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Forum vom 20. Dezember 2022
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Es kann nur den Verhandlungsweg geben
Zu: „Macron irritiert Berlin“, FR-Politik vom 5. Dezember
Eine unscheinbare kleine Nachricht der Frankfurter Rundschau vom 6.12.: ‚Macron irritiert Berlin‘, übernommen aus dem Nachrichtenpool der französischen afp. Dort fordert Macron in einem Interview Sicherheitsgarantien für Russland in einer Sicherheitsarchitektur der Welt von morgen. Und zwar- so seine Ansage- in völliger Übereinstimmung mit dem amerikanischen Präsidenten Biden. Das sei die Bilanz seines Staatsbesuchs in Washington. Ein wichtiger Punkt für Putin sei „die Angst, dass die Nato vor seiner Haustür stehe und dass Waffen stationiert werden, welche die Sicherheit Russlands bedrohen“. Man müsse Druck auf Moskau ausüben, damit es an den Verhandlungstisch zurückkomme. Der außenpolitische Sprecher der SPD widerspricht umgehend: „Solange Russland eine imperialistische Außenpolitik verfogt, ist eine gesamteuropäische Friedenspolitik unter Einschluss Russlands nicht möglich.“
So lapidar die Notiz, so umfangreich die Fragen, die sich stellen, und Widersprüche, die sich auftun. Sowohl Biden wie auch Macron wissen, dass der Oberkommandierende der ukrainischen Streikräfte Salutschi erklärte, seien Armee werde „keine Verhandlungen, Vereinbarungen oder Kompromisse akzeptieren“. Ein Affront also gegen die Strategie Selenskijs, die ausgelegt ist auf den vollständigen Sieg über Russland? „Russland liegt auf dem Rücken“, sagt einerseits der Chef der US-Streikräfte Milley, verfüge aber immer noch über eine große Kampfkraft, es sei physisch sehr schwierig, die Russen aus der Ukraine zu vertreiben. Es könne eine politische Lösung geben, bei der sich die Russen zurükziehen. Meint er damit einen Friedensvertrag? Wenn ja unter welchen Bedingungen für beide Seiten?
Und weitere Fragen: Kann man aus der Formulierung Macrons‚ Putin möge an den Verhandlungstisch zurückkehren, es sei bereits verhandelt worden? Verhandlungen, von denen die Öffentlichkeit nichts erfahren hat bisher? Ist der die Abstimmung zwischen Biden und Macron auch eine Ohrfeige für die bisherige Ukrainepolitik Deutschlands, die auf immer mehr Waffen, Sanktionen und Hochrüstung setzt? Und Scholz schweigt, aber setzt weiter auf konzertiertes Rüsten. Und Baerbock und Lamprecht und Zimmermann rufen nach Verschärfung und totaler Konfrontation.
Eines ist bei all dem Wirrwar richtig: Bei der sich abzeichnenden Pattsituation zöge sich der Krieg noch Jahre hin mit der Ausblutung der Gegner und – schlimmer – der leidenden Bevölkerung. Deshalb kann es nur den Verhandlungsweg geben, vielleicht auch die Rückkehr zu den Minsker Abkommen, für die Deutschland und Frankreich die Garantiemächte sind. Nun scheinen Frankreich und die USA sich auf den Weg gemacht haben. Und Friede auf Erden, und den Menschen ein Wohlgefallen!
Jörg Sternberg, Hanau
Gespräche sind Basis für Frieden
Friedensfragen: „ Soll die Wissenschaft den Kontakt nach Russland abbrechen?“, FR-Politik vom 13. Dezember
Den Artikel von Reinhard Hesse habe ich mit Interesse, aber auch mit Bestürzung gelesen. Selber habe ich unendliche Male am Grab von Immanuel Kant am Königsberger Dom im heutigen Kaliningrad gestanden und in und vor der Universität, die seit 2005 nach dem berühmten Sohn der Stadt benannt ist. Immer liegen am Grab frische Blumen, die bezeugen, welch große Verehrung der Philosoph auch heute in seiner ehemaligen Heimatstadt genießt. Frisch vermählte Hochzeitspaare legen hier ihre Sträuße nieder für den Verfasser des Traktats „Vom ewigen Frieden“ und schießen Erinnerungsphotos.
Die Menschen, mit denen ich gesprochen habe, sehen in Kant einen „Landsmann“, natürlich keinen Russen, eher einen „Ostpreußen“, einen „Weltbürger“, obwohl er diese Stadt ja kaum verlassen hat.
Für Kant ist Frieden kein natürlicher Zustand zwischen Menschen. Er muss deshalb gestiftet und abgesichert werden, und die Gewährung des Friedens erklärt Kant zur Sache der Politik. Immerhin ist die Charta der Vereinten Nationen wesentlich von der Schrift „Vom ewigen Frieden“ beeinflusst worden.
Wenn jetzt zu Recht an vielen Stellen darüber nachgedacht wird, wie der Ukraine nach einem hoffentlich baldigen Ende des mit nichts zu rechtfertigenden russischen Angriff auf die Ukraine Wiederaufbauhilfe geleistet werden kann, dann gehört die Beschäftigung mit diesem großen Weltbürger anlässlich seines 300. Geburtsages als gedankliche Grundlage dazu. Ich bin genau wie Reinhard Hesse bestürzt, dass von deutscher Seite als Reaktion auf den Ukraine-Krieg eine Mitwirkung bei der Vorbereitung des Kant-Kongresses im April 2024 eingestellt worden ist. Mit Reinhard Hesse wünsche ich, dass die vielen und vielseitigen deutsch-russischen Gespräche weiterhin eine Basis sind für das, was Kant den „ewigen Frieden“ nennt und der Kongress dazu ein wichtiger Meilenstein sein kann.
Sonst besteht die Gefahr, dass Immanuel Kant ganz von Russland propagandistisch vereinnahmt wird, zumal seine Werke zurzeit auf Geheiß von Wladimir Putin bis 2024 ins Russische übersetzt vorliegen sollen.
Vera Gast-Kellert, Gummersbach
Totalsperrungen sind eine absurde Idee
Bahnverkehr: „Wieder einmal nicht krisenfest“, FR-Tagesthema vom 30. November
Im ersten Artikel werden beispielhaft hausgemachte Probleme der Bahn in Deutschland verdeutlicht, insbesondere die Folgen der jahrelang vernachlässigten Infrastruktur. Wer eine grundsätzliche Änderung der Politik im zuständigen Bundesverkehrsministerium erwartet hatte – wegen der Klimakrise dringend erforderlich – wurde enttäuscht. Es zeigt sich, dass – nach Jahren unter unfähigen bzw. korruptionsanfälligen CSU-Ministern – mit FDP-Mann Volker Wissing wiederum ein Mann an der Spitze steht, der dem Autoverkehr und der Bauindustrie genauso zugewandt ist wie die Vorgänger. Dass er am Schienenverkehr ebenso wenig Interesse zeigt, ist fatal für die notwendige Verkehrswende!
Das verkündete Ziel, die Fahrgastzahlen im Fern- und Nahverkehr substantiell zu steigern, wird sich mit dieser Bahnpolitik und Finanzausstattung nicht realisieren lassen, ebenso wie die Verlagerung von Straßengüterverkehr auf die Bahn. Diese Ziele werden so quasi abgesagt, denn auch mittelfristig ist keine Trendwende zu erkennen! Welche Schwachstellen des Bahnbetriebs vorrangig angegangen werden müssten, wurde mehrfach bspw. von fachkompetenten NGOs und Bürgerinitiativen dargelegt:
Es gibt keine Pläne für die zur Verkehrssteigerung notwendigen Baumaßnahmen, wie die Zahl der Ausweichgleise und die Zahl der Gleisanschlüsse deutlich zu erhöhen, wie die Zahl der Weichen wieder zu verdoppeln, die Flaschenhälse im Netz (eingleisige Strecken, „Elektrifizierungslöcher“) zu beseitigen. Schon gar nicht sind Pläne bekannt, wie der seit 1994 erfolgte Abbau des Schienennetzes rückgängig gemacht wird zugunsten eines einigermaßen flächendeckenden Netzes!
Stattdessen nun das hier erwähnte „Vorzeigeprojekt“ von Minister Wissing und Bahnchef Lutz: die Generalsanierung ganzer Hauptachsen mit halbjähriger Totalsperrung!! Bahnfahrende Pendler werden damit wieder auf die Straßen gezwungen, Fernreisende werden verprellt – die Verdoppelung des Schienenverkehrs wird damit unmöglich gemacht, wie eine von der „Bürgerbahn – Denkfabrik“ vorgelegte Studie zeigt. Es entstehen dabei auch nachweislich erhebliche Mehrkosten! Sie fordert deshalb: Die Instandsetzung muss grundsätzlich wieder ohne Streckensperrungen bei laufendem Betrieb stattfinden (wie es nicht nur die vorbildliche Schweizer Bahn seit Jahren vormacht)!
Wie kommt man zu der absurden Idee von Totalsperrungen. Es ist davon auszugehen, dass die Interessen der großen Bau- und Autokonzerne eine maßgebliche Rolle spielen – genauso wie bei irrsinnigen Großprojekten wie das 10-Mrd-teure Stuttgart 21. Auch steht eine Logik der Bahnverantwortlichen dahinter: Man lässt das Schienennetz verrotten, indem laufende Instandsetzungen ausbleiben, für die der Bahnkonzern zuständig ist – Ersatz und Neubau hingegen werden vom Bund finanziert! – Wie könnte eine Verkehrswende gelingen? Nun, der Fisch stinkt vom Kopf her! Eine Umstrukturierung des Bahnkonzerns wäre Voraussetzung, eine Neubesetzung des DB-Managements mit erfahrenen Eisenbahnfachleuten notwendig!! – Übrigens, auch beim wichtigen 49€-Ticket blockiert FDP-Wissing!
Winfried Kallabis, Dieburg
Warum jetzt plötzlich diese Eile?
Hessen: „Maskenpflicht im ÖPNV bleibt“, FR-Region vom 19. November
Verpflichtende Schutzmaßnahmen für Infizierte, um besonders vulnerable Gruppen zu schützen, sind vorgesehen. Da werden immer „z.B. Krankenhäuser und Altenheime“ erwähnt. Personen vulnerabler Gruppen (und deren Angehörige) sind nicht kaserniert, – nein, sie dürfen vor die Tür! Sie leben auch zu Hause! Sie möchten ja vielleicht auch gerne mal wieder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.
Wer krank ist, bleibt wie bei anderen infektiösen Erkrankungen zu Hause, wer sich wohlfühlt und symptomfrei ist, kann arbeiten.“(E. Pinkowski, Präsident Landesärztekammer) Es gehen viele arbeiten, auch wenn sie nicht symptomfrei sind. Aus Pflichtgefühl und wegen der Erwartungen des Arbeitgebers (s. P. Heimer, Linksfraktion).
Rücksichtnahme und Schutz anderer in Form von Masketragen ist eine Freiheitseinschränkung? Was ist denn bitte dabei, in Innenräumen Masken zu tragen? Herr Pürsün (FDP) findet, die Lockerungen reichten noch nicht? Die Maskenpflicht solle in öffentlichen Verkehrsmitteln wegfallen? Total logisch im Angesicht einer anrollenden Grippewelle. Fehlen ihm zum Thema Covid vielleicht Informationen, auch über die vulnerablen Teile der Gesellschaft oder ist das blanke Rücksichtslosigkeit?
Und warum insgesamt diese Eile bei den Lockerungen, jetzt, im Winterhalbjahr?
Britta Klemm, Frankfurt
Demokratie wird gelebt
Zu: „Mehr Sicherheit für Engagierte“, FR-Politik vom 15. Dezember
Die Absicht, mit verschiedenen Maßnahmen die Demokratie in der Bundesrepublik zu stärken, ist begrüßungswert. Nach meiner Einschätzung wird die Demokratie aber darüber hinaus bereits gelebt von den vielen Nichtregierungsorganisationen wie „Attac“, „We move“, „change org“ oder „Compact“. Diese Organisationen betreiben Demokratie von unten, wie ich sie verstehe. Warum sie bislang nicht als gemeinnützig anerkannt sind, bleibt nicht nur mir unverständlich.
Sabine Groß, Meinhard
Ab ins Tattoo-Studio!
Nach der WM: „Neuendorfs Elefantenrunde“, FR-Sport vom 14.12.
In der deutschen Nationalmannschaft war nur ein Spieler ordentlich tätowiert. Auf diesem Niveau reicht das nicht. Das ist einfach zu wenig. Darum als Hinweis an die Elefantenrunde: Schickt die Spieler ins Tattoo-Studio! Dann klappt’s auch bei der Europameisterschaft
Fritz Brehm, Frankfurt
Forum vom 21. Dezember 2022
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Kernfusion ist keine saubere Energie
Kernfusion: „He! He! He! He!“, „Nicht ablenken“ und „Griff nach dem heiligen Gral“ FR-Titel, -Meinung und -Wirtschaft vom 14. Dezember
Vielen Dank für den Artikel über Kernfusion per Laserstrahl. Für Physik und Technik erstaunlich und großartig. Für Energie teuer und sinnlos. Für die Umwelt gefährlich. Wa-rum? Um mit einem Laserstrahl ein Deuterium- und ein Tritiumatom bei hundert Millio-nen Grad zur Fusion zu bringen, ist phantastisch, aber sehr teuer. Photovoltaik aus Sonnenlicht ist im Vergleich phantastisch billig. Und Tritium muss erstmal (teuer) her-gestellt werden und ist radioaktiv. Und das bei der Fusion herausgeschleuderte Neutron saust durch jegliche Wand nach draußen und trifft dann irgendwo auf einen Atomkern und kann diesen radioaktiv machen. Wenn es nur ein Neutron wäre, kein Problem. Aber wenn mit den Fusionen echt Energie erzeugt werden soll, muss man Millionen Milliarden solcher Prozesse laufen lassen, und wenn Millionen Milliarden Neutronen nach draußen sausen, gibt es massenhaft Radioaktivität. Das nenne ich nicht saubere Energie!
Ernst Ulrich von Weizsäcker, Emmendingen
Ob die Fusionstechnik jemals wirtschaftlich sein wird?
Es ist eine erfreuliche Nachricht, dass es nach ca. 70 Jahren Forschung gelungen ist, Wasserstoff zu Helium zu verschmelzen und im Laborbetrieb Energie zu gewinnen.
Es bleiben Zweifel, ob diese Technik einmal wirtschaftlich sein wird.
Geplant ist, Wasserstoff (normaler Wasserstoffkern H hat nur ein Proton) zu Helium (2 Protonen und 2 Neutronen) zu verschmelzen und dabei Energie freizusetzen. Benutzt werden sollen die Wasserstoffisotope Deuterium D (bestehend aus 1 Proton und 1 Neutron) und Tritium T (bestehend aus 1 Proton und 2 Neutronen, radioaktiv mit Halbwertszeit von ca. 12 Jahren). Beide Isotope kommen in der Biosphäre vor, Tritium nur in geringsten Mengen (ein paar Kilogramm) und Deuterium in großen Mengen im Meerwasser, jedoch nur zu 0,0035 %, meist gebunden als DHO. Deuterium D muss also aus dem Wasser extrahiert und angereichert werden. Tritium T soll aus Lithium (wird derzeit gebraucht für Batterien/Akkus und ist begrenzt) durch Neutronenbeschuss gewonnen werden.
Wie und mit wieviel Energieverbrauch beide Wasserstoffisotope zu gewinnen sind, ist noch nicht berücksichtigt.
Und, ob man Materialien entwickeln kann, die einen kontinuierlichen Verschmelzungsprozess mit hohen Drücken und Temperaturen im Fusionsreaktor dauerhaft aushalten, ist fraglich.
Völlig unklar ist, ob und in wie vielen Jahrzehnten ein solcher Fusionsreaktor den praktischen Betrieb aufnehmen könnte.
Da der Klimawandel bereits da ist, wäre es nicht besser, das Know-How der beteiligten Wissenschaftler und Techniker und die Milliarden Euro/Dollar Forschungsgelder nicht für die Kernfusion, sondern für Wirkungsgrad- und sonstige Verbesserungen der erneuerbaren Energien (Solar, Wind, Energiespeicherung und -einsparung) einzusetzen und damit Erwärmungen von Erde, Luft und Meeren, Schnee- und Eisabschmelzungen, Verbreitung von Schadstoffen usw. rascher zu reduzieren.
Angesichts des sich anbahnenden Klimakollapses wäre dies doch eine gute Alternative für politische Entscheidungen.
Udo Schütt, Frankfurt
Keine Zeit für Freiheit
Zu: „Die Leistungsethik schwappt in die Freizeit über“ und „Der Neoliberalismus liegt im Sterben“, FR-Wirtschaft und Feuilleton vom 3.Dezember
Mehr als den beiden vermutlich bewusst ist, verbindet Karl Marx in der FR-Wochenendausgabe vom 3./4. Dezember die im Wirtschaftsteil zum Zeitwohlstand befragte Autorin Theresa Brückner und den interessanterweise im Feuilleton zu den Zukunftschancen Europas interviewten französischen Ökonomen Thomas Piketty. Schon zu seiner Zeit hat Marx klar erkannt, dass der Kapitalismus den von ihm geschaffenen ungeheueren materiellen Reichtum nicht dazu nutzt, die Menschen vom Joch der Erwerbsarbeit zu befreien, sondern alles daran setzen wird, die Menschen weiterhin im Hamsterrad von abhängiger Arbeit und fremdbestimmtem Konsum festzuhalten. So soll autonomes Fahren nicht etwa den Lenker entlasten, damit er mehr Zeit zum Nachdenken oder Entspannen hat. Nein, die gewonnene freie Zeit soll vielmehr unverzüglich mit Angeboten für Videokonferenzen oder Streamingdiensten gefüllt, also sofort wieder wirtschaftlich ausgebeutet werden. Für Marx hingegen beginnt das Reich der Freiheit erst da, wo das durch Not und äußere Zweckmäßigkeit diktierte Arbeiten aufhört und der Mensch selbst darüber bestimmt, was er mit seiner freien Zeit, nicht zu verwechseln mit Freizeit, anfangen will. Sich selbst zu entfalten und mit dem ganzen Reichtum seiner eigenen Möglichkeiten dann auch die Mitmenschen zu bereichern, das ist für Marx der eigentlich erstrebenswerte gesellschaftliche Wohlstand und nicht die unaufhörliche und doch nie befriedigende Anhäufung materieller Güter. Eine großartige humanistische Vision, die angesichts der Klimakrise und der immer noch weiter fortschreitenden unverantwortlichen Ausbeutung von Mensch und Natur geradezu danach schreit, endlich Wirklichkeit zu werden.
Hans Schinke, Offenbach
Damit wären wir wieder beim Arbeitskräftemangel
Die Aussagen von Frau Bücker bedürfen der Nachfrage und Konkretisierung. Sie spricht von Fachkräftemangel. Wie kürzlich der FR zu entnehmen war, sind manche Beschäftigte nur noch 40 Prozent ihrer Arbeitszeit mit der Kerntätigkeit beschäftigt, d.h. bei 100 Prozent als Ziel, dass man 2,5-mal so viele Beschäftigte braucht bzw. es entsprechend länger dauert. Hat man es also mit einem relativen oder einem absoluten Arbeitskräftemangel oder beiden zu tun?
Viele wollen nur noch 30 oder 35 Std. arbeiten. Wer übernimmt den Rest? Entsprechend kommt Frau Bücker zu dem Ergebnis, dass wir länger arbeiten müssen. Das heißt doch, dass das, was an Zeit „vorne“ verplempert oder gespart wird, „hinten“ dran gehängt wird, oder? Warum führt sie nicht Termini wie Produktivität und Effizienz in die Diskussion ein? Arbeit mache krank, behauptet sie. Zweifellos ist der Fliesenleger oder andere Beschäftigte mit 55 Jahren gesundheitlich schwer mitgenommen. Aber wo bleibt die Diskussion über „entfremdete“ Arbeit oder über die, die keine entfremdete Arbeit leisten und „ausbrennen“? Sie spricht von Menschen, die 48 Stunden arbeiten und solchen, die weniger als zehn Stunden arbeiten. Erstere seien zeitarm. Das ist nachvollziehbar, aber bedauern die das?
Sie erwähnt später die Leistungsethik, Wert und Produktivsein. Die bürgerliche Gesellschaft ist eine Leistungsgesellschaft, Leistung schafft Selbstwert, je mehr Leistung desto mehr bist du wert. Entsprechend kommt sie auf „Nicht-oder-Nicht-mehr-Leister“ zu sprechen, wobei sie aber einen Fehler macht, denn ältere Menschen haben zumeist geleistet, also steht ihnen das „Nicht-mehr-Leisten“ zu, Kranke, Behinderte etc. haben u. U. eine Selbstwertproblematik, weil sie nicht oder nicht genug leisten oder geleistet haben (s.o.). Die Problematik des Homeoffice besteht u.a. darin, dass räumlich keine Distanz aufgebaut werden kann, was aber eben auch mit einer fehlenden emotionalen Distanz einhergeht. Abschalten können, hat etwas mit Distanzaufbau (innerem u äußerem) zu tun. Dieses Problem wird nicht deutlich gemacht. Ganz problematisch sind die Aussagen zur Boomer-Generation, die ausscheidet. Deren Versorgung würde wohl „privat geleistet“ werden müssen. Von wem, von den Kindern (=späteren Arbeitnehmer), die es nicht ausreichend gibt? Womit wir wieder beim Arbeitskräftemangel wären.
Rüdiger Erdmann, Pattensen
Der Staat soll mir dienen
Erwiderung auf „Ein verramschte Staatsbürgerschaft“, Forum v. 16.12.
Liebe Frau Wilken, Ihr Zitat „ich kann nicht Diener zweier Herren sein“, zeigt Ihr Verständnis
vom Staat als „Herr“ (Frau oder Divers scheidet wohl von vornherein aus?), dem zu dienen sei. Dieses Verständnis hat hierzulande im letzten Jahrhundert in zwei Weltkriegen zu Millionen von Toten geführt und zudem unendliches Leid in anderen Ländern verursacht.
Nach meinem Verständnis ist es nicht der Staat, dem zu „dienen“ ist, im Gegenteil, der Staat sollte dazu da sein, allen darin Lebenden ein friedliches und gerechtes Auskommen zu sichern, also eher ihnen „dienen“ als umgekehrt. In diesem Sinne kann ich mich sehr wohl sowohl meinem Herkunftsland als auch meinem Aufenthaltsland zugehörig fühlen, also auch eine doppelte Staatsbürgerschaft und Pass haben.
Jochim Maack, Hamburg
Der Luftverkehr wird geschont
Emissionshandel: „Was kostet die Zukunft“, FR-Politik vom 19. Dezember
Die neu ausgehandelten Verschmutzungszertifikate scheinen wieder einmal von der Lobby diktiert zu sein. Warum nur wird der Großemittent Luftverkehr ausgenommen? Gerne wird behauptet, dieser sei nur für 3% der Emissionen verantwortlich, es wird aber unterdrückt, dass diese in sensibler Höhe weitaus wirksamer sind als am Boden. Denn in der hohen Atmosphäre gibt es keine biologische Assimilation, keine ozeanische Aufnahme und keine mineralische Bindung. Zu den CO2-Emissionen kommen noch jede Menge Stickoxide und Ultrafeinstaub als Kondensationskerne. Und das Verbrennungprodukt Wasser beeinträchtigt die Ausstrahlung noch mehr als CO2. Auch die Vision CO2-neutraler Synthesetreibstoffe hilft nicht weiter, denn CO2-neutral ist längst nicht klimaneutral, wie selbst Minister Al-Wazir anerkennt. Die unter großem Aufwand tatsächlich mögliche Synthetisierung aus Luft und Licht hat einen Wirkungsgrad von nicht mehr als 10 – 15%. Der Löwenanteil der einzusetzenden Energie wird im komplizierten Prozessweg verbraucht. Und diese hoffentlich regenerative Energie fehlt dann andernorts. Teuer wird es allemal und die notwendigen Mengen sind nicht darstellbar. Wie aussichtslos alles ist, beweist das Feiern von ein paar Tonnen Kerosin aus aufbereitetem Frittenfett, Abdeckerei- und Palmöl. Elektrisch fliegen geht nur mit Propellerantrieb und über kurze Strecken. Selbst Wasserstoff ist keine Lösung, da dieser einer Ultratiefkühlung auf unter minus 253°C und/oder schwerer Hochdrucktanks bedarf. Beides ist mit so hohem Gewicht und Platzbedarf verbunden, dass sich das in herkömmlichen Modellen nicht realisieren lässt. Es verbleibt also nur der problematische Energieträger fossiles Kerosin.
Hartmut Willibald Rencker, Mainz
Forum vom 22. Dezember 2022
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Der Tonfall in dieser Debatte ärgert mich
Zu: „Transfeindlich mit Opferframing“, FR-Meinung vom 8. Dezember
Danke an Frau Thorwarth, Frau Paus, Herrn Böhmermann, dass ich jetzt endlich weiß, zu welcher gesellschaftlichen Gruppe ich gehöre. Ich bin also eine radikale, Trans ausschließende Feministin (Terf) mit Rechtsdrall und hasse Transsexuelle. So weit so schlecht. Dass ich immer grün gewählt habe, so lange es die Partei gibt, spielt hier keine Rolle. Ich sondere „antiemanzipatorisches Gegreine“ ab und habe nur „meine eigenen Privilegien im Sinn“. Und von meiner Furcht, „Weiblichkeit könnte sich künftig nicht mehr bevorzugt über die regelmäßige Periode definieren“, wusste ich bisher auch noch nichts. Allerdings bin ich ja auch schon 71 und habe keine Periode mehr, passe aber auf jeden Fall ins Raster der alten, weißen, privilegierten Frau.
Was ist passiert, dass Frau Thorwarth derart mit pauschalen Verurteilungen und vor Hass triefenden Äußerungen um sich wirft? Und mir unterstellt, dass ich Trans-Menschen die Identität absprechen will? Warum werden 70 Mitglieder der Grünen, die den Antrag stellten, das Selbstbestimmungsgesetz noch einmal zu diskutieren, als „xenophobe Rassisten mit Rechtsdrall“ beschimpft?
Was hat es mit Rassismus zu tun, wenn ich mir Sorgen um Kinder und Jugendliche mache, die noch dabei sind, sich zu finden und sich vielleicht in ihrer Geschlechterrolle nicht wohl fühlen? Warum outen sich plötzlich so viele Mädchen als transsexuell? Dass es heute leichter als früher ist, ist nur ein Grund. Kann es sein, dass die Geschlechterrollen so eng definiert sind, dass Mädchen meinen, als Jungen hätten sie mehr Freiheiten? Können Sie das ausschließen, Frau Thorwarth? Deshalb brauchen Jugendliche auf jeden Fall Beratung und Unterstützung und dürfen nicht zu einem Geschlechtswechsel gedrängt werden. Ich selbst durfte als wildes Mädchen aufwachsen, ohne dass ich jemals auf die Idee gekommen wäre, mich als Junge zu fühlen. Auch meine Töchter spielten in löchrigen Secondhand-Spielhosen wilde Spiele draußen im Freien.
Ist Geschlechterrollen-Irritation bereits Transsexualismus? Es muss möglich sein, diese Frage ernsthaft und ohne gegenseitige Anfeindungen zu beantworten.
Die angebliche Feindschaft zwischen Feministinnen und Transsexuellen kann ich so nicht stehen lassen. Es gibt radikale Trans-Aktivisten, die einfach negieren, welchen Weg wir Frauen hinter uns haben. Jahrtausende unterdrückt, das Frauenwahlrecht erst vor mehr als 100 Jahren (1918!) erkämpft, dann in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts wieder auf die Straße und da kommt Frau Schwarzer ins Spiel. Sie hat viel für uns Frauen getan und ich werde wütend, wenn ich lese, wie sie von radikalen Trans-Aktivisten – und auch von Jan Böhmermann- verunglimpft und verhöhnt wird. Gleichberechtigt sind wir Frauen noch lange nicht. Ich finde es eine Anmaßung wie bestimmte radikale Kreise von Transsexuellen uns Frauen vorschreiben wollen, wie wir uns zu nennen haben und uns unser Bedürfnis nach Schutzräumen absprechen. Ein ganz dreistes Beispiel dazu ist Herr Ganserer, der sich als Frau outet und sich auf einem Frauenquotenplatz nominieren lässt.
Chris Sperber-Pretzl, Freigericht
Unbedingt notwendig für das Gemeinwohl
Medikamente: „Derzeit nicht erhältlich“ und „Für Kinderpraxen sollen die Budgetgrenzen fallen“, FR-Wirtschaft vom 16.12.
Im obigen Artikel wird unser Gesundheitsminister zitiert. „Wir haben die Ökonomie zu weit getrieben.“ Was für eine Verharmlosung der aktuellen Zustände, die Herr Lauterbach hier lapidar von sich gibt. Das gilt ja nicht nur für die Versorgung mit Medikamenten, Das ganze Gesundheitssystem, die Energieversorgung und der öffentliche Personenverkehr gehören zurück in die öffentliche Hand. Wenn private Investoren und ihre angestellten Manager den Karren an die Wand gefahren haben, müssen wir Steuerzahler sowieso wieder einspringen und das Funktionieren unserer notwendigen Infrastruktur sicherstellen. Dann können wir die Systeme auch gleich mit Steuern finanzieren.
Lasst die Lobbyisten der „freien Marktwirtschaft“ doch schreien, dass die freie Wirtschaft besser wirtschaftet als der Staat. Meinetwegen, aber nicht bei den Dingen, die für das Gemeinwohl notwendig sind.
Thomas Kranz, Rosbach
Vorübergehende Gefahr für die Gesundheit
Dass viele Medikamente in Apotheken und alternativen die der Ärztlichen Verschreibungspflicht unterliegen, insbesondere für Diabetiker sind durch Lieferketten Störungen für Patienten durchaus eine vorübergehende Gesundheitsgefahr. Abhängigkeiten sind nicht nur durch Krieg und Corona bedingt. Eine effektive und ausreichende Medikamentenversorgung vorrätig zu halten.sind geeignete Mittel und Wege, eine Fehlversorgung zu vermeiden.
Thomas Bartsch Hauschild, Hamburg
Wo bleibt das Bewusstsein für Verantwortung?
Was ist nur mit Deutschland los? Wirtschaftsinteressen dürfen nicht mehr an die erste Stelle gesetzt werden! Notfalls Pharmaindustrie verstaatlichen! Wo bleiben Anstand, Ehrenhaftigkeit, Ethik, Moral, Verantwortungsbewusstsein? Von Wirtschaft und Industrie?
Renate Schumacher, Frankfurt
Wo schwarze Menschen zu Hause sind
Rassismus am britischen Hof: Erwiderung auf „Vernichtender Vorwurf“, FR-Forum vom 11. Dezember
Ich stimme Leser Halstenberg in der Hinsicht zu, dass ich da keinen Automatismus sehe und es keinesfalls immer Rassismus ist, wenn man nicht-weiße Personen nach ihrer Herkunft fragt. Es gibt viele Situationen, wo diese Frage ganz natürlich ist, nämlich da, wo zu erwarten ist, dass die Mehrzahl der Menschen dort nicht zu Hause ist – an touristischen Orten etwa wie dem Eiffelturm in Paris, in Hotels, in internationalen Kongresszentren oder in international ausgerichteten Universitäten. An solchen Orten ist eine Unterhaltung über die Herkunft normal.
Aber ganz so harmlos wie Leser Halstenberg sehe ich die Sachlage in dem Bericht über den Empfang bei Königin Camilla, auf den er sich bezieht, nicht. Es gibt doch schon lange keinen Automatismus mehr, dass Personen mit schwarzer Hautfarbe zwingend aus Afrika stammen. Genauso wie Personen mit weißer Hautfarbe und auch z.B. Asiaten (Chinesen, Inder, Philippinos), sind Menschen mit schwarzer Hautfarbe heute in allen Ländern der Welt zu Hause – natürlich in verschiedenen Ländern unterschiedlich viele. Neben Afrika wohnen sehr viele ja auch z.B. in den USA, in der Karibik und in Südamerika, dort besonders in Brasilien – und in den ehemaligen Kolonialländern in Europa wie z.B. Großbritannien. Der von Halstenberg unterstellte Automatismus, ein Mensch mit schwarzer Hautfarbe stamme doch ganz sicher aus Afrika stimmt also ganz einfach nicht.
Die schwarze Aktivistin hat doch, wenn man dem Zeitungsbericht folgt, die Frage nach ihrer Herkunft durchaus beantwortet, nämlich damit, sie sei in GB geboren und aufgewachsen, womit sie implizit aussagte, dass sie GB als ihre Heimat betrachte. Die 83-jährige Gesprächspartnerin war mit dieser Antwort allerdings nicht zufrieden, sondern bohrte nach, denn für sie war offenbar nur eine Herkunft aus Afrika vorstellbar. Das erschließt sich aus der zitierten Schlussbemerkung in dem Gespräch: ,,Ich werde es schwer haben zu erfahren, aus welchem Teil von Afrika Sie kommen.“ Für mein Empfinden ist diese Bemerkung übergriffig. Die Aktivistin ist nicht verpflichtet, darauf zu antworten. Die 83-jährige Dame gibt mit dieser Bemerkung zu erkennen, dass sie sich bei schwarzen Personen eine britische Herkunft nicht vorstellen kann – und spricht damit ihrer Gesprächspartnerin die Heimat ab – gegen jede Realität in der heutigen Zeit. Und das auf Grund der schwarzen Hautfarbe. Ich empfinde diesen Vorgang keinesfalls als belanglos und mit ,Rassismus‘ durchaus richtig benannt. Es kann doch gut sein, dass diese Aktivistin nur wenig oder vielleicht auch gar keinen Bezug zu Afrika hat, weil schon die Eltern und Großeltern und u.U. noch weitere Vorfahren in GB geboren und aufgewachsen sind. Das entspräche heutiger Realität. Ich finde es in diesem Fall verständlich, wenn jemand kein Gespräch über ein unterstelltes Herkunftsland führen will, das er vielleicht gar nicht kennt – nur wegen seiner Hautfarbe. Dass sie das als Enteignung ihrer Heimat GB empfindet.
Bei dem gesellschaftlichen Rang, den diese 83-jährige Dame einnimmt (Taufpatin von Prinz William!), würde ich gute Bildung voraussetzen – und durchaus erwarten, dass sie derartige Überlegungen anstellt. Ihr hohes Lebensalter entbindet sie davon nicht, denn sie übt ja ihre Funktionen noch aus. Ihr Rücktritt von den eingenommenen Ämtern in der britischen Königsfamilie lässt erkennen, daß die Dame das ebenfalls so sieht.
Dietlinde Haug, Bad Oeynhausen
Abwahl aus gutem Grund
Ex-OB Feldmann, Frankfurt: „Allein gegen alle“, FR-Region vom 10.12.
Dass Peter Feldmann so kurz nach erfolgter Abwahl als Oberbürgermeister mit seiner Autobiographie auf den Buchmarkt drängt, zeigt, dass er dem Amt nicht gewachsen gewesen ist. Anstatt sich beizeiten um rationales Krisenmanagement zur Abwehr der Kampagne seiner Gegner zu bemühen, ist es ihm offenbar wichtiger gewesen, an seinem Selbstbild zu arbeiten. Insofern ist er aus gutem Grund abgewählt worden, wenn auch die Korruptionsvorwürfe gegen ihn haltlos sind. Der politische Scherbenhaufen, den er hinterlässt, wirft einen langen Schatten auf seine Amtszeit.
Hans Möller, Frankfurt
Fragwürdige Provinzposse
Ich würde Feldmann nicht wieder wählen, beteiligte mich aber nicht an der fragwürdigen Provinzposse der Römerkoalition. Die Kosten für das Abwahlverfahren wären besser in soziale Projekte oder in Demokratiebildung und Extremismusprävention investiert worden.
Hermann Roth, Frankfurt
Großer Trugschluss
Zu: „Karlspreis für Selenskyj und das ukrainische Volk“, FR-Politik vom 17.12.
Auch mit dem Karlspreis in seinen Händen wird Selenskyj diesen Krieg nicht auf die Schnelle beenden können. Dazu braucht es, wie halt immer, mindestens zwei Beteiligte, die sich angesichts gegenüberstehen, um sich dann miteinander an einen Tisch zu setzen, zu reden und zu verhandeln, und die auch wirklich eines wollen, nämlich den Frieden! Mit noch mehr Einsatz von Kriegsgerätschaft aller Art wird dieser Konflikt wohl nie beendet werden können; Frieden schaffen mit immer mehr und noch mehr Waffen, das ist ein großer Trugschluss, das ist schlichtweg gesagt der blanke Irrsinn, das kann nicht klappen!
Ich hoffe nur, dass diese Verleihung des Karlspreis an Selenskyj nicht genau das Gegenteil bewirkt, dass sich Europa noch mehr spalten könnte und diese europäische Idee wie eine Seifenblase zerplatzt. Dann war wirklich alles nur für die Katz!
Klaus P. Jaworek, Büchenbach
Forum vom 23. Dezember 2022
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Der Nabel der Welt
Zu: „Deutschland kann Infrastruktur“, FR-Wirtschaft vom 19. Dezember
Deutschland hat im Jahr 2021 laut Umweltbundesamt 565 Terrawattstunden, das sind 565 Milliarden kWh, an Strom verbraucht, mit einem Anteil von 41.1% aus regenerativen Quellen, bleiben also ca. 330 Milliarden kWh aus fossilen Trägern. Die Gestehungskosten des Stroms aus Windenergie betragen derzeit laut Fraunhoferinstitut zwischen 3.99 Cent/kWh (günstige Onshore-Anlage) und 13.79 Cent/kWh (teuere Offshore Anlage). Der Einfachheit halber nehmen wir mal im Schnitt 9 Cent/kWh: Um unsere komplette Stromproduktion auf Windenergie umzustellen bräuchten wir also, verglichen mit dem Bundeswehr-“Sondervermögen“, läppische 30 Milliarden Euro pro Jahr. Warum also nimmt die ehemalige Antikriegspartei in Person von Robert Habeck dieses Geld nicht in die Hand und rettet damit die Welt ? Ganz einfach: Dann würde jeder merken, dass das so mit den Regenerativen ohne Energiespeicher nicht funktioniert und dass Deutschland alleine nicht der Nabel der Welt ist. Anstatt für vernünftige Einspeisevergütungen zu sorgen und somit den Ausbau der Solarenergie zu fördern, nötigt Habeck lieber die Bürger sich umweltschädliche und untaugliche Batterien in den Keller zu stellen und Autos mit ebensolchen zu kaufen.
Gerhard Schöttke, Uhingen
Weltliches Territorium
Zu: „Die erste Kerze“, FR-Politik vom 20. Dezember
Wenn europäische Musiker beim Auftritt Dreadlocks tragen und flotte Reggae-Rhythmen anklingen lassen, wird der Vorwurf der „kulturellen Aneignung“ erhoben und die Kulturschaffenden von der Bühne gepfiffen bzw. dem Friseur empfohlen. Und das Feuilleton jubelt dazu über die neue „Political Correctness“. Wenn ein deutscher Bundeskanzler, der nicht nur nicht jüdisch, sondern auch explizit nicht religiös ist und beim Amtseid ausdrücklich auf die Gottesformel verzichtet hat, sich anlässlich des Chanukka-Festes in der jüdischen Gemeinde Berlin eine Kippa aufsetzt und feierlich das religiöse Ritual des Anzündens der ersten Kerze zelebriert, wird diese plumpe kulturelle und religiöse Aneignung mit Hochachtung gewürdigt.
Aber nein, hier wird nicht etwa mit zweierlei Maß gemessen, sondern nur mit einem: der nach wie vor in unserem angeblich säkularen Staat angesagten tiefen Verbeugung gegenüber der Religion. Als Sahnehäubchen gibts dazu noch einen fest installierten Chanukka-Kerzenleuchter am Brandenburger Tor. Nicht auf dem Gelände einer Synagoge, sondern auf weltlichem Terrain.
Helge Nyncke, Mühlheim a.M.
Forum vom 24. Dezember 2022
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Unrecht muss beim Namen genannt werden
Trump: „Auf der Anklagebank“, FR-Politik vom 20. Dezember
Karl Doemens hat natürlich Recht, wenn er schreibt, dass die Anklageempfehlung des US-Kongress-Untersuchungsauschusses gegen Ex-Präsident Donald Trump ein logischer und demokratietheoretischer Schritt in einem Rechtsstaat darstellt. Denn es stimmt, dass in einem rechtsstaatlich konzipierten Gemeinwesen, der Bürgerinnen und Bürger wegen kleiner Vergehen belangt, der Umsturzversuch eines Präsidenten nicht ungesühnt bleiben darf. Und es stimmt, dass Trump jedes Mittel, auch illegale nutzt und sich als Märtyrer inszeniert. Vielleicht stimmt es auch, dass aufgrund der derzeit sich abzeichnenden Schwäche von Donald Trump Joe Biden kein Interesse daran haben kann, die erneute Kandidatur Trumps zu verhindern. Auf der anderen Seite ist es aber so, dass diese Betrachtungsweise aus Sicht der Demokraten zulässig und verständlich sein mag. Doch prinzipielle Überlegungen, dass das zum Himmel stinkende Unrecht des durch Trump versuchten Putschs fernab von taktischen Überlegungen zu sehen ist, müssten Joe Biden eigentlich dazu zwingen, auch in dieser Situation Unrecht beim Namen zu nennen. Das heißt auch im kommenden Präsidentschaftswahlkampf, vorausgesetzt, Trump wird wieder der Präsidentschjaftskandidat der Republikaner, deutlich zu machen, welches Verbrechen Trump aus Eigeninteresse begangen hat. Es muss also in den nächsten Monaten darauf ankommen, dass Joe Biden, ohne Gefahr zu laufen, sich in ein schwebendes Verfahren einzumischen, die Flamme der Demokratie hochhalten muss, um zu verhindern, dass viele Amerikaner womöglich aus Frust dem Verbecher Donald Trump ei einer eventuellen Kandidatur nachlaufen werden. Für die Demokratische Partei muss es darauf ankommen, zu vermitteln, dass die Republikaner, die ehemalige Grand Old Party, inzwischen in weiten Bereichen von Opportunisten durchsetzt sind, die ihr Fähnchen wie etwa Mitch McConnell nach dem Wind richten. Wie wichtig ist es doch, Opportunisten aus der Politik herauszuhalten.
Manfred Kirsch, Neuwied
Keine schnelle Rendite
Artemis 1: „Nasa in Feierlaune“, FR-Panorama vom 13. Dezember
Ich empfinde es gelegentlich als ziemlich irre, mit welcher Selbstverständlichkeit jährlich Milliarden in die astronomische Forschung gesteckt werden. Was haben wir davon, wenn wir wissen, wie Leben entstanden ist? Ist das wichtig für Multimilliardäre wie Musk und Co, um auf den Mars flüchten zu können, nachdem wir hier alles kaputt gemach haben? In der FAZ durfte der Geschäftsführer der Dieter Schwarz Stiftung, Reinhold Geilsdörfer, ausführlich ausbreiten, wie und wieso er mit den Milliarden des Hr Schwarz in Heilbronn ein Bildungscampus hervorzaubert auf dem dann z.b. das Forschungs- und Innovationszentrum KODIS des Fraunhofer-Instituts IAO seinen platz findet. Geisteswissenschaften? Eher Fehlanzeige! Ebenso der derzeitige bayerische Ministerpräsident Markus Söder. Auch er steckt zwei Milliarden in Nürberg in eine Technische Uni, während das Gebäude der Geisteswissenschaften der Friedrich-Alexander-Universität in der Kochstraße in Erlangen jahrelang wegen Baufälligkeit gesperrt war. Wirtschaftliche Verwertbarkeit wohin das Auge blickt. Nebenbei erfährt man, dass nicht erst seit der Pandemie z.B. Mangel an gut ausgebildeten Psychotherapeuten herrscht, die Abteilungen nicht nur der Kinder- und Jugendpsychiatrie überall völlig überlastet sind. Vielleicht sollten wir also alle mehr Thimothy Leary wagen. Dieser Harvard-Professor der Psychologie prägte in den 1960ern den Begriff „Psychonauten“: mehr nach innen schauen, mehr darauf achten, wie wir unser Zusammenleben hier gestalten, anstatt zu suchen, wo wir herkommen. Man muss deswegen nicht gleich LSD einwerfen wie Leary. Das beobachten des Einatmens und Ausatmens reicht völlig! Bringt den Kapitalisten halt nur nicht die schnelle Rendite.
Karsten Neumann, Nürnberg/Bethang
Wahnsinn schreitet fort
Washington: „Vorteil Selenskyj“, FR-Meinung vom 22. Dezember
Statt einer Friedensbotschaft kurz vor Weihnachten wird die nächste Eskalationsstufe betreten: Keine Waffenstillstandsankündigung für die Zeit über Weihnachten und Neujahr sondern die Stationierung hochmoderner neuer Raketen in der Ukraine … – das ist die Vorbereitung eines großen Krieges in aller Öffentlichkeit. – Rußland teilt postwendend mit, dass sie die Patriot-Raketen unmittelbar nach Stationierung in der Ukraine zerstören wird. Der Wahnsinn schreitet voran. – Wenn Frauen über den Krieg berichten, wird auch das dem Krieg nicht die Grausamkeit und die Unerbittlichkeit nehmen – auch wenn der „Fokus“ ein anderer ist. Nur eine vernünftige Politik könnte etwas ändern. Die ist aber nicht in Sicht. – Das ist die furchtbare Weihnachtsbotschaft des Auftritts des Herrn Selenskyj vor der Politiker-Elite der Vereinigten Staaten von Nordamerika!“
Thomas Ewald, Nidderau
Sehr kleine Brötchen
Zu: „Ampel will auch Kosten für Pellets dämpfen“, FR-Wirtschaft vom 14.12.
Ich habe sehr lange gesucht, um ausreichend Informationen zu bekommen, was denn nun eigentlich tatsächlich für Bürger mit Ölheizungen zu erwarten ist. Schlimmer als je zuvor bei den Ampel-Beschlüssen zu „Wohltaten“, so scheint es mir dieses Mal. Da geistern 1,8 Milliarden Euro herum, die „bereitgestellt“ werden und „2000 Euro maximal pro Haushalt“. Großartig, sollen wir wohl glauben. Im Detail, wenn die Informationen der Zeitungen – auch der FR – stimmen: Pustekuchen, bestenfalls: sehr kleine Brötchen!
Ersetzt werden sollen 80 Prozent der Mehrkosten, die 2022 über das Doppelte des Ölpreises von 2021 hinausgehen. Ich habe für mich nachgerechnet: Der durchschnittliche Heizölpreis 2021 betrug etwa 70,30 Cent pro Liter (wenn man bei Statista die Monatspreise addiert und durch zwölf teilt). Für 2022 lag er bei rund 133,6 Cent (elf Monate). Ich selbst habe im September 2022 für 144 Cent gekauft.
Wenn das Doppelte des Durchschnittspreises von 2021 zumutbar ist, so sind das 140,60 Cent pro Liter. Wenn der Durchschnittspreis für 2022 der Berechnung zugrunde gelegt wird (133,60 Euro), dann dürfte kein Heizölbesteller auch nur irgendeinen Zuschuss erhalten, denn der Durchschnittspreis 2022 liegt unter dem Doppelten des des Durchschnittspreises von 2021!
Wird der tatsächlich individuell bezahlte Preis 2022 zugrund gelegt, bedeutet das für mich 80 Prozent von 3,4 Cent pro Liter, also 2,72 Cent. Da erst ab einem „Mindestbetrag“ von 100 Euro ein Zuschuss gewährt wird, hätte ich mindestens 3677 Liter bestellen müssen (weit mehr als ein Jahresverbrauch!), um einen Zuschuss von 100 Euro überhaupt zu erhalten. Pech gehabt, es waren weniger Liter, denn 5300 Euro für Heizöl hatte ich nicht zur Verfügung.
Freuen darf sich der Haushalt über 2000 Euro Zuschuss, der im September bzw. Oktober etwa 73 000 Liter Heizöl eingekauft hat oder 14 000 Liter zu Kriegsbeginn im März. An ein ordentlich gedämmtes Einfamilienhaus, das mit maximal 2500 Litern Öl im Jahr auskommen kann, kann man bei diesen Beträgen wohl kaum gedacht haben.
Wer also soll diesen „Maximalzuschuss“ von 2.000 Euro überhaupt erhalten können? Ich frage mich wirklich, ob die Ampelpolitiker/Innen, die sich das ausgedacht haben und nun als Erfolg verkaufen, noch wissen, was sie tun, oder ob sie jemals nachrechnen, bevor sie mit so etwas an die Öffentlichkeit gehen!
Kann man solche Leute denn noch wählen?
Werner Dörr, Polch
Nicht glaubwürdig
Zu: Waffen für Saudi-Arabien“, FR-Politik vom 7. Oktober
Im Oktober dieses Jahres wurde es klar. Deutschland genehmigte Waffenlieferungen an Saudi-Arabien. Es geht um Kampfflugzeuge und Munition. Deutschland hofft offenbar, Öl und Wasserstoff dafür zu bekommen. Im aktuellen Koalitionsvertrag war das nicht vorgesehen.
Saudi-Arabien ist im Jemenkrieg militärisch engagiert. Die Vereinten Nationen melden 380 000 Tote, vier Millionen Flüchtlinge und etwa 19 Millionen Menschen, die Hunger leiden. Eine schlimme Bilanz. Nach informierten Berichten bombardiert Saudi-Arabien auch Krankenhäuser, Kindergärten und Schulen.
Wenn die Ampelkoalition die Außenpolitik insofern auch moralisch auflädt, indem sie behauptet, es ginge auch um Menschenrechte, verliert sie hier ihre Glaubwürdigkeit. Menschenrechte gibt es in Saudi-Arabien nicht, das Herrscherhaus regiert islamisch-fundamentalistisch: Todesstrafe, Folter, keine Presse- und Religionsfreiheit, keine Frauenrechte. Auch der Kriegsgegner im Jemen, der Iran, hat mit Menschenrechten nichts am Hut, wie die aktuelle Liquidierung und Niederknüppelung von Demonstranten beweist.
Warum versucht man nicht, durch ein multilaterales Rüstungsembargo diesen Krieg zu beenden?
Christian Schauer, Alzenau
Fehlerhaftes Update
Schützenpanzer Puma: „Aus allen Wolken gefallen“ FR-Politik vom 20.12.
Zur Erinnerung: Im Mai trat eine bundesweite Störung von Kartenterminals auf, nachdem ein Praktikant in einer Mittagspause ein Update programmiert hatte. In sozialen Medien wird nun behauptet, derselbe Praktikant habe in einer Mittagspause ein Update der Puma-Software programmiert. Zur Richtigstellung: Es handelt sich um eine politisch motivierte Fehlinformation, die das Vertrauen in die Bundeswehr erschüttern soll. Das Puma-Update wurde von einem anderen Praktikanten programmiert. Und nicht in der Mittags-, sondern in der Frühstückspause.
Axel Raue, Bad Homburg
Echte Pumas als Rekruten
Die Bundeswehr-Granden sollten losgeschickt werden, die Zoos hierzulande abzuklappern, um echte Pumas zu rekrutieren, Es hat sich eindrucksvoll gezeigt, wo es hinführt wenn nur mit Plagiaten hantiert wird.
Peter Leiß, Berlin
Lieber Axel Raue,
danke für diese wichtige Richtigstellung!
Wie sich die Zeiten doch ändern, wollte man früher alá Timothy Leary noch LSD ins Trinkwasser geben, reicht heute ein des Programmierens mächtiger Praktikant um den ganzen Laden durcheinanderzuwirbeln. Wahrscheinlich soll, deswegen die Arbeitszeit verlängert und die Anzahl der Pausen reduziert werden, damit so etwas zumindest nicht mehr so häufig möglich ist. Ich finde ja beide Praktikant:innen haben das Große Verdienstkreuz mit Stern verdient, allein Frank-Walter, Annalena und Friedrich werden da wohl kaum mitmachen 🙁