Kann Annalena Baerbock Kanzlerin?

Das sind ganz neue Töne: Annalena Baerbock wird für die Grünen als Kanzlerkandidatin antreten. Das hat es noch nicht gegeben. Die Grünen, einst eine Protestpartei, jetzt auf dem Weg zur Volkspartei, stellen eine Spitzenkandidatin auf, die nicht nur als Nr. 1 der Liste antritt, sondern explizit mit dem Anspruch: Sie will Kanzlerin werden. Die Grünen auf dem Höhenflug. Wenn auch bisher nur einem demoskopischen. Frech, oder? Außer CDU/CSU und SPD, den bisherigen Volksparteien, hat sich bisher nur einmal eine Partei getraut, einen Kanzlerkandidaten zu küren: die FDP im Jahr 2002. Das brachte der FDP einen Zuwachs von 6,2 auf 7,4 Prozent der abgegebenen Stimmen. Doe Grünen hingegen werden derzeit in allen Umfragen über 20 Prozent gesehen. Ja, es hat sich einiges verändert in diesem Land in den letzten Jahren. Aber eine güne Kanzlerin?

baerbock kandidatinAn dieser Personalie ist noch viel mehr neu neben der Tatsache, dass sich die Grünen was trauen. Neu ist auch: Annalena Baerbock ist erst die zweite Frau, die in 76 Jahren BRD für das Spitzenamt kandidiert – die erste nach der ewigen Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die diesmal nicht wieder antritt. Neu ist auch: Sie ist die jüngste Kandidatin (Männer sind mitgemeint), die bisher aufgestellt wurde – 40 Jahre alt, genau wie Guido Westerwelle (FDP) im Jahr 2002. Sie beide nicht berücksichtigt, hielt Willy Brandt bislang diesen „Rekord“: Er war 47, als er nach der Wahl im September 1967 Kanzler wurde. Neu ist damit auch, dass hier eine Kandidatin antritt, die eine größere Chance hat, Kanzlerin zu werden als selbst der Spitzenkandidat der SPD, Finanzminister Olaf Scholz. Ein bisschen böse formuliert könnte man jetzt sagen: Nun muss nur noch der kommende Sommer möglichst warm und trocken werden. Denn dann haben wir neben der Pandemie das eigentlich wichtigere Großthema unserer Zeit wieder auf dem Sender: den Klimawandel. Und bei diesem Thema sind sowohl CDU/CSU als auch SPD, die Parteien der alten BRD, die auch zumindest größtenteils für eine Industriepolitik aus einer anderen Äry stehen, weiterhin schlecht aufgestellt.

Aber kann Annalena Baerbock Kanzlerin? Die Fähigkeit dazu sollte man nicht an ihrem Alter festmachen. In Österreich ist ein Sebastian Kurz Kanzler, der jünger ist als sie und fest im Sattel sitzt. Auch Mette Fredriksen, die dänische Ministerpräsidentin, ist erst 43 Jahre alt. Gerade am Beispiel Kurz zeigt sich aber auch: Allein das Alter ist kein Garant für eine neue Politik. Man wird daher abwarten müssen, ob Jörg Harraschain (siehe Leserbrief unten), Frankfurter Grünen-Urgestein, recht behält mit seine Prognose vom frischen Wind. Aber immerhin: Die Chance besteht. Und ehrlich gesagt: Es wird Zeit, dass sich was tut!

Baerbock gilt als eloquent, taff, fair und geradlinig. Der Mann hinter ihr, der Co-Vorsitzende Robert Habeck, ergänzt diese Fähigkeiten um die seinen. Für ihn war es ein schmerzhafter Tag, als er für seine Co-Vorsitzende zurückzog. Baerbock hat keinerlei Regierungserfahrung, anders als Habeck. Das kann man als Minuspunkt werten. Muss man aber nicht, denn die Erfahrung mit den bisherigen Regierungen insbesondere der letzten Jahre zeigt ja, dass Regierungserfahrung kein Wert an sich ist, sondern eher dafür garantiert, dass sie nur wenig ändert. Das hat gut funktioniert, solange die Rahmenbedingungen für das System der Bundesrepublik sich nur wenig spürbar änderten. In Zeiten des Klimawandels hingegen wird diese Art von Regierungserfahrung zum Hemmklotz. Man sieht es an der Art, wie der „Kohlekompromiss“ ausgehandelt wurde.

Aber sind die Grünen überhaupt noch der Innovationsmotor, als der sie mal angetreten sind? Winfried Kretschmann, grüner Landesvater in Baden-Württemberg, geriert sich mitunter als Industriepolitiker alter Schule, wenn es um die Automobilindustrie in seinem Bundesland geht. Die hessischen Grünen, „kleiner“ Partner in einer schwarz-grünen Koalition in Wiesbaden, treten nicht entschlossen gegen den Flughafenausbau ein, winken verkehrspolitische Beschlüsse aus einem anderen Jahrhundert durch (A49, Danneröder Forst) und – ganz aktuell – stemmen sich nicht spürbar gegen sinnlose Abschiebungen. Im Frankfurter Römer, wo sie nach der Kommunalwahl im Frühjahr stärkste Kraft geworden sind, schmieden sie lieber ein Bündnis mit der FDP als mit den Linken (unter Einbeziehung von SPD und Volt“).

Das alles sind höchst widersprüchliche Signale. Früher war es relativ einfach zu sagen, wofür die Grünen stehen. Das ist heute nicht mehr so. Aber man könnte auch sagen: Wann war die Wirklichkeit jemals so einfach, dass man ihr mit schlichten Botschaften hätte beikommen können? Der Hang ist weit verbreitet, auf komplizierte Fragen einfache Antworten zu geben. Daher haben wir die AfD. Wenn es den Grünen und ihrer Kandidatin gelänge, Aufmerksamkeit zu erregen, indem sie sagen: „Es ist alles nicht einfach, und wir sind die letzten, die von sich behaupten, für alles eine Lösung zu haben, aber wir haben immerhin , anders als die anderen, ein paar ziemlich gute Ideen …“, dann wäre das vielleicht wirklich so etwas wie frischer Wind.

fr-debatteHier eine Putztruppe, da eine Politschnulze

Die „Selbstfindung“ bzw. das Duell, in denen Grüne und die Unionsparteien ihre jeweiligen Kandidaten/in gefunden haben werden, zeigen die Wandlungen dieser Parteien und lassen kaum Rauf für Hoffnung auf die kommende Legislaturperiode im Bund.
Die „Unions“-Parteien führen – immerhin transparent in aller Öffentlichkeit – eine veritable politischen Räuberpistole auf, die so nicht zu erwarten gewesen ist. Ihre Wandlung vom im großen und ganzen reibungslos funktionierenden Kanzler-/Kanzerlin-Wahlverein zur politischen Putztruppe korrespondiert mit der entgegengesetzten Entwicklung bei den GRÜNEN. Diese opfern demokratische Abläufe einer – in der öffentlichen Inszenierung jedenfalls – unappetitlichen Politschnulze. Nur die nostalgische Erinnerung an die Rhetorik von der Basisdemokratie hindert daran, das Wort vom Führerinnenprinzip auszusprechen
Beide – Union und GRÜNE – zeigen auf ihre je eigenen Art, dass sie in ihrer aktuellen Verfassung nicht in der Lage sind, eine Regierung zu stellen, die den Herausforderungen der Corona- und zukünftiger Pandemien, des Klimawandels und kommender Finanzkrisen gewachsen sein wird..

Hans Möller, Frankfurt

fr-debatteEin frischer Wind weht durch die Republik

Mehrfach forderte unser Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier uns Bür-ger*innen auf, mutig zu sein. Und die Grünen haben Mut bewiesen. Es ist mutig in diesen bewegten Zeiten eine Frau aufzustellen, die ohne Minister*in-Erfahrung das Amt mit dem höchsten politischen Einfluss bekleiden soll. Die Grünen sind derzeit das genaue Gegenteil zur konservativen CDU. Ihr Schlachtruf heißt noch immer „Keine Experiment!“ Wie hat denn die CDU in den letzten Dekaden in ver-schiedenen Koalitionen agiert?
Meiner Meinung nach hat die CDU in keiner Weise geführt. Sie hat bestenfalls ver-waltet. In der Atompolitik hat sie einen Zickzack Kurs gefahren. In die Klimapolitik ist sie halbherzig eingestiegen, als die Schüler-Bürgerbewegung „Fridays for future“ und die Wahlerfolge der Grünen immer größer wurden. In der Genderfrage trabte sie dem Zeitgeist hinterher. In der Landwirtschaftspolitik diente sich Frau J. Klöckner der Lebensmittelindustrie und der Agrar-Lobby an (S. Nestle u Co) Bei der Mindest-lohnfrage überließ die CDU das Feld der SPD. Mit der Corona Pandemie wurde das Versäumnis bei der Digitalisierung mehr als offensichtlich. Das einzige Argument der CDU in den letzten Legislaturperioden war Angela Merkel. Nennen Sie mir bitte ein Argument, wo die CDU eine gesellschaftliche Reform vorangebracht hätte. Selbst bei so Selbstverständlichkeiten wie Verringerung des Bundestags-Parlaments oder Offenlegung der Lobby-Beziehungen der BundestagAbgeordne-ten trabte die CDU den anderen Parteien hinterher oder sie hat eine wirksame Re-form ausgebremst. Sage mir bitte keiner, die CSU habe/hätte alles viel besser ge-macht.
Da wären wir bei der CSU-Führung. Was soll man denn von jemandem halten, der an einem Tag das sagt, er werde das Votum der CDU akzeptieren, um just am nächsten Tag zu sagen, das Ergebnis passt mir nicht, die CDU möge neu und bitte anders entscheiden. Erst fährt Herr Söder einen stammen AFD-nahen Kurs – 2015/16 – merkt, dass das nicht fruchtet, um dann die GRÜNEN und einen Baum zu umarmen. In den Tagen der „Wiedervereinigung“ nannte man solche Leute „Wendehälse“.
Es ist höchste Zeit, dass ein frischer Wind durch die Republik weht. Mit frischem Personal und einer frischen Zukunft gewandten Ausrichtung. Erfrischend find ich auch das Angebot der GRÜNEN an die Zivil-Gesellschaft mitzumachen, in einen produktiven Dialog zu treten. Es reicht nicht, alle 4 – 5 Jahre GRÜN zu wählen nach dem Motto, die werden es schon richten und ich brauche mein Leben nicht umzu-stellen.
Und noch eins: Welche Konstellation nach dem 26. Sept. tatsächlich Regierungs-verantwortung übernimmt, entscheiden die Wählerin und der Wähler. Es versteht sich von selbst, dass es nur eine „Ausschließeritis“ bezüglich der AFD geben kann.

Jörg Harraschain, Frankfurt

fr-debatteKann Baerbock schaffen, was Merkel nicht gelang?

Bei der Vorstellung einer Bundeskanzlerin Annalena Baerbock muss ich an das Treffen Angela Merkels mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Sotschi im Jahre 2007 denken, als dieser seine ungestüme schwarze Labradorhündin Koni ins Zimmer ließ. Wird es eine Wiederholung geben? Und wird Baerbock es dann schaffen, Putin durch die Macht der Bilder zu verzwergen?

Siegfried Kowallek, Neuwied

fr-debatte

Baerbock ist Kanzlerkandidatin: „Der nächste große Schritt“ und „Mut zur Veränderung“, FR-Politik und -Meinung v. 20.4.

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61 Kommentare zu “Kann Annalena Baerbock Kanzlerin?

  1. Ob Frau Baerbock Kanzlerin kann werden wir wohl so schnell nicht erfahren. Sie ist sicher hochintelligent und deshalb traue ich ihr das zu, aber Kanzler wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Herr Laschet. Die Union musste schon mit dem derzeitigen Schauspiel weiter machen um das zu verhindern. Sie werden zwischen 28-30% mindestens bekommen und da kommen die Grünen nicht hin.

  2. „Sie werden zwischen 28-30% mindestens bekommen und da kommen die Grünen nicht hin.“

    Müssen sie auch nicht. Um die Kanzlerin zu stellen, müssen sie nur stärkste Partei in einem alternativen Bündnis werden und dann eine Regierung ohne die CDU bilden. Die Chance dazu ist da. Die aktuellste Umfrage zur Bundestagswahl: CDU 28 %, SPD 16,5, Grüne 23, FDP 10, Linke 7,5, AfD 9,5 % (die Zahlen sind vom Institut Allensbach). Demnach kann die CDU zwar stärkste Partei werden, muss sich aber Bündnispartner für eine Koalition suchen, so wie auch die Grünen. Für Schwarz-Rot reicht es nicht (44,5 %), für Schwarz-Gelb auch nicht (38 %), Schwarz-Grün hätte 51 Prozent. Umgekehrt: Grün-Rot-Rot hätte 47 %, ein halbes Prozent weniger als alle anderen Parteien zusammen. Das reicht also nicht. Grün-Rot-Gelb hätte 49,5 %, der Rest zusammen 45. Mit dieser Koalition könnte Baerbock also Kanzlerin werden. Wie wahrscheinlich das ist, weiß ich nicht, aber es wäre rechnerisch möglich. Aber ich bin sicher, dass sich an diesen Umfragezahlen noch viel ändern wird, z.B. wenn wir wirklich einen heißen, trockenen Sommer bekommen und das Thema Klimawandel in die Köpfe zurückkehrt. Es gibt eine Wechselstimmung im Land.

  3. zu @ Stefan Briem
    Ich denke die Union hat nach dem was die letzten Tage gelaufen ist ihren Tiefstand erreicht. So heiß kann es gar nicht werden im Sommer. Außerdem bin ich mir nicht sicher ob ich mir eine Regierung mit FDP Beteiligung wünschen soll

  4. Die hohen Zahlen der FDP halte ich nicht für von Dauer. Das sind enttäuschte CDU Wähler die am Ende aber doch zurück gehen werden weil sie sich für staatstragend halten.

  5. „… Regierung mit FDP-Beteiligung …“

    Nein, die wünsche ich mir auch nicht. Mit dem Rechenbeispiel wollte ich nur zeigen, dass es für Annalena Baerbock möglich ist, Kanzlerin zu werden, auch wenn die Grünen nicht stärkste Partei werden. Dann hängt es davon ab, welche Koalitionen möglich sind. Ich glaube jedenfalls nicht, dass die Grünen eine Koalition mit der CDU machen, wenn es andere Möglichkeiten gibt.
    Das wird spannend, weil die Grünen im Revier der Schwarzen wildern. Diese ideologische Unschärfe wird ihnen ja jetzt gern vorgeworfen, aber ich glaube, dass sie dadurch in der Lage sind, Stimmen von CDU und auch FDP abzuziehen. Man darf ja nicht vergessen, dass es zumindest bei der CDU viele Menschen gibt, die wertkonservativ sind und denen die Bewahrung der Schöpfung etwas bedeutet. Damit sind sie potenzielle Grünenwähler. Deswegen können die Schwarzen und Gelben jetzt auch keinen klassischen Lagerwahlkampf fahren.

  6. Ich könnte mir Markus Söder gut als Außenminister vorstellen: „Hey, Buddin, noch emol mechste des fei nidd“

  7. Der Titel war: Kann Annalena Baerbock Kanzler? Ich habe mir die Vita angesehen (Wikipedia): Frau Baerbock ist seit 2005 in der Politik unterwegs (Büroleiterin im Europaparlament, Vorsitzende eines Landesverbandes, Referentin der Grünen Bundestagsfraktion, MdB), d. h. seit 16 Jahren. Ein Ministeramt hat sie nicht ausgeübt, Ministerpräsidentin war sie auch nicht, soll heißen, ob sie leiten (außerhalb des Politbetriebes) oder regieren kann, hat sie nicht bewiesen.M. E. haben wir es mit einem Politikprofi zu tun, aber reicht das für Kanzler?

  8. Es ist müßig, darüber zu spekulieren, ob A. Baerbock Kanzler kann. Warum sollte sie nicht? Es gibt immer Aufgaben, die macht man zum ersten Mal.

  9. Sicher wird sie es können, auch ohne Regierungserfahrung, es gäbe genug Berater, Staatssekretäre etc., die ihr zuarbeiten würden.

    Angesichts des Höhenflugs der Grünen, der dauerhaft schlechten Werte der SPD sowie auch der Linken, der in der Tat abgewirtschafteten CDU/CSU und dazu als Frau hat sie gute Chancen, auch gewählt zu werden.

    Allerdings stellt sich die Frage, mit wem sie koalieren würde, weil die Grünen-Spitze zurzeit stark zur Union tendiert, s. auch Baden-Württemberg oder Hessen.

    Schließlich muss ich ihr ankreiden, weil sie

    – Nord-Stream 2 ablehnt und dafür Fracking aus den USA akzeptieren würde,
    – sich für eine Erhöhung des Kriegshaushaltes ausspricht, was ich außenpolitisch für grundfalsch halte und eine Gefährdung des Friedens darstellt,
    – eine Anlehnung an die USA befürwortet, sich demnach als absolute Befehlsempfängerin verhalten würde.

    Dies sind für mich Gründe, sie nicht zu wählen.

  10. Hallo Herr Boettel,

    ich sage ja nicht, dass ich ich die Grünen so toll finde und etwa den von Ihnen genannten Inhalten Baerbocks zustimme und persönlich da im Herbst mein Kreuzchen machen werde.
    Es ist nur so, dass ich ihr zutraue, mit den auf sie zukommenden Herausforderungen auch fertig zu werden.
    Den Höhenflug, den die Grünen in diesem Jahr erreichen, den werden sie so schnell dann nicht mehr erreichen. Dieses Hoch werden sie jetzt auch nutzen, was freilich v.a. an den beiden Führungskräften liegt.
    Ob CDU/CSU, ob SPD, ob Linke, alle werden bei den Wahlen schwer oder spürbar Federn lassen. Mit wem die Grünen, wenn meine Vorhersage eintreffen sollte, dann koalieren werden, das weiß ich nicht.

    P.S.: Einen größeren Dienst hätten die beiden Mannsbilder Laschet und Söder mit ihrem Duell der K-Kandidatin der Grünen nicht erweisen können!

  11. zu @ Jürgen Malyssek, Peter Boettel
    Sie überschätzen die meisten Unionswähler. Die werden am Ende nicht wechseln. Herr Boettel, woher wissen sie das mit dem Fracking Gas aus den USA? Das die Grünen Nord-Stream 2 und damit Erdgas ablehnen ist aus Umweltsicht verständlich. Das Erdgas als Brückentechnologie gibt es nur in der öffentlichen Meinung.

  12. Hallo Herr Malyssek,

    nein, so habe ich Ihre Ausführungen auch nicht verstanden, sondern wir sind uns, wie so oft, einig.

  13. zu Malyssek, Boettel: Sicher gibt es Aufgaben, die man zum ersten Mal macht. Aber wären Sie nicht froh, wenn neben dem Chirurg:in, der erstmalig operiert, ein erfahrener Ärzt:in steht. Oder reicht dann die Hoffnung, der/die werden es schon können? Überall bedarf es eines Qualifikationsnachweises. In der Politik scheinbar nicht. Sicher gibt es Berater etc. nur wer regiert dann das Land. Wer sind die Berater? Wer wählt sie aus? Wer hat die Berater gewählt?

  14. @ Herr Erdmann

    Was wollen Sie denn da für einen Qualifikationsnachweis? Ob jemand gut oder schlecht regiert, liegt ja immer im Auge des Betrachters und hat viel mit Gesinnung zu tun. Würden Sie zum Beispiel sagen, dass Angela Merkel uns gut regiert hat? Sie war ja vorher schon Ministerin und hatte von daher so was wie einen Qualifikationsnachweis. Nun, sie hat uns halbwegs gesund durch zwei große Krisen gebracht: die Finanzkrise und die Pandemie. Wobei sich bei letzterer immer mehr chaotische Züge zeigen. Aber es ist zumindest bisher nichts kollabiert, schon richtig. Aber in beiden Krisen wurden bzw. werden „systemrelevanten“ Unternehmen Milliarden in den Rachen geschaufelt, die anschließend als Staatsverschuldung beim Steuerzahler landen. Ist das gute Politik? Ist das gut regiert? Und was ist mit der Klimapolitik unter Merkel? Weitgehend ausgefallen, würde ich sagen. Dabei ist Klimapolitik DAS Politikfeld, auf dem sich unsere Zukunft entscheidet. Also, ich würde nicht so weit gehen und behaupten, schlechter als Merkel kann man nicht regieren. Aber es wäre ganz sicher besser möglich gewesen.

  15. Erdmann, Gerd-Rüdiger:

    Ihre Fragen:
    „Wer sind die Berater? Wer wählt sie aus? Wer hat die Berater gewählt?“
    Dies gilt doch in gleicher Weise für alle Regierenden, ein Berater von Merkel war für Wirecard aktiv, und Merkel wusste angeblich nichts davon.
    Hinzu kommen die „Berater“, die nichts anderes als Lobbyisten sind. Sie werden oft geschickt. Gewählt werden sie auf keinen Fall.

  16. Wenn es um Berater geht braucht man wohl nur den Namen Andy Scheuer zu sagen dann dürfte das Thema durch sein.

  17. @ hans

    Abwarten: Die Union und die Grünen sind erstens gar nicht so weit voneinander entfernt: Bürgerlich und unterschiedlich konservativ. Siehe Baden-Württ. Zweitens: Die jüngere Generation ist jetzt auch am dransten.

  18. Die Grünen haben ihre Kanzlerkandidatin für die Bundestagswahl nominiert: Annalena Baerbock. Und was passierte sonst noch?

    Im März wurde ein Programmentwurf veröffentlicht. Er trägt den Titel „Deutschland. Alles ist drin“. Nach Einschätzung des Co-Vorsitzenden Robert Habeck sei das Papier eine Vitaminspritze für das Land. Und er erläuterte: „Wir wollen einen Aufschwung schaffen, der über das rein Ökonomische hinausgeht. Einen Aufschwung, der das ganze gesellschaftliche Leben in seiner Stärke und Vielfalt erfasst: Bildung und Kultur, Arbeit und Digitalisierung, Spitzenforschung und Wissenschaft.“ Die Kanzleraspirantin ergänzte: „Deutschland kann so viel mehr. Diese Dekade kann ein Jahrzehnt des mutigen Machens und des Gelingens werden. Ein Jahrzehnt des Modernisierens.“

    Solche Absichten hören sich gut an. Doch es scheint Widerstände zu geben, die man mit wohlklingenden Worten nicht brechen kann? Und wer widersteht dort? Und warum?

    Eine indirekte Antwort könnte in dem Programmpunkt „Ein Ordnungsrahmen für eine sozial-ökologische Marktwirtschaft“ enthalten sein. Dort heißt es: „Wir müssen unsere Wirtschaft auf die Ziele der Klimaneutralität ausrichten und eine Kreislaufwirtschaft etablieren. Dazu braucht es eine sozial-ökologische Neubegründung unserer Marktwirtschaft.“

    Wie aber richtet man die Wirtschaft auf Klimaneutralität aus? Welche Hebel müssten dazu umgelegt werden? Unternehmen wägen grundsätzlich Kosten und erwartbare Erträge gegeneinander ab. Dabei denken sie durchaus mittel- und langfristig. Wenn Innovationen durch Schulden finanziert werden müssen, damit die Liquidität sichergestellt bleibt, schreckt das einen praktischen Ökonomen nicht. Lediglich manche Politiker überfällt bei dem Gedanken an Schulden eine kleinkrämerische Angstneurose.

    Firmen, vor allem große Konzerne, beschäftigen hingegen andere Sorgen. In einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung wollen und müssen sie vorrangig an ihre Profitmargen, die Renditeforderungen der Aktionäre und Gesellschafter, die Alleinstellungsmerkmale ihrer Produkte, umfassende Bedarfsweckung bei den Konsumenten oder die Sicherung ihrer Vertriebswege denken. Auch ein sozial-ökologischer Wandel, so schön er im grünen Bilderbuch auch aussieht, muss sich rechnen. Selbst dann, falls der Staat mit Milliarden Euro die Bildung neuer Strukturen unterstützen sollte. Denn diese Gelder müssen aus Steuern und Abgaben finanziert werden. Dazu reichen die derzeitigen Einkünfte des Staates nicht aus. Ein Wandel, der diesen Namen verdienen würde, wird zwangsläufig zu höheren Unternehmenssteuern und zu erhöhten Abgaben auf alles führen, was nicht ökologisch ist. Beispielsweise Plastikprodukte, Verbrennungsmotoren, Energie aus fossilen Quellen, Wegwerfprodukte oder exzessive Landwirtschaft. Ein „Schneller raus aus der Kohle“, wie es an anderer Stelle des Programms heißt, reicht da nicht.

    Und auch andere pauschale Aussagen wie „Konsequent gegen Steuerhinterziehung und -vermeidung vorgehen“ und „Konzerne angemessen besteuern“ klingen bereits nach Vorhaben, deren Umsetzung nicht geplant ist. Weil andernfalls tatsächlich an den Grundfesten einer kapitalistischen Wirtschaft gerüttelt werden müsste.

    Ein konsequent angegangener Wandel würde ebenso das Geflecht der sozialen Sicherung treffen, beispielsweise eine Bürgerkrankenversicherung für alle. Die wird zwar als Zukunftsprojekt erwähnt, doch zunächst sollen Privatkassen erlaubt bleiben. Lediglich die gröbsten Nachteile für gesetzlich Versicherte seien zu beseitigen. Eine Bürgerversicherung würde jedoch die Einnahmen verbessern und sie ließe es zu, die Ausgaben gerechter und nach medizinischen Notwendigkeiten vorzunehmen. Stattdessen wird von einer kapitalgedeckten Altersvorsorge als sinnvoller Ergänzung der gesetzlichen Rente gefaselt. Das wäre ein indirekter Freibrief für das gegenwärtige Banken- und Finanzsystem, das „stabiler und nachhaltiger“ gemacht werden soll. Jetzt weiß man endgültig, was Grüne darunter verstehen.

    Wie es leider zu erwarten war, fehlt jedes Wort über ein Verbot der Immobilienspekulation, über einen allenfalls zeitlich eng begrenzten Erwerb von Eigentum an Grund und Boden (Pacht auf 35 Jahre) und die Hinwendung zum ausschließlich gemeinnützigen Wohnungsbau. Damit in linken Ecken keine falschen Hoffnungen aufkommen, lautet ein Programmpunkt: „Erwerb von Wohneigentum erleichtern“.

    Bei der Vorstellung des Programms forderte Annalena Baerbock zwar, dass die Politik über sich hinauswachsen müsse. Über den dann notwendigen Mut zu unpopulären Maßnahmen sprach die sonst so eloquente Vorsitzende, die gern Regierungschefin werden möchte, jedoch nicht.

    Richtigerweise sollte der Titel des Programms geändert werden in: „Deutschland. Alles bleibt so, wie es ist. Außer der Farbe.“ Denn tatsächlich reiht sich in diesem Heft Füllstoff an Füllstoff. Alles Dramaturgie, wie man am Theater sagt.
    Lediglich in einem Punkt ist man deutlich. Die Grünen gendern. Sie bedienen sich einer falschen Grammatik und Rechtschreibung, erfinden Begriffe, welche die Tatsachen nicht beschreiben, sondern sie verklären. Fazit: Die Grünen sind auch nur eine Apposition der herrschenden Verhältnisse.

  19. @ Gert-Rüdiger Erdmann

    Erstens ist Annalena Baerbock politisch nicht unerfahren. Zweitens wird sie ihre Berater und Beraterinnen haben. Drittens ist sie selbstbewusst genug, um so ein hohes Amt anzupacken. Mit Hoffnung hat das weniger zu tun als mit der Gewissheit, dass man jemandem auch was zutrauen kann.
    Laschet ist zwar der Regierungserfahrene und unterschätzen tue ich ihn nicht. Aber an die Präzision und die Überzeugungskraft von Baerbock komm er nicht ran (siehe Duell und sein Corona-hin-und-her). SPD mit Scholz ist im Trend politisch leider zu schwach. Das war’s dann.
    Man sollte vieles hinterfragen, aber nicht vorschnell Qualifikationen absprechen und in den Krümeln suchen. Die Erfahrungen diesbezüglich bei Corona reichen schon weidlich.

  20. zu @ Jürgen Malyssek
    Das habe ich als ich noch jung war auch gedacht und Merkel nach Kohl regiert immer noch. Die Union hat in der Zeit nur ein paar % an die AFD verloren.

  21. @ hans

    Im Grunde ist Merkel nur ans Ruder gekommen, weil sich Schröder verzockt hatte.
    Diese langen Regierungszeiten wird es in Zukunft wahrscheinlich so nicht mehr geben.
    Ich bin kein Anhänger der Grünen, aber sie werden diesmal das Rennen machen.

  22. zu @ Jürgen Malyssek
    Nein Schröder hat Neuwahlen machen lassen weil ein regieren gegen eine 2/3 Mehrheit im Bundesrat nicht möglich ist. Als NRW damals an die CDU ging war die Situation aussichtslos. Wie es weiter gegangen wäre wenn Rot/Grün die Bundestagswahl gewonnen hätte wäre spannend gewesen. Wahrscheinlich auch damals mit einer GORKO. Der Bundesrat kann auch bei nicht zustimmungspflichtigen Gesetzen mit 2/3 Mehrheit blockieren. Hartz 4 ist auch im Vermittlungsausschuss geboren und sie SPD ist nicht annährend so schuld wie die öffentliche Meinung das sieht.

  23. @ hans

    Man kann es drehen und wenden, wie man will. Der Sündenfall der SPD mit der Agenda 2010 ist durch nichts zu entschuldigen.

  24. Ist doch interessant, wie man in einer Debatte, die sich eigentlich um Zukunftsfragen dreht, immer wieder in der Vergangenheit landet. Machen wir daraus eine Zukunftsdebatte. Die SPD hat in ihrem Wahlprogramm formuliert, dass sie weg will von Hartz IV hin zu einem Bürgergeld. Was die Grünen dazu programmatisch schreiben, klingt ähnlich, jedenfalls vereinbar. Wäre das eine bedeutende Reform?

  25. zu @ Jürgen Malyssek
    Er hätte natürlich sagen können das er das Regieren bis zum normalen Wahltermin einstellt. Wenn man das als gangbare Alternative sieht haben sie natürlich recht.

  26. zu @ Bronski
    Es hat halt kaum eine Chance das es dafür eine Mehrheit im Bundestag und Bundesrat gibt. Komischer weise ist die Macht des Bundesrates kein so öffentlich diskutiertes Thema. Ohne das ich die Stimmenverteilung derzeit so genau kenne nehme ich an das sich sowohl die Grünen wie die SPD sich zwei mal überlegen ob sie Grün/ Rot/ Rot machen selbst wenn es im Bundestag eine Mehrheit dafür geben sollte. Wenn man über das diskutiert was in Zukunft möglich ist sollte man das was machbar im Bundesrat ist nicht aus den Augen verlieren und da ist eine Vergangenheitsbetrachtung wenn man zu diesem Thema die öffentliche Meinung sieht fast nötig.

  27. @ Bronski

    In der Bürgergeld-Debatte stecke ich nicht so tief drin. Aber was ich sagen kann, dass das „Wir wollen Hartz IV hinter uns lassen“ (noch von Andrea Nahles ausgerufen) schöne Worte waren. Aber eine Abkehr vom jetzigen System ist es wirklich nicht.

    Das Arbeitslosengeld (ALG) I zu verlängern ist nicht mehr als richtig und lag vor Hartz IV nach meiner Erinnerung bei einer Laufzeit von 24 Monaten.

    Nach ALG I-Anspruch statt Hartz IV (ALG II) nun auf die Wunderwaffe Bürgergeld zu wechseln, das ist kein wirklicher Systemwechsel. Für mich ist das keine bedeutende Reform, es ist ein Etikettenwechsel. Von dem Bürgergeld profitieren im Grunde nur die älteren Arbeitslosen. Für einen Großteil der Arbeitslosen ändert sich wenig.

    Und ein „neuer Sozialstaat“ ist das schon mal gar nicht!

    Es bleibt im Gewand der Arbeitsmarktreform-Idee und die alte Sozialgesetzgebung ist dabei kaputt gegangen:

    Bedarfsorientierung, Ermessensspielräume, Einzelfallprüfung, Mehrbedarfserhöhung, Unterkunftssicherung, Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe in besonderen Lebenslagen, Bereitstellung und Schaffung von Arbeitsgelegenheiten (statt Ein-Euro.Jobs) u.v.a.m. Alles den Regeln und Gesetzen eines optimierenden Arbeitsmarktes unterworfen.

    Wenn die Grünen das Bürgergeld so auch im Programm haben, dann sehe ich da auch keinen Fortschritt.

  28. zu hans:

    „Es hat halt kaum eine Chance das es dafür eine Mehrheit im Bundestag und Bundesrat gibt.“

    Damit haben Sie gerade Ihren Offenbarungseid geleistet. Für Themen, für die es zurzeit keine Mehrheit in den politischen Instanzen gibt, braucht man sich also gar nicht erst auszusprechen oder einzusetzen. Na, dann lassen wir es doch auch gleich mit der Energiewende, der Verkehrswende, der Elektromobilität, dem Kohleausstieg und überhaupt mit Klimapolitik. Hat keinen Sinn, weil es dafür keine Mehrheiten gibt, solange die CDU so stark ist und in der FDP Bündnispartner findet, um mit ihr zu regieren. Hat einfach keinen Sinn. Zwecklos! Schreiben wir es ab.
    So was Ähnliches wird sich Willy Brandt auch gedacht haben, als er in Warschau niederkniete.
    So ein Trottel. Also wirklich! Hat sich so was von blamiert.

  29. Ich habe mal nachgezählt wie viele sichere Stimmen eine Grün/Rot/Rote Koalition im Bundesrat hätte. Der Bundesrat hat 69 Sitze. Diese Koalition hätte davon 14. Ich würde denken eigentlich sollte man für eine Koalition mindesten 24 Sitze haben um eine 2/3 Mehrheit gegen sich zu verhindern. Die Situation ist allerdings nicht ganz so schlimm wie bei Schröder. Derzeit könnte es bei Grün/Rot/Rot nur eine Nein Mehrheit geben Bei Schröder hatte die Union eine sichere Ja Mehrheit im Bundesrat. Da blieb Schröder nur Neuwahlen, zu Hause bleiben und der Union die komplette Gesetzgebung zu überlassen. Er hat sich dann für Neuwahlen entschieden. Selbst ein politisch interessierter User wie Jürgen Malyssek nennt das Zocken. Muss man nicht mehr dazu sagen. Ich würde sagen solche Überlegungen werden nach der Wahl wenn klar ist was im Bundestag möglich ist eine entscheidende Rolle spielen. Ob es wirklich wünschenswert ist und z.B. mit den Linken überhaupt möglich, das der Vermittlungsausschuss die entscheidende Rolle spielt würde ich bezweifeln. Die Union bekommt man nicht mit einer Bundestagswahl aus der Gesetzgebung raus. Da würde deutlich mehr dazu gehören. Wenn ich dann sehe was Bronski oder Jürgen Malyssek für Erwartungen an eine Grün/Rot/Rote Koalition hätten kann das eigentlich nur schief gehen.

  30. Der Kommunikationstrainer Karsten Noack sieht bei Annalena Baerbock Verbesserungspotential: “ Zudem sei ihr Stand in Schuhen mit höheren Absätzen wackelig. Das vermittelt häufig eine Unsicherheit…“, glaubt er. So so! Das unfallfreie Tragen von Highheels als essentielle Voraussetzung für die Befähigung zur Kanzlerkandidatin, putzig! Dass die Autorinnen Pohlmann und Vates diese Aussage unkommentiert übernehmen, peinlich!
    Schlage vor, alle Kanzlerkandidat*innen üben sich unmittelbar vor der Bundestagswahl in den einschlägigen TV Talkshow-Formaten im Stöckelschuh-Wettrennen. Wird bestimmt lustiger als tröge Fernsehduelle. Wer zuletzt umknickt, den oder die wählen wir!

  31. Ich sehe mich in meiner Kritik an Frau Baerbock bestätigt, wenn ich lese, dass sie weitere Sanktionen gegen Russland fordert. Denn solche Maßnahmen haben erfahrungsgemäß bisher keine Erfolge gebracht und verursachen mehr Schaden als Nutzen.

    Ihre Ablehnung von NordStream 2 resultiert daher eher aus Feindschaft gegen Rusaland als aus Umweltgesichtspunkten; und ihre Anhänglichkeit gegenüber den USA lässt durchaus den Schluss zu, dass sie Fracking – trotz der damit verbundenen Umweltschäden – akzeptieren würde.

    Hinzu kommen ihre Forderungen nach Erhöhung der Militärausgaben.

  32. zu @ Stefan Briem
    Fast alle Parteien sagen vor und auch nach Wahlen wir machen das was uns die Möglichkeit gibt möglichst viel zu realisieren von dem was in unseren Zielen steht. Das ist nun mal in repräsentativen Demokratien so. Willi Brandt hat auch Mehrheiten gebraucht um das machen zu können was er gemacht hat. Wobei das in einem 3 Parteien System viel leichter war als es heute ist und deshalb sollte man solche Vergleiche wohl besser sein lassen. Wenn sich politische Mehrheiten im Bundestag so ergeben das die Grünen die Kanzlerin stellen stellt sich für sie die Frage wie können wir möglichst viel von dem was wir wollen erreichen. Das ist auch so wenn sie nur ein gutes Ergebnis machen. Aber wenn sie die Wahl gewinnen läuft es auf die Frage raus erreichen sie mehr in einem Koalitionsvertrag mit der Union oder mit einem über 4 Jahre andauernden Vermittlungsausschuss mit der Union. Ob dabei das Bürgergeld eine der zentralen Fragen wäre oder überhaupt sein sollte weiß ich nicht. Träumen hilft in der Realpolitik nicht wirklich.

  33. @ hans

    Sie hätten mich da missverstanden, wenn Sie herauslesen, dass ich Erwartungen an eine Grün-Rot-Rote Koalition habe. Soweit wir es erst gar nicht kommen. Deshalb habe ich keine.

  34. @ Peter Boettel

    Es gibt einige Standpunkte, die ich bei den Grünen nicht teile, bin auch kein Anhänger, aber mit A. Baerbock haben die Grünen eine echte starke Kandidatin. Das wird deren Punktzahlen in die Höhe schrauben.
    Wer sich gestern die Anne Will-Sendung angesehen hat (was mich viel Überwindung kostet), der konnte nun ohne parteiisch zu sein erleben, wie diese Arroganz der „Moderatorin“ mit ihren suggestiven Fangfragen, von Baerbock sportlich-spielend abgefangen wurden.
    Inhaltlich (s.o.) bin ich deshalb noch lange nicht ein Anhänger, denn etwa dieser übertriebene Einsatz für die Freiheitsgrundrechte in einer nationenübegreifenden Pandemie mit diesen schweren gesundheitlichen Folgen, die kann ich inzwischen nun bald nicht mehr hören.
    Ebenso wie bei Leutheusser-Schnarrenberger oder Lindner. Selbst bei den Linken, den ich nahe stehe, nicke ich da nicht alles ab.
    Ich frage mich, mit welchen Maßstäben wird hier eigentlich FREIHEIT in dieser Zeit der zunehmenden Aufgeregtheiten, Egoismen und Politiker-Schelten gemessen?

    Zu der Frage des Verhältnisses zu Russland und den USA bleibe ich zurückhaltend. Das ist ein großes Paket.

  35. zu @ Jürgen Malyssek
    Da sind wir dann auch einer Meinung. Es wird zu Grün/ Rot/Rot nicht kommen.

  36. Yes, she can!

    Es wäre keine Überraschung, wenn Annalena Baerbock als erste grüne Kanzlerin in die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland eingehen würde. Zwar verfügt sie, anders als ihre Konkurrenten Armin Laschet und Olaf Scholz, über keine Regierungserfahrung, aber sie kommt deutlich frischer daher und verkörpert sehr viel mehr Aufbruch, als die Kandidaten von CDU und SPD.

    Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Ich werde Annalena Baerbock und die Grünen nicht wählen.

    Politik ist kein Wunschkonzert. Aber: Grün-Rot-Rot, Rot-Grün-Rot oder Rot-Rot-Grün, das sind fortschrittliche Alternativen!

    Die Welt würde die Bundesrepublik nach der Ära Merkel, um eine grüne Kanzlerin Annalena Baerbock ganz sicher beneiden.

  37. @ Jürgen Malyssek:

    „mit welchen Maßstäben wird hier eigentlich FREIHEIT (…)gemessen?“

    Diese Frage muss ich voll unterstützen. Sicher kann ich derzeit kein Essen beim Italiener oder Griechen genießen oder in Urlaub fahren, aber das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit hat doch Vorrang gegenüber solchen Genüssen.

    Diese Leute (Falschdenker) sollten sich den berühmten Ausspruch von Rosa Luxemburg „Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden“ vor Augen führen, wenn sie die eigene Freiheit, die sie in Wirklichkeit voll in Anspruch nehmen, der Freiheit des anderen (und damit der Freiheit, leben zu dürfen und gesund zu sein) vorziehen.

  38. Ist ja fast wie bei Kohl hier. Keiner hat ihn gewählt. Ich für mein Teil weiß noch nicht ob ich sie wähle. Wahrscheinlich auch nicht.

  39. Wären nicht Habecks Äußerungen im Zeit-Interview auch wie folgt zu interpretieren? Habeck versucht aufrichtig zu sein. „Machen wir uns ehrlich!“ – was zur rhetorischen Formel erstarrt zu sein scheint, hat er tief internalisiert. In den letzten Wochen hat man von mehreren männlichen Politikern gehört: „Ich habe niemals Angst.“ Würde man diese Selbstbekundungen ernst nehmen, so müsste man erwägen, ob man nicht Menschen mit solch tiefgreifenden Persönlichkeitsstörungen politische Ämter verwehren sollte. Habeck aber steht zu seinen Emotionen. Und seine Äußerungen lassen den politischen Gestaltungswillen zweifelsfrei erkennen, den man ja sonst gerade bei Grünen zu vermissen vorgab. Habeck ist Philosoph genug, um aufrichtig und innovativ männlich zu sein. Sein Verständnis von Männlichkeit lässt Schwäche zu. Habeck ist Politiker genug, um gestaltungswillig zu sein. Sein Politikverständnis läuft auf Verantwortung im eigentlichen Sinne zu. Was will man mehr?

  40. Was für ein desaströser Artikel von Stephan Hebel. Welches „Altherren-Bild“ wird dort offenbart? Eine „Denke“ aus dem vorigen Jahrhundert! Männer weinen nicht? Wollen Sie das vermitteln? Gruselig! Da offenbart ein unstrittig intelligenter Mann, der sehr aktiv und erfolgreich für die Gesellschaft unterwegs ist, seine Emotionen. Lieber 20 Typen wie Habeck als einen weiteren (nachweisbar) verlogenen, verschlagenen Bouffier.
    Wie erfolgreich Herr Habeck ganz offensichtlich bisher unterwegs war, wird dokumentiert durch die Forsa-Umfrage vom 20.4. zum derzeitigen aktuellen politischen Bild in Deutschland: GRÜNE 28 Prozent, CDU 21 Prozent. Dazu hat auch die Arbeit von Herrn Habeck beigetragen.

  41. Wenn wir das Thema auch noch um Habeck erweitern wollen würde ich sagen das ich mir bei ihm nicht sicher bin ob er Kanzler sein könnte. Er hat schon das eine oder andere mal inhaltliche Schwächen gezeigt. Da war denke ich Baerbock die bessere Wahl. Das ist nach meiner Meinung bei Laschet und Söder auch so. Söder wäre sicher kein guter Kanzler. Auf dem Job kann man nicht nur das Fähnchen in den Wind hängen. Das reicht nicht. Deshalb glaube ich das alle 3 derzeitigen Kandidaten keine Fehlbesetzung wären und es sich auch nicht an diesen Personen entscheiden wird.

  42. Die Welt ist schon manchmal komisch. Galten doch die Grünen seit ihrer Gründung als Chaotenverein, die heftig stritten wie die Kesselflicker und die Union als Hort der Stabilität. Jetzt im Jahr 2021 mauserten sich die Grünen als berechenbare Partei, die mit einem Wahlprogramm für eine Zukunft gewandte Politik wirbt. Die CDU/CSU zerlegt sich gerade selbst. Wofür stehen beide Parteien? Laschet möchte gerne die CDU modernisieren – sagt er jedenfalls – liebäugelt aber allzu gerne mit der FDP, mit der er in NRW verbandelt ist. Der CSU-Chef Söder verkauft sich zwar prächtig, aber keine(r) weiß genau, wie lange seine Position hält. Hat er noch 2015/16 die AfD umgarnt, ist damit gescheitert, umarmt er jetzt die Grünen und einen Baum. Ich weiß nicht, was ich von so einem Wendehals halten soll.
    Laschet profiliert sich als Meister der Einbindung von (ehemaligen) politischen Gegnern. Laschet zieht Friedrich Merz an Land und versucht ihn als Zugpferd für konservative Wähler*innen einzuspannen. Was macht Herr Merz zum Wahlversprechen? Er möchte die „Gendersprache“ schlicht und einfach verbieten!
    Verkehrte Welt: Mochte doch die CDU/CSU den Grünen fälschlicherweise das Etikett der „Verbotspartei“ anheften, fordert nun der superkonservative Friedrich Merz ein noch nie in Deutschland praktiziertes Sprach/Schreibverbot! Das ist wahrhaft revolutionär!

  43. Ein großes Problem von Baerbock wird sein das viele beim Thema Klimaschutz überhaupt nicht wissen von was sie redet. Ich denke das immer wenn sich einige zum Thema Erdgas äußern. Es ist fast wie bei Corona . Es fehlt in der Breite der Bevölkerung massiv an Wissen weil viele bewusst fehl informieren.

    https://www.ardmediathek.de/video/monitor/gruener-wasserstoff-schmutziges-gas-in-neuen-schlaeuchen/das-erste/Y3JpZDovL3dkci5kZS9CZWl0cmFnLWU2YWFlNmFiLThkODktNGRlZC1hZGQzLTAyMjA4NjA2NGNmZA/

  44. @ hans

    Man muss nicht mehr und nicht alles wissen über den Klimaschutz, also alle Details. Ich weiß es auch nicht, aber es ist doch klar, was die Uhr geschlagen hat. Man muss nicht in allen Bereichen Spezialist sein – kann es auch nicht -, um zu erkennen, was Sache ist. Was viele v.a. junge(!) Aktivisten zum Klimawandel zu sagen haben, da kann ich im Einzelnen auch nicht mehr mithalten. Und trotzdem habe ich verstanden. Insofern ist es auch kein Problem, wenn mir etwa A. Baerbock da auch inhaltlich überlegen ist. Ich weiß, was sie sagen will.
    Spezialwissen kann auch hinderlich sein, wenn man nur damit die Welt erklären will.

  45. zu @ Jürgen Malyssek
    Frau Merkel kommt doch schon seit über 10 Jahren mit falschen Argumenten bei ihren Wählern durch. Warum sollte das denn dieses mal anders sein. Es wird nicht funktionieren wenn nicht Grundlagen einer Klimapolitik auf Wissen sondern auf Glauben beruhen. Die Union bastelt doch schon seit längerem durch Herr Altmeier an einem Wasserstoffmärchen. Wenn man will kann man das glauben und Frau Baerbock muss frühere Unionswähler gewinnen . Das sind Leute die glauben besonders gerne. Zusätzlich ist mir die Tage aufgefallen das selbst führende Bundestagsabgeordnete der Grünen beim Thema Energiepolitik schwach sind. Da war Frau Göring Eckhardt bei Markus Lanz und hat sich von dem mit Argumenten aus dem letzten Jahrtausend in die Ecke drücken lassen. Ich habe nur gedacht und so wollt ihr Wahlen gewinnen.

  46. @ hans

    Auch wenn in den letzten Jahren vieles nicht getan worden ist gegen die offensichtlichen Schäden der fortlaufenden Klimakatastrophe, so ist dennoch das Thema nicht mehr zu verdrängen. Vielleicht ist es ja sowieso schon zu spät? Aber die Weltgesellschaft kommt jetzt nicht dran vorbei. Das Desaster liegt nun auch nicht alleine an einer Kanzlerin Merkel und immerhin hat sie ja auch Fukuschima politisch sofort reagiert.
    Von dem „Wasserstoffmärchen“ habe ich auch schon gehört. Das Dilemma liegt auch hier wieder an unserem Wirtschaftssystem und dem Wachstumszwang. Es muss ja der mächtigen Wirtschaft politisch immer wieder und immer weiter der strukturelle Umbau und die dabei gewinnträchtigen Zukunftsaussichten des Umbau mitgeliefert werden. So sieht unser Kapitalismus aus und keiner weiß oder will es wissen, wie man aus diesem Zwang herauskommt.

    Die grüne Kanzlerin-Kandidatin A. Baerbock ist mit der Klimafrage und der Energiepolitik schon vertraut, um in so einem Amt auch bestehen zu können. Ich glaube auch nicht, dass alle Bundestagsabgeordneten der Grünen das Thema beherrschen. Das müssen sie ja alle auch nicht.

    Ich habe jetzt da keine Lösung, aber wenn eine Partei in der Energiepolitik und den Folgen für den Planeten Durchblick haben, dann sind es wohl schon die Grünen.

    Ich habe die grüne Fraktionssprecherin Göring-Eckhardt auch bei Lanz erlebt und kann jetzt nicht, dass sie sich inhaltlich total von Lanz in die Ecke hat drücken lassen. Sie ist politisch auch nicht eine Favoritin von mir, wirklich nicht. Aber sie hat Markus Lanz schon auch die Stirn bieten können. Und das ist bei diesem auf Angriff gepolten Moderator schon eine gute Leistung.
    Die Grünen werden die Welt auch nicht retten können, aber es zumindest eine Möglichkeit aus dem einen oder anderen Fahrwasser heraus zu kommen.

    Das wichtige Thema der sozialen Gerechtigkeit, das schaffen auch die nicht. Ist auch nicht ihr Fokus.

    Sollte etwa Laschet im Verbund mit Merz & Co. diese Themen stemmen können. Nee, bestimmt nicht!

  47. @ Gert Gätke, 27. April 2021 um 8:57

    Betr. den „desaströsen Artikel von Stephan Hebel“ stimme ich Ihnen absolut zu, Herr Gätke.
    Es hat mich einfach umgehauen, wie ein doch kluger Journalist so einen Unsinn schreiben kann. Das kann man, meine ich, nicht einfach an der Person festmachen. Daher habe ich versucht, etwas breiter zu analysieren und dazu eine lange (noch nicht beendete) Diskussion über die von mir vermuteten Hintergründe in Gang gesetzt. Dazu der Link:
    https://www.fr.de/meinung/kommentare/robert-habeck-gruene-annalena-baerbock-kanzler-kfrage-bundestagswahl-90470947.html#idAnchComments

    @ Bronski, 25. April 2021 um 19:55
    „Ist doch interessant, wie man in einer Debatte, die sich eigentlich um Zukunftsfragen dreht, immer wieder in der Vergangenheit landet. Machen wir daraus eine Zukunftsdebatte.“

    Auch da stimme ich absolut zu.
    Um den Bogen von der Vergangenheit zur Zukunft zu schlagen:
    Statt bis zum Sankt-Nimmerleinstag über Schröder und Hartz 4 zu diskutieren, wäre es sinnvoll, sich einmal vor Augen zu halten, was eigentlich den durchschlagenden Erfolg eines Willy Brandt ausmachte.
    „Mehr Demokratie wagen!“ Das war nicht einfach so ein Spruch.
    Dieses Motto schlug den Bogen von der Vergangenheit in die Zukunft, von Verdrängung und Nicht-wahr-haben-Wollen (etwa der Heimatvertriebenen) zu Anerkennung von Realitäten der Gegenwart, von Dogmatismus (Hallstein-Doktrin) zu strategischem und zugleich flexiblem Denken, zu Suche nach Gestaltungsmöglichkeiten der Zukunft, von Gefühlsduselei zu überzeugender Verbindung von Emotion und Verstand.
    Das war es wohl, was Identifikationsmöglichkeiten schuf, die Menschen mitriss und neue Wege öffnete.

    Auf heute übertragen:
    Die großen Themen liegen auf der Hand: Umwelt und Gerechtigkeit (nicht nur in sozialer Hinsicht.
    Vielleicht könnte so ein neues Motto lauten: „Mehr Zukunft und mehr Gerechtigkeit wagen.“
    Was zu konkretisieren und zu kommunizieren wäre.

    Auf die Frage, ob eine Annalena Baerbock „Kanzlerin kann“, möchte ich mich gar nicht so sehr einlassen. Auch solche Personalisierung erscheint mir von gestern zu sein, ein Festklammern an Projektionen von „starker Führung“ zur Verschleierung eigener Verunsicherung angesichts sich auflösender Strukturen, auch Parteien.
    Die Grünen scheinen da eher als andere die Zeichen der Zeit erkannt und sich zusammengerauft zu haben.
    Entscheidender als das scheint mir aber zu sein, was sich parteiübergreifend tut, an sachorientierten Koalitionen, was ja auch zeitweise während der Coronakrise zu erkennen war, sogar als gemeinsames Handeln von Regierung und Opposition.

    Natürlich bin ich auch der Meinung, dass die Zeit nach Wechsel und Ablösung der ewigen Kanzler(innen)-Partei schreit. Aber der bloße Wechsel der Parteien wird nichts grundsätzlich ändern, wenn nicht auch der anglo-amerikanischen Krankheit, dem unversöhnlichen, destruktiven Gegeneinander entgegen gewirkt wird.

  48. Was mich schon lange wundert ist das die linke Bewegung anscheinend überhaupt nicht weiß wie Marktwirtschaft funktioniert. Da redet man über Mietpreisbremse und ähnliches. Damit wird man nie durchkommen wie das Verfassungsgericht gerade bewiesen hat. Das Thema müsste völlig anders angegangen werden. Ich habe die Tage ein Bespiel gesehen. Da verändert sich der Bodenrichtwert von Acker auf Bauland von 4 Euro/ Quadratmeter auf 550 Euro. Das Ganze passiert weitgehend steuerfrei und in ähnlicher Form in ganz D. Das hatte vor Jahrzehnten schon Hans Joachim Vogel als Oberbürgermeister von München thematisiert. Da würde kein Verfassungsgericht irgendetwas sagen und es wären wohl Hunderte von Milliarden Euro möglich oder möglich gewesen zu erzielen. Damit hätte man den sozialen Wohnungsbau bequem erweitern können aber die Leute die sich dafür einsetzen verrennen sich in eine Mietpreisbremse. Das muss man nicht wirklich verstehen. Die Grünen werden das aber auch nicht ändern. Es ist eher die Linke die sich wundert warum sie so erfolglos ist.

  49. zu @ Jürgen Malyssek
    Na ja auf das Uraltargument gegen den Ausstieg aus Atom und Kohle das es kaum die Lösung sein kann selbiges aus Frankreich und Polen zu beziehen würde ich schon erwarten das jeder grüne Bundestagsabgeordnete antworten kann. Auch wenn man nicht hauptsächlich an dem Thema ist könnte man irgendwann mal einen Blick in die Deutsche Strom Export/ Importbilanz der letzten 10 Jahre geworfen haben. Eigentlich würde ich das sogar von dem Fragesteller erwarten der sich auf so eine Sendung vorbereitet ob das auch stimmt was er fragen will.

  50. @ hans

    Sie mögen in der Sache recht haben. Ich kann Ihnen an dieser Stelle nicht widersprechen, da ich da nicht firm bin.

  51. @all
    Die Realitätsferne in Sachen Klimaschutz ist beeindruckend. In etwa das Gleiche wie bei der Pandemie /Corona. Der Unterschied besteht nur darin, dass die Pandemie eine immanente Krise ist, das Klimaproblem aber zumindest weit weg erscheint, wenn es das auch nicht ist. Solange die Politik so tut, als sei mit halbherzigen Maßnahmen alles noch zu retten, so kann man doch nur von einem Lügengebäude reden. Es gibt hier ein Kriterium, das ist der CO2 Gehalt der Atmosphäre, der steigt immer stärker an, trotz aller Bemühungen, mit allen Folgen, die die Sache von Tag zu Tag verschlimmern und auf vielen Gebieten uneinholbar machen.. Das Problem, wenn wir jemanden hätten, der dies erkennt würde wohl die Wählerschaft diese Person kaum wählen, weil die von dieser Person zu ergreifenden Maßnahmen an Härte die der Maßnahmen gegen die Pandemie noch überträfen. Ohne diese Maßnahmen ist das Klima aber nicht zu retten. Kommt dazu, dass dies Weltweit zu geschehen hätte und die Wirtschaft, wie wir sie heute kennen knirschend zum Stehen käme, mit harten Folgen an Leben und Finanzen. All die Konferenzen mit all den tollen Zukunftsplänen – Makulatur. Erst wenn die Klimakrise breitflächig zur Krise wird, wenn die Städte absaufen, die Dürre den Weizenpreis durch die Decke jagt, die Flüchtlinge zu zig Millionen unterwegs sind usw usw., erst dann vielleicht wird man weltweit zur Besinnung kommen.
    Die Themen Artenschutz und Umwelt kommen z.Zt. überhaupt nicht mehr vor, sie sind aber genau so Unheilträchtig wie das Klima. Plastik im Meer, Pharma im Trinkwasser, Gift auf den Äckern, Insektensterben und und und der zu säubernde Augiasstall ist riesig, da reicht ein Herkules nicht aus. Auch Frau Baerbok wird das nicht schaffen….

  52. Lieber Stefan Hebel, Ihre Artikel und Kommentare schätze ich sehr. Umso mehr hat mich Ihr Kommentar zu Habeck erstaunt und verärgert. In welchem Strom schwimmen Sie mit, wenn Sie Habeck als „Heulsuse“ abwerten? Um mir ein eigenes Urteil zu bilden, habe ich den Artikel in der „Zeit“ sehr genau gelesen. Robert Habeck gibt darin seiner Enttäuschung Ausdruck, dass er nicht der Bundeskanzlerkandidat der Grünen geworden ist. So what?! Natürlich ist er enttäuscht, und er gibt es zu, anstatt in seifenlaugengespülten Worten herumzusalbadern oder hübsch verpackt Sticheleien auszuteilen. Es ist eine Enttäuschung! Genauso enttäuscht wäre Annalena Baerbock im umgekehrten Fall gewesen. Im Unterschied zu den beiden Kandidaten von CDU und CSU waren diese beiden in meinen Augen jeweils bestens geeignet. Robert Habeck auf seine und Annalena Baerbock auf ihre Art. Da ging es nicht um den Besseren oder die Bessere. Beide haben unbestritten hohe, wenn auch unterschiedliche Qualitäten. Die taktische Frage, mit wem könnten wir die meisten Stimmen bei der Wahl bekommen, war öffentlich jedenfalls kein Thema.
    Am Interview der beiden „Zeit“-Journalistinnen, wohlgemerkt nur zwei Stunden nach der Entscheidungsverkündung, stört mich der Ansatz, einen Keil zwischen Annalena Baerbock und Robert Habeck treiben zu wollen und ein Frau-Mann-Ding aus der Entscheidung zu machen. Sie sind nun mal Mann und Frau. Hätte Robert Habeck gewonnen, hätte es geheißen, nicht mal die Grünen kriegen es hin, die Frau für das Spitzenamt zu benennen. Mit keinem Wort hat Habeck zudem etwas gegen Baerbock gesagt und sich auf das „der/die Bessere“ eingelassen. In seiner Enttäuschung und Trauer ist er loyal und anerkennend geblieben. Im Gegensatz zu Herrn Söder, der in seinem ersten Statement gleich das Gegenteil bewiesen hat, wird Habeck Wort halten und Baerbock unterstützen – für ihren Erfolg, den der Partei und nicht zuletzt für seinen eigenen. Auch in seinem Wunsch, zukünftig eine tragende Rolle zu spielen, bleibt er ehrlich.
    Man wird es Baerbock im Wahlkampf schwer genug machen. Die ersten Geschütze wurden bereits aufgefahren. Unbestritten ist jedoch, was sie an Kompetenzen, Klugheit und Lernbereitschaft mitbringt. Davon würde ich mir bei so manchem Politiker ein deutliches „Mehr“ wünschen.

  53. In der Regel schätze ich die Artikel von Stefan Hebel. Sein Kommentar über Robert Habecks Interview in der ZEIT hat mich allerdings befremdet. Wenn Her Franz Josef Wagner in der Bild-Zeitung schreibt, Habeck sei ein „seltsamer Mann“ ist das nicht weiter verwunderlich, enthüllt es doch das Selbstbild von Herrn Wagner und die von ihm und seinen Kollegen erzeugten Männlichkeitsklischees. Zur FR passt das doch eher nicht. Wenn Stefan Hebel darüber sinniert, ob nicht für Robert Habeck ‚Heulsuse’gegendert werden sollte, fühle ich mich auf der Stelle auf einen Schulhof Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts zurückversetzt. Noch beliebter währenddessen und danach war ‚Memme‘, abgeleitet von ‚Mamma“, was darauf hinwies, dass der betreffende etwas sensiblere Junge noch an der Brust seiner Mama hing. Später kamen andere Variationen auf: Weichei, Warmduscher, wahlweise auch: „Der Herr badet gerne lau“, Herbert Wehners Bezeichnung für Willy Brandt. ‚Schwul“ war und ist gebräuchlich, Warmduscher und Warmer Bruder liegen nahe beieinande. In manchen Kreisen hieß es ‚Männlicher Emo“. Beliebter ist allerdings in den letzten Jahren kurz und knapp: ‚Mädchen“, wohlgemerkt für Jungen.
    Da haben sich frau und macher Mann seit mindestens 1968 bemüht, den Auftrag außer Kraft zu setzen, der kleinen Jungen jahrhundertelang eingebleut wurde: Ein Junge weint nicht, das machen nur Mädchen. Warum soll Habeck nicht offen über seine Enttäuschung sprechen? Was war das für eine seltsame und intransparente Art der Entscheidungsfindung, die suggerierte, alles sei miit eitel Harmonie vonstatten gegangen. In Umfragen zahlt sich diese Inszenierung für die Grünen offenbar aus. Es ist wohl beruhigend, wenn sich in diesen unüberschaubaren Zeiten die Entscheidungsträger nicht streiten. Mama und Papa sollen das ja auch nicht, und wenn doch, dann nur hinter verschlossenen Türen.
    Ich halte es nicht für den Höhepunkt politischer Konfliktfähigkeit, Harmonie zu inszenieren. Habeck hätte wohl nach der Niederlage als lonesome cowboy dem Sonnenuntergang entgegenreiten und am Lagerfeuer seine Wunden lecken sollen, allein für sich. Mannhaft halt, wie sich’s gehört.

  54. @Doris Müller-Fisher, 5. Mai 2021 um 9:02
    @Elke Weyel , 5. Mai 2021 um 9:23

    Hallo, Frau Müller-Fisher und Frau Weyel,
    Ich stimme Ihnen beiden uneingeschränkt zu und habe das auch im Kommentarteil des oben verlinkten Artikels (Beitrag 4.Mai) sowie auf meiner Website (Zugang: FR-Kommentare + mein Name) deutlich zum Ausdruck gebracht. Hier versuche ich auch, unter Bezugnahme auf das Kesseltreiben gegen Wolfgang Thierse, den Zusammenhang zu einer pseudo-„linken“ „Identitätspolitik“ aufzuzeigen. Meine Kommentarreihe ist noch nicht abgeschlossen und wird in den nächsten Tagen ergänzt.
    Die Hinweise von Frau Weyel auf ein überkommenes Macho-Männerbild (das ja mit einem noch übleren Frauenbild verknüpft ist) finde ich sehr treffend. Als Alt-68er sind mir noch einige Beispiele dazu in Erinnerung.
    In meiner Roman-Trilogie zur Nachkriegszeit und den 50er Jahren aus Sicht eines sich emanzipierenden Mädchens nenne ich das von Ihnen angesprochene Prinzip der Jungen- und Mädchenerziehung das „Strampelhosen-Prinzip“: Mädchen rosa, Jungen hellblau.
    Mit freundlichen Grüßen
    Werner Engelmann

  55. Man stelle sich einmal vor, die Linkspartei verlangte als Bedingung für ihren denkbaren Eintritt in eine neue Bundesregierung den Austritt Deutschlands aus der NATO. Man könnte ihr dann zu Recht vorwerfen, sie sei nicht wirklich regierungswillig und ihr sozialpolitischer Forderungskatalog nur Schaufensterdekoration, denn SPD und Grüne (die heutigen jedenfalls, nicht die Gründungsgeneration) könnten eine solche Bedingung nicht akzeptieren.
    Das genaue Gegenstück zu einem solchen Auftritt der Linken ist freilich mehr als eine Vorstellung, sondern in Gestalt von Äußerungen Robert Habecks gegenüber der Funke-Mediengruppe inzwischen eine Tatsache. Habeck bekennt sich nicht nur für seine Person zur NATO – was ihm zusteht – , sondern verlangt von der Linkspartei das gleiche „Bekenntnis“, von dem er genau weiß, dass es nicht kommen wird. Habeck will, wie er den Funke-Medien versichert, „keine Ausschließeritis“, aber nun betreibt er sie doch, wenn auch in Form ihrer Leugnung. (Zur Erinnerung: 1981 gingen Frankreichs Sozialisten unter Präsident Mitterrand eine Koalition mit den französischen Kommunisten ein, ohne von diesen ein „Bekenntnis zur NATO“ zu verlangen !)
    Als wäre ein solches Bekenntnis ein noch zu bescheidener Preis, soll die Linkspartei nach Habecks Worten auch noch zustimmen, „dass der industrielle Kern dieser Republik nicht zerstört wird“. Er unterstellt also, dass von dieser Partei bislang eine solche Gefahr ausgehe, mithin genau das, was vom rechten Spektrum (AfD, Union, FDP, Wirtschaftslobby) den Grünen unterstellt wurde und zum Teil immer noch wird. Statt so eine Lüge zurückzuweisen, macht er sich mit ihren Erfindern gemein und erklärt sie für berechtigt, wenn sie statt auf die Grünen auf die Linke zielt.
    Keinem anderen denkbaren künftigen Koalitionspartner stellt Habeck – jedenfalls bislang – vergleichbare Bedingungen. Die Kluft zwischen der grünen Programmatik und der jahrzehntelangen Praxis der Union ist riesig – aber offenbar kein Grund für ihn, von CDU und CSU die Schlachtung ihrer heiligen Kühe zu verlangen. Dafür darf die Linke behandelt werden, als wäre sie so etwas wie ein strafrechtlicher Bewährungsfall.

  56. Mit der neuen Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei,Janine Wissler,wird es keine Rot-rot-grüne Koalition nach der Bundestagswahl im Herbst geben. Wissler wird ihren Prinzipien treu bleiben und in keine Koalition eintreten,die irgendwelche Einsätze der Bundeswehr im Ausland unterstützt. Damit hat die mögliche Kanzlerin Annalena Baerbock lediglich die Option mit der CDU eine neue Regierung zu bilden. Ein weiterso in Deutschland?

  57. @ Karl Wetzel:

    Den Widerstand gegen rot-rot-grün sehe ich eher bei den Grünen als bei den Linken, da Annalena Baerbock noch mehr als die SPD auf US-Kurs, Aufrüstung, gegen Nord-Stream 2 und gegen Russland setzt.

    Bereits die Fortsetzung von grün-schwarz in Baden-Württemberg hat deutlich gemacht, dass die Grünen derzeit auf jeden Fall auf grün-schwarz zusteuern, wie mir auch ein Grünen-Mitglied bereits im Herbst 2020 mitgeteilt hat.

    Und es zeigt sich im Bund, dass Kretschmann z.B. mehr mit Söder arbeitet als mit den SPD-Landeschefs oder gar mit Ramelow.

  58. zu @ Karl Wetzel
    Nach der letzten Umfrage in der ARD reicht es auch für Grün/Rot/Gelb. Ich weiß noch nicht ob ich mich darüber freuen würde. Was mir aber bei Frau Baerbock schon aufgefallen ist ist das sie den Anschein erweckt sehr kompetent zu sein was die Energiewende betrifft. Sie hat nach meiner Meinung schon mit Leuten wie Herr Graichen gesprochen und weiß von was sie redet. Es wird noch spannend wenn sie auf Herr Laschet trifft dem ich ähnliche Kompetenz wie sie Friedrich Merz die Tage bei Markus Lanz gezeigt hat zutraue. Nämlich gar keine was Energiepolitik betrifft.

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