Was finden die Menschen toll an Diktaturen?

Die Sehnsucht nach Führung ist weit verbreitet. Manche Menschen sprechen auch davon, dass eine harte Hand gebraucht werde, um die Probleme unserer Zeit zu bewältigen. Die neue „Mitte-Studie“ der Friedrich-Ebert-Stiftung beschreibt den massiven Zuwachs rechtsextremer Einstellungen. Manche Menschen wünschen sich sogar wieder ein Diktatur. Leute – nix gelernt?

Man kann Verständnis haben für diese Sehnsucht, aber man als aufgeklärter Mensch muss man sich im Klaren darüber sein, dass mit solchen Dingen keinerlei Probleme gelöst sind. Der Hintergrund ist wohl eher, dass viele Menschen mit diesen Problemen nicht zu tun haben und sie daher delegieren wollen – an jemanden, der vermeintlich Lösungen herbeiführt. Dies ist eine Sehnsucht nach einer Welt, die einfacher sein soll, in der man sich nicht um alles kümmern muss, eine Welt mit klaren Regeln. Doch es gibt keine solchen Heilsbringer. Keinen Messias, keinen Führer. Die Probleme, die wir haben, die haben wir als Kollektiv, und sie sind nicht anders lösbar als im Kollektiv. Es gibt dafür keine bessere politische Organisationsform als die Demokratie. Wer etwas anderes glaubt, macht es sich zu einfach. Und will es sich vermutlich einfach machen. Schluss mit dem politischen Gezänk, her mit klarer Kante – wer so was denkt, hat nicht verstanden, was Gerechtigkeit, was Menschenrechte, ja, was Zivilisation ist. Der Rückfall ins Archaische, der Sturz in die Barbarei, der in jedem Fall mit Diktatur verbunden ist, löst überhaupt nichts. Alle Probleme unserer Zeit – Krieg, Migration, Klimawandel – bleiben davon unberührt.

Es gibt genug Beispiele dafür, dass Diktaturen nichts als Übles anrichten. Wer geschichtsvergessen in diesem Zusammenhang nicht an die deutsche Zeit unter den Nationalsozialisten denken will, würde trotzdem von den historischen Lehren erschlagen – wenn er/sie diese denn kennen bzw, bedenken würde. Selbst Putin-Fans können nicht leugnen, dass Russland unter Putin kein freies Land ist. Dasselbe gilt für China unter Xi Liping. Das sind die wichtigsten aktuellen Diktaturen. Andere Länder, die auf dem Weg in diese Richtung sind wie die Türkei oder wie Ungarn oder die schon weit auf diesem Weg vorangekommen sind wie Ägypten und zahlreiche Länder des globalen Südens, in denen geputscht wurde, seien am Rand miterwähnt. Hinzu kommen Diktaturen, die bereits Geschichte sind und deren Geschichte gut genug aufgearbeitet wurde, um herauszustellen, dass es den Machthabern in solchen System nicht um die Lösung von Problemen geht, sondern in erster Linie um die Sicherung der eigenen Macht. Solche Systeme sind von persönlicher Paranoia geprägt, nicht von übergeordneten Idealen. Wer alle Macht in die Hände eines „Erlösers“ legt, hat am Ende verloren.

Diese Sehnsucht hat etwas Religiöses, das ist offensichtlich. Sie ist gleichzeitig ein Indikator für Werte-Vergessenheit. Ich benutze dieses Wort bewusst. Es bedeutet nicht dasselbe wie Wertelosigkeit. Es bedeutet aber: Du hast keinen Sinn mehr für das, was erreicht worden ist. Keine Wahrnehmung. Dieses Erreichte – darunter zuallererst unser Grundgesetz, das zu den besten Grundlagen für ein Staatswesen gehört, die jemals gelegt worden sind – ist Dir nicht mehr bewusst. Denn sonst müsste Dir klar sein, lieber Diktaturfan, dass es nur in wenigen Ländern auf diesem Planeten möglich ist, so mitreden zu können wie in Deutschland. Dafür gibt es unendlich viele Wege. Einer davon, nur so als Beispiel, sind Blogs wie dieses. Du kannst aber auch in eine Partei eintreten und mitreden, Du kannst selbst ein Blog aufmachen, Du kannst eine Bürgerinitiative gründen – ich kenne noch zwei Dutzende weitere Wege. Die stehen Dir in einer Diktatur nicht zur Verfügung, lieber Diktaturfan! Da darfst Du dann hübsch still sein, wenn über Deinen Kopf hinweg entschieden wird. Super, oder?

Es bleibt dabei: Die Demokratie ist nicht rundheraus optimal, aber wir haben keine bessere Methode, ein Staatswesen zu organisieren. Was keineswegs bedeutet, dass ich alles gutheiße, was die politischen Parteien tun. Ich wünsche mir mehr Nachdenken über das, was Gemeinwohl sein soll. Und kein Nachdenken über eine neue Diktatur in Deutschland.


Was heißt das – eine Diktatur wird befürwortet?

Zu: „Diktatur ist kein Tabu mehr“ und „Demokratie in Gefahr“, FR-Titel und -Meinung vom 21. September

So verstörend die Aussagen des Artikels sind, so ist doch ein wenig Kritik zu üben. Wenn ich den Artikel richtig verstanden habe, so wurden bei der Umfrage geschlossene Fragen gestellt, d. h. solche, bei denen man nur mit ja, teils/teils oder nein antworten kann. Umfrageergebnisse lassen sich damit gut erzielen. Die spannenden Fragen wären aber offene, solche, bei denen die Befragten sagen können, warum sie sich so entscheiden. Methodisch ist dies mit einem deutlich höheren Aufwand versehen, aber sie sind aussagekräftiger. Was heißt denn, eine Diktatur wird befürwortet? Haben die Bürger vielleicht einfach „nur“ die Nase voll, von dem Parteiengezänk? Bedeutet nicht evtl. auch, wenn doppelt so viele den Nationalsozialismus verharmlosen, dass die Erinnerungskultur bzw, die Aufarbeitung die Menschen nur bedingt oder gar nicht erreicht? Wurde nicht vor kurzem eine entsprechende Diskussion in Deutschland geführt? Auch die Aussage „distanzieren sich von der Demokratie“ ist schwierig. Heißt das von der Regierungsform als solcher, was richtig gefährlich wäre, oder von der Parteiendemokratie usw.? Dies gilt auch für die Formulierung „demokratiegefährdende Einstellungen“, dafür bedarf es mehr als geschlossener Fragen, dazu müsste man die Befragten interviewen (s. o). Wie so oft wird leider nur „festgestellt“. Warum, wieso, weshalb scheint gar nicht mehr gefragt zu werden. Dies sind aber die Fragen, nach deren Beantwortung man etwas ändern und ggfs. Schlimmes verhindern könnte.

Rüdiger Erdmann, Pattensen

Blankoscheck für einsame Entscheidungen

Eine Ahnung von dem, was eigentlich anläge, scheint durch, wenn sich 90 Prozent zur Idee der Demokratie bekennen, aber 50 Prozent ihre Umsetzung kritisieren. Der Schluss, Demokratie als solche in Zweifel zu ziehen, anstatt sie inhaltlich zu füllen, ist natürlich ein folgenschwerer Irrtum.
Viele Menschen nehmen die geradezu obszöne Verteilung von Reichtum in der Gesellschaft wahr. Die Ungleichverteilung von Kapital ist nicht nur ungerecht. Die damit zusammenhängende Lobbymacht hebelt das demokratische Prinzip aus. Beim derzeitigen Kampf um Einfluss zwischen der „fossilen“ und der „grünen“ Kapitalfraktion gehen die Bedürfnisse der gemeinen Leute unter. Da hilft auch keine Transparenz, sondern lediglich ein entschiedener Abbau der Ursachen dieses Macht- und Einflussgefälles.
Problematisch ist auch, dass die periodische Wahl ein Blankoscheck für einsame Entscheidungen der politischen Elite ist. Es ist mittlerweile fast Konsens der Berufspolitiker:innen, dass es lediglich darum geht, die Entscheidungen auf der großen politischen Bühne der Wählerschaft noch besser zu erklären – keinesfalls aber, sie teilhaben zu lassen. Cemile Gioudof sagt, Demokratie könne man nicht an Berufspolitker delegieren. Aber genau das ist institutionalisiert in unserem fast ausschließlich repräsentativen Demokratie-System. Das Volk ist lediglich auf dem Papier der Souverän. So elementare Entscheidungen wie zum Beispiel darüber, ob in einem Krieg eine vermittelnde Position eingenommen werden soll oder Parteinahme und Unterstützung der angegriffenen Partei angesagt ist, trifft einsam ein kleiner Kreis der politischen Elite – inklusive der über massive militärische Aufrüstung, die auf Kosten der eh schon errodierenden sozialen und gesundheitlichen Absicherung geht.
Zum dritten fördert die Parteien-Konkurrenz um Macht, Pfründe und Partialinteressen eine Art der Auseinandersetzung, die sehr häufig unter der Gürtellinie stattfindet, aber so gut wie nie der Suche nach dem Allgemeinwohl dienenden Lösungen dient. Eine Frage für die politische Bildung: Wie könnte dagegen eine Demokratie-Form aussehen, die den „herrschaftsfreien Diskurs“ (Habermas) ermöglicht?

Joachim Reinhardt, Hüttenberg

Was für eine Demokratie meinen Sie?

Lieber Pitt von Bebenburg, Sie haben in der FR die „massive Zunahme radikaler Einstellungen“ beschrieben, die eine Studie im Auftrag der Friedrich-Ebert Stiftung ermittelt hat. Die Ergebnisse dieser Studie interpretieren Sie im Leitartikel. Da habe ich mich sofort gefragt, welche Demokratie Ihnen da wohl vorschweben mag?
Sie schreiben, dass Gewissheiten nicht mehr gelten würden wie z.B. dass „sich die Welt stets in Richtung Frieden, Freiheit und Wohlstand für alle entwickelt – auf der Basis demokratischer Mitbestimmung“. Da fragte ich mich, welche demokratische Mitbestimmung Sie meinen? Cemile Glousouf von der Bundeszentrale für politische Bildung bringt das im benachbarten Interview zum Artikel auf den Punkt. Sie zitiert zuerst Abraham Lincoln, um dann auszuführen: „Wenn wir eine Demokratie in diesem Sinne sein wollen, kann die Konstellation nicht heißen: Staat und Parteien sind der politische Lieferservice und Bürger:innen nur ein Art Jury, die wie in einer Castingshow die Performance bewertet. Demokratie kann man nicht an Berufspolitiker delegieren“.
Aha, dachte ich, das könnte von Bebenburg meinen. Aber gerade das macht doch unsere „Demokratie“ aus, glauben die (Berufs-) Politiker, dass der Bürger sie an uns delegiert. Schon Herbert Wehner sagte: „Der Wähler legitimiert mit seiner Wahl die Entscheidungen, die anschließend gegen ihn unternommen werden“.
Christian Lindner meinte in einem Interview zu den Klimaprotesten von Schülern, dass man von Kindern und Jugendlichen nicht erwarten könne, dass sie bereits alle globalen Zusammenhänge, das technisch Sinnvolle und das ökologisch Machbare sehen. „Das ist eine Sache für Profis.“ Damit meinte er sicher die (Berufs-) Politiker und nicht die Wissenschaftler, die hinter den Protesten stehen.
Würden Politiker (von der Kommune bis zum Bund) wirklich eine „demokratische Mitbestimmung“ in welcher Form auch immer wollen, wäre sie längst installiert! Aber die Angst vor dem Bürger ist viel zu groß (wie die Studien ja auch zu beweisen scheinen), als dass man ihm mehr als seine Kreuzchen bei Wahlen als Teilhabe an der Demokratie zubilligen wollte. Nein, wirkliche demokratische Beteiligungen wären z.B. von der Politik unabhängige (!) Bürgerräte (wer sich über den vom Bundestag etablierten „Bürgerrat Ernährung“ informieren möchte: Rainer Balcerowiak „Bürgerrat Ernährung: Das System der simulierten Bürgerbeteiligung“) und endlich Volksabstimmungen entsprechend Art. 20(2) Grundgesetz: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen (…) ausgeübt“!

Matthias Wooge, Neu-Isenburg

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5 Kommentare zu “Was finden die Menschen toll an Diktaturen?

  1. Dass sich gesellschaftlich die Produktivität in den vergangenen Jahrzehnten bestenfalls nur seitwärts bewegt hat, ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Gesundheit und die Produktivkraft des Einzelnen gleichsam in rauen Mengen lediglich verschwendet worden ist. Technische Innovationen wie nicht zuletzt das Internet, aber gegenwärtig auch so genannte Künstliche Intelligenz haben kräfteökonomisch offenbar keinerlei nennenswerten Effekt. Der von der Harvard Business School bereits vor rund einem Jahrhundert so bezeichnete „Human Factor“ sieht sich dadurch äußerst unzulässig ins Verhältnis gesetzt. Angesichts dessen ist inzwischen sogar von einer „Diktatur des Relativismus“ die Rede, wie insbesondere eine Predigt am 18. April 2005 im Petersdom in Rom kritisiert. Trotz den zweifelsohne verheerenden Folgen und den laut erstmals offiziell angestellten Berechnungen von hierzulande allein im Jahr 2022 mehr als 200.000 zusätzlichen, jedoch von vornherein vermeidbaren Toten, erfahren politische Parteien, deren Handeln die Morbiditäts- und Mortalitätsrate in von keinem Arzt mehr erreichbare Höhen schnellen lässt, unter der hiesigen Bevölkerung einen immer größeren Zuspruch. Juristisch betrachtet, sind die Wähler solch einer Politik eine Gefahr für sich selbst und die Rechtsgüter anderer. Weshalb sie nicht schon längst zu ihrem eigenen Schutz auf richterlichen Beschluss hin in einer geschlossenen Einrichtung untergebracht worden sind, bleibt somit weiterhin eine offene Frage. Das Wahlgeheimnis ist auf diese Weise in seinem Sinn jedenfalls völlig entstellt.

  2. Unbestritten ist, dass sich die Gesellschaft eher in Richtung rechts als in Richtung Mitte oder links bewegt. Unbestritten ist ebenso, dass uns alle diese Entwicklung zum Nachdenken anregen muss. Denkt die Politik auch nach? Ist sie mutig genug? Oder erstickt sie mittlerweile die Demokratie selbst, indem sie sofort aufschreit, wenn man eine Meinung äußert, die ggf. weder zur jeweiligen Parteilinie noch zum gesellschaftlich Akzeptierten gehört?
    Bin ich rechtsextrem, wenn ich möchte, dass alle Kriminellen bestraft werden und dass dies im Falle von asylsuchenden Menschen bedeutet, dass sie umgehend abgeschoben werden? Bin ich rechtsextrem, wenn ich Israel kritisiere? Für die dortige Siedlungspolitik und die aktuell unsäglichen Anstrengungen, die Religion nicht weiter vom Staat zu trennen? Die Politik, die Regierung, also unser Personal in Berlin muss sich endlich der Realität stellen!

  3. Sehr geehrter herr von bebenburg, die heutige fr ist im thema des tages besetzt mit der beschreibung unserer WEHRLOSEN demokratie. die geschichte scheint sich zu wiederholen. da wird unsere gewählte regierung von fast 30 % der deutschen als zu L A S C H empfunden. an dieser haltung sind auch schein demokratische parteien – cdu – csu – fdp neben der afd beteiligt, die die geschichtliche vergangenheit der deutschen mit – so schreiben sie – mit einem trotzigen „DANN BIN ICH HALT EIN NAZI “ wegstecken.
    die situation januar 1933 wurde eingegangen, weil die demokratischen menschen um von papen sich sicher fühlten diesen spuk nur ein paar monate ertragen zu müssen. mit dem fingierten reichstagsbrand februar 1933 hatten diese gangster um hitler die möglichkeit ein ermächtigungsgesetz durchzusetzen , das endlich – wie sie schreiben – ihren autoritätshörigen charakter in adolf hitler famden, der die deutschen zu einer mörderbande werden liess, die 1945 60millionen menschen auf dem gewissen hatte.
    geschichtbildung oder überhaupt menschlichkeit ist scheinbar mitlerweile 30% der deutschen heute egal. wenn die nicht von der obrigkeit den befehl zur unmenschlichkeit wie 1933 – 1945 erhalten, ist es ihnen egal ein N A Z I zu sein.
    ich bin ihnen dankbar für ihren bericht – DEMOKRATIE IN GEFAHR – ob aus solchen gedanken eine WEHRHAFTE DEMOKRATIE entsteht bezweifeln sie selbst mit ihrem artikel am schluss.
    die reuemütigen schreie DER DEUTSCHEN am ende eines mordkrieges 1945 NIE WIEDER KRIEG sind fast 80 jahre vorbei – geschichte scheint sich zu wiederholen. und vergesslichkeit ist menschlich.
    ich bin jahrgang 1936 und habe als bub die untergangsjahre der deutschen und meiner familie so miterlebt, dass sich das von meiner einschulung 1942 bis zum bitteren ende und in den jahren danach tief eingegraben hat.
    weiter so Frankfurt Rundschau. Und Eerfolg bei nachdenklicher Vergangenheitsbetrachtung,
    Nie wieder!

  4. Mit einem frischen Blick auf die Straßen dieses Landes lässt sich unschwer erkennen, dass sich die meisten Menschen in ihren Häusern schön einrichten konnten und komfortabel leben. Wie kommt dann die zunehmende Unzufriedenheit mit den politischen Verhältnissen zustande, die sich in den Ergebnissen der Untersuchung der Friedrich Ebert Stiftung wiederfindet. Vielleicht ist diese Unzufriedenheit vergleichbar mit dem Zustand, am Ende eines jahrelangen Werkelns an einer Modelleisenbahn. Dort fehlt die Herausforderung, weil das Spielen nicht die gleiche Befriedigung verschafft, wie die Freude an den Ergebnissen während des Aufbaus. Anscheinend haben viele Menschen jetzt das Gefühl, die Regierung will ihnen das Spielzeug wegnehmen, ohne die Kosten und Mühen des Aufbaus anzuerkennen. Was wir brauchen ist eine Vision für den Neuaufbau eines ganz neuen Projekts. Seit mehr als siebzig Jahren orientiert sich unser Land ausschließlich an der Vorstellung, allein die Verbrennung fossiler Rohstoffe böte die Grundlage einer gesunden stabilen Volkswirtschaft und des gesellschaftlichen Wohlstandes. Vielleicht müssen wir erkennen, dass diese vehemente Überzeugung im Kern ja nur das Ergebnis ideologischer Verhärtung ist. Ließen wir die zur Seite, könnte es wieder eine Offenheit im Denken und Handeln geben, um einen neuen Antrieb zu finden, der den Aufbauwillen weckt für die Realisierung eines völlig neuartigen Modells. Es handelt sich dabei um eine Entwicklungsaufgabe in großer Dimension in der Pioniergeist gefordert wäre. Dafür müssen alle Kräfte gebündelt werden. Es braucht Erfindungsreichtum, hochgradige technische Expertise, praktische Geschicklichkeit, unternehmerischen Mut und vor allem politische Ehrlichkeit. Ehrlich muss gesagt werden, dass niemand die Realität dieses Modells heute schon kennt. Dieses neue Modell steht nicht fertig im Regal und kann nicht im Katalog bestellt werden. Die Gesellschaft muss es in gemeinsamer Anstrengung konstruieren. Vielleicht wächst aber eine Gemeinschaft mit der Aufgabe und die Vielfalt der Menschen würde nicht als Belastung sondern als Stärke wahrgenommen. Wenn manche dann nur dabei stehen, nichts tun, aber immer alles schlecht reden, wird das alle während der Arbeit nur stören. Diese Leute würden darum bald fortgeschickt. Denn die am konkreten Diskurs Beteiligten und die Handelnden auf der Baustelle werden wieder Freude an den Ergebnissen finden, die sich vielleicht ganz unverhofft an überraschenden Stellen einfinden werden. Wenn sich zum Beispiel eine höhere Verteilungsgerechtigkeit und Lebensqualität einstellte und erlebbar würde, dass der Planet sich dankbar langsam erholt.

  5. So verstörend die Aussagen des Artikels sind, so ist doch ein wenig Kritik zu üben. Wenn ich den Artikel richtig verstanden habe, so wurden bei der Umfrage geschlossene Fragen gestellt, d.h. solche, bei denen man nur mit ja, teils/teils oder nein antworten kann. Umfrageergebnisse lassen sich damit gut erzielen. Die spannenden Fragen wären aber offene, solche, bei denen die Befragten sagen können, warum sie sich so entscheiden. Methodisch ist dies mit einem deutlich höheren Aufwand versehen, aber sie sind aussagekräftiger. Was heißt denn, eine Diktatur wird befürwortet? Haben die Bürger vielleicht einfach „nur“ die Nase voll, von dem Parteiengezänk? Bedeutet nicht evtl. auch, wenn doppelt so viele den Nationalsozialismus verharmlosen, dass die Erinnerungskultur bzw, die Aufarbeitung die Menschen nur bedingt oder gar nicht erreicht? Wurde nicht vor kurzem eine entsprechende Diskussion in Deutschland geführt? Auch die Aussage „distanzieren sich von der Demokratie“ ist schwierig. Heißt das von der Regierungsform als solcher, was richtig gefährlich wäre, oder von der Parteiendemokratie usw.? Dies gilt auch für die Formulierung „demokratiegefährdende Einstellungen“, dafür bedarf es mehr als geschlossener Fragen, dazu müsste man die Befragten interviewen (s. o). Wie so oft wird leider nur „festgestellt“. Warum, wieso, weshalb scheint gar nicht mehr gefragt zu werden. Dies sind aber die Fragen, nach deren Beantwortung man etwas ändern und ggfs. Schlimmes verhindern könnte.

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