Schwächung des Parlaments

Vermutlich hat Alexander Dobrindt, seines Zeichens CSU-Generalsekretär, seine Aussagen bei Günther Jauch genau kalkuliert. Er sprach sich dafür aus, alle 76 Bundestagsabgeordneten der Linken vom Verfassungsschutz überwachen zu lassen. „Es wäre richtig, die Beobachtung zu intensivieren, dass alle beobachtet werden und dass man dies auch in allen Bundesländern tut“, sagte der CSU-Politiker. „Wesentliche Teile der Partei lehnen das Grundgesetz ab.“ Natürlich könne am Ende auch der Gang nach Karlsruhe stehen und sich die Frage nach einem Verbotsantrag stellen.

Ein Generalsekretär, der es nicht schafft zu polarisieren, ist kein guter Generalsekretär. So einer muss die Reflexe kennen, die von links ebenso wie die aus den eigenen Reihen. Der muss wissen, was er auslöst, wenn er sowas sagt. Abgesehen davon, dass er daran interessiert sein muss, sich selbst in die Schlagzeilen zu bringen. Und damit seine Partei. Denn darum geht es eigentlich in einer Zeit, in der die CSU – rund eineinhalb Jahre vor der Landtagswahl – in Umfragen bei etwa 44 Prozent steht.

Natürlich funktionierten die Beißreflexe der Linken auch jetzt wieder. Aber ob die Dobrindt-Attacke ihr eigentliches Ziel erreicht? Ist die Linkspartei wirklich noch dazu geeignet ist, die Wählerschaft hinter der CSU zu vereinen? Diese Rote-Socken-Kampagne wirkt auf mich wie das Ergebnis purer Einfallslosigkeit. Wo ist denn die Linkspartei zurzeit glaubhaft eine Gefahr für die demokratische Kultur Deutschlands? Die führenden Funktionäre zerfleischen sich lustvoll im Kampf um die Parteiführung, die Linke ist mehr mit sich selbst beschäftigt als mit den Belangen ihrer Wählerinnen und Wähler. Und dies in  Zeiten, die eine Steilvorlage nach der anderen für die Linke liefern, was Kapitalismus- und Systemkritik betrifft. Es müsste eigentlich Hochkonjunktur für die Linke sein. Na gut, immerhin kriegt sie es noch hin, ihre bewährten Dampfplauderer in die TV-Talkshows zu schicken und so den Anschein zu erwecken, dass sie politisch arbeite.

Mag sein, dass hier und da hinter verschlossenen Türen – egal, wie die jeweilige Gruppierung innerhalb der Linke gerade heißen mag – radikale Thesen vertreten werden, die tatsächlich eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz rechtfertigen. Aber darum geht es Dobrindt nicht. Ihm geht es darum, von der eigenen Schwäche abzulenken und dadurch stärker zu erscheinen. Das ist alles. Man sollte solches Gebell nicht zu ernst nehmen.

Stefan Otto aus Rodgau:

„Bisher konnten keine Aktionen irgendwelcher Extremen, gleich welcher Couleur, verhindert werden. Da halfen auch nicht die zahlreichen V-Leute im sogenannten rechtsextremen Lager. Deshalb sind die Vorgehensweisen und Ergebnisse des Verfassungsschutzes als äußerst bedenklich zu bewerten.
Ab wann steht der Bürger im Fokus der Beobachtungen? Ist es dann, wenn er sich als Verfechter eines Kaiser- oder Königreiches hervorhebt? Ist es dann, wenn er sich engagiert für den Mindestlohn einsetzt und dabei mit Angehörigen der Bundestagsfraktion der Linken korrespondiert? Ist es dann, wenn er gleichgeschlechtliche Ehepartnerschaften und deren gesetzliche Gleichstellung ablehnt? Ab wann fangen die Gesinnungsschnüffler an, sich für ihn zu interessieren?
Wir haben wunderbare Gesetze. Doch es kommt mir zunehmend vor, als wenn jene mehr und mehr unter dem Deckmantel irgendwelcher imaginären Szenarien eingeschränkt oder zumindest aufgeweicht werden. Welche freiheitlich demokratische Grundordnung, die es zu verteidigen gilt, meint in diesem Zusammenhang eigentlich Herr Dobrindt? Muss man im Gleichschritt Marsch nebeneinander wieder herlaufen?
Ich will schon sagen dürfen, was ich meine. Und dabei möchte ich nicht gleich irgendwo in einer Kartei oder Datei landen. Wer garantiert das? Der Bundestag?“

Thomas Fix aus Frankfurt:

„Dass frei und demokratisch gewählte Abgeordnete der Linksparteifraktion beobachtet und überwacht werden, ist ein Unding. Werden denn die NPD-Abgeordneten in den ostdeutschen Landtagen auch beobachtet und mit der gleichen Intensität? Und was war eigentlich mit den Mitgliedern von CDU/CSU und FDP, die früher einmal rechtsextrem waren und diesen Parteien beitraten? Eine Gefahr der Unterwanderung hätte ja auch bestehen können.
Abgeordnete vertreten bekanntlich das Volk. Wenn man bestimmte Abgeordnete beobachtet oder stigmatisiert, dann sagt das nichts anderes aus, als deren Wähler ebenfalls zu stigmatisieren. Ein freies Parlament kann nur auf Vertrauen aller Mitglieder begründet sein. Wer beobachtet wird, dem wird vom Kollegen und dem Wähler gegebenenfalls weniger getraut oder eher misstraut. Damit schwächt man nicht nur das Parlament, sondern auch dessen kritische Köpfe und letztlich auch die Demokratie.“

Manfred Kirsch aus Neuwied:

„Es ist schon eine Unverfrorenheit, wie CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt den Versuch unternimmt, mit einer Forderung nach dem Verbot der Linkspartei den politischen Gegner zu kriminalisieren. Die Forderung dürfte vielmehr die Frage nach der Verfassungskonformität der CSU aufwerfen. Unser Grundgesetz beinhaltet keine Festlegung auf eine Wirtschaftsordnung, und deshalb ist die Forderung nach einer demokratisch sozialistischen Gesellschaftsordnung nicht nur verfassungsgemäß, sondern könnte aufgrund bestimmter Grundgesetzartikel sogar als Verfassungsauftrag interpretiert werden. Ich denke hierbei etwa an den Artikel 14, der eindeutig aussagt, dass Eigentum sozialpflichtig ist. Hier klafft in dieser Republik noch eine große Lücke zwischen Verfassungsauftrag und verfassungswirklichkeit. Die CSU und Alexander Dobrindt sind, genauso wie große Teile des bundesdeutschen Verfassungsschutzes, nicht in der Zeit des kalten krieges steckengeblieben. Ihr reaktionäres Verfassungsverständnis spottet jeder Beschreibung. Die Tatsache, dass wir es hierzulande mit einem gefährlichen Terrorismus von rechts zu tun haben, macht die Forderung Dobrindts noch schlimmer.“

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59 Kommentare zu “Schwächung des Parlaments

  1. Alexander Dobrindt – der Brandstifter im Biedermann-Look
    mit pseudointellektueller Hornbrille auf der Nase. Fragt sich nur, welche Art von Wählern der Möchtegern-Strauss von wem weg und wohin treiben will, wenn er selbst einen Herrn Friedrich, im Vergleich zu sich, als nüchtern-abwägend erscheinen lässt. Übrigens: Zum Strauss-Format fehlt dem Herrn so ziemlich alles, nicht nur der berühmte Doppelwipper, um die eigene Bedeutsamkeit zu unterstreichen. Mit diesem Auftritt ist Herr Dobrindt nicht einmal satirefähig.

  2. Werden Abgeordnete der Partei „Die Linke“ vom Verfassungsschutz observiert, dann freut man sich bei CDU/CSU – wird umgekehrt die NPD von V-Leuten des Verfassungsschutzes infiltriert, findet das die Linke gut. Über Aktivitäten des VS „im eigenen Lager“ sind alle gleichermaßen empört.

    Es ist an der Zeit, die Rolle, die Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz spielen, einmal generell einer kritischen Überprüfung zu unterziehen – unabhängig von ihrer aktuellen Arbeit.

    In weiser Voraussicht haben die Mütter und Väter des Grundgesetzes die Kompetenz zum Verbot einer Partei dem Bundesverfassungsgericht zugewiesen. In Art. 21 Abs. 2und GG heißt es:

    „(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht.
    (3) Das Nähere regeln Bundesgesetze.“

    Allzu groß wäre die Versuchung für eine Bundes- oder Landesregierung, lästige Parteienkonkurrenz kurzerhand zu verbieten. Den Begriff der „Verfassungsfeindlichkeit“ kennt das Grundgesetz nicht. Durch eine Observation politischer Parteien anhand dieses Kriteriums durch den VS wird die zitierte grundgesetzliche Vorschrift umgangen. Was heißt „verfassungsfeindlich“ im Gegensatz zu „verfassungswidrig“? Wer entscheidet darüber, wer „verfassungsfeindlich“ ist? Gerade die doch sehr unterschiedliche Handhabung der Beobachtung der Partei „Die Linke“ (oder von deren Funktionsträgern und Abgeordneten) durch die einzelnen Landesämter des VS je nach der politischen Ausrichtung der vorgesetzten Landesregierungen zeigt, dass der VS politisch instrumentalisiert wird
    und nicht nach allgemeingültigen Kriterien tätig ist.

    Die bloße Beobachtung durch den VS setzt weder rechtswidriges noch strafbares Verhalten voraus, umgekehrt führt die Beobachtung nicht zum Verbot einer beobachteten Partei. Die Beobachtung durch den VS hat aber mittelbare Konsequenzen, als sie bei Bürgern und Wählern zu einer Diskreditierung des Beobachteten führen kann.

    Ich halte diesen Zustand für unbefriedigend: Entweder eine Partei ist verfassungswidrig – dann ist sie auf Antrag vom BVerfG zu verbieten; oder aber, wenn dies nicht der Fall ist, muss sich eine Partei frei von staatlichen Diskreditierungsversuchen betätigen können.

    Welchen Nutzen hat die Arbeit des VS bisher eigentlich erbracht?

    Der Verbotsantrag gegen die NPD vor dem BVerfG scheiterte, weil die NPD dermaßen von V-Leuten des VS unterwandert war, dass sich die Frage einer Lenkung der NPD durch den Staat stellte. Auch im Fall des „Zwickauer Trios“ spielte der VS eine eher dubiose, bis heute nicht aufgeklärte Rolle. Offenbar hat er keinen Mordanschlag verhindern können.

    Es sollte überlegt werden, die VS-Ämter aufzulösen.

  3. Tja. Die ganze Chose erinnert an die Rolle des Hofnarren, die in diesem Fall die Linke ausübt, einschliesslich der Reste linker Presse und – vorwiegend – linker Kabarettisten. Mal lustig wäre ein Meßversuch, was Menschen wie Urban Priol oder Georg Schramm an Bruchteilen von Prozenten beim Wählerverhalten bewirken. Man darf schimpfen, wettern, aufdecken, den Vergleich mit den Artikeln des GG bemühen, allein – es nützt nichts. Der Hofnarr wird, mehr oder weniger gnädigst, belächelt, und darf sein Possenspiel treiben – es gehört zum Amusement dazu. Mag der Uschi sein Billigbier abkippen – man gönnt sich Veuve Cliquot, und eben „sonst nix“. Diejenigen, die ihre Schäfchen auf die bundesdeutsche Weide schicken,(wo ja anscheinend, laut neuesten Börsen-Meldungen, immer noch genügend saftiges grünes Gras aufs Fressen wartet) amüsieren sich kräftig, weil diese „linken“ Hanseln ja als Vorzeigeschild für unsere wunderbare Demokratie gelten – wie schon seit Hundert Jahren. Und jenseits davon gilt dann das alte Prinzip: There’s no business like show-business, verbunden mit dem eigentlichen: Whe’re only in it for the money.

  4. …“Entweder eine Partei ist verfassungswidrig – dann ist sie auf Antrag vom BVerfG zu verbieten; oder aber, wenn dies nicht der Fall ist…“…

    Ja, das wäre wirklich schön, wenn alle Parteien oder auch Einzelpersonen klare Ansagen machten: „Ich/wir arbeite(n) auf die Beseitigung der freiheitlich demokratischen Grundordnung hin und bin/sind daher verfassungswidrig…“.

    Leider ist es aber doch so, daß es zumindest theoretisch möglich ist, daß der eine oder andere Verfassungstreue VORTÄUSCHT. Was macht man dann? Einfach den Beteuerungen glauben? Oder doch vielleicht ein wenig nachforschen? Insbesondere wenn ein beträchtlicher Teil der Parteimitglieder ehemalige glühende Anhänger eines Staatssozialismus waren, den in seiner damaligen Form jetzt in D einführen zu wollen eindeutig verfassungswidrig ist. So ein bischen Überprüfen, ob die behauptete Wendung auch eine reale ist kann m.E. da nicht schaden.

    Ein Stückweit ist aber, das gebe ich gerne zu, die Beobachtung der LINKEN momentan schon ein wenig absurd. Eine Aufhetzung zum Klassenhass, die in meinen Augen verfassungswidrig ist, ist ja ein stückweit Mainstream geworden, jeder zweite Journalist plappert mangels eigener Denkfähigkeiten, oder aufgrund Denkfaulheit, Konformismus oder was für Gründen auch immer den bekannten Quatsch, der in seiner Pauschalierung nichts mehr mit fundierter Kritik zu tun hat, gebetsmühlenartig nach: Der Kapitalismus ist am Ende, denn die Kapitalisten, voran die Banker, pressen die Menschen bis aufs Blut aus, die Unternehmer baden im Geld und dem kleinen Mann gehts deshalb immer schlechter usw… Eine Aufstachelung zum Klassenhass durch LINKE-Politiker braucht es also gar nicht, das besorgt oft schon der Medienmainstream mit seiner ganz oberflächlichen und pauschalierenden Methodik, und die Politiker der LINKEN können schweigend danebenstehen und sich die Hände reiben.

    Aber das Abbilden einer verzerrten Wirklichkeit zum Zwecke der Stimmungsmache in den Medien wird ja unter „Pressefreiheit“ geführt, da kann man dann wohl nichts machen.

  5. Ich hoffe darauf, dass der vorstehende Kommentar nicht das geistige Niveau der verehrten Leserschaft repräsentiert, denn dann wäre meiner wohl in den Kamin geschrieben.

    1. Eine moralisierende oder psychologisierende Kritik an der Person Dobrindts, wie sie exemplarisch bei Engelmann durchscheint, lenkt von der politischen Problematik eher ab. Hinter Dobrindts Äußerungen steht eine durchgängige reaktionäre Programmatik, das Personal ist austauschbar.

    Auch Bronskis parteitaktische Überlegungen scheinen mir nicht falsch, aber zu kurz gegriffen. Er mag zudem im Hinblick auf seinen Metapherngebrauch („Beißreflexe“, „Gebell“) daran erinnert sein, dass es sich auch bei politisch Anders- oder Nichtdenkenden um Menschen handelt und nicht um Jagdhunde! Es ist zudem kaum angebracht, sich so süffisant über eine Partei zu äußern, die sich dermaßen in die Defensive gedrängt sieht.

    Dem Kommentar von Neumann ist dagegen nicht viel, allenfalls Ergänzendes und Präzisierendes hinzuzufügen. Er postuliert: „Es ist an der Zeit, die Rolle, die Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz spielen, einmal generell einer kritischen Überprüfung zu unterziehen – unabhängig von ihrer aktuellen Arbeit.“ Dazu folgende Erörterung:
    Der Verfassungsschutz ist historisch nachweisbar aus dem Geist und mit dem Personal des Faschismus geboren, und nicht, wie teilweise zumindest noch die Landesverfassungen, aus dem antifaschistischen Geist von Politikern aus dem Widerstand, dem Exil oder der „inneren Emigration“, der in abgeschwächter Form auch noch in einigen wenigen Passagen des GG sich niederschlägt.

    Die NS-Ideologie setzte sich zumal aus drei Kernelementen zusammen: Rassismus/Antisemitismus, Militarismus und Antikommunismus. Kontinuität und Diskontinuität der ersten beiden ließen sich gesondert erörtern. Nach einer kurzen Phase, in der auch in den westlichen Zonen die auf der Potsdamer Konferenz von den vier Alliierten gemeinsam beschlossene Entnazifizierung exekutiert wurde, am konsequentesten und härtesten durch die Amerikaner, wurde durch deren neue Frontstellung gegen den ursprünglichen Verbündeten UdSSR bereits ab 1946 der Antikommunismus/Antibolschewismus wieder zur bestimmenden ideologischen Doktrin.

    Das Bundesamt für Verfassungsschutz war bei Gründung der Bundesrepublik keineswegs als Verfassungsorgan konzipiert, sondern wurde 1950 gegründet und bis 1955 unter alliierter Kontrolle geführt. Die US-Army entfaltete aber schon seit Kriegsende eine rege geheimdienstliche Tätigkeit, zumal zur Überwachung der KPD, und bediente sich dazu scham- und bedenkenlos zahlreicher „Fachleute“ aus Gestapo und SS, die dann später einen gewichtigen Teil des Personals des BfV stellten.

    Es ist nicht einmal zugespitzt zu sagen, dass in der frühen Bundesrepublik unter der Fahne des Kampfes gegen die rote Gefahr aus Moskau die Adenauer-Administration gemeinsam mit alten Nazis Stellung bezog gegen die aus Exil und KZs zurückgekehrten antifaschistischen Kräfte. Auf ihren frühen Wahlplakaten bediente sich die CDU dazu völlig bedenkenlos der rassistischen Nazi-Karikaturen vom russisch-asiatischen Untermenschen mit Schlitzaugen, wülstigen Lippen und hervorstehenden Backenknochen.

    Ebensoweinig überspitzt scheint mir die Bemerkung, dass diese Grundlinie im Amt tradiert wurde und bis heute virulent ist: tendenziell nazifreundlich bis -unterstützend und kommunisten- bzw. linkenfeindlich. Die damals entstandene Totalitarismusdoktrin hatte im Prinzip schon die Funktion, den Sack (Nazis) zu schlagen und den Esel (Kommunisten, Linke) zu meinen. Eine 2009 in Auftrag gegebene Untersuchung des BfV-Präsidenten über die frühen Verstrickungen des Amts ist bis heute nicht fertiggestellt bzw. veröffentlicht.

  6. 2. Das erste, 1952 durch das BVerfGer ausgesprochene Parteienverbot gegen die SRP (Sozialistische Reichspartei), eine explizite Nachfolgeorganisation der NSDAP, diente nicht zuletzt dem Zweck, die Prinzipien zu formulieren, mit denen dann 1956 nach jahrelangen Einmischungsversuchen Adenauers die KPD verboten wurde. Desungeachtet wurden deren Mitglieder vorher schon massenweise durch Berufsverbote und andere Repressalien bis hin zu Gefängnisstrafen kaltzustellen versucht. Der aktuelle Hintergrund dafür war, dass die KPD gemeinsam mit anderen antifaschistischen und antimilitaristischen Organisationen den millionenfachen Widerstand gegen die von der Adenauer-Administration betriebene Wiederbewaffnung federführend organisierte.

    Die hanebüchenen Interpretationen der Marxschen Theorie in der Urteilsbegründung des BVerfGer, die sich an Reizwörtern wie „Revolution“ aufhängten, was mit gewaltsamem Umsturz gleichgesetzt wurde, bei Marx aber, wörtlich korrekt übersetzt, „Umwälzung der Verhältnisse“ bedeutet, können hier nicht näher erörtert werden. Es genügt, darauf hinzuweisen, dass niemand Geringeres als die frühere Präsidentin des BVerfGer, Jutta Limbach, einmal vermerkt hat, nach heutigem verfassungsrechtlichem Verständnis würde sie die KPD nicht verboten haben. Damit hatten schon die damaligen Richter Schwierigkeiten, die das Verfahren jahrelang hinausgezögert hatten, in der Erwartung einer Veränderung des Kräfteverhältnisses in der Politik, die das Verfahren überflüssig machen könnte, die sich aber nicht ergeben hat.
    Was die Beobachtung von Abgeordneten der Linken durch das Amt betrifft, so kann man die Rechtfertigung des Ministers Schünemann für Niedersachsen durchaus als unsinnig ansehen. Sein zentraler Satz lautet:

    „So strebt DIE LINKE eine grundlegende Umgestaltung der wirtschaftlichen und politischen Ordnung an.“

    Das herauszufinden soll es eines solchen Apparates mit hochbezahlten Spezialisten bedürfen? Aber das Ziel einer solche Umgestaltung als „mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar“ zu bezeichnen, das dürfte schon unter tendenziell verfassungswidrige Äußerungen fallen.

    Aber selbst, wenn das leidige Kommunismus-Verdikt über diese Partei zuträfe, die sich, wie die SPD, explizit als demokratisch-sozialistisch verortet, ein Verdikt, das unter Berufung auf entsprechende unglückliche, vielfach gescholtene und ebenso vielfach missdeutete Äußerungen der Parteivorsitzenden Lötzsch bemüht wird, so wäre hier eine eklatante Missachtung des Leitsatzes zu konstatieren, den das BVerfGer selbst ausdrücklich in seinem KPD-Verbotsurteil für als verfassungswidrig geltende Parteien formuliert hat. Dort heißt es:

    „Eine Partei ist nicht schon dann verfassungswidrig, wenn sie die obersten Prinzipien einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung […] nicht anerkennt; es muß vielmehr eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung hinzukommen.“

    Wobei mit „bestehender Ordnung“ ausdrücklich nicht das privatkapitalistische profitorientierte Wirtschaftssystem, sondern die die Prinzipien gemeint sind, die das BVerfGer selbst im SRP-Verbotsurteil 1952 wie folgt präzisiert hat:

    „Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition.“

    Unterhalb dieser Schwelle gibt es für den politischen Gestaltungwillen allerdings viel zu tun und zu verändern, z.B. im Hinblick auf das Recht der Persönlichkeit auf freie Entfaltung. Da ist zu berücksichtigen, dass Aktiengesellschaften keine Persönlichkeiten im Sinne dieser Definition sind.
    Manfred Kirsch weist oben zurecht darauf hin:

    „Unser Grundgesetz beinhaltet keine Festlegung auf eine Wirtschaftsordnung, und deshalb ist die Forderung nach einer demokratisch sozialistischen Gesellschaftsordnung nicht nur verfassungsgemäß, sondern könnte aufgrund bestimmter Grundgesetzartikel sogar als Verfassungsauftrag interpretiert werden.“

    Jedoch ist ergänzend dazu zu vermerken, dass der Art. 14 GG außer der vergleichsweise unverbindlichen Floskel, dass Eigentum dem Gemeinwohl verpflichtet ist, das kapitalistische Eigentum vorwiegend garantieren und vor Sozialisierung schützen soll. Ein größeres Potenzial für eine mögliche sozialistische Umgestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft als Art. 14 und 15 GG bieten Art 20 (1) und 28 GG, die ausdrücklich vor Veränderung geschützt sind, („Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat“). Darin ist ein Sozialstaats-GEBOT formuliert. (Eine nähere Erläuterung würde derzeit den Rahmen meiner Erörterung sprengen, sie findet sich u.a. übersichtlich und prägnant in dem Büchlein „Das Grundgesetz“ von Wolfgang Abendroth)

  7. Die Etablierung einer antikommunistischen/antistalinistischen Grundhaltung gegenüber einem Konglomerat von aggressiven totalitären Regimen, mit einem Massenmörder namens Stalin an oberster Spitze, z.B. auch Bestrebungen dazugehören, Brückenköpfe der kommunistischen Aggressoren im eignen Land zu verhindern (die stalinistisch gesteuerte KPD war nichts anderes)… das ist in meinen Augen nicht besonders kritikwürdig, ich persönlich würde sogar eher sagen, daß ich diesem „Antikommunismus“ äußerst dankbar bin, weil er eine Grundlage der Entwicklung der BRD in Freiheit und Wohlstand war. Personen, die dem Stalinismus der damaligen Zeit scheinbar eher positiv gegenüber stehen, mögen das selbstverständlich anders sehen, das ist verständlich. Ja, Stalin war sicher ein patenter Antifaschist, aber war er deshalb schon gleich ein feiner Kerl?

    Tja, und was soll man noch zum kaum verdeckten Versuch sagen, Antikommunismus zu diskreditieren mit dem „Argument“, die Nazis wären ja auch Antikommunisten gewesen, und damit wäre ja nun eine Menschenfeindlichkeit jedes Antikommunisten bewiesen. Argumente solcher Art sind ja nun weidlich bekannt, etwa auf ähnlicher Ebene „Wagners Musik taugt nichts, weil sie die Nazis ganz toll fanden“ usw. usf. Übers „Niveau“ anderer will ich nicht sticheln, aber in den Kamin geschrieben ist doch einiges geworden, was aber völlig in Ordnung ist, denn da gehört es ja auch hin.

    In jeder Diktatur gibt es ein gewisses Mitläufertum. Das war auch bei den Nazis so. Reine Mitläufer sind da nicht nur auf den untersten Ebenen der Hierarchien der Verwaltungen z.B. zu finden, sondern auch weiter oben. Nach dem Untergang des dritten Reiches, mit einem millionenfachen Verbleib junger leistungsfähiger Männer auf den Schlachtfeldern und in den sowjetischen Kriegsgefangenenlagern, wäre eine personelle Besetzung wichtiger staatlicher Verwaltungen, der Bundeswehr o.ä. nicht möglich gewesen, wenn man schon jeden Mitläufer des Dritten Reichs als brandgefährlichen Nazi ferngehalten hätte. Daher gab es einen von den Alliierten initiierten und überwachten Entnazifizierungsprozeß, um Mitläufer von Personen mit höherer Verantwortlichkeit für stattgefundenes Unrecht zu trennen. Mitläufern des Nazisystems wurde damals im Gegensatz zu verbreiteten Vorstellungen heute die Fähigkeit zur demokratischen Wendung nicht schon grundsätzlich abgesprochen. Die Entnazifizierung war angesichts der Anzahl der zu Überprüfenden eine gigantische Anstrengung, die leider nur mit weniger als gigantischem Aufwand durchgeführt werden konnte, d.h. sicher nicht perfekt ausgeführt wurde. Von links her wird dann jeder angestrengt recherchierte Einzelfall, bei dem die konkrete einzelpersönliche Nazivergangenheit vielleicht zu nachsichtig geprüft wurde, zu einem Beweis für ein „System“ aufgeblasen… dessen angebliches Merkmal es sei, daß die Nazivergangenheit völlig egal gewesen sei, oder gar daß man besonders scharf auf Mitwirkung ehemaliger Nazis war, da man ja selber ein ähnliches System betreiben wollte und auch betrieb (die damalige gängige Propaganda aus der DDR)…

    Jedenfalls bin ich dankbar für jeden auf die Seite der Demokratie übergelaufenen ehemaligen Mitläufer der Nazizeit in den damaligen Verwaltungen, wenn die Alternative zu ihm gewesen wäre, die Stelle mit einem stalinistischen Agenten aus Moskau zu besetzen, der hier auf eine kommunistische Diktatur a la UdSSR hinarbeiten sollte… selbst wenn der eine noch so ausgeprägte und ganz tolle antifaschistische Einstellung von sich behauptete oder gar tatsächlich im Kampf gegen die Nazis bewiesen hatte (was letzteres bei einer kleinen Minderheit vielleicht sogar der Fall war)…

    Um dem voraussehbaren Argument vorzubeugen, die Gefahr einer kommunistischen Unterwanderung sei ein Popanz gewesen, möchte ich auch nur einmal daran erinnern, daß z.B. ein Agent der DDR-Stasi ganz erheblich für die Radikalisierung der 68er-Studentenschaft verantwortlich war, nämlich durch die Ermordung von Benno Ohnesorg – wie kürzlich erst bekannt wurde. Es steht für mich fest, daß die westdeutsche verbreitete den Kommunismus ablehnende Stimmung der unmittelbaren Nachkriegszeit maßgeblich zur Sicherung der Abschirmung Deutschlands vor sowjetischer Einflußnahme beitrug und damit Freiheit und Wohlstand sicherte (Den Systemvergleich in Sachen Freiheit sowie Wohlstand bei BRD und DDR zu ziehen steht jedem frei).

    Kommunisten aller Zeiten und auf der ganzen Welt sind bisher den Beweis schuldig geblieben, daß Kommunismus ohne Totalitarismus möglich ist. Marx selber sah ja die Notwendigkeit despotischer Maßnahmen, mindestens in einer Übergangsphase (mit Details, d.h. wie z.B. die, die am vorübergehenden Despotismus Gefallen gefunden haben, wieder unter Kontrolle gebracht werden können, gab er sich vermutlich nicht ab).

    Nicht zuletzt deswegen hat DIE LINKE solche Mühe, sich ein Parteiprogramm zu geben. Ein Programm eines „demokratischen Sozialismus“ wäre ja noch hinzubiegen, aber leider würde das nicht die Wünsche und Vorstellungen sämtlicher Mitglieder abdecken. Diejenigen, die mehr wollen, wissen aber nicht, wie das „Wohin“ und das „Wie zum Dahin“ so zu formulieren ist, daß die Tatsache verschwiegen werden kann, daß dabei am Ende auch Köpfe rollen müssen. Von Marx kann man ja vieles abschreiben, bloß leider nicht das „Wie“ eines erwünschten rein demokratischen Wegs zum Kommunismus.

    Die LINKE ist dabei eben nicht das, was die Parteispitze verordnet, was sie zu sein hat, abzüglich aller „unglücklichen Versprecher, die bloß falsch verstanden werden“. Die LINKE ist eine Klammer für unterschiedliche Auffassungen mit teils unterschiedlichen Zielen, wie sie sich in verschiedenen Unterorganisationen herauskristallisieren: „Kommunistische Plattform der Partei DIE LINKE“, „Marxistisches Forum“, „Antikapitalistische Linke (AKL)“, „Arbeitsgemeinschaft Cuba Si“, „Geraer Dialog/Sozialistischer Dialog“ und weiterer sowie ihrer Jugendorganisationen.

    Bei der Beschäftigung mit diesen teils extremistischen Untergruppen kann man durchaus auch Momente finden, wo eine fragwürdige Position gegenüber den unveränderbaren Prinzipien unserer Grundordnung eingenommen wird. Wenn z.B. die AG Cuba Si meint, daß Verstöße gegen die Menschenrechte durch die sozialistische Regierung Kubas notwendige und verzeihliche Maßnahmen sind, um konterrevolutionäre Tendenzen abzuwehren, so ist solch eine Auffassung natürlich kein größeres Problem, wenn man sie privat am Biertisch äußert, aber solchen Personen sollte doch die Möglichkeit politischer Machtausübung hierzulande eher lieber nicht eingeräumt werden, wenn sie der Meinung sind, das eigene politische Programm würde wegen der Wichtigkeit seiner Durchsetzung über einer allgemeinen, unbedingten und unverhandelbaren Achtung der Menschenrechte stehen. Die Vorstellung, daß für die Verwirklichung einer Heilslehre, die den Menschen das Paradies bringt, halt erstmal Köpfe rollen müssen, „vorübergehende Despotie“ in Szene gesetzt werden muß, ist nicht verfassungskonform. (Im Fall Kuba ist ja auch klar, was „vorrübergehend“ heißt: mehr als 50 Jahre leider schon…)

    Es wäre wirklich schade um das wunderbare kommunistische Paradies, aber wenn es ohne Bruch der Prinzipien des Grundgesetzes nicht erreichbar ist, wird es auf immer unerreichbar sein. Daß jeder in der Partei DIE LINKE das auch begriffen hat, ist stark zu bezweifeln.

    Das Muster ist aber ja bekannt… seit jeher zogen doch die Kommunisten in den letztendlichen Krieg gegen die Menschenrechte mit den Liedern auf den Lippen, die davon verkünden, das der Kampf im Grunde bloß zur Einführung WIRKLICHER Menschenrechte geführt wird. Diese Beobachtung ist es doch, die eine überkritische Skepsis gegenüber dem Kommunismus maßgeblich nährt, die manche Antikommunismus nennen, und nicht eine aus egoistischen oder sonstigen diffusen Gründen entstandene Liebe zu einem irrationalen Dogma.

    Was den Sozialstaat angeht… so gibt es hier zunächst eine Hysterisierung in der öffentlichen Diskussion, die ständig die bevorstehende, oder teilweise sogar die schon stattgefundene „Abschaffung des Sozialstaats“ zu bejammern bereit ist. Angesichts der Zahlen und Statistiken über die Aufwendungen der Sozialsysteme, d.h. konkret: über die enormen Geldflüsse von reich zu arm, jung zu alt, gesund zu krank usw. kann man das Thema „Abschaffung des Sozialstaates“ also schonmal abhaken: Deutschland ist ein Sozialstaat, und braucht daher nicht schon deshalb einen verfassungsrechtlich gebotenen „Systemwechsel“, weil es keiner mehr ist. Punkt.

    Die Frage, wie „sozial“ der Staat nun sein muß, d.h. wie stark der Ausgleich sozialer Gegensätze im Konkreten und im Detail sein soll, wird durch das Grundgesetz nicht beantwortet, es gibt daher eine Bandbreite. Hierzu haben die Parteien unterschiedliche Auffassungen, und das ist in Ordnung und verfassungskonform. Das gängige, verfassungskonforme und unproblematische Verfahren, unterschiedliche Auffassungen zum Ausgleich sozialer Gegensätze einzubringen, ist, das über die Gesetzgebung, die den Ausgleich steuert, zu tun. Verfassungskonform ist das deshalb, weil andere als verfassungskonforme Gesetze nicht möglich sind, denn dafür zu sorgen ist Aufgabe des Verfassungsgerichts.

    Die beliebten Vokabeln der LINKEN: „Systemwechsel“, „Umgestaltung der wirtschaftlichen und politischen Ordnung“, „Umbau der Gesellschaft“ sind also zunächst einmal nur Bestandteil einer politische Propaganda, reines Marketinggeschwätz, von dem man meint, es würde bei den Menschen einen Sympathienerv treffen, bei dem aber teilweise wirklich unklar ist, was genau im Detail dahintersteckt, d.h. wie die angestrebte Gesetzgebung im Regierungsfall aussehen wird oder ob da noch andere Maßnahmen als rein Gesetzgeberische geplant sind. Da ist vieles nebelhaft. Es wäre Aufgabe des Bürgers, diesen Nebel zu durchdringen, wenn er vermutet, hier gäbe es eine Partei, für die zu stimmen ihm sympathisch sein könnte. Wenn andere, staatliche Stellen auch versuchen, diesen Nebel zu durchdringen, um einer Bedrohung unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung frühzeitig entgegenzuwirken, so finde ich persönlich das überhaupt nicht kritikwürdig, wenn es unter den jetzigen, gesetzlich genau festgelegten Rahmenbedingungen geschieht.

  8. “Unser Grundgesetz beinhaltet keine Festlegung auf eine Wirtschaftsordnung, und deshalb ist die Forderung nach einer demokratisch sozialistischen Gesellschaftsordnung nicht nur verfassungsgemäß, sondern könnte aufgrund bestimmter Grundgesetzartikel sogar als Verfassungsauftrag interpretiert werden.”

    Dem möchte man schon zustimmen, wenn nicht die Protagonisten stets zur Wirtschaftsordnung auch eine bedingende Gesinnungsordnung gesellen würden. Letztlich bleibt bislang die Frage unbeantwortet, welche Wirtschaftsordnung ohne Ideologie (Gedankenordnung) zu einem menschlichen System führt.

    Die angebotenen Lösungen überzeugen nicht, wenn sie sich zuerst den Menschen passend gestalten müssen.

  9. @BvG,

    in (real)sozialistischen Gesellschaften war die Wahl der Arten und Weisen, wie wirtschaftliche Vorgänge abgewickelt werden können, immer schon diktatorisch extrem eingeschränkt, was noch in jedem Fall zu verbreiteter Armut und Mangel führte. Diese Gesellschaften konnten Konkurrenz zur gemeinschaftlichen Organisationsform, meist der staatlich gesteuerten (was auch wirtschaftliches Konzept der LINKEN zu sein scheint), in der wirtschaftlichen Frage nicht zulassen… unter dem fadenscheinigen Vorwand, daß dies eine Wiedereinführung der „überwundenen“ sog. „Ausbeutung“ wäre… fadenscheinig ist dies deshalb, weil man sich fragt, wieso Menschen, die angeblich im himmlischen ausbeutungsfreien Zustand staatlich oder sonstwie gemeinschaftlich organisierten Wirtschaftens leben, doch soweit wieder freiwillig an ihrer durch Privatwirtschaft organisierten Ausbeutung teilnehmen würden, daß man diese prophylaktisch vorher schon verbieten muß.

    In unserer Gesellschaft gibt es keine Festlegung auf eine bestimmte Art und Weise, wie wirtschaftliche Prozesse abzuwickeln sind, es herrscht hier eine große Freiheit, die weitestgehend nur von notwendigen Gesetzen z.B. des Arbeitnehmerschutzes beschränkt wird. Es wird niemand daran gehindert, seine Unternehmung genossenschaftlich zu organisieren. Kein Unternehmensbesitzer wird daran gehindert, den Besitz an den Produktivmitteln unter den Beschäftigten aufzuteilen, den Beschäftigten umfassende, und über das gesetzliche Maß hinausreichende Rechte der Mitbestimmung zu gewähren, und keiner Gruppe von Menschen wird verwehrt, in unserem Wirtschaftssystem quasi-sozialistische Betriebe neu aufzubauen, oder kapitalistische Betriebe gemeinschaftlich aufzukaufen und in sozialistisch organisierte Betriebe umzuwandeln, in denen die Gewinne auschließlich den Beschäftigten zukommen, denen von Anfang an ihr persönlicher Anteil an den Produktionsmitteln zugeteilt ist. Anschließend schützt sogar Art. 14 GG den Anteil der Beschäftigten an den Produktivmitteln. 😀 Das solcherart organisierte Unternehmen unter einer ihnen gegenüber irgendwie bestehenden Benachteiligung durchs „System“, einem Handicap im Konkurrenzbestehen zu leiden haben, kann ich nicht erkennen. In der bestehenden Stimmungslage müsste sogar eher das Gegenteil der Fall sein, jedenfalls was die Kundenwirkung angeht.

    „Für den Menschen passend“, sind die Systeme, die eine Vielfalt zulassen, denn die Menschen und ihre Wünsche und Vorstellungen sind vielfältig. Wer allerdings felsenfest davon überzeugt ist, das ultimative „beste System“ in der Tasche zu haben, für den sind Freiheit und Vielfalt störend, denn die gefährden ja die Durchsetzung „seines“ Systems.

  10. @wedell

    Vielleicht ist für alle der einzige relevante Satz nur dieser:

    „Ich will nicht mehr verletzt werden.“

  11. @ Heinrich

    Sehr interessant zu erfahren wie historisch – ich nenne es mal ganz salopp – „rechtslastig“ der Verfassungsschutz ist. Da braucht es einem ja kaum mehr wundern, warum der sich nicht darauf konzentriert, rassistisch-motivierte Übergriffe zu verhindern, sondern stattdessen eher dazu prädestiniert zu sein scheint, alles was irgendwie nach „kommunistischer Gesinnung“ riecht, ins Visier zu nehmen.
    Somit könnte man fast zu dem Schluss kommen, dass der Verfassungsschutz gar nicht wirklich dazu da ist, unsere Verfassung und unsere Freiheitsrechte zu schützen, sondern vor allem dazu, das bestehende „privatkapitalistische profitorientierte Wirtschaftssystem“ zu stützen und zu erhalten helfen, was allerdings weitverbreitet und automatisch mit dem Schutz der „freiheitlich-demokratischer Grundordnung“ gleichgesetzt wird – wie das an Max Wedells Ausführungen wieder einmal so überdeutlich wird. Als ob der „freien Marktwirtschaft“ nicht auch eine Ideologie zu Grunde läge, die eine massive Einschränkung der persönlichen Freiheit für einen Großteil der Menschen zur Folge hätte. Die persönliche Freiheit in einem marktwirtschaftlich ausgerichteten System steigt doch vor allem parallel zum Privatvermögen. Gerade in den USA, dem Mutterland der freien Marktwirtschaft, ist es doch heute schon so, dass nur diejenigen, die es sich finanziell leisten können, eine gute Bildung bekommen können. Und dass es ein Tellerwäscher noch zum Millionär schaffen kann, wird doch zunehmend unwahrscheinlicher. Mittlerweile gilt doch auch in unseren westlichen Gesellschaften immer mehr, dass wer arm geboren ist, für immer arm bleiben wird. Und deshalb ist es höchste Zeit, über alternative Wirtschaftssysteme nachzudenken, was aber leider weiterhin nach altem Muster unterdrückt wird, in dem Parteien wie „die Linke“ kriminalisiert und mit Diktatur und Stalinismus in Verbindung gebracht werden.

  12. @BvG,

    niemand will verletzt werden, da gebe ich Ihnen recht. Des weiteren: Wer den Menschen völlig verletzungsfreie Gesellschaften verspricht, ist ein Betrüger. Sowie: Zur Herbeiführung von Gesellschaften, die Verletzungen minimieren, gehört mehr als die bloße Behauptung, sie herbeiführen zu wollen.

    @Anna,

    Die LINKE habe ich persönlich nicht mit Stalinismus in Verbindung gebracht, Sie sollten genauer lesen. Ein offenkundiger Marxist, der hier gelegentlich Beiträge verfasst, führte verbreitete antikommunistische Haltungen in der frühen BRD auf entweder verschleppten Nazismus zurück, oder auf Indoktrination durch Amerikaner, gern auch beides. Im Angesicht dessen, was in jenen Jahren der Herrschaft Stalins im Ostblock für Zustände herrschten, ist es absurd, zu behaupten, daß diese Zustände am Zustandekommen des Antikommunismus jener Tage völlig unbeteiligt waren. Darauf wollte ich nur hinweisen, deshalb habe ich den Stalinismus in die Diskussion gebracht.

    An meinen weiteren Ausführungen sollte eigentlich „überdeutlich“ werden, daß wir überhaupt kein privatkapitalistisch profitorientiertes Wirtschaftssystem haben, sondern ein Wirtschaftssystem, das Gründung und Betrieb privatkapitalistisch orientierter Unternehmen ebenso ermöglicht wie die Gründung und den Betrieb ganz anders organisierter, also auch nichtprivatkapitalistisch organisierter Unternehmen. Gegen mutwilliges Mißverstehen kann ich aber nichts machen.

    Daß Profite in Yachten, schnellen Autos, Privatflugzeugen usw. im Besitz von Einzelpersonen landen müssen ist ebensowenig in unserem Wirtschaftssystem vorgeschrieben wie daß Profite nicht vollständig und ohne Bevorteilung Einzelner an die Beschäftigten weitergegeben werden dürfen. Noch nicht einmal das Erzielen von Profiten ist vorgeschrieben, ein Unternehmen, daß nach Abzug aller notwendigen Investitionen zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit überhaupt keine Profite mehr aufzuweisen hat, kann in der Marktwirtschaft ansonsten völlig problemlos bestehen. Die Verwertung der Profite in Yachten, schnellen Autos, Privatflugzeugen verschafft Unternehmen nur insofern Vorteile am Markt, daß sie die Motivation des/der Unternehmensbesitzer verbessert, eine Verwertung der Profite im Interesse der Beschäftigten aber führt zu größerer Zufriedenheit der Beschäftigten, daher zu besserer Arbeit, zu besseren Produkten, und damit zu Marktvorteilen.

    Probleme bereitet unser Wirtschaftssystem aber natürlich all jenen Unternehmungen im weitesten Sinne, die dauerhaft mehr Ressourcen verbrauchen als sie erzeugen. Das ist natürlich für Sozialutopisten ein schweres Manko, entsprechend lautstark ist der Protest… gut erkennbar im aktuellen Fall einer dauerhaft defizitären Organisation im tatsächlich weitesten Sinne, nämlich im Fall des Staates Griechenland.

    In einem Wirtschaftssystem mit Platz für Unternehmungen, die dauerhaft mehr Ressourcen verbrauchen als sie erzeugen, müssen auch irgendwo Ressourcenquellen (d.h. Unternehmungen, die dauerhaft mehr Ressourcen erzeugen als sie verbrauchen) vorhanden sein, die die dauerhaften Ressourcensenken bedienen, das ist elementar. Mit anderen Worten, es muß auch in einem solchen Wirtschaftssystem Unternehmungen mit PROFITEN geben, um die Unternehmungen, die dauerhaft defizitär betrieben werden, gegenzufinanzieren. Das sozialistische Programm sieht üblicherweise so aus, daß man alle Unternehmungen verstaatlicht, und dann natürlich über die Profite verfügen kann und sie an die defizitären Unternehmungen weiterverteilen kann… solange es sie noch gibt… 😀

    In den USA wird, gemessen am Bruttosozialprodukt, von der öffentlichen Hand mehr für die Bildung ausgegeben als in unserem Land (und daß die USA ein mickriges Bruttosozialprodukt hat kann man auch nicht behaupten). Daß die dortigen durchschnittlichen Bildungserfolge noch schlechter sind als hierzulande kann also an einem Mangel an staatlich aufgewendeten Mitteln nicht liegen. Zur Bildung gehören aber immer zwei: der Bildende und der zu Bildende. Linke blenden die eine Hälfte der Realität gern völlig aus, und wenn in den USA noch schneller als hierzulande eine bestimmte Bildungsaversion um sich greift, sodaß gleiche Mittelaufwendungen zu immer schlechteren Resultaten führen, ist die Sache völlig klar: der Staat ist schuld, der ist zu neoliberal. Das ist doch absurd. Rational wäre es, die Ursachen des Um-sich-Greifens dieser verbreiteten Bildungsaversion zu analysieren (die ich kürzlich im Untertitel eines amerikanischen Buches zur Bildungssituation in den USA äußerst treffend folgendermaßen zusammengefasst sah: „Why Schools Suck, College is Crap, & Idiots Think They’re Right“) und da könnte man doch sogar als Linker genügend Kapitalismuskritik unterbringen…

    „Mittlerweile gilt doch auch in unseren westlichen Gesellschaften immer mehr, dass wer arm geboren ist, für immer arm bleiben wird.“

    Das ist normal in Gesellschaften, in denen der allgemeine Wohlstand immer weiter wächst. Die Definition der Armut leitet sich direkt vom Durchschnittswohlstand ab. Steigt der Durchschnittswohlstand, steigt also auch der Wohlstand der Armen. Wenn der Wohlstand der Menschen steigt, motiviert das immer weniger Menschen dazu, außergewöhnliche Anstrengungen zur Erhöhung ihres persönlichen Wohlstands aufzuwenden. Der Mensch ist ein Ökonomiewesen, d.h. Aufwand-Nutzen-Kalkulationen bestimmen nun mal seine Handlungen.

  13. Wohin der Hase laufen soll, (und ein gutes Stück schon gelaufen ist), hat uns Frau Thatcher in den 80ern vorgemacht – sie hat ja auch jeden Abend zum heiligen von Hayek gebetet. Frau Merkel & Familie gehen den gleichen Weg, mit ihrem Plädoyer für eine „marktkonforme Demokratie“. Das in einem deregulierten Markt Demokratie nur noch auf dem Papier steht, und eigentlich es sich um eine Oligarchie bzw. Plutokratie handelt, weiß jeder, der die Wirklichkeit nicht ganz ausblendet. Ein Verfassungsschutz, der dann in geradezu perverser Manier nicht die wahren Demokratiefeinde und -zerstörer beobachtet, sondern diejenigen, die unter wenigen Anderen das GG noch Ernst nehmen und für welche Demokratie Volksherrschaft und nicht Herrschaft ü b e r das Volk bedeutet, müssen dann natürlich, a la George Orwell „1984“ als wahre Verfassungsfeinde (die es nur links gibt bzw. geben darf) beobachtet werden. Man setzt da auch auf die Angst der Bürger – wer will schon mit Verfassungsfeinden zu tun haben?

    Blogger wie Max Wedell werden das völlig anders sehen, wieder, wie so oft, nicht auf die Argumente, wie auch die anderer Blogger eingehen, sondern wieder mal Dinge behaupten, die nie angesprochen wurden. Motto: Er hat gesagt, Rot wäre seine Lieblingsfarbe, was hat er dann gegen Grün und warum? Ja, wenn man mit bestimmten Fakten nicht klar kommt, haut man eben mit dem selbstgeschmiedeten Schwert verquaster Dialektik sich den Weg frei. Genauso, wie Niebel und Ramsauer die personelle Aufstockung und das Revironment beim Personal begründen.

    Meine Freude wird nicht nur klammheimlich sein, wenn in Schleswig-Holstein und im Saarland die FDP aus dem Landtag fliegt. Und ein wenig Bedauern wird dabei sein, weil ich diese Partei, wegen ihres Freiburger Programms, als junger Mensch einmal gewählt habe.

    Interessant noch als Schlußpointe, das der SPIEGEL in seiner jüngsten Ausgabe in einem Artikel über den WOTAN der CSU, Alexander Dobrindt, berichtet, daß dieser nach einem Abend bei Jauch mit dem Linken-Vertreter Diemar Bartsch bis weit nach Mitternacht Bier trinken gegangen ist. Ob die Herren dann zu fortgeschrittener Stunde gemeinsam die „Internationale“ gesungen haben, wurde nicht berichtet.

  14. # 12 – Max Wedell: Nein, niemand verbietet einem Unternehmer hier, sein zuvor privatkapitalistisch geführtes Unternehmen umzustrukturieren oder ein genossenschaftlich oder sozialistisch ausgerichtetes Unternehmen zu gründen. Es gibt ja auch genügend Beispiele für genossenschaftlich strukturierte Unternehmen: Deutsche Bank, Siemens, Dr. Oetker, VW, Daimler-Benz etc. pp. Nur heißen die Genossen dort Aktionäre und nicht Genossen.

    Interessant, daß immer mehr Kommunen gemerkt haben, daß PPP-Projekte Teufelszeug waren und sind, und die Verlierer immer die Kommunen sind, deren Kämmerer den Einflüsterungen der privaten Betreiber erlegen sind. Sie versuchen, zurück zu gehen auf die Dinge, die im rheinischen Kapitalismus selbstverständlich waren: Wasser und Energie in öffentlicher Hand. Aber wahrscheinlich alle nur kommunistisch-sozialistisch unterwandert oder den Einflüssen erlegen.

    Niemand verbietet mir, hier in Deutschland im Lotto 6 Richtige plus Superzahl zu haben. Und niemand verbietet es einem unverschuldet in Not geratenen Menschen, in der B-Ebene oder unter Brücken zu nächtigen. Schließlich hätte er sich besser um seine Lebensgestaltung kümmern können.

  15. @Wolfgang Fladung,

    zunächst die Feststellung: Sie haben also schon öfter in Ihrem Leben die FDP gewählt als ich. Das soll nichts Tieferes bedeuten, ich wollte es nur einmal anmerken.

    Daß ich nicht auf alle Argumente anderer eingehe kann natürlich in Einzelfällen vorkommen, allein schon wenn ich sie nicht verstehe, oder aus Platzgründen. Wenn ich Äußerungen nicht verstehe, dann kann es natürlich auch vorkommen, daß ich sie falsch interpretiere und dann in der Antwort über Dinge rede, die mit der originalen Äußerung nichts zu tun hatten, das ist natürlich mein Fehler. Bei Ihnen, BvG, kann das z.B. schon mal vorkommen, weil es aber auch oft recht kryptisch oder alternativ manchmal auch recht allgemein ist, was Sie sagen.

    Aktiengesellschaften würde ich nicht als genossenschaftlich organisiert ansehen, weil der Einfluß der Kapitalgeber auf Unternehmensentscheidungen im Gegensatz zu Genossenschaften eher beschränkt ist: Besitzer von Vorzugsaktien haben gar keinen, Besitzer von Stammaktien einen ganz geringen. Die Kapitalbeschaffung durch die Bildung einer Aktiengesellschaft ist aber ebensowenig eine Pflichtvorgabe unseres Wirtschaftssystems wie die genossenschaftliche Kapitalbeschaffung verboten ist. In unserem System blüht die Vielfalt.

    Meine persönliche Meinung zu Energie und Wasser in den Kommunen ist, daß weder PPP prinzipiell neoliberales Teufelszeug ist, noch ein Betrieb in öffentlicher Hand kommunistisch-sozialistisches Teufelszeug. Aber eins geben Sie doch selber zu: Um Energie und Wasser in öffentlicher Hand zu betreiben, benötigt man keinen „Systemwechsel“. Das ist innerhalb des bestehenden Systems perfekt möglich. Es kann sein, daß ich mich jetzt wiederhole, aber: In unserem System blüht die Vielfalt. Gelegentliche, ihrer Behauptung nach immer häufigere kommunale Wünsche nach Energie und Wasser in öffentlicher Hand können also auch nicht zur Verargumentierung der Notwendigkeit eines „Systemwechsels“ herangezogen werden.

    Was der Quatsch mit den Brücken bedeuten soll, wissen Sie wahrscheinlich selber nicht. Weder nötigen unsere Sozialsysteme unverschuldet in Not Geratene, unter Brücken zu nächtigen, noch trete ich oder, soweit ich die öffentliche Diskussion überschaue, überhaupt irgendwie jemand in D für eine Reduktion der Sozialsysteme derart ein, daß unverschuldet in Not geratene oder sogar auch verschuldet in Not Geratene (wenn die Mutwilligkeit gewisse Grenzen nicht überschreitet) unter Brücken nächtigen müssen…

  16. Hallo, Herr Wedell. Ich glaube, ich muß doch bestimmte Teile meiner Beiträge als Satire kennzeichnen. Das trifft z.B. auf meinen Vergleich mit Aktiengesellschaften und genossenschaftlich betriebenen Unternehmen zu. Schuld daran ist dann wohl Ihre, wohl manchmal eher unfreiwillige „Realsatire“, die mich kontern läßt. Sie schreiben es ja selbst wieder: „In unserem System blüht die Vielfalt“. Dies jedoch mit dem Unterschied, daß das Blühen mehrfach von bestimmten Kräften mit Geldern unterfüttert wird, und bei Anderen in dieser Zeit die ganze Pflanze vertrocknet. Die „unter den Brücken-Schlafenden“ waren für mich ein Synonym für unsere Gesellschaftsordnung, die eben allen alle Möglichkeiten öffnet, den einen auf der Yacht, den anderen unter den Brücken. Ich hoffe, ich muß Ihnen das nicht nochmals erklären – Sie selbst preisen ja die angebliche Vielfalt permanent an und verneigen sich vor diesem ach so liberalen Markt, der allen Tüchtigen alle Möglichkeiten bietet, wohl auch immer noch vom Tellerwäscher zum Millionär.

    Bin mal gespannt, ob – rein theoretisch – all diejenigen, die sich jetzt freiheitlich-liberal lt. Ihrem Angebot an Möglichkeiten für eine sozialistische Betriebsführung, welche ja lt. Ihren Aussagen möglich und nicht verboten wäre, dann auch vom VS beobachtet würden, so wie die Linkspartei, die genau dieses gutheißt – genossenschaftliche Betriebsführung.

    Übrigens habe ich nur 1x mein Kreuz bei der FDP gemacht.

  17. @ Max Wedell #12

    Sie sind mir ja einer, fordern mich zum genaueren Lesen auf und suggerieren im gleichen Atemzug, ich hätte behauptet, dass „Sie persönlich“ die Linke mit dem Stalinismus in Verbindung gebracht hätten. Lesen SIE doch bitte nochmal genau nach. 😉

    Aber auch sonst reden wir wieder hauptsächlich aneinander vorbei.
    Natürlich kann und darf man in unserem Wirtschaftssystem vieles tun und lassen. Da der Erfolg aber vor allem daran gemessen wird, wie viel Profit gemacht wird und wie viele tolle Autos, luxuriöse Villen, Yachten, etc. pp. jemand besitzt, wird zwangsläufig genau danach gestrebt. Das Ende vom Lied sieht dann so aus, dass ein paar Wenige über so unverschämt viel privates Kapital verfügen, dass sie schon gar nicht mehr wissen, wohin damit, während der Billiglohnsektor immer mehr wächst und die Mittelschicht immer weiter schrumpft.

    Aber was rede ich, Sie werden das alles sowieso nicht gelten lassen.
    Sie werden todsicher nicht so schnell müde werden, vor allem individuelle Leistungsunwilligkeit, „Armutszuwanderung“ und dergleichen dafür verantwortlich zu machen, wenn der allgemeine Wohlstand langsam aber sicher den Bach hinunter geht. Dementsprechend brauchen wir natürlich weder eine Linkspartei, noch ein anderes Wirtschaftssystem oder das Treiben des Verfassungsschutzes zu hinterfragen. Und bei solch diametral entgegensetzten Ausgangsstandpunkten erübrigt sich eben auch jeder weitere Austausch von Argumenten.

  18. Vielleicht fehlen mir die von Heinrich geforderten intellektuellen Fähigkeiten, aber ich werde dennoch meinen Senf dazugeben.

    Die Welt besteht nicht nur aus multinationalen Konzernen wie denjenigen, die Wolfgang Fladung in #14 aufgeführt hat. Das Rückgrat der
    deutschen Wirtschaft besteht, soweit meine Kenntnisse noch Gültigkeit haben, aus Handwerk und mittelständischen Unternehmen. Bei diesen handelt es sich nicht um die so oft karikierten Herren mit Zylinder und Zigarre, hier wird nicht auf Teufel-komm-raus dem shareholder value gefrönt. Gerade in diesem Umfeld ist/wäre im Rahmen der bestehenden Wirtschafts- und Rechtsordnung eine ungeheure Bandbreite an Unternehmensformen und -inhalten möglich, wie es Max Wedell ja bereits beschrieben hat.

    Wer andere mit Forderungen nach einer menschenwürdigeren Form des Wirtschaftens und der gerechte(re)n Verteilung der Werte überzieht, sollte versuchen, diese Forderungen im eigenen Umfeld zu erfüllen. Nun kann man einfach behaupten, innerhalb des bestehenden Systems (ja, ja: die herrschenden Ideen sind stets die Ideen der Herrschenden) sei eben keine andere Form des Wirtschaftens möglich. Wenn man folglich „das System“ nicht von innen heraus umkrempeln kann, landet man aber fast zwangsläufig beim Umsturz – und damit in der Verfassungswidrigkeit. Eine Beobachtung durch den VS wäre damit angebracht.

    Ganz nebenbei übergibt man die Gewerkschaften der Bedeutungslosigkeit, denn wenn man eh nichts ändern kann, braucht man sie nicht.
    Apropos Gewerkschaften: niemand verbietet es Arbeitnehmern, Mitglied in einer Gewerkschaft zu werden. Von knapp 8 Mio. Mitgliedern in 2001 auf gut 6 Mio. in 2009 geschrumpft scheinen sie für die rund 41,26 Millionen Erwerbstätigen jedenfalls nicht ausreichend attraktiv. Da fährt man lieber als kostenloser Trittbrettfahrer bei den Tarifabschlüssen mit. Dass an einem so niedrigen Organisationsgrad nun auch wieder die pösen, pösen „Unternehmer“ schuld sein sollen, leuchtet mir nicht so recht ein.

    Entweder die Menschen haben sich mit dem bestehenden System arrangiert oder finden es vergleichsweise gut – dann greift das linke Thema von „Verführern und Verführten“ (Wolfgang Fladung nennen es „Einflüsterungen der privaten Betreiber“). Oder die Menschen sind zu faul oder zu feige, sich dagegen aufzulehnen – auch dann liegt’s am kapitalistischen System. In beiden Fällen wird es der Linken nur durch eine Art Zwangsbeglückung mit begleitender Propagandaoffensive und massiver Umerziehung zum „sozialistischen Menschen“ gelingen, das System über den Haufen zu werfen. Das hat mit einem „freiheitlich-demokratischen“ Vorgehen allerdings nichts mehr zu tun. Ein Fall für den VS.

    Egal ob durch Umsturz oder sauerteigmäßige umwandlung: wer Menschen davon überzeugen will, dass es eine Alternative (etwas Besseres als das Bestehende) gibt, dann tut er das am besten durch handfeste Beispiele. Sofern ich mich nicht als Projektmitarbeiter an einen Sklavenhalter verkaufen muss, muss ich als kleiner Selbständiger stets in Vorlage treten. Erst mit einem funktionsfähigen Modell (Prototyp) habe ich den endgültigen Auftrag – meist zu einem selbstausbeuterischen Festpreis – in der Tasche. So etwas erwarte ich auch von jeglichen Heilsverkündern (naja, das mit der Selbstausbeutung muss nicht unbedingt sein). 😉 [2] Die bisherigen Wirtschafts- und Menschenexperimente sozialistischer Couleur überzeugen mich allerdings ebenso wenig wie das oft rechthaberische Sendungsbewusstsein ihrer Vertreter.

    Wann haben hierzulande die Gewerkschaften in ihren eigenen Betrieben den freien Samstag eingeführt? Die 35-Stunden-Woche? Die Behinderten-, Frauen-, Migrantenquote? Den entsprechenden Tariflohn oder wenigstens einen Mindestlohn? Kostenlose Betriebskindergärten? Nach meiner Erinnerung, die ich durch entsprechende Recherchen sicher untermauern könnte, war dies – wenn überhaupt! – meist erst nach langwierigen und langjährigen innergewerkschaftlichen Auseinandersetzungen der Fall. Wo finde ich gewerkschaftseigene Wohnprojekte, Pflegeheime, Hospize?

    Für die Älteren unter den MitleserInnen sei auch an die Neue-Heimat-Affäre [1] vor 25 Jahren erinnert – mit 16 Mrd. Verbindlichkeiten von Gewerkschaftsfunktionären in den Sand gesetzt. Da bedarf es nicht einmal einer Kommunistischen Plattform, auch „normale“ Linke und Gewerkschafter können begnadete Bankrotteure sein. Aber möchte man denen ein ganzes Staatswesen anvertrauen?

    [1] Handelsübliche Internet-Suchmaschine oder Wikipedia bemühen

    [2] Frankfurter LeserInnen haben vielleicht auch schon mal was von der ASH Krebsmühle (krebsmuehle.de) gehört/gelesen. Spontis? Linke? Anarchisten? Weltfremde Spinner?

    „Welch tolles Gefühl, jetzt nicht wie früher mit leeren Händen dazustehn, keine Antwort zu wissen auf Fragen der Art, „wer denn noch zur Arbeit kommen würde, gäbe es keine Vorgesetzten“ […] sondern was vorzeigen zu können, wie mickrig auch immer.“

  19. Lieber Heinrich,

    es war ein Fehler, in das Blog zurückzukehren. Auf Deine präzise Beschreibung, wie der Antikommunismus die „Anschlußideologie“ für Nazis in die bundesrepublikanische Gesellschaft darstellte (ähnlich wie der Antisemitismus „braven“ Bürger die Akzeptanz der Nazis ermöglichte), folgen nur Unterstellungen von Max Wedell. Lohnt es sich, im zu antworten, dass selbstverständlich nicht jeder Antikommunist ein Nazi war (oder ist) und das es ein Unterschied zwischen Kritik am Kommunismus und Antikommunismus gibt? Muss man ihm erklären, dass nicht Nazi-Mitläufer, sonder auch hundert- und tausendfach Planer des Massenmords, Mörder und Mordgehilfen in der Justiz, Polizei, Verwaltung und Politik der Bundesrepublik ungehindert Karriere machen konnten? Muss man darüber diskutieren, dass ein Wiederaufbau Deutschlands auch möglich gewesen wäre, wenn man zumindest alle Verantwortlichen der Einsatztruppen (die hinter der „Ostfront“ gemordet haben) und z.B. die Spitzen des Reichsicherheitshauptamtes vor Gericht gestellt hätte?

  20. @ Wolfgang Fladung,

    „Übrigens habe ich nur 1x mein Kreuz bei der FDP gemacht.“

    Immer noch einmal mehr als ich.

    @ Anna, #17

    da mir nicht bekannt ist, daß Stand heute irgendjemand der Partei der LINKEN vorwirft, dem Stalinismus verhaftet zu sein (selbst der VS macht das offensichtlich nicht, im Verfassungsschutzbericht 2010 des Bundesinnenministeriums kam das Wort „Stalinismus“ jedenfalls überhaupt nicht vor), bezog ich Ihren letzten Satz in #11 auf mich. Wenn Sie mich nicht meinten, bleibt unklar, wen Sie dann meinten. Die LINKE selbst vielleicht, bei deren inneren Auseinandersetzungen zwischen Traumtänzern und Halbwegsrealisten gern schon mal das Wort „Du Stalinist“ fällt, wie man so hört?

    @ schnippsel, zu ASH Krebsmühle…

    Über „Wir hatten uns in den Wochen davor von unseren Schützlingen regelrecht ausgebeutet gefühlt. Die behandelten uns wie eine Zeitarbeitsfirma, allerdings fordernder: Wehe, es gab keine Arbeit für die, die mal wieder meinten, ein bischen Geld zusätzlich brauchen zu können! Da ging dann der Punk ab: “Wieso kriegt der Arbeit, wieso ich nicht!?!” Und wehe dann, es fiel ein falsches Wort! Die körperliche Bedrohung lag ständig in der Luft.“ und verschiedenes weitere mußte ich schon schmunzeln.

    Manche Ansätze absolut richtig, wie z.B. das eigene Schicksal selber aktiv in die Hand zu nehmen… andere wie „die ganze Gesellschaft gehört verändert“, und zwar z.B. hin zu: „Wozu privates Eigentum, warum nicht einen großen Wäscheschrank für alle?“ reichlich weltfremd. Aber immerhin gesteht man sich selber auch „Irrtümer und Widersprüche“ zu, und das ist schonmal sympathisch.

    @Abraham,

    egal wie Sie es drehen, die Behauptung, daß in der frühen BRD der Antikommunismus lediglich wegen der Amerikaner zu einer verbreiteten Haltung wurde („wegen deren neuer Frontstellung gegen die UdSSR“), halte ich für eine ziemliche Zumutung. Sowohl Amerikaner als auch Westdeutsche waren verbreitet informiert über die tatsächlichen Verhältnisse in der UdSSR unter Stalin und der von dort ausgehenden immensen Bedrohung… und irgendeine andere Haltung als eine „Frontstellung“ gegenüber dieser Bedrohung wäre merkwürdig gewesen. Aus der Sowjetunion rückkehrende Antifaschisten und Kommunisten diskreditierten sich als Lieferanten einer gesellschaftlichen Alternative alleine dadurch, daß sie sich nicht vom Stalinismus distanzierten, und auch das Verbot der stalinistisch fremdgesteuerten KPD war daher folgerichtig.

    Der Antikommunismus derjenigen, die mit den Füßen abstimmten und die sowjetisch besetzte Zone verliessen (was letztendlich im Bau der Mauer gipfelte, um weitergehende Entvölkerungsprozesse zu verhindern), war der etwa auch nur durch die Amerikaner bestimmt? Achso, nee, das waren ja nur alles Nazis, die vor den dortigen Antifaschisten flohen… 😀

    „Muss man ihm erklären, dass nicht Nazi-Mitläufer, sonder auch hundert- und tausendfach Planer des Massenmords, Mörder und Mordgehilfen in der Justiz, Polizei, Verwaltung und Politik der Bundesrepublik ungehindert Karriere machen konnten?“

    Die Zahlen hängen davon ab, wen man unter „Planer des Massenmords, Mörder oder Mordgehilfen“ subsummiert. Reicht eine bloße Mitgliedschaft in SS, SD und SA unbeachtet weiterer Umstände, dann mögen Sie mit Ihren Zahlen recht haben. Dann müsste man allerdings auch z.B. froh sein, daß Günter Grass damals nicht in ein öffentliches Amt kam, denn das wäre dann ja noch ein „Mordhelfer“ mehr im entstehenden Apparat der jungen BRD gewesen… oder nicht?

    „…alle Verantwortlichen der Einsatztruppen (die hinter der “Ostfront” gemordet haben)…“

    Zu welchem Zeitpunkt waren denn Historiker zur Erkenntnis gelangt, daß diese Truppen mehr waren als Spezialtruppen zur Partisanenbekämpfung, wie sie auch in anderen Armeen üblich sind? Es bringt wenig, den damaligen Personalentscheidern vorzuwerfen, etwas nicht gewußt oder nicht richtig eingeschätzt zu haben, was erst durch spätere langjährige historische Forschungen zutage gebracht werden konnte.

    „…die Spitzen des Reichsicherheitshauptamtes vor Gericht gestellt…“

    Es geht hier weniger darum, wann wer vor Gericht gestellt wurde, sondern wer nahtlos in das Personal der neuen BRD übernommen wurde. Welche Spitzen des Reichssicherheitshauptamtes wurden ihrer Erkenntnis nach in die Behörden und Organisationen der BRD übernommen?

  21. @ Max Wedell

    Wenn Sie Sätze auf sich beziehen, berechtigt Sie das noch lange nicht, daraus Behauptungen und Unterstellungen zu konstruieren, die nur darauf angelegt sind, andere Diskussionsteilnehmer zu diskreditieren.
    Ihre Argumentationsweise ist ja so gnadenlos frustrierend. Aber eines ist gewiss: jeder halbwegs aufmerksame Leser merkt, mit welchen manipulativen Tricks Sie hier ständig arbeiten um eine konstruktive Diskussion schon im Keim zu ersticken.

  22. @ # 21 Max Wedell

    Weder Heinrich noch ich haben behauptet, dass die Ablehnung des Kommunismus in Deutschland ein Werk der Amerikaner war. Nochmals: Der Antikommunismus war eine Ideologie. Sie denunzierte auch Liberale und Sozialdemokraten, die erklärte Gegner des Kommunismus waren, als Lakeien des Kommunismus. Auch deshalb bot sie Menschen, die sich von der Naziideologie nicht gelöst haben (so weit ich mich erinnere, war das laut Umfragen noch bis in die 50er Jahre eine sehr großer Teil der westdeutschen Bevölkerung; vermutlich auch der ostdeutschen, aber da sind mir keine Umfragen bekannt). Sie können z.B. die Berichte nachlesen, die Hannah Arendt (wahrlich keine Freundin des Kommunismus) nach ihren ersten Deutschlandbesuchen geschrieben hat.

    Während die Nazi-Täter im Nachkriegsdeutschland gut integriert wurden, trafen Rückkehrer aus dem Exil (auch aus dem westlichen) auf Ablehnung. Dass Willi Brandt als „Vaterlandsveräter“ beschimpft wurde, war kein Einzelfall.

    Mit Ihrer Behauptung, die Einsatzgruppen seien nicht mehr gewesen, „als Spezialtruppen zur Partisanenbekämpfung, wie sie auch in anderen Armeen üblich sind“, disqualifizieren Sie sich selber. Wikipedia schreibt: „Von Juni 1941 bis 1943 ermordeten die Einsatzgruppen in der Sowjetunion mindestens 600.000, nach anderen Schätzungen bis zu anderthalb Million Menschen.“ Zu den übewiegend jüdischen Opfern zählten auch Frauen und Kinder. In Wikipedia können Sie auch die eigenen „Ereignismeldungen“ der Einsatzgruppen nachlesen.

    Was das „Personal“ der Reichsicherheitshauptamtes und seine Karrieren im Nachkriegsdeutschland betrifft, können sie die „Topographie des Terrors“ in Berlin besuchen. In der Ausstellung gibt eine große Tafel darüber Auskunft.

  23. Korrektur:

    Auch deshalb bot sie Menschen, die sich von der Naziideologie nicht gelöst haben (so weit ich mich erinnere, war das laut Umfragen noch bis in die 50er Jahre eine sehr großer Teil der westdeutschen Bevölkerung; vermutlich auch der ostdeutschen, aber da sind mir keine Umfragen bekannt), einen „ideologischen“ Anschluß an das Adenauer-Deutschland.

  24. Noch ein paar Kostproben für Max Wedell:

    „Das Ausmaß personeller Kontinuität zwischen dem Sicherheitsapparat des Nationalsozialismus und den Sicherheitsbehörden der frühen Bundesrepublik, darunter dem Bundeskriminalamt ist evident. Im Jahr 1958 befanden sich unter 47 Führungsbeamten des BKA 33 ehemalige SS-Führer.“ (Forschungsprojekt zur Geschichte des Bundeskriminalamtes zwischen 1949 und 1981, Projektleiter Prof. Dr. Patrick Wagner)

    „Allein sieben hohe Funktionäre aus dem Reichssicherheitshauptamt in Berlin wurden nach 1945 bei der Dortmunder Polizei angestellt, darunter der Chefermittler im Führerhauptquartier gegen die Männer des 20. Juli 1944, Dr. Bernhard Wehner.“ Der stellvertretende Leiter der Dortmunder Kriminalpolizei in den 50er Jahren, Dr. Rudolf Braschwitz, sei im Reichssicherheitshauptamt für das Referat „Bekämpfung des Kommunismus“ tätig gewesen. „Leiter der Kriminalpolizei wurde der einstige Dortmunder Polizeioberst Stöwe, dem versuchter Mord an 30.000 Menschen vorgeworfen worden ist.“ (Recherchen des Kriminalhistorikers und ehemaligen Kriminalkommissars Alexander Primavesi aus dem Dortmunder Polizeipräsidium)

  25. Natürlich hat Herr Dobrindt, so wie es in der Einleitung zu diesem Thema steht, seine Aussagen in der öffentlich-rechtlichen Verblödungsrunde genau kalkuliert. Deshalb gibt es sie doch überhaupt, diese unsäglichen Verblödungsveranstaltungen, und werden ständig mehr. Übrigens, nach der Jauchesendung, so ist es „überliefert“, haben sich der Linke Bartsch und der Rechte Dobrindt (Letzterer parteiintern auch immer häufiger Doofrindt genannt), noch zu ein paar Bierchen getroffen. Ob der Dobrindt dabei nun den Bartsch, oder der Bartsch den Dobrindt beobachtet hat, ist allerdings nicht überliefert, auch nicht, ob es sich um linke oder rechte Bierchen gehandelt hat. 🙂 Schon vor 80 Jahren schieb der deutsche Publizist Kurt Hiller: Die Unterscheidung links rechts wird täglich dümmer. So ist es bis heute geblieben. Es bedarf dringend neuer Begrifflichkeiten, zumal sich jeder links und rechts so zurecht zimmern kann, dass es irgendwie „in der Mitte“ passt. 😛

    Noch ein Wort zum so genannten Verfassungsschutz. Schon die Bezeichnung ist völlig daneben. Den einzigen Verfassungsschutz den es in diesem Lande (noch) gibt, ist das Bundesverfassungsgericht. Die anderen Vereine sind Geheimdienste, und die stehen sozusagen naturgemäß über bzw. neben dem Gesetz. Schon alleine deshalb sind Geheimdienste nicht mit einem demokratischen Rechtsstaat vereinbar. Sie sind intransparent, nicht (ausreichend) kontrollierbar, unfähig, kosten viel zu viel Geld, und stolpern von einem Skandal zum anderen, wie z.B. der so genannte Verfassungsschutz seit seinem Bestehen. Dieser „Dienst für das Innere“ ist außerdem immer noch in seinen braunen Wurzeln verhackelt und verheddert, da ist sogar einiges nachgewuchert, was durch seine rechte Blind- und linke Blödheit auch sehr deutlich wurde. Kurzum, der ganze Laden gehört schlicht und ergreifend abgeschafft; sogar noch dringlicher als das Amt des Bundespräsidenten.

    Abschließend noch eine Verständnisfrage an die Experten-Runde. Ein Zeitgenosse, der sich auch noch Historiker nennt, und seit Jahren in den so genannten Talkshows herumgereicht, dabei immer mehr zum peinlichen, kreischenden Clown wird (was in diesen Verbödungsrunden sicherlich schon an sich eine besondere „Leistung“ ist), verlautbart im Nachtstudio des ZDF, am 09. November 2003, wohlbemerkt gerade an einem 09. November: „Der Hitler hat ja in einem Maße dieses Land in Bewegung gebracht, was man sich heute gar nicht mehr vorstellen kann. Er hat in den 30er Jahren, was bis in die 40er, 50er – man kann sagen – in die 60er Jahre weitergewirkt hat, den Leuten einen Elan vermittelt, der vollkommen von uns gewichen ist.“ Ist dieser offensichtliche Hitlerbewunderer, Arnulf Baring, nun „beobachtungswürdig“ oder nicht? Herr Max, natürlich interessiert mich besonders Ihre Antwort, zumal Sie in Ihrer Verlautbarung @4 u.a. ausführen: „Leider ist es aber doch so, daß es zumindest theoretisch möglich ist, daß der eine oder andere Verfassungstreue VORTÄUSCHT“. Wie ist das nun beim ollen Baring, täuscht der vor, oder kann man Verfassungstreue und Hitlerbewunderung sozusagen bequem unter eine Mütze kriegen? Dann hätte ich noch gerne den Begriff „marktkonforme Demokratie“ hinsichtlich seiner „Beobachtungswürdigkeit“ hinterfragt. Ich hätte da noch so einige KameradenInnen auf meiner Liste hinsichtlich ihrer Verfassungstreue, darunter u.a. ehemalige Verfassungsminister, aber das würde dann doch wohl etwas zu viel werden. 🙂

    mfg
    Jutta Rydzewski

  26. Hallo, Jutta R.: Ich hatte in meinem Beitrag # 13 schon einmal auf die linken oder rechten Bierchen zwischen Dobrindt und Bartsch hingewiesen.

    Wir werden es nicht (mehr) erleben, daß der VS abgeschafft wird. Ist so wie bei Schützenvereinen (Achtung – doppelsinnig!): Die Traditionen müssen gepflegt werden. Beim Kreischvater Barin dürfte sich das personelle Problem bald rein biologisch lösen.

  27. @wedell

    „Wer den Menschen völlig verletzungsfreie Gesellschaften verspricht, ist ein Betrüger.“

    Da haben Sie die Schärfe meiner Sätze nicht wahrgenommen: Es geht nicht darum, daß jemand eine verletzungsfreie Gesellschaft „verspricht“.
    Es geht darum, daß ich eine verletzungsfreie Gesellschaft fordere. Betrüger sind diejenigen, die es nicht schaffen, eine solche bereitzustellen.

    Mit solchen Plattitüden wie: „das Leben ist kein Ponyhof“ oder: „das Leben ist kein Zuckerschlecken“ geben sich Ponyhofbetreiber und Zuckerbäcker halt nicht zufrieden.

    „Das Leben ist kein Kriegsschauplatz“ wäre eher konsensfähig.

  28. Irre ich mich, oder steht die Linkspartei auch deshalb unter VS-Beobachtung, weil ihr oder zumindest einem Teil der Promis an der Spitze unkritische Nähe zum schlimmen und furchtbar undemokratischen System Kubas und somit den Castros vorgeworfen wird. Tja, super. Wer hat heute „shake hands“ mit Herrn Nasarbajew, Diktator Kasachstans, oh, scusi, einem lupenreinen Demokraten nach russischem Vorbild, gemacht? Richtig, Frau Merkel und der Herr Wulff. Daher beantrage ich, beide jetzt vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen, wegen Kontakts (Handelsabkommen deutet auf häufigere Besuche hin) zu einem kommunistisch-autokratischen Machthaber.
    Was? Weltfremd? Deutsche Interessen sollten eine Rolle spielen? Genau doch! Kuba hat außer Zucker und gutausgebildeten Ärzten (eine Glanzleistung!) wenig anzubieten, z.B. keine seltenen Erden.

    Paßt halt zu uneserer marktgesteuerten Demokratie – alles lupenrein! Und schade, daß Syrien weder größere Vorkommen an Öl, Gas oder Seltenen Erden hat – dann würden für Assad & Co. fleißigst rote Teppiche gestrickt.

  29. @ Abraham

    Mein Lieber,

    die Liste ließe sich vervollständigen, auch für das BfV. Einzelfälle und Mitläufer: was für eine ignorante Schutzbehauptung! Wieso liest Herr Wedell nicht in seiner sonst so beliebten Quelle Wikipedia nach? Über den weitaus längsten und ersten Präsidenten des Amts in deutscher Hand heißt es dort:

    1955–1972 Hubert Schrübbers (CDU)
    Rücktritt, nachdem seine Tätigkeit in der NS-Justiz während der Zeit des Nationalsozialismus bekannt wurde. Unter Schrübbers sollen auffällig viele hohe Positionen im Bundesamt mit ehemaligen SS- bzw. SD-Angehörigen besetzt worden sein.

    http://www.attac-koeln.de/koeln/enthuellungsartikel/

    Spätere geschichtswissenschaftliche Forschung? Dass ich nicht lache. In Gefolge der Studentenbewegung und der sozialliberalen Koalition ließen sich solche bekannten Tatsachen bloß nicht mehr unter der Decke halten. Außerdem ändert das späte Bekanntwerden doch keinen Deut an dem von mir dargelegten Sachverhalt.

    Kenntnisse und Denken statt haltloser Behauptungen, Herr Wedell! Mich in antikommunistischer Manier als „offenkundiger Marxist, der hier gelegentlich Beiträge verfasst“ zu titulieren soll nichts anderes bewirken, als meine Glaubwürdigkeit herabsetzen.

    Wie kommen Sie überhaupt darauf? Weil ich hier schon seriösere, wissenschaftlich abgesicherte und stimmigere Aussagen über die Theorie von Marx getroffen habe als die in den üblichen antikommunistischen Statements von rechten Politikern und ihren Gefolgsleuten erscheinenden? Deswegen muss ich ebenso wenig Marxist sein wie ich Kantianer bin, weil ich hier schon Aspekte der Kantschen Philosophie erörtert habe. Ich habe das studiert, der oben bezeichnete Prof. Wolfgang Abendroth war der Nestor des politikwissenschaftlichen Institus in Marburg, an dem ich seinerzeit studiert und übrigens über das Grundgesetz und seine Entstehungsbedingungen ein Prädikatssexamen abgelegt habe.

    „Marxist“, „Kantianer“, solcherart dogmatische Zuordnung zu „Richtungen“ überlasse ich engstirnigeren Zeitgenossen. Zum Beispiel solchen, die, statt sich auf sachliche Informationen zu verlassen, wie ich sie einzig oben zugrundelegen, sich selbst in grotesker Selbstüberschätzung für das Maß der Dinge erklären:

    „Wenn andere, staatliche Stellen auch versuchen, diesen Nebel zu durchdringen, um einer Bedrohung unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung frühzeitig entgegenzuwirken, so finde ich persönlich das überhaupt nicht kritikwürdig.“
    – ICH PERSÖNLICH? für wen oder was soll ein solches Urteil maßgeblich sein? „Frühzeitig“ soll nach Lage der Dinge wohl heißen: „vorzeitig“ und unabhängig davon, ob eine solche Bedrohung erkennbar ist.

    Schlimmer noch:
    „solchen Personen sollte doch die Möglichkeit politischer Machtausübung hierzulande eher lieber nicht eingeräumt werden“. Also: die Vorstellungen „solcher Personen“, die aus einer kruden Übertragung von angeblichen (?) Urteilen über Kuba auf hiesige politische Ziele generiert werden, sind „nicht verfassungskonform.“ Was ich oben dargelegt habe über die Prinzipien für ein Pateienverbot wird hier völlig ignoriert.

    Merke: Nicht das GG oder das BVerfGer, nicht dessen ehemalige Präsidentin Limbach, nicht die Bundesjustizministerin haben die Definitionsmacht darüber, wem politische Machtausübung hierzulande eingeräumt werden sollte oder nicht, sondern ein Herr Max Wedell. Welche Persönlichkeitsstruktur steht wohl hinter solch einer hybriden Selbsteinschätzung?

    Statt hier im Anschluss an meine Zusammenfassung, meinetwegen in Kritik daran mittels nachvollziebaren Argumenten, zu einer gemeinsamen Urteilsfindung zu kommen (wie das geht, daran erinnere ich beispielhaft in einem eigenen Kommentar), mährt sich Wedell lang und breit über die wirtschaftliche Effizienz des Kapitalismus im Vergleich zum „realem Sozialismus“ aus, die ein ganz eigenes Thema ist und eben für die zur Frage stehende Verfassungsgemäßheit oder -widrigkeit, wie dargelegt, vollkommen irrelevant ist.

    Als keineswegs irrelevant, sondern als pure demagogische Hetze, von der offebanr trotz ihrer Gegenstandslosigkeit etwas hängen bleiben soill, erweist sich das Herumreiten auf Stalin und seinen Verbrechen: „Die Etablierung einer antikommunistischen/antistalinistischen Grundhaltung (…) das ist in meinen Augen nicht besonders kritikwürdig“, schreibt Wedell. Nun ja, in seinen Augen wieder und ungeachtet dessen. dass ich auf den engen Zusammenhang zwischen Antikommunismus und NS-Ideologie verwiesen habe, und er hängt den albernen Satz an: Stalin war sicher ein patenter Antifaschist, aber war er deshalb schon gleich ein feiner Kerl?“ Dabei hat der hier überhaupt nichts zu suchen, denn die Linke hat sich in einer Reihe von programmatischen Aussagen und Äußerungen ihrer Exponenten eindeutig vom Stalinismus abgegrenzt. Sie setzt unter den klassischen Marxisten eindeutig auf Rosa Luxemburg, die sich schon vom Leninismus kritisch abgegrenzt hat.

    Mir unterstellt Wedell fälschlich die Behauptung, die Amerikaner hätten die Bevölkerung indoktriniert. Was glaubt er dagegen eigentlich, wo die massive Indoktrination von zwölf Jahren Naziherrschaft geblieben ist, die totalitär alle Bereiche durchdrungen hat? Mit der erfundenen und erlogenen „Stunde Null“ plötzlich ins Nirwana entschwunden?

    Abraham weist zurecht darauf hin, dass ein Unterschied besteht zwischen Antikommunismus als Ideologie, die Wedell ignoriert, und Kritik an kommunistischer Programmatik und Praxis. Letztere nährt sich ggf. mit gutem Recht etwa an der Person und Politik Stalins. Erstere war nicht nur ein Element der Nazi-Ideologie neben dem und unabhängig vom Antisemitismus, sondern aufs Engste mit diesem verwoben, ja nahezu identisch. Der „jüdische Bolschewismus“ ist nicht einmal eine Erfindung der Nazis, wurde von dessen Führungspersonal aber begierig aufgegriffen und verwendet:

    „In seinem Buch Mein Kampf hatte Hitler den Marxismus als Teil der Verschwörung des „Weltjudentums“ betrachtet. Mit dem Schlagwort „Jüdischer Bolschewismus“ versuchte die NS-Propaganda den Antikommunismus als Rechtfertigung für Antisemitismus zu instrumentalisieren und zu missbrauchen.“ (Wikipedia)
    „Siegt der Jude mit Hilfe seines marxistischen Glaubensbekenntnisses über die Völker dieser Welt, dann wird seine Krone der Totentanz der Menschheit sein“ (Adolf Hitler, Mein Kampf).

    Überdies: der Antikommunismus ist um einiges älter als der Stalinismus. Das „Kommunistische Manifest“ von Marx und Engels beginnt folgendermaßen:

    „Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Kommunismus. Alle Mächte des alten Europa haben sich zu einer heiligen Hetzjagd gegen dies Gespenst verbündet, der Papst und der Zar, Metternich und Guizot, französische Radikale und deutsche Polizisten.
    Wo ist die Oppositionspartei, die nicht von ihren regierenden Gegnern als kommunistisch verschrien worden wäre, wo die Oppositionspartei, die den fortgeschritteneren Oppositionsleuten sowohl wie ihren reaktionären Gegnern den brandmarkenden Vorwurf des Kommunismus nicht zurückgeschleudert hätte?“

    Geschrieben wurde das Manifest 1848, als Programm für den geheimen „Bund der Kommunisten“. Der hatte damals, über ganz Europa verstreut, sage und schreibe 500 Mitglieder.

    Das mag als exemplarische Auswahl reichen, eine detaillierte textliche Analyse würde in nahezu jeder Aussage mehr oder weniger grobe Unstimmigkeiten zutage fördern. Hier nur noch dies:

    „Eine Aufhetzung zum Klassenhass, die in meinen Augen verfassungswidrig ist, ist ja ein stückweit Mainstream geworden“

    Ungeachtet des unsinnigen Attributs (was soll ein „stückweit Mainstream“ sein?) trifft das in dieser Verallgemeinerung nicht einmal für die zwanziger Jahre zu. So etwas aber für die Gegenwart zu konstatieren, kann man nur paranoide Realitätsverleugnung nennen. Zudem: was tatsächlich verfassungswidrig ist und was nicht, darüber hätte sich Wedell verlässlich in meinem Kommentar informieren können. „in meinen Augen verfassungswidrig“ ist dagegen wieder ein völlig unmaßgebliches egozentrisches Urteil nach bekanntem Muster.

    „Aber das Abbilden einer verzerrten Wirklichkeit zum Zwecke der Stimmungsmache in den Medien wird ja unter “Pressefreiheit” geführt, da kann man dann wohl nichts machen.“ Wer die Wirklichkeit tatsächlich verzerrt, ist auch hier eindeutig, aber die larmoyante Klage über die Pressefreiheit, die gibt einem im Hinblik auf Verfassungstreue denn doch sehr zu denken.

    P.S. Ich kann nicht verhindern, dass Wedell eine seiner intelligenten Antworten gibt, werde diese aber ignorieren. Er und meine Leser mögen den Kommentar zur Kenntnis nehmen und beherzigen oder es lassen.

    P.P.S. Es war in der Tat ein Fehler, lieber Abraham, in das Blog zurückzukehren. Ich werde also als Abgesang ggf. noch eine Reminiszenz an unsere ganz anders gearteten früheren Dialoge verfassen und dann AUS dem Blog zurückkehren.

  30. Danke, Heinrich, für den ausführlichen Kommentar. Ich hatte mir schon mehrfach vorgenommen, auf die Beiträge von Wedell nicht mehr zu reagieren und diese mit Nichtbeachtung zu strafen, aber es gelingt mir, leider, nicht immer. Er selbst scheint das besser zu beherrschen, wenn er merkt, daß die Stimmung im Blog gegen ihn ist. Ich könnte mir vorstellen, daß es ihm manchmal einfach Freude bereitet, einen Stein ins Blog-Wasser zu werfen, dann zu beobachten, wie die Wellen ihre Kreise ziehen, und sich dann königlich darüber zu freuen und zu amüsieren.

    Aufgefallen ist mir, daß die Untaten auf der Linken eher in Höllenfarben ausgemalt werden und die auf der Rechten eher relativiert werden – eben gute alte Tradition. Vielleicht lehne ich mich zu weit aus dem Fenster, aber auch der Neoliberalismus hat für mich z.T. Ähnlichkeiten mit dem Faschismus, so z.B. seiner unkritischen Haltung zu und dem Stilisieren selbsternannter „Eliten“, seiner Ikonen-Bildung (vieler der die Weisheit mit dem Löffel fressenden Wirtschaftsweisen und -päpste) und seinem Erklären von Lügen zu Wahrheiten und Wahrheiten zu Lügen. Und wenn die Linken, sofern nicht nur Salonlinke, Mitmenschlichkeit, Solidarität, gerechte Verteilung etc. als gemeinsame Forderungen haben, gähnt auf der Rechten nur ein Abgrund, in dem Menschen nur als Mittel zum – ausbeuterischen – Zweck gesehen werden. Gefördert wird dann nur noch, wenn es dem Zweck dient, siehe neue schöne IBM-Arbeitswelt. Eben die marktkonforme Gesellschaft.

    Bis zum Fall der Mauer hielt man sich noch zurück bezüglich Umverteilung. Schließlich mußte man gegen das Arbeiter- und Bauernparadies im Osten anstinken, und hüllte den Bürger gerne in den kuscheligen rheinischen Kapitalismus ein. Nach dem Mauerfall war es dann vorbei, der böse Kommunismus (welcher real in der DDR nie existierte) war gescheitert, seine Protagonisten standen im Hemd und die neue neoliberale Leere verhieß jetzt anstelle von Wohlstand für alle zumindest noch Wohlstand für die „Leistungsträger“ bzw. für all die, die es sich leisten konnten, zu debattieren und dann auch auszuführen, welchen und wieviel „Sozial“-Staat man sich künftig leisten wolle. Sozial war einfach nur noch „Gedöns“.

    Traurig aber wahr, daß immer noch so viele – durch die Mehrheitsmeinung der Medien, falsche Propheten und sowohl strategisch als auch taktisch geschürten Ängsten vor den Linken – den rechten Rattenfängern hinterher rennen. Unsere ach so ausgewogenen Talkshows mit ihren noch ausgewogener ausgesuchten Protagonisten und den immer wieder ausgewogenen Unterbrechungen durch Illner, Plasberg, Jauch, Will & Co. an den „richtigen“ Stellen (wenn mal einer Tacheles redet) lassen mich nicht auf Besserung hoffen.

  31. @ Abraham #23 – #25,

    unter „Antikommunismus“ ist eine große Bandbreite an Auffassungen zusammengefasst, deren Kritikwürdigkeit oder Nichtkritikwürdigkeit nicht ohne genauere Betrachtung der jeweiligen Umstände entschieden werden kann. Es macht keinen Sinn, den Antikommunismus Adenauers mit dem Antikommunismus der Nazis, Pinochets oder anderer in einen Topf zu werfen, die aus diesem Antikommunismus heraus „Liberale und Sozialdemokraten“ denunzierten. Bei letzterem muß man auch genauer hinsehen… aus einer antikommunistischen Haltung heraus z.B. dem Sozialdemokraten Herbert Wehner kritische Fragen zu seiner Vergangenheit zu stellen wäre z.B. völlig legitim, ohne daß zu vermeiden ist, daß es auch wieder welche gibt, die dies als „Denunziation“ auffassen. Gegen Willy Brandt wurde ja eine ganze Palette von Anfeindungen aufgefahren, die des „Vaterlandsverrats“ aber mit einem Antikommunismus in Verbindung zu bringen scheint mir ebensowenig sinnvoll zu sein wie den Vorwurf unehelicher Geburt oder unmoralischen Lebenswandels mit einem Antikommunismus in Verbindung zu bringen. Aus einer antikommunistischen Haltung heraus aber den Sozialdemokraten Brandt kritisch zu sehen, wenn dies inhaltlich gerechtfertigt ist, also z.B. wenn man eine Appeasementpolitik dem Ostblock gegenüber für falsch hält, ist völlig legitim, und einem bestimmten politischen Verhalten dann eine gefährliche, prokommunistische Auswirkung zu unterstellen sowie den Verdacht zu äußern, das die auch gewollt ist, ist ohne weiteres auch keine Denunziation.

    Eine ähnliche Bandbreite hat auch der Begriff des „Antifaschismus“. Man kann Antifaschist sein aus einem Humanismus heraus, und wer das insbesondere unter den Bedingungen der Nazizeit war, hat meine größte Hochachtung (wohingegen es unter den heutigen Bedingungen in unserem Land eher als Selbstverständlichkeit zu erwarten ist). Wer aber sich aus Nazideutschland nach Moskau flüchtete, dort die kommunistische Wirklichkeit insbesondere unter Stalin jahrelang studieren konnte, und dann nach 45 zurückkehrte, und sich als „Antifaschist“ hier um eine Angliederung Deutschlands an den kommunistischen Block bemühte… solch eine Person ist in meinen Augen unglaubwürdig, wenn sie behauptet, ihr Antifaschismus wäre aus einer humanistischen Grundhaltung geboren. Solche „Antifaschisten“ kämpfen gegen die Faschisten, wenn die sie angreifen (ebenso würden sie gegen Eskimos kämpfen würden, wenn die sie angriffen), unter anderen Bedingungen aber, z.B. wenn das Gemeinsame-Sache-Machen mit den Faschisten erstmal nützlicher ist, machen sie mit Ihnen auch gemeinsame Sache, wie der großartige „Antifaschist“ Stalin ja in der Angelegenheit der Aufteilung Polens gezeigt hat.

    In Deutschland bildete sich 1947 die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten“ unter starker Mitwirkung solcher stalinistischer „Antifaschisten“. Viele nichtkommunistische Verfolgte bzw. Gegner jeglichen Antihumanismus‘ bemerkten dies recht schnell und traten aus, übrig blieb eine Organisation, deren Mitglieder ganz mehrheitlich auch Mitglieder ostblocktreuer kommunistischer Parteien waren (erst KPD, später DKP) und auf den Anschluß der BRD an den Ostblock hinarbeiteten… einer Organisation, die von der SED bewiesenermaßen und maßgeblich finanziert wurde, und die die „Mahnhaltung gegenüber den Verbrechen des Faschismus“ zu instrumentalisieren versuchte, um ihre eigentlichen Ziele der Destabilisierung und kommunistischen Vereinnahmung der BRD zu tarnen und sich den Anstrich eines Clubs der Menschenfreunde zu geben.

    Wer die herrschende Ordnung beschädigen oder gar beseitigen will, dem bietet sich das Mittel an, sich dem Ziel mit Hilfe von Denunziation zu nähern. Dazu können z.B. Dinge erfunden werden: siehe z.B. die Erfindung von Beweisen und Zeugenaussagen im SED-Schauprozeß gegen den Westpolitker Theodor Oberländer, wie in jüngster Zeit anhand von Stasi-Unterlagen belegt werden konnte. Es können aber auch tatsächliche Sachverhalte aufgeblasen oder verzerrt oder beides werden. In Ihrem Beitrag #25 ist das zweite Zitat Veröffentlichungen der oben beschriebenen Organisation entnommen. Um dieses Zitat inhaltlich ernst zu nehmen, bräuchte es, was mich angeht, eine Berücksichtigung, Verifizierung und Bestätigung in der allgemeinen Geschichtswissenschaft. Die ist mir zunächst nicht bekannt. Und der bloße Bericht von einem „Vorwurf des versuchten Mordes an 30.000 Menschen“ bedeutet erstmal für jene, die nicht der Meinung sind, daß solche Vorwürfe automatisch stimmen, nicht viel. Wenn in Web-Texten lediglich von diesem Vorwurf berichtet wird, aber in einer Art und Weise, als würden solche Vorwürfe irgendwie auch berechtigt sein, drängt sich der Eindruck auf, daß hier eher Propaganda statt Aufklärung betrieben werden soll.

    Apropos Theodor Oberländer… Oberländer ist ein Beispiel, bei dem auch ich sagen würde, daß seine Integration ins politische System der BRD sehr kritisch zu sehen ist, ähnlich wie bei Globke und einigen wenigen anderen. Man muß aber nicht Beweise für Massenmord fälschen, um Oberländer zu den in unserem System schwer erträglichen zu zählen.

    „Die Einsatzgruppen sind nicht mehr gewesen, als Spezialtruppen zur Partisanenbekämpfung, wie sie auch in anderen Armeen üblich sind“ habe ich nicht behauptet, allenfalls, das dies in der unmittelbaren Nachkriegszeit verbreite Auffassung war. Wenn Sie meinen Absatz dazu nochmal gründlich lesen, werden Sie das merken. Ich wollte nur darauf hinweisen, daß es zu einem Vorhandensein von Personen mit höherer Verantwortung für Unrecht während der Nazizeit in den neuen staatlichen Organisationen der BRD nicht nur dadurch kommen konnte, daß jemand sagte: „Von dem ist ja bekannt, daß…, ist aber jetzt erstmal egal, den stellen wir ein“, sondern auch dadurch, daß die höhere Verantwortung für Unrecht während der Nazizeit nicht so deutlich und klar erkennbar war wie später dann nach entsprechender Forschung über die DETAILS der Naziverbrechen, und die Betreffenden selber ja nun im eigenen Interesse eher Verschleierung betrieben. Was beweist aber dann das Aufdecken eines Altnazis, wenn das Ausmaß der nationalsozialistischen Verstrickung damals mit vertretbarem Aufwand überhaupt nicht festzustellen war. Die damals politisch Agierenden hatten nicht die Möglichkeit, in heutigen Geschichtsbüchern nachzuschauen, oder in der heutigen Wikipedia, wenn man die als Kondensat der historischen Erkenntnisse der letzten 60 Jahre auffasst.

    Ihren Hinweis auf Hannah Arendt habe ich zum Anlaß genommen, nochmal den „Besuch in Deutschland“ von 1950 hervorzusuchen und zu lesen…

    Weite Teile des Textes befassen sich mit den von ihr beobachteten Strategien der Deutschen, das Geschehene zu verarbeiten (wobei die Verdrängung ja auch eine Form der Verarbeitung ist). Bezug auf einen Antikommunismus nimmt sie dabei eigentlich nicht. Ich verstehe deshalb nicht, wie Sie in diesem Text eine Problematisierung eines bundesdeutschen Antikommunismus entdecken können. Vielleicht meinen Sie andere Texte? An einem Punkt erwähnt sie in obigem Text, daß „das „Rote Berlin“ nun heftig antikommunistisch geworden sei“, aber das findet eher ihre deutliche Symphatie.

    Was das Überdauern der Naziideologie angeht, so schreibt sie z.B.: „Mit den relativ wenigen überzeugten Nazis, die es immer noch in Deutschland gibt und bei denen es sich fast ausnahmslos um ehemalige SS-Angehörige handelt, haben die Vertriebenen ein klar umrissenes Programm gemein“ (und meint damit das Eintreten für die Wiederherstellung der Grenzen Deutschlands von 1937) Nun kann man natürlich berechtigt bezweifeln, ob jemand infolge eines „Besuchs“, egal wie ausgedehnt der nun sei, eine solche Aussage über die Anzahl der verbliebenen Nazis machen kann, aber diese Einschätzung einer Person, die nicht nur ganz sicher keine Kommunistin ist, sondern auch ganz sicher keine Faschistin, kann man ja zumindest mal zur Kenntnis nehmen… auch wenn Unklarheit darüber besteht, was „relativ wenig“ genau bedeutet. „Relativ wenig“ wird aber bei einer unmißverständlich Antitotalitären nicht „recht viel“ bedeuten.

    Hier will ich kurz abschweifen und einmal folgende Zitate aus diesem Text bringen, um gewisse andere Personen bezüglich der Frage, ob hier nicht vielleicht doch eine Bewunderin der Nazis schrieb, ein wenig zu verwirren: „Der bessere Schutz der Arbeiterinteressen wurde in den Augen der Arbeiterklasse wie des gehobenen Mittelstands zur größten Einzelattraktion des Naziregimes […] Das Ergebnis ist, daß in Deutschland Planwirtschaft – ohne kommunistische Beiklänge – als einziger Schutz gegen Arbeitslosigkeit und Überausbeutung in Erinnerung bleiben wird“. Q.E.D… und sei es auch nur, daß für Urteile bestimmter Tragweite doch die Rezeption von über Einzelsätze hinausgehenden Fragmenten des Gesamtschaffens nötig ist.

    Der Text ist aber jedenfalls aus zwei Gründen hochinteressant und zur Lektüre sehr empfohlen: 1. Das Zusammenwirken der außergewöhnlichen Umstände jener Zeit… die Konfrontation mit den Naziverbrechen, die Konfrontation mit der Frage der eignen Schuld, das Erleben des Kriegs mit all seinen Härten usw., die in der individuellen Psyche aufgrund ihrer Schwere deutlichere Spuren hinterlies und Reaktionen hervorrief als dies Geschehnisse in unseren „Normal“zeiten der Fall ist, bewirkten, daß die damalige Gesellschaft ein ideales Laboratorium für den an menschlicher Psychologie interessierten war. Arendt unternahm hier den ersten Schritt aller wissenschaftlichen Prozesse… den der gründlichen Beobachtung und Schilderung der Phänomene. 2. Lehrreich sind ebenfalls die reichlichen Passagen, die sich um die Diagnose der wirtschaftlichen Situation und der Prognose ihrer Weiterentwicklung drehen… auch in ihren Irrtümern.

    Ansonsten, und das sei auch noch kurz erwähnt, halte ich es nicht für besonders verwegen, jemanden als „offensichtlichen Marxisten“ zu bezeichnen, der uns zum Verständnis dessen, was die Erschaffer des Grundgesetzes im einzelnen meinten, das Buch eines Marxisten empfiehlt, und, mehr noch, diese Interpretation eines Marxisten in hohem Maße zu teilen scheint.

  32. @29 Wolfgang Fladung

    In der Tat, lieber Herr Fladung, diese erbärmliche und widerliche Doppelmoral scheint zum ganz normalen politischen Alltagsgeschäft zu gehören. Allerdings bezieht sich das nicht nur auf schwarz/gelb. In der Zeit von rot/grün ging es teilweise noch schlimmer und widerlicher zu. Als das syrische Regime noch zu unseren Freunden zählte, was noch gar nicht so lange her ist, tickten die Uhren völlig anders als zur Zeit: Nachdem der verbrecherische Angriffskrieger Bush, als Folge des mehr als nur merkwürdigen 11.09.01, dem Terrorismus den Weltkrieg erklärt hatte, wonach Terrorismus mit noch mehr Terrorismus bekämpft wurde, ist der deutsche Staatsbürger, Mohammed Haydar Zammar, kurz vor Weihnachten 2001, während einer Marokko-Reise, vom US-Geheim- und Folterdienst CIA nach Syrien verschleppt, und in das berüchtigte Far-Filastin-Gefängnis des Militärgeheimdienstes in Damaskus verbracht worden. Im November 2002 ist Zammar dann in diesem menschenverachtendem Folterkerker, von, und nun halten Sie sich fest, Beamten … des Bundeskriminalamtes, des Bundesnachrichtendienstes und des Inlandgeheimdienstes, fälschlicherweise Verfassungsschutz genannt, „besucht“ worden. Die Herrschaften von BKA, BND und Verfassungsschutz hatten aber nicht die Absicht den deutschen Staatsbürger aus dem Folterknast zu befreien, sondern waren mit großem Aufgebot angereist um ihn zu … verhören. Nota bene: Deutsche „Geheime“ und Bundeskriminale reisen in einen syrischen Folterknast, um dort einen deutschen Staatsbürger zu verhören. Es kommt aber noch besser. Das Verhör durch die Deutschen war Teil einer Geheimabsprache zwischen dem Kanzleramt und Syrien. Im Gegenzug hatten deutsche Spitzenbeamte bei einem Treffen in Berlin im Juli 2002 einer hochrangigen Delegation aus Damaskus zugesagt, die Anklagen gegen zwei mutmaßliche syrische Agenten zurückzuziehen, sowie die Fahndung nach dem syrischen Ex-Botschafter in Ost-Berlin, Feisal Sammak, ein Mitglied der syrischen Präsidentenfamilie, wegen Beihilfe zum Anschlag auf das Berliner Maison de France 1983 auszusetzen. Und genau so ist der Deal dann auch gelaufen. Der Prozess gegen die syrischen Agenten, der bereits fest terminiert war, wurde, Knall auf Fall, abgesagt. Tja, so ist das in dieser heuchlerischen Welt der Doppelmoral, damals gehörte das Regime in Syrien noch zu den „Guten“, ähnlich wie Ghadafi, nun sehen die westlichen Wertegemeinschaftler ihre Ziele viel besser bei den „Revolutionären“ aufgehoben, und zu den Zielen gehören sicherlich weder die Menschenrechte, noch überhaupt demokratische Verhältnisse, die im Übrigen auch in den westlichen Wunderländern, auf breiter Front, auf dem Rückmarsch sind.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  33. @ Fladung,

    „Wer hat heute “shake hands” mit Herrn Nasarbajew, Diktator Kasachstans, oh, scusi, einem lupenreinen Demokraten nach russischem Vorbild, gemacht? Richtig, Frau Merkel und der Herr Wulff“

    Zwischen der Gründung einer Organisation „Cuba Si“, die die gegenwärtige dortige Diktatur ausdrücklich gutheißt, und dem beschriebenen „shake hand“ sehe ich schon einen Unterschied. Die Beobachtung von Cuba Si durch den Verfassungsschutz käme nicht zustande, wenn „Cuba Si“ sich für Handelsbeziehungen Deutschlands mit Kuba einsetzt, die Menschenrechtsverstöße des dortigen Regimes aber angemessen kritisch sehen würde.

    Und ja, genau, ebenso sollten Merkel und Wulff vom VS beobachtet werden, wenn sie einen Verein „Kasachstan Da“ gründen würden und in diesem dann die Diktatur Nasarbajews auf ähnliche Weise verherrlichen würden. Das ist aber meines Erachtens noch nicht geschehen, oder wissen Sie da genaueres?

  34. Der Kommentar Nr. 27 hat es in sich, und zwar in äußerst negativer Art und Weise. Der letzte Satz “Beim Kreischvater Barin dürfte sich das personelle Problem bald rein biologisch lösen” spricht Bände. Mit “Barin” dürfte wohl der fast 80jährige A. Baring gemeint sein? Wenn ja, dann ist es impertinent einen andersdenkenden Menschen als “personelles Problem” zu bezeichnen. Noch schlimmer ist es aber, als Lösung dieses personellen Problems sinngemäß den Tod (biologische Lösung) aufzuführen. Hinter diesem letzten Satz in Kommentar 27 verbirgt sich eine menschenverachtende und diskriminierende Geisteshaltung.

  35. @ Max Wedell

    Im Wortverdrehen, Umdeuten von Fakten und im Aufstellen völlig abstruser Behauptungen sind Sie ja wirklich einsame Spitze.
    So zitieren Sie z.B. in einer Antwort an mich (s. Kommentar # 12) einen Buchtitel,unterschlagen dabei aber den wichtigsten Teil. Mit Bedacht, so scheint mir, weil der nämlich ganz und gar nicht zu Ihren Argumenten passt und Ihre Pointe völlig ad absurdum geführt hätte. Der vollständige Titel des von Ihnen zitierten Buches heißt: “More Money than Brains: Why Schools Suck, College is Crap & Idiots Think They’re Right” und kritisiert quasi genau das Gegenteil von dem, was Sie uns unterjubeln wollten. Die Autorin prangert nämlich an, dass in us-amerikanischen Schulen und Colleges, weder fundiertes Allgemeinwissen noch kritisches Denken gelehrt wird, sondern hauptsächlich nutzloses, unwichtiges Zeug, wofür auch noch Unsummen von Privatgeldern gezahlt werden müssen. Im ersten Kapitel auf S. 3 ist beispielsweise folgender schöne Satz zu lesen: „Ergo, higher ed (education) has been demoted to the level of a racket, a swindle, a series of pointless exertions one must complete to get the golden ticket to a job.”

    Ich finde so etwas nicht nur ärgerlich und enttäuschend, sondern auch absolut unlauter. Warum liegt Ihnen eigentlich so viel daran, Diskussionen derart fehl/irre zu leiten?

  36. Und Beitrag #30 von Heinrich will ich dann auch noch kommentieren, um ihm die Freude zu ermöglichen, darauf nicht zu antworten.

    Die Vergangenheit des Hubert Schrübbers war mir nicht bekannt. Auch Schrübbers würde ich nach Studium der Informationslage in die Reihe derer setzen, die mit sehr gutem Recht kritisch gesehen werden müssen.

    Ansonsten präsentieren Sie eine bei attac veröffentlichte Liste von 17 Personen, die sich aus so „illustren“ Quellen speist wie Publikationen der „Eulenspiegel Verlagsgruppe – edition ost“ (Sicher eine nicht uninteressante Quelle zur Zeitgeschichte, siehe z.B. die gerade jetzt erfolgende Publikation „Letzte Aufzeichnungen“ von Erich Honecker in diesem Verlag 😀 ).

    Es gab 1965 schon einmal ein von der Bundesregierung in Auftrag gegebens Gutachten über die NS-Belastung von Mitarbeitern des BfV. In diesem von Max Silberstein, dem ehemaligen Präsidenten des Oberlandesgerichts Karlsruhe, durchgeführten Gutachten wurden 16 Personen von den damaligen 865 Mitarbeitern als belastet ermittelt, allerdings Schrübbers nicht, da das Bekanntwerden einzelner belastender alter Gerichtsurteile unter seiner Beteiligung scheinbar erst 1972 erfolgte, mit Schrübbers also ebenfalls 17 (ob das dieselben sind wie auf der von Attac publizierten Liste ist mir nicht bekannt).

    Nicht zuletzt der Fall Schrübbers zeigt, daß zu den 16 von 865 (ca. 2%) natürlich eine gewisse Dunkelziffer zu addieren ist. Über deren Höhe kann man nur spekulieren. Andererseits muß man aber bei der Frage, wie solche Personen den Charakter der Arbeit des Amtes mitbestimmten, berücksichtigen, daß es auch eine Lernfähigkeit der Menschen gibt. Wenn man davon ausgeht, daß in diesem Amt die Anzahl jener, die vor 45 keine Nazis waren, aber nach 45 welche wurden, weit geringer ist als die Anzahl jener, die vor 45 überzeugte Nazis waren, aber sich nach 45 zu überzeugten Demokraten wandelten, so ist von 2% plus Dunkelziffer auch wieder ein gewisser Anteil von Personen abzuziehen, die trotz belasteter Vergangenheit für eine integre, verfassungskonforme Arbeit des Amtes keine Gefahr waren. Damit will ich aber ausdrücklich nicht behaupten, daß die Beschäftigung dieses Anteils von „Geläuterten“ im BvG rechtens und in Ordnung war… sie war es ausdrücklich NICHT, da eine demokratische Läuterung von der Verantwortung für ausgeübtes Unrecht nichts abträgt.

    Ist mir schon nicht einleuchtend, wie diese wenigen Prozent den Charakter der Arbeit des Amtes gegen die anderen wesentlich beeinflussen konnten, so bleibt mir dann vollends unklar, wie diese damaligen wenigen Prozent eine durchgängige und WEITERE 30 bis 40 Jahre anhaltende Personalpolitik bewirken konnten, die dazu führte, wie dies hier ja oft pauschal behauptet wurde, daß der jetzige Personalbestand von 2600 Personen wenn nicht komplett, so jedenfalls doch weitestgehend „auf dem rechten Auge blind“ sein soll. Das grenzt für mich an ein Wunder.

    Es gibt aber ein Happy End. Unabhängige Wissenschaftler untersuchen momentan die Geschichte des BfV genau auf diesen Aspekt der Karrieren von Altnazis in diesem Amt hin. Die Veröffentlichung dieser Untersuchung wird die allgemeine Spekulationsbreite zu diesem Thema hoffentlich einengen helfen.

  37. # 37, Michael G. Hoffmann: Bei einem wie Baring, den Sie womöglich nicht so oft in Talkshows erlebt haben wie ich, mit seinen unsäglichen, die Geschichte schönenden, die Hitler-Zeit mit ihren unsäglichen Verbrechen relativierenden, und Andere in ihrer Meinung niederbrüllenden Ansichten, nehme ich mir das Recht heraus, diesem einen baldigen biologischen Abgang zu wünschen – damit ich ihn nicht mehr ertragen muß. Mein Respekt vor dem „Andersdenkenden“ hat da ihre Grenzen, wo dieser „Andersdenkende“ selbst Andersdenkende nicht duldet. Ich habe schließlich nicht zur „Nachhilfe“ aufgerufen.

    Ich wünsche mir wirklich, daß linken Kommentatoren die gleichen Rechte eingeräumt werden wie solchen reifen Persönlichkeiten wie Baring. Wo Baring kreischen darf, werden sachlich und vernünftig Argumentierende unterbrochen – weil sie dem falschen Lager angehören.
    Mein Wunsch würde in der Erfüllung ein wenig mehr Balance schaffen, womöglich.

  38. @ Anna,

    Ihre Kritik scheint mir überempfindlich. Ich habe gar nicht auf das Buch hingewiesen in der Art: Lesen Sie das mal, dann verstehen Sie meine Position. Sondern ich wies lediglich auf den Untertitel hin, weil er mir eine schön pointierte Zusammenfassung der zunehmenden Bildungsaversion zu sein schien… So nach dem Motto – Schüler: Schule ist doch Mist… Gymnasium ist Scheiße… Lehrer: … und Idioten denken, sie liegen richtig.

    Die Autorin meinte diesen Untertitel natürlich AUCH anders, wollte damit auch kritisieren, daß gegenwärtige schulische Inhalte ihrer Meinung nach kritikwürdig, d.h. „crap“ sind… und auch „why idiots think they’re right“ hat hier noch eine andere, zweite Bedeutung, von der ich hoffe, daß sie damit im Zusammenhang mit meiner Person nicht herumzukalauern anfangen… ich bin mir jedenfalls sicher, daß die Autorin so ziemlich alle Bedeutungen meinte, die man aus diesem Untertitel nur herausholen kann.

    Ich konstatiere eine um sich greifende Bildungsaversion in D. Die Autorin konstatiert eine um sich greifende Bildungsaversion in USA. Z.B. vier Absätze nach dem von Ihnen zitierten Satz berichtet sie eine typische Schüleräußerung, die sie in langjähriger Lehrertätigkeit immer wieder zu hören bekam: „No offence, Miss, but reading, thinking, and writing are wastes of time and boring as hell.“

    Über die Ursachen muß geredet werden. Ich sehe da vieles anders als die Autorin. Die auch für Linke mögliche Kapitalismuskritik, die ich andeutete, ging daher eher in Richtung einer Kritik freier Märkte in den Bereichen Medien und Musikindustrie. Ja, Sie haben recht gelesen, Kritik freier Märkte.

  39. (@ Max Wedell #39)

    Wenn die „SS-Führer“, die ihre Heimat im BfV gefunden haben, 1945 so um die 40 gewesen sind, sollte sich dieses Problem – Wolfgang Fladungs Wunsch nach biologischer Erledigung folgend – ja 1970 durch ihre Pensionierung mehr oder weniger erledigt haben. Dass ihr prägender Einfluss auch 30-40 Jahre weitergewirkt hat, ist natürlich vorstellbar. Aber ist es auch realistisch?

    Ansonsten stelle ich mir die Frage, die sich diejenigen, die sich selbst als mehr oder weniger links sehen, offenbar nicht stellen: Wie kommt es, dass bei all der jahrzehntelangen schulischen und ausserschulischen Beeinflussung von Erwachsenen und Kindern es immer noch einen latenten Antisemitismus gibt, der 20% der Bevölkerung „befallen“ hat und eine latente „Fremdenfeindlichkeit“, der angeblich bis zu 40% der Bevölkerung erlegen sind?

    Gedenkfeiern, Mahnmale, unzählige Fernsehsendungen und Schulstunden, Reden von Bundespräsidenten und -kanzlern, Schriften der Bundes- und Landeszentralen für politische Bildung, Veranstaltungen der steuerzahlerfinanzierten politischen Stiftungen der Parteien, christliche Indokrination per staatlich organisiertem Religionsunterricht, staatlich finanzierte Vereinigungen – wieso haben all die so eklatant versagt?

    Statt dessen widmet man sich einer (soll man sagen: populistischen?) Schaufensterpolitik mit medienwirksamem Aktionismus à la NPD-Verbot, Rechtsextremisten-Datei oder Forderungen nach Abschaffung des Verfassungsschutzes. So schreibt z.B. die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, Januar 2012 (Autor: mwe), wie das Pendel der Ungleichbehandlung nun nach der anderen Seite ausschlägt:

    „Die Neonazi-Datei weiß mehr

    Die neue Rechtsextremen-Datei der Sicherheitsbehörden nimmt Gestalt an. Anders als bei der Anti-Terror-Datei zum Islamismus soll sie nicht nur über Personen Auskunft geben, sondern auch über Telefone, Computer, Internetseiten oder Bankverbindungen.“ (U.a. werden auch „Sprachkenntnisse“ erfasst.)

    Auf jeden Fall gilt auch weiterhin das Motto „Immer schön auf die anderen zeigen!“, auch wenn die Fakten eine andere Sprache sprechen. Um die Wiedergabe einer dpa-Meldung in der Frankfurter Rundschau (Qualitätsjournalismus!) zu „Politisch motivierter Kriminalität 2011“ zu zitieren:

    „Demnach registrierten die Behörden im vergangenen Jahr insgesamt 1160 Fälle linksmotivierter Gewalt – gut ein Viertel mehr als noch im Vorjahr (2010: 916 Fälle). Dabei seien 783 Personen verletzt worden, gut 43 Prozent mehr als 2010 (547 Verletzte).

    Im Gegensatz zu den Fällen linker Gewalt sei die Zahl rechtsmotivierter Gewalttaten 2011 leicht gesunken – auf insgesamt 579 Fälle (2010: 597 Fälle). Dabei wurden dem Bericht zufolge 607 Personen verletzt (2010: 599).“

    Dass die Behörden vor kriminellen Clans und Banden aus dem albanisch-türkisch-kurdisch-libanesisch-palästinensischen Umfeld geflissentlich die Augen verschließen oder gar davor zurückweichen, zumindest aber dessen kulturbereicherndes Wirken verharmlosen, ist ja bekannt. Zur Zeit mischt eine kurdische Streetgang in Berlin-Wedding ein „linksalternatives Projekt“ auf. [1]

    „Heftig wird auf linken Internetseiten über den Streit innerhalb des Hauses und auch der linksalternativen Szene diskutiert. Da man nicht als ausländerfeindlich gelten wolle, „hält man offensichtlich die Klappe“, kritisieren zahlreiche Wortbeiträge. „Wer als Linker ständig für Multikulti demonstriert, der muss dann auch irgendwie mit der nackten Realität klarkommen“, heißt es beispielsweise.“ [1] Herrlich!

    [1] http://www.tagesspiegel.de/berlin/schutzgelderpressung-nachbarschaftskrieg-in-wedding/6169468.html

  40. # 36 – Max Wedell: Ja, ist ja irgendwie alles dasselbe, Fidel wurde ja auch mehrfach von der Bundesregierung eingeladen, um Wirtschaftsbeziehungen zu knüpfen, und es liefen Vorgespräche in Havanna zwecks Aufnahme derselben. Ich benötige kein „Kasachstan da“, sondern mir langt Besuch und Vereinbarung, um daraus nicht eine Verherrlichung, sondern ein stillschweigendes Gutheißen des kasachischen Regimes abzuleiten. Und zu „Cuba Si“ sollten Sie sich auf den Seiten der Linkspartei und in sachlich orientierten Medien orientieren und informieren, weil damit keineswegs die Akzeptanz oder das Gutheißen des kubanischen Regimes gemeint ist, sondern eher die Solidarität mit dem kubanischen Volk, welches seit Jahrzehnten unter den Handels-Restriktionen der USA leidet. Natürlich wäre es weltfremd, z.B. Restriktionen gegen die Saudis, wegen Unterdrückung der Frauen und der Menschenrechte überhaupt zu fordern.

    Es ist mir übrigens nicht bekannt, daß die USA Handelsrestriktionen gegen andere diktatorisch regierte Länder, wie z.B. Saudi-Arabien, ausgesprochen haben. Auch die, sagen wir, ambivalente Haltung, was UNO-Beschlüsse anbetrifft, spricht nicht dafür, daß die USA überall und ohne Einschränkungen für Demokratie eintreten, von Guantanamo gar nicht erst zu reden. Und auch die christlich-konservativen Parteien in Brüssel und Straßburg hatten ja weniger Probleme mit Berlusconi, Pinochet, Franco, zur Zeit Orban und auch nicht dem „lupenreinen“ Demokraten Putin. Auch Ghaddafi wurde ja irgendwann gesalbt, und vor allem „geölt“. Die eigene Weste ist eben immer blütenweißer als die des Gegners. Zur israelischen Haltung mag ich mich nicht äußern, weil mensch dann sofort in den Ruch des Anti-Semitismus gerät.

  41. # 43, (nicht nur) Schnippsel: Der grobe Versuch einer Erklärung aus der Lameng (wie wir Hessen sagen): Es war doch in der Historie schon immer so, daß irgendjemand Schuld haben mußte, am schlechten Wetter, an Krankheiten, an Viehseuchen, an der Pest, an der Teuerung und am eigenen selbstverschuldeten Unglück. Im Mittelalter waren es Ungläubige, Ketzer und später die Hexen, dann die Muselmänner, die Juden, alle Ungläubigen; später die Hinterfragenden, Zweifler, auf ihren Rechten Beharrenden, usw. usf. Der schwarze Peter wurde einfach weiter gereicht, bis hin zu den Ursachen für WKI und WKII, und für alle damit verbundenen und darüber hinaus reichenden Genozide. Und immer wieder war zu beobachten, daß, je schlimmer die Lage, desto stärker die Suche nach dem Verursacher, dem Teufel, dem Unhold.

    Und je mehr Verbrechen den Unholden, tatsächlich oder vermeintlich, angelastet werden konnten, desto strahlender und sauberer erschien dann das eigene Gewissen und die eigene Seele. Und alle Un- und Übeltaten ließen sich dann erklären: es geschah ja im Namen der (selbstgestrickten) Gerechtigkeit.

    Es ist halt ein uraltes System, das mit den Schuldzuweisungen. Arbeiter sind frech, weil sie gegen ihre Bedingungen motzen, und unverschämt, weil sie für diese großzügige Arbeitsvergabe auch noch Lohn einfordern. Zigeuner, Asylanten und Türken sind faul und schröpfen nur den Sozialstaat und den Steuerzahler. Und wenn sie arbeiten, nehmen sie den Deutschen die Arbeitsplätze weg.

    Als Baader-Meinhof und Nachfolger ihre Morde begingen, wurde sofort die ganze Staatsgewalt in Bewegung gesetzt. Als die NSU ihre Morde beging, interessierte sich keiner dafür, bzw. es wurde abgetan als „Mord im Milieu“. Meine Mutter hat mir immer gesagt: „Ein jeder kehr vor seiner Tür, dann werden alle Gassen rein“, aber das scheint noch nie gegolten zu haben und auch heute nicht zu gelten.

    Und deshalb, um wieder zum Thema zu kommen: Der Verfassungschutz gehört zum System wie der Fladen zur Kuh.

  42. “Demnach registrierten die Behörden im vergangenen Jahr insgesamt 1160 Fälle linksmotivierter Gewalt – gut ein Viertel mehr als noch im Vorjahr (2010: 916 Fälle). Dabei seien 783 Personen verletzt worden, gut 43 Prozent mehr als 2010 (547 Verletzte).

    Im Gegensatz zu den Fällen linker Gewalt sei die Zahl rechtsmotivierter Gewalttaten 2011 leicht gesunken – auf insgesamt 579 Fälle (2010: 597 Fälle). Dabei wurden dem Bericht zufolge 607 Personen verletzt (2010: 599).”

    Das Problem ist doch, dass deutsche Behörden selbst bei eindeutig rechtsmotiviertem Hintergrund diesen sehr häufig nicht sehen wollen – wie sonst sind die extremen Abweichungen in den Opferzahlen, speziell den durch rechte Gewalt seit 1990 getöteten Menschen zu erklären. Bei angeblich linker Gewalt, da haben die Behörden deutlich weniger Probleme, und wenn in Deutschland Autos brennen, beispielsweise, können das selbstverständlich und ausschließlich nur linke Chaoten gewesen sein. Wenn man zwei Drittel der seit 1990 durch Neonazis ermordeten Menschen einfach mal weglässt, aus der Statistik, dann klingt das doch alles gleich viel, viel harmloser mit der rechten Gewalt. Bei konsequenter Handhabung dieser Art der „Statistik“erstellung gibt das doch ganz problemlos das von den rechtsblinden Behörden erwünschte Bild.

  43. Man fällt herein.

    Es gibt weder eine links-, noch rechtsmotivierte Gewalt.
    Gewalt ist per se nicht politisch, auch nicht die vermittelte und verbrämte Gewalt der Macht.
    Gewalt ist, weil sie Gewalt sein will, welches Mäntelchen sie sich umhängt, ist unerheblich.

    Man fällt tief unter den Anspruch herab.

    Es ist nicht von Belang, welche Gewalt herrscht, das Ziel ist, daß Gewalt nicht herrscht.

  44. @ sulaika #45 (oder sind Sie die sulaika101, die hier unter einem weiteren Pseudonym auftritt?)

    Sollten Sie in der Lage sein, genau zu lesen, würden Sie feststellen, dass es nicht um Straftaten generell geht, sondern um Gewaltstraftaten. Das Anzünden von Autos ist dabei ebensowenig berücksichtigt, wie die Anschläge auf die Berliner S-Bahn. Übrigens: die Linken-Politikerin Ulla Jelpke hat sich mit den Zielen der Brandsatzleger öffentlich solidarisiert. Ihr Referent sitzt im Innenausschuss des Bundestages und ist als Anmelder der „Revolutionären 1.-Mai-Demo“ aufgetreten – bekanntlich die alljährlich organisierten Großkrawalle der Linken und Linksautonomen in Berlin.

    Wer wie Sie (sofern Sie mit sulaika101 identisch sind) andernthreads die sog. „Ehrenmorde“ als „Familienstreitigkeiten“, wie sie auch in biodeutschen Familien vorkämen, verharmlost, sollte sich dezent zurückhalten. Es handelt sich hierbei nämlich ebenfalls um „Gesinnungsstraftaten“, die laut Bundesgerichtshof grundsätzlich als Morde aus niedrigen Beweggründen einzustufen sind. Tatsächlich wurden laut BKA-Studie aber nur bei 28 von 87 rechtskräftig in Deutschland verurteilten Personen auch niedrige Beweggründe als Motiv festgestellt. In 20% der Fälle werteten die Richter das “Ehrmotiv” sogar als strafmildernd!

    Streng genommen sind es sogar „fremdenfeindliche“ Gewaltverbrechen, weil sie ja aus der vehementen Ablehnung „des Fremden bzw. der fremden Lebensweise“ heraus begangen wurden und werden („sie wollte leben wie eine Deutsche“).

    Ich wiederhole es gerne für die MitleserInnen:

    „Eine Studie des BKA ermittelt für den 10-Jahreszeitraum der Jahre 1996 – 2005 70 solcher Morde. Im gesamten Zeitraum seit der Wende wurden also rund 150 solcher Morde begangen. Möglicherweise liegt die Zahl noch höher, weil die Vermutung naheliegt, dass sie als Unfälle oder Selbsttötungen getarnt wurden oder im Ausland begangen wurden.

    Fazit: eine migrantische Bevölkerungsgruppe [1], die gerade einmal 5% der in Deutschland lebenden Bevölkerung ausmacht, bringt es auf dieselbe oder sogar höhere Anzahl an Morden an Mitgliedern ihrer Gruppe wie die gesamten restlichen 95%!

    [1] Unter den Herkunftsländern dominiert die Türkei als Geburtsland der Täter mit 63%. Danach folgen arabische Länder (14 %), Länder des ehemaligen Jugoslawien und Albaniens mit 8% und Pakistan und Afghanistan mit 6%.“

  45. @ BvG #46

    Zwar stimme ich Ihnen grundsätzlich zu, aber wer stets in dem selben dämlichen Rechts-Links-Schema für seine eigene Seite argumentiert, dem setze ich eben einfach – spiegelbildlich – die andere Seite vor.

    Mein mehrfach gegebener Hinweis auf das sog. „Syndrom der Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“ wurde von Bronski andernthreads wegzensiert. Dahinter steht die seit 2002 durchgeführte umfangreiche Forschung eines Projekt des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung (IKG) der Universität Bielefeld. Bekannt ist der jährliche Report unter dem Titel „Deutsche Zustände“.

    Dabei subsumieren die Wissenschaftler und die Praktiker eine Reihe von Äusserungsformen unter einen gemeinsamen Begriff. Die Äusserlichkeiten überdecken oder überlagern sich dabei häufig.

    Genannt werden folgende Erscheinungsformen:

    * Rassismus,
    * Fremdenfeindlichkeit,
    * Judenfeindlichkeit,
    * Moslemfeindlichkeit,
    * Etabliertenvorrechte,
    * („klassischer“) Sexismus,
    * Schwulen- und Lesbenfeindlichkeit,
    * Obdachlosenabwertung,
    * Behindertenabwertung.

    Hinter den verschiedenen o.g. Verhaltensweisen steht dieselbe schlimme Haltung (Man kann meinetwegen auch die Begriffe „Einstellung“ oder „Gesinnung“ verwenden), nämlich „Menschenfeindlichkeit“. Am IKG hat man also bereits gemerkt, dass kleinkariertes Schubladendenken ein fundamentales Problem unserer Gesellschaft verschleiert, dem sich jede(r) in all seinen Beziehungen stellen muss.

    Man stelle sich vor, eines Tages würde eine bislang unbehelligte Gruppe von Menschen zum Ziel von Hass und Aggression, z.B. Brillenträger oder Hundebesitzer. Man müsste also neue Schubladen zimmern und neue Schildchen schreiben: „Brillenträgerfeindlichkeit“ oder „Hundehalterfeindlichkeit“.

    Dann würden Brillenträgerberatungsstellen eingerichtet, Websites erstellt, Aktionskommitees gegründet, Gesetzesinitiativen auf den Weg gebracht, die ganze Maschinerie von Kampagnen würde anlaufen, die Betroffenheitsindustrie würde heisslaufen, Bücher würden publiziert, Geldmittel würden locker gemacht, Arbeitsplätze würden geschaffen und auch bei Wegfall des Problems nicht wegfallen.

    Bis man dann von der nächsten Welle eingeholt würde: der Bloggerfeindlichkeit, der Rentnerfeindlichkeit, der Raucherfeindlichkeit, der Rothaarigenfeindlichkeit, der Bankerfeindlichkeit oder irgendeiner anderen – im Grunde ja beliebigen – Feindlichkeit. Dass der „Kampf gegen Nazis“, „Nazis raus!“ usw. (nota bene: nicht gegen „Rechtsextremismus“), also gegen eine bestimmte, oft „unterprivilegierte“ Gruppe von Menschen geführt wird – ist das tatsächlich ein tragbarer Lösungsansatz?

    Ich verstehe, dass die jeweils Betroffenen (Opfer) eine besondere Aufmerksamkeit für ihr Anliegen erwarten. Aber diese Einordnung in Schubladen versagt doch spätestens dann, wenn ein Verbrechen an einer lesbischen türkischen Muslima begangen würde – unterlegt mit (mindestens) vier Motiven.

    Mich wundert es nicht, wenn die FR einerseits schreibt „Umsetzung des Integrationskonzepts geht nur schleppend voran“ (FR vom 23.01.2012), das Ganze garniert mit einem Foto mit der Unterschrift „Bunte Vielfalt herrscht auch auf den Straßen“, aber sich des eklatanten Missgriffs nicht bewusst ist, die das Foto zeigt. Dort trägt ein(e) Skater(in) ein Hoodie (Kapuzensweatshirt) mit der Aufschrift „love music – hate racism“. Wer nur in Kategorien von Liebe und Hass denken, sprechen, fühlen, handeln kann – mit dem wird „Integration“ wohl auch weiterhin schleppend bleiben.

  46. Herr Schnippsel,
    erstens geht es bei (politisch motivierten) Gewaltstraftaten sehr wohl auch um brennende Autos, aber das nur am Rande. Die genannten Taten sind jedenfalls sehr wohl in den Zahlen berücksichtigt – was nicht berücksichtigt wurde, sind unzählige Morde rechter Gewalttäter, beispielsweise auch die zehn Morde der Zwickauer Nazizelle.
    Ihre in höchstem Maße unlautere „Argumentation“ folgt dem altbekannten Muster: Vom Thema ablenken, rechte Gewalt mit abstrusen „Vergleichen“ (Verkehrstote etceterapp) verniedlichen und mit manipulativen Behauptungen, Apfel-Birnen-Vergleichen und falschen Zahlen Ressentiments gegen „Migranten“ aus bestimmten Herkunftsländern schüren.
    Das Thema lautet Überwachung linker Abgeordneter durch den Verfassungsschutz, und dieses Thema hat mit Ihrem persönlichen Lieblingsthema, dem Schüren von Ressentiments gegen Türken, Araber etc., rein gar nichts zu tun.

    Ihre Behauptung,

  47. @ Wolfgang Fladung, #43

    auf den Web-Seiten von „Cuba Si“ selber kann man sich nur dahingehend informieren, daß diese Organisation voll und ganz auch hinter dem kubanischen Regime steht. Wird das Thema Menschenrechte dort überhaupt erwähnt, so sind alle Verstöße selbstverständlich fabrizierte ausländische Propaganda, denn es gibt laut „Cuba Si“ gar keine. Nehmen Sie den Fall des vor wenigen Wochen im Hungerstreik in der politischen Haft verstorbenen „Wilman Villar Mendoza“ (weitere Info zu diesem Fall bei Wikipedia). Er wurde auch von Amnesty International als politischer Gefangener geführt. Der Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik drückte seine Bestürzung über diesen Fall mit den üblichen eher harmlosen Floskeln aus. Daraufhin schrieb ihm „Cuba Si“ einen Brief, der in folgendem gipfelte:

    „[…] halten wir Sie nun endgültig für unfähig und ungeeignet, das wichtige Amt des Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechte in der gebotenen Weise auszuüben und fordern Ihren unverzüglichen Rücktritt und eine Entschuldigung gegenüber Cuba für Ihre jüngste Diffamierung.“

    Also wenn das nicht von einer maximal bedingungslosen Sympathie für das dortige Regime zeugt, dann weiß ich nicht… ebenso klar wird, wie die „Eignung“ für einen Beauftragten für Menschenrechte in den Augen von „Cuba Si“ aussieht.

    Nimmt man die bei Wikipedia beschriebenen Gerichtsurteile für bare Münze, haben die dortigen Urteile eine gewisse Ähnlichkeit mit den Urteilen Schrübbers zur Nazizeit, z.B.: „Mangelnde Achtung vor der Person Fidel Castros“, „Störung der öffentlichen Ordnung“, „Ungebührliches Verhalten“ und „Widerstand“ verdient natürlich auch 25 Jahre Zuchthaus (Fall „Orlando Zapata“). „Mangelnde Achtung“, das war damals natürlich eher, auf „Heil Hitler“ mit „Du wirst auch nochmal anders grüßen“ zu antworten.

    Diese Gruppierung innerhalb der Linken hält also ganz offensichtlich überhaupt nichts von Menschenrechten, dem Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition, einer von der politischen Gewalt unabhängigen Gerichtsbarkeit und einer Gegnerschaft zur Gewalt- und Willkürherrschaft in Kuba. Sie befürwortet also ganz offensichtlich in Kuba Verhältnisse, die in Deutschland aktiv anzustreben verfassungswidrig wäre und ein Parteienverbot zur Folge hätte, weil sie gleich gegen vier Verfassungsgrundsätze verstossen.

    Dobrindt schlug aber nicht ein Parteiverbot der Linken vor, sondern eine Überwachung durch den Verfassungsschutz, an deren Ende ein Verbotsantrag stehen KÖNNTE (je nachdem, was die Überwachung für Resultate erbrächte). Also geht es zunächst nicht um ein Parteienverbot, oder ob die Kriterien für ein solches jetzt schon erfüllt sind, sondern um die Frage, ob eine Überwachung dieser Partei durch den Verfassungsschutz rechtlich möglich ist.

    Es kann doch nicht sein, daß eine Überwachung einer Gruppierung durch den Verfassungsschutz rein rechtlich erst dann einsetzen darf, wenn eine Aktivität dieser Gruppierung zur Beseitigung von Verfassungsgrundsätzen (von anderen) festgestellt wurde. Nach dem Motto: Wenn die erste Aktivität des Verfassungsfeinds ist, mit dem Gewehr vor dem Bundestag aufzutauchen, dann darf ab diesem Moment die Beobachtung durch den Verfassungsschutz BEGINNEN. Oder auch schon beim Kauf des Gewehrs… wenn z.B. der Verkäufer den VS anruft und berichtet: „Ich habe eben jemandem gerade ein Gewehr verkauft, der sah so aus, als ob er aktiv danach strebt, damit eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane durchführen zu wollen.“

    Es kann doch nicht sein, daß erst dann der VS mit dem Sammeln der Informationen beginnen kann, wenn eine gegen den Staat und seine Verfassungsprinzipien gerichtete Aktivität von Hinz und Kunz oder wer weiß wem, aber nicht vom VS (denn der darf ja noch nicht aktiv sein) erkannt und festgestellt wurde.

    Wäre das so, sollte man den VS wirklich abschaffen, denn wenn man ihn praktisch erst einsetzen darf, wenn man auch schon direkt die Polizei zur FESTNAHME schicken könnte, dann wäre er überflüssig.

    Der VS macht daher nur Sinn, wenn er schon mit dem Sammeln von Informationen beginnen kann, wenn der BEGRÜNDETE VERDACHT vorliegt, daß sich die aktiven Bestrebungen von Personengruppen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung richten. Aufgabe der den Verfassungsschutz kontrollierenden Gremien ist dann z.B. die Überprüfung und ggf. Ablehnung der Begründungen. Und soweit ich der Presse verschiedentlich entnehmen konnte, sind das auch die Prinzipien, nach denen man momentan verfährt.

    Zurück zu „Cuba Si“. Es besteht ein begründeter Verdacht, daß diese Personen, die eine politische Macht in Deutschland anstreben, aktiv auf die Beseitigung von Verfassungsgrundsätzen hinarbeiten, weil sie sich mit einer Regierung in Kuba mit weitgehend identischen politischen Auffassungen und Zielen in außergewöhnlichem Umfang solidarisiert, die diese Prinzipien verletzt, die in Deutschland zu den Verfassungsgrundsätzen gehören, und weil sie dabei den deutlichen Eindruck erwecken, daß sie meinen, die Sicherstellung der Verwirklichung der politischen Ideen hätte gegenüber der Unantastbarkeit der Verfassungsgrundsätze eine Priorität.

    „Cuba Si“ ist nur eine kleine Facette, die solchen begründeten Verdacht hervorruft. Es gibt in der Partei Die LINKE mehrere solcher Facetten. Addiert man alle Verdachtsmomente, dann verstärkt dies auch die Gesamtveranlassung zu einer Beobachtung.

  48. @ sulaika

    Wussten Sie, dass die Namensgeberin Ihres frei gewählten Pseudonyms eine intrigante Lügnerin war, die sich nicht im Griff hatte? [1]

    1. Da Sie offenbar mit anderen Begriffen bzw. deren Auslegungen arbeiten als ich es tue und es üblich ist, lassen Sie mich zunächst feststellen:

    Gewalt ist ein körperlich oder psychisch wirkender Zwang durch unmittelbare oder mittelbare Einwirkung auf einen anderen mit dem Ziel, die Freiheit der Willensentschließung/Willensbetätigung aufzuheben bzw. zu beeinträchtigen. Im allgemeinen Sprachgebrauch versteht man unter Gewaltstraftaten einen gesetzwidrigen Anschlag auf die körperliche Unversehrtheit einer Person durch einen Täter.

    In der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) werden als Gewaltkriminalität Delikte wie Mord, Totschlag, Tötung auf Verlangen, gefährliche und schwere Körperverletzung, Körperverletzung mit Todesfolge, Beteiligung an einer Schlägerei, Vergewaltigung und schwere sexuelle Nötigung, Raubdelikte, erpresserischer Menschenraub und Geiselnahme zusammengefasst.

    Inwieweit die im politischen Umfeld häufig auftretenden Straftaten Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Gefangenenbefreiung berücksichtigt werden/wurden, weiss ich nicht. Straftaten wie Bedrohung (§ 241 StGB) oder einfache Körperverletzung (§ 223 StGB) werden in der PKS jedenfalls nicht der Gewaltkriminalität zugeordnet, obwohl keinesfalls bestritten werden kann, dass diese Delikte mit Gewalt bzw. Aggression zu tun haben.

    2. Die von mir zitierten Zahlen beziehen sich also nicht auf die Brandanschläge gegen den ÖPNV in Berlin oder die Brandanschläge auf Privatautos in Berlin und anderswo. Dies versuchen Sie erneut bewusst verfälschend behaupten – je nach Lust und Laune verniedlichend oder verschlimmernd hinein- oder herauszurechnen. Von Verkehrstoten habe ich schon gleich gar nicht geschrieben – woher haben Sie das bloß?

    3. Ihnen ist offenbar auch entgangen, dass sich die von mir zitierten Zahlen auf die Jahre 2010 und 2011 beziehen. Ihnen sollte bekannt sein, dass die von Ihnen angeführten „zehn Morde der Zwickauer Nazizelle“ zwischen dem 9. September 2000 und dem 6. April 2006 (bzw. April 2007 an der Polizeibeamtin Michèle Kiesewetter) begangen wurden. Sie finden daher in die genannte Statistik keinen Eingang.

    4. Mein Hinweis auf die sog. „Ehrenmorde“ bezog sich darauf, dass es neben dem Rechts-Links-Schema hierzulande weitere „Gesinnungstaten“ – im Range schwerster Verbrechen! – gibt, welche die Fundamente unserer Verfassung grundsätzlich in Frage stellen.

    5. Mein Hinweis auf die Linken-Politikerin Jelpke und ihren Referenten hat absolut mit dem Thema dieses Threads zu tun. Eine Politikerin bekundet Sympathie für die Motive derjenigen, die gegen den ÖPNV Anschläge verüben. Ihr Referent, zudem Mitglied im Innenausschuss des Bundestages!, meldet Demonstrationen an, von denen allgemein bekannt sind, dass sie Linken und Linksautonomen als Vorwand für Massenkrawalle dienen. Bei diesen gut organisierten Ausschreitungen werden regelmäßig Dutzende von Polizeibeamten z.T. schwer verletzt. Inwieweit dieser Referent Erkenntnisse aus dem Innenausschuss an die Strippenzieher dieser Krawalle weitergibt, lässt sich nur vermuten.

    Insofern scheint es, über die unter #42 aufgeführte Statistik der – politisch motivierten – Gewaltstraftaten hinaus, durchaus weitere Anhaltspunkte zu geben, die eine Beobachtung der Linken und der Partei Die Linke durch den Verfassungsschutz gerechtfertigt erscheinen lassen.

    6. Aus Ihren Kreisen wird ja des öfteren der Begriff des „geistigen Brandstifters“ verwendet. Wie wäre es, wenn Sie dasselbe Augenmerk auf den Dunstkreis Ihrer eigenen geistigen, politischen, kulturellen Heimat richten würden?

    [1] Sulaika ist die Ehefrau Potifars, der einen Sklaven von außergewöhnlicher Schönheit namens Josef besaß. Nach islamischer Überlieferung versuchte Sulaika, Josef zu verführen. Dieser widerstand ihr jedoch, worauf sie sich an ihm rächte. Aus Enttäuschung und Hass über Josefs Ablehnung beschuldigt sie ihn gegenüber ihrem Ehemann der versuchten Vergewaltigung. Potifar glaubt den Lügen seiner Gattin zunächst, Josef fällt bei ihm in Ungnade und landet im Gefängnis.

  49. Herr Schnippsel,
    Ihr Eingangssatz nebst der Fußnote lässt erahnen, dass Sie sich nicht mehr in der Gewalt zu haben scheinen. Ich verbitte mir Ihre themenfremden Unverschämtheiten.

    Da Sie hier viel schreiben, aber wieder mal keinen blassen Schimmer haben, was der Verfassungsschutz unter Gewaltstraftaten subsummiert, kläre ich Sie doch gerne auf:

    In den Gewaltdelikten Links sind enthalten: Körperverletzungen, versuchte Tötungsdelikte, Brandstiftungen, Herbeiführen von Sprengstoffexplosionen, Landfriedensbruch, Eingriffe in den Bahn-, Luft-, Schifffahrts- und Straßenverkehr, Raub, Erpressung, und sämtliche Widerstandsdelikte (z.B. auch der passive Widerstand bei Blockaden gegen Naziaufmärsche!).

    Die von Ihnen zitierten Zahlen (basierend auf der Berichterstattung der Bildzeitung, die dann auch Einzug in andere Medien gefunden hat) sind erstens falsch, zweitens beziehen sie sich entgegen Ihrer falschen Behauptungen auch auf sämtliche Brandanschläge, die in den Zahlen des Verfassungsschutzes enthalten sind.

    Ich empfehle Ihnen, sich erstmal wenigstens ansatzweise schlau zu machen, bevor Sie hier dauernd falsche Behauptungen aufstellen.

    http://www.stern.de/politik/deutschland/vorlaeufige-zahlen-fuer-2011-linke-gewalt-soll-laut-bild-zugenommen-haben-1782687.html

    Die Morde der Zwickauer Zelle, die nicht in den Berichten der Vorjahre enthalten waren, belegen deutlich, dass der Verfassungsschutz ein gravierendes Problem damit hat, rechtsextremistische Gewalttaten der rechtsextremen Szene zuzuordnen, daran hat sich auch 2010 und 2011 nicht das Geringste geändert.

    Dass Sie erneut Ehrenmorde in einen wie auch immer gearteten Zusammenhang zu der angeblichen Notwendigkeit, linke Bundestagsabgeordnete durch den Verfassungsschutz überwachen zu lassen bringen, zeigt, dass Ihre gesamte Argumentation in höchstem Maße unlauter und rein ideologisch ist. Ausführungen über den Dunstkreis „Ihrer geistigen, politischen, kulturellen Heimat“ erspare ich mir.

    Ulla Jelpke hat sich von den Brandanschlägen distanziert – selbstverständlich ist es völlig legitim, gegen Kriege von deutschem Boden aus und Waffenlieferungen in alle Welt, gegen die Ausplünderung anderer Kontinente und die Verarmung großer Teile der Bevölkerung zu protestieren, allerdings nicht mit Brandanschlägen und dafür hat sich Jelpke auch nicht ausgesprochen. Und selbstverständlich ist es auch völlig legitim und steht im Einklang mit der Verfassung, Demonstrationen anzumelden. Dass Sie hieraus einen Grund für die Beobachtung demokratisch legitimierter Abgeordneter durch den Verfassungsschutz konstruieren wollen, zeigt, ebenso wie Ihre Unterstellungen und Vermutungen über die angeblichen Motive des Referenten, dass Sie selbst Probleme mit der Verfassung anscheinend haben.

  50. Danke, Max Wedell, # 50, für die Infos, die ich zu faul war, selbst mir zu holen. Sie haben Recht, daß „Cuba Si“ etwas einäugig, um es fürnehm auszudrücken, daher kommt. Nur, diese Gruppierung als Grund zu benützen, um die g a n z e Linkspartei unter Generalverdacht zu stellen und nicht nur die Angehörigen dieser Gruppierung, zeigt für mich die gleiche Einäugigkeit beim VS, die wir seit Jahrzehnten kennen. Da werden dann auch Linke beobachtet, die sich von ‚Cuba Si“ distanziert haben. Petra Pau oder Gregor Gysi sind mir nicht als Anhänger von „Cuba Si“ bekannt.

    Und, typisch Max Wedell, bringen Sie geschickt wieder Herrn Dobrindt ins Spiel, als auf meine Argumente hinsichtlich Kasachstan, Nasarbarjew und diese neue wunderbare Freundschaft einzugehen, verbunden mit meiner satirisch gemeinten Frage, ob Rößler und Merkel jetzt auch als mögliche Verfassungsfeinde beobachtet werden, weil sie ja offensichtlich einen Despoten/Autokraten hofieren.

    Es gibt übrigens auch in Kuba zarte Pflänzchen der Hoffnung, die erblühen. Leider hat sich in der Vergangenheit Lateinamerikas immer wieder gezeigt, daß bei einem Wechsel nur linke Despoten die Staatsgewalt an rechte Despoten weitergereicht haben. Oder das – eigentlich – siehe Mexiko und früher Kolumbien – Drogenkartelle regieren.

    Jakob Augstein hat am 26.1.12 unter dem Titel „Das Grundgesetz ist links“ eine wunderbare Kolumne auf SPIEGEL online (Achtung, linkes Kampfblatt) geschrieben. Tenor: Wer das Grundgesetz Ernst nimmt und 1 : 1 umsetzen wollte, wäre ganz schnell auf der Liste der Verfassungsschützer.

  51. Und noch eine Anmerkung zu der unerträglichen Verrarmlosung rechter Gewalt durch Sie; Herr Schnippsel, wenn schon Zahlen, dann bitte korrekte Zahlen:

    Die PKS weist für 1990 – 2009 lediglich 47 Todesopfer rechter Gewalt aus – die tatsächlichen Zahlen liegen bei weitem höher: Die Aktion Mut gegen rechte Gewalt des Stern und der Amadeu Antonio Stiftung benennt 182 Todesopfer rechter Gewalt und dokumentiert jeden Einzelfall und auch die FR und der Berliner Tagesspiegel dokumentierten ein Mehrfaches an Opfern als die offiziellen Zahlen der Bundesregierung. Im gleichen Zeitraum gab es nach meiner Kenntnis keine Toten durch linke Gewalt.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Todesopfer_rechtsextremer_Gewalt_in_Deutschland

    Die Behörden tun sich äußerst schwer, Opfer rechtsextremer Gewalt als solche anzuerkennen, so wurden beispielsweise die Morde an Patrick Thürmer (getötet 1999 während einer Schlägerei zwischen Neonazis und Punks in Hohenstein-Ernstthal, Tatmotiv: Hass auf politische Gegner) und Achmeld Bachir (erstochen 1996 im Zuge eines Übergriffes auf den Gemüseladen in Leipzig, in dem er arbeitete, Tatmotiv: Rassismus)erst nach gut 12 respektive 15 Jahren! vom sächsischen Innenministerium „erst im Eindruck der tödlichen Aktionen des Nationalsozialistischen Untergrunds und aufgrund massiven Drucks aus Zivilgesellschaft und Politik“ anerkannt, in sehr vielen anderen Fällen weigern sich die Behörden bis heute, den eindeutig rechtsextremen Hintergrund anzuerkennen. Diese Praxis der Behörden führt selbstverständlich zu völlig falschen Zahlen.

    Allein in Sachsen bleiben noch drei nicht anerkannte Fälle, bei denen ein rechtsextremer Hintergrund eindeutig nachgewiesen ist: Klaus R. (erschlagen 1994, Tatmotiv: Sozialdarwinismus), Bernd Grigol (erstochen 1996, Tatmotiv: Homophobie) und Karl-Heinz Teichmann (erschlagen 2008, Tatmotiv: Sozialdarwinismus). Des Weiteren auch der Mord an Andre K. im Mai 2011 – in der Statistik taucht auch dieser Mord nicht auf. Der Wohnsitzlose wurde von 5 Tätern tot geschlagen, mindestens einer davon ist als bekennender Neonazi bekannt und gehört zum Umfeld der JN.

    Quelle: Wikipedia und
    http://jule.linxxnet.de/index.php/2012/02/anerkennung-von-zwei-weiteren-todesopfern-rechter-gewalt-diskrepanz-zwischen-zahlen-bleibt/#more-2373

    Und zum Schluss noch eine Anmerkung zum Zitat Jakob Augstein: Das Grundgesetz ist in der Tat „links“ und viele von denen, die es umsetzen wollen, die sind bereits auf der Liste der Verfassungsschützer. Wenn dagegen alle die, die in diesem Lande andauernd gegen die Inhalte des Grundgesetzes verstoßen oder zum Verstoß aufrufen, auf die Liste kämen, dann müsste m.E. ein Großteil der neoliberalen und antidemokratischen Meinungsführer, der Hitler- und NSDAP-Verehrer, der Geschichtsrelativierer und Naziverharmloser in diesem Land unter Beobachtung stehen.

  52. Noch eine Ergänzung zum Besuch von Nasarbajew: Natürlich gibt es Gemeinsamkeiten, zwischen N. und Mutti. Beide vereint eben die Vorstellung einer „marktkonformen Demokratie“. Und wenn dabei das eine oder andere Menschenrecht hinten runter fällt, ist das eben REALPOLITIK. Machen schließlich alle so.

  53. Bevor sich die Diskussion darin verliert, ob es in der Linkspartei menschenverachtende Tendenzen gibt, möchte ich doch noch mal auf die Arbeitsweise des Verfassungsschutzes zurückkommen. Seine Verfehlungen in der Vergangenheit werden in einem Artikel in der Zeit von Uwe Wesel sehr gut aufgelistet: http://www.zeit.de/2012/05/Verfassungsschutz . Und auch das HEUTE-Journal setzt sich in einem Beitrag vom 9.02.12 kritisch mit dem Thema auseinander. Bei all diesen ungeheuerlichen Verfehlungen stellt sich die Frage, ob solch eine Institution nicht aufgelöst werden sollte, bevor sie noch mehr Unheil anrichtet. Der jetzt eingesetzte Untersuchungsausschuss reicht aus meiner Sicht nicht aus, viel mehr muss die gesamte Organisation einer permanenten demokratischen Kontrolle zugänglich sein, damit verhindert wird, dass mit Methoden wie den „Honigtöpfen“ junge, unsichere oder Abenteuer suchende Menschen zu Kriminellen gemacht werden.

  54. @schnippsel #48

    Zunächst muß ich sagen, daß ich solche Scharmützel, wer hier „links“ oder „rechts“ sei, sehr ermüdend und oberflächlich finde. Wer nicht den Mut hat, sich selbst eindeutig zuzuordnen, fällt in meiner Achtung ganz tief und ich habe keine Lust, zwischen den Zeilen irgendwas herauszulesen oder einzuordnen. Ebensowenig habe ich Lust, solchen Verdächtigern und Schlichenaufdeckern meine Zeit zu opfern.

    Ich für meinen Teil sage hier meine Gedanken zu bestimmten Themen und kann schon morgen anderer Meinung sein, das hier ist bloss ein Blog und keine Bekenner-, – Überzeugungs- oder Konfessionsüberprüfungsanstalt. Wenn einer glaubt, er könnte mich aufgrund der Äußerungen in diesem Blog irgendwo einordnen, der ist nicht nur blöd, er irrt auch.
    Es gibt ein ganz einfaches Kriterium: Wer lügt, der weiss das selbst zuerst.

  55. @Carsten Neumann, #2
    Ich komme jetzt erst dazu, in den Blog reinzuschauen, daher eine späte Anmerkung zum Beitrag von Herrn Neumann. Im Gegensatz zu m.E. ziemlich überflüssigen weltpolitischen Exkursen, besonders von Max Wedell, macht er wirklich wesentliche Anmerkungen zum Thema. So führt er aus:
    „Den Begriff der “Verfassungsfeindlichkeit” kennt das Grundgesetz nicht. Durch eine Observation politischer Parteien anhand dieses Kriteriums durch den VS wird die zitierte grundgesetzliche Vorschrift umgangen. Was heißt “verfassungsfeindlich” im Gegensatz zu “verfassungswidrig”? Wer entscheidet darüber, wer “verfassungsfeindlich” ist?“
    Der Einschätzung von Herrn Neumann ist voll und ganz zuzustimmen. Vielleicht ist dazu ein Exkurs zur Genese des Begriffs „VERFASSUNGSFEINDLICHKEIT“ nützlich.
    1.Bedeutung, Umfang der Berufsverbote:
    Der Begriff wurde eigens zur Rechtfertigung der Verfolgung kritischer Studenten in der Endzeit der 68er Bewegung geschaffen, die in den Staatsdienst drängten (insbesondere in den Lehrerberuf), und um sie davon fernzuhalten. Er wurde zum zentralen Instrument der erst sporadisch, ab 1975 insbesondere in den CDU-regierten Ländern flächendeckend praktizierten Berufsverbotepraxis für alle Staatsbediensteten bis zum Postboten. Diese Praxis wurde generell bis 1985, in 1991 aufrecht erhalten. Das endgültige Aus kam durch den Europäischen Gerichtshof, der die Berufsverbotepraxis als Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention verurteilte.
    2. Entstehung, Problem der Durchführung:
    Initiiert durch den „Hamburger Erlass“ schon 1971, bestätigt durch den „Radikalenerlass“ vom 28.1.72 unter Willy Brandt (von ihm später als sein „größter Fehler“ bezeichnet), zielte die Berufsverbotepraxis formal gegen „Extremisten von rechts und links“, in Wirklichkeit, mit überwältigender Mehrheit, gegen linke Systemkritiker, die pauschal als „Kommunisten“ verdächtigt wurden. Ein Problem für die Behörden ergab sich insofern, als der Begriff „Verfassungswidrigkeit“ sich als ungeeignet erwies, da sowohl die DKP in Westdeutschland (anders als die verbotene KPD) wie auch die SEW in West-Berlin legale und zugelassene Parteien waren (Die SEW erzielte 1973 bei den Senatswahlen 2,7%). Zuständig für die Feststellung von „Verfassungswidrigkeit“ waren Gerichte.
    3. „Verfassungsfeindlichkeit“ als deus ex machina:
    In diesem Dilemma spaltete das Bundesverfassungsgericht den Begriff „Verfassungsfeindlichkeit“ von der im Grundgesetz definierten „Verfassungswidrigkeit“ ab, der sich auf Parteien bezieht. Definiert wurde ein „Verfassungsfeind“ als ein Bewerber, der „nicht die Gewähr bietet, jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung (FDGO) einzutreten. Die Feststellung davon wurde von den Gerichten auf die einstellenden Behörden verlagert. Die Verlagerung von einer juristisch überprüfbaren auf eine reine Gesinnungsebene ermöglichte nicht nur die flächendeckende Überwachung aller Bewerber, sie öffnete auch Willkür und bloßen Verdächtigungen Tür und Tor. Konkret erweiterte sich das Spektrum der primär Verdächtigten von Mitgliedern von DKP, SEW und SDS auf alle möglichen Organisationen, die mit diesen in irgendeiner Form zusammenarbeiteten oder nur sympathisierten. So etwa der „rechte“ Abspaltung vom SDS gegründete SHB (offizieller Studentenverband der SPD), alle „K-Gruppen“, ADS (Aktionsgemeinschaft von Demokraten und Sozialisten), VVN (Verband der Verfolgten des Naziregimes). Besonders paradox erscheint dabei die Praxis von SPD-geführten Behörden, welche die in ihrer eigenen Partei organisierten Studenten verfolgten.
    4. Praxis der Berufsverbote:
    Praktiziert wurde die Überprüfung anfangs in Form mündlicher Verhöre, sehr bald – um Massenüberprüfung zu ermöglichen – als schriftliche „Regelanfrage“. Mündliche Verhöre wurden in ausgewählten Fällen weiter praktiziert, z.T. als Mittel, durch Einschüchterung von Bewerbern diese zur Denunziation zu bewegen. (Zur Information an Herrn Wedell, der dies alles als Fantasterei bestreiten wird: Ich habe ein solches 3 1/2stündiges Verhör selbst erlebt.)
    Darüberhinaus erlaubte diese Praxis auch inhaltliche Zensur und bewirkte in erheblichem Maße Selbstzensur (auch dazu, Herr Wedell, kann ich Namen nennen). Als belastendes Material wurden z.B. universitäre Veröffentlichungen und Ankündigungen von Seminaren und Tutorien gesammelt, in denen der Name „Marx“ vorkam. Und in einer – schriftlich überlieferten – Anklageschrift, in der Erlass eines Berufsverbots vorgeschlagen wird, heißt es zur Begründung: „Herr E. stützt sich in seinen Tutorien auf von sowjetischen Wissenschaftlern ‚Erwiesenes‘ (in Anführungszeichen!)“. Konkret gemeint ist der Psychologe Wygotski, der schon wenige Jahre später zur Standardlektüre des Studiums der Begriffsbildung bei Kindern gehörte.
    5. Bedeutung für die gegenwärtige Diskussion:
    Dieser etwas ausführliche Exkurs erscheint mir nötig, um Hintergründe zu beleuchten und deutlich zu machen, wie eine Praxis der von Alexander Dobrindt angestrebten Überwachung der gesamten Bundesfraktion der „Linken“ – und sicher nicht nur der – aussehen könnte. Er macht m.E. auch deutlich, warum ein Verfassungsschutz, bei dem man nach den letzten Ermittlungen im Neonazi-Bereich getrost selbst eine „verfassungsfeindliche“ Einstellung vermuten kann, außer Rand und Band geraten und sich zugleich als „Hüter“ der Verfassung aufspielen kann.

  56. @ Wolfgang Fladung #53,

    „Cuba Si“ ist nicht die einzige Untergruppierung innerhalb der Linken, die in Wort und Tat extremistischer agiert als die Partei insgesamt. Ich nannte andere in #7. Dobrindt kann ja meinen was er will, wenn die bestehende Rechtslage eine Gesamtbeobachtung der Linken nicht hergibt, kann und darf es sie nicht geben. Das gilt aber auch umgekehrt.

    Was Kasachstan angeht, so kann man jedenfalls nicht behaupten, daß die Probleme der dortigen Regierung und ihrer ausführenden Organe mit den Menschenrechten durch unsere Regierung bestritten oder auch nur beschwiegen werden. Es gibt ein UN-Übereinkommen gegen Folter, daß auch Kasachstan ratifiziert hat, welches die Regierung zu einer Null-Toleranz-Politik verpflichtet und UN-Behörden und nationale und internationale NGOs zu Kontrollmaßnahmen befugt (Dennoch liegt natürlich dem Vernehmen nach noch vieles im Argen). Ich weiß nun nicht, inwieweit sich Deutschland im UN-Rahmen mitengagiert, aber ich kann die Vermutung nicht teilen, die bei Ihnen scheinbar schon in eine Gewißheit übergeht, daß da auch auf anderen Regierungs-Ebenen so rein gar nichts geschieht, nur weil Merkel und N. sich freundlich angelächelt haben.

    Nicht zuletzt hat derselbe Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik, den „Cuba Si“ nachweislich auswechseln möchte gegen Personen, die Menschenrechtsverletzungen zu ignorieren bereit sind, wenn sie „nur“ von Sozialisten und Kommunisten begangen werden, erst am 24.1.2012 die Regierung Kasachstans ermahnt: „Ich bin besorgt über Meldungen, wonach in Kasachstan ein Journalist und mehrere Oppositionspolitiker festgenommen wurden. Kasachstan hat sich als OSZE-Mitglied demokratischen Prinzipien wie Presse- und Meinungsfreiheit verpflichtet. Daran muss sich die Regierung nun auch halten. Bei der angekündigten Untersuchung der Unruhen in Schanaosen müssen die Rechte der Bürger, insbesondere von Oppositionellen und Journalisten geachtet werden.“ Der Presse war zu entnehmen, daß zumindest die Untersuchungen zu den Unruhen in Schanaosen direkter Bestandteil der Gespräche zwischen Merkel und Nasarbajew waren. Und nicht zuletzt wäre es Aufgabe unserer parlamentarischen Opposition sowie der Presse, darauf hinzuweisen, wenn die deutschen Bemühungen für eine Verbesserung der dortigen Menschenrechtslage ungenügend wären.

    Definitiv aber ist das politische und/oder wirtschaftliche Deutschland nicht in der Lage, eine Compliance in dieser Hinsicht zu ERPRESSEN (sogar die USA mit ganz anderer wirtschaftlicher Stärke ist bewiesenermaßen nicht in der Lage, eine Compliance in Kuba zu erpressen). Dazu fehlt es uns an Bedeutung für Kasachstan, das keine größeren Probleme haben wird, seine Rohstoffe an andere Interessenten zu verkaufen oder Waren, Technik oder Know-How aus anderen Ländern zu beziehen.

    Eine politische Behinderung wirtschaftlicher Beziehungen lehne ich in beiden Fällen, im Fall Kuba sowie in Kasachstan ab. Ich kann daher auch nicht kritisieren, daß es sie in beiden Fällen, was Deutschland angeht, nicht gibt. Deutschland exportierte 2011 z.B. nach Kuba mehr als in die benachbarte Dominikanische Republik, bei ähnlicher Bevölkerungsgröße. Das Problem Kubas ist, daß dieses Land kaum Bodenschätze hat und aufgrund sozialistischer Mißwirtschaft auch kaum andere, am Weltmarkt begehrte Wirtschaftsgüter anbieten kann, was für eine ausgesprochen schlechte Handelsbilanz sorgt. Wäre das ausgeprägt anders, wäre Kuba z.B. ein möglicher Lieferant für Seltene Erden, würde es meiner Auffassung nach Gelegenheiten geben, bei denen Merkel auch Kommunisten aus Kuba anlächeln könnte.

    @ I.Werner,

    man kann doch nicht mit solch einer Liste wie der von Ihnen genannten eine Auflösung des VS verargumentieren. Das wäre vom Vorgehen her in etwa (zugespitzt formuliert) so, wie wenn man eine Zusammenstellung aller Justizirrtümer der bundesdeutschen Geschichte zum Anlaß nähme, unser Gerichtswesen abschaffen zu wollen, oder wenn Polizeiversagen oder hohe Dunkelziffern usw. herhalten müssten, um eine Polizeiabschaffung zu verargumentieren.

    Einen dringenden Reformbedarf in der Organisation der Tatigkeit der Behörde kann man aus einzelnen Pleiten und Pannen der Vergangenheit natürlich durchaus ableiten, aber eine Auflösung der Behörde (inkl. entsprechender Verfassungsänderung) müsste schon andere Argumente anführen:

    1) Es sind künftig gar keine Bedrohungen unserer Grundordnung mehr zu erwarten (etwa entlang der Linie von Fukuyamas „Ende der Geschichte“ argumentierend, aber in nationalem Rahmen… in meinen Augen allerdings eine unter den gegebenen Bedingungen ziemlich traumtänzerische Haltung…)

    2) Bedrohungen unserer Grundordnung sind hinzunehmen (im Blick auf die Geschichte fahrlässig und ein Anlass, genau hinzuschauen, wer solches behauptet).

    3) Bedrohungen unserer Grundordnungen sind nicht ausreichend wirksam feststellbar, ohne daß die Gefahr besteht, daß gleichzeitig Grundordnungsprinzipien negativ berührt werden… daraus ergibt sich ja eine Abwägungsnotwendigkeit, in der man Pro- und Kontra gewichtet und bewertet. Bewertungen sind aber nicht unbedingt konstant, sondern ändern sich geschichtlich. Wenn eine „Gefährdungswachheit“ mit zunehmendem Abstand zu bestimmten geschichtlichen Vorkommnissen (z.B. Nazidiktatur, oder Stasidiktatur im andern deutschen Staat) erlahmt, wird natürlich das Pro-Argument für einen VS in der Gesamtabwägung zunehmend schwächer bewertet, was im Extrem bis zu einer Ablehnung des VS führen kann.

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