Ich möchte gern ein Thema zur Diskussion stellen, das auch bei uns in der Redaktion umstritten ist: Bei der Reise der deutschen Bischöfe ins „Heilige Land“ hat der Eichstätter Bischof Hanke gesagt, er habe zuerst die Bilder des Warschauer Ghettos in Yad Vashem gesehen und dann Ramallah, das „wahrhafte Ghetto“ der Palästinenser. Darf man das so in einem Atemzug nennen?

In der FR am Donnerstag erscheint ein „Pro und Contra“. Der geschätzte Kollege Arno Widmann, unser Feuilleton-Chef, sagt in seinem Pro-Beitrag: Ja, man darf. Ich habe den Contra-Beitrag geschrieben. Was meinen Sie? Ich bin sehr gespannt.

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34 Kommentare zu “Der Bischof und das Ghetto

  1. „Ghetto“;
    wie wir wissen, hinken Vergleiche und deshalb will ich mich auch nicht weiter dazu äußern.

  2. In Anlehnung an Bronskis Frage habe ich eine Gegenfrage: Darf man im Zusammenhang mit aktueller urbaner Siedlungsstruktur von Ghettoisierung sprechen? Mit den „modernen Ghettos“ deutscher Städte sind ja die Wohngegenden mit einem hohen Ausländer- bzw. Arbeitslosenanteil gemeint.

  3. @ 1.: Ein HJS, wie wir ihn lieben: Ich äußere mich jetzt mal dahingehend, dass ich mich nicht äußern will.

    Die Aussage Bischof Hankes hat, soweit ersichtlich, auf jüdischer Seite bloß Worte der Empörung ausgelöst: „völlig inakzeptabel“ (Knobloch vom Zentralrat), „Dämonisierung Israels“ (Israelischer Botschafter Stein), „antisemitischer Charakter“ (Graumann vom Zentralrat), keine einzige Reaktion rationaler Kritik. Insofern kann man Widmanns Sakralisierungs-Analyse durchaus etwas abgewinnen.

    Zur Sache trägt er jedoch ebenso wenig bei wie die jüdischen Funktionsträger. Beide versäumen es, uns über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede mit Sachkenntnis aufzuklären.

    Das versucht Hebel schon etwas differenzierter. allerdings hebt er zu sehr auf die Unterschiede ab. Nur was sowohl Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede aufweist, lässt sich sinnvoll miteinander vergleichen, allerdings bedarf es dazu einer bestimmten Vergleichshinsicht. Unter allen anderen Hinsichten hinken die Vergleiche notwendig, ggf. bis zum Umfallen.
    Mit der Geschichte der jüdischen Besiedlung Palästinas und des arabisch-israelischen Konflikts scheint er sich weniger auszukennen.
    Die Diskriminierung und Bekämpfung der Palästinenser war zionistisches Programm lange vor dem „Schicksal der Juden“, falls damit der Genozid gemeint ist, und der Souveränität konsequenter Friedenssuche steht heute allerdings der Souveränitätsanspruch der Palästinenser im Wege.

  4. @Lieber Herr Hebel,

    Ich stimme Ihnen darin zu, Herr Hebel, dass dieser Vergleich unangemessen ist, da er wie Sie ausführlich darlegen- historisch unzutreffend ist und darüber hinaus von mangelndem Einfühlungsvermögen zeugt. Besonders wichtig ist mir daher der Satz „aber wer es mit der Vernichtungsmaschine der Nazis in einem Atemzug nennt, beleidigt nicht zuletzt die Opfer, weil er sich blind zeigt für ihr jeweils eigenes Schicksal.“

    Missglückte historische Vergleiche, insbesondere solche, die sich auf den Nationalsozialismus beziehen, hören wir regelmäßig aus dem Mund von Nicht-Historikern. Anscheinend geht für manche von derartigen Vergleichen eine verführerische Anziehungskraft aus. Eine Erklärung dafür könnte sein, dass man meint, auf diese Weise dem eigenem Standpunkt eine Aura der Bedeutungsschwere zu verleihen.
    Sie schreiben: „Das Bewusstsein, dass die deutschen Verbrechen mit nichts gleichzusetzen sind, hat also nichts mit krampfhafter „political correctness“ zu tun.“ Obwohl ich Ihnen hier zustimme, Herr Hebel, ist doch „Vergleichen“ nicht zwangsläufig identisch „mit gleich setzen“. In einem sinnvollen Vergleich müssen auch die Unterschiede herausgearbeitet werden. Daher denke ich, sind Vergleiche auch mit der deutschen Vergangenheit nicht von vornherein „verboten“, die Frage ist nur in welcher Hinsicht verglichen wird und wie kompetent und gewissenhaft derjenige ist, der vergleicht. Oder einfacher ausgedrückt: Wenn es sich um eine fundierte wissenschaftliche Arbeit handelt, kann möglicherweise auch ein historischer Vergleich einen Erkenntnisgewinn bringen. Alle „Spontan-Vergleicher“ oder sonstigen öffentlichen „Verwirrplauderer“ sollten jedoch in dieser Hinsicht lieber schweigen.

  5. @Nachtrag
    Ich bin leider etwas langsam im Überlegen und Kommentare-Schreiben, wie mir scheint. Aus diesem Grund habe ich deinen Beitrag, heinrich, erst gelesen, nachdem ich meinen eingefügt hatte und konnte nicht mehr darauf eingehen.

  6. Darf man „Darf man“ fragen? Hat das Wort „Empörung“ in solchen Fragen noch irgend eine Bedeutung? Und wer fragt danach? Was will ein Text sagen, wie ist eine (womöglich nicht einmal durchdachte) Äußerung zu verstehen?
    „Auhfören!“ schreit da einer, das sei doch öde.
    Diese „Darf man“- und Empörungsgeschichten sind reine Demagogie, denn sie befördern unmittelbar den Affekt und richten den Fokus willentlich auf den unsachlichsten Teil einer Nachricht. Selbst wenn sich zivilisierte Menschen eine zeitlang auch mit solchen Fragen beschäftigen können, ohne sich die Köpfe einzuschlagen, ist es eine Frage der Zeit, bis die Moralisten auf den Plan treten und einen Krieg anzetteln.
    Was man darf? Alles. Man muß sich nur dafür verantworten.

  7. @flatter
    Da Moralisten keinen Krieg verantworten können, werden sie auch keinen anzetteln.

  8. @ Susanne

    Macht nichts, dafür gehe ich jetzt auf deinen Beitrag ein, mit dem ich aber in wesentlichen Punkten übereinstimme.

    Missglückte Vergleiche, die sich auf den NS beziehen, hört man leider nicht nur aus dem Mund von Nicht-Historikern. Ich erinnere da an den „Historikerstreit“ aus den 80ern über die Äußerung von Ernst Nolte, der Massenmord an den Juden sei eine Reaktion auf die Verbrechen der Oktoberrevolution gewesen.

    Ich stimme dir aber, wie aus meinem obigen Beitrag erkennbar, in zwei Punkten zu: Erstens: Ein Vergleich, seriös und ernsthaft durchgeführt, kann erkenntnisträchtig sein, denn nur so kann man die virulenten Unterschiede zutage fördern. Da liegen wir auf Widmanns Linie.
    Zweitens: Der Vergleich Ramallahs mit dem Warschauer Ghetto ist unangemessen und überzogen, da liegen wir, sofern du das auch so siehst, eher auf Hebels Linie, der jedoch leider das Ghetto zu sehr mit Auschwitz identifiziert. Da gibt es trotz allen Zusammenhangs doch manifeste Unterschiede.

    Meine volle Zustimmung zu deinem Satz: „Alle „Spontan-Vergleicher“ oder sonstigen öffentlichen „Verwirrplauderer“ sollten jedoch in dieser Hinsicht lieber schweigen.“!
    Warum ist das so? Ganz einfach (das meint vielleicht auch Flatter, dessen oder deren Stil mir allerdings etwas zu flatterhaft ist): Durch den unseligen missglückten Vergleich konzentriert sich nun die gesamte öffentliche Aufmerksamkeit auf die Symbolik. Worum es eigentlich bei der Kritik hätte gehen sollen: die Zustände in Palästina und die Verantwortung Israels dafür gerät so völlig in den Hintergrund. Die Kritik richtet sich nun vorwiegend gegen die berechtigte Kritik, nicht mehr gegen das berechtigt Kritisierte. Eine verpasstge Gelegenheit!

    Fazit: Will man das Leid der Palästinenser kritisieren, braucht man dafür nicht die Lage im Warschauer Ghetto zu bemühen. Dieser Versuch, ebenso wie die Rede von den „Opfern der Opfer“ führt auf ein schiefes Nebengleis.

    Zum Schluss: die „Beleidigung der Opfer“ ist nicht mehr als eine Metapher. Beleidigen kann man, glaube ich, nur Lebende. die Beleidigung von Toten vermag ich mir ebenso wenig vorzustellen wie die Beleidigung des türkischen Staates.

    Schöne Grüße
    Heinrich

  9. Was Israel in den Palestinaensergebieten tut ist menschenverachtend und grausam. Um so schlimmer, das sich das Land staendig hinter seiner Vergangenheit versteckt und jegliche Auseinandersetzung gleich mit Verweis auf die Nazitaten erstickt. Ein mehr als sechzig Jahre zurueckliegender Holocaust kann nicht als Freifahrtsschein zur Unterdrueckung anderer Voelker genutzt werden. Somit sind die Aeusserungen des Herrn Bischofs mehr als ueberfaellig.

  10. Auf Leute von ihrem Schlag habe ich nur gewartet. Sie werden von Diskussionen über das Thema angezogen wie die Motten vom Licht.
    Vielleicht machen sie sich einfach mal bewusst, dass „der Herr Bischof“ mit seinen „mehr als überfälligen“ Äußerungen die Vergangenheit heraufbeschworen hat. In Israel sind ganz andere Motive für die Palästina-Politik im Spiel als der Holocaust.

    @ Arno Widmann, falls hier ansprechbar:
    „Warum können die deutschen Bischöfe nicht Israel besuchen, ohne auch Ramallah eine Visite abzustatten? Was drückt sich in diesem Versuch einer paritätischen Geste aus? Das scheint mir das viel Schlimmere. Das berührt das grundsätzliche Problem der katholischen Bischöfe mit Israel.“
    Da spricht der Feuilletonist einen Satz von tiefer politisch-kultureller Einsicht aus.

    Man stelle sich umgekehrt vor, die Bischöfe hätten Ramallah besucht und Israel buchstäblich links liegen gelassen! Wieso eigentlich nicht? Jedoch: Was haben christkatholische Bischöfe überhaupt in Palästina, in Bethlehem, Nazareth, Jerusalem, zu suchen, statt sich mit einem Besuch in Jaffa und Haifa und Tel Aviv zu begnügen?

  11. Wie Bischöfe, sog. katholische, mit Geschichte und Geschichten umgehen können (begrifflich, historisch, psychologisch…) oder wollen, zeigen sie immer wieder mit unpassenden Vergleichen, mit dumpfen, abgedrehten Gefühlen, die irgendwann mal „aufkochen“: früher hieß es „Baby-Holocaust“; jetzt Palästinenser-Ghettos…
    Bis die lernen, Geschichte nicht mehr in ihrem katholischen Mief zu bekochen – und ihre eigenen Defizite zu reflektieren – der Heilige Geist weiß es auch noch nicht.

    Den Münsteraner Bischof von Galen, den man in den Himmel hochleben lassen wollte, machte MAN schon zum Fürsprecher der Islamiten und öffentlichen Kritiker der Judenvernichtungspolitik der Nazis – und es war nix zu finden: kein Aufruf, keine Predigt, kein heimliches Gebet; sondern nur heilig-katholischer Antikommunismus und zorniges Anti-Aliierten-Gerede (sogar nach der Kapitulation).

    Bis Pastoral-Herrchen wie Meisner oder Mixa oder Hanke positiv von schwulen Mitchristen reden könnten, müssten sie wohl schon beerdigt und aus dem Grab heraus zu hören sein: „… man hat es uns doch nicht erklärt, was es heißt: Nächstenliebe – und sogar die zu achten, die man für Feinde (der eigenen Kleingeistigkeit und der verdrängten Sexualität) hält“.

  12. Das ist eben das uralte Problem mit der Kommunikation, dass man meistens nur das hört, was man erwartet und nicht versucht zu verstehen, was der andere da gerade gemeint hat. Wenn Hanke die unmittelbare Betroffenheit der Menschen von Gewalt und Mauern sieht und dann sagt, an was er sich dabei erinnert fühlt, dann ist das vielleicht ein Stück Ehrlichkeit und keine Politik. Vielleicht sollten wir alle und auch die Israelis mehr erkennen wie es dem Einzelnen angesichts von Mauern und Gewalt geht. Vielleicht überwinden wir dabei die eigenen Mauern im Kopf?

  13. @“Vergleiche“,
    genau das war es, als ich meinen eingangs gemachten Beitrag schrieb. „Vergleiche Hinken“ und wie schrieb, heirich ebbers: „Manche bis zum Umfallen“. Und er schrieb noch etwas äußerst Richtiges: „unbedachte Vergleiche (wie in diesem Fall) lenken vom zu recht zu kritisierenden Kernproblem ab“. Also deshalb sollten Menschen die an solch wichtiger gesellschaftlicher Position wie Bischöfe Verantwortung tragen, ihre Worte vor dem Aussprechen zu wägen und ihre Wirkung zu bedenken. Und mir kann keiner sagen, dass einer nicht weiß, wenn eine Kamera auf ihn gerichtet ist, welche Wirkung seine Worte haben, bzw. wie mit solchen Worten umgegangen wird. Und hier sagt heinrich ebbers noch etwas sehr Richtiges: „Manche meinen eben, dass ein Vergleich mit einem geschichtlich anerkannt schrecklichem Ereignis, die eigene Erkenntnis, bzw. den eigenen Worten eine größere Bedeutung beigemessen wird“!
    Lieber heinrich, verzeihe mir bitte, wenn ich nicht wortgerecht zitiert haben sollte, es geschah aus der Erinnerung heraus.

  14. Es gibt nichts zu vergleichen, wenn es um
    menschliches Leid geht. Und es gibt auch nichts aufzurechnen, wenn Menschen einer unmenschlichen Praxis zum Opfer fallen. Diese seltsam erregte Debatte um Vergleiche und Deutungshoheiten scheint dem Zweck der Ablenkung zu dienen, der da wäre: Israelische Besatzung und die daraus rührenden Menschenrechtsverletzungen nicht zu thematisieren!

  15. Mein lieber Herr Hans-Jürgen Schulz!
    Ich weiß natürlich nicht wie oft sie schon vor der laufenden Kamera standen und also genau wissen wie diese Situation zu bewerten ist. Ich weiß auch nicht wie oft sie solche Eindrücke, wie die Delegation in Israel sie unmittelbar hatte, gewonnen haben. Ich weiß aber, dass es für die betroffenen Menschen, die da täglich den gegenseitigen Terror erleiden müssen, ziemlich egal ist, in welchem Kontext sie Gewalt und Unfreiheit erleiden müssen. Deren Situation ist der eigentliche Skandal, obwohl dafür schon die richtigen Worte fehlen. Und dies alles in einer Welt, die offenbar unfähig ist aus den leidvollen Erfahrungen früherer Generationen zu lernen. Aber diskutieren wir ruhig über missverstandene Worte weiter, das lenkt ein bisschen von der fürchterlichen Realität ab.

  16. Ganz gleich, wie groß jetzt die Reaktion auf die Aussagen des Eichstätter Bischofs auch ist, solche Vergleiche sind nicht neu. Allerdings tragen sie in diesem Fall allein dazu bei, einen Augenmerk auf jenen Ordensmann und Deutschen zu werfen. Ist es bloß Naivität oder eher eine peinliche Geschichtsignoranz oder vielleicht doch aus den Tiefen des Unterbewußten ein ganz treffendes Indiz einer Tradition. Katholiken sind gewiß nicht ganz neu im Geschäft, wenn es darum geht, sich über Juden Urteile zu erlauben. Erst vor zwanzig Jahren legte der Bischof von Rom den Weg zur römischen Synagoge zurück, erstmals in der Geschichte, nachdem es zuvor erst gelegentlich des 2. Vatikanischen Konzils gelungen war, sich von den gröbsten antijudaistischen Sentenzen zu verabschieden. Die Vatikanische Politik während des Zweiten Weltkriegs und der Zeit des authentischen Warschauer Ghettos ist, um es vorsichtig zu sagen, erklärungsbedürftig, jedoch keineswegs von einer klaren Politik der Menschlichkeit und des Eintretens allen Lebens gekennzeichnet. Das heißt nicht, dass es nicht auch sehr mutige Priester und Ordensleute gab, die auch Juden geholfen haben. Aber mir andererseits nicht bekannt, dass einer der katholischen Hauptkriegsverbrecher jemals exkommuniziert worden wäre. Auch die Versuche, Jesus zum Arier umzudeuten, blieben straf- und saktionsfrei. Fest steht, dass sich die spezifische Genese des deutschen Vernichtungs-Antisemitismus auch, aber natürlich nicht allein, auf die lange europäische antijüdische Tradition der Christlichen Kirchen, berufen konnte. Bischof Hanke sollte zumindest den Anschein erwecken, sich ein wenig in der eigenen zwiespältigen Geschichte auszukennen. Ich halte Hanke vielleicht zugute, dass ihn und andere die Bilder von Yad Vashem tatsächlich aus der Fassung gebracht haben. Denn, steht man dort als Mensch, aber auch als Deutscher, ganz gleich, in welcher Funktion, dann entsteht durch eine Art von Hilflosigkeit vielleicht auch die unnötige und in diesem Fall schwer erträgliche Ableitung, Flucht in den entlastenden Lapsus. Es geht freilich nicht – und Bischöfe müssen auch Menschen des Wortes sein, also abwägend, präzise, oder das Schweigen in Gebrauch nehmend. Mehr aber auch nicht. Als Vorbildfunktion haben sie schon lange den Dienst gekündigt.
    Und: wo bleibt und blieb das Entsetzen und die Betroffenheit bei den Selbstmordanschlägen von Tel Aviv, Eillat oder auch Bagdad. Und welcher Vergleich würde dort passen? Und zuletzt: natürlich kann man Opfer beleidigen, im Sinne von ehrabschneidendem, schändlichem Verhalten. Die feigen, nächtlichen Friedhofsschändungen deutscher Neonazis hatten gerade das im Sinn.
    Ganz zu schweigen von der Leugnung der Shoah, es Holocaust.
    Und ganz am Schluß: Israel bedarf nicht der Erinnerung an die Shoah, wenn es sich vor Angriffen schützt, wenn es Maßnahmen ergreift zum Schutz der eigenen Bevölkerung (darunter 20 % Araber), um zwischen feindseligen Lagern, in denen fortwährend die Vernichtung des Staates propagiert wird, in Frieden und Sicherheit zu leben.

  17. @15.Gerhard Falk;
    Verehrter Herr Falk, genau das ist es doch was heinrich ebbers und auch ich meinen; jetzt redet alle Welt von dem „passenden oder unpassendem Vergleich“, aber keiner redet mehr davon, was und welche Eindrücke Bischof Hanke so erschütterten und zu diesen seinen Äußerungen veranlassten.
    Und was das Umgehen mit Kamera oder ganz einfach Öffentlichkeit anbelangt; muss doch schon ein ganz normaler Behördenbediensteter aufpassen, was er einer betroffenen Bevölkerungsgruppe oder Öffentlichkeit in einer zum Beispiel verändernden Rechtssituation ihres Umfeldes, also beim Straßenbau für Auskünfte gibt. Also kann man auch von einem Bischof erwarten, dass er bei aller persönlichen Erschütterung überblicken kann, was mit seinen Äüßerungen „gemacht“ wird, bzw. wie mit denen medial umgegangen wird! mfG, hjs

  18. Sehr geehrter Herr Schulz,

    ich kann Ihren Ausführungen nur beipflichten. Sie übersehen allerdings, dass der Vergleich nicht nur unprofessionell und historisch falsch ist. Er verstellt auch den Blick auf die politischen Intentionen, die mit der israelischen Mauer verbunden sind. Ein Ghetto zielt auf eine Segregation eines Teils der Bevölkerung (aus welchen Gründen auch immer)ab. Das Ziel der Mauer in Israel ist es jedoch nicht, einen Teil der eigenen Bevölkerung auszuschließen. Vielmehr soll damit erreicht werden, was durch Verhandlungen unmöglich erscheint: Weitere Teile des Westjordanlandes endgültig Israel einzuverleiben und den Status quo festzuschreiben. Die palästinensische Bevölkerung ist, wie israelische Politiker jederzeit betonen (ein Blick in die israelischen Zeitungen dieser Woche reicht aus), „frei“ zu gehen. In diesem Sinne geht es nicht um Segregation sondern um Vertreibung.
    Anzumerken ist noch, dass die unwürdigen Lebensbedingungen in den eingemauerten Städten im Westjordanland für sich sprechen, dafür benötigt man keinen, wie auch immer gestalteten Vergleich.

  19. @Axel,“Vergleich“;
    genau da haben wir das Problem. Vergleiche taugen nichts! Denn mit Vergleichen wird genau immer das passieren was passierte; es wird darauf „herumgeritten“ und der Grund des Vergleiches für den Vergleichenden tritt in den Hintergrund!
    Deshalb wer seine Meinung zu der schwierigen und komplizierten und auch äußerst tragischen Situation im Nahen Osten zu Gehör bringen will, der muss wissen, dass alles was von der Problematik ablenkt tunlichst unterbleiben sollte, anders wird der Lösung kein guter Dienst erwiesen! Und genau das war meine Sorge, als ich eingangs schrieb: „Vergleiche hinken und deshalb äußere ich mich nicht“. Dass ich es dann doch tat, war von der größeren Sorge getragen, dass fast alle das Kernproblem aus den Augen verloren haben. Das wars dann! mfG, hjs

  20. @heinrich ebbers Nr.8
    „Zum Schluss: die „Beleidigung der Opfer“ ist nicht mehr als eine Metapher. Beleidigen kann man, glaube ich, nur Lebende. die Beleidigung von Toten vermag ich mir ebenso wenig vorzustellen wie die Beleidigung des türkischen Staates.“

    Lieber Heinrich,
    du gehst davon aus, dass die von Herrn Hebel genannten „Opfer“ tote Opfer sind. Jedoch schrieb Herr Hebel “aber wer es mit der Vernichtungsmaschine der Nazis in einem Atemzug nennt, beleidigt nicht zuletzt die Opfer, weil er sich blind zeigt für ihr jeweils eigenes Schicksal.“ Aus der Bezeichnung „jeweils eigenes Schicksal“ lese ich ab, dass sich Herr Hebel hier auf die lebenden Opfer bezieht und zwar auf alle denkbaren lebenden Opfer, deren Leid er differenziert betrachtet wissen möchte. Die toten Opfer können selbstverständlich keine Beleidigung empfinden, aber zum Beispiel deren Angehörige.

  21. Wenn eine palästinensische Frau in Erwartung einer Geburt an den Grenzmauern von israelischen Grenzbeamten die Fahrt zum Krankenhaus verweigert wird und dort verblutet, und auch das Kind im Mutterleib stirbt, dann frage ich Sie, worüber diskutieren Sie ?

    Im Anhang ein Aufsatz eines besorgten israelischen Bürgers, dessen Inhalt zur Zeit wieder Aktuell wird.

    Attentat auf die jüdische Religion:
    Die Tempelbergbomber
    Uri Avnery

    Der Sicherheitsdienst wird von einer schrecklichen Angst heimgesucht: Noch einmal könnte ein Ministerpräsident ermordet werden. Auf dem extrem rechten Flügel, der seine Bewunderung für Yigal Amir und seine Tat nicht verbirgt, gibt es welche, die von einer ähnlichen Tat träumen. Wenn es Amir gelungen war, den Oslo-Prozess zu morden, warum sollte es nicht einem anderen Amir gelingen, den Abzugsprozess der Siedlungen aus dem Gazastreifen zu torpedieren?

    Aber der Sicherheitsdienst befürchtet auch noch Schlimmeres: dass es einer jüdischen Terrorgruppe gelingen könnte, die Moscheen auf dem Tempelberg in die Luft zu sprengen.
    Vor Jahren bereitete eine jüdische Untergrundorganisation genau dies vor. Damals wurde dieser Plan vor der Ausführung vereitelt. Inzwischen aber mehren sich die Zeichen, dass ein ganz ähnlicher Plan wieder einmal im Gespräch ist.

    Der Sicherheitsdienst nimmt an, dass diese Aktion dahin zielt, Ariel Sharons Abzugsplan ein Ende zu setzen. Die Al-Aksa-Moschee und/oder den Felsendom in die Luft zu sprengen, würde bedeuten, die ganze arabische und muslimische Welt in Brand zu stecken. Dies würde schwerwiegende Umwälzungen verursachen, arabische Regime stürzen, vielleicht eine muslimisch fundamentalistische Revolution in der ganzen Region ins Rollen bringen. Wer wird in solch einer Situation dann noch an die Evakuierung von Siedlungen denken?

    All dies stimmt, aber es rührt nicht an die Wurzeln der Verschwörung. Die Bombardierung der Moscheen auf dem Haram Al-Sharif wäre ein Unterfangen, das über Aktuelles und Lokales hinausgeht. Es wäre ein revolutionärer Akt, der die jüdische Religion selbst verändern würde. Vom Standpunkt der möglichen Bombenleger ist dies der entscheidende Aspekt.

    In Israel wird die jüdische Geschichte in drei „Häuser“ eingeteilt, womit drei Tempel gemeint sind.
    Der 1. Tempel wurde vermutlich von König Salomo im 10.Jahrhundert v.Chr. gebaut und vom babylonischen König Nebukadnezar im Jahre 568 v. Chr. zerstört. Das Volk aus Judäa wurde nach Babylon verschleppt, und mehr als 50 Jahre vergingen, bevor es ihm erlaubt wurde, nach Jerusalem zurückzukehren und den Tempel wieder aufzubauen.
    Der Bau des 2. Tempels wurde 516 v. Chr. beendet. Er wurde von König Herodes um das Jahr 20 v.Chr. renoviert und erweitert und vom römischen Feldherrn Titus im Jahre 70 n.Chr. zerstört.

    Der 3. Tempel existiert nicht; aber die neue jüdische Gesellschaft, die sich seit 1882 in Palästina aufbaute, nennt sich selbst oft „das 3. Haus“, z.B. rief Moshe Dayan in der allgemeinen Panik zu Beginn des Yom Kippur-Krieges, dies sei „Zerstörung des 3. Hauses“. Trotzdem, dies ist nur ein symbolischer Terminus – keiner der Gründerväter der zionistischen Bewegung oder der Gründer des Staates Israel träumten davon, einen neuen Tempel zu bauen.

    Der Grund dafür liegt 1934 Jahre zurück. Als die Römer Jerusalem belagerten, konnte Yokhanan Ben Zakkai, ein führender Rabbiner, in einem Sarg hinaus geschmuggelt werden, bevor die Stadt fiel und zerstört wurde. Er war auf den römischen Kommandeur zugegangen und hatte mit Erfolg die Genehmigung erhalten, ein jüdisch religiöses Zentrum in Yavneh – zwischen Jaffa und Asdod – aufzubauen.
    Das war der Beginn einer Revolution innerhalb der jüdischen Religion.

    „Das erste Haus“ war ein ziemlich unbedeutendes Gebäude. Außerhalb der Bibel liegen keine historischen Belege darüber, vor, dass das Reich Davids und Salomos jemals in der beschriebenen Art existierten.* Jerusalem war ein kleiner Ort, Judäa war bedeutungslos.
    Die jüdische Religion, wie wir sie kennen, entstand im Babylonischen Exil – und seitdem leben zwei Drittel der Juden (wie sie seitdem genannt worden sind) außerhalb von Palästina.

    „Das zweite Haus“ war anfangs auch eine eher bescheidene Angelegenheit, wie von einem zeitgenössischen Propheten bestätigt wird. Aber im Laufe der Zeit änderte sich dies. König Herodes, ein großer Bauherr, versuchte, die Herzen seiner ihn verunglimpfenden Kritiker zu gewinnen, indem er den Tempel in einen großartigen Bau verwandelte.
    Schon vorher hatte sich um den Tempel eine priesterliche Aristokratie gebildet, die ihre Position in der jüdischen Gesellschaft in Judäa ausbaute. Politisch kam dies in der Partei der Sadduzäer (Zdukim) zum Ausdruck. Gegen sie konstituierte sich die Partei der Pharisäer (Pruschim), die eine breitere Auslegung der heiligen Schriften pflegten und an eine Welt jenseits des Todes glaubten. In jener Zeit blühte die jüdisch religiöse Kreativität, und die Bibel wurde endgültig zusammengefasst. Da das priesterliche Establishment an der Macht war, spielte der Tempel in der Bibel eine zentrale Rolle. Das rituelle Tieropfer begleitete andere Praktiken, die mit dem Tempel, dem symbolischen Wohnort G’ttes, verbunden waren.

    Viele Pharisäer und ihnen Nahestehende, wie z.B. der bekannte Jesus, rebellierten gegen die Kommerzialisierung des Tempels. Die hasmonäische Dynastie, die sich auf die priesterliche Aristokratie gründete, betrachtete die Pharisäer als ihre Feinde und ließ viele von ihnen hinrichten.

    All dies änderte sich, als der Tempel zerstört wurde. Nicht nur der Bau verschwand, sondern auch der Opferkult. Die jerusalemitische Aristokratie war ausgelöscht, die Priester verloren ihre Aufgabe. Die jüdische Religion änderte ihren Kurs. Seitdem waren die Rabbiner Nachfolger der Pharisäer und dominierten die jüdische Gemeinschaft und Religion.

    Schon lange vor der Zerstörung des 2. Tempels lebte der größte Teil der Juden außerhalb Palästinas. Nach der Zerstörung (und dem aussichtslosen Bar-Kochba-Aufstand von 135 n.Chr.) wurde die jüdische Gemeinschaft in Palästina immer weniger. Jerusalem wurde ein Traum, und alle bedeutenden Ereignisse in der Entwicklung der jüdischen Religion geschahen weit weg davon.

    Nach der Zerstörung des Tempels wurde die jüdische Religion eine Sache von Gesetzen und Geboten. Das Land Israels und Jerusalem wurden mehr zu Symbolen, als dass sie mit territorialer Realität verknüpft waren. Die jüdische Religion forderte ihre Anhänger nicht einmal zur Pilgerreise nach Jerusalem auf, wie dies z.B. der Islam von seinen Gläubigen in Bezug auf Mekka fordert.

    Bis zum Aufkommen des modernen Zionismus versuchten die Juden nicht ein einziges Mal, en masse nach Palästina zurückzukehren – das war ihnen sogar ausdrücklich durch ihre Religion verboten. Als 1492 eine halbe Million Juden aus dem katholischen Spanien vertrieben wurden, zerstreuten sie sich im ganzen muslimischen Ottomanischen Reich. Nur wenige gingen nach Palästina, auch eine ottomanische Provinz. Napoleons Aufruf, die Juden sollten in Palästina einen jüdischen Staat gründen, fiel auf taube Ohren. Die ersten Befürworter der modernen zionistischen Idee – lange vor Theodor Herzl – waren Engländer, und Amerikaner, die von christlichen Impulsen motiviert waren.

    Während der letzten Jahrhunderte wurde das europäisch-amerikanische Judentum immer mehr eine Religion, das von einer universalen moralischen Botschaft durchdrungen war. Die jüdischen Denker waren davon überzeugt, dass es die „Mission“ der Juden sei, den Völkern der Welt eine universale Ethik zu bringen und sahen dies als das wirkliche Wesen des Judentums an.

    Der Zionismus kam als Teil der nationalistischen Bewegungen Europas ins Leben – und als Re-Aktion auf ihren allgemein antisemitischen Charakter. Er brachte die Theorie auf, dass die Juden eine Nation wie andere europäische Nationen seien und dass diese Nation ihren eigenen Staat im Land, damals Palästina genannt, errichten sollten. Nicht zufällig erhob sich gegen Herzls Lehre eine heftige, laut vernehmbare Opposition von fast allen großen Rabbinern seiner Zeit, von Hassidim und ihren Gegnern, den Mitnagdim, von Orthodoxen und Reformisten.

    Aber als die zionistische Gemeinschaft in Palästina zu einem Staat wurde, ist mit dem Judentum dort etwas Seltsames geschehen. Die Verbindung mit dem Land und dem Boden veränderte das Wesen der Religion, so wie sich auch alle anderen Bereiche des nationalen Lebens veränderten. Es ist keine Übertreibung, zu behaupten, dass die jüdische Religion in Israel – nicht in der Diaspora – eine Mutation durchmacht, die in den letzten Jahren immer extremere Formen annimmt.
    Eine Religion mit einer universalen Botschaft verkam zu einem Stammeskult. Eine Religion der Ethik verkommt zu einer Religion von heiligen Plätzen und Gräbern. Yeshayahu Leibowitz, ein Jude der alten Sorte, definierte die Religion der Siedler als einen heidnischen, götzendienerischen Kult.

    Der neue Tempelkult wäre ein Höhepunkt in diesem Prozess. Die praktischen Vorbereitungen für die Zerstörung der Moscheen und den Wiederaufbau des Tempels – zusammen mit Tieropfern und anderen Tempelkulten – bedeuten eine Absage an die jüdische Religion der letzten 2000 Jahre. Es ist eine religiöse Revolution von historischen Dimensionen.
    Wenn diese Tendenz im Staat Israel dominant wird, so wird es nicht – wie ich glaube – zum Bau eines 3.Tempels kommen, sondern zur Zerstörung des „dritten Hauses“.
    Der 2. Tempel fand zusammen mit dem jüdischen Volk in diesem Land ein gewaltsames Ende, weil eine kleine Minderheit fanatischer Zeloten, die den heutigen extremen Siedlern sehr ähnlich waren, an die Macht der jüdischen Gemeinschaft kamen und diese in einen wahnsinnigen, hoffnungslosen Krieg hineinzog. Genau das kann heute wieder geschehen.

    Am Vorabend von Yom Kippur, dem Versöhnungsfest, ist dies etwas, worüber man nachdenken sollte.

    * vgl. auch Finkelstein/ Silberman: Keine Posaunen vor Jericho, C.H. Beck 2003
    (Aus dem Englischen: Ellen Rohlfs und vom Verfasser autorisiert)
    hagalil.com 20-09-2004

  22. Ich weiss nicht, ob der Bischof Hanke einmal in Belfast gewesen ist. Da werden protestantische und katholische Viertel durch enorm hohe Sicherheitszäune getrennt – zum Schutz vor Gewalttaten. Ich weiss nicht, ob der Bischof Hanke informiert ist über die prekäre Menschenrechtssituation von Christen und Christinnen in Bethlehem und anderswo in „Palästina“. Er sollte vielleicht einmal den Pater Pizzaballa OFM, Kustos im Heiligen Land, fragen. Der ist orientiert und sogar mutig genug, die Wahrheit zu sagen. Ich weiss allerdings, dass der Sicherheitszaun – meinetwegen auch die „Mauer“ – ebenso erfolgreich einen grossen Teil der Attentate verhindert hat wie sein trauriges und älteres Pendant in Belfast. Vielleicht überlegt sich der Bischof Hanke mal etwas, was er den Israelis zum Schutz ihrer Zivilbevölkerung vor diesen mordgierigen Psychopathen aus dem anderen Teil des „Heiligen Landes“ empfehlen kann. Die sind für Vorschläge, die ihre Sicherheit verbessern, offen. Aber eins akzeptieren sie sicher nicht – und das mit Recht, nämlich dass sie sich als Opferlämmer abschlachten lassen. Das haben sie auch von denen gelernt, die im Warschauer Ghetto, obwohl in aussichtsloser Lage, den Aufstand gemacht haben. Wenn sich der Bischof an das Warschauer Ghetto erinnert sah, hat er nicht einfach nur etwas Nichtvergleichbares miteinander verglichen. Er hat vielmehr etwas offenbart, was latent bei ihm wie auch bei anderen schwelt, nämlich dass Juden, weil man sie massenweise vergast, massakriert, erschossen und auf vielfältig viehische Weise ermordet hat, nicht mehr wie realexistierende Wesen des Menschengeschlechts agieren dürfen. Das würde ich „Sakralisierung“ des Holocaust durch Nachfahren der Täter nennen. Die Nachfahren der Opfer dürfen nämlich nun nicht mehr eine hässliche Mauer bauen, um sich zu schützen, weil Nazis ihre Vorfahren eingepfercht haben, um sie jederzeit wie Käfigtiere zu schlachten. Sie dürfen die mörderische Geschichte, die Juden mit den Deutschen hatten, in Yad vaShem nur zu dem Preis zeigen, dass manche Bischöfe ihre Erschütterung darüber umgehend mit Erschütterung über das eingezäunte Bethlehem heimzahlen. „Sakralisierung“ des Holocaust wird beklagt. Mit Recht. Auschwitz ist der unheiligste und unheimlichste Ort der Welt. Aber das heisst nicht, dass man „alles mit allem vergleichen“ darf. Bethlehem mit Warschau zu vergleichen, ist darum auch nicht einfach ein falscher oder dummer Vergleich. Er ist auch nicht nur niederträchtig. Er ist vielmehr eine Offenbarung eines Unverständnisses für Juden nicht nur trotz oder wegen des Holocausts, sondern im Namen von Auschwitz, ein Unverständnis, das Juden, wenn sie sich wehren, vorwirft, sich nicht an die Zeit zu erinnern, da sie die Opferlämmer waren.

  23. Kann es sein, dass hier wieder einmal eine Aussage drastisch verkürzt wird, um Medienrummel zu schaffen? Bei Telepolis gibt es den satirischen Text Pogo im Heiligen Land, in dem Herr Hanke wie folgt zitiert wird:

    Morgens in Yad Vashem die Fotos vom unmenschlichen Warschauer Ghetto, abends fahren wir ins Ghetto in Ramallah. Da geht einem doch der Deckel hoch.

    Natürlich kann man da entsprechende Schlüsse ziehen, aber zumindest vom sprachlichen Standpunkt her ist das alles lediglich Interpretation. Von „wahrhaftem Ghetto“ ist dort übrigens auch keine Rede. Oder ist es die Verwendung des Begriffes »Ghetto« allgemein (s.a.o)?

  24. Der Vergleich des Bischofs war politisch dumm, historisch absurd und menschlich gefühllos. Er kommt offensichtlich aus bildungsfernen Schichten eines bayrischen Dorfes.

  25. Was Israel im Westjordanland macht ist schlimm. Dass die Palästinenser mitschuldig sind wissen wir ja auch.

    Nun wurde uns wieder von neuem bewiesen wass mann von der katholischen Kirche erwarten kann. In diesem Zusammenhang lese ich gerade David Ranans neues Buch, Double Cross: The Code of the Catholic Church. Spannend und sehr zu empfehlen.

  26. Man darf nicht nur, man muss dies auch sagen, gerade wenn aus aus dem Holocaust etwas gelernt haben will. Mir drehr sich der Magen, wenn ich die Reaktion der Zentralrates der Juden bedenke und das peinliche und verabscheungswürdige Zurückrudern der Bischöfe sehe. Der Zentralrat tritt das Andenken seiner ermordeten Vorfahren mit Füßen, in bester Kapomanier. Anne Frank dreht sich im Grab um.Wenn Ramallah und andere palästinensische Städte kein Ghetto sind, was dennn sonst.Natürlich war das Warschauer Ghetto noch etwas besonderes, wir Deutsche waren immer leider besonders gründlich. doch dies ändert nichts an den grundsätlichen Zuständen, einer palästinensischen Gesellschaft ohne Zukunft.Auch dort werden Menschen oft fälschlicherweise als „Terroristen“ bezeichnet und oft ermordet.Mann muss dies sagen, gerade als Deutsche. Die Mitglieder des Zentralrates sehen sich ja wohl als Deutsche, und nicht als Pressestelle der israelischen Regierung. Sie sollten vielleicht mal auf Daniel Barenboim hören, der den Zustand der israelischen Gesellschaft und die Abkehr von ihrer Verfassung beim Umgang mit den Palästinensern beklagt,zuhören.
    Im Moment ist der Zentralrat anisemitisch!!!

  27. Was ist daran unreflektiert. Vielereflektieren hier vielleicht falsch, im ihrem Gutmenschentum. Wir reagieren wie die Maus vor der Schlange, sobald der Zentralrat sich äußert, ohne zu Hinterfragen, ob er vielleicht auch mal Unrecht haben könnte.Als Deutsche tragen wir große Verantwortung und auch die Mitglieder des Zentralrates sind Deutsche und müssen sich damit den Lehrten aus dem Holocaust stellen..
    Es hat für mich oft den Eindruck, dass die Opfer der industriellen Vernichtung von den gewählten Vertretern oft nur als Mittel zum Zweck mißbraucht werden.Die Opfer sind ihnen eigentlich völlig egal, „Kapomanier“
    Michael Friedmann hat doch nur noch deshalb seinen Job, wegen seiner Position.
    Vielleicht fielen ihm die Ansichten seiner Ex-Bewacher nur nicht auf oder störten ihn nicht weiter, wenn sie in bestimmten Situationen wegschauten.Als Mann garantiere ich ihnen er hat sich bestimmt nicht geändert!!!“Er ist ja so sensibel“ Bärbel Schäfer, lach , wegschmeiß.Lassen wir ihr die Illusion.
    Auch für Daniel Goldhagen diente der Holocaust nur als Mittel zum Zweck. MIt seiner „Doktorarbeit“ hätte er in Deutschland selbst wegen wissenschaftlicher Defizite Probleme gehabt. Es war ein reines Marketingprojekt. Er wollte den Harvard-Lehrstul. Er hat ihn. Nun hört niemand mehr etwas von ihm.
    Dies haben die 6 Millionen Toten Juden und Millionen anderer Sinti, Roma, Homosexuelle, Behinderte etc nicht verdient.

  28. Ubrigens Sussanne . Die Kritik am Umgang mit den Palästinensern wird meines Wissens in Israel und bei vielen Juden ähnlich gesehen, siehe Barenboim in einer Rede bei einer Preisverleihung.
    Sie sollten Susanne nicht immer im eigenen Saft kochen.Kleiner Rat von Historiker an Historikerin, oder etwa nicht-(((!!!

  29. @ Till

    Die schlimmsten Beiträge im allgemeinen und zu diesem Thema im besonderen sind die, die nicht einmal ganz falsch sind.
    Ihre sind, dagegen wehren sie sich zurecht, nicht unreflektiert, auch nicht einfach falsch reflektiert, das ließe sich gezielt kritisieren, sondern so wirr, dass es müßig ist, darauf einzugehen.

    Ihr scheinbar von gleich an gleich gerichteter, aber ganz offenkundig paternalistisch-wohlwollend von wissendem männlichem Fachmann an weibliches Dummchen gerichteter „kleiner Rat“ ist nur peinlich. Zu Susannes Niveau sich emporzuschwingen, dazu sind sie mit Sicherheit zu flügellahm. Den trüben Saft, in welchem sie köcheln, möchte ich nicht riechen.

  30. Quad erad demonstrandum. Was ich in meinem Debatten-Anstoss „Spitze des Eisbergs“ als Verdacht und Hypothese formuliert hatte, beweist sich hier auf glänzende Weise. Der Eichstätter Bischof wäre bloß ein klerikaler Knallkopf, gäbe es nicht so viele „Tills“, die sich durch ihn repräsentiert fühlten. Moderne Antisemiten mit gutem Gewissen, die den Antisemitismusvorwurf entrüstet zurückweisen würden und womöglich einige Juden zu ihren „besten Freunden“ zählen. Solchem Wahn ist rational nicht beizukommen. Es bleibt die kleine Hoffnung, dass der eine oder andere FR-Redakteur ob mancher Blog-Äußerung nachdenklich wird und erkennt, wie fruchtbar der Schoß noch immer ist …

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