Haben Sie Lust auf ein Ratespiel nach jener Art, die ich oft in unserer geschätzten Rubrik „Sorry“ mache? Gesucht wird die Antwort auf folgende Frage: Was ist die Zukunft? Mehrere Antworten sind möglich.

Ist die Zukunft:

A) stürmisch (Stichwort Klimawandel);
B) sowieso immer das, was man nicht braucht, denn so wie es ist, ist es gut;
C) weiß nicht, vielleicht lebe ich dann nicht mehr;
D) mir egal;
E) digital.

Schwierig, nicht wahr? Ich persönlich würde zu C) tendieren als jemand, der gerade 60 Jahre alt geworden ist. Aber da Mehrfachnennungen erlaubt sind und es hier nicht um mich geht, würde ich mit A) und E) antworten. E) ist allerdings lästig. E) bedeutet, dass man lernen muss. Dieser ganze digitale Kram! Er wird immer mehr, ohne dass man gefragt wird. Ständig was Neues, immerzu muss man sich zurechtfinden! Jetzt auch noch KI! Und die BahnCard nicht mehr auf Plastik!

Reden wir über die E)-Zukunft, denn sie wird kommen, egal ob Sie oder ich was dagegen haben. Sie ist sogar schon da. Die gesamte Entwicklung, die wir „Industrielle Revolution“ nennen – gern auch mal schubladiert durch Nummerierungen wie 2.0 oder 3.0. oder 4.0 -, ist von einer fast beklemmenden Konsequenz gekennzeichnet, so scheint es. Als wäre sie naturgesetzlich: Weil im 18. Jahrhundert das dampfgetriebene Räderwerk erfunden wurde, haben wir demnächst (?) Quantencomputer. Künstliche Intelligenz nimmt uns das Denken ab, so fürchten viele Menschen.

Eines muss man dieser Entwicklung lassen: Das Schlangestehen hat sie schon erübrigt. Zumeist jedenfalls. Heutzutage kauft man das Kino-, Theater- oder Bahnticket vom Heim-PC aus oder mit dem Smartphone. Geschäfte laufen zunehmend ohne Bargeld, das mittelfristig vermutlich völlig verschwinden wird. Konferenzen jedweder Art benötigen keine physisch existenten Konferenzräume. Eine Online-Plattform genügt. Und wenn man per Smartphone telefoniert, kann man die Person sehen, mit der man sich austauscht: Videotelefonie. Die Digitalisierung schreitet voran. Werden wir bald neuronale Chips haben, die, in unsere Köpfe implantiert, unser Hirn direkt mit dem Internet verbinden? Ansätze für solche Technologien gibt es bereits.

Viele dieser Entwicklungen erleichtern unser Leben merklich. Andere stellen uns vor Herausforderungen, denn jede Veränderung ist mit Umgewöhnung verbunden. Das ist unbequem. Man wird gezwungen zu lernen. Nun ist die Fähigkeit zu lebenslangem Lernen eine der Gaben, die uns Menschen von vielen anderen Spezies auf diesem Planeten unterscheidet. Vermutlich ist sie einer der Gründe dafür, dass die Spezies „Homo sapiens“ so erfolgreich ist und den gesamten Planeten prägen kann. Doch nicht jede und jeder möchte lebenslang lernen. Vor allem nicht ungefragt. Etwa wenn der Deutschen Bahn einfällt, Grundlegendes an der BahnCard zu ändern, was viele Menschen vor Herausforderungen stellt, weil sie umdenken müssen (siehe unten). Man möchte gern selbst entscheiden, was man lernen will. Man möchte nicht gezwungen werden.

Die Digitalisierung produziert also Abwehrreflexe. Vielleicht beruhen sie auf denselben Verhaltensmustern, die es uns so schwer machen, adäquat auf den Klimawandel zu reagieren? Denn der verlangt einiges von uns, ohne dass wir gefragt worden wären. Warum fällt uns der Abschied von der fossilen Ära so schwer? Wenn man ans Heizen denkt: Was heute durch Verbrennung geleistet, wird mittelfristig von Wärmepumpen geschafft werden. Nur haben wir dann keine Gastherme mehr im Haus. Egal – unsere Wohnungen werden trotzdem warm, wenn wir den Thermostat aufdrehen. Bis dahin haben wir allerdings noch einen Lernprozess zu bewältigen, wie es scheint. Im Großen wie im Kleinen.

Hier folgen nun einige Zuschriften von Ihnen, die um die Themen Digitalisierung und lebenslanges Lernen kreisen.


Unzumutbar und menschenverachtend

Ich finde es unerhört und unverschämt, dass die Bahn nun Menschen für den Kauf einer BahnCard ausschließt, die weder ein Handy noch ein Laptop besitzen. Bei dem Artikel vom 23.5. und dem am vorigen Tage erschienen Artikel heißt es nach wie vor, dass Kunden, die eine BahnCard möchten, eine E-Mail-Adresse benötigen. Wie bitte soll das gehen, wenn Menschen weder ein Handy noch ein Laptop besitzen? Es werden also zukünftig Menschen ab einem gewissen Alter oder/und Menschen ausgegrenzt, die diese Technik nicht besitzen. Diese Anmaßung und Ausgrenzung ist unzumutbar und menschenverachtend.

Carlotta Althaus, Frankfurt

Kalter Entzug

Ich stimme dem Leserbrief von Herrn Denhard voll und ganz zu. Wo bleibt meine Freiheit, wenn ich zum Digitalgebrauch genötigt werde?
Anstatt einer Digitalisierung bin ich für eine Humanisierung der Gesellschaft. Frage an alle Digitalnutzer: Wer ist von Euch noch in der Lage, einen Monat, eine Woche oder auch nur einen Tag ohne seinen digitalen Vormund auszukommen? Ohne Entzugserscheinungen zhu bekommen?
Es ist doch längst bekannt, dass wir in die digitale Abhängigkeit gedrägt werden. Erst übernahm die Technik das Rechnen, dann das Denken, und nun soll sie auch noch fühlen können. Für was ist dann der Mensch noch da?
Wir begeben uns in Abhängigkeiten, die wir nicht mehr beherrschen können, so wie schon bei der Atomkraft. Wie wird die digitale Gesellschaft reagieren, wenn es zu einem flächendeckenden längeren Stromausfall kommt, durch Naturkatastrophen oder digitale Sabotage? Ich hoffe, nicht wie Süchtige auf kaltem Entzug!

Ulrich Betz, Freigericht

Tolle Erlebnisse, digital und analog

Liebe Digital-Künstler der DB, unser Sohn ist behindert; ich erledige gemeinsam mit meiner Frau für ihn viele Formalitäten, so auch die Fahrkartenbestellung und gegegebenenfalls auch das Besorgen von Theaterkarten; letzteres klappt übrigens hervorragend. Hier käme auch niemand auf die für mich „absurde“ Idee, Karten und Reservierung nur noch auf dem Smartphone zu speichern. Das dann in der Vorstellung stattfindende Digitalkonzert wäre z.B. für Mozart tödlich, für Wagner kaum störend und für serielle Musik (Berg) möglicherweise eine passable Bereicherung.
Vielleicht fällt Ihnen auch noch ein Highlight für die weitere Verwendung in der Bahn ein …
Selbstverständlich liefert mir die OeBB die Seniorencard noch in der bisher gebräuchlichen Form und auch der RMV gibt mir mein Senioren-Ticket noch in Plastik. Etliche dieser Karten sind auch ohne Neuausstellung verlängerbar, entweder durch Ablegen des neuen Datums im zentralen Speicher oder durch Änderung der Daten in einem dafür geeigneten Lesegerät (am Bahnhof) oder durch Verwendung einer kleinen Druckfolie, die den alten Druck beim Neudrucken auflöst (wie bei meiner UniCard).
Man kann sich ohne weiteres auf tolle Erlebnisse in der Bahn freuen:, wäre das Ticket nur noch auf dem Smartphone: Tausende ehrlicher Schwarzfahrer auf Ihren Zügen- die armen Zugbegleiter! Etliche Passagiere ohne Smartphone,aber mit Handy (nutzlos für diesen Blödsinn); Akku leer; Smartphone vergessen,usw.usw. Alle haben ihren Fahrtausweis aber tatsächlich erworben.
Das ist etwas für Digital-Kids, die ununterbrochen ihren Bildschirm vor Augen haben, bis sie dann bei Fußgängerrot von Auto ange- bzw. von der Straßenbahn über-fahren werden.
Auch bei Ihren Bahnhöfen besteht die Möglichkeit dass sich die Gleisbelegung kurzfristig geändert hat und die „lesenden u. hörenden“ Menschen dann –quasi automatisch -im falschen Zug sitzen.
Nicht ganz zu Unrecht weigern sich viele, alles, aber auch alles dem Digitalen zu überlassen—ganz besonders wenn wir auch der KI ausgeliefert werden-dann geht es halt zurück zum Barkauf aller Dinge des täglichen Bedarfs
( Ich las vor kurzem in der Zeitschrift „Die deutsche Bühne“2 Rezensionen : Eine von einer echten Theaterkritikerin, die andere von KI erstellt, unter Verwendung weniger Hinweise – erstaunlich das Wissen u. die Wortwahl der letzteren–kann sein dass auch mein Schreiben so erstellt worden ist. Ohne mein Wissen! Bin ich echt? Rätseln Sie bitte.)
Deshalb mehr:Ich bin jetzt 85 Jahre alt und hoffe noch inständig mein Leben ohne ohne mir aufgezwungene Ausweise und Karten auf dem Smartphone weiterführen zu können und führe deshalb mit steigender Begeisterung all dies auf Papier mit mir mit.So wie viele Ältere auch! Es macht ja keine Mühe,auch für die Bahn, solches zu ermöglichen-der Kundenzufriedenheit dient es bestimmt.Meine Druckkosten betragen weniger als 0,1 € pro Dokument. Das können sie mir doch ohne weiteres zumuten!Oder???
Nur nebenbei: Ich fahre sehr gerne Bahn (trotz aller Probleme,die sich -da mech. bedingt-nie digital lösen werden), gehe häufig in Theatervorstellungen, informiere mich durch Lesen mehrerer Zeitungen, besuche Seminare der Universität des3.Lebensalters,bin im Vorstand des VdK Ffm u.arbeite ehrenamtlich techn.-museal (alles durchweg Offline)und möchte keinesfalls Coach-Potato werden, weil alles nur noch Online stattfindet.
Wahlspruch :Noch ist Analoges nicht verloren, solange wir leben.und uns wehren…(frei nach poln. Hymne)
Wie wäre es mit Online Bahnfahrten ? Natürlich ohne Fahrschein,braucht man dann ja nicht, es reicht der Zugang zum Netz,..-nur es fehlt der Speisewagen, dessen Plätze sie im langen „412“ schon mal verringert haben.Vielleicht haben Sie auch schon den recht beliebten Eintopf in Auftrag gegeben um ihn dann digital den hungernden Reisenden vorsetzen zu können, gemeinsam mit einem virtuellen Grauburgunder.

Rolfrüdiger Traub, Frankfurt

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Ein Kommentar zu “Die E)-Zukunft

  1. Lieber Herr Traub, ich habe noch nicht Ihr Alter erreicht, bin aber immerhin schon 77 Jahre auch ohne Smartphone bestens zurecht gekommen. Auch ich ärgere mich jedesmal darüber, wenn mir von Intitutionen/Firmen per Digitalisierung die Nutzung eines solchen Gerätes aufgezwungen werden soll. Dass das Problem nicht nur bei der Deutschen Bahn auftritt, soll nachfolgende Schilderung belegen:
    Alles begann schon recht unerfreulich. Während eines Auslandsurlaubes wurde mir meine Geldbörse gestohlen, mit alle Karten, Pers-ausweis und Führerschein, u.a. auch meine ChipKarte von der Allianz Privaten Krankenversicherung. Auf meine schriftliche Bitte um eine Ersatzkarte erhielt ich nach zehn Tagen ein Formularschreiben „Wichtige Information für Sie, wir haben unsere Prozesse angepasst, registrieren Sie sich bitte auf unserem Kundenportal.“
    Nach meinem Einwand, ich hätte kein Smartphone, wurde mir nach weiteren vier Wochen ein Brief der Allianz PKV mit auszugsweise folgendem Inhalts zugesandt:
    „Als großer Versicherer sieht sich die Allianz in der Pflicht und Verantwortung, das Thema Nachhaltigkeit verstärkt zu berücksichtigen. Dazu gehört auch bestehende Geschäftsabläufe kritisch zu hinterfragen. Im Falle der Plastik-Chipkarte haben wir uns dazu entschieden, diese ab sofort nur noch in digitaler Form über die Allianz-Gesundheits-App anzuieten. Dies schont die Umwelt und schafft Platz in Ihrem Geldbeutel.“
    Meinen Unmut habe ich in einem Schreiben an den Vorstand der Allianz PKV zu Ausdruck gebracht, wohl ahnend, dass die Allianz PKV am neuen Verfahren festhalten würde. Man sollte aber wenigstens zur Kenntnis nehmen, dass man als Kunde nicht bereit ist alle Entscheidungen der Firma kommentarlos hinzunehmen“.

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