Man kann es auch als Coup bezeichnen, was der rot-grünen Opposition da gelungen ist: Mit der Nominierung von Joachim Gauck als Gegenkandidaten für Christian Wulff bei der Wahl des Bundespräsidenten am 30. Juni haben SPD und Grüne die schwarz-gelbe Regierungskoalition in schwere Nöte gestürzt. Wollten Merkel und Co. doch einen Kandidaten präsentieren, der Präsident aller Deutschen sein sollte. So die Sprachregelung nach außen. Tatsächlich ging es darum, den bestgeeigneten Kandidaten zu finden, der zugleich – und das mag wichtiger gewesen sein – die geringste Lücke aufriss, wenn er in das Amt wechselte.  Ursula von der Leyen und Wolfgang Schäuble fielen daher weg; Merkel braucht beide. Die Wahl fiel auf Christian Wulff, auch weil er seine Nachfolge in Hannover bereits geregelt hatte. Doch Christian Wulff ist vor allem eines: Parteimann. Ein Mann des Regierungslagers und damit kein Präsident aller Deutschen – jedenfalls nicht von vornherein. Wenn er es denn überhaupt wird. Denn der Gegenkandidat hat Sympathisanten in allen Lagern, auch im Regierungslager. Nur die Linke tut sich schwer mit ihm. Die Wahl am 30. Juni dürfte also symptomatischen Charakter erhalten: Fällt das Ergebnis nach Koalitionsräson? Oder gewinnt dennoch der bessere Kandidat? Es ist eine Art Richtungswahl. Wie ist es um unsere politische Kultur bestellt?

Merkel wollte diese Baustelle, die durch Horst Köhlers überraschenden, ja schockierenden Rücktritt aufgerissen worden war, schnell wieder verlassen. Kein Wunder, sie hat andere Probleme. Ihr Hauptproblem heißt: FDP. Der schwächelnde Koalitionspartner bringt nichts auf die Reihe. Da sollte es guttun, sich schnell auf einen gemeinsamen Kandidaten zu einigen. Problem dabei: Das Signal Wulff wirkt möglicherweise in die Koalition hinein, aber offenbar nicht nach außen. Denn der „irritierend sympathische Herr Gauck“ hat die Reife, das Charisma und das Credo, um das Amt des Bundespräsidenten mit Leben zu erfüllen.

Derweil scheinen ostdeutsche FDP-Politiker mit der Wahl Gaucks zu liebäugeln. So der sächsische FDP-Mann Holger Zastrow, der im Deutschlandradio Kultur sagte: „Wir haben genug Zeit, um uns intensiv mit den Kandidaten auseinanderzusetzen.“ Er könne sich nicht vorstellen, dass die Koalition im Bund infrage gestellt wäre, sollte der von SPD und Grünen nominierte Joachim Gauck die Präsidentenwahl gewinnen. Kanzlerin Angela Merkel habe selbst gesagt, dass das Amt nicht tagespolitischen Erwägungen geopfert werden dürfe.

Wernn er sich da mal nicht irrt. Acht Monate hat die Regierung verdattelt, alle Projekte bis nach der NRW-Wahl aufgeschoben, dann in NRW eine krachende Niederlage eingefahren. Bundesratsmehrheit futsch, regieren wird noch schwieriger. Die Steuersenkungspartei FDP – kastriert. Steuererhöhungen muss diese Regierung meiden wie der Teufel das Weihwasser, wenn die Ein-Themen-Partei FDP nicht pulverisiert werden soll. Es kracht tüchtig im Gebälk, siehe das Geraufe zwischen FDP und CSU bezüglich Röslers Kopfpauschale. Soll heißen: Diese Regierung braucht dringend einen Erfolg. Sollte sie bei der Bundespräsidenten-Wahl scheitern, könnte dies ihr vorzeitiges Ende bedeuten.

Die FR-Leser haben die Kandidaten gewogen und Christian Wulff überwiegend für zu leicht befunden. So meint Torsten Fried aus Köln:

„Gauck hat Format, Wulff ist respektabel. Im Grunde ist Wulff geeignet, die Sache kommt nur zu früh für ihn. Er hat eigentlich nur nach dem Motto gehandelt: Wenn nicht jetzt – wann dann? Und das ist ein denkbar schwaches Argument. Gauck hingegen bietet die Chance auf einen echten formulierungsstarken Motivator im Amt des Bundespräsidenten und den kann Deutschland gut gebrauchen. Für Gauck spricht schlicht, dass er der Bessere ist. Die Presse-Analysen legen das nicht nur nahe, sondern legen es offen. Sollten die Mitglieder der Bundesversammlung diese Chance verpassen, und Wulff statt Gauck wählen, dann erhielten wir einen guten Bundespräsidenten. Ich hätte aber Lust auf einen sehr guten. Spannend ist, dass noch keiner sieht, dass Wulff sich durch die Verweigerung, sein Amt als Ministerpräsident vor der Abstimmung niederzulegen selbst diskreditiert. Damit wird das Amt des Bundespräsidenten zum Karriere-Schritt, zur Möglichkeit; wenn es nicht klappt bleibt Wulff eben Ministerpräsident. Verräterische Vorgehensweise – in meinen Augen.“

Harald Kunkel aus Waldaschaff:

„Der personelle Wahl-Vorschlag der SPD ist weder besonders originell noch einfallsreich. Vielmehr wird auch daran leider wieder der Mangel an geeigneten Persönlichkeiten auf Oppositionssseite überdeutlich. Von Ideen ganz zu schweigen. Wo irgendwo auch nur der Hauch eines Neuaufbruchs erkennbar sein soll, wenn Herr Gauck gewählt würde, steht doch in den Sternen. Vielmehr haftet ihm doch eher etwas „Beamtenhaftes“ an, wie es ja auch an Herrn Steinmeier unübersehbar ist.
Davon ausgehend, sollte man sich davor hüten, jetzt an Herrn Wulff herumzumäkeln, das macht es doch alles nicht besser. Da gibt es sicher andere Politker, die Ansatzpunkte für Kritik bieten sollten, Herr Wulff aber zählt dazu bestimmt nicht. Und das gilt doch ebenso für Politiker wie gerade besonders für Journalisten, die mit ihrer Kritik bzw. Häme am zweifellos unglücklichen Abgang von Herrn Köhler teilweise wirklich etwas weit übers Ziel hinausgeschossen sind.“

Michael Weilandt aus Velbert: „Wahre Größe könnte der Kandidat Wulf zeigen, wenn er baldmöglichst seinen Verzicht bekannt gäbe. Wahrscheinlich hätte er unter anderen Umständen Herrn Gauck mit gewählt, so offenkundig ist dessen Eignung für das höchste Staatsamt. Es schadet dem Amt am allermeisten, wenn es, wie von Merkel und ihren Verbündeten praktiziert, als Geisel für parteipolitischen Spielchen genommen wird. Wer das Wohl unseres Staates im Sinn hat, muss und wird in der Bundesversammlung Joachim Gauck wählen.“

Rainer Bohnet aus Bonn: „Angelika Merkel hat sich in der Parteipolitik festgefahren. Das ist die überwiegende Meinung der Medien und der Bevölkerung. Sie hat die Chance auf einen parteiübergreifenden Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten schlicht und einfach verpasst. Um aus diesem Dilemma, das die Demokratie belastet, herauszukommen, fordere ich Christian Wulff, den Kandidaten von CDU, CSU und FDP, auf, zugunsten von Joachim Gauck auf seine Kandidatur zu verzichten. Das würde ihm von der großen Mehrheit der Menschen mit Respekt gewertet. Der Beifall der Massen wäre ihm sicher. Und Deutschland bekäme mit Joachim Gauck einen hervorragenden Bundespräsidenten ohne parteipolitische Präferenz.
Ob und inwiefern die CDU-Vorsitzende Merkel bei dieser Sache Schaden nimmt, ist mir egal. Sie hat sich geistig und politisch selbst blockiert und trägt hierfür die alleinige Verantwortung!“

Otto Gebhardt aus Frankfurt: „Ich stehe mit großen Augen und ungläubigem Staunen vor einem Schaufenster, in dem die Welt ausgestellt ist: Eine gigantische Staaten-, Wirtschafts- und Finanzkrise, seit Wochen ereignet sich im Golf von Mexico eine der größten – wenn nicht gar die
größte – Umweltkatastrophe(n) in der Geschichte der Menschheit, ein Bundespräsident eröffnet seiner Bevölkerung, das unschuldige Zivilisten und Soldaten – entgegen allen anderslautenden Beteuerungen – für eine freie Wirtschaft, offene Handelswege, unseren Wohlstand gestorben sind, sterben und wohl auch weiterhin sterben werden. Rasch wird eine Kulisse aus Pappmaché vor das Schaufenster geschoben, vor  dieser geben einige atemlose Politikerinnen und Politiker mit staatstragender Miene die sattsam bekannt Farce aus Mauscheleien, Tricksereien, Täuschungen und Intrigen bei der Suche nach einer „geeigneten“ Kandidatin bzw. einem „geeigneten“ Kandidaten für ein „hohes“ Amt.
Wie lange muss/möchte das (mehr und mehr ab)geneigte Publikum für diese wahrhaft schlechten laienhaften Darstellerinnen und Darsteller eigentlich noch bezahlen? Wieviel Sinnvolles könnte mit der „Gage“ doch finanziert werden!? Und, was geschieht denn während dessen hinter den Kulissen? Wird dort auf die Schnelle ein Kopf pauschal erhoben? Und ein Pakt über lange strahlende Risiken abgeschlossen?
Schmierenkomödie? Krise? Mit fehlt wahrlich eine Bezeichnung, ein Wort, die/das stark genug wäre, um das, was da abgespielt wird, treffend zu benennen. Es könnte zum ‚Wort des Jahres‘ taugen!“

Oliver Passarge aus Berlin: „Die überstürzte und ausschließlich parteipolitisch motivierte Nominierung von Christian Wulff zum Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten zeigt einmal mehr, dass viele Politiker – insbesondere in der schwarz-gelben Regierungskoalition – offenbar nicht mehr in der Lage sind, Lehren aus bestimmten, für unser Land gravierenden Ereignissen zu ziehen. Große Teile der politischen Führungselite in Deutschland sind anscheinend nicht mehr lernwillig und -fähig und leben nur noch in ihrer eigenen Welt.
Da tritt ein mit seinem Amt letztlich völlig überforderter Bundespräsident, der vor sechs Jahren in einer Berliner Wohnung durch das christlich-liberale Dreigestirn Merkel-Stoiber-Westerwelle als kleinster gemeinsamer Nenner ausgekungelt und auf das präsidiale Schild gehoben worden war, Hals über Kopf und in geradezu verantwortungsloser Weise zurück und lässt damit das Land in einer äußerst schwierigen Situation einfach so im Stich, und die Regierungsparteien haben angesichts dieser dramatischen Entwicklung keine andere Antwort, als ihren Kandidaten – ohne auch nur ein einziges Mal mit der Opposition zu reden – wieder nur koalitionsintern und unter parteitaktischen Gesichtspunkten zu nominieren.
Herausgekommen ist dabei mit Christian Wulff erneut ein Kandidat, den man bestenfalls als Notlösung der Koalition bezeichnen kann, der aber den besonderen Anforderungen an das höchste Staatsamt wohl kaum gerecht wird. Von seinem Auftreten her eher farblos und bieder und ohne besonderes Charisma ausgestattet, hat Herr Wulff in der Vergangenheit weder durch seine besonderen rhetorischen noch durch seine überragenden intellektuellen Fähigkeiten auf sich aufmerksam gemacht. Auch zu den drängenden Zukunftsproblemen unseres Landes, Europas und der Welt hat man von ihm bisher noch keine Bahn brechenden Ideen und Gedanken vernommen. Hier soll offenbar ein amtsmüder Ministerpräsident, der seine Kanzler-Ambitionen aufgeben musste, mit dem bequemen Ruhesitz Schloss Bellevue versorgt werden.
So demonstriert die Nominierung Christian Wulffs in dieser für unser Land äußerst schwierigen Zeit, dass die handelnden Politiker der Koalition nicht bereit sind, ihre eigenen persönlichen Befindlichkeiten und ihre rein parteitaktischen Überlegungen hinter das Gemeinwohl zurückzustellen, um eine für Deutschland allseits akzeptierte und von einer breiten Mehrheit in der Bundesversammlung getragene Persönlichkeit vorzuschlagen. Wenn Attribute wie „nett und sympathisch“, ein in die Jahre gekommenes Schwiegersohn-Image und eine blitzsaubere Partei-Karriere in Zukunft die einzigen Kriterien für das Anforderungsprofil an das höchste Staatsamt sein sollen, dann kann man sich als Bürger nur noch mit Grausen abwenden.
Es bleibt zu hoffen, dass es auch in der Koalition noch ein paar Wahlmänner und -frauen geben wird, die über soviel Rückgrat verfügen, dass sie sich am 30. Juni gegen Christian Wulff entscheiden und für einen unabhängigen und überparteilich denkenden Kopf wie Joachim Gauck stimmen werden. Denn dieser wäre ein Bundespräsident, den Deutschland verdient hätte!“

Verwandte Themen

11 Kommentare zu “Der Gegenkandidat

  1. „Tatsächlich ging es darum, den bestgeeigneten Kandidaten zu finden, der zugleich – und das mag wichtiger gewesen sein – die geringste Lücke aufriss, wenn er in das Amt wechselte.“

    Ich würde fast sagen, ein weiterer potentieller Konkurrent Merkels mit hohen Sysmpathiewerten in der Bevölkerung wird da beiseite geschafft. Zwar hat sich Wulff bisher immer loyal gegenüber der Kanzlerin gezeigt, doch bei deren Führungsschwäche suchen parteiinterne Kritiker nach neuen Lösungen, die beim Wahlvolk gut ankommen.

    Mit dem Gegenkandidaten Gauck könnte das Projekt Wulff aber ordentlich mißlingen. Eigentlich hätte der Favorit von SPD und Grünen auch von der CDU nominiert werden können. Ihr Kalkül wird der Union nun vielleicht zum Verhängnis.

    Es bleibt zu hoffen, dass die SPD nun auch in der Tagespolitik das entsprechende Geschick entwickelt. Bisher hat sie von den Patzern der Koalition und den Schwächen der Kanzlerin nicht wirklich profitieren können. Auch das Ergebnis der NRW-Wahl ist alles andere als ein befriedigender Erfolg für die Sozialdemokraten, bedenkt man, wie weit man von älteren Wahlergebnissen im Westen entfernt ist. Vielleicht wird die Präsidentenwahl zur Wendemarke.

  2. Gauck – Antimerkel und Hoffnungsträger

    Gewiss sind es auch persönliche Qualitäten, so „Mut zur Freiheit“ und Drängen nach Verantwortung, die Joachim Gauck zum „wahrhaftigen Bürgerpräsidenten“ prädestinieren. Da ist Katharina Sperber (FR, 7.06.10, S.11) sicher zuzustimmen. Für den „überbordenden Zuspruch für in der Bevölkerung“, wie sie meint, reicht dies als Erklärung aber nicht aus. Entgegen der empörenden Kandidaten-Mauschelei des schwarz-gelben Dreigestirns ist er auch zur Projektionsfläche von Wünschen und Hoffnungen in weiten Teilen der Bevölkerung bis hinein in die Koalition geworden.
    Eine Krisensituation verlangt der Bevölkerung große Opfer ab. Das erfordert – Willy Brandt hat es gezeigt -, die Menschen mitzunehmen, ihre Sorgen und Nöte ernst zu nehmen. Es erfordert Glaubwürdigkeit und die Fähigkeit zu vermitteln, dass es bei der Verteilung der Opfer gerecht zugeht. Die kleinkarierte Taktiererei, die menschliche Kälte, mit der vor allem die Kanzlerin Partei„freunde“ abserviert und sich Gegnerinnen schafft (vgl. Frankf. Allg. Sonntagszeitung, 6.06.10: „Merkel soll von der Leyen ausgespielt haben“) wird als Verhöhnung auch der Menschen im Lande empfunden. Es macht deutlich, was „soziale Kälte“ auch bedeuten kann.
    Mit der kindischen Absage an eine überparteiliche Kandidatenwahl, dem Missbrauch des Präsidentenamtes als Kitt für Koalitionsquerelen hat diese Kanzlerin endgültig verspielt, unabhängig vom Ergebnis der Wahl. Ihr Verbarrikadieren in der parteitaktischen Wagenburg nützt ihr nun nichts mehr. Ihr wird – selbst von eigenen Parteigängern und FDPlern – nicht mehr zugetraut, das Land aus dieser Krise zu führen, weil sie selbst zum Problem geworden ist. Es macht auch verständlich, warum es ein Horst Köhler im Präsidentenamt von Merkels Gnaden nicht mehr ausgehalten hat.
    Ein aufrichtiger und überparteilicher Joachim Gauck ist zum Gegenprogramm und Hoffnungsträger geworden – mehr als er wohl jemals wird erfüllen können. Die Hoffnung aus Unionskreisen, das werde sich totlaufen, ist purer Selbstbetrug. Mag sein, dass Westerwelles parteiinterne Knebel von Homburger bis Pieper aufmüpfige FDP-Delegierte einzuschüchtern vermögen – der Graben zur Bevölkerung wird dadurch nur noch tiefer, die Agonie dieser Koalition bestenfalls verlängert.
    Und die unwürdige Art seiner Nominierung färbt – ob er will oder nicht – auch auf den Kandidaten Wulff ab. Als solchem kommt ihm ironischer Weise aber eine Chance zu, Glaubwürdigkeit und echte präsidiale Haltung unter Beweis zu stellen, die einem Präsidenten Wulff wohl verwehrt sein wird: indem er dem Gegenkandidaten Gauck den Vorrang lässt, der nicht nur mehr Qualitäten für dieses Amt mitbringt, sondern auch weit bessere Voraussetzungen, ein wirklicher Bürgerpräsident zu werden.

  3. Aber klar doch, das nächste Schauspiel steht auf dem staatlichen Spielplan, und ist natürlich wieder Mal ständig ausverkauft. Nach Lena, der Europasangespräsidentin, dem stiften gegangenen Roland, dem beleidigten Leberhorst, ist er endlich da, der lang Ersehnte, der Freiheitsmessias, Aufklärer, Demokratielehrer, der Erlöser von allem Übel. YES, WE GAUK, schallt es aus der BILD, und der ganze Medienkampagnenladen, diesmal sogar mit FR, schließt sich an, so wie sich das eben gehört. Endlich, endlich, ist dieses Land gerettet, ein völlig unerwartetes Sommermärchen, noch bevor WIR als Fußballweltmeister in einem Meer von Fahnen versinken werden.

    Pastor Gauk, der es offenbar selbst nicht fassen kann, DER Auserkorene zu sein, entpuppt sich sogar als glühender Schröder-Verehrer, dem Erfinder von Agenda 2010 und Hartz IV. O-Ton Gauk:

    „Als Bundeskanzler Schröder einst die Frage aufwarf, wie viel Fürsorge sich das Land noch leisten kann, da ist er ein Risiko eingegangen. Und es begann eine Phase, in der Politik und Risiko zusammen gingen. Solche Versuche mit Mut brauchen wir heute wieder.“

    Na, bitte, das heißt für die so genannte SPD, Kommando zurück, der erwählte Kandidat will es so. Alle Zweifler an der Agenda 2010 und Hartz haben schlicht und ergreifend zu wenig Mut. Eigentlich würde mich bei diesem „Mut-Kandidaten“ nur noch interessieren, wie er die so genannten Sparbeschlüsse seiner Fast-Freundin Merkel beurteilt. Es hat sicher auch viel Mut und Fürsorge gebraucht, um z.B. das Elterngeld für DIE Hartzer komplett zu streichen. Kinder sind eben nicht gleich Kinder. Das alles ist aber auch gar nicht überraschend, ganz im Gegenteil. Sowohl die FAZ als auch die Welt (von der BILD will ich jetzt gar nicht reden) waren sich nicht zu schade, einem Autor die mediale Plattform zur Verfügung zu stellen, dessen Thesen mich an die Rassen- und Klassenhygiene vor einigen Jahrzehnten erinnern:

    (…)“Während deutsche Frauen außerhalb von Hartz IV im Durchschnitt nur ein Kind haben und leistungsstarke Migrantinnen sich diesem Reproduktionsmuster nähern, vermehrt sich die vom Sozialstaat unterstützte Unterschicht stärker – mit allen Folgeproblemen. (…) Solange die Regierung das Recht auf Kinder als Recht auf beliebig viel öffentlich zu finanzierenden Nachwuchs auslegt, werden Frauen der Unterschicht ihre Schwangerschaften als Kapital ansehen. Allein eine Reform hin zu einer Sozialnotversicherung mit einer Begrenzung der Auszahlungen auf fünf Jahre statt lebenslanger Alimentierung würde wirken. (…)

    Und in der WELT trieft es diesem Autor sozusagen höhepunktmäßig aus seiner rassistischen Feder heraus:

    „Uns fehlt doch nicht das vierte bildungsferne Kind der Sozialhilfemutter, sondern das erste oder zweite der hoch besteuerten und kinderlosen Karrierefrau“. (…)

    Wohl bemerkt, dieser „Herr“ spricht von Kindern, teilweise sogar von Ungeborenen. Bei diesem Autor handelt es sich auch nicht um einen verwirrten Rechtsradikalen, der würde in der FAZ und WELT (vermutlich) auch kein Forum erhalten, sondern um den Soziologen Prof. Dr. Dr. Gunnar Heinsohn, der seit über einem viertel Jahrhundert an der Universität Bremen lehrt. …

    Tja, Herr jetzt schon Oberbeliebtheitspräsidentenanwärter, es war die schödersche Agenda 2010, die diese Heinsohns, Sarrazins, Henkels und Konsorten erst so richtig möglich und in Stellung gebracht haben. Es war die Agenada 2010, durch die sich ein ehemaliger SPD-Vorsitzender zu der Aussage hat hinreißen lassen: Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen. Es war die Agenda 2010, die einen Prof. Sinn zu der „mutigen“ Bemerkung veranlasste, dass erst der Sozialstaat die Unterschicht ermöglicht. Lieber Herr Pastor Gauk, wenn Sie mögen, werde ich Ihnen noch weitere „mutige“ und „fürsorgliche“ Aussagen prominenter Zeitgenossen darbieten, auch wenn mir, was ich offen zugebe, bereits bei der Aufzählung immer noch übel wird.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  4. Sorry, Herr Präsident der Herzen, natürlich wird Gauck mit ck geschrieben. Die schier überschwappende Stimmung und Freude in diesem Lande, hat mich doch glatt das kleine c vergessen lassen. Ich bitte um Nachsicht.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  5. Gauck?? Türöffner für eine linke Mehrheit??

    Es wäre jetzt doch sofort von gehobenem Interesse zu erfahren, was beide zu den Sparbeschlüssen der Koalition sagen, dazu, dass wohl wieder das ganze als alternativlos bezeichnet werden wird und weiterhin dem Mythos von der Leistungsfähigkeit der Hochverdiener gehuldigt wird, der verhindert, dort den materiellen Beitrag für das Funktionieren unseres Gemeinwesens zu erheben wo allein er noch erhebbar und zumutbar ist. Hierzu schreibt Herr Hebel im neuesten Leitartikel: „Zur Wahrheit also würde es gehören, sich von der prinzipiellen Staatsfeindschaft des Neoliberalismus endlich zu lösen. Nicht „weniger Staat“ (auch nicht „mehr Staat“!) darf die Devise lauten, sondern: Wo der Staat benötigt wird, da hat er das Recht und die Pflicht, sich entsprechend zu finanzieren, und zwar auf gerechte Weise.“ Die FR titelt soeben: Aufstand. Jetzt. „Wann, wenn nicht jetzt? Wer, wenn nicht wir? Die erste Bürgerpflicht nach Vorlage des schwarz-gelben Spardiktats heißt: Widerstand – gegen die Einseitigkeit, mit der sich die Regierung beim Kürzen gegen die sozial Schwachen wendet.“ Jawohl, so ist es. Steht Herr Wulff dafür, Herr Gauck? Ich lasse es offen. Jedoch könnte Herr Gauck sofort zeigen, wo er hingehört – meinetwegen auch differenziert, denn nicht jeder Sparbeschluss deutet gleich auf den Untergang des Sozialstaates hin; aber die dahinter liegende Ideologie, die könnte er dann schon einmal analysieren. Jedoch, die wissenschaftliche Meinung des IAB- Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ist hier schon wichtig: „Die aktive Arbeitsmarktpolitik ist kein Sozialklimbim. Das ist eine Zukunftsaufgabe, die wir auch aus demografischen Gründen brauchen.
    Diese Aufgabe darf nicht nur von der Kassenlage abhängig gemacht werden“, warnte Möller (der Direktor des IAB) „Der Wildwuchs an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen ist bereits zurechtgestutzt“, betonte der Forscher. Viele Instrumente seien wissenschaftlich genau erforscht worden. „Die meisten Maßnahmen, die es heute noch gibt, sind nachgewiesenermaßen wirksam.“ Andere Politik-Instrumente wie Subventionen seien viel weniger erforscht.

    Da gibt es nun aber doch z.B. den Hinweis auf die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (ist er – Gauck – dort aktiv?), und einige andere Beiträge, die derzeit publiziert werden, zeigen doch, als was man Herrn Gauck auch sehen kann. Und vor allem: auch er wird wohl parteipolitisch instrumentalisiert und merkt es offenbar nicht. Denn ich kann mir nur schwer vorstellen, dass SPD und Grüne diesen Kandidaten ernsthaft als Gegenentwurf zur herrschenden Politik meinen, Herr Hebel nennt dies Türoffner für eine linke Mehrheit, mit Herrn Gauck??? Nein, Herr Gauck ist ebenso wenig Präsident „aller Deutschen“ wie es Herr Wulff wäre. So wie Herr Wulff der Repräsentant eines funktionierenden Schwarz-Gelben Bündnisses sein soll, so eben Herr Gauck die Widerlegung dieses Funktionierens: Schwarz-Gelb soll vorgeführt werden. Die wertvollen Hinweise z.B. des Hebel-blogs auf Gaucks sonstige politische Orientierung tun das Ihre.

    Ich finde: dann kann man ebenso gut Wulff wählen. Klare Sache das und damit hopp!
    Hebel hat in seinem Kommentar vorgestern geschrieben:„ Auch dies, das Infragestellen, kann Gauck. Ich habe selbst erlebt, wie er sich geradezu gequält hat, um die Perspektive von Menschen zu verstehen, die im Kalten Krieg ihre Aufgabe eher im Kampf gegen den Vietnamkrieg, die von der „freien Welt“ geduldete und geförderte Ausbeutung der „Dritten Welt“ und die Nato-Hochrüstung sahen.“ Schreibt Herr Hebel, pardon, dass ich diesen auch hier zitiere.

    Wenn man sich – siehe oben – „quälen“ muss, Menschen zu verstehen, die den Zustand der westlichen Welt auch beklagenswert finden, dann hat man wohl eine gewisse Blindheit nach Westen kultiviert. Ich sage das bei allem Verständnis für Gaucks aus seiner Biographie nachvollziehbaren, sogar teilbaren, Abneigung gegen „Lins“. Aber „Links sein“ heißt doch noch lange nicht, dass man nicht auch die unstreitigen Vorteile westlicher Lebensformen schätzen und loben kann. Nur: es muss beides ohne Einschränkung möglich sein: eine massive Kritik an unserem westlichen Wertesystem, so weit es sich in „Win-Win-Situationen“ des Neoliberalismus erschöpft, und ein Lob für dieses, so weit es ein wirkliches Reformdenken ohne Rücksicht auf Interessen des Kapitalismus ermöglicht. Genau dies ist dann aber der Unterschied zu totalitären Systemen.

    Ich kann nicht finden, dass Herr Gauck ein solches Denken gezeigt hat; nein, eine wirkliche Alternative stellt er deshalb nicht dar. Wer sich quälen muss, dieses zu verstehen, stellt noch nicht in Frage. Und das „In Frage stellen“ geht jeder Analyse der Reformbedürftigkeit voraus.

    Alle, die Unmenschlichkeit auch „kommunistischer“ – also totalitärer – Diktaturen kennen oder durch Analyse durchschauen gelernt haben, können sich antikommunistischen Überzeugungen anschließen. Dies ist wohl selbstverständlich. Auch für mich ganz persönlich. Aber der so plakativ getragene Antikommunismus als politische Grundüberzeugung, also Ideologie, anderer Spielart ist zu undifferenziert. Und dieser Antikommunismus vereinigt alles das, was eine plumpe Verteidigung jener westlichen Lebensformen ausmacht auch da noch, wo sie für unsere Welt mörderisch sind. Man kann dann jede Kritik z.B. an der Wirtschaftsform in ihren Ergebnissen als kommunistisch diffamieren. Dann braucht man auch nicht mehr über Alternativen diskutieren. Wer erinnert sich nicht an den antikommunistischen Wahlkampf in NRW oder im Bund 2009? Hier ist heftig von neoliberaler Seite die hässliche Fratze der DDR – die sie ja wirklich hatte – instrumentalisiert worden; eben in antikommunistischer Attitüde. Antikommunismus als Ideologie ist es zu sagen, man rede mit keinem, der die „DDR-Sozialisten“ auch nur in einem Gespräch berührt. Damit ist ja – wie es vielleicht an dieser Stelle halbwegs konsensfähig ist – gar kein Kommunismus gemeint, sondern die sozialen Alternativen zu unserem heute herrschenden Wirtschaftssystem – genau diese sollen wohl diffamiert werden.

    Dr. Hans-Ulrich Hauschild

  6. Da präsentieren die Rot-Grünen ihren Kandidaten, nachdem sie darüber lamentierten, dass die Tigerenten sie an deren Kandidatenkür nicht beteiligt haben. Gleichzeitig aber erwrten sie, dass die Linke sich für ihren Kandidaten schon im ersten Wahlgang entscheiden, wohlwissend, dass dieser Kandidat weder mit den Stimmen der Linken rechnen kann noch die Kür zusammen mit der Linken meinten nötig zu haben. Mensch kann ja durchaus unterschiedliche Meinung zum Verfahren haben, ein fairer Umgang mit der Linken sieht aber anders aus.

    Rechnen wir doch mal alle drei Parteidelegierten zusammen. Dann ergibt das immer noch lange nicht 623 Stimmen für Gauck. Es müssten also von den Tigerenten so viele Stimmen dem Herrn Wulff gegeben werden, damit es für die absolute mehrheit reicht. Selbst wenn die Wählergemeinschaft für Gauck stimmt, kann Herrn Gauck doch nicht verborgen geblieben sein, dass da immer noch die Neonazis mitstimmen. Dann aber würde ich nicht mehr zur Wahl stehen, wenn deren Stimmen entscheidend sein sollten. Mensch wird sehen, wie das Kräfteverhältnis bei der ersten Stimmabgabe aussieht. Die Opposition jedenfalls ist auf dem guten Wege, die Tigerneten zusammenzuschweißen. Ich jedenfalls gehe davon aus, dass Wulff im ersten Wahlgang gewählt wird.

  7. @ # 3
    Liebe Jutta R.! Ich habe wirklich schon Besseres von Ihnen gelesen.
    Zunächst ist es nicht gerade überzeugend, wenn man erst in der Zeitung mit den großen Buchstaben nachschaut, um zu wissen, welche Meinung man auf keinen Fall haben darf. Und zu behaupten, man (dazu gehört nach Ihrer Meinung die FR und wohl auch ich) habe nichts anderes zu tun als sich der von ihr hinausposaunten Meinung „anzuschließen“, ist eine ziemlich plumpe Unterstellung.
    Und dann: Was, bitteschön hat eine ziemlich irrsinnige Äußerung irgendeines Professors mit Herrn Gauck zu tun? Ist die ganze Übung nur dazu da, um ihm etwas unterzujubeln und ihn dann in einen bereitgestellten Topf schmeißen zu können? – Das ist BILD-Methode pur (von der Sie sich doch so gerne abgrenzen!
    Überhaupt, so scheint es mir, sind Sie sehr flugs mit irgendwelchen Schubladen bei der Hand, in denen sich dann, schönt vereint, alle möglichen Leute wiederfinden. Das, meine ich, sollten Sie doch wirklich der BILD überlassen!
    Und bei dem, wie mir scheint, künstlich entfesselten Furor zum eigentlich Thema kein Wort! Und dabei geht es bekanntlich um 2 Kandidaten und die Wahl für ein Amt, das per definitionem eben nicht durch eine bestimmte ideologische Position geprägt zu sein hat. (Sonst könnte ja gleich jeder seinen eigenen Präsidenten – oder Präsidentin, je nach Geschmack – wählen und wir könnten zu einem Volk von Präsidenten mutieren.) Um diese Fähigkeit geht es: über ideologische Grenzen hinweg Verbindendes aufzuzeigen. Daher ist Ihr Versuch, anhand irgendwelcher herausgerissener Zitate Menschen oder Kandidaten ideologisch zu fixieren (man könnte auch sagen: zu brandmarken oder madig zu machen), gelinde gesagt, reichlich daneben.
    Zuletzt: Ich habe in meinem Beitrag (# 2) deutlich gemacht, dass es weniger um (freilich nicht zu unterschlagende) Qualitäten von Herrn Gauck geht, sondern um Projektionen, Erwartungshaltungen geht, die einer Personifikation bedürfen, um sich äußern zu können. Das ist nicht nur legitim, sondern auch Teil einer Sozialhygiene, weil es dadurch erst rational greifbar und verhindert wird, dass sie unkontrolliert ausbrechen. Drum frage ich mich auch, was Sie gegen die kleine Lena haben und was Sie berechtigt, auf so arrogante Weise über sie (und alle, die sie mögen) herzuziehen.
    Letztlich: Es sollte doch wohl möglich sein, zu einem konstruktiven Diskussionsstil zurückzukehren.
    Freundliche Grüße
    W. Engelmann

  8. @7 Werner Engelmann

    Zunächst einmal, auch wenn ich damit, hinsichtlich Ihres Beitrags unten anfange, lieber Herr Engelmann, habe ich absolut nichts gegen Lena als Person, zumal ich sie persönlich gar nicht kenne. Und wenn sie, die Lena, beim größten europäischen Sangeswettbewerb, mit Abstand auf den ersten Platz landet, obwohl sie nicht gerade eine, wie Fachleute sagen, überragende Sängerin ist, hat das „Unternehmen“ Lena offenkundig einiges, oder sogar alles richtig gemacht, denn besser als Platz 1 geht ja nicht. Wenn ich sie, die Lena, als Europasangespräsidentin bezeichne, so nehmen Sie das doch für Ihre Lena als Kompliment.;-)

    Nun zu den drei Kandidaten, zumal Frau Luc Jochimsen noch dazu gekommen. Was mich besonders interessiert, wie denn nun die veröffentlichte Meinung, besonders die Müllers Voggs, Blomes, BILD, Welt, Zeit, Focus, Spiegel usw. auf die Dame reagieren werden. LINKE-Kandidatin, die nicht nur nix mit Stasi, Mauer und SED zu tun hat, sondern sogar eine überaus erfolgreiche WEST-Journalistin-Karriere gemacht hat. Chefredakteurin des HR, zehn Jahre lang beim Polit-Magazin „Panorama“ in Hamburg, Korrespondentin in London, überhaupt ist Frau Jochimsen erst die dritte Frau in der ARD auf einen Spitzenposten, wie bei tagesschau.de, mit einer gewissen Bewunderung, zu lesen ist. Und nun das. Bei Sodan, Gysi oder Lafontaine war es doch so einfach, was die Hetzerei anbelangte, aber bei Frau Jochimsen dürfte der sonst übliche Verriss schwieriger sein. Aber der Mainstream und Kampagnenjournalismus wird sicher eine „angemessene Lösung“ für dieses Problem finden, denn schließlich hat Die Linke in diesem Land noch nicht vorzukommen, ganz egal wie viel Millionen sie wählen. Was Demokratie ist bestimmen immer noch BILD und Bertelsmann, also die Damen Springer und Mohn. BASTA!!!;-))

    Nun noch zu Gauck, dem Messias, und den von mir geknüpften Zusammenhang mit Schröder. Entweder habe ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt, oder Sie haben nicht aufmerksam genug gelesen. Es geht nicht nur um diese eine irrsinnige Forderung eines Professors. Es geht um die jahrelange bundesweite Hetze gegen Hartz IV-er. Sie werden doch wohl nicht bestreiten wollen, dass Schröder und Rot/Grün die Erfinder dieser so genannten größten Arbeitsmarktreformen sind. Sie werden nicht bestreiten können, dass seit Einführung von Hartz IV das Land zunehmend gespalten wird. Und Sie werden auch nicht bestreiten können, dass seit Jahren eine erbärmliche Medienkampagne gegen Hartz IV-er läuft, die an Schmutzigkeiten, Gemeinheiten, Lug und Trug, nicht mehr zu überbieten ist. Und letztlich werden Sie auch nicht bestreiten, das für viele Sozialrassisten, (stellvertretend nenne ich Sarrazin, bei dem gutachterlich festgestellt wurde, dass seine Aussagen rassistisch, elitär und herabwürdigend sind), Schröder und seine Agenda 2010 mit Hartz IV sozusagen das Einfallstor war. Oder wollen Sie das bestreiten? Und auf diesen Schröder und seine Agenda 2010 hat sich der Herr Beliebtheitspräsidentenanwärterkandidat bezogen. Exakt das habe ich, mit allen damit verbundenen Implikationen zum Thema gemacht. Nicht weniger aber auch nicht mehr. Was daran destruktiv sein soll, vermag ich nicht zu erkennen. Allerdings gebe ich zu, dass ich versucht habe, meinen tief sitzenden Ärger mit Ironie zu überspielen. Denn schließlich handelt es sich doch erneut um ein Staatsschauspiel, mit viel, viel Pathos, insbesondere vom Präsidenten der Herzen. Ich sehe, außer einen biologischen, keinen großen Unterschied zwischen Gauck und Wulff. Ich sehe auch keinen genialen Schachzug der so genannten SPD hinsichtlich der Gaucknominierung. Ich sehe lediglich mal wieder groß inszeniertes (Staats)Theater. In den nächsten Tagen wird allerdings das Ampel-Gehampel in NRW etwas mehr in den Vordergrund treten. Eine Farce jagt die andere. Aber noch gibt es ja, sozusagen zum Trost, „Neues aus der Anstalt“.;-))

    mfg
    Jutta Rydzewski

  9. Meine Meinung zu Frau Jochimsen: Die Kandidatur ist überflüssig. Sie hat keine Chance, und das Signal das von der Kandidatur ausgeht, ist bestenfalls Trotz.

  10. Ministerpräsident Wulf nur mit dem Lübkebonus als Präsident vorstellbar

    Jeder leitende – auch niedersächsische – Beamte, der von einer Fluggesellschaft aufgrund seines Status`ein unentgeltliches upgrade erhält und auch noch annimmt, wird möglicherweise im Rahmen eines Disziplinarverfahrens aus dem Amt entfernt, weil er gegen „Kernpflichten“ seines Amtes verstoßen hat. Das gleichzeitig sichere Strafverfahren wegen „Vorteilsannahme“ gem. § 331 StGB bedroht dieses verwerfliche Verhalten zudem noch mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren. Bereits ein Jahr würde reichen, um ihn auch kraft Gesetzes zu entlassen.

    Man muss schon ein Ministerpräsident von Niedersachsen sein, um sich über das Gesetz zu stellen und mit einer faden Entschuldigung „des Nichtwissens“ vor dem niedersäschischen Landtag mit einem leicht blauen Auge davonzukommen. Wer sich in diesem hohen Amt als Ministerpräsident mit „Nichtwissen“ oder „Nichtahnenkönnen“ entschuldigt, hat sich selbst wegen „Dummheit“ disqualifiziert und wäre in diesem Amt nicht mehr haltbar, jedoch nach Meinung der Kanzlerin – offenbar mit Blick auf Heinrich Lübke – umsomehr als Bundespräsident. Statt ihn zu entlassen, was jedem Beamten bei diesem Vorfall droht, soll Herr Wulf auch noch „befördert“ werden. Armes Deutschland. Unser Land hat wahrlich in dem Amt eines Bundespräsidenten einen völlig integeren Menschen verdient.

  11. Lieber Herr Gauck,
    schade. Erst war ich begeistert, obwohl Linkewählerin,
    dass Sie kandidieren. Weil ich dachte, Sie hätten das
    rhetorische und emotionale Zeug zum Präsidenten der
    Herzen, wie es so schön heisst.
    Und nun das. Sie stimmen ein in die Pädagogische Einheitsfront
    gegen diejenigen, die keine Arbeit finden (sonst MÜSSTEN sie sie
    nämlich annehmen, einfach mal ins SGB II schauen), und die Sie
    des „Nehmens“ bezichtigen, weil sie auf staatliche Leistungen, um existieren zu können, angewiesen sind.
    Leistungen, die so gering sind, daß ich z.B.eine ehrenamtliche Tätigkeit einstellen musste, weil ich die Fahrtkosten nicht
    tragen konnte.
    Da sind mir die Gleichheitsrechte genauso bitter nötig wie die
    Freiheitsrechte. Vielleicht verstehen Sie das nicht aufgrund Ihrer Biographie und/oder Ihrer gesellschaftlichen Stellung.
    Aber dann sind Sie auch nicht mein Bundespräsident. Für diese
    Art von Bürgerlichkeit reicht Wulff vollkommen aus.

Kommentarfunktion geschlossen