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Liebe FR-Redaktion,
vielen Dank für Ihre gute Berichterstattung über Flüchtende und Rettungsaktionen und über skandalöse Abschiebe-Praktiken deutscher Behörden!
In zahlreichen Medien wird seit geraumer Zeit im Zusammenhang mit Flüchtenden immer nur über „Probleme“ berichtet, in den Koalitionsgesprächen erweckte vor allem die CSU immer wieder den Eindruck als sei das „Flüchtlingsproblem“(sowie der Familiennachzug) das Hauptproblem der aktuellen deutschen Politik!
Da tut es gut, von einem Darmstädter Arzt zu lesen, der die unerträgliche Abschiebepraxis hessischer Behörden (jüngst der Fall des 12jährigen mazedonischen Jungen) anprangert und die ihm verliehene Ehrung der hessischen Landesregierung zurückschickt. Oder das ausführliche Interview mit dem Arzt, der sich auf der „Sea-Watch 3“ für die Rettung Ertrinkender im Mittelmeer engagiert!
Der Einsatz ziviler Helferinnen und Helfer für Geflüchtete hat zum Glück trotz häufiger medialer Schwarzmalerei bislang nicht nachgelassen. Aber es ist wichtig, Stimmen wie die FR-Artikel zu verstärken, die das Gebot der Menschlichkeit und Zivilcourage hochhalten. Das eigentlich Selbstverständliche – Menschen in höchster Not zu helfen – muss selbstverständlich bleiben, sonst werden wir alle irgendwann an der Unmenschlichkeit leiden.
Lieber Herr Lübbers,
Sie geben mit Ihrem Engagement zur Rettung von Flüchtlingen auch ein Beispiel, an dem sich Menschen orientieren können. Es fordert auf, selbst etwas zu tun,um das Leben auf diesem Planeten etwas menschlicher zu machen.Dafür danke ich Ihnen.
Ich schließe mich Robert Maxeiner an und wünsche ebenfalls, dass mehr Menschen etwas tun, damit das Leben auf dem Planeten menschlicher wird. Es ist allerhöchste Zeit.
Vielen Dank an Herrn Lübbers für das vorbildliche Engagement.
Ich finde es ganz klasse, dass das Thema auf die Titelseite kam und dass Sie, Herr Lübbers, den verdienten Berichtsplatz in der FR bekommen haben! Das ist, um es mit Heinrich Bölls Worten zu sagen, die Einmischung, die es ermöglicht, realistisch zu bleiben. Sie bekennen damit auch Farbe.
Gratulation auch an Bronski und die FR-Redaktion!
P.S.: Vielleicht interessiert es Sie?
Letzte Woche war ich auf einer Wanderausstellung in der documenta-Halle in Kassel: „Kunst trotz(t) Ausgrenzung“. Hervorragend!
Unter anderem eine Arbeit von Georg Wolf. Der gelernte Metallbauer hat rund 70 Flüchtlingen beigebracht, wie man Nägel schmiedet und mit ihrer Hilfe das Kunstwerk „Odyssee“ geschaffen.
Er sagt: „Ich wollte ihnen das Gefühl geben, hier gewollt und gebraucht zu sein. Sie über die wichtige Rolle der Kunst in unserer Gesellschaft aufzuklären und sie in mein Schaffen einzubinden, statt auszugrenzen war das Ziel der Arbeit.“
Ich habe bei der Betrachtung dieses Werkes an Ihren Einsatz auf dem Wasser denken müssen.
Auch ich bin sehr froh, daß die Frankfurter Rundschau wieder einmal dem Thema Flüchtlinge an so prominenter Stelle so breiten Raum eingeräumt hat. Denn es ist eine für alle sehr gefährliche Entwicklung, wenn -wie Frau Barbara Krämer- van de Loo es ausdrückt- „Das eigentlich Selbstverständliche – Menschen in höchster Not zu helfen – muss selbstverständlich bleiben, sonst werden wir alle irgendwann an der Unmenschlichkeit leiden.“ nicht mehr selbstverständlich ist.
Es gefährdet Flüchtlinge an Leib und Leben. Und es verroht die übrigen Menschen, die Nicht-Flüchtlinge, uns, die wir Glück haben (mehr ist es nicht), zur rechten Zeit am rechten Ort von den „richtigen“ Eltern geboren worden zu sein.
Es passiert so viel vermeidbar Schlimmes auf der Welt. Menschen sterben oder vegetieren dahin, weil Spitzenpolitiker international seit vielen Jahren die ganz falschen Anreize setzen: Kein Klimaschutz. Keine fairen Prodkuktions- und Handelsbeziehungen. Waffenexporte aus reiner Profitgier. Flüchtlinge läßt man in der Sahara verdursten oder im Mittelmeer ertrinken.
Und es gibt andererseits so viel Gutes. Jeder kann versuchen, seinen Teil dazu beizutragen, die Welt so wenig schlimm oder so gut wie möglich zu machen. Von nicht unnötig Auto fahren über Spenden bis hin zur Mitarbeit in humanitären Organisationen, Kunst zum Beispiel auch… Und natürlich eine gute -sich humanitären Zielen verpflichtet fühlende- Zeitung lesen und den Entscheidungsträgern auf die Finger schauen und ggf. klopfen…
Es mag ja sein, dass viel vermeidbar Schlimmes auf der Welt passiert, wie Herr Lübbers reklamiert. Allein, ich wüsste nicht, woher ich die Zeit nehmen soll, mich einer etwaigen Beantwortung der dadurch offenen Fragen zu widmen. Gehe ich weiter von meiner eigenen Lebenslage aus, sehe ich mich mit einem Alltag konfrontiert, der mich jetzt schon über die Maße beansprucht und der mir kaum ermöglicht, beispielsweise hier im FR-Blog ein paar Zeilen zu schreiben. So liegt mein letzter Urlaub (3 Tage Gardasee) auch schon über ein Jahrzehnt zurück. Nachmittags eine halbe Stunde spazieren zu gehen und anschließend eine Tasse Kaffee zu trinken, ist das einzige Vergnügen, dass ich mir seit längerem gönnen kann. Solange sich die hiesig vorherrschenden Verhältnisse nicht grundlegend ändern und kein Bruch mit solch einer nahezu vollständigen Eingespanntheit erfolgt, bleibt mir letztlich keine andere Wahl, als etwa die in Rede stehenden Schiffbrüchigen auf dem Mittelmeer ihrem Schicksal eines insofern überaus rasch näher rückenden Todes zu überlassen. Dass die dortige Grenze die gefährlichste der Welt ist, ist somit keinem Zufall geschuldet.
Offenbar war heute Mittag um 12:04 Uhr die Kommentarfunktion erheblich gestört. Anstatt unter meinem von mir angegebenen Klarnamen erscheint mein Text fälschlich unter dem Pseudonym „Anonymous“, das von mir nicht verwendet wird.
@ Ralf Rath
Das ist richtig: Es gab eine Softwarestörung des FR-Blogs. Auch Robert Maxeiner war davon betroffen sowie ich selbst. Jetzt ist aber alles wieder in Ordnung.
Übrigens: Wenn heute der Bundespräsident an der Leopoldina (Nationale Akademie der Wissenschaften) davor warnt, sich gleichsam vor den falschen Karren spannen zu lassen, ist die Kritik von Herrn Steinmeier alltagspraktisch kaum zu verwirklichen. Anschaulicher formuliert: Als mein zweitjüngstes Geschwister Aufnahme in einer Palliativstation fand, die auch Herr Lübbers im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau erwähnt, riefen mich in seinen letzten Wochen mehrfach wiederholt wechselnde Personen an, die mir schwarz Staubsaugerbeutel verkaufen wollten. Mit der Konzentration auf meinen im Sterben liegenden Bruder war es danach naturgemäß Essig, weil nach wie vor nicht geklärt ist, wodurch sich ökonomisch-gesellschaftliche Mechanismen konterkarieren lassen (Schumann, M.: Schwacher Handwerker, in: Personalführung 6/2008, S. 100). Wenn selbst Kriminelle bar jeder Vernunft sind und eine Anklage in Kauf nehmen, deren Sühne sie niemals erleben werden, hat man bereits ungefähre Anhaltspunkte dafür, welch immense Anstrengungen nicht zuletzt für eine Seenotrettung auf dem Mittelmeer vonnöten sind. Es nimmt dann nicht wunder, dass angesichts dessen die Risiken in Höhen schnellen, die kein Arzt mehr einholen kann.
@ralf Rath:
„Solange sich die hiesig vorherrschenden Verhältnisse nicht grundlegend ändern und kein Bruch mit solch einer nahezu vollständigen Eingespanntheit erfolgt, bleibt mir letztlich keine andere Wahl, als etwa die in Rede stehenden Schiffbrüchigen auf dem Mittelmeer ihrem Schicksal eines insofern überaus rasch näher rückenden Todes zu überlassen.“
Was würden Sie machen, wenn das Haus Ihres Nachbarn brennt? Fänden Sie Zeit, die Feuerwehr zu rufen und die Bewohner zu retten, oder würden Sie warten, bis sich die hiesig vorherrschenden Verhältnisse grundlegend ändern?
Menschen ihres Schicksals eines insofern überaus rasch näher rückenden Todes zu überlassen wirkt mindestens herzlos, ich würde sogar sagen kriminell inhuman. Juristen sprechen dann wohl von „unterlassener Hilfeleistung“. (Dieser Paragraph stammt meines Wissens von den Nazis.)
Wer, wenn nicht du? Wann, wenn nicht jetzt?
Den 19.18 Uhr-Absatz habe ich nicht verstanden. Sie konnten sich nicht auf Ihren im Sterben liegenden Bruder konzentrieren („war danach naturgemäß Essig“), weil Ihnen schwarz Staubsaugerbeutel verkauft werden sollten? Wenn ich Ihnen ausnahmsweise einen persönlichen Rat geben darf: Denken Sie darüber nach, was Ihnen wirklich wichtig ist, setzen Sie Prioritäten und handeln Sie danach. Was Moral betrifft, empfehle ich den Kant`schen Kategorischen Imperativ (stark verkürzt: Was du nicht willst, daß man dir tu, daß füg auch keinem anderen zu).
Lieber Herr Büge/“Bronski“,
in eigener Sache: Wir sind morgen unterwegs zum Ski-Urlaub nach Österreich. Bin dann sicher häufiger offline.
@Ralf-Michael Lübbers
Sie haben den kategorischen Imperativ nicht stark verkürzt, sondern durch die Goldene Regel ersetzt.
Kants kategorischer Imperativ als Grundlage der Ethik ist doch sehr diskussionsbedürftig. Unsere Lehrer in der Schule vergaßen in der Regel, darauf hinzuweisen.
Aber ich glaube, dass Herr Rath ganz andere Probleme hat.
„Verhalte dich so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne“ sinngemäß.
…“ich glaube, dass Herr Rath ganz andere Probleme hat.“
Stimmt. Tut mir leid, daß es Ihrem Bruder so schlecht geht, Herr Rath.
Maxime deines Handelns.
Wie Herr Flessner richtig vermutet, habe ich in der Tat das ganz andere Problem, dass zwar Wissenschaft das weltweit einzig verfügbare Heilmittel ist (Durkheim), ich aber bis zuletzt abseits der Erwartungen der Allgemeinheit außerstande war, meinem Bruder einen dementsprechenden Ausweg zu eröffnen, was aufgrund zunehmend pervertierter Verhältnisse unausweichlich seinen frühen Tod nach sich zog.
Korrektur zum kategorischen Imperativ, den Herr Lübbers anführt. Im Original lautet § 7 des Grundgesetzes der reinen praktischen Vernunft: „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne“. Insofern die an sich ihm unveräußerlich gegebene Arbeitskraft meines Bruders unabhängig von meinem Willen entzogen wurde, bleibt nach wie vor die zentrale Frage zu beantworten, wodurch sich die dadurch manifest werdende Wirkmächtigkeit ökonomisch-gesellschaftlicher Mechanismen konterkarieren lässt, wenn man sich nicht heillos in der Irre verlieren möchte.
Das Problem, für das ich inzwischen geradezu fieberhaft nach einer Lösung suche, lässt sich auf den Punkt gebracht auch folgendermaßen beschreiben: Selbst beim besten Willen kann ich Menschen, die in äußerste Lebensnot (Freud) geraten sind, nicht helfen, weil die dafür zu erbringende Arbeitsleistung mir schon seit längerem unmöglich geworden ist. Dem tausendfachen Tod auf dem Mittelmeer kann ich deswegen nur genauso ohnmächtig zusehen wie dem nicht weniger qualvollen Sterben meines eigenen Geschwisters.
Zu Herrn Rath:
Ich habe ein bißchen Schwierigkeiten zu verstehen, was Sie eigentlich sagen wollen. Es geht wahrscheinlich um die Frage, ob und wann man in Notlagen helfen muß.
Es gibt Dinge, auf die Menschen keinen Einfluss haben. Alle Lebensweisen sterben beispielsweise. Manche leiden und erkranken unheilbar, weil die Natur das so eingerichtet hat. Viel Leiden ist aber menschengemacht. Und viel Leiden könnte durch die richtige Politik gelindert oder verhindert werden. Und darum geht es: Was können wir, jeder einzelne und die Gemeinschaft tun, um dafür zu sorgen, daß jeder gut leben kann?
Ein totalitärer Diktator und eine Bundeskanzler und ein Konzernchef haben da mehr Möglichkeiten als ein Bandarbeiter. Aber in einer Demokratie haben viele die Möglichkeit, gut zu handeln.
Goethe hat mal sinngemäß (!) gesagt, man solle Dinge hinnehmen, die man nicht ändern kann und Schlechtes bessern, wenn man das kann, und weise sei es, wenn man zwischen beidem unterscheiden könne. Ich laß das jetzt mal so fälerhaft, damit Herr Flessner und Frau Ernst was zu verbessern haben:-)
@Herr Lübbers
Es ist im Grunde nicht besonders „verklausuliert“, wie Frau Ernst sagen würde, was mich umtreibt: Der Mensch als soziales Wesen ist unauflöslich an die Bewegungsgesetze einer modernen Gesellschaft gebunden. Gutes zu tun, eröffnet dabei nicht nur Chancen, sondern birgt auch zugleich immense Risiken in sich. So sind angesichts der gegenwärtig immer aggressiver um sich greifenden Rückwärtsgewandtheit vor allem diejenigen Bürger an Leib und Leben bedroht, die ihr Handeln an der fortgeschrittensten Erkenntnis orientieren. Selbst die gediegenste Sprache, das stichhaltigste Argument oder die eleganteste Formulierung können nicht das Geringste an der dadurch vorherrschenden Machtstruktur ändern. Ohne eine vorausgehende Suche nach Ansatzpunkten für den Bruch mit solch einem überaus barbarischen Regime geht es also nicht.
Anmerkung zu meinem um 15:31 geposteten Kommentar an die Adresse von Herrn Lübbers: Laut einer älteren Meldung auf der letzten Seite der Frankfurter Rundschau machte sich sogar Sir Mick Jagger als der Sänger der Combo namens „Rolling Stones“ schon vor Jahrzehnten auf, rückwärts zu joggen, um sich dadurch angeblich fit zu halten. Die von ihm damals stillschweigend geübte Kritik rezipierten hingegen bis heute kaum welche. Ich für meinen Teil lernte bereits in jungen Jahren, rückwärts auf dem Lenker sitzend mit dem Fahrrad zu fahren, ohne dass Dritte daraus jemals die richtigen Schlüsse gezogen hätten.
Zu Herrn Rath:
Was meinen Sie mit dem „barbarischen Regime“?
Wir FR-Leser leben in einer einigermaßen funktionierenden Demokratie. Wir können Mißstände anprangern und müssen nicht zwangsläufig irrational handeln, anders als das in totalitären und diktatorischen Staaten der Fall ist. Dieses Privileg sollten wir nutzen!
Niemand ist hier gezwungen, die Bildzeitung zu lesen, Fleisch zu essen und Glühlampen zu verwenden. Wir können auf den Putz hauen, wenn Politiker ausschließlich für Lobbyisten und gegen die Menschen entscheiden. Und natürlich haben einige Menschen mehr Macht, Gutes oder Schlechtes zu tun, als wir „Normalos“.
Das sollte uns aber nicht davon abhalten, immer wieder für das Richtige zu kämpfen: Für das, was den Menschen nützt. Allen Menschen. Wahre Demokratie ohne Lobby-Einfluß.
Antwort auf Herrn Lübbers Frage vom 22. Februar: Ihnen als Arzt sollte schon zu denken geben, wenn Sigmund Freud als einer der Altvorderen Ihrer Profession ein Jahr vor seinem Tod schreibt: „Der Barbar, erkennen wir, hat es leicht gesund zu sein, für den Kulturmenschen ist es eine schwere Aufgabe“. Bereits daran lässt sich ablesen, wie überaus voraussetzungsvoll Ihre an mich gerichteten Worte sind. Ohne notwendig einen Begriff davon zu haben, von welchen Gegebenheiten Freud ausgeht, ist dessen bis heute gültige Kritik somit nicht zu verstehen.
@ Ralf Rath
Nach heutigen Maßstäben hat sich Sigmund Freud da politisch nicht besonders korrekt ausgedrückt.
Würden Sie, Herr Rath, diese Freudsche Aussage denn heute noch für gültig halten, und wenn ja, wen würden Sie zu den Barbaren und wen zu den Kulturmenschen zählen?
@Brigitte Ernst
Spätestens seit der Veröffentlichung von „Die Traumdeutung“ zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist belegt, dass kein Handeln Unmittelbarkeit kennt. Freuds Unterscheidung in Barbaren und Kulturmenschen fußt demnach darauf, ob der Befund in Abrede gestellt wird oder nicht. Was mich anbelangt, sehe ich keinen Grund, daran zu zweifeln und so zu tun, als ob Freuds Erkenntnisleistungen hinfällig sind.
Nachtrag zu meinem heutigen Kommentar von 13:18 Uhr an die Adresse von Frau Ernst: Nachdem ich in meinem Zeitungsarchiv geblättert habe, möchte ich Sie noch auf einen Beitrag von Altmeyer/Thomä aufmerksam machen, der am 25. April 2006 auf Seite 26 unter dem Titel „Der intersubjekive Freud“ in der Frankfurter Rundschau erschienen ist. Beide Autoren beklagen dort den weltweit seit längerem boomenden Naturalismus, der sich darin gefällt, dem nicht zuletzt von namhaften Ärzten vollzogenen Paradigmenwechsel über alle Maße hinweg zu spotten. Wenn man so will, lässt sich angesichts dessen schlussfolgern, dass die Migranten, die es dank einer Hilfsorganisation wie Sea-Watch über das Mittelmeer schaffen, hiesig Verhältnisse antreffen, die in der Lesart von Freud barbarischer nicht sein könnten. Meine hier im FR-Blog von Herrn Lübbers in aller Öffentlichkeit kritisierte Rede von einem „barbarischen Regime“ ist deshalb eine wahre Aussage und keineswegs zu weit hergeholt.
Der Titel des Zeitungsartikels lautet: „Der intersubjektive Freud“.
@ Michael Lübbers, 22. Februar 2018 um 13:11
Ich weiß nicht, auf welches Goethe-Zitat Sie sich exakt beziehen.
Ich kenne ein anderes (bisweilen als Erörterungsthema vergeben), das aber in einem anderen Zusammenhang steht:
„Das höchste Glück des Menschen ist, alles Erforschliche erforscht zu haben und das Unerforschliche ruhig zu verehren.“
Laut Wikipedia stammt der Spruch „Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden“ vom dem US-amerikanischen Theologen Reinhold Niebuhr.
Bin wieder zu Hause mit funktionierendem Captcha 🙂
@Herrn Rath:
„Ihnen als Arzt sollte schon zu denken geben, wenn Sigmund Freud als einer der Altvorderen Ihrer Profession ein Jahr vor seinem Tod schreibt: „Der Barbar, erkennen wir, hat es leicht gesund zu sein, für den Kulturmenschen ist es eine schwere Aufgabe“.“
Siegmund Freud ist etwas für psychoanalytische Ärzte. Ich habe ihn im Studium nicht verstanden. Ich verstehe ihn (z.B. den von Ihnen zitierten Satz) heute noch nicht.
Zu den psychodynamischen Therapien (zu denen die Psychoanalyse zählt) schreibt der leider verstorbene Professor Grawe in seinem Buch „Psychotherapie im Wandel/Von der Konfession zur Profession“ auf Seite 170: „Es gibt bisher keinen einzigen stichhaltigen Beleg für die Wirksamkeit dieser Therapieformen.“
@JaM
„Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden“
Genau den Spruch meinte ich. Danke! Also nicht von Goethe…
@ Herrn Rath:
„…lässt sich angesichts dessen schlussfolgern, dass die Migranten, die es dank einer Hilfsorganisation wie Sea-Watch über das Mittelmeer schaffen, hiesig Verhältnisse antreffen, die in der Lesart von Freud barbarischer nicht sein könnten.“
Barbarisch ist es, in einem libyschen Lager als Geisel genommen und vergewaltigt worden zu sein. Davon berichtete mir heute (zum wiederholten Male) weinend eine Patientin.
Barbarisch behandelt werden Menschen, die lieber tot im Mittelmeer sind als weiter in Libyen sein zu müssen (berichtete mir im Dezember ein Flüchtling auf einer Attac-Veranstaltung).
Barbarisch ist es, solche Menschen ertrinken (oder verdursten oder verhungern oder an Gewalt sterben) zu lassen.
Barbarisch ist es, solche Menschen wieder ins Unglück zurückzuschicken (abzuschieben).
Barbarisch ist es, Fluchtursache zu sein.
Freud: „Der Barbar, erkennen wir, hat es leicht gesund zu sein, für den Kulturmenschen ist es eine schwere Aufgabe“. Das heißt was?
@Ralf-Michael Lübbers
Das Zitat, das aus Freuds „Abriss der Psychoanalyse“ stammt, heißt jedenfalls nicht, dass ein Arzt sich als „normativierende Macht“ (Eribon) verstehen darf. Ihre unablässigen Versuche, mir solch eine Auslegung zuzuschreiben, brechen sich insofern bereits an der empirisch stets vollständigen Wirklichkeit. Sich eines Bessren zu besinnen und darin innezuhalten, wäre der erste Schritt auf dem Weg, die Verhältnisse für die ankommenden Migranten, welche die Überfahrt über das Mittelmeer nicht zuletzt aufgrund Ihrer medizinischen Expertise zumindest körperlich unbeschadet überstehen, notwendig so zu transformieren, damit hiesig ein Empfang mit offenen Armen ermöglicht ist.
@Ralf Rath:
Warum drücken Sie sich so aus, daß man (jedenfalls ich) Sie nicht versteht? Kurze Sätze mit wenig Fremdworten sind besser als verschachtelte Sätze. Der Hannover`sche Anatomie-Professor Herbert Lippert empfahl uns Medizinstudenten 1985, alle notwendigen Fremdwörter zu kennen, im Gespräch mit Patienten und Kollegen aber möglichst einfach zu reden. Es ist keine Kunst, kompliziert zu sprechen.
Sie theoretisieren in Ihren Texten. Mir geht es um das Schicksal der konkreten Menschen. Ich schreibe hier nicht als Arzt über meine Ansichten. Sondern als Mensch. Als Mensch, der es nicht gerne sieht, wenn es anderen Menschen vermeidbar schlecht geht. Der es besonders schlimm findet, wenn Menschen durch Menschen Leid erfahren.
@Ralf-Michael Lübbers
Bitte suchen Sie nicht in der Sprache, was dem Sozialen angehört. Es nimmt sonst nicht wunder, dass Sie in meinen Kommentaren nicht fündig werden. Wäre ich Germanist, müsste ich mir Ihre Kritik gefallen lassen. Indes mein Bemühen sich lediglich darauf beschränkt, die Eigenlogik gesellschaflicher Beziehungen möglichst im Detail zu untersuchen, sind mir die sprachlichen Anforderungen zunächst egal. Entscheidend ist, die Dinge überhaupt auf den Begriff zu bringen. Manche Wissenschaftler widmen ihr ganzes Forscherleben solch einer Arbeit am Begriff. Der französische Soziologe Emile Durkheim geht sogar soweit, sie für unverzichtbar zu halten, weil jene Anstrengung seiner Auffassung gemäß das weltweit einzig verfügbare Heilmittel ist.
@ Ralf Rath
Ich erinnere mich daran, dass auch Bronski Sie schon darum gebeten hat, sich etwas verständlicher zu äußern. Schließlich geht es hier um Kommunikation,und die steht und fällt damit, dass der eine versteht, was der andere meint.
@ Ralf-Michael Lübbers
Sie sind ein „Überzeugungstäter“ und das überzeugt mich jedenfalls. Da bedarf es nicht so ausholender Theoriedebatten.
im Englischen gibt diese wunderbare einfache Aussage: „To walk the talk.“
Ich kenne einen anderen Arzt, der vielleicht bekannt sein dürfte, Gerhard Trabert, der auch an der Hochschule in Wiesbaden lehrt. Der würde das so ähnlich ausdrücken wie Sie oben (27.02., 15:52, 2. Absatz). G. Trabert macht ähnliche Einsätze wie Sie an den Brennpunkten des Krieges und des menschlichen Elends.
@Brigitte Ernst
Sie werden es nicht für möglich halten, aber der Vorwurf, dass meine Texte angeblich „kryptisch“ sind, begleitet mich inzwischen seit über zwei Jahrzehnten, als eine der grauen Eminenzen des SOFI zu diesem Schluss kam. Keiner fand es jedoch damals für nötig, wenigstens zu begründen, was daran unklar oder schwer zu deuten ist. Infolge dessen blieb mir keine andere Wahl, als vorzeitig aus dem ansonsten überaus renommierten Institut auszuscheiden. Dasselbe Schicksal scheint mir hier im FR-Blog beschieden zu sein.
@ Ralf Rath:
SOFI ist was? Sie führen einen Begriff ein, den ich nicht kenne. Andere wahrscheinlich auch nicht. Das ist „kryptisch“. Verstehen Sie das?
Kennen Sie den Witz mit den Geisterfahrern? Kommt im Radio eine Meldung, ein Geisterfahrer sei unterwegs. Daraufhin denkt der Geisterfahrer: Einer? Hunderte!
Frau Ernst hat recht: „Kommunikation,und die steht und fällt damit, dass der eine versteht, was der andere meint.“
@ Jürgen Malyssek:
„Sie sind ein „Überzeugungstäter“ und das überzeugt mich jedenfalls. Da bedarf es nicht so ausholender Theoriedebatten.“
Genau. Es leiden und sterben konkrete Menschen. Aufgrund von Entscheidungen, die andere -nicht selbst betroffene- Menschen getroffen haben. Das ist nicht akzeptabel!
In Kriegsgebiete gehe ich übrigens nicht. Mein eigenes Leben ist mir sehr wichtig. Und so ein Einsatz wäre mir zu gefährlich. Da bin ich ein Schisser. Es gibt aber genug außerhalb von Kriegsgebieten zu tun…
@Ralf-Michael Lübbers
Noch nie war ein Autor in der Pflicht zu begründen, weshalb seine Texte angeblich völlig unverständlich, vermeintlich zu verklausuliert oder zu verschachtelt sind, sondern allein der Leser. Woher will der Verfasser denn auch wissen, was die Rezipienten über seine Erzeugnisse denken? Hellseherei ist vielleicht im Varieté unterhaltsam. Im wirklichen Leben jedoch ein ziemlicher Klamauk. Mich angesichts dessen mit einem „Geisterfahrer“ zu vergleichen, nur weil ich mich stehenden Fußes weigere, solch eine äußerst seltsame Beweislastumkehr gutzuheißen, spottet meinem Dafürhalten nach jedweder humanen Normalität. Im Übrigen arbeiten Leute wie ich lediglich Gegebenheiten heraus und vollziehen bloß deren natürliche Komplexität nach. So zu tun, als ob beispielsweise meine Kommentare nichts weiter als freie Erfindungen sind, die ohne viel Aufwand leichter lesbar formuliert werden könnten, zeugt daher von einer enormen Illiteralität. Wie auch immer, meine Tage hier FR-Blog sind offenbar gezählt.
Es sollte am Ende meines letzten Leserkommentars „… meine Tage hier im FR-Blog sind offenbar gezählt“ heißen. Weshalb das Wort „im“ während des Hochladens entschwunden ist, das ich zuvor geschrieben habe, kann ich nicht erklären. Ich bin kein Informatiker.
Nachtrag zu meinen vorangegangenen Kommentaren: Nachdem ich die „Schicksalsgemeinschaft“ (Dörre) des SOFI verlassen hatte, fragte mich ein Medizinstudent: „Haben Sie sich in Ihrem Leben schon jemals durchgesetzt?“. Anstatt ihm zu antworten, wandte ich mich an die diensthabende Ärztin und beschrieb ihr die Symptome einer Panikattacke. Woher die Beschwerden rührten, ist bis heute nicht aufgeklärt. Mein ohnehin schon mehrwöchiger Krankenhausaufenthalt verlängerte sich jedoch daran anschließend um Monate.
@ Ralf Rath
Es liegt mir fern, Sie aus diesem Blog vertreiben zu wollen. Ich habe lediglich die Bitte an Sie gerichtet, sich etwas allgemeinverständlicher auszudrücken.
Meiner Ansicht nach wäre es hilfreich, sich nicht so oft auf wissenschaftliche Texte zu beziehen, die der Mehrheit der in diesem Blog Aktiven nicht so vertraut sind wie Ihnen. Schließlich bewegen wir uns hier nicht auf dem Niveau wissenschaftlicher Abhandlungen, sondern es soll ein Meinungsaustausch stattfinden. Möchten Sie dennoch auf Hinweise auf wissenschaftliche Texte nicht verzichten, reicht die Nennung eines Namens oder Werkes nicht aus, ebenso wenig ein aus dem Zusammenhang gerissenes Zitat. Sie müssten es erklären und auch den Zusammenhang zu Ihrer Argumentation herstellen. Dann würde vielleicht klarer, welche Position Sie selbst einnehmen – und das ist es doch, was uns in diesem Blog interessiert.
Die als Frage verbrämte Kritik seitens des Medizinstudenten, die Sie zitieren, zeugt von mangelnder Mitmenschlichkeit. Dass sie unter Panikattacken gelitten haben, tut mir leid. Mich selbst plagten diese Störungen viele Jahre lang, ich weiß, wovon Sie sprechen. Ich kann nur für Sie hoffen, dass Sie mittlerweile davon geheilt sind.
@Brigitte Ernst
Einer meiner früheren Kollegen am SOFI hielt mir wie Sie auch vor, mein Licht gleichsam unter den Scheffel zu stellen. Wie er darauf kam, ist mir all die Jahre eines der Rätsel geblieben, die ich nicht mehr willens bin zu lösen, weil ich bislang keinen Hehl aus meiner Befähigung gemacht habe und die ich auch künftig nicht verbergen werde. Wie hoch die Risiken auch sein mögen. Das FR-Blog scheint mir dafür allerdings nicht mehr ein sozialer Ort zu sein, der es ermöglicht, offen einen Einblick in die Verhältnisse zu gewinnen.
Merkwürdig, wie oft sich in den Blogs die Diskussion in der Auseinandersetzung mit jeweils einer Person geradezu festfressen. Das ist immer der Zeitpunkt, wenn ich mich wieder verabschiede. Worum geht es eigentlich bei diesem Blog? In der Auseinandersetzung mit Herrn Rath ist das aus den Augen geraten. Es geht um das, was wir alle aus Humanität tun müssten und tun könnten – was aber bei der Mehrheit – laut Wahlergebnis, Umfragen und Talkshows empört als naives “ Gutmenschentum“ und Unterstützung der kriminellen Schleuserbanden“ zurückgewiesen wird.
@Frau Eilers:
„Worum geht es eigentlich bei diesem Blog? Es geht um das, was wir alle aus Humanität tun müssten und tun könnten – was aber bei der Mehrheit – laut Wahlergebnis, Umfragen und Talkshows empört als naives “ Gutmenschentum“ und Unterstützung der kriminellen Schleuserbanden“ zurückgewiesen wird.“
Stimmt, Frau Eilers!
Folgenden Leserbrief habe ich gerade zum Thema Flüchtlinge an Herrn Büge/“Bronski“ verschickt…
Moin lieber Herr Büge/“Bronski“
Kanzlerin Angela Merkel kritisiert den Aufnahmestopp für Ausländer bei
der Essener Tafel. Darin unterstütze ich sie ausdrücklich. Schlimm ist
allerdings, daß es überhaupt Tafeln geben muß. Aufgabe des Staates muß
es sein, dafür zu sorgen, daß der Reichtum einigermaßen gerecht verteilt
wird und niemand bittere Armut leiden muß. Dann gäbe es solche
rechtspopulistischen Forderungen nicht.
Leider suchen die armen Menschen nicht bei der wahren Ursache für ihre
Misere, nämlich der asozialen neoliberalen Politik von CDU, CSU, FDP,
SPD und Grünen. Sondern die Armen konkurrieren an den Tafeln direkt mit
anderen Armen und hauen auf die, die noch schwächer sind als sie. Und
das sind dann für arme „Bio-Deutsche“ arme Flüchtlinge.
Wird Zeit, daß die SPD den Anfang macht und ihre neoliberalen
Spitzenpolitiker rausschmeißt, bevor die SPD von der AfD verdrängt wird!
Wir leben in einer brandgefährlichen Zeit!
Mit freundlichen Grüßen
Michael Lübbers
@Ralf Michael Luebbers
Für mich ist es absurd Frau Merkel in ihrer Kritik an der Essener Tafel zu unterstützen.
Wie lange ist schon bekannt, dass die Armen immer ärmer werden? Wie oft wird berichtet, dass die Zahl immer weiter steigt? Wie lange ist Frau Merkel schon an der Macht, ohne an der Situation etwas zu ändern?
Das ist reine Heuchelei!
@ Michael Lübbers
Sie liegen falsch. Es geht bei der Essener Tafel nicht um die Bevorzugung von Biodeutschen, sondern um das Erreichen einer gerechteren Quote für Leute mit deutschem Pass, Staatsbürger mit Migrationshintergrund inbegriffen. Man kann das mit der Frauenquote vergleichen: Da wird das Übergewicht der Männer (nehmen wir mal 75% an) abgebaut und bis zum Erreichen der angestrebten Quote (50%) werden nur noch Frauen eingestellt. Die bisher beschäftigten Männer behalten natürlich ihre Stellen, so wie die bisher zur Tafel zugelassenen Ausländer ihre Zugangsberechtigung behalten. Würde man eine solche Regelung für Frauen rechtspopulistisch nennen?
@ Anna Hartl
Ich kann Ihnen nur zustimmen. Alle Politiker, die seit Jahren in der Regierungsverantwortung stehen, ob sie nun Merkel, Barley oder Lauterbach heißen, sollten, anstatt Ehrenamtliche abzuwatschen, sich lieber in die Ecke stellen und schämen für ihr Versagen bei der Versorgung der Armen unseres Landes.
(…)
Kommentar gelöscht und in den Thread über die Essener Tafel verschoben.
Gruß, Bronski
(…)
Kommentar gelöscht und in den Thread über die Essener Tafel verschoben.
Gruß, Bronski
@ all
Bitte diskutieren Sie an dieser Stelle nicht weiter über die Essener Tafel. Dazu werde ich im Lauf des Tages einen eigenen Thread eröffnen. Das Thema hier ist die Mittelmeergrenze, von der Ralf-Michael Lübbers sagt, sie sei die gefährlichste Grenze der Welt.
Es trägt meines Erachtens nichts aus, die lebensgefährliche Fahrt über das Mittelmeer als zentrale Folge des Neoliberalismus zu kritisieren. Dessen inzwischen inflationärer Gebrauch lässt nicht mehr erkennen, was letztlich damit gemeint ist. Selbst völlige Belanglosigkeiten werden mittlerweile als angeblich „neoliberal“ gebrandmarkt, bloß weil sie einem nicht in den eigenen Kram passen. Um das Phänomen der äußerst riskanten Überfahrt in seeuntüchtigen Booten wenigstens verstehen zu können, bedarf es demnach begrifflich einer Präzision, die sich nicht im Ungefähren verliert.
Die neoliberale Ideologie (manche sprechen auch von neoliberaler Religion) mit der Vergötterung einer völlig freien Marktwirtschaft trägt wesentlich zum Leiden der Menschen auch in den Armutsländern bei. So viel, daß man über sie diskutieren muß.
Zu Frau Hartl:
Klar ist das Heuchelei!
„Gebot der Menschlichkeit“; „Leben auf diesem Planeten menschlicher machen“;“Es passiert Schlimmes auf der Welt“: Ich bezweifle,dass allein aus dieser Perspektive das Thema „Migranten“ sachgemäß und nachhaltig angegangen werden kann.Ich würde mich als Grundgesetzdemokrat bezeichnen. Ich komme aus der hands-on Praxis – als ai-Mitarbeiter („urgent actions“-Briefe)und seit 2014 Ehrenamtlicher Migrantenhelfer mit ca. 10 Familien)und mit Dank-Urkunde von „Niedersachsen packt an“. Ich meine, dass es nützlich wäre, über Länder der Mittelmeerroute hinaus auch andere Herkunftsländer in den Blick zu nehmen.Meine Herkunftsländer: Albanien, Georgien,Kosovo,Montenegro,Pakistan,Serbien,Syrien,Ukraine.Georgien? Ukraine? Montenegro?… Mir sind erhebliche Bedenken gekommen.ich betreue, mit meiner Frau, nur noch eine 6köpfige Fam. aus Pak. Ich bin Journalist. Bei der („alten“) Frankfurter Rundschau wurde uns Volontären eingeprägt: „Position und Distanz“. Die Realisierung dieses Grundsatzes, hinsichtlich der Migranten, lässt m.E. bei vielen Medien zu wünschen übrig. Die Terminologie, in den Medien, in der Politik, ist verwirrend und irreführend. Die „bürokratischen“, aber notwendigen Verfahren, die gesetzlichen Grundlagen, scheinen auf wenig Interesse zu stoßen. Vor allem: es geht durchaus nicht um Flüchtlinge, auch nicht um Flüchtende. Es geht zunächst einmal um Migranten als Asylsuchende im Sinne von GG Art 16a und §3 AsylG. Ginge es um Flüchtlinge, so könnte man Migranten doch gleich an der Grenze die gewünschte „Gestattung“ u.d. Arbeitserlaubnis überreichen. Es geht um A n t r a g s t e l l e r. Auf Asyl. a-sylos heißt: frei von Beraubung (des Lebens.)Es geht, ganz nüchtern, zunächst einmal um „Ausländer“, „Schutzsuchende“, „Asylbewerber“ (AsylG) – oder eben einfach um Migranten. Diese hard facts, die gesetzlichen Grundlagen, die Verfahren, die „5 Verfolgungsgründe“ – Nation, Religion, Rasse, staatl. Verfolg., soziale Gruppe -, nach Genfer K., übernommen in AsylG, sind so gut wie unbekannt. Es gibt schlechterdings kein „Recht auf Asyl“. Es gibt dass Recht, einen A n t r a g auf Asyl zu stellen. GG Art. 16: nicht Asyl, sondern „Asylrecht“. Allg. Erklg. der Menschenrchte, Art. 14: „das Recht, Asyl zu suchen“ … (to s e e k asylum“). Erst wer als „Flüchtling“ anerkannt ist, erhält Asyl. Die Reihenfolge also: Migrant, dann möglicherweise Flüchtling, dann eventuell Asyl – oder nicht. Diese fundamentale Dreiheit geht regelmäßig unter – im immer noch weithin vorherrschenden schlicht unsachgemäßen Generalwillkommen. Der Begriff „Asyl“ ist nahezu unbrauchbar gemacht worden – von Medien, Politikern und manchen Helfern. Diese findet man häufig in einem vielfach mitredenden aber nicht sachkundigen Zeremonialverband namens „Kirche“. Das „Kirchenasyl“ ist schlicht GG-widrig. Die Orientierung am „Bunten Miteinander der Kulturen“ verdeckt – von den „Kirchen“ in falscher Komplizenschaft als „religiös“ tabuisierte – kulturelle Verhaltensweisen, die massiv GG-widrig sind. – Ich meine,aus der Praxis, dass nur eine strikte, schon an den Grenzen vorzunehmende Überprüfung u. Differenzierung nachhaltig allen Beteiligten nützt: 1. Asylsuchende (das können nach GGesetz n u r politisch Verfolgte im Sinne der Fünf Punkte der Genfer K. sein);2. Kriegsflüchtlinge („subsid. Schutz“); und 3. Einwanderer – und dafür brauchen wir dringend ein Einw.gesetz – „merit-based“ wie in Australien.- Ich halte es für notwendig, einmal auf diese hard facts hinzuweisen.Einwände – möglichst praxisfundiert – nehme ich dankbar entgegen.
@ Andreas Hermann:
Wir haben einiges gemeinsam. Amnesty international (bei mir vor allem Anti-Todesstrafe). Pro Asyl? Niedersachsen.
Sie sprechen von Gesetzen (Aslyrecht) und hard facts. „Es geht um A n t r a g s t e l l e r“, schreiben Sie.
Nein. Es geht um Menschen. Um leidende Menschen. Um vermeidbares Leid. Um Gesetze, die teilweise menschenverachtend sind. Die Drittstaatenregelung ist der Grund, warum ich 1993 aus der SPD ausgetreten bin.
Worauf es ankommt ist, vermeidbares Leiden zu vermindern. Und da gibt es unterschiedliche Ebenen. Eine davon ist zum Beispiel die Rettung von Menschen im Mittelmeer. Eine andere ein vernünftiges Asylrecht.
Viel wichtiger ist es aber, zu verhindern, daß Menschen überhaupt in diese große Not geraten.
Es gibt schreckliche totalitäre Folterregime, auf die man kaum Einfluss nehmen kann. Nordkorea ist so ein Land. Doch viel häufiger sind Staaten und staatliche Institutionen, die bei konsequentem guten Willen beeinflussbar sind.
Es liegt an uns, schreckliche Waffenexporte zu verhindern. Gegen so etwas müssen (und können) wir demonstrieren. Und Politiker abwählen, die so etwas forcieren.
Es liegt an uns, das Klima und die Biosphäre zu schützen oder aufzubrauchen. An jedem Einzelnen von uns, durch die Art, wie wir uns verhalten und was wir konsumieren. Jeden Tag auf’s Neue. Und durch unsere politischen Entscheidungen. Wir können Hunger vermeiden oder verursachen.
Es liegt an uns, eine Wirtschaftspolitik zu bekämpfen, die einige wenige sehr reich macht und viele arm und bitterarm. Oder die Augen davor zuzukneifen. Da wäre ich wieder bei meinem Thema Neoliberalismus. Ich halte den Neoliberalismus für extrem schädlich und gefährlich. Weil er- ziemlich erfolgreich – das Denken manipuliert.Weg von natürlicher angeborener Solidarität. Hin zu Egoismus, grenzenlose Konkurrenz und Menschenverachtung.
Es liegt an uns, die menschenverachtende Drittstaatenregelung abzuschaffen oder weiterhin Menschen in zwei oder drei Ländern zu „konzentrieren“ (ich wähle den Begriff absichtlich) mit unabsehbaren Folgen hinsichtlich Rechtspopulismus.
Grundsätzlich ist es übrignes richtig, auch auf europäische Asylsuchende hinzuweisen. So werden in einigen EU-Ländern Roma und Sinti unter aller Sau behandelt.