An Hugo Chávez scheiden sich weiterhin die Geister. Der venezuelanische Staatspräsident hatte versucht, seine Machtbasis per Volksreferendum und Verfassungsänderung zu verbreitern. Durch letztere sollte er unbegrenzt wiedergewählt werden können. Zudem wollte der Präsident die Kontrolle über die ausländischen Währungsreserven und weitgehende Befugnisse im Fall eines Ausnahmezustandes erhalten. Mit diesem Vorhaben ist er an einer knappen Mehrheit seiner Gegner gescheitert, während die Chavez-Anhänger bei diesem Referendum offensichtlich zu Hause blieben. Die FR kommentierte das alles durchaus Chávez-kritisch.
Kurt Skrdlant aus Frankfurt meint dazu:
„Wenn Chavez wirklich so undemokratisch und gefährlich wäre, wie ihn westliche Medien unisono darstellen, dann wäre es ihm sicher möglich gewesen, die Abstimmung über die neue Verfassung so zu beeinflussen, dass sie zu seinen Gunsten ausgefallen wäre. Die Präsidenten Bush – der seinerzeit weniger Stimmen als Al Gore bekam – und Putin waren da weniger pingelig.“
Sebastian Chwala aus Marburg hat klare Gründe für das Scheitern der Verfassungsänderung ausgemacht:
„Ich glaube der Kommentator hat die Gründe für die Ablehnung der Verfassungreform nicht richtig verstanden. Es ist die Art und Weise, wie diese Verfassungsreform ausgearbeitet wurde. So ging die Initiative zur Verfassungsreform von 1999 von der chavistischen Basis aus. 2007 kamen die Veränderungsvorschläge hauptsächlich von Präsident und Nationalversammlung, Basisaktivisten wurden eher vernachlässigt. Ich denke dennoch, dass Chavez aus dieser Abstimmung gestärkt hervorgehen wird, denn er hat nun die Erfahrung gemacht, das die konsequente basisdemokratische Umgestaltung Venezuelas für den „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“ von zentraler Bedeutung ist.“
Was es auch immer zu Kuba oder Venezuela zu berichten oder zu kommentieren gibt: die FR-Autoren verreißen alles: sie sind us-neo-liberal. Einen anderen Maßstab kennen sie nicht.
Besonders zum Lachen: schon wieder tauchte die Mahnung auf, was denn mit den Öl-basierten Investitionen Venezuelas sein werde, wenn der Ol-Preis auf „30 Dollar“ sinke.
Vorurteile machen blind. Und in der Wiederholung wird es nicht besser.
Ich gehöre wahrlich zu den Freunden der Rundschau, doch was die Kommentierung von Chavezaktivitäten seitens der FR betrifft, muss ich meinem Vorschreiber sehr wohl zustimmen.
Egal was Präsident Chavez auch anstellt, sei es nun, dass er sich gegen Mordaufrufe seitens bestimmter Medien wehrt, indem er diese verbietet oder dass er das Ergebnis einer demokratischen Abstimmung akzeptiert, gleich was er sagt oder tut, die Kommentatoren der FR sehen NUR Negatives. Was soll hier denn vorbereitet werden ? Wir alle kennen die Berichterstattung VOR dem von den USA organisierten Putsch in Chile gegen Allende, die Meinungsmache seitens bestimmter Presseorgane. Will sich die FR in diese Kreise allmählich einsortieren um die nächste CIA-Aktion weniger schlimm erscheinen zu lassen ?
Ich müsste dann die Freundschaft aufkündigen…….
Was wäre schlimm daran, unbegrenzt wählbar zu sein? In Deutschland ginge so etwas theoretisch, warum dann nicht auch in Venezuela? Bei allen anderen Vorschlägen bin ich zu wenig informiert, um mir eine Meinung zu erlauben.
Meiner Einschätzung zufolge focusieren die Beiträge in der FR vor allem die Person Chavéz. Es wird also eine Art Portrait erstellt, als Anlass dient ein bestimmtes Ereignis. Fragen, die ein solcher Artikel aufwirft, lauten z.B.: Gewinnt oder verliert ein Politiker -an Anerkennung, Macht usw. durch dieses Ereignis? Hat sich ähnliches schon mal ereignet? Verhält sich der Politiker demokratisch? Wie sieht das Ganze die Oposition? … Diese Personalisierung der Politik scheint bei dem Thema Venezuela naheliegend, da sich Chavéz selbst in den Mittelpunkt stellt.
Eine Zeitung sollte jedoch weniger den Blick auf die politischen Akteure richten, sondern vor allem die politische Struktur eines Landes analysieren, zum Beispiel folgende Fragen stellen: Gibt es Indikatoren für demokratische Strukturen? (Gewaltenteilung, freie Wahlen, Meinungsfreiheit, soziale Gerechtigkeit, kaum Korruption usw.). Natürlich gibt es da auch Verknüpfungen zu den politischen Akteuren, dann zum Beispiel, wenn man fragt, inwiefern diese Strukturen-falls vorhanden- zum Beispiel durch die Absichten, Handlungen des Politikers Chavrez bedroht werden. Einen sehr guten, analytischen Text zum Thema habe ich in der „Le Monde diplomatique“ gelesen, in der September-Ausgabe. Der Artikel von Ana María Sanjuan enthält dabei unterm Strich nicht weniger kritische Anmerkungen gegenüber Chavéz´ Regierungsstil als die Beiträge der FR. Zum Beispiel: „ Schließlich geht eine Gefahr von der extremen Ideologisierung der Politik und des Alltags aus: Die symbolische Revolution überwiegt gegenüber einer realen.“ Hätte dies ein FR-Autor geschrieben, würde dies vermutlich als Indiz für mangelnde Linksliberalität herangezogen werden. Die „Le Monde diplomatique“ ist über einen solchen Vorwurf erhaben- nicht zuletzt deshalb, weil sie sich der Personalisierung der Politik verweigert und die Analyse pflegt.
Oh weh, peinliches Versehen, er wird Chávez geschrieben.