Die Freiheit der wirtschaftlich Mächtigen und die Freiheit in der Wirtschaft

Wettbewerb und Freiheit, das sind zwei Begriffe, die unseren Bundespräsidenten umtreiben. Joachim Gauck sprach vor einigen Tagen in Freiburg anlässlich des 60. Gründungstages des Walter-Eucken-Instituts und wunderte sich in seiner Rede, warum der Begriff „neoliberal“ so negativ besetzt sei. Ich finde, es hört sich immer irgendwie falsch an, diesen Begriff aus dem Munde eines Vertreters dieser Strömung zu hören. „Neoliberal“ klingt nur richtig aus dem Mund von Linken. Denn „neoliberal“ ist längst ein Kampfbegriff geworden. Die Protagonisten des Neoliberalismus jedenfalls vermeiden es, sich als das zu bezeichnen, was sie sind. Insofern ist es nur zu begrüßen, dass Gauck dieses Wort in den Mund genommen hat.

Wettbewerb und Freiheit – und bitte kein zu stark regulierender Staat. Da hätten wir das Credo des Neoliberalismus, der eigentlich gar kein Liberalismus ist, in knappen Worten zusammengefasst von unserem Bundespräsidenten (hier die Zusammenfassung von FR-online.de). So was wollen die Deutschen aber überhaupt nicht hören. Sie können es nicht leiden, wenn ihr Präsident, der über den Dingen schweben sollte, ein Zeug plappert, dass man denkt, man habe Philipp Rösler vor sich. Oder hat er die Materie tiefer durchdrungen als jener? Immerhin sagt er auch: „Eine freiheitliche Gesellschaft ruht auf Voraussetzungen, die Markt und Wettbewerb allein nicht herstellen.“ Fehlt am Schluss dieses Satzes eigentlich nur das Wörtchen „können“, das Gauck sich spart.

Nein, man muss ein bisschen genauer auf diese Rede (Originaltext) schauen. Gauck plädiert ja keineswegs dafür, die Regeln für die Märkte von den Märkten aufstellen zu lassen. Die Politik soll regulieren -so viel wie nötig, so wenig wie möglich. So verstehe ich Gauck. Nur: Das ist Schönwettersprech von vorgestern. Wir befinden uns längst in einem Stadium der kapitalistischen Entwicklung, in dem Lobbyisten direkt Einfluss auf Gesetzestexte nehmen und in dem sich Politiker als Sachwalter der Interessen der Konzerne ihres Landes verstehen, nicht länger als Sachwalter der Interessen ihrer Bürger – sehr schön zu sehen an den Verhandlungen über das „Freihandels“-Abkommen mit den USA, das bitte scheitern möge. Kfz-Hersteller-Lobbys spielen ihren ganzen Einfluss in Brüssel aus. Nahrunsmittelkonzerne verhindern, dass Lebensmittel mit der Ampel gekennzeichnet werden. Einflussreiche Bankenkreise manipulieren den Libor-Zinssatz. Die Politik scheint zu kraftlos zu sein, um diesen Umtrieben etwas entgegenzusetzen – zumal ja nach der aktiven Politiker-Laufbahn ein attraktives Pöstchen bei einem der Konzerne winken könnte, denen man eigentlich Grenzen setzen sollte. DAS, lieber Herr Gauck, ist unsere wirtschaftliche Realität! Wettbewerb? Wo ist er denn, der Wettbewerb, wenn unsere Konzerne „too big to fail“ sind?

Tief in die Klamottenkiste der Neoliberalen hat er auch an den Stellen seiner Rede gegriffen, wo Phrasen kommen wie „Für manche ist schon die Notwendigkeit, das eigene Leben frei zu gestalten, mehr Zumutung als Glück.“ Da sträubt sich mir das Genickgefieder; die „soziale Hängematte“ ist nicht weit. Noch ein Beispiel? „Im Grunde aber finden allzu viele den Wettbewerb eher unbequem.“ Ich glaub, ich muss ihm mal ’ne Mail schreiben.

Friedrich Gehring aus Backnang hat mir wieder geschrieben. Er meint:

„Nachdem das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ auf dem Titelbild der Ausgabe vom 19. März 2012 Joachim Gauck als „Levitenleser“ bezeichnet hat, der „das Land verändern will“, verdient er selbst nach seinem Loblied auf den Neoliberalismus und die Agenda-2010-Reformen eine Levitenlesung. Es müsste ihm dringend z. B. aus Jes 5,8-10 vorgelesen werden: „Weh denen, die ein Haus zum andern bringen und einen Acker zum andern rücken, bis kein Raum mehr da ist und sie allein das Land besitzen“.
Schon vor 2750 Jahren wird hier das gebrandmarkt, was wir heute bei Finanzgiganten wie Blackrock und anderen erleben, dass nämlich die Freiheit der wirtschaftlich Mächtigen, die Gauck „als Freiheit in der Wirtschaft“ preist, missbraucht wird zum Nachteil der Bewohner unseres Planeten. Gauck lobt damit auch die Freiheit zu Nahrungsmittelspekulationen, die den Armen Hunger und Tod bringen. Deshalb muss ihm auch aus der Bergpredigt vorgelesen werden: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon (Mt 6,24).“ Mammon ist im Aramäischen, der Muttersprache Jesu, der Begriff für das Zerstörerische am Geld und am Kapital. Als christlicher Theologe kann Gauck unmöglich die Freiheit für diese Zerstörungskräfte preisen.
Hier zeigt sich die fatale Entwicklung der Reformation nach 1525, in der Luther das protestantische Kirchenwesen dem sklavenhalterischen Feudalismus seiner Zeit angepasst hat. Entsprechend hat sich der Protestantismus im 19. Jahrhundert auf die Seite der ausbeuterischen Unternehmer geschlagen und die darbende Arbeiterschaft im Stich gelassen. Der feudalistische Antikommunismus aus dem deutschen Kaiserreich hat im Nationalsozialismus wie im östlichen und westlichen Nachkriegsdeutschland die protestantischen Kirchen ungebrochen weiter geprägt und führt nun zum Lob des lutherischen Bundespräsidenten für die Freiheit der wirtschaftlich Mächtigen, der damit das Land keineswegs verändert, sondern im fatalen Neoliberalismus festhält. Dafür gehören ihm gehörig die Leviten gelesen.“

Ein langer Leserbrief kommt von Klaus Plilipp Mertens aus Frankfurt:

„Bundespräsident Joachim Gauck findet es seltsam, dass der Begriff „neoliberal“ so negativ besetzt ist. Diese Einschätzung, die er anlässlich des 60. Gründungstags des Walter-Eucken-Instituts in Freiburg äußerte, lässt den Verdacht aufkommen, dass er in der Wirklichkeit dieses Landes, dessen höchster Repräsentant er ist, noch nicht vollständig angekommen ist.
Der bereits 1950 verstorbene Ökonom Walter Eucken zählt zu den Vordenkern einer Sozialen Marktwirtschaft, an deren inhaltlicher und politischer Umsetzung in der Bundesrepublik allerdings Alfred Müller-Armack und Ludwig Erhard den entscheidenderen Anteil hatten.
Die von Eucken bereits in den 1930er Jahren entworfene „Verkehrswirtschaft“ verstand sich einerseits als Alternative zu einer vom Staat gelenkten Zentralverwaltungswirtschaft, aber andererseits verwarf sie auch den Einfluss mächtiger, monopolartiger Unternehmensgruppen, wie sie der so genannte Manchester-Liberalismus des 19. und frühen 20. Jahrhunderts hervorbrachte. Nachdrücklich plädierte Eucken für staatliche Regeln (Gesetze), die entsprechende Begehrlichkeiten der Wirtschaft von vornherein verhindern sollten. Insbesondere hob er den besonderen Charakter der Arbeit hervor, die keine Ware und von materiellen Wirtschaftsgütern deutlich zu differenzieren sei.
Euckens Denken unterscheidet sich in vielen Punkten von dem Milton Friedmans („Chicagoer Schule“), der ein Jahrzehnt nach Euckens Tod den Neoliberalismus maßgeblich formulierte und rechtfertigte. Für ihn war der Wohlfahrtsstaat der größte Feind der Marktwirtschaft. Ebenso waren eine „natürliche Arbeitslosenquote“ und eine jeweils zu definierende Inflationsrate elementare Bestandteil seiner Wirtschaftstheorie, in welcher der Mensch nicht mehr Zentrum des Handelns war.
Ähnliches war von dem österreichischen Ökonomen Friedrich August von Hayek zu hören und zu lesen. Letzterer war von 1964 bis 1970 Vorstand des Walter-Eucken-Instituts in Freiburg, das sich dem Ordoliberalismus als einer übergeordneten Denkebene des Neoliberalismus bereits seit seiner Gründung verschrieben hatte.
Wenn der Bundespräsident es für geboten hielt, dem Gründungsjubiläum dieses als ideologisch ausgewiesenen Instituts einen offiziellen Heiligenschein zu verleihen, dann wäre es eine gute Gelegenheit gewesen, auf die Widersprüche einer Marktwirtschaft hinzuweisen, in welcher der Markt als Regulativ längst nicht mehr funktioniert, sondern die von denen bestimmt wird, vor denen Eucken nachdrücklich warnte: Nämlich von deregulierten globalen Monopolen, welche bezeichnenderweise die menschliche Arbeit so gering schätzen, dass sie sie zur Verfügungsmasse degradieren. Und die sozialen Folgen dabei billigend in Kauf nehmen.
Joachim Gauck hätte dieses Gründungsjubiläum zum Anlass nehmen können, um auf die Bedrohung menschlicher Existenz, gar des Lebens selbst, durch wirtschaftliche Interessen exemplarisch hinzuweisen. Gerade wenn es ihm um die Freiheit des Einzelnen innerhalb staatlicher und wirtschaftlicher Zwänge geht, hätte er an einem Beispiel deutlich machen können, was er meinte, als er sich in Freiburg „mehr intellektuelle Redlichkeit und auch etwas mehr historisches Bewusstsein und Anerkennung für das breite Spektrum des Liberalismus in unserem Land“ wünschte.
Ich denke konkret an den Uranerzabbau in der DDR durch die deutsch-sowjetische Wismut AG. Der forderte mindestens 700 tödliche Arbeitsunfälle; insgesamt dürften bis 1990 nahezu 25 000 Menschen an Silikose, Quarzstaublunge und Bronchialkrebs erkrankt sein, von den Langzeitfolgen ganz abgesehen. Dieses Kapitel deutscher Industrie- und Wirtschaftsgeschichte eignet sich gut, um es an den Maßstäben der proklamierten sozialen Marktwirtschaft zu messen. Denn die Wismut war zwar ein Betrieb in der DDR, aber kein Staatsbetrieb im üblichen Sinn.
Die oppositionelle „Umwelt-Bibliothek“ der Ost-Berliner Zions-Kirchengemeinde berichtete unter dem Schlagwort „Pechblende“ (= Uraninit) bereits zwei Jahre vor dem Fall der Mauer über diese katastrophalen Zustände. Entsprechende Dokumente wurden über den Evangelischen Pressedienst auch in der Bundesrepublik verbreitet.
Es ist nicht bekannt, ob Pastor Joachim Gauck, Kirchentagsbeauftragter der Evangelischen Landeskirche Mecklenburgs von 1982 bis 1990 und Mitorganisator des Evangelischen Kirchentags 1988 in Rostock, die oppositionellen Kreise in der Zions-Gemeinde bzw. die um ihre Menschenrechte betrogenen Wismut-Arbeiter unterstützt hat. Ob er schweigen musste oder schweigen wollte oder von gar nichts wusste. Aber 23 Jahre nach dem Ende des folgenreichen Uranabbaus in der DDR könnte der Bundespräsident analog seiner moralischen Ansprüche auf die Verhängnisse wirtschaftlichen Handelns verweisen, das jeder Kontrolle entzogen war und das sich in mehreren Ländern Afrikas und Asiens in ähnlicher Weise noch immer vollzieht.“

Karsten Kühn aus Waldems meint:

„Dass Bundespräsident Gauck ein „Dünnbrettbohrer“ ist, dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben (viele aktuelle Probleme und Dramen wie das Flüchtlingsproblem ignoriert er; es sei denn es betrifft Putin), aber was er über den Neoliberalismus von sich gegeben hat, kann man nur noch als Realitätsverlust und Ignoranz bezeichnen. Ein Wirtschafts-Lobbyist hätte es nicht besser machen können! (Als „Dünnbrettbohrer“ muss er hier kaum mit Widerstand der Machthaber rechnen).
Gauck ist von der DDR-Diktatur geprägt. Alles was links ist schlecht, alles rechte ist gut und bedeutet Freiheit! Dies ist die typisch christlich-konservative Prägung. Schließlich war er ja beruflich evangelischer Pfarrer. „O sancta simplicitas – O heilige Einfalt“ rief der tschechische Reformator Jan Hus aus, als er als „Ketzer“ von katholisch/christlichen intoleranten Kirchen-Fanatikern verbrannt wurde.
Registriert Gauck überhaupt die vielen aktuellen Probleme, die unsere Freiheit bedrohen? NSA-Affäre, Finanzkrise bzw. Kasinokapitalismus, drohendes „Frei“-Handelsabkommen zwischen USA und Europa (TTIP), um drei der aktuellsten Gefahren für unsere Freiheit zu nennen. Letzteres wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt. Warum wohl? Hierbei sollen nationale Gesetze zu Gunsten der wirtschaftlichen Gewinne der überwiegend amerikanischen Großindustrie ausgehebelt werden! Freie Fahrt für Genmais, -kartoffeln, -reis. Freie Fahrt für Gas- und Ölfracking, Atomindustrie, Umweltzerstörung. Der neoliberale Bertelsmann-Konzern verspricht zahlreiche neue Arbeitsplätze. Was sind das für Arbeitsplätze? Können die Arbeiter davon leben?
Weiß Gauck überhaupt, dass der Kommunismus in Russland von der Wallstreet finanziert wurde? Die USA wollten an die russischen Ölfelder in Baku heran. Die Zarenfamilie verhinderte dies. Daher wurde u.a. Lenin für seine geplante kommunistische Revolution unterstützt. So konnte Lenin mit den Taschen voller Dollar-Scheinen mit dem Zug aus der Schweiz durch Deutschland nach Russland gelangen!
Warum setzt Gauck sich nicht für Snowden ein? Er hat Europa (außer England vielleicht) einen unschätzbaren Dienst erwiesen! Warum setzt er sich nicht gegen Massenarbeitslosigkeit (z.B. bei der Schlecker-Pleite) ein? Immer mehr Menschen geraten in Armut. Ist das die Freiheit die Gauck im Westen sucht?
Von dem Intellekt des Papstes Franziskus ist Gauck meilenweit entfernt!
PS: An dieser Stelle möchte ich mich bei den vielen Leserbriefschreibern für ihre kritischen Beiträge in der FR bedanken. Es ist ein Highlight in der FR!“

Diesem Dank schließe ich mich an!

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27 Kommentare zu “Die Freiheit der wirtschaftlich Mächtigen und die Freiheit in der Wirtschaft

  1. So düster die gegenwärtige Lage und das Verhaltens dazu und Umgehens damit unseres Staatsoberhaupts Gauck ist, so aufbauender und erfreulicher sind an diesem trüben Mittwochmorgen die klaren Worte von Bronski, F. Gehring, K.P. Mertens und K. Kühn. Danke Ihnen allen!
    Ob Gauck Bronskis Mail lesen wird?

  2. Bronski, das hat sich vor ein paar Wochen noch anders angehört. Es ist halt so das da ein überflüssiger Mann auf einem überflüssigen Job sitzt. Was es da von sich gibt ist nicht der Rede wert.

  3. @hans #2
    „Bronski, das hat sich vor ein paar Wochen noch anders angehört. Es ist halt so das da ein überflüssiger Mann auf einem überflüssigen Job sitzt. Was es da von sich gibt ist nicht der Rede wert. „
    Auch wenn Ihnen das so scheint: Das ist kein Widerspruch.

    Unser Präsident hat nichts zu entscheiden, insofern ist er wirklich nur fürs Protokoll und für die Atmosphäre und fertig. Fachkraft für Sonntagsreden und Staatsempfänge. Das bedeutet aber nicht, dass man sich über dummes Zeug, das einem, aus so prominenter Position geäußert, x-fach durch die Medien vervielfacht um den Kopf schwirrt, nicht doch ärgert. Um das an zwei Beispielen aus der Vergangenheit zu verdeutlichen:

    Der Wandersmann Carstens hat wahrscheinlich die Öffentlichkeitsarbeit der Forstleute um 1 bis 2 Jahre zurückgeworfen, als er der Journaille unterwegs ganz locker erzählt hat, er hätte von Waldsterben nichts gesehen. Denn besagte Journaille ist nicht etwa zu einem Forstmann gegangen, um sich dann nach einer Aufklärung über die Blindheit dieses Wandersmannes zu mokieren, sondern hat das gemacht, was am wenigsten Arbeit macht, nämlich die Verlautbarung verbreitet.

    Und als der Bundeshorst bei einem kirchlichen Anlass zur Missionierung aufgerufen hat, empfand ich das ganz persönlich als Frechheit, weil er damit implizit ausdrückte, dass mein Zustand als Atheist ein minderwertiger und deshalb abzustellen sei. Das muss ich mir von einer Institution des zur religiösen Neutralität verpflichteten Bundes nicht sagen lassen, weshalb ich ihm geschrieben habe, dass er solche Frechheiten unterlassen soll, oder von seinem Amt zurücktreten. Er hat mir damals nicht geantwortet, sondern ist zurückgetreten; damit war ich auch zufrieden, auch wenn ich nicht davon ausgehe, dass meine Beschwerde der Grund war. 😉

    Zu Herrn Gauck:
    Natürlich ist es letztendlich egal, was er auf einer Veranstaltung des Walter-Eucken-Instituts zum Besten gibt. Auf der anderen Seite muss er sich wie jeder andere bei ungut riechenden Äußerungen, wenn sie kolportiert werden, wohl gefallen lassen, gefragt zu werden, was er denn vorher gegessen habe.

    Gerade, weil er betonte, nicht vom Fach zu sein und deshalb nur über seine Grundhaltung sprechen zu wollen, wäre es bei seinem Gehalt und seiner Ausstattung seine Pflicht gewesen, zu überprüfen oder überprüfen zu lassen, wie sich diese Grundhaltung denn zur Realität verhält. Wenn er in Auftrag gegeben hätte, ihm die Entwicklungen der Einkommensverteilung und der Unternehmenskonzentration der letzten Jahre zu liefern, beides Größen, auf die Eucken großen Wert legte, dann hätte ihm bereits dieser ganz knappe und konzentrierte Überblick der wirtschaftlichen Entwicklung unserer Gesellschaft sagen müssen, dass eine Warnung vor zuviel Einfluss des Staates in diesem Stadium in die falsche Richtung zeigt, weil die Entwicklung dieser Größen belegt, dass der Staat im Setzen der Randbedingungen zu zaghaft ist.

    Außerdem finde ich es einfach ärgerlich, jemanden, der nie im Leben wirklich konkurrieren musste, sondern es geschafft hat, seinen Unterhalt sein ganzes Leben hindurch einfach mit Geschwätz zu verdienen, das inhaltlich nie im Wettbewerb stand, Choräle von der Angst der anderen vor dem Leben in Freiheit und Wettbewerb zu singen zu hören.

    Er ist ein Pfaffe geblieben. Zwar hat die Kirche ihn in Rente geschickt, aber er hat die Religion gewechselt und predigt nun weiterhin ohne Bezug zur Realität andere Glaubensinhalte, allerdings mit mehr Zuhörern und Aussagen, die am Diesseits gemessen werden können und müssen, was ihm mal gesagt werden sollte. Nur mal so als Hinweis für das Leben in Freiheit und im Wettbewerb: Für das Geld kann man bessere Arbeit verlangen.

  4. Zu Recht schlagen die meisten LB-Verfasser bezüglich der Äußerungen von Gauck zum Begriff „Neoliberalismus“ einen sehr kritischen Ton an.
    Denn der Neoliberalismus der Chicagoer Schule läßt sich am besten mit „Marktradikalismus“ übersetzen. Mit den ordnungspolitischen Vorstellungen der Freiburger Schule hat dies nichts zu tun. Dennoch schießt es über das Ziel hinaus, Gauck als „Dünnbrettbohrer“ zu bezeichnen. Ihm muß gestattet sein, sich auch einmal interpretativ zu vergreifen. Bei theologischen Ausführungen braucht Gauck natürlich keine Hilfestellung, aber in wirtschaftstheoretischen und wirtschaftspolitischen Zusammenhänge muß er sich schon Rat einholen.

  5. @ Sigurd Schmidt

    „Bei theologischen Ausführungen braucht Gauck natürlich keine Hilfestellung, aber in wirtschaftstheoretischen und wirtschaftspolitischen Zusammenhänge muß er sich schon Rat einholen.“

    Gauck lässt, wie alle seine Vorgänger auch, sich seine Reden vorformulieren. Er lässt sich beraten. Dafür hat er seinen Mitarbeiterstab: Rund ein Dutzend Referate mit insgesamt 180 Angestellten und Beamten. Es ist doch nachvollziehbar, dass dort keine kapitalismuskritischen Menschen angestellt werden. Eine politische Linie außerhalb des Merkel’schen Denkens wird sich nicht finden. Es wird nicht der Freiheit der Andersdenkenden gehuldigt, die Freiheit des unternehmerischen Denkens steht im Zentrum der präsidialen Predigten.

  6. heute in der FR das Interview mit Noam Chonsky u.a. zum Thema Neoliberalismus.
    Er bringt es auf den Kern. Da erübrigt sich meiner Meinung jede weitere hochgestilte Debatte… sofern man seiner kritischen Grundhaltung und Einsicht folgen kann und will.
    Gut, das es Noam Chonski (noch immer) gibt und sich nicht verbogen hat.
    Allein solch ein Interview lohnt es, der FR treu zu bleiben.

  7. @Rudi #5
    „Dafür hat er seinen Mitarbeiterstab: Rund ein Dutzend Referate mit insgesamt 180 Angestellten und Beamten. Es ist doch nachvollziehbar, dass dort keine kapitalismuskritischen Menschen angestellt werden.“ (Rudi)

    Allgemeine Kapitalismuskritik hat hier bisher keiner von Gauck verlangt. Hier ging es bisher um die fehlende Distanz zum Neoliberalismus amerikanischer Prägung. Speziell bei einer Rede zu einem Jubiläum des Walter-Eucken-Instituts hätte es völlig gereicht, die „eigene Grundhaltung“ an den Prinzipien des Ordoliberalismus zu überprüfen. Das ist nämlich der Liberalismus, dem dieses Institut schon durch die Namensgebung verpflichtet ist, dieser Liberalismus ist ganz nebenbei auch die Grundlage der „sozialen Marktwirtschaft“, zu der sich unsere Politiker eigentlich alle bekennen, wenn sie gewählt werden wollen und nicht gerade auf Großspendensuche aus sind.

    Diesen Liberalismus hat Gauck am Beginn seiner Rede auch dargestellt. Um so mehr verwundert es, dass er in der aktuellen Situation, die nach den Euckenschen Prinzipien zeigt, dass der Staat momentan seiner Pflicht, die Wirtschaft durch Regeln zu begrenzen, nicht in hinreichendem Maße nachkommt, sein schlichtes Lied von weniger Staat intoniert, nachdem er festgestellt hat, dass der Ordoliberalismus der deutsche Neoliberalismus ist.

    Das erinnert mich so ein bisschen an den Zoologiestudenten, der sich für die Prüfung auf die Würmer vorbereitet hat und dann nach dem Elefanten gefragt wird. Seine Antwort: Der Elefant hat einen wurmartigen Rüssel. Würmer teilt man ein in …….

    „Gauck lässt, wie alle seine Vorgänger auch, sich seine Reden vorformulieren. „ (Rudi)
    Ich glaube nicht, dass z.B. König Silberlocke (von Weizsäcker) seine Reden hat schreiben lassen. Speziell seine Reden zum Dritten Reich waren auch zutiefst von der eigenen Familiengeschichte beeinflusst, an der er als als Assistent in der Verteidigung seines Vaters in Nürnberg in oberster Ebene mitgeschrieben hat.

    Außerdem singt Gauck seinen Liberalismus-Choral schon länger als er Präsident ist. Wenn selbst der nicht von ihm sein sollte, dann hätte er jetzt noch gar nichts gesagt. Dann wäre es tatsächlich besser (und billiger), einen Schauspieler für die Präsidentenrolle zu engagieren. Wer so argumentiert, argumentiert gegen Gauck. Denn eigentlich sollte es so sein, dass der Stab dem Präsidenten zuarbeitet, ihn berät, und nicht die Fäden zieht, an denen der Präsident hampelt.

    Gauck hat es einfach verpasst, die Chance, die ihm die Beschäftigung mit Eucken geboten hat, zu nutzen – ich gehe dabei einfach mal davon aus, dass er sich auf Reden vorbereitet. Es wäre die Gelegenheit gewesen, sein unreflektiertes, plattes neoliberales Geschwätz, das, speziell, wenn man sich Gaucks Vita ansieht, eher der Aversion gegen die DDR entspringt als irgend einem volkswirtschaftlichen Kalkül, zu überprüfen. Er hat ein Heer von 180 Bediensteten, die er verurteilen kann, ihm Nachhilfe zu geben, wo er sie braucht, und nutzt das nicht. Da tut er mir fast leid.

  8. Typisch Gauck, und aus seiner Sicht sogar konsequent. Als neoliberaler Prediger und Anbeter der neuzeitlichen Gottheit, dem Markt, will Gauck sein Volk von den Wohltaten und Segnungen der neoliberalen Glaubenslehre überzeugen. Dass er dabei auf sein übliches sowohl als auch Geschwurbel nicht verzichtet, ist ebenfalls typisch. Von diesem Herzens- Sehnsuchts- und Freiheitspräsidenten, der sich, womit er selbst seine Beliebigkeit unterstreicht, als links, liberal und konservativ bezeichnet, war und ist auch zukünftig nichts anderes zu erwarten. Gauck marschiert stramm und gehorsam auf neoliberaler Markt- und Regierungslinie. Wer, wie Gauck, sich u.a. über eine gewisse Distanz der BürgerInnen zu den Streitkräften beklagt, in diesem Zusammenhang „unserer glücksüchtigen Gesellschaft“ vorwirft, es schwer ertragen zu können, dass es wieder deutsche Gefallene gibt, ist weder Demokratie- noch Freiheitslehrer, sondern schlicht und ergreifend unverschämt. Natürlich habe z.B. ich nicht nur eine gewisse Distanz zur fortschreitenden Militarisierung der deutschen Außenpolitik, die ich im Übrigen für verfassungswidrig halte, sondern lehne die Herumballerei an vielen Orten der Welt kategorisch ab, ob das dem Gauck nun passt oder nicht. Natürlich halte ich es auch für schwer erträglich, dass es wieder deutsche Gefallene gibt. Soll ich mich etwa darüber freuen? Wer wie Gauck die Enthüllungen von Edward Snowden als puren Verrat bezeichnet, soll mir nichts von Freiheit erzählen. Gleiches gilt für Bürger-Bewegungungen, die Gauck unsäglich albern findet. Überhaupt, wer wie Gauck Sarrazins Rassismus Mut bescheinigt, den Hartz IV-Kanzler Schröder bewundert, mehr Offenheit für Auslandseinsätze der BW fordert, den Afghanistankrieg für gerechtfertigt und erträglich hält, dagegen die Spaltung der Gesellschaft, die immer größer werdene Kluft zwischen arm und reich, die erschreckende Zunahme sozialer Vereisung und roher Bürgerlichkeit offenbar nicht sehen (will), von dem verbitte ich mir jegliche Form von Belehrungen über Demokratie, Gedankenlosigkeit, Gleichgültigkeit, Hedonismus usw. usw.. Für mich ist dieser Mann, der auch nie Bürgerrechtler in der früheren DDR war, ein neoliberaler Interessenvertreter, und er ist denen kritiklos dienlich, die ihm in das ersehnte Amt gekungelt haben: CDU/CSU/SPD/GRÜNE/FDP. Gaucks öffentliches Geschwurbel, eitel und selbstverliebt, triefend vor Pathos und Ergriffenheit, sind nach meinem Eindruck nur noch peinlich.

  9. Allein deshalb, weil der Wettbewerb auf gleich welchen Märkten erwiesenermaßen keine Unmittelbarkeit kennt (Schumann, M., in: Dunkel/Sauer (Hrsg.), 2006: 267), ruht eine freiheitliche Gesellschaft auf Voraussetzungen, die längst existieren, noch bevor der Einzelne handelt und zugleich unabweisbar zu erfüllen sind, wenn eine gedeihliche Zukunft zum Wohle aller von Bestand bleiben soll. Es ist daher systematisch keinem ermöglicht, dem Bundespräsidenten daraus gleichsam einen Strick zu drehen; wobei gewiss dessen Rede gewonnen hätte, wenn von ihm besagtes Zitat nicht nur unausgesprochen angeführt worden wäre. Sich angesichts dessen lauthals darüber zu empören, belegt insofern lediglich, selbst äußerst antisozialen Praktiken um des eigenen Vorteils willen zu frönen und auf diese Weise in der Sache jegliche Ernsthaftigkeit missen zu lassen.

  10. Herr Gauck hat nach der Wende das Wort Freiheit bei jeder sich bietenden Gelegenheit verwendet. Als intelligenter Mensch, dürfte ihm nicht entgangen sein, was derzeit in der industrialisierten Welt abläuft! Er hat sicherlich noch ganz andere Informationsquellen als Otto Normalverbraucher.
    Es ist klar, dass er als Repräsentant der Bundesrepublik die neoliberale Politik nicht in Grund und Boden verdammen kann. Er kann jedoch auf Fehlentwicklungen hinweisen! Er kann Zeichen setzen! Der ehemalige Bundespräsident Köhler äußerte sich damals (zu) kritisch zum Afghanistan Krieg, indem er die wirtschaftlichen Interessen an diesem Krieg aufzeigte. Sein Rücktritt erfolgte auf Druck der Politik prompt. Dies ist jedoch noch lange kein Grund dem Neoliberalismus dieser zerstörerischen Lobbyisten-Wirtschaft völlig unkritisch gegenüber zu stehen! Er kann – wie einige wenige Bundespräsidenten auch – mahnen und warnen.
    Was derzeit (z.T. unter Druck der USA) politisch, wirtschaftlich, technisch und militärisch abläuft ist ein Verbrechen an Mensch und Natur. Die Natur ist und wird jedoch immer stärker als der Mensch sein, selbst wenn sie bei den Einzellern wieder evolutionär anfangen muss!
    Durch Snowden wissen wir, dass praktisch alle Industrienationen lückenlos überwacht werden. Dagegen war die Überwachung in der DDR durch die Stasi „Kinderkram“!
    Wenn unter diesen von Macht und Gier geprägten Verhältnissen ein christlicher Repräsentant unseres Staates von Freiheit redet, jedoch die oben erwähnten Verbrechen an Mensch und Natur wider besseren Wissens einfach ignoriert, geht er noch nicht einmal den „Weg des geringsten Widerstands“.
    Gauck meidet als Präsident jeglichen Widerstand ob klein oder groß und bohrt auch keine Bretter, ob dick oder dünn: Er tut das, was man von ihm verlangt, wie seine systemkonforme Rede, die er anlässlich des 60. Gründungstags des Walter-Eucken-Instituts in Freiburg gehalten hat.
    Herr Sigurd Schmidt kritisiert, dass die Bezeichnung „Dünnbrettbohrer“ über das Ziel hinaus schießt. Mag sein. Ansichtssache. Ich nehme die Bezeichnung sowieso zurück! Denn, wie schon gesagt: Die Bezeichnung „Dünnbrettbohrer“ trifft schlicht und einfach auf Herrn Gauck nicht zu! Es wird nirgendswo gebohrt! Insofern muss ich mich hinsichtlich meines Leserbriefes korrigieren.
    In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an die Aufkleber, die gegen Ende meines Studiums von den sog. 68ern auf dem Unigelände vieler Städte angeboten wurden. Auf einem Aufkleber stand: „Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom“!
    Der inzwischen leider verstorbene Stephane Hessel hat mit 93 Jahren ein kleines Taschenbuch mit dem Titel: „Empört Euch“ geschrieben in dem er zu einem friedlichen Widerstand gegen die Ungerechtigkeit in unserer Gesellschaft aufruft. Dabei hat er die aktuellen Entwicklungen nicht mehr erlebt!
    Hoffen wir dass immer mehr Bürger „aufwachen“ und sich friedlich empören!

  11. Die neue Rede des Präsidenten löst bei mir Alarmglocken aus.

    Zitat: „Die Bundesrepublik sollte sich als guter Partner früher, entschiedener und substantieller einbringen.“
    „Das Prinzip der staatlichen Souveränität und der Grundsatz der Nichteinmischung dürfen gewalttätige Regime nicht unantastbar machen. Hier setzt das „Konzept der Schutzverantwortung” an: Es überträgt der internationalen Gemeinschaft den Schutz der Bevölkerung vor Massenverbrechen, wenn der eigene Staat dieser Verantwortung nicht nachkommt. Als äußerstes Mittel ist dann der Einsatz von Militär möglich, und zwar nach sorgfältiger Prüfung und Folgenabwägung sowie Ermächtigung durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen.“

    „Es gab für die Nachkriegsgenerationen Gründe, misstrauisch zu sein – gegenüber der deutschen Staatlichkeit wie gegenüber der Gesellschaft. Aber die Zeit eines ganz grundsätzlichen Misstrauens ist vorüber.“ (aus der Rede des Präsidenten vor der Münchner Sicherheitskonferenz zitiert nach FAZ. Net vom 31.01.2014)

    Nein, bei mir nicht, im Gegenteil, das Misstrauen wächst . Was höre ich hier zwischen den Zeilen bei Steinmeier, von der Leyen und jetzt vom Präsidenten? Was Köhler zum Rücktritt veranlasst hat, das klare Benennen der Verteidigung des Zugangs zu den wichtigen Ressourcen der Welt mit Waffengewalt, das wird jetzt pastoral verklärt mit dem Begriff der „Schutzverantwortung“. Dabei wissen wir doch, was bei diesem „Schutz“ herauskommt.
    Die GroKo scheint sich ja auf unheimliche Weise einig zu sein, dass wir mehr „Verantwortung“ einbringen müssen, meint aber Waffeneinsatz statt konstruktiver Entwicklungspolitik. Das ist ein völlig falscher Weg, schafft überhaupt keine Freiheit und Sicherheit, schon gar keinen Frieden, sondern fädelt sich ein in einen US-amerikanischen Weg der Gewalteinwirkung durch immer bedrohlichere Waffen und führt letztlich zu Terror als Notwehr der (noch) Schwachen. Die ständige Verletzung der Menschenrechte durch Tötungen Verdächtiger mit US-Drohnen scheint Herrn Gauck offensichtlich überhaupt nicht zu empören. Frieden und Sicherheit bekommen wir nur durch eine gerechtere Verteilung der Ressourcen, hier müsste die Sicherheitskonferenz einsetzten und alle klugen Köpfe der Welt heranholen. Und nicht die falsche Politik der USA umschmeicheln.

  12. @11 I. Werner

    „Die neue Rede des Präsidenten löst bei mir Alarmglocken aus.“

    Wenn dieser Mann nur den Mund aufmacht, läuten bei mir ständig die Alarmglocken. Ich wundere mich auch, warum immer noch das Märchen verbreitet wird, Merkel wäre gegen Gauck als BP gewesen. Einen idealeren Gefolgsmann und Erfüllungsgehilfen, egal in welchem Politikfeld, konnte sie sich doch gar nicht wünschen. Gauck marschiert exakt auf Nato- und Merkelkurs. Das ist aber nicht erst nach seiner gestrigen Rede klar. Beim Besuch der Führungsakademie der Bundeswehr im letzten Jahr, hat er, in einer schon unverschämten Form, die Deutschen zu mehr Offenheit für Auslandseinsätze aufgefordert, die Distanz und Ignoranz der Bürger zu den Streitkräften beklagt, und sich über „unsere glücksüchtige Gesellschaft“ beschwert. (Dazu auch mein Beitrag @8). Es ist schier unglaublich, was sich dieser Mann erdreistet, aber niemanden in Politik und Medien scheint das zu stören. Ganz im Gegenteil, da wird er als Demokratie- und Freiheitslehrer, neuerdings auch als Levitenleser bejubelt. Was ich bei seiner gestrigen Rede ungeheuerlich fand, dass er es als ein Verstecken hinter der historischen Schuld Deutschlands, als Bequemlichkeit, Weltabgewandtheit und fragwürdiges Recht auf Wegsehen bezeichnete, wer die offenkundig immer weiter fortschreitende Militarisierung der deutschen Außenpolitik ablehnt. Wer so redet, relativiert nach meinem Verständnis die singulären Menschheitsverbrechen zwischen 33 und 45, für die Deutschland, auf immer und ewig, die Verantwortung trägt. Ich verstehe auch nicht, warum nicht zumindest die veröffentlichte Meinung, wenn es schon kein Politiker tut, diesen Herrn Gauck an das Grundgesetz erinnert. Ein Bundespräsident, der Deutschlands ständig zunehmende Militarisierung nicht nur zustimmt, sondern sie geradezu vehement fordert, wäre vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen. Gauck ist ein Interessenvertreter des herrschenden Systems, Neoliberalismus, militärische Stärke usw.. Mit einem Bundes- oder gar Bürgerpräsidenten, wie es z.B. Heinemann und Rau waren, hat das absolut nichts mehr zu tun, zumal das herrschende System Millionen Menschen nicht nutzt sondern schädigt. Warum die „familienfreundliche“ Frau von der Leyen Verteidigungsministerin geworden ist, dürfte nunmehr auch klar sein. Macht sich doch viel besser, für die neue militärische Ausrichtung, so eine schlanke, schmale, ständig lächelnde mehrfache Mutti im kriegerischen Amt als irgendein „Kerl“. Die Bundeswehr als Kita, ein Systempräsident der alles „absegnet“, wer denkt denn da noch an Bomben und Granaten.

  13. Man müsste die Dame und den Herren Präsident, wobei es mich eigentlich weder interessiert noch das ich weiß ob er eigene Kinder hat,nur fragen ob die eigenen Kinder auch mögliche Kandidaten für die anstehenden Kämpfe wären. Dann wäre das Thema sehr schnell erledigt, nur leider ist der Fall nicht so einfach. Die wollen die Kinder anderer in den Krieg schicken. Da bieten sich je junge Arbeitslose an. Das erledigt dann zwei Probleme auf einen Schlag. ( Ich hoffe die Ironie ist für jeden erkennbar)

  14. Hm, ja @ Jutta, der Präsident ist angreifbar. Mir geht es aber um den neuen Flötenton in der Politik, den er offenbar unterstützt, den aber die GroKo jetzt vorgibt. Wenn mir eines in der alten Koalition gefallen hat, dann war es die offizielle Zurückhaltung bei der Einmischung in Libyen. Obwohl mir klar war, dass wir indirekt auch beteiligt waren. Was sich da letztlich abgespielt hat, war nicht gut für das Land. Tyrannen, Diktatoren auf diese Weise zu meucheln und dann ohne wirkliche Kenntnisse der Gegebenheiten das Land sich selbst zu überlassen, das funktioniert nicht. Von den unmenschlichen Hergängen beim Tyrannenmord ganz abgesehen, auch das hinterlässt bleibende Wunden.

    Sicher stehen wir in der Pflicht, afrikanischen Ländern zu helfen. Aber humanitär und ohne Optionen auf irgendwelche Bodenschätze, denn gerade diese Schätze machen Afrika arm.

  15. @ I. Werner #11

    „Was Köhler zum Rücktritt veranlasst hat, das klare Benennen der Verteidigung des Zugangs zu den wichtigen Ressourcen der Welt mit Waffengewalt, das wird jetzt pastoral verklärt mit dem Begriff der „Schutzverantwortung“. Dabei wissen wir doch, was bei diesem „Schutz“ herauskommt.“ (I. Werner)

    Was wissen wir denn, was dabei herauskommt? Obwohl sich mein Respekt vor unseren Politikern in Grenzen hält, sind hier ein paar Unterstellungen im Unterton, die ich überhaupt nicht teile, und die den Krieg gegen einen Gegner eröffnen, der so in meinen Augen gar nicht existiert. Schon allein die Bundeswehr: Glauben Sie wirklich, dass man die heutige Armee des demokratischen Deutschland einsetzen könnte, wie man wollte? Meine Meinung zur Bundeswehr ist zwiespältig, aber das betrifft andere Bereiche. Es ist zwar so, dass sich in den unterschiedlichen Berufsfeldern in unserer Gesellschaft auch unterschiedliche Menschentypen ansammeln, aber ein heutiger Soldat der Bundeswehr steht in dieser Gesellschaft, wahrscheinlich im Schnitt nicht besonders weit links, aber denen einen Kadavergehorsam zu unterstellen, und den bräuchte man, wenn man einen Zurückfall in den Kolonialismus vorhätte, den Sie der Politik implizit unterstellen, ist einfach nur daneben und hat nichts mit der Realität zu tun. Speziell die Führungsebene der Bundeswehr ist mit Sicherheit intellektuell und wahrscheinlich auch demokratisch besser gesiebt als unsere Parteispitzen.

    Das war jetzt das untere Glied der Befehlskette, nun gehen wir an den Kopf des Unternehmens. Ich werde mich hüten, für irgendeinen von denen irgendetwas ins Feuer zu legen, wir machen das andersherum:
    Wir betrachten uns einmal die Gebiete, in denen heutzutage die Schwerpunkte der Piraterie liegen. Das war das Thema zu Köhlers Äußerung:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Piraterie#Heute_von_Piraterie_betroffene_Gebiete
    Das sind sind Gebiete mit Hauptschifffahrtsstraßen, die sich hervorragend für Kriminalität im militärischen Maßstab eigenen und damit alle Länder, deren Materialflussrouten durch diese Zonen laufen, in Geiselhaft nehmen. Das war es, was Köhler mit „Verteidigung des Zugangs zu den wichtigen Ressourcen der Welt mit Waffengewalt“ meinte, die Übernahme von Polizeifunktion entlang der Handelsroute, die in keiner Weise verwerflich ist. Andere Unterstellungen sind nicht zu belegen.

    Dazu kommt die Tatsache, dass Völkermorde auch leider heute nicht ausgeschlossen sind: Um mal so ein paar Brennpunkte aus der jüngeren Vergangenheit zu nennen: Burundi, Ruanda, Bosnien. Es gibt auch ohne uns aggressive Landnahmen, heute meistens durch Islamisten – selbst die Talibanherrschaft bedeutete ja für den größten Teil Afghanistans eine Fremdherrschaft, Mali gehört auch zu diesem Thema.

    Zu diesen Problematiken kann man prinzipiell zwischen zwei verschiedenen Haltungen wählen:
    1.) Ich mische mich nicht ein, egal was es da für Völkermorde gibt und wenn an den internationalen Schifffahrtsrouten Piraten sind, dann sind die halt da – das ist dann halt das Risiko derer die da langfahren – dann müssen die Kunden halt mehr Geld für ihre Ware zahlen, dann ist die damit versichert.

    2.) Wenn diese Welt ein lebenswerter Platz werden soll, dann müssen wir uns wohl an der Bekämpfung derer, die dabei durch Völkermord, Eroberungskriege und Piraterie hinderlich sind, beteiligen. Denn weder islamistischen Horden noch malaiische Piraten lassen sich durch Entwicklungspolitik behindern. Das ist auch meine persönliche Einstellung.

    Das ist kein Primat des Militärs, und das darf nicht mit einer Verminderung der Entwicklungspolitik einhergehen. Aber aus der Tatsache, dass jemand das offen formuliert, schließen zu wollen, dass die Politik hier eine Kehrtwende macht, quasi droht, in eine Form des Kolonialismus zurückzufallen, ist solange einfach nur Unterstellung, bis dafür Belege gebracht werden.

    Belegbar sind derartige Tendenzen für mich bei den USA noch z.B. im Irakkrieg, an dem sich Deutschland nicht beteiligt hat. Bei unseren Politikern habe ich da noch nichts heraushören können, das Schlimmste in dieser Beziehung ist für mich bisher noch Merkels devote Haltung gegenüber den USA. Ich bitte um Beispiele von Reden deutscher Politiker, bei denen eindeutig ist, dass ihre Haltung über meine als 2.) aufgezählte Haltung hinausgeht.

  16. zu @ Frank Wohlgemuth
    Nur eine Frage. Wer ist wir und würden sie sich selber oder ihre Kinder zu dem wir dazuzählen?

  17. @ Frank Wohlgemuth

    Normalerweise schätze ich Ihre Argumente, aber hier legen Sie doch zu viel in meinen Text. An Kolonialismus habe ich noch gar nicht gedacht. Meine Besorgnis gilt dem Sprachwechsel. Deutschland hat sich ja nie „herausgehalten“. Immer versucht, den humanitären Auftrag in den Vordergrund zu stellen. Und damit war die Bevölkerung dieses Landes, wenn vielleicht auch skeptisch, aber letztlich doch einverstanden. Ich auch. Wir bringen Wasseraufbereitungsanlagen, bauen Brücken, schaffen Lazarette. Wir kommen nicht mit ökonomischen Hintergedanken. Wir helfen! Das hat unserem moralisch lädierten Land im Laufe der Jahrzehnte durchaus Sympathiepunkte gebracht. Im Ausland und auch im Inland. Und die Menschen standen dahinter. NIE WIEDER KRIEG! Die Zerstörungen, menschlicher, kultureller und auch materieller Werte saß (und sitzt?) den Menschen doch noch lange im kollektivem Gedächtnis.

    Nun spitze ich meine Ohren. Und es hört sich nicht gut an.

  18. @ hans #16
    Es gibt zwei Arten von „wir“ in meinem Beitrag, die erste ist rhetorisch und meint mich und meinen Leser.

    Ich nehme an, Sie meinen das „wir“ aus der 2. Haltung: „… dann müssen wir uns wohl an der Bekämpfung derer, die dabei durch Völkermord, Eroberungskriege und Piraterie hinderlich sind, beteiligen.“

    Mich meine ich weniger, ich bin inzwischen zu alt, der Jahrgang 54 ist nur noch im Generalstab vertreten. Meine Söhne schon, wenn man sie davon überzeugen kann. (Ich bin übrigens ein ziemlich später Vater – meine Söhne kommen erst in die Wehrüberwachung.) Und genau diese Haltung unterscheidet unsere Armee heute von der vor noch 40 oder 50 Jahren. Ich finde es übrigens einigermaßen scheinheilig ausgerechnet bei der Diskussion um eine friedlichere Welt mit den persönlichen Kosten zu drohen, die z.B. bei Diskussionen zu unseren Komfort keine Rolle spielen. Ich habe die Zahlen jetzt nicht greifbar, aber vielleicht können Sie ja mit Zahlen der durch den Autoverkehr getöteten und verstümmelten Kinder aufwarten. Wir sind also eigentlich alle „gewöhnt“, sie zu opfern – zumindest für unseren Komfort.

    @ I. Werner #17
    Tut mir Leid, wenn ich Sie missverstanden habe, aber ich muss dann nachfragen: Wenn man Köhler so versteht, wie man ihn im Zusammenhang eigentlich nur verstehen kann (s.o.), wie kann man sich dann über diese Äußerung empören?

    Auch was Sie von Gauck zitieren, deckt sich gut mit meiner Haltung 2. Ich bin ja für Misstrauen stets zu haben, aber wo ist der Grund, misstrauischer zu werden als vorher?

    Und NIE WIEDER KRIEG ist eine schöne und auch verfolgenswerte Utopie und war nach dem zweiten Weltkrieg mit Sicherheit auch eine gute direkte Handlungsanweisung für Deutschland.

    Nur ist inzwischen für alle beteiligten weltweit ziemlich sicher, dass Deutschland nicht als Aggressor auftritt. Nehmen wir einen Fall, der weniger komplex ist als Afghanistan: Mali. Ein (für afrikanische Verhältnisse) relativ beschauliches Land wird Opfer eines Überfalls durchgeknallter Gottesanbeter und ruft (für uns: glücklicherweise) nicht die UNO, sondern Frankreich um Hilfe. Was wäre gewesen, wenn sie Deutschland um Hilfe gerufen hätten?

    Wenn man dann langsam genug antwortet, so nach dem Motto „Neee, sehn Sie mal, wiier Deutschen und Krieeeg, dat ist nicht so guuut …“ dann kann man natürlich Glück haben, dass man den Satz mit „und da is es ganz gut, dass Sie inzwischen tot sind und kein Grund mehr zum Eingreifen besteht.“ beenden kann.

    Aber im Ernst: Derartige Einsätze gibt es ja, und wir sind nicht alleine, sondern stehen mit anderen Ländern sowohl wirtschaftlich als auch militärisch im Verbund, und das nicht nur über die Nato, bei derartigen Aufträgen auch über die UN. Meinen Sie wirklich, dass die Eltern in Kanada, Frankreich, Dänemark, Schweden usw. das heute noch sehr lustig finden, dass da, wo die Kugeln fliegen, nur ihre Kinder hin sollen, während die Deutschen nur für die Geschichten mit gutem Image und weniger Gefahr zur Verfügung stehen? Auch in den Truppen selbst ist das kaum noch zu vermitteln. Das ist nämlich die Kehrseite und das Thema der Gauckschen Bemerkung.

    Ich fasse das für mich mal so zusammen: Krieg ist grausam und man sollte ihn vermeiden, und Misstrauen ist eine guten Grundhaltung zum Krieg. Auf der anderen Seite kann man bei aktuellen Überfällen oder Völkermorden die polizeiliche Drecksarbeit nicht nur den anderen überlassen – die lieben ihre Kinder genauso wie wir. Und einen aktuellen Völkermord stoppt man weder mit Friedensmärschen noch mit Lichterketten – den beendet man, in dem man wartet, bis das Volk, das da gerade gemordet wird endgültig weg ist, oder indem man Krieg gegen den Mörder führt. Fischer fand die zweite Variante die moralischere, und ich gebe ihm Recht darin.

  19. zu @ Frank Wohlgemuth
    Das Argument mit den Verkehrstoten greift nicht , weil wir wohl alle freiwillig in die Autos steigen. Wenn die Bundeswehr genügend Freiwillige findet die in allen Kriegen bei denen es ungerecht zugeht, also in jedem Krieg, eingreifen wollen dann sollen sie das tun. Das wird aber angesichts geburtenschwacher Jahrgänge und starker Jahrgänge die in Rente gehen nicht passieren. Ich habe vor einiger Zeit, ich schätze 5 Jahre, mich mit einem Marineangehörigen darüber unterhalten was das eigentlich für Leute sind die sich über Jahre verpflichten diesen Dienst zu tun. Da kam im Grunde raus das es sich zu einem hohen % um Leute handelt die nach der Schule keine Lehrstelle bekommen haben und deshalb freiwillig zum Bund gegangen sind. Oft waren diese jungen Männer aus dem Osten dieses Landes. Diese Quelle von Freiwilligen wird zunehmen versiegen. Besonders wenn die Einsätze immer gefährlicher werden. Deshalb nochmal die Frage wer ist wir.
    Da fällt mir ein man könnte das ja über 55 Jahre alten Arbeitslosen überlassen. Vielleicht würde der Eine oder Andere ja sich freiwillig melden anstatt nach oft über 40 jähriger Berufstätigkeit von Hartz 4 zu leben. Sorry , dieses Thema kann ich nicht ohne Sarkasmus.

  20. @Hallo, Herr Frank Wohlgemuth. Ich hätte da mal, wenn Sie erlauben, eine ganz schlichte Frage. Sind z.B. die Artikel 87a und 115a GG, die den Verteidigungsfall bzw. die Landesverteidigung zum Inhalt haben, mit der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik, insbesondere der neuen Ausrichtung bzw. „Marschrichtung“, wie sie in Münschen durch den systemkonformen BP propagandiert wurde, vereinbar oder nicht?

    mfg
    Jutta Rydzewski

    P.S. Wer sich eventuell für eine andere Sicht als die des „Systempräsidenten“ in seiner typischen „sowohl-als-auch-Schwurbelrede“ interessiert, könnte das hier tun: (Link abgelehnt, Anm. Bronski, siehe Blog-Regel Nr. 8)

  21. @ hans #19 / 20
    „Das Argument mit den Verkehrstoten greift nicht , weil wir wohl alle freiwillig in die Autos steigen.“ (hans)

    Gerade weil wir uns alle kommentarlos in die Autos setzen, greift es:
    Hans: Du (Rabenvater) willst wirklich deine Kinder in diese Gefahr schicken?
    Wohlgemuth: Wir alle schicken unsere Kinder bereits in eine Gefahr, in der erheblich mehr umkommen. Wir stellen also das Leben unserer Kinder durchaus in Kosten-Nutzenrelationen, wenn auch meist unbewusst. Lassen wir also diesen falschen Pathos einfach weg. Außerdem sind alle deutschen Soldaten im Ausland freiwillig da, da gibt es weder Wehrpflichtige, noch heute Zeitsoldaten, die bei Antritt ihrer Dienstzeit nicht wussten, dass es Ernst werden kann.

    Ansonsten sehe ich da eine Vermischung von Informationen: #19 handelt von Zeitsoldaten, der SPIEGEL-Artikel, den Sie in #20 verlinken, handelt vom freiwilligen Wehrdienst. Die beiden Sachen haben erstmal wenig miteinander zu tun. Und falls Sie das sagen wollten, gebe ich ihnen Recht, dass man den Leuten für ihren Dienst zu wenig gibt. Wobei es z.T. auch eine Sache der Werbung ist, weil die Bundeswehr das, was sie z.B. für Zeitsoldaten auch für die dem Dienst anschließende Zeit an „Wiedereingliederungsmaßnahmen“ anbietet, sehr schlecht bewirbt.

    @ Jutta Rydzewski #21
    Das ist ein ziemlich kalter Kaffee, den Sie da mit den Artikeln 87a und 115a GG servieren, ich glaube trotzdem nicht, dass der schön macht. Die out-of-area-Einsätze wurden 94 verfassungsrechtlich geregelt, und dieses Urteil fand seinen Niederschlag im Parlamentsbeteiligungsgesetz von 2005.

    Weil das BVG leider nur die Urteile ab 98 im Netz zur Verfügung stellt, hier dieses Urteil von einem Server der Uni Bern: http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv090286.html

    Wenn man mal die besondere Form der Inkontinenz Gaucks weglässt, der anscheinend aus jedem Thema sofort eine Glaubensfrage machen muss, in der er seine besondere Rechtgläubigkeit als Reviermarkierung verspritzt, gehe ich nicht davon aus, dass irgendjemand vorhat, unsere diesbezüglichen politischen Grundsätze wirklich zu ändern. Ich gehe davon aus, dass es sich eher um ein Stück mehr Ehrlichkeit handelt, das was Krieg ist, auch Krieg zu nennen, auch wegen der Rechtsfolgen bei den beteiligten Soldaten, die durch die politische Verweigerung des Begriffes Krieg bisher erhebliche Nachteile in der Einforderung staatlicher Leistungen für Schäden hatten.

    Und es bedeutet außerdem für die Soldaten ein Stück Sicherheit, wenn sie sich dort, wo wir sie hinschicken, auch wirklich verteidigen dürfen, wenn sie angegriffen werden.

    @ hans: Dieses letzte wir bezeichnete die Bundesrepublik Deutschland in Form des deutschen Bundestages.

    Es hat übrigens keiner vor, sich in jeden Krieg einzumischen, es geht um Einsätze im Rahmen von UN-Missionen. Die UN mischt sich nicht überall ein, aber bei Völkermord tut sie es inzwischen. Wo Sie so gern sarkastisch sind: Was ist denn Ihre Alternative zum Stoppen eines Völkermords? Als allgemeine humanitäre Maßnahme zur Verringerung der Gefahr durch Seuchen und UN-Inspektoren Unterstützung im Bau von Großöfen? Da ist vielleicht noch Expertise in Deutschland vorhanden. Zuzusehen, wie 94 in Ruanda? Oder finden Sie schon, dass da etwas gegen getan werden sollte, nur halt nicht von uns (= durch Soldaten der BRD)?

    Auf der persönlichen Ebene innerhalb unseres Staates stellt das Verhalten, das Sie implizit bis jetzt empfehlen, einfach eine unterlassene Hilfeleistung dar, die nur deshalb nicht unter Strafe steht, weil es national eine Polizei gibt, die stattdessen um Hilfe gerufen werden kann, und weil auf der persönlichen Ebene niemand gezwungen werden kann, sich selbst zu gefährden. Natürlich kann es diesen Zwang auch auf der internationalen Ebene nicht geben, aber es gibt hier keine andere Polizei als die, die sich spontan dazu formt, also keine Ausrede für die unterlassene Hilfeleistung. Nur den Versuch, sie als moralische Großtat zu verkaufen.

  22. @22 Frank Wohlgemuth

    Sie scheinen, Herr Frank Wohlgemuth, da wohl etwas missverstanden zu haben. Nicht kalter Kaffee sondern das Grundgesetz war Hintergrund bzw. Vordergrund meiner Frage. Aber was ist schon das Grundgesetz gegen die geplante großdeutsche Rolle in der Welt, wie sie von dem Herzens- Sehnsuchts- Ergriffenheits- und Freiheitspräsidenten auftragsgemäß gepredigt wird. Auf diese glorreichen Zukunftsaussichten schmeckt sicherlich ein Tässchen Kaffee, natürlich heißer und nicht kalter.;-)

  23. @Herr Frank Wohlgemuth

    Nachtrag:
    Gerade habe ich den Offenen Brief von Jürgen Todenhöfer an Gauck gelesen. Todenhöfer scheint grundgesetzlich genauso altmodisch wie ich zu sein. Wenn Sie wollen, können Sie ja, vielleicht bei einem Tässchen Kaffee, selbst mal lesen. Keine Sorge, ist nur ein kurzer Brief: (Link abgelehnt, Anm. Bronski, siehe Blog-Regel Nr. 8)

  24. @Jutta Rydzewski #23, 24
    „Todenhöfer scheint grundgesetzlich genauso altmodisch wie ich zu sein.“
    Nicht altmodisch genug. Sonst würde er nicht das Urteil des BVG negieren, ohne zu argumentieren, warum er nichts von ihm hält. Mit kalter Kaffee habe ich nicht das Grundgesetz gemeint, sondern das kommentarlose Übergehen der Entscheidung, auf die ich hingewiesen, die ich ihnen sogar zum Nachlesen verlinkt habe.

    Da Sie sie offensichtlich nicht gefunden haben, hier noch einmal die ersten drei Absätze dieses Urteils:

    BVerfGE 90, 286 (286)
    1. Die Ermächtigung des Art. 24 Abs. 2 GG berechtigt den Bund nicht nur zum Eintritt in ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit und zur Einwilligung in damit verbundene Beschränkungen seiner Hoheitsrechte. Sie bietet vielmehr auch die verfassungsrechtliche Grundlage für die Übernahme der mit der Zugehörigkeit zu einem solchen System typischerweise verbundenen Aufgaben und damit auch für eine Verwendung der Bundeswehr zu Einsätzen, die im Rahmen und nach den Regeln dieses Systems stattfinden.
    2. Art. 87a GG steht der Anwendung des Art. 24 Abs. 2 GG als verfassungsrechtliche Grundlage für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Rahmen eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit nicht entgegen.
    3.a) Das Grundgesetz verpflichtet die Bundesregierung, für einen Einsatz bewaffneter Streitkräfte die grundsätzlich vorherige konstitutive Zustimmung des Deutschen Bundestages einzuholen.
    b) Es ist Sache des Gesetzgebers, jenseits der im Urteil dargelegten Mindestanforderungen und Grenzen des Parlamentsvorbehalts für den Einsatz bewaffneter Streitkräfte die Form und das Ausmaß der parlamentarischen Mitwirkung näher auszugestalten.

    Sie können natürlich eine Meinung zur Verfassung haben, die sich nicht mit der des BVG deckt. Es gibt in der Tat ein paar Entscheidungen des BVG, die an den juristischen Fakultäten mit Distanz kommentiert werden. Dass diese hier dazugehört, weiß ich noch nicht. Das können Sie ja ändern, aber nicht, indem Sie auf ihre abweichende Sicht hinweisen, dafür reicht ihr Ruf noch nicht. Da müssen Sie sich schon in die Niederungen der Argumentation gegen die Urteilsbegründung begeben.

  25. zu @ Frank Wohlgemuth
    Schöne Grundsätze die sie da niedergeschrieben haben. Da fangen wir mal mit Tibet an. Was da die letzten Jahrzehnte läuft sollte auch dringend korrigiert werden. Also schnell eine UNO Resolution und dann los in den Kampf. Ich bin gespannt wie viele Freiwillige wir dafür finden.
    Die einzige halbwegs gelungene Aktion dieser Art war in EX Jugoslawien und die war ohne die UNO. Was es soll in Zentralafrika zu kämpfen erschließt sich mir auch nicht. Auf jeden Fall werden wir da keinen Völkermord verhindern. Syrien gehört ja auch zu Afrika, da sind aber die Chemiewaffen weg also wird da nur noch ohne Völkermord gestorben.

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