Ein Fahrdienstleiter ist im Bahnverkehr ungefähr das, was im Flugverkehr der Fluglotse ist. Ein verantwortungsvoller Posten also, und ein anspruchsvoller. Fahrdienstleiter stellen Weichen und Signale, sie allein geben die Fahrerlaubnis für die Züge. Als einfacher Zugreisender merkt man von ihrer Arbeit wenig, wenn alles flutscht – aber wenn nicht, dann kann es zu schweren Unfällen kommen, dann kann es Tote geben.
Am Mainzer Hauptbahnhof, der gerade Schlagzeilen macht, weil er teilweise lahmgelegt ist, gibt es 15 Fahrdienstleiter inklusive Vertreter. Davon sind die Hälfte derzeit krank oder im Urlaub. Nehmen wir mal an, acht waren noch da, als das Malheur losging. Es muss natürlich Schichtdienst gefahren werden, damit das Stellwerk rund um die Uhr besetzt ist – auch am Wochenende. Die Arbeitnehmer haben – zumindest offiziell – Fünf-Tage-Arbeitswochen. Also muss die Personalplanung berücksichtigen, dass die Mitarbeiter Freizeitausgleich an Wochentagen bekommen (sollten). Urlaubstage kommen hinzu; absehbar ist die Haupturlaubszeit eine Zeit des Jahres, in der die Menschen Urlaub nehmen, nicht wahr? Ich komme zu dem Ergebnis, dass eine vollbesetzte Schicht im Stellwerk aus nicht mehr als vier Fahrdienstleitern bestehen kann, nachts vielleicht auch nur aus zweien. Vier Leute, die den Verkehr im Hauptbahnhof einer Landeshauptstadt zu regeln haben, der täglich von 600000 Menschen genutzt wird.
Schon diese einfache Rechnung zeigt, dass in der Personalplanung der Deutsche Bahn AG irgendetwas nicht stimmen kann. Wenn sie ihre Personaldecke so dünn plant, dass eigentlich niemand krank werden darf, dann hat der Arbeitgeber es übertrieben mit dem Personalabbau. Die Probleme am Mainzer Hauptbahnhof waren vorhersehbar. Überall in der Bahn heißt es jetzt, das sei nur die Spitze des Eisberges. Bis 2010 hatte die Deutsche Bahn 150000 Arbeitsplätze abgebaut, um sich hübsch zu machen für die Börse, an die sie hatte gehen sollen. Diese Pläne wurden bekanntlich verschoben. Und es gibt auch wieder Neueinstellungen; 10000 sollen es 2013 sein. Denn auch Lokführer fehlen. Die Netzsparte, zu der die Fahrdienstleister gehören, wurde von 54000 Mitarbeitern im Jahr 2001 auf rund 35000 im vergangenen Jahr verkleinert.
Vermutlich musste es ganz einfach so kommen, damit die Verantwortlichen im Konzern begreifen, was Mitarbeitern – und damit auch den Bahnreisenden – abverlangt wird. Es sind diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die den Betrieb gewährleisten, nicht die Manager. Die haben nur sehr eindrucksvoll gezeigt, wohin Fehlsteuerung führen kann, wenn man die Bodenhaftung verloren hat und allein den Zahlen der Controller folgt.
Nikolaus Jöckel aus Offenbach meint:
„Wer zuerst erfahrene Eisenbahner aus dem Unternehmen drängt, die natürlich ihr Wissen mitnehmen, ohne es zuvor an die nächste Generation weitergegeben zu haben, und dafür eine Heer unproduktiver Controller beschäftigt, muss sich nicht wundern, das irgendwann der Laden zusammenkracht. Bislang noch haben die paar echten Eisenbahner, die noch da sind, den Betrieb schlecht und recht am Laufen gehalten, aber irgendwann ist halt das Ende der Fahnenstange erreicht. Mainz dürfte erst der Anfang gewesen sein.“
Hartmut Dziallas aus Maintal:
„Die Umwandlung der ehemals Deutschen Bundesbahn (DB) in eine Aktiengesellschaft – also die Privatisierung eines wesentlichen Teils der öffentlichen Daseinsvorsorge – realisierten CDU und SPD durch Änderung des Grundgesetzes vor etwa 20 Jahren.
Die negativen Folgen dieser politisch so unsinnigen Entscheidung übertreffen dabei die wenigen positiven Aspekte bei weitem. Kundendienst und Service verschlechterten sich. Zahl und Umfang der Betriebsstörungen sowohl beim rollenden Material als auch bei der betriebl. Infrastruktur (Weichen, Signale usw.) haben mit der Konsequenz einer riesigen Verspätungslawine rasant zugenommen. Der Ruf des Unternehmens DB AG ist – gelinde gesagt – alles andere als positiv.
Das bei der „alten“ DB vorhandene vorausschauende Sicherheitsdenken wurde zum großen Teil einer reinen Kosten-Nutzenbetrachtung mit entsprechendem Handeln geopfert. Personaleinsparungen einerseits und gleichzeitig ein hoher Zuwachs von Potenzial an Führungskräften „von draußen“ mit entsprechenden Boni-Zahlungen blieben und bleiben nicht folgenlos.
Was eigentlich sind das für „Manager“, denen scheinbare wirtschaftliche Erfolge wichtiger sind als eine sichere Betriebsdurchführung? Sie sind absolut fehl am Platz! Früher wären derartig handelnde Personen disziplinarisch zur Rechenschaft gezogen worden! Das derzeitige Desaster im Hauptbahnhof in Mainz – einer Landeshauptstadt – hätte zur Ablösung des zuständigen Direktionspräsidenten geführt.
Nicht die armen Teufel, die trotz Frust und Einschränkungen innerhalb ihres dienstlichen Umfeldes ihre Arbeit nach wie vor so gut als möglich versehen, sind Ziel dieser Kritik. Sie richtet sich vielmehr an diejenigen, die die Voraussetzungen für das jetzige Geschehen durch neoliberalistische Vorstellungen und Hang zum Börsengang geschaffen haben. Aber – wie immer – sie prallt an ihnen ab. Und – am nächsten Tag wird mit Sicherheit wieder eine andere Sau durchs Dorf gejagt…..Da helfen personelle Konsequenzen an der Spitze der Netz AG wenig.
Der frustrierte Verfasser dieses Leserbriefes verliert dennoch nicht die Hoffnung, dass ein immer größer werdender Teil der Bevölkerung die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen ablehnt oder zumindest zu verhindern versucht. Ja eben, die Hoffnung stirbt zuletzt.“
Kurt Kress aus Kapstadt (ZA):
„Stefan Sauer beschreibt einleuchtend Gründe für die Krise der DB: „Anstatt in Schienennetz und Personal zu investieren, habe die Bahn auf extrem teure Leuchtturmprojekte gesetzt, allen voran auf Stuttgart 21“.
Man muss kein Linker sein, um zu wissen, dass es eben ein Unterschied ist, ob eine rein staatliche, durch Steuern finanzierte Bundesbahn zuerst als Dienstleister an die Bedürfnisse der Bevölkerung und eine intakte Umwelt denkt, und wenn nötig, hierfür Steuern erhöht, oder ob es einer privatwirtschaftlich organisierten, also gewinnorientierten Bundesbahn vor allem um die Gewinnmaximierung geht. Der durch die Politik erzeugte Renditedruck scheint doch beachtlich zu sein.
Ob eine neue Regierung den Grad der Privatisierung ändern und damit die Probleme der Deutschen Bahn lösen wird, hängt nicht zuletzt vom Ausgang der Bundestagswahl ab.“
Leider verfällt nicht nur die FR immer wieder auf die Bahnschelte. Dem „Staatsunternehmen“ DB wird dann angekreidet, denn die private Wirtschaft, die über den Markt alles so wunderbar regelt, wie im Falle Siemens nur mit monatelangen Verzögerungen ihren Lieferverträgen nachkommt. Aber die Endverbraucher stehen auf den Bahnhöfen und nicht vor der Siemens-Konzernzentrale.
Wer sich den Verspätungen bei der Bahn nicht aussetzen will, kann ja Auto fahren. Das ist ja sooo viel billiger und man kann sich auch nicht verspäten, weil man allenfalls im Stau steht, oder einen Parkplatz sucht.
Pressemitteilung:
„Seit der Bahnreform 1994 bis zum Jahr 2010 hat die Bahn im Inland rund 150.000 Stellen abgebaut.
Die Netzsparte, zu der die Fahrdienstleiter gehören, schrumpfte von 54.000 Mitarbeitern (2001) auf rund 35.000 (2012).“
Aus „Die Welt“ vom 14. August 2013 Seite 1 „Personalmanagement der Bahn AG“
Unter Berücksichtigung dieser Zahlenangaben dürfte es nicht verwunderlich sein, dass die Bahn in Schwierigkeiten geraten ist. Der Wunsch, die Bahn an die Börse zu bringen, dürfte die eigentliche Triebfeder gewesen sein.
Hinzu kommt noch, dass Herr Mehdorn als Vorstand eines zukünftigen börsennotierten Unternehmen (am besten im Dax) sich einen erklecklichen Zuwachs seiner Bezüge erhofft hatte. Etwas mehr Augenmaß und weniger Hektik in dieser Phase wäre besser gewesen.
Stuttgart 21 ist schlichtweg ein größenwahnsinniger Skandal, den auch die Bahn zu verantworten hat mit ihrem sturen Beharren auf diesem Konzept unterstützt von der Politik.
In der ARD-Tagesschau sah sich der FDP-Generalsektretär Döring genötigt, die Bahnangestellten der „Geiselname“ zu bezichtigen. Also: Menschen, die sich im Urlaub befinden oder krank sind, sind Geiselnehmer, mithin Gewaltverbrecher.
Nun frage ich mich, was hat das Mitglied des Aufsichtsrats der „DB“, Döring eigentlich unternommen, um genau das Verkehrschaos in Mainz zu verhindern?
Fakt ist, dass seit Jahren massiv Personal abgebaut wird. Die verbliebenen Bahnmitarbeiter versuchen alles um einen geordneten Ablauf zu gewährleisten. Und ernten sie dafür Dank? Nein, vor einigen Tagen berichtete die FR dass noch mehr Stellen gestrichen werden sollen.
Ist es unter diesen Umständen eigentliche verwunderlich, dass es so viele Probleme gibt?
Und als wäre die Diffamierung durch die FDP nicht schlimm genug, nein, nun muss auch noch der Wirtschaftsminister Rentsch mal wieder das hohe Lied der Privatisierung singen.
Dabei ist doch genau dieser Wahnsinn Ursache der Verkehrsprobleme.
Ich fahre sehr viel mit der Bahn, bekomme folglich viele Probleme hautnah mit. Seien es Verspätungen, hoffnungslos überfüllte Züge, Anschlussverbindungen die nicht funktionieren.
Aber, ich erlebe auf meinen Reisen in die Schweiz, dass es auch anders geht. Anschlüsse funtionieren fast immer, egal, ob Hitze oder Schnee, die Züge sind pünktlich, in der Schweiz habe ich noch nie stehen müssen.
Und liebe FDP: die Schweizer Bahn ist eine Staatsbahn. Kein Privatisierungsschwachsinn.
Und da frage ich mich schon: fällt der FDP eigentlich zu allen Problemen nur „Privatisierung“ ein? Für diese schlichte Erkenntnis ist Herr Döring oder Herr Rentsch doch eigentlich überflüssig.
zu 3 # Reinhold Hinzmann
Eine Frage: Ist die Bahn AG bereits privatisiert, also „Privatisierungsschwachsinn“
oder erst auf dem Weg dorthin?
In früheren Zeiten fuhr die Bundesbahn so pünktlich, dass man die Uhr nach ihren Fahrplänen stellen konnte.
Der Vergleich mit der Schweizer Staatsbahn ist ein wenig unfair, betrachtet man die Länge des Schienennetzes, die Zahl der täglichen Zugverbindungen und der Lage Deutschlands als Transitland in allen vier Himmelsrichtungen. Da besteht doch ein signifikanter Unterschied.
Aber es ist Ihnen Recht zu geben, dass die Bahn sehr unpünktlich und der einzige Störfaktor der Bahnkunde ist. Informationen für die Fahrgäste: Fehlanzeige.
Personalabbau siehe Beitrag 2.
Umstandsbedingt werde ich in nächster Zeit keine Beiträge mehr schreben können, Profaner Grund: Zeitmangel
Tippfehler schämen sich.
Der Zusatz AG zeigt, daß die Deutsche Bahn ein privatwirtschaftlich organisiertes Unternehmen nach dem Aktienrecht ist. Damit ist sie kein echtes Staatsunternehmen mehr, lediglich die Aktien befinden sich wegen des aus guten Gründen nicht erfolgten Börsengangs zu 100 Prozent im Besitz der Bundesrepublik Deutschland. Darin liegt das Problem. Als Aktionär hat der Bund aber gegenüber dem Vorstand der DB AG entsprechend dem Aktienrecht nur die Handlungsmöglichkeiten über Aktionärsversammlung und Aufsichtsrat. Doch als Monopoleigner hat der Bund diese Möglichkeiten komplett in der Hand, zudem wird insbesondere auf der poltischen Ebene ein massiver Einfluß auf die DB AG und ihren Vorstand ausgeübt.
Peinliche öffentliche Pannen häufen sich , statt hochgepriesenem HighTech-Standort immer mehr Bahnanenrepublik.
hallo,
mein Sohn fährt von Eppstein nach Niedernhausen mit der S2.
1.) der Preis für eine Jahreskarte für einen Schüler beim RMV ist viel zu hoch, er benötigt keine zusätzlichen Leistungen, er muss diese Fahrkarte haben, ist viel zu teuer! Es ist eine Schande, wie hier Schulkinder abgezockt werden.
2.)es fallen immer wieder Züge aus, wobei es meistens so ist, dass keinerlei Vorwarnung, Ansage oder irgendeine Info angeboten wird, der Zug kommt einfach nicht, kommentarlos…….und dann können die Eltern schnell sehn, wie der Schüler dann mit dem Auto nach Wiesbaden kommt, zu spät natürlich…
ich frage mich, wo hier eigentlich die Verkehrspolitik bleibt? es hat sich außer regelmäßigen Preiserhöhungen i den letzten 20 Jahren hier rein gar nichts getan.
Wenn in Richtung Frankfurt morgens mal nur eine S – Bahn ausfällt, dann können Sie ja mal versuchen, z.B. in Kriftel noch einzusteigen……da siehts dann aus wie auf dem Bild Ihrer heutigen Fr.- Ausgabe auf Seite 48 – im Toshimaen Schwimmbad! oder wie heute Mittag im Waldstadion! viel Spass beste Grüße Jim
zu 3 # Reinhold Hinzmann
Eine Frage: Ist die Bahn AG bereits privatisiert, also “Privatisierungsschwachsinn”
oder erst auf dem Weg dorthin?
In früheren Zeiten fuhr die Bundesbahn so pünktlich, dass man die Uhr nach ihren Fahrplänen stellen konnte.
Der Vergleich mit der Schweizer Staatsbahn ist ein wenig unfair, betrachtet man die Länge des Schienennetzes, die Zahl der täglichen Zugverbindungen und der Lage Deutschlands als Transitland in allen vier Himmelsrichtungen. Da besteht doch ein signifikanter Unterschied.
FALSCH:
Die Sbb hat eine der höchsten Zugdichte weltweit. Im Schnitt ist es ein Zugfolgeabstand von 2 Minuten, bzw. ca. 90 Züge pro Meter in 24 Stunden.
Als Transitland wickelt die Schweiz ihren Zugverkehr komplett über 2 Achsen ab. Lötschberg und Gotthard und zwar im Mischverkehr.
Es ist unerheblich, ob das Netz der Sbb im Verhältnis zur DB kleiner ist.
Interessant ist eher der Grundgedanke der Sbb, der besagt; nicht so schnell wie möglich, sondern so schnell wie nötig.Ich weiss wovon ich rede, war ich doch lange Jahre Fdl bei der DB und nicht unbedingt auf kleinen Stellwerken tätig.
Recht hat er, der DB-Chef Gruber, wenn er meint, “Fahrdienstleiter ist doch nicht irgendein Job wie Wurstwenden an der Frittenbude”. Nur, wenn schon Anfang des Jahres kritische Fragen vom Vorstand über die Personalsituation in den Stellwerken zur Sprache gekommen sei sollen, warum haben dann die Verantwortlichen die Angelegenheit derart zuspitzen lassen, dass es sogar zu einem Beinaheunfall zweier S-Bahnen in Mainz kommen konnte? Dass dann die offenbar überlasteten und Überstunden vor sich her schiebenden Stellwerker die Verantwortung für eine etwaige Katastrophe tragen sollen, hat denen dann wohl gereicht.
Der DB-Chef Gruber entschuldigt sich mal, die Personalmängel und der Fast-S-Bahn-Unfall werden unter den Teppich gekehrt und alles geht weiter wie bisher! Bin schon auf die nächsten Bahnkatastrophen für 2014 gespannt. Ach ja, wer zahlt dann die Flutschäden bei der Bahn, die ja die Versicherungskosten eingespart haben soll?
Und, Herr Gruber, an einer Frittenbude braucht´s auch einen fähigen “Wurstwender”, sonst verbrennt alles. Bei der Bahn brennt´s inzwischen an allen Ecken!
Nichtsdestotrotz: Ich fuhr seither mit der Bahn, werde es in Zukunft weiterhin tun und habe Verständnis für das Personal „an der Basis“, welches die Bahnprobleme auslöffeln muss, während sich Bahnspitze und Bundeskabinett über das Geschiebe an Euromillionen und Börsengang streiten – auch auf Kosten der Kunden!
Und noch eins: Letztes Wochenende feierte die Bahn das 125-jährige Bestehen des Frankfurter Hauptbahnhofes. Aber: Oben hui und unten pfui! Während oben in der Bahnhofshalle alles blitzeblank strahlte, stinkt es in der B-Ebene und im Hbf-Tiefbahnhof seit Tagen wie in einer Kloake. Trotz allen Spektakels und schöner Worte: Auch bei der Bahn stinkt´s vom Kopfe her!
Fünf Tage in der Woche warte ich morgens auf meine S-Bahn am Hauptbahnhof. An mindestens vier Tagen davon gibt es Durchsagen, dieser oder jener Zug sei 15/20/30… Minuten wegen eines Defekts am Zug oder Steckenschaden verspätet. Heute waren es gleich zwei Durchsagen. Wartung des rollenden Materials und der Verkehrswege erfolgt erst, wenn das Zeug bricht, alles andere würde ja Kosten verursachen. Die Kosten für die Verspätung tragen die Kunden, das ist der Bahn egal.
@EvaK
An (statistisch gesehen) 15 Tagen im Jahr käme die Meldung über die Lautsprecher, daß EvaK heute nicht mitfährt, weil sie krank ist, an 28 Tagen die Meldung, daß sie Urlaub hat.
Die Wartung des „rollenden Materials“ hängt direkt von der Wartung und Verfügbarkeit des „gerollten Materials“ ab.
Bezahlen Sie einfach die ständige Verfügbarkeit der Infrastruktur, wie sie diese wünschen, dann sind alle Probleme gelöst. Dann muß ich auch nicht über Steuergelder ihre überhöhten Ansprüche mitfinanzieren. Hier kommt kein Bus und keine S-Bahn, hier muss ich selber dafür sorgen, daß ich rechtzeitig am Ort bin. Mein Verkehrsmittel zahle ich selber.
Eisenbahn ist kein „Privatvergnügen“, d.h. ein solches gesellschaftlich relevantes Transportmittel kann nicht der Befriedigung wirtschaftlicher Habgier einer relativ kleinen Gruppe von Aktionären diesen. Dieses bedingt eine strikte betriebswirtschaftliche Ausrichtung, die sich bereits mehrfach in der Geschichte des Eisenbahnwesens als fatal erwiesen hat. Das Investitions- und Reinvestitionsvolumen eines langfristig funktionierenden, sicheren und zuverlässigen Eisenbahnbetriebs ist so groß, daß ein auf maximale Gewinnorientierung im Sinne der Aktionäre orientiertes Unternehmen das nicht leisten kann. Mehrere „Eisenbahnkräche“ gegen Ende des 19. Jh. in Deutschland und im restlichen Europa haben das deutlich gemacht. Nachdem die Strecken- und Fuhrparktechnik aus dem zweiten Drittel des 19. Jh. überaltert und erneuerungsbedürftig war, fehlten einigen privaten Gesellschaften die dazu erforderlichen Mittel, weil die Kapitaldecke durch regelmäßige Gewinnabschöpfung und mangelnde Rücklagen zu dünn war.
Eine der besonderen wirtschaftlichen Lasten der Eisenbahn besteht darin, daß sie ihre Verkehrswege selbst baut, unterhält und steuert (Stichwort Stellwerke). Das ist aufwendig und teuer. Damit hat die Bahn einen wirtschaftlichen Nachteil gegenüber Verkehrsunternehmen, die Straßen benutzen, denn diese werden komplett von der öffentlichen Hand aus Steuermitteln finanziert und betrieben. Aus der Doppelbelastung, ein komplexes Netz an Verkehrswegen und gleichzeitig nicht weniger komplexes rollendes Material sicher betreiben und in regelmäßigem Turnus ersetzen zu müssen, resultiert ein Kapitalaufwand, der privatwirtschaftlich in diesem Maße nicht zu leisten ist, wenn Gewinnorientierung im Vordergrund steht. Das Fiasko der Berliner S-Bahn mit ramponierten Zügen und Strecken wegen aus Kostengründen unterbliebener regelmäßiger proaktiver Wartung hat dies deutlich gezeigt. Letztlich war die aus betriebswirtschaftlicher Sicht wünschenswerte Kosteneinsparung nur scheinbar und kurzsichtig, der Schaden war letztlich größer und nachhaltiger.
Ähnliche Probleme hat die US-amerikanische Amtrak, die als quasistaatliches Eisenbahnunternehmen ohne regelmäßige steuerliche Subventionen nicht überleben kann. Das ursprünglich rein privatwirtschaftliche Eisenbahnwesen in den USA ist aus den oben genannten Gründen längst Vergangenheit. Immerhin lassen die USA Amtrak nicht als unwirtschaftlichen Ballast sterben, nicht weil die Amerikaner von Eisenbahnromantik besessen sind, sondern weil die Eisenbahn nach wie vor ein notwendiges Verkehrsmittel und wichtige Infrastruktur einer modernen Gesellschaft ist, daß zwar nur bedingt sehr betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt werden kann, aber dennoch eine volkswirtschaftliche Notwenigkeit und somit Verpflichtung darstellt.
Es ist wichtig, daß genau diese volkswirtschaftliche Betrachtungsweise der Eisenbahn und damit der Deutschen Bahn auch wieder in den Köpfen deutscher Politker einzieht und umgesetzt wird. Daraus resultiert fast automatisch, daß die Bezahlung der Infrastruktur für eine jederzeitige zuverlässige Verfügbarkeit nur dann funktionieren kann, wenn die erzwungene blanke Gewinnorientierung bei der DB AG beendet wird. Das Unternehmen sollte dringend wieder als reiner Staatsbetrieb betrieben werden, der seiner Transportverpflichtung nachkommt und aus Überschüsse Rücklagen für Reinvestitionen bildet, statt als finanzielle Melkkuh für den Bund zu dienen. Mit einem Wort: Es gibt massive Gründe, warum ich mit die alte Beamten-Staatsbahn zurück und die Shareholder-Value-Bahn zum Teufel wünsche. Die erstere wirkte zwar behäbiger und wurde viel belästigt, aber sie hat zuverlässig funktioniert. Über die Börsenbahn hingegen wird nur noch geflucht, weil sie nicht mehr funktioniert.
Einen nach fast 30 Jahren immer noch interessanten und auch von seinen damaligen Prognosen richtungweisenden Einblick in das Thema bietet Winfried Wolf mit seinem Buch Eisenbahn und Autowahn. Personen- und Gütertransport auf Schiene und Strasse – Geschichte, Bilanz, Perspektiven. (Hamburg 1986: Rasch und Röhring)
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist aus dem Urlaub zurück, und SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück versucht Bundestagswahlkampf 2013 in Deutschland. Wen juckt’s? Ganz Deutschland sucht stattdessen die Alligator-Schildkröte Lotti und empört sich über den Geisterbahnhof Mainz der „BurnoutBahn Republik Deutschland“. Die Deutsche Bahn (DB) im Sommerloch! Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht, bis das ganze Gleisbett kracht. Die große Nummer wird gemacht. Doch das Häschen in der (Rüdiger) Grube saß da und schlief, bis Mehdorn ihm mit BER (Berliner Hauptstadtflughafen) den Rang ablief.
Mein Tipp zum BAHN(Wahn)sinn: Nicht Fahrdienstleiter aus dem Urlaub holen, sondern die überbezahlten Bahn-Verantwortlichen für das Desaster als Fahrdienstleiter an die Front nach Mainz schicken!
Recht hat er, der DB-Chef Grube, wenn er meint, „Fahrdienstleiter ist doch nicht irgendein Job wie Wurstwenden an der Frittenbude“. Nur, wenn schon Anfang des Jahres kritische Fragen vom Vorstand über die Personalsituation in den Stellwerken zur Sprache gekommen sein sollen, warum haben dann die Verantwortlichen die Angelegenheit derart zuspitzen lassen, dass es sogar zu einem Beinaheunfall zweier S-Bahnen in Mainz kommen konnte? Dass dann die offenbar überlasteten und Überstunden vor sich her schiebenden Stellwerker die Verantwortung für eine etwaige Katastrophe tragen sollen, hat denen dann wohl gereicht.
Der DB-Chef Grube entschuldigt sich mal, die Personalmängel und der Fast-Unfall werden unter den Teppich gekehrt und alles geht weiter wie bisher! Bin schon auf die nächsten Bahnkatastrophen gespannt. Ach ja, wer zahlt die Flutschäden bei der Bahn, die ja die Versicherungskosten eingespart haben soll?
Und, Herr Grube, an einer Frittenbude braucht’s auch einen fähigen „Wurstwender“, sonst verbrennt alles. Bei der Bahn brennt’s inzwischen an allen Ecken!
Nichtsdestotrotz: Ich fuhr seither mit der Bahn, werde es in Zukunft weiterhin tun und habe Verständnis für das Personal „an der Basis“, welches die Probleme auslöffeln muss, während sich Bahnspitze und Bundeskabinett über das Geschiebe an Euromillionen und Börsengang streiten – auch auf Kosten der Kunden!
Und noch eins: Letztes Wochenende feierte die Bahn das 125-jährige Bestehen des Frankfurter Hauptbahnhofes. Aber: Oben hui und unten pfui! Während oben in der Bahnhofshalle alles blitzeblank strahlte, stinkt es in der B-Ebene und im Tiefbahnhof wie in einer Kloake.
Ich habe versucht, meine bereits im Juli für 22.8. bzw. 25.8. gekauften Fahrkarten von München nach Mainz kostenlos umzutauschen. Dass dies möglich ist, hat die Pressestelle der DB in Berlin, Susanne Schulz schriftlich bestätigt. Da steht: Wenn Reisende von der Fahrt von und nach Mainz Hbf zurücktreten möchten, weil ihr Zug dort nicht hält, werden Tickets und Reservierungen auf Wunsch in den DB-Reisezentren oder online kostenlos erstattet. Dies ist jedoch ein frommer Wunsch, da das Reisezentrum München dies zweimal abgelehnt hat mit der Begründung, es liege keine offizielle Bestätigung von oberer Stelle vor, was in der Zeitung steht, interessiert nicht. Da kann sich Herr Grube noch so entschuldigen, die Realität zeigt mal wieder die Inkulanz der Bahn und ihr rücksichtsloses Vorgehen gegenüber den Kunden. Ich bin 73 Jahre und nicht mehr gut zu Fuß. Dies habe ich der Bahn schriftlich mitgeteilt, jedoch keine Antwort erhalten.
Solange alles Bestreben nur auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist, werden solche und ähnliche Vorkommnisse, auch in anderen Sparten, immer häufiger passieren.
Politiker, die als aufsichträte, gut dotiert herumsitzen, meist wenig Ahnung vom Geschehen haben,gibt es leider zu viele.
Ich wundere mich nicht,wenn Nichtwähler bald die absolute Mehrheit sein werden.
Leider sehe ich keine lösung, nicht mal in der Theorie.
@maderholz
„Gewinnmaximierung“ ist ein mißverstandener Begriff.
Soziale, weil allgemein wirksame Strukturmaßnahmen werden durch den gemeinsamen Gewinn ermöglicht, den alle Bürger erwirtschaften. „Gewinnmaximierung“ kann deshalb kein individueller Maßstab persönlichen Reichtums sein, er muß ein ideologischer Begriff des Gemeinwohls sein. Individuelle Gewinnmaximierung ist immer auch ein Entzug des Gewinns aus dem Gemeinwohl.
Die Lösung, in theoretischer Hinsicht als auch in praktischer Hinsicht, ist, daß gleiche Leistungen nach Vermögen bezahlt werden müssten, was bedeutet, daß ein Vermögender für ein Bahnticket gleicher Leistung mehr bezahlen sollte, als es ein Unvermögender muß.
Eigentum verpflichtet, wenn auch nur dazu, reale Preise zu bezahlen. Ermäßigungen wären zu gewähren, wenn soziale Gründe dies begründen. Die Bahnpreise und vieles mehr in dieser Gesellschaft sind nicht nach den realen Kosten kalkuliert, sondern nach dem Duckmäuserprinzip.
@ BvG,
Das Beispiel mit dem Bahnticket auf alle anderen Leistungen in der Gesellschaft übertragen, käme dem „Gerechtigkeitsprinzip“- wie ich es verstehe – am nächsten. Nur lässt sich dies in der Praxis niemals verwirklichen.
Oder vielleicht doch, wenn in ferner Zukunft durch Gesichtserkennung ein Cumputer blitzschnell jedes Indvidium nach sozialem Status einordnen und bewerten kann ?
@maderholz
Naja, ich setze dabei eher ganz altmodisch auf die (ferne und zukünftige) Einsicht der Menschen.
@ BvG,
…die es gewiss niemals in dieser ausgeprägten Form geben wird ! ( Da können wir uns, zwei lebenserfahrene „alte Hasen“, doch sicher sein.) ;-).