Fragt sich eigentlich jemand, ob Josef Ackermann, Chef der Deutschen Bank, jemals selbst an das Ziel geglaubt hat, das er einst ausgab: unglaubliche 25 Prozent Rendite? Und wenn ja, war er sich dessen bewusst, dass er damit ein Leitmotiv setzte? Wenn nicht, hat er verantwortungslos gehandelt; wenn doch, müsste er sich eigentlich für gottgleich gehalten haben. Grund genug, die Kirchen auf den Plan zu rufen. Bischof Wolfgang Huber, Ratsvorsitzender der EKD, kritisierte Ackermann in der Berliner Zeitung mit ungewöhnlich deutlichen Worten: „In den aktuellen Zusammenhängen ist das Geld zum Gott geworden.“ Nie wieder 25 Prozent! Dadurch würden Wachstumserwartungen geweckt, die immer größer würden und letztlich nicht erfüllt werden könnten. Die Ausnutzung persönlicher Freiheit und die Vernachlässigung von Verantwortung habe „unsere Welt in eine tiefe Krise gestürzt“, sagte Huber und rief dazu auf, wieder klarer zwischen Gott und Geld zu unterscheiden. Er meint das natürlich in Form einer Rückbesinnung.
Und wie reagiert die Deutsche Bank? Sie „betrachtet die persönliche Attacke von Bischof Huber auf ihren Vorstandsvorsitzenden sowohl in der Sache wie in der Form als unangebracht“, sagte ein Banksprecher am Freitag in Frankfurt. Die FR-Leser sehen das größtenteils anders. So etwa Falk Link aus Struppen:
„Wieso fühlte sich die Deutsche Bank wohl angegriffen, als Bischof Huber zu mehr Bescheidenheit der Manager aufrief und namentlich den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank nannte? Getroffene Hunde bellen. Meinen Sie nicht auch, dass bei 14 Millionen Euro Gehalt im Jahr 2007 etwas mehr Bescheidenheit nicht schaden kann? Allerdings sollten wir nicht in eine Neid-Debatte verfallen, denn so treiben wir die Leistungsträger ins Ausland. Leistung muss sich auch weiterhin lohnen, und wer gute Arbeit macht, soll gut bezahlt werden.
Wieso gab es eine Bankenkrise? Lag es nicht am falschen Anreizsystem? Erfolgszahlungen auf kurzfristige Steigerung der Börsenwerte sind nichts für nachhaltiges Wachstum. Das sehen wir jetzt schmerzlich. Müssen die Anreizsysteme der Banken nicht wieder auf langfristige Ziele ausgerichtet werden? Diese sollten auch in den Aktienkurs eingehen, und dann werden in Zukunft solche Krisen vermieden.
Und noch einen Tipp an die Deutsche Bank. Kirchenleute sind dazu da, dass sie Fehlentwicklungen aus ihrer Sicht benennen, kritisieren und sich für eine bessere und gerechtere Welt einsetzen. Dieses Bestreben der Kirche ist eine Strebe, die unsere Gesellschaft zusammenhält. Was wäre unsere Gesellschaft ohne Bahnhofsmissionen, Suppenküchen, Kleiderkammern etc.? Denken Sie bitte einmal darüber nach!“
Marion Manneck aus Essen meint:
„Die Damen und Herren Vorstandsmitglieder in den Banken und anderen Firmen sollten diese Kritik an sich heranlassen. Denn sie ist mehr als berechtigt. Bischof Huber hat recht mit seiner Kritik an einer Rendite-Erwartung von 25 Prozent. Die Angestellten in den Banken waren und sind einem enormen Druck ausgesetzt. Zum Nachteil der Kunden! Dieser Druck kam und kommt aus den Vorstandsetagen. Das können die Vorstände nicht leugnen.
Erst wird gezockt auf Teufel komm raus, dann platzen die Blasen und keiner will es gewesen sein. Alle Vorstände haben nichts damit zu tun. Welche Verlogenheit!“
Hingegen Ulf D. Posé vom Ethikverband der Deutschen Wirtschaft e.V., Frankfurt:
“
Den Tanz umd das Goldene Kalb zu kritisieren ist berechtigt. Menschen auf ihre okonomische Verwertung zu reduzieren, muss angeprangert werden dürfen. Banker aufzufordern, sich darauf zu besinnen, dass sie das Geld von Anlegern treuhänderisch verwalten, und damit eine Art Fürsorgeplicht besitzen, muss angemahnt werden dürfen. In dieser Sache kann der EVW Bischof Huber nur unterstützen.
Bischof Huber hat Recht, wenn er Mäßigung fordert, wenn er fordert, sich auf ethische Tugenden zu besinnen. Er hat weiterhin Recht, wenn er kritisiert, dass ökonomische Werte und das Streben nach Profit zum Fetisch geworden sind, der verleugnet, dass das ökonomische Motiv im Motivbündel der Menschen zwangsläufig in der Minderheit ist.
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank steht derzeit sosehr in der öffentlichen Kritik, dass es jetzt notwendig erscheint, die Angemessenheit der Kritik zu überdenken. Es kann nicht sein, dass wir den Pranger des Mittelalters durch einen Medienpranger ersetzen. Herrn Dr. Ackermann persönlich zu kritisieren erfordert ethische Verantwortung. Und diese bezieht sich sicher auf die Handlungen der Menschen. Sonst kann die Vorgehensweise hinter dem ethischen Ziel oder der ethischen Absicht versteckt werden. Der Ratsvorsitzende der evangelischen Kirche bewegt sich auf sehr dünnen christlichen Eis, wenn er Herrn Dr. Ackermann persönlich stellvertretend für Bankmanager kritisiert.
Eines erscheint in diesem Zusammenhang wichtig. Abgesehen von all den Millionenbeträgen, die die Deutsche Bank von ihrem Gewinn abzweigt für die Unterstützung sozialer Projekte, ist es in der Vergangenheit Herrn Dr. Ackermann gelungen, die Deutsche Bank aus recht schwierigen ökonomischen Fahrwassern heraus wieder in die Erfolgsspur zu bringen mit Maßnahmen, die durchaus ethischen Kriterien standhalten können. Dass die Pressearbeit der Deutschen Bank recht unglücklich gestaltet wurde, sollte nicht dazu führen, den moralischen Stab über einen Menschen zu brechen. Schon der Gründervater des christlichen Glaubens hat sich gegen die moralisierende Kritik gegen Personen gewandt, als er forderte: „Nur wer da ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.“
Schon der Gründervater des christlichen Glaubens hat sich gegen die moralisierende Kritik gegen Personen gewandt, als er forderte: „Nur wer da ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.“ – So heißt es oben.
Aha, aber eine Sünde bleibt es, was Ackermann da so getrieben hat, oder? Sonst wäre der Hinweis auf den so genannten Gründervater (eine sehr unglückliche Rede- Figur) logisch sinnlos. Wir lernen auch: wenn es passt, wird sogar Jesus zitiert, der allerdings gerade zum rüden Kapitalismus, wie man weiß, noch viel mehr gesagt hat. Das Kamel im Nadelöhr will ich nicht zitieren; wohl aber den Hinweis im Neuen Testament, dass nur Verteilungsgerechtigkeit (zum Jüngling: gehe hin und gebe Dein Geld – auch – den Armen) ein „christlicher“ Wert ist, nicht willkürliche Spenden, die immer – oder in der Regel – deshalb misslich sind, weil sie dem objektiven Wohl entzogen sind.
Nun hat Ackermanns soziale Tat (Millionen in soziale Projekte) alles von Gutsherren und nichts von Verteilungssystematik im Neuen Testament an sich. Aber auf die kommt alles an, wie wir gesehen haben. Auch ist die Stellungnahme für einen Ethiker etwas flach. Bei den zitierten „ökonomischen Werten“ und dem Fetisch „Profit“ geht es ausschließlich um die Frage, ob diese Werte prinzipiell sein sollen oder ob doch das gilt, was z.B. katholische Sozialethiker – etwa auch Blüm – immer wieder betonen: letztlich ist Wirtschaft in einer ausschließlich dienenden Rolle, und diejenigen, denen sie dient, können sich auch für eine andere Systematik in der Wirtschaft entscheiden. Eine wirkliche Ethik würde sich wenigsstens darüber Rechenschaft ablegen, welchen Zusammenhang zwischen persönlichem Verhalten und Wirtschaftsmacht es gibt; über Herrn Ackermann den Stab zu brechen, gar den moralischen, halte ich schon deshalb für überzogen, weil dann wieder das Siegeszeichen kommt. Es geht nicht an ihn heran. Denn als Diener eines Gemeinwohls benimmt er sich sicher nicht; dazu fehlt im das Bewusstsein, wie eben seine nie zu vergessende Geste (Siegeszeichen) bei seinem Veruntreuungsprozess zeigt.
Dr. Hans-Ulrich Hauschild
Wie viele wären gern Ackermanns Söhne-Töchter oder Eheweib?
Wer das verneint ist auf gutem Wege zu erkennen,dass Kapital uns allen dienen soll und uns nicht versklaven darf.
Der Gott der Neuzeit „Geld und Konsum“wird uns bestrafen,aber auch in eine Rückbesinnung zwingen zu den wirklichen Werten.
„Menschlichkeit“
Ackermann ist auch nur ein Opfer!
Was für islamische Fundamentalisten 9/11/01 war, ist im diesem Jahr der 15.09. mit dem Absturz von Lehman Bros. für die internationale Bankenwelt gewesen: der Beginn der Kernschmelze des kapitalistischen Systems. So wie die Gläubigen der monotheistischen Religionen seit Jahrtausenden an den einen Schöpfergott glaubten, glaubten die „Masters of the Universe“ seit Jahrzehnten an die stetig wachsende Vermehrung des Geldes; jenseits jeder Kopplung an die Realwirtschaft. Der Tanz ums Goldene Kalb Mammon wurde immer wilder und ausgelassener, und die Dollar-, Pfund und Euro-Zeichen in den glasigen Augen immer größer, bis zum Crash. Vernunft und Rationalität hatten sich schon lange verabschiedet, der Glauben an das alleinseligmachende Wachstum des Kapitals, begleitet durch allerlei Magier, Schamanen und Hexenmeister, erfaßte gleich einer Pandemie immer mehr Menschen. Und wie es so bei Gläubigen ist – sie können vom Glauben nicht abfallen, weil Glauben und Verstand/Ratio diametral entgegen gesetzt. sind.
Ich habe ein Bild vor Augen: das von einem immer schneller werdenden Zug auf einer eingleisigen Strecke. Drinnen in den Polster-Klassen sind Halbwüchsige am Binge-Trinken oder Koma-Saufen. Der Lokführer hat sich dazu gesellt und hält kräftig mit. Und während die ersten ihren Kater kurieren, und sich fragen, warum denn diese schönen Getränke solch fatale Wirkung zeitigen, sind die ersten schon wieder dabei, sich die Gläser neu zu füllen. In der überfüllten Holzklasse sind indessen dicht gedrängt Ausgemergelte dabei, sich aus Schmutzwasser und Erde eine Mahlzeit zu basteln. Draußen vor den Fenstern ziehen Hinweise vorbei, auf denen steht: „Einhalten, stoppen, umkehren, evtl. nachdenken“. Aber die in der Polsterklasse sind schon zu betrunken, oder haben „den Affen“, um diese zu bemerken, und die in der Holzklasse verstehen den Text nicht. Keiner hat gemerkt, das inzwischen die Lok ausgetauscht wurde, die alte mit dem Antrieb „Wachstum“ gegen die neue mit dem Antrieb „Klimawandel“. Und während der Abgrund in Sicht kommt, wischt das Personal die Kotze der Trinker auf.
Es wird eine Utopie für uns hier Diskutierende bleiben, dass der Kapitalismus am Ende ist. Es war doch einziges Ziel der Rettung des Finanzsystem, dass eben der Kapitalismus erhalten bleiben soll. Ein wenig wird daran verbessert. Aber das Gesellschaftssystem um 180 Grad zu drehen ist nicht vorgesehen.
Wer will denn das auch, Herr Thiele-Schlesier? Um 180 Grad? Bitte nicht! Wir haben viele Probleme aber uns geht es doch gut. Der Kapitalismus ist nicht schlecht. Er muss nur gezügelt werden. Er braucht Refgeln. Ich wünschte mir die Damen und Herren in Berlin würden die soziale Marktwirtschaft wiederentdecken.
@ Gesine Juncker
„aber uns geht es doch gut. Der Kapitalismus ist nicht schlecht. Er muss nur gezügelt werden“. Fragezeichen.! Als ein weltumspannendes System hat er sich nicht bewährt, sonst hätten wir doch dieses Armutsgefälle nicht.
@ Gesine # 5
Uns gehts gut? Frag das mal einen HIV-Geldempfänger. Frag das mal eine Rentnerin, die zum Amt gehen und um Grundsicherung nachsuchen muss, obwohl sie jahrzehntelang gearbeitet hat. Hast Du vergessen, dass auch jetzt nur von Regeln palavert wird. Ich zweifle, dass es wirklich einschneidende Regeln für den kapitalismus geben kann. Der Kapitalismus ist das Problem, welches nicht mit noch so viel Regeln beseitigt werden kann.
Wie auch immer sollen Regel aussehen solange 50 Billionen US Dollar im Jahr um den Globus sausen aber nur 5 Billionen für alle Güter und Dienstleistungen benötigt werden. Diese unvorstellbare Menge an Geld wird immer wieder neue Blasen erzeugen. Ich glaube wir stehen erst am Anfang einer für mich nicht überschaubaren Entwicklung. Die Frage des sozialen Ausgleichs stellt sich natürlich immer mehr und kann nur Bestandteil einer Lösung sein.Allerdings fällt mir auch kein besseres Wirtschaftssystem als das derzeitig in Deutschland verwendete ein. Ich denke,es bleibt spannend