Eine Insektenoase in der Innenstadtwüste (8)

Was tun für Insekten? FR-Blogger Bronski baut seinen Garten um und berichtet darüber hier im FR-Blog. Kräuter, heimische Blühpflanzen, Totholz – man braucht nicht viel Platz. Heute Teil 8 der Serie: Ordnung muss sein!

Balken 4Ich bin von Anbeginn an ein Feind von zu viel Ordnung. Wenn beispielsweise meine Mutter früher von mir verlangte, mein Zimmer aufzuräumen, dann tat ich ihr zwar den Gefallen, verfiel aber zugleich in eine Art Energiesparmodus, etwa vergleichbar dem von Faultieren, die ja schließlich sehen müssen, wie sie mit dem bisschen an Energie haushalten, was der Dschungel ihnen gibt. Ich räumte also zwar auf, aber dies so langsam, dass meine Mutter es nicht erkannte. Diese schöne Tradition habe ich mir erhalten. Allerdings ist es nicht ganz einfach, sie auf einen Garten zu übertragen, in dem jedes einzelne Pflänzchen nach dem Prinzip „Sturm und Drang“ verfährt, als wäre es in der Pubertät, und tut und lässt, was es möchte. Manchmal komme ich mir vor wie meine Mutter und würde zu gern rufen:

Ordnung muss sein!

Aber da haben wir sie ja, die Ordnung! Jedenfalls auf den ersten Blick. Für alle, die mit diesem Bild nicht gleich was anzufangen wissen, empfehle ich einen Blick zurück auf Teil 7 meiner Summerbrummer-Gartenserie, wo es ein Bild von Auguste Viktoria aus einer anderen Perspektive gibt. Dies Bild hier zeigt nämlich nur ihr Wagenrad, das dem Menhir krönend aufs Haupt gesetzt wurde in Anlehnung an die Hüte, welche die historische Auguste Viktoria trug, die Gattin des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. Nach ihr ist ehrend unser Menhir benannt, auch wenn sie nie Petunien trug.

Das „Wagenrad“ ist in Wirklichkeit ein großer Untersatz aus Terracotta, 36 Zentimeter im Durchmesser. Was Ausladenderes war im Gartencenter gerade nicht zur Hand, aber auch 40 Zentimeter wäre gegangen. Die Idee hinter dieser Installation ist: Wir kombinieren ein Vogelbad mit einer Insektentränke und verpassen der Kaiserin zugleich noch eine Mähne. Denn die Petunien werden (hoffentlich!) wallen. Wenn nicht – kein Problem. Kapuzinerkresse steht schon in den Startlöchern. Die Installation bietet Kleinvögeln bis hin zu Amseln Landemöglichkeiten. Für Tauben und Elstern ist sie hingegen zu kleinteilig (hoffe ich). So schließt sie die großen Vögel, die ich hier nicht fördern möchte, zugunsten der kleineren aus. Zugleich bietet der Rand aus Gneisschotter Landemöglichkeiten für Insekten. Die wollen nicht baden; sie müssen aber trinken, so wie alle Lebewesen. Der Zugang zu Wasser kann in der Offenbacher Innenstadt aber für Insekten zum Problem werden, insbesondere in langen Trockenperioden. Der Schotter am Rand des Vogelbads eröffnet ihnen den Zugang zur Tränke. Ich hoffe, dass es mir im Lauf des Jahres gelingen wird, Insekten zu fotografieren, die hier landen. Die Vögel nutzen das Bad bereits. Ich habe Amseln, Spatzen und Kohlmeisen beim Bad beobachtet – und sogar eine Blaumeise. Wenn ich mich nicht täusche. Wäre schön, wenn nicht.

Also gut, die Ordnung. Jetzt schau Dir dieses Bild an. Es zeigt denselben Garten, den wir hier beackert haben, jedoch am 10. Juni 2018:

Toll, oder? Eine wild wuchernde Unordnung, so scheint’s. Irrtum, Leute! Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt hatte alles noch seinen Platz in dieser grünen Hölle. Jedenfalls wenn man ein bisschen tolerant ist. Aber es gab zunehmend Probleme mit Gräsern, die vom Nachbargrundstück herübergeflogen kamen, mit Löwenzahn, Dreimasterblumen, Klee und vielem anderen. Der Steingarten in der Mitte (hier kaum zu sehen) funktionierte nicht, weil Sedum und Sempervivum nicht mit Gräsern konkurrieren können.

Ich hoffe indes, dass unser Garten spätestens im Juni 2022 wieder so ähnlich aussehen wird: dicht zugewachsen, voller Verstecke für kleine Tiere, zudem aber voller nektarspendender Pflanzen für Insekten. Dass man sich durchschlagen muss, um an Erdbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren, Radieschen und Petersilie zu kommen, die alle im Nutzteil hinten wachsen (hier hinter dem Schilf nicht zu sehen), das sei uns Menschen zugemutet.

Die Semperviven wurden beim Umbau des Gartens übrigens gerettet und an eine gute Stelle umgesiedelt. Hier kommt ein Panoramabild, das versuchen will, diese an sich unscheinbaren Pflanzen in ihrer Vielfalt und damit auch Schönheit zu würdigen. Sie zeigen eine enorme Bandbreite bei der Färbung ihrer Blätter: von Grau über verschiedene Rot- und Grüntöne bis hin zu Gelb, Braun und fast Schwarz. So klein sie auch sind: Das sind faszinierende Pflanzen. Sie blühen natürlich auch (und sterben anschließend), aber die Schönheit liegt hier gerade in dem, was nicht knallig ist: im Detail.

Weiter geht’s in einer Woche an dieser Stelle.

Naoned!

Ihr Bronski

Teil 7 / Teil 9

Rechte an allen Bildern: Lutz „Bronski“ Büge
Startseite des Gartenprojekts

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