„Querdenker“: Wenn Gesetze nicht mehr verbindlich sind

Apropos postfaktisches Zeitalter … Sie wissen schon: Jede und jeder strickt sich seine und ihre Wahrheiten und entwickelt eigene Expertise, beispielsweise in Virologie, um von nun an nicht mehr auf Fachleute, die sich seit Jahrzehnten mit einem Thema beschäftigen, angewiesen zu sein und treffsichere Aussagen wie diese machen zu können: Es gibt kein Sars-CoV-2-Virus; Covid-19 ist eine Grippe, wahlweise auch nur höchstens so schlimm wie eine Grippe oder nicht mal das; man muss lediglich das körpereigene Immunsystem stärken, um die Infektion mit dem, was es nicht gibt, spielend zu überstehen; niemand könne beweisen, dass die bisherigen Todesopfer wirklich an Covid-19 und nicht mit Covid-19 gestorben seien; die Regierung habe die allgemeine Verunsicherung genutzt, um ein „Ermächtigungsgesetz“ zu erlassen, und wir haben jetzt eine Diktatur, Grundrechte werden massiv eingeschränkt; die „Systemmedien“ seien Lautsprecher der Regierungspolitik und schürten die allgemeine Angst, um die Menschen klein zu halten. Und und und.

Wer glaubt so was? Offenbar zahlreiche Menschen. Das ist nicht nur abzulesen an unzähligen derartiger Mails, die ich täglich bekomme, sondern auch an der Demo in Leipzig vom vergangenen Wochenende. Zehntausende gingen auf die Straße, ignorierten alle Schutzauflagen wie Abstandsregel und Maskenpflicht und verliehen ihrer Ansicht Ausdruck, dass sie – und mit ihnen wir alle – in unverhältnismäßiger Weise gemaßregelt würden. Der Schaden, den der aktuelle Teil-Lockdown in der Wirtschaft des Landes und in der Psyche der Menschen hinterlasse, sei wesentlich größer als der Nutzen dieser Maßnahmen. Diese Demo war ein Fiasko mit Ansage.

Leipzig QuerdenkerJa, wenn man das alles nur so genau wüsste, nicht wahr? Denn zu den Fakten gehört, dass niemand den Königsweg raus aus der Pandemie kennt. Außer jenen natürlich, aus deren Sicht es gar keine Pandemie gibt. Das Sterben auf den Intensivstationen fände ja sowieso statt. Klar, irgendwann stirbt jeder Mensch. Ob er oder sie bis dahin vielleicht noch ein paar schöne Jahre erlebt hätte, auf die ihm jetzt die Chance genommen ist – wen juckt’s? Sind ja nur irgendwelche alte Menschen. Und wegen denen soll ich auf meine Grundrechte verzichten?

Das verlangt nach einem scharfen Kommentar. Liebe Leute, manche Grundrechte wie die Versammlungsfreiheit sind allenfalls vorübergehend eingeschränkt, und zwar in einem Ausmaß, von dem wir vermutlich erst in ein paar Jahren genau wissen werden, ob es angemessen war. Es handelt sich um eine Vorsichtsmaßnahme! Um Prävention! Aus Solidarität mit Menschen in unserer Mitte, die eine Infektion vielleicht nicht überleben würden, die aber potenziell von jeder und jedem von uns angesteckt werden können! Diese Vorsichtsmaßnahmen wurden ergriffen, um ein anderes Grundrecht zu schützen: das Recht auf Leben! Es ist jeder und jedem Einzelnen von uns zuzumuten, dass wir auf andere Rücksicht nehmen und darum z.B. einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Dieses winzige Opfer, das wir gern erbringen sollten und nicht grummelnd und grimmig (oder auch gar nicht, wie die Demonstrierenden in Leipzig), kann Leben retten.

Und wer dafür nach Beweisen verlangt, dass dies zuverlässig gelingt, muss sich fragen lassen: Du brauchst Beweise, um dich vorsichtig und rücksichtsvoll zu verhalten? Tust du das in anderen Fällen aus anderen Gründen nicht auch ohne Beweise? Wenn du dich ins Auto setzt, schnallst du dich an. Das machst du, ohne dass der Beweis erbracht wäre, dass es dein Leben kosten wird, wenn du es nicht tust. Du machst es, weil es Gesetz ist. Was für ein schwerwiegender Eingriff in deine Bewegungsfreiheit zum Schutz deines Rechts auf körperliche Unversehrtheit! Oder du engagierst dich in Sachen Klimapolitik, denn die Zeichen der Zeit stehen deiner Meinung nach auf Klimawandel. Beweise gibt es dafür nicht, aber viele Indizien. Wenn du wartest, bis der Klimawandel endlich hieb- und stichfest wissenschaftlich bewiesen ist, wird es zu spät sein für dein Engagement, denn dann ist er Tatsache, und es lässt sich nichts mehr ändern. Capisci?

Übrigens: Solches Schmalspur-„Querdenken“ ist nicht auf Leipzig beschränkt. Auch in Frankfurt hat es Einzug gehalten. Und die Zahl der Menschen, die sich nicht in ihre persönlichen Freiheiten reinreden lassen wollen, scheint zu wachsen. Ich wage die Prognose: Je länger der Lockdown dauern wird, desto ungeduldiger werden die Menschen. Insbesondere viele junge Menschen, die in ihrer Entfaltung – Stichwort Kontaktpflege, man muss nicht gleich leicht abwertend vom „Feiern“ sprechen – schwer eingeschränkt sind. Was ebenfalls ein Fakt und schwer erträglich ist. In Frankfurt gab es nicht nur Auseinandersetzungen wegen einer „Querdenker“-Demo, die ohne Maskenpflicht genehmigt wurde. Auch die Verhältnisse am Hafenpark stehen in der Kritik, wo junge Leute sich nahe kommen.

fr-debatteEs steht Höheres auf dem Spiel

Auch in Sachsen gelten die mit Wirkung vom 2. November verschärften Corona-Schutzmaßnahmen. Sie wurden verschärft, weil die Infektionen drastisch angestiegen und nicht mehr kontrollierbar waren. Auch die Zahl der Schwererkrankten, die auf Intensivstationen behandelt werden müssen, stieg rapide an, zudem forderte die Seuche täglich weitere Todesopfer. Am Ende der Infektionskette stehen Ältere und Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen; am Anfang aber Leichtsinnige, die ohne Risiko- und Verantwortungsbewusstsein das Virus übertragen, ohne selbst Symptome zu zeigen (über mögliche Spätfolgen für Jüngere lässt sich derzeit nichts aussagen).
Da sich Covid-19 durch Kontakte von Mensch zu Mensch überträgt und sich im ersten „Lockdown“ gezeigt hatte, dass Kontaktreduzierungen in besonders gefährdeten Bereichen zu einer deutlichen Abnahme der Infektionen führte, blieben Bundesregierung und Länderregierungen nur dieses eine Mittel der Wahl. Dass vor allem Gastronomie und Kulturveranstalter erneut von diesen Schritten einschneidend betroffen sind, liegt an ihrer wesentlichen Eigenschaft: Sie sind Sammelplätze und nicht nur theoretisch, sondern auch real Infektionsherde. Dagegen helfen nur in wenigen Fällen so genannte Hygienekonzepte. Den meisten Gaststätten mangelt es an Fläche und Höhe sowie an getrennten Be- und Entlüftungsanlagen. Vielfach wurden auch die Abstandsgebote nur nachlässig angewandt.
Und auch die Kultureinrichtungen erweisen sich nicht immer als geeignet. In der Frankfurter Theaterdoppelanlage ist zwar Platz, um ein Viertel der üblichen Zuschauer mit notwendigen Abständen unterbringen zu können. Aber Be- und Entlüftung sind seit Jahren defekt (Immobilienspekulanten und ihre Vertreter in Stadtparlament und Magistrat setzen auf Abriss und Neubau von Schauspiel und Oper) und können mangels Ersatzteilen nicht mehr repariert werden.
Ja, diese Maßnahmen sind lästig, aber es steht Höheres auf dem Spiel als das individuelle Amüsement. Deswegen habe ich kein Verständnis für Rücksichtslose, die meine Gesundheit und mein Leben aufs Spiel setzen. Selbstverständlich darf man gegen ein Gesetz bzw. eine Verwaltungsanordnung protestieren und demonstrieren, aber man darf es bzw. sie nicht selbst außer Kraft setzen, also die AHA-Regeln als für sich nicht verbindlich erklären.
Letzteres war durch die „Querdenker“-Aktion in Leipzig zu erwarten, nachdem ähnliche Aufmärsche in Berlin, Stuttgart oder München bereits eskaliert waren. Und es musste auch damit gerechnet werden, dass auch diese Demonstration Rechtsextremisten und Schlägertruppen anziehen würde. Außerdem ist nachweisbar, dass sich „Querdenken“ längst selbst zu einer verfassungsfeindlichen Organisation entwickelt hat, die sämtliche Merkmale des Straftatbestands der Volksverhetzung erfüllt. Nämlich Verstöße gegen die Menschenwürde und den öffentlichen Frieden sowie die Verharmlosung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, insbesondere die des Nationalsozialismus. Diese kriminellen Akte werden durchweg nicht von der grundgesetzlich garantierten Meinungsfreiheit gedeckt.
Die Demonstration in Leipzig lief, wie es zu erwarten war, nicht nur aus dem Ruder; sie war von vornherein als Gewaltaktion gegen Gesundheit und Leben sowie gegen Polizei und Presse geplant. Warum die Leitung der Polizei keine Wasserwerfer eingesetzt hat, erschließt sich mir nicht. Da entsteht der Verdacht, dass es in Sachsen darauf ankommt, wer das Recht bricht. Der blau-braune Plebs scheint bevorzugt zu werden.
Den beteiligten Richtern des sächsischen Oberverwaltungsgerichts in Bautzen hätte die Gesamtlage bewusst sein müssen, als sie diese Großdemonstration in der Leipziger Innenstadt genehmigten. Sie setzen sich mit ihrer Entscheidung dem Verdacht aus, das Recht gebeugt zu haben (§ 339 Strafgesetzbuch). Und ich frage mich, was in Sachsen vielleicht noch alles möglich wird. Naheliegend wäre ein Marsch mit der Forderung der Euthanasie für Corona-Schwersterkrankte. Vielleicht eine Demonstration für die Freigabe von Kinderpornografie? Oder ein Aufmarsch der Immobilienhaie für die Straffreiheit von gewaltsamer Entmietung?

Klaus Philipp Mertens, Frankfurt

fr-debatteWie man der Polizei zu Respekt verhelfen könnte

Bei der Anmeldung von Demonstrationen / Kundgebungen, bei denen mit gewaltätigen Ausschreitungen zu rechnen ist, muss der Anmelder eine Sicherheitsleistung von 50 000 Euro pro angemeldeter Teilnehmer hinterlegen. Sollten die Teilnehmer gegen die Corona-Richtlinien verstossen gehören die Veranstaltungen mittels Desinfektions-Wasserwerfer aufgelöst und alle Beteiligten für eine zweiwöchige Quarantäne in ein Stadion oder Messehalle eingeschlossen werden. Nur so kann die Polizei den verlorenen Respekt in der Bevölkerung wieder herstellen.
Bis jetzt hat sich die Polizei als zahnloser Tiger nur lächerlich gemacht.

Karl-Heinz Rott, Frankfurt

fr-debatte

Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass eine „Querdenker“-Demonstration wie in Leipzig genehmigt werden konnte!? Und das bei dieser Größenordnung! Zum Schluss kriegt die Polizei die krassen Zustände auf der Straße wieder um die Ohren gehauen.
„Die Vernunft geht bankrott“ (Jan Sternberg-Kommentar), das wird kraft der Pandemie-Leugner und neuen „Freiheitsdenker“ weiter vorangetrieben.
Bei einer „Querdenker“-Kundgebung in Wiesbaden etwa reden Leute beim Mund-Nasen-Schutz von „Sklavenmaske“ und unterlaufen ständig die von der Versammlungsbehörde verfügten Auflagen. Ein Redner spricht allen Ernstes von der Errichtung „eines modernen Konzentrationslagers“! Ja, geht’s noch?
Es ist wirklich zum Verrückt-werden, mit welch einem Verständnis von Freiheit, diese „Querdenker“ und Ignoranten auf die Straße gehen und jegliches Maß an Gemeinsinn und Menschenverstand zum Teufel jagen! Jeder Obdachlose auf der Straße lebend kommt mit der Corona-Krise besser zurecht als all die wohlfeilen Kritiker in ihrem sicheren Zuhause. Da kann man ruhig mal drüber nachdenken!

Jürgen Malyssek, Wiesbaden

fr-debatte

 

Verwandte Themen

26 Kommentare zu “„Querdenker“: Wenn Gesetze nicht mehr verbindlich sind

  1. Warum dürfen zigtausend Menschen, von Gerichten erlaubt und von der Polizei eskortiert, meist ohne Maske und Abstand, teils randalierend ( ich glaube das heist Demonstration ) so durch die Straßen ziehen; während z.B. Gartenlokale- die in der Regel weniger Polizei benötigen- schlißen müssen?
    Ich beantrage eine Demonstration für die Öffnung meiner Stammkneipe, mit Maske und Abstand, durstig statt randalierend, und ohne Polizeipräsenz.

  2. Die Triage ist wohl in einigen unserer Nachbarländern inzwischen ein Thema. Bei Maybritt Illner am Donnerstag habe ich den Satz in Erinnerung das es in Schweden auf den Intensivstationen keine Patienten mehr über 80 gibt. Ich hoffe immer noch ich habe das irgendwie falsch verstanden. Das was gestern Kurz über Österreich erzählt hat hört sich auch nicht gut an und besonders hart hat es wieder einmal Frankreich, Italien, Spanien und Belgien getroffen. Die beiden in der Talkshow anwesenden Ministerpräsidenten: innen haben sich beide geweigert zu diesem Thema was zu sagen außer das die Triage in D. verhindert wird. Gleichzeitig finden in D. Anticoronademos statt. Wobei die Polizei wohl Leipzig nicht mehr zugelassen hätte. Weder der Herbst noch der Winter haben bisher so richtig begonnen, dem Klimawandel sein dank. Wie soll das weiter gehen?

  3. Es ist schade was in dem Kommentar von Marina Kormbaki heute steht. Ich zitiere: Die vor zwei Wochen verschärften Einschränkungen konnten den Anstieg der Infektionszahlen verlangsamen aber nicht stoppen.
    Es wäre ein Wunder gewesen wenn Einschränkungen die ihre Wirkung noch nicht aus zeitlichen Gründen gezeigt haben das gekonnt hätten. Wenn man die Leser informieren will sollte dieses Grundwissen eigentlich vorhanden sein. Sonst ist es nicht verwunderlich das alle durcheinander reden.

  4. Ich schätze die Beiträge von Klaus Philipp Mertens wegen ihres Kenntnisreichtums seit Jahren. Sein Beitrag vom 13.11.20 aber hat mich entsetzt. Er unterstellt den Querdenkern, sie wollten bei nächster Gelegenheit „die Forderung nach Euthanasie für Corona-Schwerstkranke“ erheben als „der blau-braune Plebs“. Er benutzt die verschleiernde Sprachregelung der Nazis statt korrekt von „Krankenmorden“ zu schreiben, die er den Querdenkern nicht anhängen kann, denn sie fordern kein neues Grafeneck. Mit diesem maßlosen Gebrauch von Nazisprache gegenüber Masken Verweigernden verharmlost er Naziverbrechen und begeht Volksverhetzung, was er beides den Querdenkern vorwirft. Was „Euthanasie“ mit „Corona-Schwerstkranken“ zu tun hat, wird auf S. 3 der FR vom 13.11.20 deutlich, wo ein „Mann in den Sechzigern“ zitiert wird mit der Bitte: „Lasst ihr mich jetzt endlich sterben?“ Das selbstbestimmte Sterben wurde anfangs 2020 von Bundesverfassungsgericht als Grundrecht verteidigt gegen Jens Spahn, der weiterhin verfassungswidrig die ihm unterstellten Behörden anweist, den Sterbewilligen die entsprechenden Medikamente zu verweigern. Die von diesem Jens Spahn und anderen an Parlamenten vorbei erlassenen Verordnungen wie die „AHA-Regeln“ nennt Mertens fälschlich „Gesetze“, die niemand „selbst außer Kraft setzen“ darf, obwohl viele dieser Verordnungen von einzelnen Klägern per Gericht gekippt wurden. Er selbst weigert sich, das Bautzener Urteil anzuerkennen und versteigt sich zum Vorwurf der Rechtsbeugung, weil das Gericht das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit verteidigt. Den im Freien Masken Verweigernden die Schuld am Tod von Vulnerablen zu geben, wirkt absurd, wo erst jetzt nach mehr als acht Monaten die Regierenden beginnen, FFP2-Masken an Gefährdete auszugeben. Hier wäre unterlassene Hilfeleistung anzuprangern, bevor man beim Verzicht auf Masken im Freien die Keule „Euthanasie“ schwingt.

  5. Seit Beginn der Corona-Epidemie sehen und lesen wir in der FR-Stadtredaktion über das verantwortungslose Getümmel Jugendlicher im Hafenpark. Wohin denn sonst mit dem Bewegungs- und Begegnungsdrang? Sollte die FR in die Nachfolge der 68er-Jahre-FAZ als „Weltmeisterin im Händeringen“ angesichts der heutigen Jugend eingetreten sein? Es gibt doch drei Ebenen: die Realität der Viren und Aerosole, die amtlichen Vorschriften und deren Ignorieren oder das Aufbegehren dagegen.
    Die Realität der Viren ist, dass sie sich im Freien bei einigermaßen stetigem Wind rasch verteilen. Dass sie aber lang anhaltendes und dichtes Gedränge in schlecht gelüfteten Diskos, Kneipen, Heimen und Privaträumen gerne nutzen, um gegebenenfalls in hoher Viruskonzentration eingeatmet zu werden
    Die Vorschriften sehen einen Abstand von 1,5 Metern vor. Der ist für im Freien stehende oder sitzende Maskierte situationsgerecht, für bewegte SportlerInnen und SpielerInnen draußen auch ohne Maske übertrieben. In geschlossenen Räumen ist 1,5 Meter Abstand auf Dauer ohne Luftfilter und – wegen Kälte – zu sparsamer Lüftung aber zu riskant, wie wir an den steigenden Infektionszahlen ablesen können. In größeren Hallen mit gutem 100-Prozent-Luftaustausch und HEPA-13-Partikelfiltern ist Bewegung dagegen fast risikolos, Sitzen mit Abstand und Maske wohl auch. Also wäre es doch wichtig, für die unterschiedlichen räumlichen und Lüftungs-Gegebenheiten jeweils virus-spezifische Abstandsregeln festzulegen und zu überwachen. Und dass HeimbewohnerInnen so oft wie möglich beaufsichtigt mit Abstand und Maske ins Freie gelassen würden.
    Zur Vermeidung des Aufbegehrens gegen Vorschriften wäre es auch wichtig, dass die FR reale Ansteckungsgefahren und ihre Vermeidung recherchiert.
    Dann würden sich die vorschriftstreuen LeserInnen nicht auf die riskanten Abstandsregeln in schlecht belüfteten Räumen verlassen und die unfolgsamen Jugendlichen sich im Freien nicht so bevormundet, kontrolliert und in heimliche Räume verdrängt fühlen. Das würde sowohl die Sicherheit der Folgsamen als auch die Vorsichtsregel-Akzeptanz der Aufmüpfigen erhöhen. Nicht je folgsamer, sondern je realistischer wir uns verhalten, desto weniger stecken wir uns und Andere an.

  6. Liebes FR-Team! Lasst uns die ehemals positive Bedeutung des „Querdenkens“ doch bitte schützen. Machen wir doch aus den „Querdenkern“ einfach „Schrägdenker“.

  7. Warum dürfen zigtausend Menschen, von Gerichten erlaubt und von der Polizei eskortiert, meist ohne Maske und Abstand, teils randalierend (ich glaube, das heißt Demonstration ) so durch die Straßen ziehen; während z.B. Gartenlokale- die in der Regel weniger Polizei benötigen- schlißen müssen?
    Ich beantrage eine Demonstration für die Öffnung meiner Stammkneipe, mit Maske und Abstand, durstig statt randalierend, und ohne Polizeipräsens.

  8. So so, Herr Beuth. Die „Ausschreitungen“ am Wochenende in Frankfurt waren also nicht gut. Da gebe ich Ihnen sogar recht. Aber jetzt wieder diese Forderung aus der Kiste zu holen, dass jeder „Angriff“ auf Polizeibeamte automatisch mindestens sechs Monate Knast bedeutet, ist ein Angriff auf die Demokratie. Zumindest so lange, wie Polizeibeamte sich bei jedem Fall von Polizeigewalt gegenseitig decken und Gegenanzeige stellen, um das Opfer zu diskreditieren.
    So lange, wie Polizisten grundlos auf Demonstranten einprügeln und ein zur Abwehr gehobener Arm als „Angriff“ gewertet wird. So lange, wie kein Polizist befürchten muss, von seinen Kollegen verraten zu werden aus falsch verstandenem Korpsgeist. Denn solange werden sich viele nicht mehr trauen, auf Demonstrationen zu gehen, eindeutig willkürlichen Polizeimaßnahmen zu widersprechen oder gar Anzeige gegen übergriffige Beamte zu stellen. Weil man fürchten muss, in den Knast zu gehen und sich sein Leben zu ruinieren.

  9. In der Grundschule wird Schwimmen gelehrt: keine Einschränkung der Freiheit, obwohl tausende Liter Wasser geschluckt werden. Es eröffnet viel mehr die Freiheit, sich im Notfall schwimmend zu retten. Maske und Abstand, konsequent durchgehalten, hätten mir wahrscheinlich die Freiheit erhalten, nach Teneriffa zu reisen. Jetzt brauche ich einen kurzfristigen Test, den ich in diesem Landesteil ohne Symptome kaum bekommen kann.
    Die Gefahren von Corona sind evident, ein Blick auf Statistiken oder Intensivstationen genügt. Wenn man quer-„denkt“, um auf Demonstrationen zu tausenden Maske und Abstand zu verweigern, geht es nicht mehr um Argumente, nein, je abstruser die Begründung, desto besser: Bill Gates will das Kinderblut der von ihm Geimpften aus ihren Masken trinken usw.
    Den Queren ist die Covid-Gefahr durchaus bewusst, sie spielen damit. Zwar auch mit der eigenen Gesundheit, die sie für das Spiel ignorieren, bewusst und absichtlich aber mit der der anderen. Darin steckt die gleiche Verachtung (fremden!) Lebens, die in rechter Gesinnung zum Ausdruck kommt: Was stört seine Vernichtung, ist sie nicht notwendig, für „Hater“ sogar erfreulich? In der aktuellen Form dieser Haltung, der Massendemonstration, ebenso in öffentlichen Verkehrsmitteln zu beobachten, ist das reines Mobbing: Die Androhung oder das Antun eines empfindlichen Übels, hier die absichtliche Herbeiführung eines Superspreadings, während das Mobbingopfer, die ganze Gesellschaft, hübsch hilflos und wütend zuschauen muss. Mit Hilfe (in diesem Falle) einer Schwäche, des Demonstrationsrechts, können Millionen in Geiselhaft genommen werden, das wird erbarmungslos genutzt, mit der typischen Häme sadistischer Täter.
    Nach meiner beruflichen Erfahrung lässt sich Mobbing durchaus mit sozialem Appell bekämpfen: Wertschätzung für Täter, wenn sie ihr abstruses, asoziales Verhalten einstellen und dem Opfer Empathie zeigen. Wenn das aber misslingt, ist Härte angezeigt: 15000 Demonstranten? Schön, aber mit Namen und Adresse und keiner mehr. Ich habe meine Adresse bei Kleinveranstaltungen mit vollkommen disziplinierter Teilnehmerschaft auch angeben müssen. Fotos vom Balkon, und wer die Regeln bewusst missachtet: dreißig Tagessätze.
    Selbstverständlich sollte ein verschärfter Strafrahmen in einer Demokratie vom Parlament beschlossen, nicht von der Regierung verordnet werden. Und es geht nicht um den, der verzweifelt rennend den Bus noch erreicht und erst nach dem Einsteigen die Maske rausholt. Es geht darum, das Mobbing an uns allen zu stoppen.
    Demonstrationen unter den genannten Bedingungen könnten durchaus wieder Argumente zur Diskussion stellen: Ist es z.B. – mit oder ohne Maske – produktiv, Kinder 6-7 Stunden im Klassenverband zu unterrichten? Wäre es nicht besser, jeder und jedem Grundfertigkeiten ernsthaft beizubringen: Lesen, Schreiben, Rechnen, Recherchieren, Präsentieren, und anschließend Lernprozesse viel stärker zu individualisieren? Sind PC und Internet zukünftige Allheilmittel oder dazu nur praktische Hilfen?

  10. @ Friedrich Gehring

    Lieber Herr Gehring, im letzten Absatz meiner Zuschrift kritisiere ich das Sächsische Oberverwaltungsgericht, weil es eine Demonstration von Corona-Leugnern ausschließlich nach formalen Gründen genehmigte. Und ich mutmaßte, dass es bei Klagen auf Zulassung einer Demo zur Legalisierung von Euthanasie (in jedem Sinn des belasteten Begriffs) möglicherweise ähnlich urteilen würde, nämlich ohne nach deren ethischer Rechtfertigung zu fragen.
    Hierin sehe ich eine Bedrohung der Rechtsordnung. Denn auch die grundgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit bedeutet nicht, dass jeder gefährliche Unsinn proklamiert werden darf. Andernfalls müsste jeder Strafantrag wegen des Verdachts auf Beleidigung oder übler Nachrede von den Staatsanwaltschaften nicht angenommen werden. Allerdings gibt es die Tendenz, Anzeigen gegen Rassisten und andere Unmenschen nicht gemäß § 130 Strafgesetzbuch (Volksverhetzung) zu verfolgen, sondern „nur“ wegen Beleidigung. Der erwähnte Paragraph wurde zwar vor fünf Jahren geändert, aber seine langjährige allzu formale Betrachtung durch Staatsanwaltschaften und Gerichte erscheint mir ungebrochen zu sein.

    Im Gegensatz zu einigen Politikern, die selbst angesichts einer hochgefährlichen Infektionskrankheit Verständnis für „besorgte“ Bürger äußern, die Verschwörungsideologen auf den Leim gehen, kann ich weder „Querdenkern“ noch ihren Brüdern und Schwestern im Geiste, den Rechtsradikalen, Verständnis entgegenbringen. Denn sie propagieren Rücksichtslosigkeit zu Lasten jener, die sich nicht (mehr) wehren können. Deswegen halte ich eine Kategorisierung wie „blau-brauner Plebs“ für geboten. Manchmal besteht die Notwendigkeit, so zu reden, dass sich das Volk darüber entsetzt (siehe Matthäus 7, Vers 28).

    Freundliche Grüße

  11. @ Klaus Philipp Mertens

    Auch wenn ich die Leserbriefe und Kommentare von Friedrich Gehring normalerweise gutheiße, scheint er Ihren Leserbrief missverstanden zu haben.

    Denn Ihrem Kommentar kann ich nur vorbehaltlos beipflichten, wenn Sie die „Querdenker“-Demo in Leipzig mit „blau-brauner pleps“ bezeichnen. Denn bsiher haben die „Querdenker“ es nicht vermocht, sich von den an ihren Aktionen regelmäßig beteiligten Neonazis zu distanzieren. Auch wenn ich die „Argumente“ der „Querdenker“ auf keinen Fall teile, würden sie sich bei einer klaren Abgrenzung gegenüber den Rechten zumindest in ein positiveres Licht als bisher rücken.

    Und keinesfalls zu akzeptieren ist deren Rechtfertigungsversuch, in Leipzig die Abstände nicht eingehalten zu haben, weil die Platzverhältnisse es nicht zugelassen hätten. In diesem Fall wäre es Aufgabe der Versammlungsleitung gewesen, die Demo bzw. Kundgebebung aus Sicherheitsgründen aufzulösen.

    Auch das sächsische OVG hat völlig versagt, wenn es das Grundrecht der Versammlungsfreiheit über das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit gestellt hat. Wenn es eine gewisse Anzahl von Demonstranten zuließ, hätte es zum Einen aufgrund bisheriger Veranstaltungen wissen müssen, dass diese Anzahl überschritten würde, zum Anderen hätte es seine Entscheidung zumindestmit der Auflage verbinden müssen, eine gewisse Anzahl nicht überschreiten zu lassen.

    Aber die sächsische Rechtsprechung ist leider auch dafür bekannt, auf dem rechten Auge blind zu sein.

  12. Bei aller Liebe und Rechtslag von Versammmlungsfreiheit, die Demos und Auftritte der „Querdenker“ (welch ein Euphemismus!)kann ich nicht nachvollziehen und akzeptieren. Die Entscheidung aus Bautzen ist voll daneben gegangen.

    „Manchmal besteht die Notwendigkeit, so zu reden, dass sich das Volk darüber entsetzt.“

    Das will ich gerne unterstreichen!

  13. Hinsichtlich der jüngsten Vorfälle in Leipzig ist es für mich nicht fassbar, dass die Frankfurter Polizei Wasserwerfer gegen Teilnehmer*Innen einer Demonstration einsetzt, die sich gegen Verschwörungstheoretiker und für Aufklärung einsetzt, auch wenn die Gegendemo die Querdenker blockieren wollte.
    Leider mischen sich unter die sog. Querdenker immer wieder nachweislich bekannte rechtsradikale Gruppierungen, die durchaus auch Mitglieder der sog. Identitären Bewegung aufweisen. Genau diese Gruppierungen setzen sich sicher nicht für die Demokratie ein, wenn Sie an die Macht kämen, wie die Vergangenheit gezeigt hat.
    Dass die Frankfurter Polizei also gegen diejenigen vorgeht, die sich solchen Gruppierungen entgegensetzen, zeigt m.E. einmal mehr auf, dass auch die Polizei nicht frei von entsprechenden Sympathisanten zu sein scheint. Anders ist mir dieser Wasserwerfereinsatz gegen die Gegendemo nicht erklärbar – verhältnismäßig war er definitiv nicht. Rechte Strukturen in der Polizei waren in der jüngsten Vergangenheit immer wieder Thema in den Medien. Auch wenn Minister Seehofer das nicht will – es braucht hier endlich eine Untersuchungskommission, entsprechende Vorfälle häufen sich ja durchaus im Moment.
    Es bleibt dabei: Wehrtet den Anfängen, nie wieder Faschismus – auch keine Tendenzen dahin in diesem Land. Deshalb muss es immer wieder Widerstand dagegen geben, Damit die Demokratie gewahrt wird.
    Natürlich bin auch ich dafür, dass das Demonstrationsrecht bestehen bleibt, aber eben nicht für Gruppierungen mit rechtsradikalen/faschistischen Tendenzen! Als Lektüre möchte ich hier gerne das Buch von Wilhelm Heitmeyer „Rechte Bedrohungsallianzen“ (Suhrkamp-Verlag) empfehlen. Infos zu dem Buch finden sich hier https://www.suhrkamp.de/buecher/rechte_bedrohungsallianzen-wilhelm_heitmeyer_12748.html
    Allerdings muss auch die Bundesregierung die Verhältnismäßigkeit der Mittel wahren und dies scheint für viele Bürger*Innen zur Zeit offensichtlich nicht der Fall zu sein, da die „Corona-Anordnungen“ zum Teil nicht nachvollziehbar bzw. widersprüchlich erscheinen.
    Es gibt hierzu ja auch zahlreiche Diskussionsbeiträge in den Medien.

  14. Thomas Stillbauer hat absolut recht: Es kann nicht sein, dass engagierte Menschen in der Stadt, die sich gegen hysterisch verblendete Querdenker öffentlich zur Wehr setzen, wie Aufrührer und Staatsfeinde behandelt werden. Wasserwerfer gegen jene, die sich Ignoranz und egomanem Starrsinn entgegensetzen, sind ganz und gar nicht gerechtfertigt. Die Polizei scheint schlecht beraten, wenn sie in geplanter Aktion auftritt und Angst und Schrecken verbreitet. Ich jedenfalls möchte nicht mit Hochdruck von der Szene weggespült, mit derber Gewalt an den Rand gedrängt und wie ein lästiger Widersacher vertrieben werden. Und ich frage mich, was ist hier eigentlich noch systemrelevant und gesellschaftlich wertvoll? Wohl nicht diejenigen, die mit gesundem Menschenverstand unterwegs sind, die offensichtlich bestraft und vor aller Augen wie lästige Störenfriede bekämpft werden. Aber wer stört hier eigentlich? Der wütende Aufkreischer mit Anspruchshaltung oder der Mäßiger, der sich nicht von Verschwörungsgeschwafel und Fake-Geraune umnachten lässt? Der letzte Eindruck: Hier wurde von fragwürdigen Figuren in schwieriger Zeit ein ganz schlechtes Zeichen gesetzt, das ganz sicher nicht dazu beitragen wird, der Krise mit klarem Verstand und Weitblick zu begegnen. Was die Querdenkenden am 14. November veranstaltet haben, war alles andere als hilfreich und nur kontraproduktiv. Auf ein Einsehen für die Zukunft ist dennoch zu hoffen. Und vielleicht auch bei der Polizei.

  15. Wenn ich noch Mal jemanden aus den Reihen der „Verqueren“ schreien höre „wir sind das Volk“ fange ich zu brüllen an. Dieses gemessen an der Gesamtbevölkerung kleine Teilchen an Krawallmachern will es einfach nicht kapieren, dass ihre zum Teil völlig absurden Gedanken nicht die Mehrheit wiederspiegeln und auch diese Teil dieses Volkes sind.
    Denken kann man vieles, ob es mit der Wirklichkeit vereinbar ist, steht auf einem ganz anderen Blatt. Weshalb glauben sämtliche Spinner*innen der Nation, dass sie die Wahrheit gepachtet hätten? Weil sie sich vernetzen können und noch ein paar andere Schrägdenker gefunden haben?
    Ich fasse es einfach nicht, wie man sich soweit in Richtung wahnhafte Vorstellungen begeben kann!
    Das Bild der Frau mit dem Kreuz wird wohl um die Welt gehen, als wuerde im Bundestag der Antichrist sitzen. Gruß an Herrn Söder!

  16. Herr Beust und Herr Frank können sich offenbar – in trauter Gemeinschaft mit Herrn Seehofer – immer noch nicht befreien von der Generalfreisprechung für jedwedes miese Verhalten „ihrer“ Polizisten! Egal was die Zeugen berichten –und mögen es noch soviele und glaubwürdige sein–: Die Polizei, die Polizei hat immer recht!
    Was neben der Gewaltanwendung sowie herabsetzenden und verächtlichen Sprache gegenüber den beiden Fotografen noch mehr erschreckt, ist die offensichtlich ungleiche „Behandlung“ der beiden Demonstrationen: Prügel und Wasserwerfer gegen Demokraten, Gewährenlassen gegenüber Rechten! Und dafür gebührt also den Polizisten Anerkennung, Dank und Respekt von Seiten des Ordnungsdezernenten?

  17. Mehr als ein fatales Signal ist der Wasserwerfereinsatz gegen die Menschen, die sich den „Querdenkern“ in den Weg stellten. Im Strahl der Wasserwerfer ist auch eine Fahne der Vereinigung der Antifaschisten zu sehen. Diese Menschen nahmen das Risiko der Ansteckung durch „Querdenker“ in Kauf und wurden dafür noch von der Polizei in die Mangel genommen. Unfassbar für unseren demokratischen Staat.

  18. Die Meldung und Bilder kommen nicht aus Russland, China, nicht einmal aus Belarus. In Berlin, vor dem Reichstag spielt es sich ab. Brutalste Einsätze gibt es natürlich in diesem Lande nicht und das Wasser regnet auch nur. Brutal geht es nur zu, wenn gegen die Herrscher der Welt in Hamburg demonstriert wird, in Connewitz oder zu 1. Mai- Demos der Antifa. Bilder gibt es dann weniger. Corona-Demos machen aber zunehmend Sorgen in der Regierungszentrale. Berlin und Länderchefs sehen rat- und hilflos aus, haben jede Verständigung zur Bevölkerung verloren. Bevölkerung, die täglich aus dem Munde zahlloser wichtiger Verantwortlicher von Bund und Ländern hören dürfen, wie unantastbar Grundgesetz, Grundrechte und jedes einzelnen Freiheit ist, erleben und erfahren, das als Fassade und leere Phrasen. Es ist ihr nie anders vermittelt worden: Hier Freiheit und Demokratie, dort Diktaur und Unterdrückung. Wie sollte sich Bevölkerung den Kampf gegen Corona wie in China wünschen? Genug Schreckensberichte durften sie vernehmen. Solche Erfolge gegen Corona sind der Schreckensherrschaft zugeschrieben. Also wehren sie sich gegen ihre Regierenden, die ihre „Freiheit“ infrage stellen. Dazu wachsende Ängste, Sorgen um die eigne Existenz, Zukunft und Gesundheit, das ergibt Bild und Ton der Straße. Einsicht, Vernunft, Verständnis kann von den Oberen nicht mehr erlangt und erwartet werden als diese ihnen selbst vorleben und täglich erweisen. Nur zu begreiflich, wenn Rattenfänger jeder Art sich das zu nutze machen.

  19. Appell an alle Corona-Leugner:innen, die hundertprozentig von ihrer lautstark demonstrierten Meinung überzeugt sind: itte lehnt in einer Patientenverfügung konsequent jegliche medizinische Behandlung ab im Falle einer Corona-Infektion (die ja nicht eintreten kann). Dies würde die Lage in den Kliniken und Intensivstationen etwas entschärfen und so der mehrheitlich besorgten Bevölkerung zugute kommen.

  20. Um zu diesem Artikel etwas zu schreiben, musste ich wirklich erst einmal tief durchatmen und hatte schon überlegt, es zu lassen. Die Leserbriefe von heute, 18.11.2020 haben mir aber deutlich gemacht, wie wichtig in der heutigen Zeit ausgleichende Meinungsäußerungen sind. Meine erste Reaktion auf den Artikel war nämlich, dass ich nicht gedacht hätte, es erleben zu müssen, in einer sich ja wohl selbst als liberal verstehenden Zeitung – die ich auch noch abonniert habe – quasi Aufrufe zur Eindampfung des Demonstrationsrecht auf der Titelseite ! zu lesen.
    Alle, die jetzt meinen, sich immer mehr über Querdenken Demonstrationen aufmandeln zu müssen, sollten ggf. einmal von ihren Bäumen herunterkommen und die Dinge bei Licht betrachten. Und da wundert es schon, wenn Demonstationen der „Vernünftigen“ gegen Demonstrationen der „Unvernünftigen“ gestellt werden. Wenn solche Überlegungen erst einmal Raum greifen, sind die bürgelichen Freiheitsrechte schnell dahin, denn – wer hat dafür die Definitionsmacht? Sie schreiben selbst, die Demonstrationsfreiheit ist ein hohes Gut, so dass alle demonstrieren dürfen, solange es nicht gegen die Verfassung verstösst. Soweit ich weiss, ist das Infektionsschutzgesetzt und insbesondere nicht die aufgrund dessen erlassenen Hygieneregeln neuerdings das Grundgesetz. Ob es „offensichtlich falsch und gesundheitsgefährdend“ ist, wie sie schreiben, wenn in einer Demonstration nicht alle Teilnehmer eine Maske tragen, ist ja gerade das, worum von diesen gestritten wird. Die Maskenpflicht mag man dem Grunde nach beurteilen, wie man will, dass eine Maske an der frischen Luft überhaupt sinnstiftend ist, darf man hinterfragen, denn an der Einschätzung, dass es für eine Ansteckung eines ca. 15 mintigen Kontaktes mit einer infizierten! Person bedarf, bei gleichzeitiger Unterschreitung des Abstandes von 1,50 m, hat sich meines Wissens nichts geändert, auf dieser Basis funktoniert schließlich die corona Warnapp. Solange man einen Demonstrationszug nicht permanent anhält, gehen Menschen bei Demonstrationen eigentlich immer in diesen Abständen. Dieses permanente Insinuiren, dass dort Menschen auf Kosten des Lebens anderer (Zitat: koste es, was es wolle – und wen es wolle) ihre Freiheitsrechte ausüben, ist zum einen selbstgerecht, da Sie ja anscheinend zu wissen glauben, was richtig ist, zum anderen aufputschend. Und nein, es ist keine anerkennenswerte Leistung, einen Demonstationszug durch Gegendemonstationen zum Erliegen zu bringen, sondern schnöde der fehlende Respekt vor dem Recht anderer. Und ja, wir hatten in diesem Land immer wieder Zeiten, in denen die Vernünftigen in der Minderheit waren. Da braucht man gar nicht in die Zeit gehen, auf die der Artikel wohl anspielt. Nehmen Sie allein die 68 er Studentenprosteste, die Friedensdemonstrationen gegen Aufrüstung, die Anti-Atomkraft Bewegung, die Klimademonstationen, Anti-TTIP u.s.w. Es sind immer erst einige, die sich anfeinden lassen müssen, um richtige Dinge durchzusetzen. Wer „der Vernünftige“ war, zeigt dann erst die Geschichte. Um zum Kern zurückzukommen. Ob eine Konzentration auf Infektionszahlen richtig für die Bewältigung der Pandemie ist, ist und bleibt auch unter Wissenschaftlern umstritten. Dass die derzetige Entwicklung der Belegung von Intensivbetten und die Sterbezahlen aufgrund von Corona eine so weitreichende Einschränkung, , wie sie derzeit von der Politik vorgenommen wird, nicht mehr rechtfertigen, wird von namhaften Leuten vertreten und ist eine akzeptable Ansicht, keine leichtertige, Tote in Kauf nehmende Auffassung. Was derzeit an Maßnahmen passiert, ist eine politische Entscheidung, die man hinterfragen darf und muss. Und ja, es ist unerträglich, wenn z.B. eine Seebrücke Demonstration unter Pandemieargumenten aufgelöst wurde, zeigt aber eben nur, wohin die Reise geht, wenn man nicht rechtzeitig darauf hinweist, dass das Infektionsschutzgesetz und eine Pandemie keinen absoluter Freibrief für die Exekutive bedeuten.

  21. @ Kornelia Kania

    Hoffentlich habe ich Sie missverstanden. Verstehen kann ich jedenfalls nicht, wie Sie den Demonstranten von „Querdenkern“ flankierenden Schutz bieten, indem Sie an die Kritiker der „Querdenker“ appellieren „von den Bäumen herunterzukommen und die Dinge erst bei Lichte zu betrachten“??
    Was soll da bitte bei Lichte bestrachtet werden?
    Dass die Maskenpflicht fragwürdig ist? Die Genehmingung der riesigen Demos à la Leipzig zu rechtfertigen? Zweifel an den politischen Maßnahmen der Kontakteinschränkungen? Überhaupt, die Pandemie – ist doch gar nicht so schlimm?

    Ich kann das nicht nachvollziehen, was Sie da sagen. Es sei denn, ich stehe auf dem Schlauch und habe das alles nur mißverstanden, was Sie an Einsichten liefern.

    Sicher sind die Freiheits- und Demonstrationsrechte ein hohes Gut, aber doch nicht zum Preis der Lebensgefahr für andere Mitmenschen, wie wir sie doch bei den fragwürdigen alle Auflagen missachtenden Aufläufen und Veranstaltungen erleben.

    Und nicht jeder verschwörungstheoretische Unsinn muss toleriert werden.
    Und dann kommen sie, Frau Kania, auch noch mit dem Vergleich mit den 68er-Studentenprotesten, Friedensdemontrationen oder Klimademonstrationen! Das verstehe, wer will!

    Nichts ist heilig, auch nicht das Demonstationsrecht und auch nicht die Freiheit, insbesondere wenn sie so verstanden werden wie persönliche Eigentumsrechte.

  22. @Kornelia Kania,
    in einem Punkt haben sie Recht. Es ist ihr gutes Recht, sich mit Covid-19 anstecken zu lassen. Sie sollten aber, wie hier oben schon erwähnt, einen
    Revers unterschreiben des Inhalts, dass sie im Krankenhaus keine Platz beanspruchen, falls es sie doch erwischt.
    Auch ich halte das Demonstrationsrecht für ein hohes Gut, aber man sollte immer darauf achten, mit wem zusammen man demonstriert. Bei den Querdenkern sind mir zu viel Rechtsdenker dabei und wes Geistes Kind die sind konnte man vor 90 Jahren sehen. Dann gibt es keine Demonstrationen mehr.

  23. Herr Dressler kann nicht begreifen, warum die Gegendemonstranten sich der Polizei samt Wasserwerfer gegenüber sahen? Dabei gibt er die Antwort fast schon selber im Text: Wir leben in einem „demokratischen Staat in dem demonstrieren erlaubt ist. Auch diejenigen, die meinen, in einer Diktatur zu leben dürfen das.Wer anderen versucht das Recht zu nehmen, agiert nicht demokratisch. Also schließt sich der Kreis hier wieder.

  24. zu @ Jürgen Malyssek
    Glückwunsch dafür das und wie sie Frau Kania geantwortet haben. Ich habe es als zwecklos angesehen, aber sie haben recht man soll nie aufgeben auch wenn verstehen nicht zu erwarten ist.

  25. @ Jürgen Malyssek
    Sie haben es in der Tat auf den Punkt gebracht, aber Verschwörungstheoretikern ist vermutlich nicht mit einer gesegneten Kerze zu helfen.
    Hinzu kommt, dass doch das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit höher zu bewerten ist als das Demonstrationsrecht.

    Wenn diese Nichtdenker, wie Stephan Hebel es korrekt ausgedrückt hat, ohne Masken und Abstand sich gegenseitig anstecken, stecken sie doch auch andere Nichtbeteiligte an. Das ist unverantwortlich und durch keine Pseudoweisheit zu rechtfertigen.

  26. @ hans und Peter Boettel

    Ja, es ist mühsam und möglicherweise auch aussichtslos.
    Es ist sowieso erstaunlich, wie in dieser Krisenzeit (auf einmal) etwa die Freiheits- und Demonstrationsrechte von speziellen Menschengruppen wie ein Fanal vor sich her getragen werden, die in „Normalzeiten“ jede andere gesellschaftlich relevante Demonstration verflucht hätten.
    Ohne Zweifel bringt diese Zeit der Pandemie vieles Absurde und Wahnhafte hervor …

Kommentarfunktion geschlossen