Der große Krisenprofiteur

Guido Westerwelle grinste dieser Tage viel, und er hat allen Grund dazu. Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, würden 18 Prozent der Wählerinnen und Wähler ihr Kreuz bei der FDP machen. Das hat Forsa ermittelt. Möllemanns magische Zahl, da ist sie wieder. Sind das neo-/wirtschaftsliberale Wählerinnen und Wähler, die der CDU davonlaufen, weil Merkel zu „sozialdemokratisch“ regiert? Oder ändert sich etwas Grundsätzliches? „Man bleibt im gleichen Lager“, meint der Politologe Peter Lösche. FR-Leser Torsten Wernike aus Bad Kreuznach reibt sich die Augen:

„In Ihrem Kommentar schreiben Sie: ‚Dass viele Unionsbürger das, was sie unter Wirtschaftskompetenz verstehen, heute bei seiner Partei finden – soll sich Westerwelle darüber beklagen?‘ – ‚Wirtschaftskompetenz‘ bei der FDP? Die neoliberale Ideologie der ‚Deregulierung‘, ‚Privatisierung‘ und ‚Liberalisierung‘ hat doch direkt in die schwere Finanz- und Wirtschaftskrise geführt, in der wir uns befinden! Und deren Haupt-Propagandist heißt FDP.
In einem Land mit einer intakten Medienlandschaft würde die FDP auf ihre Verantwortung hingewiesen werden. Stattdessen ist sie der große Krisenprofiteur. Dies kann man nur als Treppenwitz der Geschichte bezeichnen.“

William George aus Minden/Wf.:

„Ich hätte gern gewusst, was an der Politik dieser Partei so gut sein soll. Wofür steht sie eigentlich? Von Äußerungen der Mitglieder bekommt man nur den Eindruck, Politiker sollten möglichst wenig in das Geschehen eingreifen, dann liefe alles besser. Eigentlich die Politik, die sich bei der Bankenkrise so gut bewährt hat. Herr Westerwelles schicke Anzüge und gepflegtes Auftreten waren und sind immer noch auch bei den Bankiers sehr beliebt. – Wenn die ‚Liberalen‘ für weniger Kontrolle und einen lockeren Umgang mit den Aufgaben des Staates stehen, dann wäre es absolut hirnrissig, diese Partei an die Macht zu lassen. Wenn sie doch etwas anderes vorhat, sollte sie uns das genau erklären.“

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20 Kommentare zu “Der große Krisenprofiteur

  1. @Th.Wernike

    Die FDP und die Neol’s haben durchaus ihre Ziele erreicht.
    Es geht nicht um das Verhindern von Krisen, sondern um das Profitieren aus ihnen, wie der treffende Titel des Themas ja auch anzeigt.

    Schon gar nicht geht es darum, sich an irgnedwas schuldig zu fühlen. Sie haben geanu die Kompetenz bewiesen, an die ihre Wähler glauben.

    Das ist der eigentliche Treppenwitz.

  2. Wirklich schade, daß „liberal“ zu sein durch diese Leute und diese Partei so in den Dreck gezogen wurden, daß es schon zum Schimpfwort gerät.

    Könnte man ja geich die nächste interessante Diskussion dran anhängen:

    „Was ist heute liberal…?“

  3. Noch selten Kindheiten so lange Kindergärten kirchlich sind. Altherrenmannschaften in Folge nachgeholfener Anregung manchmal der Telenovela nach. Zinseszinsen sind es nicht.

  4. http://www.freiheit.org für weitere Informationen.

    Bezeichnend ist, daß der SPD-Vorsitzende an anderer Stelle „das Individuum“ als Zentrum der linken Politik darstellt, dies war bislang immer ein Anliegen der Liberalen.

  5. Besonders seltsam scheint die Zuschreibung von „Wirtschaftskompetenz“ an die „Liberalen“, was eine Art der staatlichen Lenkung von Wirtschaft impliziert.
    Diese ist jedoch keinesfalls Inhalt oder Ziel liberaler Politik.

  6. Nun ja, die sogenannten „neoliberalen Kräfte“ sollte man doch nun los sein. Sie genügen nicht mal den eigenen Ansprüchen, auch befördern sie nicht oder verstehen auch bloß eine Weltwirtschaft. Sie sind bloße Egoisten.
    Egoismus war nie ein Aspekt des Liberalen.

    Insofern kann man den Liberalen nur raten, sich dieser falschen Freunde zu entledigen.

  7. Wer mißt mist Mist = hessisches Handwerksmeistersprichwort -> an Lehrling rü

    laut ZDF-Politbarometer (13.02.09) sind 12% für Frau Westerwelle auf der Habenseite.

    Interessanter doch das neue Buch, die Memoiren von Frau Westerwelle… die krönende Selbstdarstellung im ersten Leben. Der andere Band folgt nach der Periode als Außenminister, weil auch Steinmeier findet Frau Westerwelle toll, kann sich also durchaus vorstellen…

    Verstehe ich zwar nicht, wie man nachts mit solchen Gedankenspielen einschlafen kann, morgens dann grinsend der Welt zuwinkt, aber gut… wenn’s ihnen hilft, solle sie in ihrer Welt der Vorstellungen vereinsamen. Sie sind nämlich bei 25%, laut dem Barometer auf dem Kanal, wo man mit dem zweiten besser sieht.

  8. Würde schon gern hier mal ’ne richtige Liberalismusdebatte aufmachen.
    Keiner da?

    Liberalisimus ist zuallererst der Kontrast zur unbeschränkten Freiheit der Mächtigen.

    Ist doch ein interessanter Widerspruch.

  9. @ #10 Klaus Jarchow

    Mit Verlaub, Sie irren Herr Jarchow: Die FDP drückt nicht die Taste „Replay“ – die wähnt die SPD zur Zeit zu bedienen, wenn sie der FDP nacheifert-, sondern sie stellt auf Dauerlauf: „Fast Forward“ in den Abgrund.

  10. @ j.u.t.: So meine ich’s ja auch nicht. Die enttäuschten Ex-Merkel-Wähler, die jetzt zum Guy d’Eau wandern und für diese irrealen 18 Prozent sorgen, DIE meinen in ihrem Wahn, sie bekämen noch einmal eine Zeit satter Renditen zurück, von angenehmster Ungleichheit und vor allem von gnadenlosester Ich-Mich-Selber-Nächstenliebe, wenn sie in der Wahlkabine auf ‚FDP‘ drücken, so wie beim DVD-Player die Replay-Taste. Die FDP ist schließlich die einzige Partei, die die volatil gewordenen Werte der Vergangenheit unverdrossen hochhält, obwohl jeder Liberale doch weiß (wenn er denn nicht komplett wahnsinnig geworden ist), dass das alles nur Wahlkampfgetöse für Doofe sein darf und dass – wenn es denn im Herbst zum Klappen kommt – ein FDP-Finanzminister exakt genauso handeln muss wie der Steinbrück.

    Neoliberalismus ist nun mal vorbei – Game Over …

  11. @12 Klaus Jarchow

    “ wenn es denn im Herbst zum Klappen kommt – ein FDP-Finanzminister exakt genauso handeln muss wie der Steinbrück.

    Neoliberalismus ist nun mal vorbei – Game Over …“

    Wie das , wenn das neue Spiel, das nach dem (Re)Start im Herbst 2009 von Merkel-Westerwelle gespielt wird, doch gar kein anderes „mit uns“ gepieltes sein wird, als das alte, abgespielte von Merkel-Steinbrück?

  12. # 13 – j.u.t: Zustimmung. Es ist egal, ob wir von Rot-Grund, schwarz-rot oder schwarz-gelb verarscht werden. Wir alle sollten nicht vergessen, daß es gerade Rot-Grün war und die erlassenen Steuergesetze incl. Anfütterung der Geier bzw. Heuschrecken und gewollter Verelendung des unteren Gesellschaftsdrittels, welche sich wohl nicht unterschieden hätten von dem, was eine bereits länger bestehende schwarz-gelbe Regierung gemacht hätte.

    Interessant für mich ist nur die zentrale Aussage der FDP: Staatsverschuldung durch Steuersenkungen – natürlich in erster Linie für Spitzenverdiener – abbauen. Toll!
    Eine FDP-Abwrackprämie würde wohl so aussehen: Wenn der Daimler älter als 6 Monate ist, wird dem Käufer dieses neuen Firmenwagens (sind es ja in der Regel) sofort die Prämie aufs Schweizer Nummernkonto überwiesen. Ach so, die Finanzierung: Da einer ja dran glauben muß, könnte dies z.B. der Daimler-Chaffeur sein. Der wird dann ab sofort privat versichert samt 3köpfiger Familie, und darf sein mageres Gehalt dann gleich an Iduna & Co. überweisen.

  13. @14 Klaus Jarchow

    „Die Bank gewinnt immer“ (Unbekannter Spieler)

    „Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank?“ (B.Brecht)

  14. @ j.u.t.: Es kommt doch beim unausweichlichen Staatsinterventionismus nicht darauf an, ob das nun Merkel mit Westerwelle oder mit Steinmeyer macht, oder ob der Lafontaine zusammen mit dem Seehofer das Notwendige exekutiert. Personen sind austauschbar.

    Die gesamte ‚Ideologie‘ der Neoliberallalas ist am Ende, sie ist faktisch widerlegt: Nach ihrer eigenen marktradikalen Ideologie müssten all die Hayeks jetzt mit Langemarck-Gesichtern in den Untergang marschieren – das tun sie aber nicht. Von der Farce erholen sie sich nicht …

    „Im Sozialismus werden die Unternehmen erst verstaatlicht und dann ruiniert, im Kapitalismus ist es umgekehrt“ (leider nicht von mir) …

  15. @15 Klaus Jarchow

    Sie schreiben in einigen Punkten etwas, wo ich ihnen zustimmen kann, dann aber verwirren Sie mich wieder mit Widersprüchen zu selbst Gesagten:

    Natürlich ist es egal, wer als Person den Kapitalismus in Form des Neoliberalismus exekutiert. Die Personen sind immer nur Charaktermasken der real existierenden verhältbisse in dessen Interesse sie agieren. Aber nicht jede Person muss des halb das Kapitalinteresse befördern. Lafontaine z.B. tätte dies nicht unbedingt im Gegensatz zu Merkel etwa.

    Sie schreiben „Die gesamte ‘Ideologie’ der Neoliberallalas ist am Ende, sie ist faktisch widerlegt“. Das ist nichts Neues. Widerlegt ist sie schon mindestens 160 Jahre, aber die „Praxis“ derselben ist agiert munter weiter. Über sie und demokratische Möglichkeiten ihrer Beendigung wäre zu reden.

    Worauf wollen Sie in Ihrer Argumentation hinaus, wenn Sie mehr wollen als das Ende der Ideologie der Neoliberallalas zu konstatieren?

    Glauben Sie, die glauben selbst daran?

  16. Ich bin nicht widersprüchlich – ich denke nur konsequent: Es sind unseren Millionarios jetzt viele Bio. Dollar an seifenblasigem Vermögen zerballert, das Vielfache des Welt-BSP – die sind schlicht futsch. Ein Ende ist nicht in Sicht. Ich glaube, daran glauben sie beim Blick auf ihre täglichen Wertberichtigungen dann schon. So etwas war zugleich aber auch noch nie da – nirgends mehr ein sicherer Hafen für die Finanzbourgeoisie, sogar die Schweiz könnte unversehens bankrott gehen.

    Wie also eine Krise ausgeht, die zum ersten Mal passiert, ganz ohne Präzedenzfälle, das weiß wohl niemand auf der großen weiten Welt. Auch ich nicht – aber ich will, wenn schon, dann angenehm überrascht werden. Also gehe ich projektiv erst einmal vom schlimmsten Fall aus.

    Das sind dann eben nicht die üblichen periodischen Schwankungen der Marx’schen oder irgendeiner anderen Krisentheorie – das grenzt demnächst wohl eher an Armageddon oder an ein Apokalypse Now. Fürnehmer ausgedrückt: Es ist inkommensurabel …

    Es ist auch nicht die ’same old story‘ seit 160 Jahren. Kapitalistische Industrialisierung (banale Produktivkraftentwicklung in privatrechtlichen Strukturen) und kapitalistische Monetarisierung (vollständige Vermarktung der Welt bis hinein in die Gehirne), das sind zwei paar Schuhe. Mit den amerikanischen Turbos im Gefolge von Friedmann und Hayek kam – ungefähr seit den ‚Reaganomics‘ 1981 – und dank der zahllosen goldnäsigen ‚Chicago Boys‘ etwas ganz Neues in die Welt: Die BWL’er dachten, sie wären Wissenschaftler und zugleich auch Politiker. Sie sind aber beides nicht. Jetzt wissen sie’s.

    Diese amoralischen und zynischen Deregulierer mit ihrem Glauben an die Mär von der Vernunft eines selbstreferentiellen Marktes sind immerhin schon nach knapp 30 Jahren implodiert, so wie einst die realsozialistischen Politbüros selig erst nach 70 Jahren – knallharte Materialisten waren sie aber beide, ob sie nun an Histomat oder Dispomat glaubten …

    Einem saarländischen Villenbesitzer, dessen Frau soweit rechts steht, dass steuerbords keine Briefmarke zwischen ihre müffeligen sozialen Ansichten und die Wand passt, einem solchen Kerl misstraue ich persönlich ganz grundsätzlich. Außerdem wirkt die Linke auf mich nun mal nicht, als marschiere mit ihr die Zukunft … ?

    Auf wessen Seite sie das schon täte? Tscha, von welcher Zukunft reden wir überhaupt? Und wieso muss es eigentlich immer eine geben? Und weshalb sollte sie ausgerechnet dann auch noch demokratisch sein? Wir sollten doch realistisch bleiben … dann können wir wenigstens noch positiv überrascht werden.

  17. Nochmal zum Liberalen:

    Es ist eine gute liberale Idee, Begabung und Leistungsfähigkeit sich frei entwickeln zu lassen.

    Es ist aber keine liberale Idee, diese Leistungsfähigkeit politisch gerichtet zu beschränken.

    Eigentlich sollte Liberalismus politisch wertfrei sein, sofern nicht die Freiheit gefährdet wird.

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