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Forum vom 30. Mai 2023
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Das Volk braucht Orte zur Versammlung
Zu: „Paulsplatz bebauen oder nicht?“,, FR-Region vom 10. Mai
Als mittlerweile „alter Frankfurter“ muss ich seit Jahren von der Idee eines „notwendigen Demokratiezentrums“ lesen, jetzt also als Ergebnis einer „Expertenkommission“, die den Paulsplatz für die Bebauung empfiehlt. Obwohl ich der Meinung bin, dass Demokratie gelebt und verteidigt werden muss und es dafür keine Gebäude braucht, möchte ich mich hier aber nur auf die Platzwahl beziehen. Ich kann mein Entsetzen darüber kaum in Worte fassen. Wo bleibt der Aufschrei in Frankfurt?
Unser schöner, beliebter Paulsplatz, einer der wenigen, begrünten Plätze in der Innenstadt, Raum für Außengastronomie im Sommer und den Weihnachtsmarkt im Winter! Vor allem macht mich fassungslos, dass dafür wertvolle, jahrzehntealte Platanen gefällt werden müssten. In einer Zeit, wo um jeden einzelnen Baum in der Stadt gekämpft werden sollte. Hinzu kommt, dass die freie Sicht auf das schönste und wichtigste „Demokratiesymbol“ durch Beton und Glas zugebaut werden würde.
Das Geld könnte man – außer für die notwendige Sanierung der Kirche – sinnvoller anlegen. Etwa für eine Wiederherstellung der drei im Zweiten Weltkrieg für Kriegszwecke eingeschmolzenen Allegorie-Skulpturen des Einheitsdenkmals. Das Werk der Künstler und Architekten Hessemer und Kaufmann symbolisierte schon vor 120 Jahren die Einheit und Freiheit Deutschlands an diesem Ort.
Das Dach der Paulskirche muss sowieso saniert werden. Warum nicht eine Wiederherstellung der ursprünglichen, steilen Dachform? Es würde dem klassizistischen Gebäude wenigstens von außen seine Würde zurückgeben.
Alle für das „Demokratiezentrum“ vorgesehenen Nutzungen könnten entweder in der Paulskirche selbst oder in benachbarten Räumlichkeiten stattfinden. Sollte aber dennoch zusätzlicher Platz gebraucht werden, so bietet sich das in unmittelbarer Nachbarschaft stehende Rechneiamt im alten Rathaus an. Das nach dem Krieg wieder aufgebaute „Notdach“ könnte ausgebaut oder endlich historisch rekonstruiert werden.
Schon lange frage ich mich, warum gibt es auf dem Turm der Paulskirche eigentlich keine „schwarz-rot-goldenen“ Fahnen? 1848 wurde stolz in alle vier Himmelsrichtungen geflaggt, als Symbol für Deutschlands Einheit und Freiheit!
Hans Günter Thorwarth, Dreieich
Wir haben bereits ein Historisches Museum
Wir brauchen kein spezielles Haus für ein „Museum der Demokratie“. Demokratie findet jetzt statt, nicht im Museum. Die Paulskirche mit ihren unterschiedlichen Versammlungen ist ein Teil dieses Lebens. Nicht gestern und vorgestern, sondern hier und jetzt!
Als die Nationalversammlung 1848 zusammentrat, ging es um eine einheitliche Verfassung aller deutschen Bundestaaten und ihre Repräsentanz in der Bundesversammlung. Das scheiterte an den unterschiedlichen Interessen der Machthabenden der beteiligten Staaten.
Im Letzten wollten die Delegierten, die sich auf sehr unterschiedliche Art und Weise legitimierten, die theokratische Machtverteilung der alten Ordnung (von Gottes Gnade, Herrscher) ersetzen durch eine Machtverteilung, die vom „demos“, dem Volk, ausgeht. Das misslang damals. Es gelang erst 1918, wenigstens für kurze Zeit. Dann erst wieder unter erschwerten Bedingungen nach der Zeit des Nationalsozialismus 1945.
Die Nationalversammlung und ihre Beschlüsse basierten auf den Interessen bestimmter Teile der Gesamtbevölkerung. Mitglieder waren aus der bürgerlichen Mittelschicht (nach dem Historiker Valentin ein Bauer, vier Handwerker und kein Arbeiter) vor allem Bildungsbürger. Sie waren mehr von Bildungsidealen als von realen sozialen Wirklichkeiten geprägt.
Der größte Teil der damaligen Bevölkerung in den einzelnen Staaten war an den Wahlen nicht beteiligt. Sie kamen einfach nicht vor. Von ihnen war nie die Rede, über sie wurde aber viel als Volk palavert. Trotzdem war diese Nationalversammlung ein wichtiger Schritt hin zu demokratischen Formen einer politischen Beteiligung aller. Sie verdient Erinnerung. Diese umzusetzen und zu erweitern, sind wir immer noch dabei. Für ein demokratisches Leben bedarf es der Versammlungsorte und keiner Museen. Die Paulskirche ist genug, ein „Signature Building“ in Frankfurt. Ein „Drumherum“ musealer Bestandteile zu Ehren ihrer Erbauer braucht es nicht. Die Paulskirche ist Versammlungsort wie auch einige andere Versammlungsmöglichkeiten in der Umgebung. Akademien und Stadthäuser im neuen „alten“ Frankfurt.
Das „Volk“ soll sich auf dem Platz um die Paulskirche weiterhin niederlassen können und es sich gut gehen lassen bei Eis und anderen Leckereien. Wir haben ein Historisches Museum und Stadtarchive für Dokumentation und Sammlungen.
Demokratie ist nicht die Ansammlung von Zeugnissen über sie, sondern das Leben in derselben.
Peter Scheuermann, Hofheim
Die Ruine musste schnell ein neues Dach bekommen
Vor vielen Jahren hatte ich ein Gespräch über den Nachkrieges-Aufbau der Paulskirche mit einem bekannten Frankfurter Architekten. Er sagte mir, beim Wiederaufbau der Paulskirche ging es damals dar,um, schnellstmöglich ein neues Dach über die Ruine zu bekommen. Daher wurde auf die Empore vorerst verzichtet.
Für das geplante Haus der Geschichte halte ich zwei Möglichkeiten für denkbar. Um auf dem Paulsplatz die Sicht auf das Denkmal nicht zu verbauen, wäre eine der Möglichkeiten, das Stadtsteueramt bzw. dessen Parkplatz umzugestalten oder die alte Börse an ihrem angestammten Platz wieder herzustellen. Ein unterirdischer Zugang zur Wandelhalle der Paulskirche wäre dann eine der Möglichkeiten.
Walter Vaupel, Neustadt a.d.W.
Genug Raum für die Demokratiegeschichte
Die Paulskirche braucht unbedingt wieder ein Kuppeldach, um ihre Erhabenheit von weitem sichtbar zu machen. Stellen sie sich mal die Peterskirche mit einem Flachdach vor!
Eine Empore im Inneren und der Rundgang im Parterre könnten womöglich genügend Raum für die Demokratiegeschichte hergeben. Kurz gefasst im Graphik Recording Design spricht es dann auch Jugendliche an. Damit wäre die Paulskirche wieder ein Ort der Begegnung und der Auseinandersetzung mit unser Staatsform. Ein Haus der Demokratie wäre damit hinfällig und man könnte den Platz mit den inzwischen stattlichen Bäumen und den Parkplatz erhalten.
Renate Berg, Frankfurt
Bloß nicht Ruhe und Wohlstand stören!
Verkehrswende in Frankfurt: „Klimakiller Auto“, FR-Region vom 27. April
Es war eine harmonische Veranstaltung. Fürwahr; gut beobachtet, denn die Diskutanten sind sich einig, bloß nicht über die Ursachen des hohen Verkehrsaufkommens zu reden. Lieber – wie im Südbahnhof letztes Jahr – über Schleichwege aus dem Osten. Brav auf der Erscheinungsebene verharrend, arbeiten alle daran, nur den Hochhausbau, die Ursache des hohen Verkehrsaufkommens, nicht zu stören. Ein Phänomen, das auch andere Initiativen in Frankfurt ergriffen hat. Darin sind sich die Gruppen und die Stadt einig, es braucht gute Bündnisse schreibt die FR. Welche Bündnisse, welche Einigkeit?
Kritische Stimmen zum Frankfurter Weg zur Verkehrswende waren nicht zu vernehmen, also Friede, Freude, Eierkuchen? So können die Dezernenten Probleme elegant vom Tisch wischen, da große Teile der Bürgerschaft ebenfalls nur auf der Erscheinungsebene agieren wollen, wie die Politiker der Stadt. Aber immerhin, ein Teilnehmer weist daraufhin, um die Pendlerströme zu reduzieren müssten die Arbeitsplätze (Erwerbstätige) inzwischen genau so viele wie Einwohner, im Umland geschaffen werden. Besser die auf uns zu kommenden Problem nicht zu sehen, als sich in seiner Ruhe und seinem Wohlstand stören zu lassen. Gut, dass es noch die „Letzte Generation“ gibt. Wenn es so weiter geht, sind sie tatsächlich die Letzten, die noch protestieren. Der Weg zum sechsten Artensterben, und das sind wir, ist immer noch offen.
Konrad Mohrmann, Frankfurt
Öffentlich vorgeführt
Jewrovision: „Claudia Roth bei Festival ausgebuht“, FR-Region vom 22.5.
Der Kinder- und Jugendmusikwettbewerb „Jewrovision“ wird alljährlich vom Bundesministerium für Familie und Jugend mit einem bedeutenden Finanzbetrag bezuschußt bzw. finanziert. Er soll – so der veranstaltende Zentralrat der Juden in Deutschland – der „Förderung jüdischen Lebens in Deutschland“ dienen, wurde aber vorrangig dazu benutzt, das 75. Staatsgründungsjubiläum Israels zu feiern. Dass dann die von ihren Eltern entsprechend instruierten Kinder und Jugendlichen die Vertreterin
der Regierung, die das Ganze weitgehend finanziert hat, Claudia Roth, die von Josef Schuster offenbar deswegen eingeladen worden war, um sie öffentlich vorzuführen, ausbuht und derartig unhöflich behandelt, ist schon eine ziemliche Chuzpe und sollte Konsequenzen haben!
Björn Luley, Frankfurt
Ökologische Katastrophe
E-Scooter: „Sondernutzung ist das Mittel der Wahl“, FR-Region vom 12.5.
Schade eigentlich, aber es war von Grünen und SPD in Frankfurt nichts Anderes zu erwarten. Ökologisch gesehen sind die Leihscooter eine Katastrophe. Ersetzt werden keineswegs Autofahrten, sondern Wege, die sonst zu Fuß, mit dem ÖPNV oder per Fahrrad zurückgelegt werden. Viele Nutzungen sind reine Spaßfahrten. Die ganze Stadt ist von diesem überall herumliegendem Elektromüll verunstaltet, Fußgänger und Radfahrer werden behindert.
Es ist eine Illusion zu glauben, dies kontrollieren zu können. Am einfachsten und wirksamsten wäre ein Verbot von geliehenen E-Scootern. Zu verdanken haben wir diesen Unsinn dem ehemaligem Verkehrsminister Scheuer.
Ulf Döbert, Steinbach
Hessenberg gehört dazu
Zu: „Gute Noten für den Struwwelpeter“, FR-Regional vom 27. April
In der Aufzählung der Struwwelpeter-Vertonungen in Ihrem Artikel fehlt ein Komponist, der m.E. unbedingt dazugehört; Pof. Kurt Hessenberg war zum einen Frankfurter, zum zweiten hat er an der Musikhochschulein Frankfurt u.a. Komposition gelehrt, und zum dritten war er der Urenkel des Struwwelpeter-Autors Heinrich Hoffmann. Eine Frankfurter Zeitung sollte das in einem Artikel über die musikalische Umsetzung des Struwwelpeters wenigstens kurz erwähnen.
Gerhard Schlesinger, Eppstein
Forum vom 31. Mai 2023
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Die Politik muss sich diesem Thema stellen
Sterbehilfe: „Wenn das Leben zur Last wird“, FR-Politik vom 23. Mai
Der Artikel ist eine exzellente Analyse der derzeitigen Debatte um die Suizidassistenz. Eine zutreffendere Überschrift wäre: Wenn das Leiden zur Last wird.
Das BVerfG fordert in dem „Sterbehilfe“-Urteil vom 26.2.2020 die Neuregelung der Suizidassistenz, eine konkrete Ausgestaltung des Berufsrechts für Ärzte und Anpassungen des Betäubungsmittelrechts. Seit drei Jahren gibt es keine konkreten und sinnvollen Vorschläge zu diesem Thema. Es geht im Wesentlichen um den ärztlich assistierten Suizid als Ausdruck einer Freiverantwortlichkeit im vom Leid geprägten Lebensende. Gerda B. ist ein absolut realistisches Beispiel.
Es zählt unbedingt zu den ärztlichen Aufgaben, sich respektvoll mit Todes- und explizit Suizidwünschen ihrer anvertrauten Patienten auseinanderzusetzen. Laut einer aktuellen Umfrage sprechen sich 81,7 Prozent der teilnehmenden ÄrztInnen für die grundsätzliche Möglichkeit zum ärztlich assistierten Suizid aus. Kein Arzt kann jedoch zum ärztlich assistierten Suizid verpflichtet werden.
Nach der Ausstrahlung von GOTT von Ferdinand von Schirach in der ARD am 31.11.2020 sprachen sich 70.8 % der ZuschauerInnen für die Suizidbeihilfe bei einem lebenssatten Mann aus. Weitere Zahlen sprechen für sich: Im Jahre 2021 sind in Deutschland 1.023.687 Millionen Menschen verstorben, 9.215 Menschen haben einen Suizid begangen und 346 Menschen haben selbstbestimmt die Hilfe von Sterbehilfe-Organisationen in Anspruch genommen (0,03% der Todesfälle). Über die Grundkrankheit dieser 346 Menschen ist nichts bekannt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass es bei dem von der DGHS vermittelten assistierten Suiziden sich um schwerkranke Menschen in ihrer letzten Lebensphase handelt.
Ausbau der Palliativ- und Hospizversorgung: Nur ca. 15% der Krankenhäuser in Deutschland verfügen über eine Palliativstation! Der zwingend notwendige Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung ist im Koalitionsvertrag leider nicht verankert. Diese vielfältigen Maßnahmen führe zu einer medizinischen Verbesserung der Schwerstkranken und Sterbenden. Aber auch mit einer exzellenten Palliativversorgung gelingt es nicht in allen Fällen die belastenden Symptome am Lebensende zu nehmen, so dass das Leiden zu einer unerträglichen Last werden kann mit dem Wunsch nach ärztlich assistiertem Suizid. Andererseits sind nicht alle sterbenskranken Menschen suizidgefährdet, auch wenn sämtliche palliativmedizinischen Maßnahmen ausgeschöpft sindZur Suizidprävention: Die Zahl der Suizide in Deutschland in den letzten Jahren ist deutlich rückläufig und in den letzten Jahren auf einem stabilen Niveau, die Dunkelziffer ist allerdings hoch. Bei allen Präventionsmaßnahmen bleibt die Frage wie die Suizidwilligen erreicht werden können.
Laut dem Palliativmediziner Matthias Thöns droht „die Entscheidung über Sterbehilfe über den Köpfen der Betroffenen hinweg quasi am Rednerpult zu fallen. Selbsternannte Experten, Funktionäre und Politiker überbieten sich zu wissen, was am besten für Sterbende ist: Man muss sie vor ihrer eigenen Meinung schützen“. Erschreckend ist, dass die meisten Volksvertreter auf Grund der Umfragen unentschlossen sind. Sie müssen sich diesem Thema stellen, auch in ihrem Wahlkreis.
Dr. Matthias Salefsky, Aschaffenburg
Kampf und Größe
Tina Turner: „Simply the best“, FR-Feuilleton vom 25. Mai
Wie wohl die meisten Menschen meiner Generation gehörte sie zu meiner Kindheit und Jugend mit dazu. Schwebte sie mit ihrer Stimme doch oft durchs Radio, lange vor Youtube und Spotify, dass kennen die jungen Leute heute gar nicht mehr. Tina Turner gelang es als eine der ersten Frauen, den Pop- und Rockolymp zu erobern, nur Madonna war lange eine fähige Konkurrentin. Tina Turner hat eine bleibende Marke geschaffen, unverkennbar in Zeiten, in denen Popstars wie Plastikbarbies aussehen oder in Unterwäsche auf Youtube und Tiktok herumturnen. Private Dancer und We don’t need another hero sind aber sozialkritische Stücke, die Ihre Größe zeigen und im Fall des letztgennanten brandaktuell ist. Wenn man das Video zu dem Hero-Song sieht, dann sieht man die Melancholie und Trauer auch in ihr Gesicht geschrieben. Ist es doch ein dystopisches, melancholisches Lied- vielleicht der melancholischste Popsong der Geschichte?- das von den überlebenden, zum Großteil Kindern erzählt, einer atomaren Katastrophe, die sie hier anklagt: wir brauchen keine Helden, wir brauchen nur den Weg nachhause, ganz Gegenwart, minimal, aufs Leben bezogen, großartig. Und Private Dancer, dass Werk, dass die Frage stellt, was Prostitution überhaupt ist, wo man ganz reich aber auch ganz tief fallen kann. Der Kreislauf der Welt. Tina Turner war eben dieses Leben- Kampf, Gesang, Größe, eine wie sie wird es niemals mehr geben. Auf Wiedersehen, Tina!
Thomas Fix, Frankfurt
Forum vom 1. Juni 2023
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Nicht genug unterstützt
Daniel Cohn-Bendit über Israel: „Ein großes Ghetto“, FR-Thema vom 23.5.
Bei der Beschreibung von möglichen alternativen Entwicklungen zum tatsächlichen Geschichtsverlauf sollte man nicht mit Behauptungen operieren, weil es sich allenfalls um hypothetische Einschätzungen handeln kann.
Gegen die Vermutung, dass die palästinensisch-israelische Geschichte wesentlich anders verlaufen wäre ohne die Ermordung von Ministerpräsident Rabin 1995 spricht vor allem dessen Verhalten nach dem Massaker von Hebron 1994, das Daniel Cohn-Bendit anspricht. Über verbalradikale Rhetorik in einer Knesset-Rede ist Rabin damals nicht hinausgekommen: „Zu ihm (dem Moschee-Attentäter Goldstein) und seinesgleichen sagen wir: Ihr seid kein Teil des israelischen Bundes… Das rationale Judentum spuckt euch aus… Ihr seid eine Schande für den Zionismus und das Judentum“. Den Mut, den siedlungspolitischen Wahnsinn in und um Hebron zu beenden, bestand weder in dieser Ausnahmesituation noch davor oder danach. Nicht einmal zur Räumung der jüdischen Siedlung in der Stadt Hebron reichte die politische Entschlossenheit Rabins. Woher hätte dann die Entschlossenheit kommen sollen gegen harte Widerstände eine Zweistaatenregelung durchzusetzen?
In der gegenwärtigen Knesset ist Rabins Arbeiterpartei eine unbedeutende Minderheit und der Goldstein-Verehrer Ben Gvir sitzt im Kabinett. Da scheint eine Gegenthese vermutlich plausibler: Für eine Zweistaatenlösung gab es in Gesellschaft und politischen Eliten zu keinem Zeitpunkt seit 1993 eine hinreichend nachhaltige Unterstützung. Das Zögern des Politikers Rabin 1994 in der historischen Schlüsselsituation nach dem Moschee-Massaker bringt dieses Problem zum Ausdruck.
Helmut Suttor, Frankfurt
Forum vom 2. Juni 2023
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Wir können uns Hochrüstung nicht leisten
Zu: „Deutschland verfehlt wieder die Nato-Vorgabe“, FR-Politik vom 17. Mai
Die Kurzmeldung, wonach lt. IFO-Institut „die für 2023 veranschlagten 64 Milliarden Euro an Verteidigungsausgaben immer noch 17 Milliarden weniger wären als die Maßgabe von zwei Prozent der Wirtschaftsleistungen“ und somit Deutschland die größte Lücke aller Nato-Länder ausweise, soll die Bundesregierung anscheinend unter Druck setzen, noch mehr Kriegsausgaben zu tätigen. Dazu ist folgendes festzuhalten:
Erstens wurde 2014 „nur“ eine unverbindliche Absichtserklärung der Nato-Staaten hinsichtlich des Zwei-Prozent-Ziels vereinbart – das hat sich erst unter dem Eindruck des aktuellen Krieges geändert. Zweitens wurde der Rüstungshaushalt von knapp unter 30 Milliarden im Jahr 2014 sukzessive auf jetzt schon mehr als das Doppelte erhöht. Gleichzeitig ist aus dem Hause Lindner erst vor kurzem der Plan bekannt geworden, dass im kommenden Jahr vor allem in den Bereichen des Arbeits-, Familien- und Gesundheitsministeriums 20 bis 30 Milliarden eingespart werden müssten. Wenn wir uns darüber hinaus vergegenwärtigen, dass auch im Bereich der Bildung, des Klima- und Umweltschutzes, der Infrastruktur, des sozialen Wohnungsbaus und der Armutsbekämpfung gigantische Investitionen getätigt werden müssten, um den überlebensnotwendigen sozial-ökologischen Gesellschaftsumbau hinzubekommen, wird deutlich, dass wir uns die Milliarden-Verschwendung für totbringende Waffen und Hochrüstung überhaupt nicht leisten können. Werden hier, wie gefordert und wohl auch beabsichtigt, die Prioritäten gesetzt, drohen innergesellschaftliche Verteilungskämpfe und das Scheitern in der Bewältigung, die Gesellschaft zukunftsfähig zu machen.
Bernd Bremen, Aachen
Nach dem Lesen dieser Überschrift habe ich mich gefragt, was die Mütter kleiner Kinder tun, die nicht zu den Wenigen gehören, die arbeiten: Drehen sie den ganzen Tag Däumchen? Schlafen sie den ganzen Tag? Spielen sie ( hoffentlich mit den Kindern)? Wer macht die Arbeit: kocht für die Kinder? Wäscht für die Kinder? Putzt hinter ihnen her? Machen das die Väter?
Beim weiteren Lesen erkannte ich: Arbeiten ist Berufstätigkeit, auch Erwerbstätigkeit genannt.
Haus- und Familienarbeit als „Nichtarbeit“ zu bezeichnen ist ignorant, beleidigend, kränkend, schlicht dumm. Die Reduzierung des Wortes „arbeiten“ auf bezahltes Arbeiten ist eine maskuline Engführung, die leider auch von etlichen Frauen übernommen wurde. Darauf aufmerksam zu machen, ist mir eine Herzensangelegenheit.
Ich bitte darum, der Wertschätzung der Familienarbeit auch verbal Ausdruck zu verleihen. Sprache ist ein Instrument, mit dem Vieles bewirkt werden kann. Vielleicht sogar die Anerkennung der Mütter, die weder berufs- noch erwerbstätig sind, aber rundum die Uhr für ihre Familien arbeiten.
Gabriele Suck, Heidelberg
Forum vom 3. Juni 2023
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Liebe Redaktion
Wahl in der Türkei: „Jubel und Enttäuschung“, FR-Politik vom 30. Mai
In der Tat ein unfairer Wahlkampf, bei dem alle Staatsmittel an die AKP flossen. Trotz der einseitigen Unterstützung hat der Herausforderer Kilicdaroglu noch ein beachtliches Ergebnis eingefahren. Mal schauen wie die Wähler von Kilicdaroglu damit umgehen werden. Was mich aber am meisten schockiert hat ist, dass die hier lebenden Türken mehrheitlich ihre Stimme Erdogan gegeben haben – ein Ohrfeige für die Integration! Eine Haltung die zeigt, wie wenig sich die hier lebenden Türken mit unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung identifizieren. Wer Erdogan wählt, wählt autokratische Strukturen, die mit Unterdrückung der Menschenrechte, der Meinungsfreiheit, der Justiz, der Pressefreiheit etc..einhergehen und Andersdenkende mehr und mehr von der “ Bildfläche“ verschwinden lassen. Die Politik von Erdogan stößt bei den hier lebenden Türken auf so große Zustimmung , dass der Ausgang der Wahlen in vielen deutschen Städten ausgiebig gefeiert wurde. Für mich bedeutet dass, das hier eine große Zahl an Türken lebt die sich hier nicht gut integriert hat und es wahrscheinlich auch nicht mehr werden wird. All den Erdogan Wählern möchte ich empfehlen, in ihre Heimat zurück zu kehren um genau so zu leben wie sie sich das wünschen!
Andrea Maria Klepper, Rüsselsheim
Liebe Redaktion
Erdogan hat also die Mehrheit der Stimmen errungen. Auch Wahlberechtigte, die ein demokratisches Umfeld kennen, hatten entscheidenden Anteil, dass dem Autokraten eine weitere Amtszeit ermöglicht wurde. Mögen Demokratien wie Schweden jetzt versuchen, ihm entgegen zu kommen, um Probleme in der Sache zu lösen. Die Haltung gegenüber dem Wahlgewinner darf aber nicht unterwürfig sein, sondern der Wahl muss eine offensive Erklärung folgen, dass mit jenem Ergebnis keine gültige Entscheidung über die Überlegenheit eines Gesellschaftssystems getroffen wurde. Aus den demokratischen Gesellschaften heraus muss erklärt werden, dass dem Menschen der Umgang mit der Vielfalt und dem Anderssein gelingen muss, um friedlich die produktiven Entwicklungskräfte einer Gemeinschaft zu entfalten. Die Vielfalt der Menschen ist für alle überall als unabänderliche Tatsache augenfällig. Wie sie aussehen, wen sie lieben, was sie glauben, woher sie kommen, wohin sie wollen, welches Geschlecht, welches Bild ihrer Identität sie haben, ob Kind oder Erwachsener, die Ausprägungen des Menschseins sind sehr verschieden. Wer Ausgrenzung betreibt, bezogen auf einzelne willkürlich bestimmte Merkmale, hat die letzte Konsequenz dieser menschlichen Grundkonstante nicht verstanden. Wer die Machtoption wählt zur Verfolgung und Unterdrückung von anderen, verhindert in Wahrheit die Entfaltung der eigenen inneren Freiheit. Diese Tatsachen stehen nicht zur Wahl. Sie sind kein Gegenstand von Meinungen, sondern der anthropologischen Perspektive mundaner menschlicher Entwicklung. Der Umgang mit dem Anderssein ist ein Gradmesser für den Entwicklungsstand einer Gemeinschaft. Die Kompetenz dazu erwerben sich Staatsbürger in der Konfrontation mit dieser Herausforderung. Darum hat die Erziehung in Familie und Schule entscheidende Bedeutung. Darum muss es einen durchlässigen Austausch zwischen unterschiedlichen Gemeinschaften geben. Das Ausbleiben eines offenen Diskurses über andere Wertvorstellungen, verhindert einen Kompetenzzuwachs auf allen Seiten. Aus den demokratischen Ländern sollten diese Erkenntnisse als gemeinsame Herausforderung gemeinsamer gesellschaftlicher Entwicklung selbstbewusst, aber ohne Überheblichkeit formuliert werden. Das Abstimmungsverhalten der Menschen türkischer Herkunft bei der Präsidentenwahl zeigt, der Prozess der gegenseitigen Akzeptanz in Wissen, Respekt und Würde ist auch bei uns nicht abgeschlossen. Wir sind in unserem Land keine Lehrmeister, sondern Lernende.
Peter Hartwig, Ginsheim-Gustavsburg
Das Bündnis gegen Roger Waters schweigt
Zu: „Breites Bündnis gegen Roger Waters“, FR-Region vom 30. Mai
Ich war drin im Konzert von Roger Waters. Ich habe seine ganze Show gesehen und keinen einzigen antisemitischen Satz gehört. Er zeigte sich beeindruckt von der Aktualität der Werke von George Orwell, „1984“ und „Farm der Tiere“ sowie von Aldous Huxley „Schöne neue Welt“. Insbesondere die „Animal Farm“ liefere ihm die Stereotypen in seinen Tierparabel, so Rogers. Ich habe gehört, dass die weltweiten Waffenproduktionen Menschen arm machen und auch Kinder töten! Ich habe wahrgenommen, dass Julian Assange und Chelsea Mannings mit Gefängnis bedroht und bestraft werden, weil sie es möglich machten, dass die Welt sieht, wie amerikanisches Militär im Irak zwei Journalisten der Nachrichtenagentur Reuters zusammen mit 12 weiteren Zivilisten einfach auf der Straße abknallen, und diese Mörder nicht einmal angeklagt wurden. Ich habe erfahren, dass die Führer der Welt Personenjagd mit Drohnen hoffähig machen und weiter vorantreiben. Ich habe gesehen, dass weltweit die indigenen Völker ihres Lebensraums beraubt wurden und immer noch werden. Zusammengefasst Roger Waters hat sich gegen jegliche Gewalt und gegen jeden Krieg ausgesprochen. Hierzu schweigt das „Breite Bündnis gegen Waters“! Oder heißt dieses Bündnis das aufgezeigte Treiben gar gut?
Eberhard Ruoff, Frankfurt
George Orwell und die „Farm der Tiere“
Man möchte den Granden des Protestes gegen das Roger-Waters-Konzert zurufen: Ihr seid von allen guten Geistern verlassen! Denn sie beschuldigen Roger Waters des Antisemitismus und führen dafür an den Haaren herbeigezogene „Beweise“ an. Nach deren Zuschreibungen wäre auch ein Sparschwein antisemitisch, weil es an den „Kapital-Juden“ erinnern könnte. Es ist hinterrücks, Waters Persiflage auf die Nazis so umzudeuten, als ob Waters deren Gräueltaten gutheißen würde.
Das Gleiche gilt für die unlautere Unterstellung, er würde Anne Franks Tod verharmlosen, weil er sie im Zusammenhang mit einer von Israelis getöteten Palästinenserin nennt. Unterschlagen werden hier die vielen, auch von Ihm namentlich genannten, durch Polizei oder Staatsgewalt getöteten Opfer in Südafrika, in den USA, in Großbritannien, in Südamerika und in vielen anderen Ländern. Diese werden von seinen Kritikern bewusst unterschlagen, um die These des Antisemiten zu belegen. Genauso wie der vielfach kritisierte Schweineballon nicht das Judentum beleidigen soll, sondern auf die Herrschaft der Schweine in George Orwells „Farm der Tiere“ verweist. Auf diesem Schwein waren aktuell mehrere Logos von Rüstungsfirmen abgebildet und nicht nur, wie kolportiert, die eines israelischen Rüstungskonzerns: Hier wird erneut die Halbwahrheit zu Lüge. Wer hat Interesse an diesen persönlichkeitsverletzenden und ehrabschneidenden Unterstellungen? Man kann nur vermuten, dass mit dieser Antisemitismus-Keule jegliche Kritik an israelischer Politik zum Schweigen gebracht werden soll.
Friedhilde Scholl , Frankfurt
Eine sentimentale Seele muss reflektieren
Frankfurt hat mit Erfolg gegen den Antisemitismus gekämpft, die Aktionen haben Früchte getragen und selbst Roger Waters hat mit seinem Verzicht auf provozierende Darstellungen und letztendlich mit seinem authentischen, ihn aus der Fassung bringenden Redebeitrag, ein wenig gewonnen. Die Proteste gegen den Auftritt von Roger Waters, die Klage der Stadt Frankfurt, die Demonstration vor Ort, die israelischen Fahnen in der Halle, die Rede des OB – alles Bricks in the wall, die ihn ein wenig erschlagen haben. Hätte Roger Waters statt „sheps“ den Titel „dogs“ präsentiert, wäre ihm schon früher die Stimme weggeblieben. Die Textpassage „And when you loose control, you’ll reap the harvest you have sown“ bringt in „dogs“ sehr schön damals schon zum Ausdruck, dass Herr Waters jenseits seiner ideologischen Botschaften eine sentimentale Seele hat, die sich durchsetzt, wenn man zur Reflektion gezwungen wird. Das Konzert, das eher eine Art gesellschaftliches Ereignis mit Eintrittskart war, bleibt vielen wahrscheinlich lange im Gedächtnis – nicht wegen der musikalischen Darbietung, aber wegen seiner klangreichen Gesamtheit. Auch bei Herrn Waters selbst.
Reinhold Richter, Frankfurt
Ich muss jetzt hier sein,
In dieser Stadt, wo der Krieg ist…
Die Kraftreserve ist fast vollständig ausgetrocknet,
Das, was mir vom Herrn gegeben wurde.
Ich muss die Kinder retten.,
Von Naziminen und Raketen,
Damit sie weiter wachsen können,
Wo es kein Böses gibt.
Ich habe Angst, im Visier des Feindes zu sein,
Ich erinnere mich an meine Familie…
Und ich schimpfe mich, dass ich schwach bin,
Und es wird mir schwerer.
Aber das Kreuz an die Brust drückend,
Hinter dem Rücken spürte ich einen Schwung,
Schließlich gibt es immer Hoffnung,
Und der Herr wird noch Kraft geben.
Das ist mein Ziel nahe,
Nun, lass mich jetzt schwach sein,
Ich bete, indem ich zu mir selbst sage: Glaube!
Und die siegreiche Stunde wird kommen
Wir werden das Land schützen – wir werden unsere Kinder schützen – unsere Zukunft