Nicht nur Tageszeitungen, auch Eltern werden vom Internet vor Probleme gestellt. Teils sogar massiv, denn „Kinder lieben digitale Medien, Computerspiele, Chats“, wie der Psychologe Wolfgang Bergmann in seinem Artikel „Das kontrollierte Kind“ in der FR bemerkt. Weiter im Text: „Und wir Erwachsenen kommen damit nicht zurecht. Was fällt uns also ein? Kontrollieren, regulieren, noch mal kontrollieren, Zeiten begrenzen, Verträge abschließen.“
Bergmanns These: „Moderne Kinder können im Internet-Cafe und im Zimmer der besten Freundin sämtliche Kontrollen umgehen. Und wenn wir sie schon nicht kontrollieren können – wie wär’s mit Vertrauen? Wer einem Kind vertraut, erwirbt sein Vertrauen – ein weiterer schöner alter Erziehungsgrundsatz.“ Der jedoch scheint nun passé. Jedenfalls im Umgang mit dem Internet ist das so auch richtig, meint Bernhard Meffert aus Horhausen:
„Wolfgang Bergmann verweist darauf, dass eine kontrollorientierte Pädagogik grundsätzlich längst überwunden sei, und er hat Recht. Grundsätzlich. Nicht aber im vorliegenden Problemfeld. Würde der Psychologe Bergmann einer 14-Jährigen eine geladene Waffe zugänglich machen, weil er ihr vertraut? Wohl kaum, denn er weiß, dass die Folgen seiner Fehleinschätzung schlimmer wiegen könnten als die Kontrolle der Waffe durch Einschluss. So ist es auch hier. Der psychologische und materielle Schaden, der aus einem Missbrauch des Internets für Kinder und Eltern erwachsen kann, wiegt schwerer als das grundsätzlich richtige Festhalten am Prinzip der Vertrauenspädagogik.“
Und Karl-Heinz Pfeffel aus Frankfurt findet Bergmanns Argumentation leichtfertig, denn:
„Moderne Kinder sind einer Kommunikationsflut ausgesetzt, mit der sie ohne Hilfe nicht fertig werden können. Hilfe anzubieten heißt aber weder, einer ‚vertrockneten, überängstlichen Pädagogik‘ anzuhängen, noch, autoritär zu sein.“
Hilfe anbieten – das klingt vernünftig. Klingt schön. Zu schön. Fast ideal. Wäre schön, wenn das die Regel wäre. Ich glaube nicht, dass Wolfgang Bergmann was dagegen hätte, den Kids Hilfestellung zu geben. Aber sieht die Realität nicht vielfach anders aus?
Wer sich nur ein klein wenig Erinnerung an seine eigene Kindheit bewahrt hat, wird Verständnis mit dem im letzten Artikel von Herrn Bergmann angeführten Grundsatz (Stichwort Vertrauen) haben und Herrn Bergmann zustimmen.
Zugegeben: die Zeiten haben sich rasant geändert und die Generationen sind – rein „medientechnisch“ – schon etwas auseinander gerückt, aber das spielt m.E. nur in zweiter Hinsicht eine Rolle. Wenn Eltern (soweit möglich beide – ist (eigene Erfahrung) auch nach Scheidungen praktikabel!) mit den Kindern sprechen, aber auch zuhören – und zwar mit gespitzen Ohren – wird sich dieses Vertrauen einstellen. Dazu gehört naturgemäss auch eine Konstanz im Handeln (der Erwachsenen).
Ein Tipp aus der Praxis: wenn Sie – als Eltern – sich im Hintertreffen fühlen, zeigen Sie dies den Kindern: Sie werden erstaunt sein über die Bereitschaft der Kinder, Wissen weiter zu geben. Nur eines müssen Sie dabei beachten: in der Regel sind die „Lehrmethoden“ von Kindern wenig strukturiert, weshalb eines unbedingte Voraussetzung ist: Geduld und damit Zeit.
Wer sich entschliesst, Kinder in die Welt zu setzen, sollte Worte wie Karriere u.dgl. zugunsten von „Zeit für die Kinder“ hinten an stellen.
@1 Korrektur
pardon, es muss natürlich heissen:
„Wer sich nur ein klein wenig Erinnerung an seine eigene Kindheit bewahrt hat, wird Verständnis mit dem im letzten Absatz des Artikels von Herrn Bergmann ..“
Es scheint, als gelte es, in diesen pädagogischen und erzieherischen Bereichen mal wieder ein „vernünftiges und vertretbares“ Mittelmaß zu finden.
Nur: Was ist vernünftig, und was ist vertretbar?
Wer vermag eine Formel zu entwickeln, die allen Kindern und Familien gleichermaßen gerecht wird?
Eine allgemein gültige und absolute Richtlinie, ein feststehendes Rezept kann es meiner Ansicht nach – wie in allen übrigen pädagogischen Belangen auch – nicht geben, denn jedes Kind ist ein ganz individuelles Wesen mit individuellem Entwicklungsstand, individuellen Charaktereigenschaften, mit eigener Identität, individuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie individuellem sozialen und familiären Hintergrund.
Elternschaft stellt grundsätzlich und in jeder Hinsicht eine Herausforderung dar, der man sich engagiert und in konstruktiver Art und Weise zu stellen hat bzw. stellen sollte.
Das erfordert in erster Linie Flexibilität im (Um-) Denken und Handeln, das erfordert ein hohes Maß an Bewegung und auch an (Neu-) Orientierung.
Die Zeichen der Zeit sind nun mal, wie sie sind. Wir Eltern sind gefordert, diese wahrzunehmen, uns darauf einzulassen und auf der Grundlage von beidseitigem Respekt, gegenseitigem Verständnis und Vertrauen die Gegenwart gemeinsam mit unsereren Kinder „lebenswert“ in den Griff zu bekommen.
In diesem Sinne: Packen wir es an!
In einem Punkt hat Herr Bergmann Recht: Vertrauen ist besser als jeder elektronische Filter und jedes simple Verbot. Denn der beste Filter ist, wenn das Kind selbst merkt: Hier stimmt was nicht!
Sich selbst überlassen sollten und dürfen Eltern ihre Kinder im Internet deshalb aber nicht. Denn ein Filter muss sich schließlich erst ausbilden. Und das geht nur, wenn Eltern sich von Anfang an – sobald ihre Kinder sich für den PC zu interessieren beginnen – mit einbringen, mit bewerten und ihre Sprösslinge so zu kritischen Usern erziehen.
Der PC als praktischer Babysitter ist ganz sicher der falsche Weg – so verführerisch er angesichts knapper Zeitressourcen Eltern heute oft auch erscheinen mag. Und wer Manfred Spitzers überzeugendes Buch „Vorsicht Bildschirm!“ einmal von vorne bis hinten gelesen hat, weiß, warum Eltern sich Zeit für ihre Kinder nehmen sollten – gerade wenn es um Bildschirm-Medien geht. Das hat in erster Linie nichts mit Kontrolle zu tun, sondern mit dem Signal an´s Kind: „Ich kümmere mich darum, was dich interessiert. Du bist mir wichtig!“
Komm ich am heimischen PC nicht an die vermeintlich so dringenden Infos, hole ich sie mir eben im Internetcafe oder beim Freund mit ungehindertem Zugang, weil dessen Eltern nicht so n Gedöns machen. Verbot und ständige Kontrolle sind also kontraproduktiv.
Fragen, reden, nicht “nerven“, aber Interesse zeigen und natürlich “aufklären“, indem man die eigene “PC-Praxis“ öffentlich macht, den Nachwuchs zugucken lässt, ihn anleitet, dann aber auch alleine lässt, so er dies wünscht.
Hat die Mama keine “Computergeheimnisse“ oder redet der Papa zumindest offen über seine Chaträume, wird der Sprößling sich ein gutes Beispiel daran nehmen. Natürlich darf er auch mal n Fehler machen, aber immer mit Konsequenzen verbunden.
@ Kinder und Internet
Ist es nicht eigentlich wie im realen Leben; heißt es hier nicht auch: „Erziehung ist zu einem großen, wenn nicht dem größten Teil, Vorbild“?
Vorbild also der unmittelbar an der Erziehung Beteiligten; wohl in der Mehrheit immer noch Eltern oder zumindest ein Elternteil.
Kinder versuchen immer den Erwachsenen nachzueifern, dies ist nicht immer sofort erkennbar, aber im Prinzip ist das so.
Genau wie heranwachsende Kinder den Konsum von Genussmitteln versuchen werden, werden sie auch wie alle vor ihnen die Grenzen austesten. Doch das was da Internet heißt, ist das Neue an der heutigen Zeit, kaum haben die Erwachsenen im Umfeld die neuen Medien, bzw. die Möglichkeiten begriffen und verstanden diese zu Händeln, da sind die Kids schon „voll drauf“.
Aber trotzdem sollte auch hier wie schon immer im Leben, helfen, dass die uns anvertrauten Kinder auf Gefahren des Lebens und Konsequenzen aus eventuellem Fehlverhalten hingewiesen werden, bzw. zum gerechten Denken und Handeln angeleitet werden.
Nur so wird gelingen, was sich sicher alle im positivem Sinn „ordentlichen Eltern“ wünschen, dass ihre Kinder alle Gefahren und Klippen im jungen Leben umschiffen, um dann ein wertvolles Mitglied unserer demokratisch verfassten Gesellschaft zu sein. mfg,hjs