Seit 7. Oktober 2001 befinden sich die USA und Großbritannien im Krieg gegen Afghanistan. 6 Jahre später seien die Taliban kräftig im Aufwind.
Ein anderes Thema ist hier nicht genannt, wurde bei Karsais Besuch bei Präsident Bush aber auch thematisiert: Nach wie vor kommen 95% der weltweiten Opiumproduktionen aus Afghanistan. Die USA bittet Karsai um Erlaubnis gegen den Mohnanbau notfalls mit giftsprühenden Flugzeugen vorgehen zu können. Karsai lehnt ab, solange den Bauern keine begleitenden Entwicklungsprogramme an die Hand gegeben werden, die deren Einkommen garantieren. Das habe ich auch schon vor 5 Jahren gelesen.
Nur gut, dass wir so vergesslich sind.