De Maizière hat für seine Fehler geradezustehen

Der Euro Hawk sollte ein Eckpfeiler in der Ausrüstung einer modernen Bundeswehr werden. Tatsächlich wurde er ein großes, schwarzes Loch, in dem bisher die gigantische Summe von 688 Millionen Euro verschwunden ist. Wenn man bedenkt, wie viele Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser sich dafür sanieren ließen, wie viele Schlaglöcher hätten repariert werden können, wie viele Kilometer Stromleitungen hätten gelegt werden können! Der Euro Hawk, eine Drohne, die offiziell Aufklärungszwecken dienen soll, ist eine komplette Luftnummer. Schon lange scheint klar gewesen zu sein, dass das unbemannte Fluggerät in Europa niemals zugelassen werden würde – es hat keinen automatischen Kollisionsschutz, wie er in Europa vorgeschrieben ist. Trotzdem hat die Bundeswehr das Projekt verfolgt, trotzdem hat Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière die Drohne noch im Bundestag verteidigt – und das Projekt wenige Tage später gestoppt. Hat er das Parlament getäuscht? Der Minister mit Buchhalter-Ausstrahlung – ein Täuscher? Hat er sein Ministerium nicht im Griff? Oder warum hat er den Ausstieg aus dem Euro Hawk derart „verstolpert“, wie Steffen Hebestreit in der FR schrieb?

Seit langem ist bekannt, dass de Maizière er für die Anschaffung von Kampfdrohnen ist. Seinerzeit hatte er „eine breite gesellschaftspolitische Debatte“ anschieben wollen, die aber natürlich nicht ergebnisoffen verlaufen wäre, sondern mutmaßlich den Zweck verfolgt hätte, die Anschaffung dieser Fluggeräte zu legitimieren. Aus diesem Grund will er jetzt trotz des Euro Hawk-Debakels 16 solcher Drohnen anschaffen, die bei Bedarf bewaffnet werden können – keine Debatte.

Na dann, Leute – Debatte! Auf geht’s. Mein Beitrag dazu: Zurücktreten, Herr de Maizière! Wer so mit meinen Steuergeldern umgeht, hat in der Regierung nichts zu suchen!

Bernhard Trautvetter aus Essen meint:

„Sie schreiben, es sei zu früh für einen Rücktritt von Minister de Maizière, weil erst die finanzielle und politische Verantwortung geklärt sein muss. Die politische Verantwortung für das Desaster hat er schon dadurch, dass er bis kurz vor dem Bekanntwerden des finanziellen Desasters mit Ansage bewaffnete Drohnen für Gefechte gefordert hat, weil ihr Einsatz das Leben von Bundeswehrsoldaten bewahren könne. Er muss so viel Sachverstand haben, dass nicht einmal das bei genauem Hinsehen stimmt, denn Drohnen wurden nicht für Gefechte entwickelt, sondern für gezielte Tötung außerhalb von Kampfsituationen. Und sie hätten in Afghanistan nicht dabei geholfen, das Leben von Bundeswehrsoldaten zu retten, denn fast alle Afghanistan-Toten aus Deutschland starben in Anschlägen, durch Minen und aus dem Hinterhalt und nicht im Gefecht.
Hier zeigt sich, dass ein Projekt, das immerhin auch die Fernsteuerung und Automatisierung des Krieges unverantwortlich beschleunigt und das eine Wegmarke ist auf dem Weg zu Killerrobotern, dass dieses dermaßen teure Projekt mit militärisch falschen Begründungen propagiert wurde.
Die politische Verantwortung hat er auch noch dafür, dass er Drohnen als ethisch neutral wertete. Mindestens bei der finanziellen Verantwortung für das Drohnen-Desaster sind möglicherweise mehrere seiner Vorgänger mit im Boot. Das aber ist sekundär. Herr de Maizière hat für seine Fehler geradezustehen, er ist der aktuell Verantwortliche für das Desaster. Seine Vorgänger können nicht mehr zurücktreten.“

Dr. Angelika Schneider aus Lilienthal:

„Was der Bundestag vor allem aufklären müsste, ist, warum Deutschland überhaupt Drohnen braucht. Das Kundus-Massaker hätte Warnung genug sein können, dass man im Krieg öfters die Falschen trifft.
Seit mehreren Jahren setzt Israel Drohnen ein, um Unbeliebte ohne lästige Gerichtsprozesse und ohne irgendeinen juristischen Beweis ihrer tatsächlichen Schuld einfach zu liquidieren. Ist das jetzt auch deutsche Politik? Der verbreitete Drohneneinsatz in Pakistan hat zudem inzwischen gezeigt, dass durch Drohnen mehr unbeteiligte Zivilisten umkommen als durch konventionelle Waffen.
Wenn die Bundesrepublik den Anspruch erhebt, eine Demokratie zu sein, dann müsste die Frage, ob wir Kriegsführung mit Joystick wirklich wollen, zumindest durch den Deutschen Bundestag geklärt werden, nach einer öffentlichen Debatte, in der das Für und Wider erörtert wird.“

Marian Slowig aus Schlüchtern:

„Das Drohnen-Debakel zeigt einmal mehr, wie dilettantisch und verantwortungslos in unseren Ministerien gearbeitet wird. Wo sind Sachverstand und Fachwissen geblieben? Für Aufträge solcher komplexen Art wird in jedem ordentlichen Unternehmen ein Lastenheft erstellt, in dem der Auftraggeber dem Auftragnehmer klar beschreibt, was er wünscht. Bei einem Fluggerät muss da selbstverständlich stehen, dass für das Fluggerät für den Betrieb über bewohntem Gebiet eine Zulassung Grund-Voraussetzung ist.
Eine solche Vorgehensweise und die damit verbundene Geldverschwendung ist mehr als grobfahrlässig. Für Bildung und Kindergärten hat dieses Land kein Geld. Aber mal eben so eine knappe Milliarde in den Sand setzen, das läuft bei uns unter „Betriebsrisiko“.“

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25 Kommentare zu “De Maizière hat für seine Fehler geradezustehen

  1. Bronskis Einleitung ist mal wieder extrem versimplifizierend und damit falsch. Das Einsatzgebiet der Aufklärungsdrohne Euro Hawk ist der militärische Luftraum, der über dem zivilen Luftraum liegt, und für diesen Luftraum ist kein Kollisionsschutz (Sense and Avoid-System) vonnöten. Das Fluggerät muß allerdings bei Start und Landung kurzzeitig zivilen Luftraum durchqueren. Momentan besteht eine Genehmigung, wenn der betreffende zivile Luftraum für andere Flugzeuge gesperrt wurde. Es ist also entgegen einer weiteren Behauptung Bronskis scheinbar nicht unmöglich, eine Genehmigung dafür zu bekommen. Die Sperrung zivilen Luftraums ist allerdings mit einem gewissen Aufwand verbunden. Dieser Aufwand könnte reduziert werden, indem Ausbildung usw. im Ausland durchgeführt werden. Ob die üblichen Pazifisten sich aufregen werden, daß im Verteidigungsfall ziviler Luftraum durchquert werden müsste? Zu befüchten ist das. Die Zulassungsprobleme für den militärischen Luftraum, die auch teilweise bestehen, könnten ausgeräumt werden, sie basieren im Wesentlichen auf bürokratischer Halsstarrigkeit.

    A. Schneiders Beitrag ist nun wirklich nicht ernst zu nehmen, wenn er sich auf Euro Hawk bezieht. Das ist eine reine Aufklärungsdrohne ohne jegliche Bewaffnung. Kundus wurde ja genau wegen MANGELNDER Aufklärung zu einem problematischen Fall. Es ist völlig schizophren, Kundus, welches eigentlich ein Argument für MEHR Aufklärung wäre, herzunehmen, um sich GEGEN mehr Aufklärungsmöglichkeiten auszusprechen.

    Ganz mies ist allerdings das Gezeter linker Kreise bzgl. des Einsatzes solcher Aufklärungsdrohnen zur Sicherung der Südgrenze des Schengenraums. Dort sollen diese Drohnen eingesetzt werden, um die Flüchtlingsboote möglichst früh zu erkennen, am besten noch in internationalen Gewässern, um sie dann mit Schiffen aufzubringen und die illegalen Einwanderer zurückschicken zu können. Damit wird aber gleichzeitig auch weitestgehend verhindert, was in der Vergangenheit häufiger passierte… daß diese teilweise kaum seetüchtigen Boote auf hoher See kentern und die Besatzungen ertrinken.

    Das abzustellen ist aber wohl im linken politischen Lager nicht gewünscht. Da hat man es offensichtlich lieber, daß ein Teil der Flüchtlinge absäuft, solange nur genügend auch ankommen, und dann mit 500 Euro Reisegeld versehen nach Norden, nach Deutschland geschickt werden zu können. Nachdem es sich hierzulande so gut bewährt hat, die Effekte einer massiven Armutseinwanderung, nämlich einen Anstieg der Armut, einem wildgewordenen Neoliberalismus in die Schuhe zu schieben, können Politiker der Linksparteien offensichtlich nicht genug Armutseinwanderung bekommen. Je mehr Armutseinwanderung, desto mehr Argumente für das urlinke Lieblingsprojekt wird man finden können: die Umverteilung. Den Status Quo will man hier scheinbar nicht ändern: Ein Teil der Armutsflüchtlinge wandert ein, schön und nützlich, ein anderer Teil ertrinkt im Mittelmeer, was die Instrumentalisierungsmöglichkeit eines schlechten Gewissens durch linke Politik am Leben erhält, auch schön und nützlich. Die Aufklärungsdrohnen, die beides ändern könnten, sind da ein Dorn im Auge.

  2. Sehr geehrter Max Wedell,

    leider wird hierzulande fälschlicherweise oft genug die gründliche Kenntnis militärischer Inhalte mit einer bedingungslosen Bejahung derselben gleichgesetzt. Das ist ärgerlich weil in einer Welt die lange über Faustkeil und Speer hinausgeht, wenig konstruktiv sondern schlicht dumm und unreflektiert.

    Sachliche Kritik an fragwürdigen Rüstungsprojekten kann es dagegen nicht genug geben. Denn es ist keineswege einzusehen das z.B. Eurocontrol ständig UAVs durchreichen soll, die nicht wenigstens grundlegende Sicherheitsmechanismen implementiert haben.

    Die Verwechselung von Aufklärungs- Und Wirkmitteln, das ist ein Bildungsdefizit an das man sich leider gewöhnen muss. Auf die diffizilen Notwendigkeiten einer qualifizierten militärischen Entschlussfassung braucht dann garnicht mehr eingegangen zu werden. Zugegeben Ihr Beispiel der zivilen Nutzung ist gut.
    Es böte sich sicher auch die Erfassung diverser Mohnanbaugebiete und des zugehörigen elektromagnetischen Spektrums an! Dumm wenn man genau das nun nicht leisten kann.
    (Wußten Sie das die Versuche um Kunduz am Boden mit HELAS aufzuklären regelmäßig zu Angriffen der „Taliban“ auf entsprechende Kolonnen, und darin genau auf die Sensorenträger, geführt haben?)

    So geht wieder ein Vorgang im politischen Geschacher unter.

    KM

  3. Hallo Herr Müller,

    wo ein Wille ist, da ist ein Weg. Natürlich ist mit der hierzulande für Euro Hawk geplanten Drohnen-Ausrüstung (auf SIGINT abgestellt) im Mittelmeer wohl eher wenig zu erreichen. Das bedeutet aber nicht, daß man nicht mit einer anderen Bordbestückung, mit größerem Fokus auf optischer oder IR-Sensorik, zur Rettung von Menschenleben sowie Grenzsicherung beitragen kann. Eine besonders hohe Flughöhe (wie die der Euro Hawk-Drohnen) wirkt sich auch hier positiv aus durch die enorme Sichtweite.

    Informationen über Position, Stärke usw. des Feindes sind militärisch von hohem Wert, insofern werden alle Armeen der Welt besonderes Augenmerk darauf richten, die Aufklärungsbemühungen des Feindes vordringlich und mit Priorität zu stören. Es wäre aber doch völlig falsch, nur weil Aufklärungseinheiten bevorzugtes Angriffsziel des Gegners sind, alle Aufklärungsbemühungen einzustellen.

    In stark asymmetrischen Kriegen haben solche hochfliegenden Aufklärungsflugzeuge jedenfalls den großen Vorteil, daß sie durch Gegenmaßnahmen (Boden-Luft-Abwehr) aufgrund der großen Flughöhe nur schwer erreichbar sind. Für Systeme mit Bodenkomponenten gilt das nicht, das ist wahr.

  4. P.S., was die Zumutungen an die Flugkontrolle angeht:

    Der Prototyp hatte keine automatische Kollisionserkennung an Bord. Laut Hersteller waren aber für die weiteren bestellten Drohnen solche automatischen Kollisionserkennungen vorgesehen. Lt. eines Wikipedia-Artikels sollen die Global Hawk wie auch Euro Hawk ein TCAS II besitzen (Traffic Alert and Collision Avoidance System). Nun stellt sich die Frage, welche Anforderungen die Zulassungsbehörden stellen. Wenn sie natürlich darauf bestehen, daß an Bord des Fluggeräts ein Mensch aus dem Fenster kucken muß, um andere Flugobjekte auszumachen, und bei Kollisionsgefahr eingreifen zu können und Kameraübertragungen als Ersatz dafür nicht ausreichen, tja, was soll man dann machen. Wie ich schon sagte, wo ein Wille ist, da ist ein Weg. Und zwar durchaus auch ein Weg, der ohne Minderung der Luftraumsicherheit einhergeht. Ich hoffe, wir werden die Fakten endlich einmal klar und deutlich erfahren, wer hier die bürokratischen oder sonstigen Hürden aufbaute und mit welchen Rechtfertigungen, wenn De Maizière seinen Bericht vorlegt.

  5. TROTZ „EURO HAWK“-DESASTER / Merkel befürwortet Kauf von Kampfdrohnen / Kabinett stellt sich hinter de Maizières Pläne“, meldet BILD-Online heute.

    Unabhängig von der Finanzierung oder Kollisionswarnsystemen: Für welche Kriege sollen die Kampfdrohnen eigentlich angeschafft werden? Der Abzug aus Afghanistan ist ja bereits im Gange. Gibt es andere, bislang nicht bekannte Einsatzorte oder stehen die Dinger am Ende nutzlos auf irgendeinem europäischen Militärflughafen herum? Auf welche Kriege will die Regierung die Bundeswehr dadurch vorbereiten? Da Drohnen bei funktionierender Luftabwehr leicht abgeschossen werden können, sind sie faktisch nur in asymmetrischen Kriegen zu gebrauchen. Doch in die ist die Bundeswehr derzeit – zum Glück – gar nicht verwickelt. Für mich ist das die entscheidende Frage bei der Diskussion um die Drohnen.

  6. Die beste Kriegsverhinderungsmaschine ist ein Gerät, das nur einem einzigen kurzfristigen Ziel dient und dann verschrottet wird.
    Das Ziel ist hier, die werbende Königin Rüstungsindustrie mit dem Samen des Kapitalismus, Geld, zu befruchten und dann in der Versenkung zu verschwinden.

    Eine Drohne halt.

  7. @Michael Schöfer,

    ich bin zwar kein Experte in solchen Fragen, aber die Erfahrungen in Afghanistan/Pakistan scheinen mir darauf hinzuweisen, daß Kampfdrohnen eben vielleicht doch nicht so einfach abzuschießen sind. Der Krieg gegen die Sowjetunion in Afghanistan erfuhr eine Wende, als die Afghanen in den Besitz von Stinger-Raketen kamen und die Lufthoheit der Sowjets empfindlich stören konnten (damals ging es hauptsächlich gegen langsam fliegende Ziele, wie Hind-Kampfhubschrauber). Es ist zu vermuten, daß die Taliban immer noch im Besitz von Stinger- oder ähnlichen Boden-Luft-Abwehrwaffen sind, von Abschüssen der dort doch regelmäßig eingesetzten US-Drohnen (Aufklärung und Kampf) ist aber nur selten etwas zu hören (obwohl dies propagandistisch sicher von der Gegenseite ausgeschlachtet würde, wie im Iran ja schon geschehen, damals allerdings mit einer Aufklärdrohne). Diese Drohnen fliegen tief, recht schnell, und, da propellergetrieben, ohne die großen Hitzesignaturen von Düsentriebwerken, sind also vielleicht doch nicht solch einfache Ziele. Diese Vorteile können im Einzelfall noch durch Tarnkappentechniken maximiert werden.

    Die hochfliegenden dicken Brocken wie Euro Hawk haben in einer symmetrischen Kriegslage, in der der Feind auch über das ganze Arsenal von Luft-Luft-Abwehr-Waffen verfügt, dann wohl allerdings nur mit „Tarnkappen“-Fähigkeiten eine gewisse Überlebenschance.

    Ansonsten können Armeen mit der Beschaffung von Militärgütern nicht solange abwarten, bis ein konkreter Krieg ausbricht. Für konkrete Kriege wird man daher nicht planen und anschaffen, für bestimmte erwartete Szenarien aber schon. Hier müssen sich natürlich die militärischen Planer auch der öffentlichen Diskussion stellen, und dabei ist es natürlich auch Aufgabe der Opposition im Bundestag, auf Draht zu sein und Diskussionen in Gang zu setzen. Leider bekommt man aber den Eindruck, daß von dieser Seite oft aus einer Haltung heraus kritisiert wird, die ja Waffen grundsätzlich überhaupt für überflüssig hält, d.h. wenig ernstzunehmen. Das ist eigentlich dann eher kontraproduktiv, weil es Kritik natürlich auch ein stückweit desavouiert, wenn sie so überzogen einseitig und weltfremd ist.

    Und, wie das bei den Drohnen jetzt geschieht, bestimmte Waffenarten pauschal abzulehnen, bloß weil es selbstverständlich auch die Möglichkeit gibt, diese moralisch äußert fragwürdige einzusetzen (eine Möglichkeit, die zwar schon Realität ist, aber eben nicht bei der Bundeswehr), ist völlig verrückt. Kampf-Drohnen deshalb abzulehnen, weil die USA diese momentan in Einzelfällen auf eine kritikwürdige Weise einsetzen, ähnelt ja in etwa einer Ablehnung des Gebrauchs von Gewehren in der Bundeswehr, weil da und dort in der Welt sicher schonmal Soldaten Gewehre dazu benutzten, um Kinder zu erschießen. Die geplanten Kampfdrohnen der Bundeswehr sind für die Bekämpfung von militärischen Zielen vorgesehen. Punkt.

  8. @Max Wedell

    Die Stinger hat laut Luftwaffe eine Einsatzhöhe von 3.000 m. Die Kampfdrohne General Atomics MQ-9 Reaper erreicht eine Dienstgipfelhöhe von 15.400 m, die General Atomics MQ-1 Predator eine – je nach Ausführung – von rund 8.000 m. Die „Predator C“ soll sogar auf 18.000 m steigen können. Alles außerhalb der Reichweite der Stinger.

    Sie schreiben: „Für konkrete Kriege wird man daher nicht planen und anschaffen, für bestimmte erwartete Szenarien aber schon.“ Was erwarten sie denn? Dass die Bundeswehr demnächst in einen asymmetrischen Krieg verwickelt wird? In welchen denn? Und ist es Aufgabe unserer Streitkräfte, überall intervenieren zu können. Wir sollten politisch entscheiden, ob wir das überhaupt wollen. Falls nicht, sind Kampfdrohnen m.E. überflüssig. Falls doch, sollte man den Bürgern reinen Wein einschenken.

    Übrigens glaube ich, dass Sie die die Opposition bewusst missverstehen wollen. Mir ist nicht bekannt, dass die Bundeswehr unter einer SPD-geführten Regierung abgeschafft worden wäre.

  9. @Michael Höfer,

    ich denke, man muß hier die verschiedenen Typen der Kampfdrohnen berücksichtigen. Die Kampfdrohne vom Kamikazetyp (oder gar Typ Marschflugkörper), die mit ihrem Sprengstoff ins Ziel fliegt, hat eine mehr oder weniger lange Flugphase in tieferer Höhe, in der sie abgeschossen werden könnte. Drohnen mit Raketen an Bord müssen auch zumindest so tief fliegen, daß die Raketen die restliche Distanz zum Ziel überhaupt überbrücken können. Fliegt die Drohne höher, müssen die Raketen größer sein (mehr Treibstoff), d.h. die Drohne kann weniger von ihnen geladen haben (eingeschränkte Feuerkraft). Übernimmt die Kampfdrohne noch die Zielbeleuchtung durch Laser, weil in der Nähe keine anderen Truppenteile vorhanden sind und weil es sich nicht um Fire and Forget-Raketen handelt, ist eine gewisse Nähe zum Ziel auch notwendig, und damit eine erhöhte Abwehrmöglichkeit. Kampfdrohnen mit Bombenbewaffnung allerdings könnten auch aus den von Ihnen genannten größeren Höhen operieren und sind dann vor Abwehr vom Boden relativ sicher, das stimmt.

    Im Übrigen wird es über kurz oder lang neben den Aufklärungs- und Kampfdrohnen auch Abwehrdrohnen geben, die dann andere Drohnen (auch in größerer Höhe) bekämpfen. Es ist die Frage, ob hier eine preiswerte Herstellung möglich ist, sodaß Guerilla-Armeen sich diese in größerer Anzahl leisten können. Das ist wohl nur eine Frage der Zeit, weil die entsprechenden computertechnischen Komponenten (für Steuerung, Zielerfassung usw.) ja immer billiger und gleichzeitig leistungsfähiger werden.

    Wenn die Presse von anzuschaffenden Kampfdrohnen berichtet, wäre es einmal nicht schlecht, wenn nicht einfach nur pauschal dieser Begriff verwendet wird, ohne die genauen Eigenschaften der Geräte zu nennen, die man da anschaffen will. Die moralische Diskussion kann (und muß) man ja trotzdem noch führen, wenn man dann genauer weiß, worum es eigentlich geht. Allerdings habe ich da wenig Hoffnung… über Euro Hawk wird ja auch dauernd berichtet, ohne daß man genaueres über die technischen Eigenschaften erfährt, selbst über die nicht, die zentral sind für die Frage des Anschaffungsstops.

    Soweit ich das verstanden habe, sind asymmetrische Kriege die Hauptszenarien der näheren Zukunft nach Ansicht der Bundeswehr. Das sind Kriege, in denen eher nicht eine direkte Bedrohung des deutschen Territoriums Auslöser für die Kampfhandlungen ist, sondern eine gemeinsame Beschlußfassung von Organisationen der Völkergemeinschaft, Kräfte, die den Frieden und die Sicherheit in der Welt bedrohen, zusammen mit den Streitkräften anderer Nationen einzudämmen. Hier wird von vielen Seiten eine besondere Verantwortung Deutschlands betont, auch mitzumachen. Einfach alle Bewaffnungen höherer Komplexität künftig zu vermeiden, würde allerdings einen einfachen Ausweg ergeben, weswegen man nicht mitmachen kann… man hat einfach das erforderliche Gerät dazu nicht. Die Frage ist, wie die militärischen Partner und andere diesen Weg dann beurteilen, sich aus der Verantwortung zu stehlen, und was das für Auswirkungen für das Standing Deutschlands in der internationalen Gemeinschaft hätte, von seiner militärischen Sicherheit ganz zu schweigen, für die mit einzutreten andere dann womöglich die Lust verlieren werden.

    Was die Opposition angeht… es ist doch nicht nur in militärischen Fragen so, daß in der Opposition die Tagträumereien mancher Wähler gern bedient werden, beim Wechsel der Opposition in die Regierung allerdings dann so viel Verantwortungsgefühl vorhanden ist, daß man sich eher an den Notwendigkeiten und an der Realität orientiert. Das ist doch genau der Widerspruch, an dem die SPD gerade so zu scheitern droht… linke Wähler können das nicht verstehen, daß die Welt morgen nicht nach weitgehend pazifistischen oder anderweitig linken Prinzipien funktioniert, nur weil man das unbedingt will… sondern vielleicht erst übermorgen. 😉 Wie dem auch sei, ich würde es vorziehen, wenn die Parteien auch schon in der Opposition den Menschen reinen Wein einschenkten und auch dann entlang der Erfordernisse der Realität argumentierten, wenn dies für bestimmte Träumereien mal einen kalten Eimer Wasser bedeutet. Sobald aber einer angefangen hat, den Menschen das Blaue vom Himmel vorzulügen, scheinen alle anderen glauben mitziehen zu müssen, um bei Wahlen nicht völlig ins Hintertreffen zu geraten.

    Die Probleme der SPD wird die CDU übrigens auch bald bekommen… d.h. man muß vor Wahlen der eher konservativen Wählerschaft etwas vorlügen, und in der Regierung dann zunehmend für die Stammwählerschaft viel zu linke Politik machen. Das aber nur nebenbei.

  10. Es gibt noch ein interessantes Nachspiel:
    Die verantwortlichen Vertragsunterzeichner haben aus Absicht oder Nachlässigkeit dafür gesorgt, dass die Elint-Komponente, also das eigentliche Aufklärungsmodul dem Palttformbauer zur „Prüfung und Einsicht“ komplett offengelegt wird…..

    Das könnte auch als Verrat von Industrie- und Staatsgeheimnissen gewürdigt werden. Hoffentlich hat die BW vorgesorgt und ein „Fake-Modul“ in die offenzulegende Variante eingebaut…

    Unglaublich, wenn schon wieder ELOKA- Komponenten an die „Freunde“ verschenkt werden. Dann wird sich natürlich z.B. Die Kommunikation der Drogen-Lords mit den Transporteuren nie aufklären lassen!

    KM

  11. Dieses ganze militärische Gedöns, Sandkastenspiele im Kindergarten, wohl Männer mit großem Omnipotenz-Gehabe, aber kleinem Penis ausgestattet, die den anderen zeigen wollen: Ich habe den Größeren!. Alles Schwachsinn. Was ließe sich mit diesem Geld, für diese im Zerstörungssinne „effektiven“ Instrumente anderweitig an Wohltaten verrichten? Schulen, Bildung, Armutsbekämpfung – national und international, Forschung für bessere Ernährung, sauberes Wasser, saubere Energiegewinnung. Aber nein, stecken wir das Geld, das wir nicht haben, lieber in sinnlose Rüstungsprojekte, schmeißen es in den Rachen der Rüstungsindustrie, und begründen das alles mit der Verteidigung unserer Freiheit am Hindukusch. Ja, geht’s noch?

  12. @Fladung

    Volle Zustimmung.
    Das Verhalten ist vergleichbar mit dem öffentlichen Eingeständnis von Impotenz mancher Männer des bevölkerungsreichsten Landes der Erde, die noch immer daran glauben, zermahlene Entenbürzel würden ihre Potenz heben, derweil der Rest der Welt längst gern auf diese Potenz verzichten würde.

    Es ist die fehlende Manneskraft, die uns in den Abgrund stürzt.

    :-{

  13. Selten habe ich in der FR. einen so gehässigen Beitrag gegen die Linken gelesen, wie ihn Max Wedell (am 29.5., 11:33) schrieb. Dem „linken Lager“ sei es „offensichtlich lieber, dass ein Teil der Flüchtlinge absäuft, … „. Eine solche Unterstellung ist eine Gemeinheit. Nach längerer rein wehrtechnischer Diskussion mit anderen Teilnehmern meint Herr Wedell zusammenfassend: „Kampfdrohnen der Bundeswehr sind für die Bekämpfung von militärischen Zielen vorgesehen. Punkt.“ Leute, die Waffen grundsätzlich für überflüssig halten, sind nach Wedell „wenig ernst zu nehmen“. Das erinnert mich (Jahrgang 22) an die Zeit vor der Wiederbewaffnung Deutschlands. Damals waren die meisten Menschen und fast alle Parteien überzeugt, dass es nie mehr deutsche Soldaten geben dürfe. Franz-Joseph Strauß meinte sinngemäß, “die Hand, die wieder ein Gewehr ergreift, solle verdorren”. Später war Adenauer gegen diese Sonderrolle Deutschlands, ich dafür,- und bin es heute noch.
    Sind wir vor dem Hintergrund unserer Geschichte nicht berechtigt, ja, verpflichtet, diese Sonderrolle einzunehmen, etwa für eine Entmilitarisierung internationaler Politik? Ist der Gedanke so abwegig, dass das Bedenken unserer Geschichte bei uns Lernprozesse in Gang gesetzt hat, die zu ganz neuen, von der Staatengemeinschaft nicht erwarteten Perspektiven führten? Etwa Deutschland als entmilitarisiertes Land in der Mitte Europas, als Land, das die bisher für das Militär verschwendeten Milliarden nun für Kindertagesstätten, Schulen, die Energiewende,…, allgemein für zukunftssichere Arbeitsplätze verwendet. Man stelle sich die positive Signalwirkung einer solchen Zivilisierung von Politik und Wirtschaft auf die Menschen in der Staatengemeinschaft vor! Haben Sie, Herr Wedell, den Eindruck, dass durch die Existenz moderner Waffen und vieler hochgerüsteter Armeen die Welt sicherer geworden ist? Nicht nur die Zahl kriegerischer Auseinandersetzungen nahm seit 1950 kontinuierlich zu. Auch die Fähigkeit, durch einen Atomkrieg alles biologische Leben auf der Erde auszulöschen (Overkill), ist schließlich ein Erfolg moderner Waffentechnik. – Und da halten Sie Menschen, die grundsätzlich gegen Waffen sind, die nur zum Töten von Menschen dienen, für Tagträumer. Wer träumt hier?

  14. @ Kurt Kress herzlichen Applaus! Sie sprechen mir aus tiefster Seele. Bei Ihnen paaren sich Vernunft, Erfahrung, Klugheit, Achtung vor der Natur und den Menschen. Die Kriegs- und Abwehrlogik mag zunächst schlüssig klingen, die Menschlichkeit bleibt dabei immer auf der Strecke.

  15. Hallo Herr Kress,

    es gehört zu den ganz üblichen Vorgehensweisen im „linken Lager“, nicht-Linken, egal ob Konservativen oder Liberalen, vorzuwerfen, in der Verfolgung eigener Interessen über Leichen zu gehen, oft im wahrsten Sinne des Wortes. Linke schrecken jedenfalls nicht allein deshalb davor zurück, solche Vorwürfe zu äußern, weil die Beschuldigten das als Gemeinheit empfinden. Dreht man den Spieß einmal um, scheint das auf einmal unerträglich zu sein. Und zwar auch wenn man detaillierte Aufstellungen über die Motivationslagen macht, von denen ja jeder sich selber überlegen kann, ob er sie für plausibel hält.

    Ich persönlich jedenfalls halte nicht nur ausschließlich rechte oder liberale Politiker für in der Lage, zweifelhafte Politik zu machen, wenn dies den eigenen politischen Interessen nützt, sondern linke Politiker können das mindestens genauso gut wenn nicht sogar besser. Sorry, wenn solche Vorstellungen ihr Weltbild durcheinanderbringen sollte.

    Was die „Sicherheit der Welt“ angeht, so hat sie in einer langfristigen Gesamtbetrachtung stetig und außerordentlich zugenommen. Zu diesem Ergebnis muß man jedenfalls kommen, wenn man als Kennzahl den Anteil der Personen an der Gesamtbevölkerung nimmt, die durch kriegerische Auseinandersetzungen ums Leben kommen. Im 20. Jahrhundert starben 3% und damit weniger Menschen als in jedem Jahrhundert zuvor durch Kriege oder Massenvernichtung… trotz 1. & 2. Weltkrieg. Zur Erinnerung: Im Dreißigjährigen Krieg wurde ein Drittel der Bevölkerung getötet. Verschiedene Naturvölker haben heute noch ähnlich hohe Werte von ca. 30% Sterbefällen aufgrund kriegerischer Auseinandersetzungen. Archäologische Untersuchungen zeigten, daß das Kriegführen auch bei unseren Vorfahren zu vergleichbaren Sterberaten führte. Nochmal, der Gesamttrend zeigt eine ausgeprägte Tendenz der Menschheit zum friedlichen, gewaltfreien hin. Was allerdings mehr als ein wenig durch die Tatsache verschleiert wird, daß heute ja fast schon jeder einzelne Tode medial berichtet und archivlich dokumentiert wird, während das noch vor 40 Jahren weit weniger der Fall war und vor 80 Jahren noch weniger.

    Wahr ist aber auch, daß die Sterberate noch nicht bei dem Wert liegt, der wünschenswert wäre, da haben Sie recht… 0% sind noch nicht erreicht, aber wir steuern darauf hin, und zwar trotz Waffen… oder sogar vielleicht wegen der Waffen?

    Ich persönlich halte das Thema Waffen in solch einer Diskussion für eher irrelevant. Ob jemand friedliebend ist oder nicht, hängt nicht davon ab, ob er eine Waffe besitzt. Niemand, der friedliebend ist oder Aggression verabscheut, wird, drückt man ihm eine Waffe in die Hand, dann sagen: Ach jetzt habe ich diese Waffe, jetzt kann ich ja mal jemanden damit umbringen. Eine friedliche Welt ist eine Welt, in der sich der Gedanke allgemein durchgesetzt hat, daß die friedliche Regelung von Konflikten den kriegerischen vorzuziehen ist… egal, ob es in dieser Welt sonst noch Waffen gibt oder nicht. Eine Welt für möglich zu halten, in der rein gar kein Land auch nur irgend eine Bewaffnung hätte, die andere bedrohen könnte, halte ich hingegen tatsächlich für Tagträumerei. Dazu stehe ich. Und insofern halte ich es für völlig unmöglich, auf einem Königsweg der Abschaffung von Waffen zu einem verbreiteten, allgemeinen Frieden zu kommen.

  16. @Karl, #10

    Mit ELINT wird aber die Erfassung und Auswertung von elektromagnetischen Signalen gemeint, die nicht der Kommunikation dienen (üblicherweise, aber nicht nur, Radaraufklärung). Kommunikation von Drogenlords mit Transporteuren erzeugt hingegen Signale, deren Erfassung allenfalls mit COMINT-Systemen stattfinden kann.

    Daß USA mit afghanischen Drogenbaronen gemeinsame Sache macht, was Sie scheinbar andeuten, ist eine durch keinerlei Beweise gedeckte Verschwörungstheorie.

  17. Lieber Max Wedell,

    ich hab schon bewußt ELINT geschrieben.Sie kennen doch sicher passive Ortungsverfahren durch Abstrahlungsnutzung von Sekundärquellen?

    KM

  18. @Max Wedell, 13:30: Zu Ihren letzten Sätzen: Ich sprach nicht von einer Welt ohne Waffen, sondern von einer Bundesrepublik ohne Armee und der Hoffnung, dass von den sich daraus ergebenden Vorteilen für unser Leben eine Signalwirkung ausgeht, die weitere Völker überzeugen könnte, dass eine entmilitarisierte Lebensweise doch erstrebenswerter ist, als eine viel Geld verschlingende, modern ausgerüstete Armee. Im Übrigen ist der Entwurf einer Außenpolitik ohne militärische Rückendeckung kein Patentrezept für die Herstellung des Weltfriedens. Eine Entmilitarisierung als Vorleistung ist immer ein Wagnis, ein Risiko, das Pazifisten bereit sind einzugehen, weil sie es für deutlich geringer erachten als das Risiko, das eine mit Waffen gut versorgte, konfliktträchtige Staatengemeinschaft mit gewaltbereiteten Politikern und Overkill – Kapazität darstellt.

  19. @ Kurt Kress,

    sie relativieren jetzt einiges; was aber die ursprüngliche Frage angeht, ob Menschen weltfremd sind, die den Einsatz von Waffen GRUNDSÄTZLICH ablehnen, nur weil die andere Menschen töten, so kann man das schnell feststellen… solche Personen müssten ja auch den Einsatz von Waffen bei der Polizei ablehnen, denn auch die töten ja im ungünstigsten Fall andere Menschen. Was aber ist die Idee einer Polizei, die alle Schußwaffen eingemottet hat… vernünftig oder weltfremd? Und bitte nicht vergessen, daran zu denken, daß in solcherart Szenario jeder Verbrecher sich durch Schwenken seiner Pistole eigenmächtig und ziemlich effektiv Straffreiheit zusichern kann. Oder glauben Sie, daß die Verbrecher dann, erschüttert ob der Großmut der Polizei, selber auf Waffeneinsatz verzichten, und fürderhin nur noch durch das Werfen von Wattebällchen den Erfolg ihrer Flucht o.ä. sicherstellen werden?

    Die von Ihnen in #18 behauptete Entmilitarisierungs-Kettenreaktion, nachdem einer mal angefangen hat, wird es nicht geben. Es könnte sie vielleicht geben, wenn alle Länder, ohne Ausnahme, ihre Armeen nur als Instrument der Verteidigung sehen. Die Länder, die in einer Armee auch eine Option für einen Angriff sehen, werden durch die Entmilitarisierung Deutschlands, d.h. die freiwillige Abschaffung der Option auch einer Angriffsmöglichkeit, nicht im geringsten beeindruckt werden (unabhängig davon, daß im speziellen deutschen Fall diese Option durch grundgesetzliches Verbot gar nicht besteht). Im Gegenteil, dort wird man sagen: Die sind ja vielleicht blöd. Ebenso werden Länder, die sich in der militärischen Einflußsphäre solcher Länder befinden, die Angriff für eine Option halten, ebenfalls nicht Deutschland nacheifern. Oder meinen Sie, daß etwa Israel sich dann ebenfalls entmilitarisieren würde, „weil das in Deutschland, zwischen Dänemark und Schweiz, zwischen Belgien und Polen gelegen, so gut geklappt hat“?

    Je mehr die „reiferen“ Länder wie D, die aus jedem Militäreinsatz eine große Gewissensfrage machen und ihren Möglichkeiten dabei selber enge Grenzen setzen, sich durch Entmilitarisierung um ihre militärischen Eingriffsmöglichkeiten in einer Gemeinschaft mit anderen bringen, z.B. im Rahmen der UNO, d.h. mit Zustimmung der Völkergemeinschaft, desto mehr wird das Feld freigeräumt dafür, daß Länder, die Angriff für eine Option halten, auf der Welt ungehindert nach ihrem Willen verfahren können. Eskaliert das im Einzelfall, zuckt der Pazifist dann hilflos mit den Achseln: „Hab ich doch schon immer gesagt, Militär ist schlimm.“ So einfach kann man es sich machen.

    Es ist mehr als verwegen, zu sagen, daß es solche Länder, die Angriff als Option sehen, nicht gibt, oder gar noch weiterzugehen und zu sagen, daß es künftig solche Länder niemals und nirgendwo geben wird. Man muß noch nicht einmal in Zeit und Raum weit schweifen, um solche Fälle aufzufinden, siehe ex-Jugoslawien.

    Hallo Karl,
    helfen Sie mir bitte mal auf die Sprünge. Mit welchen Strahlen von welchen (Sekundär)quellen kommunizieren War-Lords mit ihren Drogenkurieren in Afghanistan?

    Mit Erfassung und Auswertung von Radaraufklärung meinte ich übrigens nicht den Fall, in dem man selber Radar zur Ortung feindlichen Kampfmaterials einsetzt (aktiv), sondern die passive Erfassung und Auswertung der feindlichen Radaraufklärung… wie auch Einsatzszenarien von ELINT, die nicht im bloßen passiven Abhören bestehen, mir nicht bekannt sind. Aber ich bin auch nur Laie. Vielleicht gibt es, analog zur Fälschung und dem Unterjubeln von Kommunikation, was dann naturgemäß aktive Eingriffe bedeutet, auch schon Fälschung von Radarreflexionen oder anderen elektromagnetischen Signalen. Ich weiß aber nicht, ob das dann noch ELINT genannt wird, denn das hat mit Aufklärung des Gegners ja eher wenig zu tun, sondern eher etwas mit Täuschung und Verwirrung des Gegners.

  20. P.S.

    Experten in solchen Dingen könnte man ja auch mal fragen, ob die Tatsache, daß die Polizei bewaffnet ist, auch evtl. auf sexuelle Defizite hinweist.

  21. @wedell

    Nicht die Tatsache der Bewaffnung, sondern die Freud’sche Theorie weist darauf hin.

  22. Lieber Herr Wedell,
    ganz so naiv, wie Sie denken, bin ich nicht. Es war wohl klar, dass ich bezüglich der Waffen von Armeen sprach, nicht von nationalen Polizeirevier (die Bemerkung von Polizei und Wattebällchen hätten Sie sich sparen sollen, passt nicht in unseren Disput).

    Die Entmilitarisierung der Politik ist ein Fernziel, dass nur, wenn überhaupt, in kleinen Schritten erreicht werden kann. Ein solcher Schritt wäre z.B. unser Verzicht auf Drohnen. Über die Wirkung einer schrittweisen Entmilitarisierung Deutschlands auf andere Länder bzw. Völker sind wir unterschiedlicher Meinung. Sie meinen, die Länder (wer ist das) werden sagen, „die sind ja vielleicht blöd“. Ich meine dagegen die Menschen in anderen Ländern, die sich von unserem neuen Lebensstil beeindrucken lassen und so unter Umständen ihre Regierung unter Druck setzen können. Dass die Zivilgesellschaft immer stärker versucht, ihre Rechte durchzusetzen, auch gegenüber Despoten, erleben wir zur Zeit immer öfters, ein Grund zu vorsichtigem Optimismus.

    Im Übrigen nannte ich zwei Risiken und begründete, weshalb ich die überrüstete Welt mit Overkill-Kapazität und andauerndem Wettrüsten für das Größere halte. Es würde mich interessieren, wie Sie in dieser Situation die Überlebenschance der Menschheit beurteilen und begründen.

  23. Lieber Herr Kress,

    für mich gibt es in der heutigen Lage für Deutschland keinen wesentlichen prinzipiellen Unterschied zwischen Militär und Polizei mehr, vom Einsatzgebiet mal abgesehen.

    Daß es ein „dauerndes Wettrüsten“ gibt, kann man auch bezweifeln. Nehmen Sie mal „Euro Hawk“. Ein schludrig Denkender (ohne das Ihnen vorwerfen zu wollen, aber solche gibt es mehr als zu wünschen wäre) mag „Euro Hawk“ für ein Zeichen eines solchen Wettrüstens halten. In Wahrheit aber löste „Euro Hawk“ (bzw. die jetzt noch zu bestimmenden Ersatzsysteme) ein anderes System ab, welches EINGEMOTTET wurde. Es mag sein, daß in diesem Fall (Elektronische Aufklärung) die eine oder andere erweiterte Fähigkeit hinzukommt, aber doch nur aufgrund eines technischen Fortschritts. Wenn Sie Ihren Computer abschaffen, und 10 neue kaufen, haben Sie „aufgerüstet“. Wenn Sie einen alten Computer von 1990 abschaffen und einen neuen Computer von heute kaufen, haben Sie nicht aufgerüstet. Nicht nur hat die Bundeswehr durch Euro Hawk nicht aufgerüstet, sondern die Bundeswehrreform ist insgesamt ein größeres ABRÜSTUNGS-Projekt. Die Bedrohungslage hat sich nach Ende der Sowjetunion verändert, und die neue Aufstellung der Bundeswehr spiegelt das wieder. Große stehende Heere etwa mit größeren Panzerverbänden sind nicht mehr sinnvoll, was aber die neue Lage angeht, so habe ich die in #9 schon beschrieben… die Erfordernisse an Waffensysteme, Mannstärken und deren Ausbildung usw. werden daraus abgeleitet.

    Was die atomare Overkill-Kapazität angeht… so hat mich die bisher noch nie sonderlich beunruhigt, denn ich war bisher immer fest davon überzeugt, daß die Länder, die solche Waffen besitzen, ihren Einsatz mit der gebotenen Rationalität und Verantwortung behandeln… d.h. sicherstellen, daß dieser rein defensiv ist, und darüber hinaus auch nur im Fall von offensivem Atomwaffeneinsatz anderer stattfindet. Es mag sein, daß in Zukunft neue Länder hinzukommen, die das nicht mehr rational und mit der gebotenen Verantwortung sehen, aber aus technischen Gründen wird es hier nicht so schnell zu Overkill-Kapazitäten kommen. Gleichzeitig gibt es aber auch verbreitet Anti-Proliferationsbemühungen, die das Streben einzelner Länder nach Atomwaffen konterkarieren. Das begrüße ich sehr. Die wiederholten Versuche Westerwelles, sich für den Abzug aller Atomwaffen auf deutschem Territorium einzusetzen, wurden von der Presse weitgehend ignoriert, und daher kam dazu eine gesellschaftliche Diskussion nicht in Gang, die Westerwelle Rückenwind geben und etwas hätte bewirken können. Man hat halt was gegen den Mann, seit seiner spätrömischen Dekadenz!

    Summa summarum: Die Überlebenschancen der Menscheit sehe ich nicht im geringsten durch Waffen gefährdet, und zwar selbst dann nicht, wenn die Bundeswehr demnächst 16 Flugkörper beschaffen sollte, die Raketen abschießen können.

    Ihren vorsichtigen Optimismus teile ich ansonsten nicht. Die von mir in #15 aufgezeigte ganz langfristige positive Entwicklung ist eine, die auch reversibel sein könnte, wenn die Geschehnisse nur großformatig genug sind. Beispielhaft sei das Ende des Öls genannt. Auch Entwicklungen in einzelnen Ländern, die jetzt gerade vielleicht Anlaß zu Hoffnungen geben, sind nicht irreversibel. Man denke einmal an das Auftauchen Khomeinis in Iran und das nachfolgende Regime. Auch in Ländern wie Ägypten geht ja keiner die eigentlichen Probleme an, die in der Demographie begründet liegen. Die werden sich daher drastisch verschärfen, und wer weiß, wer dann noch einmal an die Macht gelangt. Als sich die Probleme in Deutschland einmal drastisch verschärften, war es ein Mann namens Hitler.

  24. @ 21.

    Eine Anmerkung zur Polizei.

    Defizitäre Spekulationen sind hier wenig hilfreich, und Weltfremdheit oder Desinteresse keine Entschuldigung wenn es um die Funktion eíner Ordnugsbehörde geht.

    Wer einbe „Polizei“ mit Garantenstellung will die hoheitlich tätig sein soll und der Gefahrenabwehr dient, muss sich über eine Sortiment von Hilfsmitteln zur Anwendung von Zwang auch nicht wundern!

    KM

  25. @BvG, #21

    Eine „Freudsche Theorie“ dazu gibt es gar nicht, sondern von Freud ist die Vorstellung erhalten, daß Waffen, wie überhaupt alle länglichen Gegenstände (wie Regenschirme oder Zeppeline) ein Symbol für den männlichen Penis sind. Daraus kann man dann alles mögliche konstruieren. Eine positive Fixierung auf Waffen kann zu Spekulationen Anlaß geben, wie Fladung und Sie sie äußerten (wie Freud selber sie aber m.E. selber niemals äußerte). Eine negative Fixierung (also eine prononcierte Abneigung von Waffen) kann aber aufbauend auf dieser Symbolik doch nicht minder gedeutet werden… vielleicht hat der Betreffende (z.B. Pazifist) einmal zufällig als Kind die Eltern beim Geschlechtsakt gesehen, und durch den Anblick des erigierten Penis damals einen Schreck fürs Leben erhalten, der sich jetzt auf die Penissymbole, z.B. auf die Waffen, überträgt. Vielleicht aber bemerkte er einmal zu oft aus dem Augenwinkel ein Amüsement einer Frau bzgl. seines besten Stückes. Jetzt rächt er sich, indem er die „besten Stücke“ anderer verachtet, und wählt dazu die Waffen wg. ihrer Symbolbedeutung.

    Sie sehen, eine solche freudsche Diskussion kann amüsant sein, bringt aber inhaltlich wohl nicht viel weiter, weil sie nur zu ziemlich unbeweisbaren gegenseitigen Anschuldigungen führt, wo genau der andere nun seine lockere Schraube sitzen hat.

    @all,

    Die krampfhaften Versuche, De Maiziere zu demontieren, nehmen kein Ende. Hier noch einmal rekapituliert, was eigentlich geschah:

    Es gab ein Entwicklungsprojekt „Euro Hawk“, welches nach Ausgabe von 662 Millionen Euro gestoppt worden ist. Dieses Entwicklungsprojekt hatte mehrere Ziele. Eines der Ziele war die Entwicklung eines elektronischen Aufklärungssystems namens ISIS. Dieses Ziel ist erreicht worden, ein voller Erfolg. Deutschland hat mit ISIS jetzt ein modernes elektronisches Aufklärungssystem mit einzigartigen Fähigkeiten. Die Kosten für Entwicklung und Erprobung von ISIS liegen bei 360 Millionen Euro (mehr als der Hälfte der Gesamtkosten).

    Ein weiteres Ziel des Entwicklungsprojekts war die Beschaffung eines Drohnenprototypen, mit dem die Erprobung von ISIS stattfinden sollte, aber auch die Eruierung sowie sonstige Vorbereitung der Anschaffung von 4 weiteren Drohnen. Die Kosten dafür sind die restlichen 302 Millionen Euro. Auch dieser Teil des Projekts ist weitgehend erfolgreich verlaufen, der Prototyp wurde erhalten, erhielt eine vorläufige Verkehrszulassung und konnte (und kann weiterhin) zur Erprobung (und sogar auch zum Einsatz) von ISIS verwendet werden. Das Ziel des Entwicklungsprojekts, den späteren Kauf von 4 „Serien“-Drohnen vorzubereiten, wurde hingegen nicht erreicht, denn man stellte im Verlauf des Projekts die bekannten Zulassungsprobleme fest, und entschied sich gegen diesen Kauf.

    Für die geplante Serienbeschaffung der 4 weiteren Drohnen wurde KEIN CENT ausgegeben, denn es bestand ja noch überhaupt kein Kaufvertrag dazu… der sollte ja erst entstehen, NACHDEM im Entwicklungsprojekt die Eignung dieser Plattform überhaupt festgestellt wurde. Hier ist dem Steuerzahler also nicht der geringste Schaden entstanden.

    In Bezug auf den Schaden für den Steuerzahler taucht nun die Frage auf, welche Teilbeträge der für den Erprobungs-Prototypen der Trägerplattform bisher ausgegebenen 302 Millionen Euro tatsächlich leichtfertig ausgegeben wurden. Derzeit diskutiert man von Seiten der Opposition, De Maiziere hätte schon im März, oder gar im Januar wissen müssen, daß die Serienbeschaffung nicht sinnvoll war. Hier der Betrag, der hätte gespart werden können, wenn De Maiziere im Januar die Drohnenerprobung gestoppt hätte, statt erst Ende Mai:

    1.034.892 Euro (Zahlungen für Leistungsanteile Luftfahrzeug 2013)

    Na, das ist ja ein schöner Batzen Geld. Wirklich enorm.

    Nun behaupten manche, man hätte schon Anfang 2012 wissen müssen, daß es nicht zur Serienbeschaffung der 4 Euro Hawk-Drohnen kommen kann. Aus dem Zeitablauf, den De Maiziere berichtete, geht dies zwar nicht im geringsten hervor, aber man kann bei der Lektüre dieses Ablaufs doch den Eindruck bekommen, daß man vielleicht zeitlich ein wenig straffer hätte vorgehen können, d.h. zügiger arbeiten können (dieser Eindruck kann aber auch täuschen, wenn man die Komplexität der technischen Sachverhalte, um deren Prüfung es hier geht, unterschätzt). Welcher Betrag hätte also zusätzlich zur oben genannten 1 Mio. Euro noch gespart werden können, wenn De Maiziere schon Anfang 2012 den Stop verfügt hätte?

    36 Millionen Euro (Zahlungen für Leistungsanteile Luftfahrzeug 2012)

    Anfang 2012 war demnach also der Löwenanteil für das Teilprojekt Trägerplattform in Höhe von 302 Mio. Euro ausgegeben worden… kein Wunder, hatten die umfangreichen Vorbereitungen in USA, die Besitzübertragung des Prototypen, Überführungsflug, Aufbau Infrastruktur am Boden zur Fernsteuerung usw. ja schon längst stattgefunden, also die eigentlichen Kostenfaktoren.

    Gut, nun haben wir also auf der einen Seite eine eventuelle fahrlässige Verschwendung von 1 Mio. (2013), oder vielleicht sogar 37 Mio. (2012 & 2013) Euro.

    Was machen nun die Medien aus der anderen Seite daraus?

    „Die gigantische Summe von 688 Millionen Euro wurde verschleudert, so lautet der Vorwurf, nachdem de Maizière das Rüstungsprojekt „Euro Hawk“ gekippt hat.“ (Steffen Hebestreit, FR)

    „Tatsächlich wurde [Euro Hawk] ein großes, schwarzes Loch, in dem bisher die gigantische Summe von 688 Millionen Euro verschwunden ist.“ (Bronski, FR)

    Ein großer Teil der Medien kolportiert ähnliche Unwahrheiten. Offensichtlich gehört es nicht zum Eigenbild von Journalisten, die sich selber vermutlich jederzeit als höchst gewissenhaft einstufen würden, tatsächliche Sachverhalte im Verlauf ihrer Arbeit prüfen zu sollen, sondern der Berufsethos hat sich hier dem der Bildzeitungsjournalisten angenähert: Hauptsache Schock, Horror, Entsetzen… die müssen wir herbeischreiben, meint man ganz offensichtlich. Die Opposition springt freudig auf den Zug.

    Daß eine Kampagne dieser Art besonders von links, die eine sachliche Auseinandersetzung komplett vermeidet und auf dem Herbeten von maßlosen Übertreibungen oder stellenweise blanken Unwahrheiten basiert, nun ausgerechnet zu einem Zeitpunkt darauf abzielt, die Regierung zu schwächen, zu dem Wahlen bevorstehen… wen wunderts. In eher rechten Medien hingegen scheint man von einer Scheue befallen, mal GEGEN das zu schreiben, was alle anderen auch schreiben, oder verfolgt gar das Motto: Sensation verkauft sich besser. Daß Schlamperei im Verteidigungsministerium den Steuerzahler 1 Mio. Euro oder vielleicht auch 37 Mio. Euro kosteten, hat halt nicht das Zeug zu einem großen Aufreger, der die Auflage steigert.

    Daß aber De Maiziere und sein Ministerium nicht in der Lage sind, die von mir zusammengefassten Sachverhalte anders als in hölzernem Beamtendeutsch und in 80-seitigen komplizierten Berichten in viele Einzelfakten verteilt darzustellen (und damit für unsere Journalisten praktisch unauffindbar), nicht in der Lage zu sein scheinen, das Geschehene in kurzen, knappen und klaren Worten darzustellen, daß sogar unsere Journalisten es verstünden, bleibt für mich ein Rätsel.

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