ADAC: Vertraute Institutionen bekommen Risse

Vertrauensverlust, wohin man schaut. Die katholische Kirche – Missbrauchsskandale. Der deutsche Staat – schafft Niedriglohnsektor, statt für sozialen Ausgleich zu sorgen. Prominente Ikonen wie Uli Hoeneß oder Alice Schwarzer – moralisch bankrott durch Steuerhinterziehung. Und jetzt auch noch der ADAC! Es gibt nichts mehr, woran man sich noch festhalten kann. Egoismus und Gier, wohin man auch schaut.

Erst die Manipulationen am „Gelben Engel„, der Auszeichnung für der Deutschen liebstes Auto. Es war, als wäre mit der Berichterstattung darüber ein Damm gebrochen. Plötzlich kochten auch alte Geschichten wieder hoch, etwa dass der heutige Vorsitzende Peter Meyer Hubschrauber der ADAC-Luftrettung benutzt haben soll, um sich zu geschäftlichen Terminen befördern zu lassen. Der ADAC Hessen-Thüringen baute eine Villa in Bad Homburg, die zur Miete von einem Regionalmanager des Clubs bewohnt wird. Dann die Sache mit den Batterien, die liegengebliebenen Autofahrern von den Pannenhelfer aufgeschwatzt worden sein sollen. Es ist schon eine beeindruckende Liste von Fehlleistungen, die der ADAC sich da geleistet hat. Alles zusammen dürfte die Folge von Intransparenz sein: Der ADAC tritt zwar wie ein Wirtschaftsunternehmen auf, ist aber ein Verein, für den zahlreiche Transparenzregeln der Wirtschaft nicht gelten. Das ganze ist ein Fiasko. Das Vertrauen der Deutschen in diese heilige Kuh, die stets die „freie Fahrt für freie Bürger“ verteidigte, dürfte nachhaltig beschädigt sein.

Sigurd Schmidt aus Bad Homburg meint:

„Die Vorgänge um den ADAC lassen aufhorchen. Der ADAC verfügt in Deutschland über eine unangemessene Machtposition. Wer steuert dagegen an?
Wir haben es leider im Nachkriegsdeutschland – bei allem rhetorischem „Preisen“ der sozialen Marktwirtschaft – mit einem korporativ-vermachteten Verbandsstaat zu tun. Man könnte sogar schon von einer modernen Zünfte-Wirtschaft eigener Prägung reden. Bundespräsident Joachim Gauck hat ein Loblied vom Neoliberalismus in Freiburg bei einer Festveranstaltung zur Walter-Eucken-Gesellschaft gesungen. Herr Gauck: Sie sind ein überaus aufrichtiger Mensch, aber verstehen Sie denn etwas von der heutigen realen Wirtschaftpolitik der Lobbyisten? Es geht nicht um die Einforderung von mehr bürgerlicher Sittlichkeit im politico-ökonomischen Geschäft. Es geht darum, dass – wie im Sport – bestimmte Spielregeln auch verbandspoltischen Handelns, einfach eingehalten werden. Also: Es bedarf verbandsethischer Codices. Bei Privatunternehmen spricht man von: „Corporate Gouvernance“. Ist das aber gar nur ein rotes Röckelchen? Der Ton der Finanzaufsichtsbehörden gegenüber bestimmten Finanzhäusern wird derzeit sehr viel härter. Da kommt ein „Tsunami“ auf!“

Heinz Abraham aus Kronberg:

„ADAC, Bund der Steuerzahler und Bund der Versicherten. Zu den Organisationen, die sich im Titel als Anwalt oder Vertreter der Verbraucher darstellen, aber daneben in wesentlichem Umfang Lobbyarbeit betreiben, ohne dies deutlich zumachen, gehören die drei genannten Firmen.
In den ADAC tritt man zunächst ein, weil man im Fall der Fälle beim Autofahren Hilfe bekommen will. Mit den politischen Ziele des ADAC wird man später erst in der Mitglieder-Zeitschrift konfrontiert und wundert sich, dass man dort weniger Kontrollen, Radargeräte und Geschwindigkeits-Begrenzungen, mehr Subventionen für die Industrie und manches andere verlangt, das ahnen lässt, wer dahinter stecken könnte. Die Fälschung von Umfragen und Testergebnissen kann vorauseilende unentgeltliche Hilfe für die Autoindustrie spezieller Modelle sein, aber auch u. U. Korruption durch Geld oder Versprechen späterer guter Verwendungen in der Industrie, was ja noch ungeklärt ist.
Ähnliche Diskrepanzen zwischen Anspruch und Realität findet man beim Bund der Steuerzahler, bei dem vorwiegend nicht die kleinen Leute der unteren Lohngruppen, sondern der Mittelstand und Betuchte „beraten“ und ihre Interessen vertreten werden, wenn bestimmte „Vorschläge“ veröffentlicht oder Gesetzesänderungen angeregt werden. Die Mehrzahl der Steuerzahler ist dort nicht Mitglied und fühlt sich nur sehr bedingt angesprochen und unabhängig sachlich beraten.
Auch der Bund der Versicherten hat neben einigen wenigen kritischen und sinnvollen Aktivitäten immer erkennen lassen, dass er zur Versicherungswirtschaft keineswegs ein konträres Verhältnis hat, um es vorsichtig auszudrücken. Er ist nicht ganz so unabhängig, wie er tut. Man erkennt es daran, dass er die „Schulden“ der öffentlichen Hand nirgends den sozialen Verpflichtungen des Staates gegenüberstellt und im Grunde die Soziale Marktwirtschaft missverstehen will. (Übrigens sind nicht die Versicherten die Vertragspartner der Versicherungsgesellschaften, sondern die Versicherungsnehmer).
Zugegeben muss allerdings werden, dass die Vorstände dieser Firmen keine Abgeordneten sind, also die Lobbytätigkeit nicht primär parteipolitisch ist, sondern nur unterschiedliche gewerbliche Aktivitäten stützt.
Als früherer Arbeitnehmer, als Noch-ADAC-Mitglied und Beitragszahler und als Nichtmitglied bei BdStZ und BdV frage ich mich, inwieweit Subventionen und auch Steuervorteile für diese privaten Institutionen gegeben und berechtigt sind. Wer prüft das“

Rudolf Erdmann aus Groß-Zimmern:

„Mein Gefühl sagt mir, das wird für den ADAC das, was für den Stern die gefälschten Hitler Tagebücher waren. Der Anfang vom Abstieg zu – nur noch einer unter mehreren!“

Gerhard Kuhn aus Eschborn:

„Der gelbe Engel hat bei der Beliebtheit des Autos der ADAC-Mitglieder gemauschelt. Im Januar 2014 kam es ans Tageslicht. Man vermutet, es wurden schon früher die Zahlen für die Beliebtheit willkürlich nach oben gedrückt. Diesmal von etwa 3000 auf 30 000.
Man vermutet weiter, auch andere Zahlen, Untersuchungen, Vergleichstests könnten geschönt worden sein. In den 1980er Jahren war ich in einer automobilen Versuchsabteilung. Damals bekam der ADAC auf Anfrage Fahrzeuge für Vergleichstest zur Verfügung gestellt. Alle möglichen Einstelldaten und Messungen wurden intern vor Auslieferung schriftlich festgehalten. Man war immer wieder erstaunt, wenn die Fahrzeuge zurückkamen. Manche Einstellungen waren so verändert, dass sie zu schlechten Werten führten.
Für den Fachmann wäre es erstaunlich, wenn beim ADAC alles mit rechten Dingen seit den 1980er Jahren geschehen wäre. Manche Vergleichstests waren absehbar, wie sie ausgehen würden, wenn VW dabei war. Da war der ADAC aber nicht allein, auch namhafte deutsche Autozeitschriften waren darunter. Es gibt Aussagen, die bleiben im Gedächtnis, so wurde beim VW Golf die hohe Ladekante bemängelt. Ein anderes Fahrzeug einer anderen Marke war diesbezüglich deutlich besser. Was sagte man zum Schluss: Der Golf-Fahrer kennt dieses Manko und nimmt es hin. Und schon stand der VW Golf wieder glänzend da.
Bei manchen Autozeitschriften kann man vorher schon ahnen, wer der Sieger von Vergleichstests ist. Jeder scheinbar unabhängige Verlag hat seine Lieblingsmarke. Der Leser jubelt.
Oder die Karosseriespaltmaße. Damit konnte man bei VW Pluspunkte einheimsen, um von anderen Produktmängeln abzulenken.
Ob bewusst oder unbewusst, mancher Fachjournalist erklärte Sachverhalte als Positives, was tatsächlich negativ war. Zum Beispiel die Klimaanlage. Diese wurden in der Regel während der Inspektion nicht getestet, weil zu teuer. Eine Automobilmarke vom Niederrhein verkaufte den Test als kundenfreundlich. Tatsächlich war die Klimaanlage dort damals ein Manko.
Es wurde gefragt, ob man beim ADAC von den Fälschungen auf breiter Basis wusste? Davon kann man ausgehen. Man kann vermuten, von oben wurde diese Richtung seit Jahrzehnten verfolgt, siehe technische Manipulation in den 1980er Jahren. Sicher wussten mehr als nur Herr Ramsauer davon. Nur: War es ratsam, dies zu artikulieren? Es ist nicht ratsam! Das ist mit Gehaltseinbußen und Degradierung verbunden. Nicht beim ersten Mal, aber beim zweiten Mal. Das ist in allen Firmen und Institutionen so. Wer negativ auffällt, wird bestraft, auch wenn er die Wahrheit sagt, das ist in der Automobilindustrie so, beim Blutspendendienst (damals nur) Hessen oder in den örtlichen Sportvereinen so, z.B. Eschborn.
Man sollte nicht auf die Mitarbeiter beim ADAC deuten, die anderen sind nicht besser. Sie sind vielleicht geschickter im Vertuschen. Da wären wir bei der Mobilitätsgarantie der Automobilfirmen. Neufahrzeugbesitzern suggeriert man schnelle Hilfe bei einer Panne. Das hat den Vorteil, dieses Fahrzeug erscheint in keiner Pannenstatistik. Und die Automobilfirma bekommt einen technischen Bericht zur Mangelursache.
Die Mobilität will bezahlt werden. Nicht nur der ADAC verdient daran. Die Werbung, Marketing, der Verkauf wollen nicht mit ihrer Fahrzeug-Palette die ADAC-Zitrone bekommen. Das legt man oben fest, wo man das Geld für Aktionäre im Blick hat. Da wird vielleicht mit Firmen eine Verbindung eingegangen, die man sonst nicht für möglich hielt. Plötzlich sollen Leicht-Lastwagenmotoren in Personenkraftfahrzeuge eingebaut werden. Man spart sich dadurch Entwicklungskosten. Kundenkosten werden dann negiert.
Ein Hersteller hatte Motoren, bei denen man die Ventile seit Jahrzehnten nicht mehr einstellen musste, das waren selbstnachstellende Ventile. Nun brauchte man unbedingt einen 6-Zylindermotor und fand den im Baukasten eines Partners. Dass man plötzlich wieder die Ventile wieder einstellen musste, war nicht das Thema, auch nicht, dass man an zwei Zylinder gar nicht hinkam. Das bezahlte der Kunde.“

Friedhelm Schrey aus Schlangenbad:

„‚Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“! Ob Lenin es nun so gesagt hat oder anders, ist nicht entscheidend. In unserer Gesellschaft gibt es einige Institutionen, denen wir vertrauen – vertraut haben –, und erleben tagtäglich, wie die „Festungen“ Risse bekommen und in sich zerbröseln. Zum Schluss nun auch der ADAC. Auf was können wir uns noch verlassen: Kirchen (jeden Tag neue Hiobs-Botschaften), TÜV (Implantate), Stiftung Warentest (Ritter Sport), Banken sowieso schon lange nicht mehr, und so weiter und so weiter. Die Mächtigen leben sich selbst und gaukeln den Wählern, Gläubigen, Kunden etwas vor, um ihre eigene Situation, (Macht, Vermögen, Ansehen) zu stärken und zu verbessern.
Mit dem zunehmenden Vertrauensverlust schwinden auch die letzten ethischen Bollwerke, oder hat es sie überhaupt jemals gegeben!? Ein menschenwürdiges System kann nicht ohne eine Vertrauensgrundlage offen miteinander umgehen. Die Alternative ist Kontrolle und immer mehr Kontrolle, und wenn die nicht mehr ausreicht, kommt die Gewalt. Wenn man Lenin richtig interpretiert, soll er auch eher gesagt haben: „Vertraue, aber prüfe nach“.
Unsere Zeit fordert uns heraus. Konsumgeblendet hat der Hochglanz eine immer intensivere Wirkung als der vernünftige Menschenverstand. Wir können nicht unterscheiden, ob beim ADAC 3400 oder 34 000 richtig ist, aber wir können mitdenken und uns vorstellen, dass bei Eckzinssätzen von 0,5 Prozent ein Fond nicht 6 bis 8 Prozent Rendite auszahlen kann, wir können uns vorstellen, dass in männlichen oder weiblichen Lebensgemeinschaften (Orden) Sexualität selbstverständlich auch eine Rolle spielt und sie nur gewaltsam unterdrückt wird, und das mit allen sich daraus ergebenden Folgen, und wenn wir uns ein bisschen anstrengen, dann wissen wir auch, dass eine Bank kein Geld verschenkt, sondern mehren will – und das dann leider auch über alle gesetzlichen und moralischen Regeln hinweg.
Der ADAC reiht sich nun ein in die Gruppe der Unternehmen, die ihre Dienst–Leistungs-Angebote zwar den Kunden verkaufen wollen, der Return um die eigene Achse aber doch die Oberhand bekommen hat. Macht darf sich nicht verselbständigen, sie braucht ein starkes Gegenüber, das können nur die Gläubigen, die Wähler, die Kunden sein, und dann gehört zum Vertrauen eben auch das Prüfen.“

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4 Kommentare zu “ADAC: Vertraute Institutionen bekommen Risse

  1. Als ich zum ersten Mal in einem Editorial der „motorwelt“ die absurde Beschwerde las, dass in den Strassenbau nicht soviel Geld fließt, wie von KFZ-Steuer und Mineralölsteuer eingenommen wird, bin ich stante pede ausgetreten.
    Die Bigotterie, dass der adac Reisen, Versicherungen, Leihwagen, Kreditkarten und Handyverträge vermittelt und Auto- und Motorradrennen organisiert, sagt doch eigentlich schon alles.
    Die Geschäftsform als Verein dient nur dazu, Transpararenz zu vermeiden, wie weiter oben schon zu lesen war.

    Ich bin im VCD höchst zufrieden und habe nebenbei noch ein gutes Gefühl, dass ich damit eine Kleinigkeit für die Umwelt tue. Andererseits fahre ich auch nur sehr wenig Auto und mein Risiko ist eher gering, liegenzubleiben 😉

  2. Man möge sich nur einmal eine Massenkarambolage vorstellen mit vielen Schwerverletzten, wo Rettungshubschrauber dringend benötigt würden: Letztere stehen allerdings nicht zur Verfügung; da darin gerade Bonzen chauffiert werden! Wahrhaft chinesische Zustände mitten in unserer Demokratie!

  3. Das Ende der Unfehlbarkeit des ADAC , ein höchst interessanter Vorgang im Land des geheiligten Individualverkehrs.

    Im Nachhinein ist immer leicht reden , aber waren (nicht nur) Hoeneß und Schwarzer Leute , die gerade in ihren „Fachbereichen“ alles Andere als vorbildlich zu bezeichnen waren und sind ?
    Ist es wiklich überraschend bei diesen Personen , oder fallen da nur Viele aus ihren Wolken , oder besser , aus ihrem Wolkenkuckucksheim?
    Wenn allzu Viele immer dazu neigen , Menschen oder Institutionen auf einen Sockel des Unangreifbaren zu stellen , dann versinken Institutionen und Menschen eben irgendwann in Korruption.

  4. Bedenkt man, daß sich von den 19 Mio Mitgliedern nur etwa 45.000 an der Abstimmung beteilt haben sei die Frage erlaubt warum sich der ADAC nicht als Selbstauflage gestellt hat erst bei einer Beteilung von einer repräsentativen Anzahl von Mitgliedern mit dem Ergebnis zu arbeiten. Weiter stellt sich die Frage warum die Autoindustrie diesen Preis gerne annimmt in Kenntnis dieses Sachverhalts.

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