Unser aller Freiheit steht zur Disposition

Die Gefahr eines globalen „clash of religions“ wächst nach dem Anschlag auf koptische Christen in Alexandria weiter. Wohin man im Nahen und Mittleren Osten auch schaut, stößt man auf religiöse oder religiös unterlegte Wüterei gegen Christen. In Alexandria kamen 21 Menschen ums Leben, als sich ein Selbstmordattentäter am Neujahrsmorgen nach der Mitternachtsmesse vor ihrer Kirche in die Luft sprengte. Beim schlimmsten Attentat dieser Art kamen am 31. Oktober 2010 58 Menschen in Bagdad um. Wir leben in einer Zeit der Christenverfolgung.

Ich denke, dass man die Terrorakte unterscheiden muss von anderen religiösen Wütereien, in denen sich ein ungebremster Volkszorn Bahn bricht. Wenn Al-Kaida bombt, verfolgt das Terror-Netzwerk keine religiösen, sondern handfeste politische Ziele. Dabei nutzt es religiös unterlegte Konfliktsituationen, um sie aufzuschaukeln, aber dieser Terror bleibt politisch motiviert. Er richtet sich zum Beispiel auch gegen mich, der kein Christ ist. „Die Ungläubigen“, damit ist „der Westen“ gemeint. Al-Kaida tut, was es kann, um Muslime gegen „den Westen“ aufzuhetzen, und die Massen fallen darauf herein.

Wie bewahrt man angesichts solcher fürchterlichen Anschläge die Besonnenheit? Wo sind die politischen Führer des Westens, die glaubhaft für unsere Werte stehen? „Messias“ Barack Obama? Er hatte seinerzeit in Kairo eine gute und viel beachtete Rede gehalten und die Hand zur Verständigung ausgestreckt. Leider ist der US-Präsident derzeit viel zu sehr in der Innenpolitik unter Druck. So wird die Spirale weitergehen. Christen werden aus den Ländern des Nahen und Mittleren Ostens emigrieren, und bei uns werden alle Bemühungen, ein Klima der Verständigung mit unseren muslimischen Mitbürgern herzustellen, wirkungslos verpuffen, weil der „Wutbürger“ auf das Kalkül der Terroristen ebenso hereinfallen werden wie die Muslime in jenen Ländern. Er wird rufen: Wir wollen diese Christenmörder nicht bei uns! Und damit wird er pauschal alle Muslime meinen. Der Graben wird sich verbreitern, ohne dass wir viel dagegen tun können.

Die Leserbriefe zum Anschlag beginnen mit dem von Frank Herrmann aus Évora (P):

„Ihrer bemerkenswerten Übersicht über weltweite Christenverfolgung haftet leider ein bedauerlicher Mangel an: China fehlt. Die Ausmaße der Verfolgung der Christen und anderer  religiöser Gruppen seit der Machtübernahme der Kommunisten (Höhepunkt war die Kulturrevolution) ist erschütternd. Sehr zu empfehlen sind hierzu die Berichte der Gesellschaft für bedrohte Völker. Trotzdem ist Ihnen sehr zu Ihrem Bericht zu danken. Möge er helfen, uns die Augen zu öffnen über ein weithin tabuisiertes resp. verdrängtes Thema: Christenverfolgung heute in aller Welt!“

Michael Trapp aus Frankfurt:

„Eine Religion versinkt im Terror. Die Spirale islam(ist)ischer Intoleranz dreht sich weiter, sie scheint unaufhaltsam zu sein. Nur aus den eigenen Reihen heraus kann sich diese Religion von der Ausgrenzung und Verfolgung Andersdenkender/Andersgläubiger  befreien! Die Vorzeichen dafür sind negativ. Die mittels Petrodollars finanzierten wahhabitischen Fundamentalisten geben in der heutigen islamischen Welt den Ton an, sie verdrängen erfolgreich die weniger rigiden Glaubensrichtungen. Wann endlich begreifen unsere westlichen demokratischen Gesellschaften den politischen Kern des wahhabitischen Islam? Wann endlich wird an die islamischen Moscheevereine die Messlatte politischer Vereinigungen gelegt? Dem erfolgreichen Anschlag in Ägypten gingen gescheiterte Anschläge in Skandinavien voraus! Müssen wir erst von Selbstmordattentätern zerfetzte Leichen in Deutschland auflesen, bevor unsere politisch korrekten Publizisten und Politiker die passenden Worte zur islamischen Intoleranz finden, oder müssen wir uns zuvor gar unserer in Jahrhunderten errungenen Freiheiten berauben lassen? Mit den Christen in Ägypten und dem Irak teilen wir eine Notgemeinschaft. Unserer aller Freiheit steht zur Disposition.“

Helge Nyncke aus Mühlheim/Main:

„Bei dieser grauenhaften und menschenverachtenden Wüterei ist es  letztlich völlig belanglos, wer da gegen wen agiert. Was diese Menschen immer wieder, in Alexandria und weltweit, gegeneinander aufbringt, ist auch ohne große Analyse mehr als offensichtlich:  Menschen stellen ihr Leben unter das Dogma einer Religion, deren (richtig oder falsch verstandene) Lehre für wichtiger gehalten wird als das individuelle Glück. Man stelle sich nur mal vor, diese niemals heilende Wunde im zwischenmenschlichen Zusammenleben wäre endlich verheilt, verschwunden, es gäbe keine Religion mehr, keinen Grund und keine Begründung,  Andere zu verfolgen oder zu töten, weil sie einen anderen Glauben haben an etwas, das ohnehin nur in ihren Köpfen existiert. Man stelle sich vor, alle könnten (und müssten) sich einfach als Mitmenschen begegnen und würden persönlich Verantwortung für ihr eigenes Tun übernehmen. Es wäre sicher immer noch kein Frieden auf Erden, aber ein riesiges Stück mehr Ehrlichkeit und Humanität in der Welt!“

Oguz  Tasdelen aus Wolnzach

„Die Berichterstattung der FR hat mich um ehrlich zu sein sehr enttäuscht. Zum ersten: Irak ist ein Land, das sich im Kriegselend befindet. Tagtäglich sterben dort Menschen auf offener Straße, sowie auch in Moscheen, wo sich gläubige Muslime treffen. Unter Anbetracht dieser Tatsache ist es schon gerade „provokativ“, „nur“ von den verstorbenen Christen zu berichten! Zum zweiten: Jeder darf in der Türkei Kirchen bauen, sobald es einen Bedarf gibt. Der türkische Staat investiert Millionen von Euros, um Kirchen zu renovieren, damit diese wieder von Christen benutzt werden können! Es wird von drei Morden innerhalb der letzten vier Jahre berichtet (in einem zu den Muslimen sehr toleranten Land das Deutschland heißt, werden Molotowcocktails auf Moscheen geworfen. Übergriffe auf Passanten und Alltagsdiskriminierung wg. dem islamischen Glaubens sind üblich. Und eine schwangere muslimische Mutter wird in einem deutschen Gerichtssaal von einem Mann mit 18 Messerstichen ermordet, der diese bereits zuvor massiv diskriminiert hat. An regelmäßige Besuche der Polizei in allen Moscheen in Deutschland haben wir uns sowieso gewohnt, aber keiner, wirklich keiner, spricht in Deutschland von einer Unterdrückung der Muslime!)
Um wieder zurück zum Thema zu kommen: Es ist bekannt, dass die Morde im Jahre 2006 & 2007 von einer Terrororganisation (Ergenekon) organisiert wurde um Spalltungen in der Gesellschaft zu schaffen! Luigi Padovese wurde von seinem Fahrer ermordet, der psychische Probleme hatte, und es gab auch kein Motiv für den Mord! Es ist sowieso fraglich, wie die Christen in der Türkei, die ja so „arm und unterdrückt“ sind, sich einen persönlichen Chauffeur gönnen können!? Nebenbei: Jegliche Terroangriffe werden von muslimischen Organisationen (KRM, ZMD, IR) strengstens abgelehnt und verurteilt! Die Angriffe in Ägypten wurden lt. Spiegel sogar von der Muslimbruderschaft in Ägypten verurteilt! Ihr Artikel ist für mich einfach übertrieben dargestellt und unglaubwürdig, zumindest für jemanden, der sich etwas auskennt!“

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40 Kommentare zu “Unser aller Freiheit steht zur Disposition

  1. Hallo Bronski,

    läßt sich das wirklich unterscheiden, ist der Öffentlichkeit aufgenötigte „Religion“ nicht doch nur Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln?

    Zudem irritiert mich der Titel etwas, „Unser aller Freiheit“ steht eben nicht zur Disposition. Es geht vielmehr doch darum allen Spinnern, sei es von rechts, links oder oder bloß „religös bekloppt“ unverzüglich und entschlossen deren Grenzen aufzuzeigen!

    Es geht eigentlich nicht an, nur um ein Beispiel zu bringen, dass sich ein EL wärend einer Demo entschließt eine auf der Strecke in einer Wohnung(!) hängende israelische Flagge abhängen zu lassen, weil die Lage wg. Kräftemangel sonst unkontrollierbar wird!

    MfG Karl Müller

  2. es ist erschreckend wie wenig Religionsfreiheit (egal welcher Art und in welchem Land vorherrscht)… allerdings sollte man nicht vergessen, dass das Islamismus NICHT mit dem Islam gleich zu setzen ist. Schon klar, die Terroristen berufen sich auf den Islam, aber viele Muslime verurteilen die Anschläge genauso wie die Christen.
    Das ist ein sehr heikles Pflaster und bedarf hochgradiger Sensibilität, in der Diskussion.

    Und ich gebe Oguz recht, bei solche extremen Geschehnissen verlieren viele den Blick auf die Missachtung der Muslime in Deutschland. Man vergisst auch die Anschläge auf die Moscheen, von Rechten…

    Jeder soll seine Religion leben dürfen, solange er niemandem schadet.

    Trotz meiner atheistischen Haltung oder vllt gerade deswegen, versuche ich immer einen neutralen Blick auf Religionen zu werfen und das was diese mit sich bringen. Sie bringen zum einen Einschränkungen mit sich, allerdings auch Halt, den (egal wer) viele Menschen benötigen. Wenn man Muslime für ihren Glauben verdonnert, dann bringt das rein gar nichts… nur weitere Konflikte. Es ist nicht der Islam, es ist der Terror, der uns im Zusammenhang mit Alexandria beschäftigt.

    Mit diesem Blick, kann auch ich die Terroristen verurteilen und das Verhalten als abscheulich bezeichnen. Aber nur mit diesem Blick.

  3. natürlich sehe ich auch, dass es Christen in islamischen Ländern oft schwer haben, das gleiche gilt aber auch für Muslime in christlichen Ländern… ohne jetzt mal auf das ausmaß zu gucken

  4. Die Kopten und andere religiöse Minderheiten werden in islamischen Staaten schon lange gravierend benachteiligt. So wird den Kopten z.B. in Ägypten verwehrt, bestimmte Ämter zu bekleiden usw. Hinter diesen Diskriminierungen stehen politische Entscheidungen. Dass sie in Ägypten nun diese brutale Form angenommen haben, hängt auch mit dieser staatlich wenigstens geduldeten, wenn nicht gar beförderten Diskriminierung zusammen. Als eine Wurzel sehe ich dafür die in islamischen Staaten übliche Verquickung von Religion und Nationalismus. Die Diskriminierungen, welche religiöse Minderheiten in islamischen Staaten ausgesetzt sind, sind keinesfalls vergleichbar mit Benachteiligungen, denen Muslime in europäischen Staaten ausgesetzt sind.

  5. „Unser aller Freiheit steht zur Disposition“. So eine Überschrift hat doch was bzw. soll was haben. Unser aller Freiheit, tut mir leid, meine Freiheit steht nicht zur Disposition, zumindest nicht durch irgendwelche so genannten Terror-Netzwerke. Freiheit, Freiheit über alles. So ein wenig werde ich dabei u.a. an den verhinderten Präsidenten der Herzen, Gauck, erinnert, der ja mit seinem Freiheitsbegriff immer noch durch die Öffentlich-Rechtlichen geistert, wie z.B. bei Berlin direkt, wo ihn der Frömmler Hahne mit leuchtenden Augen interviewt hat. Oder an Guido, der so gerne die Welle macht, für den auch jedes zweite Wort Freiheit ist. Vielleicht sollten die Freiheitsapostel immer dazu sagen, Freiheit die ich meine, und dann auch kurz erklären, was sie denn meinen. Kurzum, bei dem „unser aller Freiheit“ in der Überschrift bin ich ausdrücklich nicht mit dabei.

    Der ganze zweite Absatz wird einem Gespenst gewidmet. Al Kaida. Ich bitte um Aufklärung. Wer oder was ist Al Kaida? Wie organisiert? Wer oder was ist die Führungsebene, wer oder was sind die mittleren, wer oder was die unteren Strukturen? Der Schwachsinn vom großen Boss, Osama Bin Laden, wird ja mittlerweile noch nicht einmal mehr von den ganz abgedrehten „Terroristenjägern“ vertreten. Also, wer macht bei Al Kaida was, wer sagt was, wie, wo stattfindet? Aus meiner Sicht werden mit dem üblichen und auch bequemen Hinweis auf das Schauermärchen Al Kaida (wie bereits 2005 die BBC Al Kaida genannt hat), die Umstände und Hintergründe bei Anschlägen vernebelt, u.U. wird sogar von den wahren Tätern abgelenkt. Der Begriff Al Kaida wird ge- bzw. missbraucht, von allen beteiligten Seiten, einschließlich und besonders von der Politik. Beim Anschlag in Alexandria verweist die Regierung als Täter auf, klar doch, natürlich Al Kaida. Fertig ist die Laube, nichts weiter muss noch groß gefragt und erklärt werden. Seit dem 11.09.01 ist Al Kaida weltweit allgegenwärtig, aber kein Mensch weiß, wer oder was das genau sein soll. Aber vielleicht gibt es ja hier die wahren Terrorexperten.;-)

    Letzte Frage. Warum werden mörderische Anschläge, wie aktuell in Alexandria, als terroristische Akte bezeichnet, die die Welt erschüttern, und z.B. die Bombardierung von Kundus, weitgehend auch mit zivilen Opfern, lediglich als Kollateralschaden? Richten sich die Begrifflichkeiten danach aus, wer die jeweiligen Täter sind? Bomben die „Anderen“, die Bösen, werden diese abscheulichen Verbrechen barbarische und feige Terroranschläge genannt, bomben „wir“, die guten westlichen Wertegemeinschaftler, sind die sicher nicht weniger feigen und abscheulichen Verbrechen, fast schon harmlos klingende bedauerliche Unglücke oder Kollateralschäden? Übrigens, wer weitere Beispiele, über Kundus hinaus, für feige, abscheuliche Verbrechen, aus Reihen der westlichen Wertegemeinschaftler, haben möchte, soll sich melden.

    Ich bedanke mich schon jetzt für die große Mühe meine Fragen zu beantworten, sofern Antworten, im Wortsinne, erfolgen sollten.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  6. Hallo Frau Rydzewski,

    wer sich bemüht etwas genauer hinzusehen wird tatsächlich bemerken das es in der Tat im Gefolge der angeblich religiösen Taten doch von vielen Seiten wiederholte Versuche gibt unsere „Freiheit“ zur Disposition zu stellen.

    Das Konstrukt „AQ“ besteht in der herbeigewünschten Form sicher nicht und dient primär der Kanalisierung des üblichen Quantums an Schwachköpfen. Individuen die sich überall und in allen Systemen finden und zu Gewalttaten motivieren lassen.

    Natürlich, und das ist das Bedauerliche, werden zwangsläufigt Straftaten folgen die sich trefflich instrumentalisieren lassen. Wie wurde schon vor Jahren festgestellt: „..wenn es OBL nicht gäbe, müsste die US-Administration ihn erfinden..“

    Eine darüber hinausgehende sorgfältige Analyse der letzten Terroranschläge in Europa kommmentiert sich demgemäß von selbst.

    Ärger durch „religiös“ motivierte Spinner wirds immer geben, denen muß leider dann kurz und schmerzvoll rechtsstaatlich eine Grenze gesetzt werden. Nicht gerade im Sinne „unserer“ Parteifrömmler….die sich auch mit aller Macht gegen das Thematisieren der unglücklichen Verquickung von Politik mit Religion stemmen.

    Tja, ob nun der Vorgang in Kundus hier hineinpasst? Aus militärischen Gründen bin ich gegen eine Präsenz der BW in Afgh. unter den gegebenen Verhältnissen.
    Den Vorgang in K. kann man aus der Ferne so kaum auflösen, dazu fehlen mir schlicht zu viele Informationen. Auch wer am GZ wie „zivil“ war darüber kann nur spekuliert werden. Und das ist m.E auch gleichgültig, denn auch dort war die Entscheidung sich ein paar Liter Betr.-Stoff abzugreifen sicher Ergebnis einer Risiskoabwägung.
    Sollten die entsprechenden Kämpfer die Bevölkerung dazu verführt oder diese gezwungen haben, so fiele das in die Verantwortung dieser Kämpfer.

    MfG Karl

  7. Beim Wort „Christenverfolgung“ fallen mir Peter Ustinov und wilde Tiere im Circus Maximus ein. Al Qaida – wer das auch sein mag – = Rom? Hmmm…

    Gratulation an Jutta Rydzewski für einen so differenzierten wie treffenden Kommentar.

  8. @ Sarah

    Sicher haben Sie Recht, dass man zwischen Islam und Islamismus unterscheiden muss. Selbst Islamisten und Terroristen kann man nicht in einen Topf werfen: Die (islamistischen) Moslembrüderschaft in Ägypten hat den Anschlag von Alexandria als unislamisch verurteilt.

    Allerdings stimme ich auch maat zu, dass die Diskriminierung bzw. Verfolgung religiöser Minderheiten in Ägypten oder in anderen „islamischen“ Staaten nicht mit der Behandlung des Islams in westlichen Ländern vergleichbar ist. Vor allem: Genauso, wie die Religionsfreiheit der Muslime im „Westen“ nicht von der Religionsfreiheit in „islamischen Ländern“ abhängig gemacht werden kann, kann auch die Diskriminierung religiöser, ethnischer oder nationaler Minderheiten in Ägypten durch die diskriminierende Haltung mancher Deutschen gegenüber Muslimen relativiert werden.

    @ Jutta Rydzewski

    Ihren Beitrag verstehe ich nicht. Verstehen Sie Ihre Freiheit so egoistisch, dass diese erst dann tangiert wird, wenn Sie selber Opfer von Terror werden? Bestreiten Sie, dass es islamistische Terroristen oder Terrorgruppen gibt, die von einer gemeinsamen Ideologie geprägt werden, miteinander vernetzt sind und z.B. durch Ausbildung in Terrorcamps für die Ausweitung des Terrors sorgen? Und was haben die angegriffenen Kopten in Alexandria mit Kundus zu tun?

  9. @6 Karl Müller

    „wer sich bemüht etwas genauer hinzusehen wird tatsächlich bemerken das es in der Tat im Gefolge der angeblich religiösen Taten doch von vielen Seiten wiederholte Versuche gibt unsere „Freiheit“ zur Disposition zu stellen.“

    Wenn ich Sie richtig verstanden habe, sehr geehrter Herr Müller, vermutlich habe ich auch, besser kann es nicht ausgedrückt werden. In der Tat, es gibt so einiges was unsere Freiheit, überhaupt unsere Grundrechte, gem. Grundgesetz, zur Disposition stellen könnte. Sogar aus dem Bundesverfassungsgericht selbst, ein bisher immer absolut sicherer, fast hätte ich gesagt bombensicherer Hort, sind „Töne“ zu hören, bei denen mir ganz anders wird. Ich denke z.B. an den Präsidenten des BverfG, der sich ungewöhnlich massiv in Sachen Stuttgart21 eingelassen, ja, eingemischt hat, und ganz besonders denke ich an den Vizepräsidenten des höchsten Gerichts. Ausgerechnet der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts fordert das Grundgesetz zu ändern, damit die Bundeswehr, wofür wohl, richtig … zur Terrorabwehr innerhalb Deutschlands eingesetzt werden kann. Dass Politiker von zu Zeit zu Zeit Anschläge auf das Grundgesetz vornehmen, ist ja fast schon Alltag, aber die höchsten Richter selbst … bedenklich, sogar mehr als nur bedenklich. Die Grundgesetzmütter und -väter haben genau gewusst, warum Militär, Polizei und Geheimdienste strikt zu trennen sind.

    Was das „Konstrukt AQ“ anbelangt scheinen wir uns weitgehend einig zu sein. Wenn es hoch kommt, ist Al Kaida eine Geisteshaltung, aber ganz sicher nicht das, was Politik und Medien seit Jahren daraus machen (wollen). Wenn jetzt aber schon ein Verfassungsrichter ins gleiche Horn bläst, und die Bundeswehr gegen Terroristen „kämpfen“ lassen will, dann sage ich nur noch gute Nacht. Auch wenn ich es könnte, ich möchte gar nicht in die Zukunft sehen, was z.B. in einigen Jahren noch vom Grundgesetz übrig ist. Die Artikel 26 (1), 115a und 87a (GG) hören sich ja fast schon wie aus einer anderen Welt an, wenn ich die Realität sehe.

    „Ärger durch „religiös“ motivierte Spinner wirds immer geben, denen muß leider dann kurz und schmerzvoll rechtsstaatlich eine Grenze gesetzt werden.“

    Exakt, wobei es die Spinner nicht nur bei den „Anderen“ sondern auch bei „uns“ gibt.

    „Tja, ob nun der Vorgang in Kundus hier hineinpasst?“

    Auf den ersten Blick, sehr geehrter Herr Müller, passt Kundus hier wohl nicht unbedingt hinein. Auf den zweiten allerdings schon. Mir geht es zunächst einmal um die Begrifflichkeiten bzw. Schlagworte wie einerseits Kollateralschäden, andererseits Terrorakte, und was sie unterscheiden soll, oder muss, oder müssen soll, oder soll müssen. Ich habe Kundus aber auch aus einem anderen Grunde erwähnt. Wie bekannt, hat ein deutscher Oberst diese verheerende Bombardierung veranlasst. Und dieser Obrist hat sich danach dahingehend eingelassen, dass durch die von ihm angeordnete Bombardierung, nicht nur die beiden Tanklastzüge, sondern auch die an und um die Fahrzeuge befindlichen Menschen VERNICHTET werden sollten. Dieser Mensch, der, für mich völlig unverständlich, nicht vor Gericht gestellt wird, wollte also ausdrücklich auch Menschen und nicht nur Material VERNICHTEN. Schon alleine das Wort vernichten, und damit Menschen zu meinen, macht die ganze Tragweite dieses „Befehls“ deutlich. Der Zusammenhang zum vorgegebenen Thema: Was glauben Sie wie viele Selbtmordattentäter sich durch die schrecklichen Vorgänge in Kundus, auf ihren fatalen und mörderischen Weg machen könnten, oder gar schon gemacht haben? Und wenn es dann wirklich mal in Deutschland knallt, so wie es von der Politik und den Medien quasi turnusmäßig, seit dem 11.09.01, an die Wand gemalt wird, glauben Sie, Herr Müller, dass von den Experten-Schwätzern, die dann alles Mögliche bzw. Unmögliche, auch im Hinblick auf unser Grundgesetz fordern, irgendeiner den Zusammenhang mit Kundus, oder Guantanamo, oder AbuGhraib, oder Baghram usw. usw. einräumen wird?

    Nach alle dem halte ich das Kundusbombardement nicht für einen Kollateralschaden, sondern für einen feigen und abscheulichen Terrorakt. Genauso abscheulich und ekelhaft ist der Umstand, dass noch, für die Angehörigen der Opfer, über ein paar Euros, mehr oder weniger, gefeilscht wird. Auch das macht Deutschland sicher nicht beliebter, Religion hin oder her. Ich hoffe, dass ich deutlich machen konnte, warum ich mich dem Thema von einer etwas anderen Seite genähert habe.

    @8 Abraham

    Dass Sie mich nicht verstehen, überrascht mich eigentlich nicht.;-) Doch vielleicht verstehen Sie besser, wenn Sie sich bemühen meine Replik an Herrn Müller sozusagen exakt zu lesen und nicht wieder, entsprechend Ihrer Mutmaßungen, zu interpretieren. In jedem Fall dürften Ihre drei Fragen beantwortet sein.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  10. Hallo Frau Rydzewski,

    vermutlich heben Sie mich richtig verstanden.
    Was nun das Treiben gewisser Verfassungsrichter angeht, so bieten sich verschiedene Erklärungsmuster an. Immer vor dem Hintergrund das Amtshilfe durch die BW im Krisenfall grundsätzlich möglich ist. Ebenso der Waffeneinsatz: „gegen militärisch bewaffnete und ausgerüstete AUfständische..“.

    Den Herrn Richter könnten folgende Motive getrieben haben:

    – Dummheit

    – Hinterzimmerabsprachen zur Dekonstruktion der GG-begrenzten Eingriffbefugnisse

    – Panik gewisser Kreise vor Gefährdungslagen a la „Mumbai“

    Wahrscheinlich von allem Etwas, nachdem die Polizeien schon erfolgreich kaputtgespart worden sind und vornehmlich der Ruhigstellung schafsdummer Bürger dienen. Wehr sich wirklich mal jemand wirksam, dann kommt auch die LaPo schnell an Grenzen.

    Das Richterverhalten kommt nicht
    ganz so überraschend, wenn bedacht wird wer diese einsetzt!

    Es haben sich auch schon genügend Interessenverbände allzusehr exponiert, was die „Wünsche“ nach Anpassung der Verfassung angeht. Solche geradezu verbrecherischen Ansinnen werden von allen unseren Minderleisterorganisationen von den Grünen bis zur CSU mit auffälliger Begeisterung mitgetragen!

    Das Sie sich über Kundus aufregen ist nachvollziehbar, und auch wieder nicht; stellt das Vernichten von Menschen und Material doch eine Grundlage zielgerichteten militärischen Handelns dar. Von der militärischen lage zum Entschlusszeitpunkt kann dieser CAS-Einsatz schlüssig gewesen sein.

    Ob durch die Auswirkungen nun mehr Kampfpotenzial vernichtet oder erst produziert wurde, kann ich nicht einschätzen. Möglich ist beides, und mitunter kann ja ein solcher Effekt, das die Kämpfer nicht ausgehen, von interessierter Seite gewünscht sein?

    MfG Karl Müller

  11. Nachfolgend ein Absatz aus der gestrigen FR, der die übliche „Terrorpolitik“ und „Terrorberichterstattung“ deutlich(er) macht, und u.U. auch das, was wirklich zur Disposition steht:

    Noch am Donnerstagvormittag hatte Hessens Innenminister Boris Rhein (CDU) bei einem Besuch in der Gemeinde gesagt, dass derzeit keine „konkrete Bedrohungslage“ bestehe. In den vergangenen Tagen kursierte in den Medien die Nachricht, dass es Anschlagdrohungen auch auf das Koptische Gemeindezentrum in Frankfurt gebe. Tatsächlich lagen der Frankfurter Polizei jedoch „keine Hinweise auf eine Gefährdung vor“, beschwichtigte Polizeisprecher Jürgen Linker. „Dennoch gibt es ein subjektives Unsicherheitsempfinden, dem wir Rechnung tragen müssen.“

    http://www.fr-online.de/frankfurt/stille-nacht–ruhige-nacht/-/1472798/5079354/-/index.html

    Pardon, nach diesem Absatz fasse ich mir an den Kopf. Ja, was denn nun? „Keine konkrete Bedrohungslage“, sondern „nur“ Bedrohungslage, oder überhaupt nix, oder wie oder was? Dagegen „kursierte in den Medien die Nachricht, dass es Anschlagdrohungen auch auf das Koptische Gemeindezentrum in Frankfurt gebe“. Also doch eine „konkrete Bedrohungslage“, oder wie oder was? Stellt sich auch die Frage, woher haben die Medien Ihre Weisheit, über die der hessische Innenminister offenbar nicht verfügt? Weiter im Text. Dann „beschwichtigte“ der Sprecher der Frankfurter Polizei, Jürgen Linker, „es lagen keine Hinweise auf eine Gefährdung vor“. Also doch keine Bedrohungslage, weder konkret noch überhaupt, oder wie oder was? Herr Linker meint aber dann doch noch von einem „subjektivem Unsicherheitsempfinden, dem wir Rechnung tragen müssen“, sprechen zu sollen. Wenn es keine Bedrohungslage gibt, schon mal gar keine konkrete, wenn überhaupt keine Hinweise auf eine Gefährdung vorliegen, wie kann es dann sein, dass die Medien die Nachricht verbreiten, es gebe Anschlagdrohungen auch auf das Koptische Gemeindezentrum in Frankfurt? Auf was oder wen beziehen sich die Medien? Mal wieder auf Al Kaida, oder den „Terrorexperten“ Theveßen vom ZDF, oder wen oder was? Stellt sich die Frage, wer veranlasst derartige (Falsch)Meldungen in den Medien? Übrigens, das „subjektive Unsicherheitsempfinden“, von dem Herr Linker (hübscher Name für einen Polizisten) spricht, wird bei mir schon alleine aufgrund eines solchen Artikels hervorgerufen. Aber vielleicht ist das ja alles in diesen „Terrorzeiten“, in denen „unser aller Freiheit zur Disposition steht“, völlig normal, wie mir eventuell hier erklärt werden kann. Auch jetzt, an dieser Stelle, bereits vielen Dank für alle eventuellen Erklärungsbemühungen.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  12. Warum frage ich mich – ungeachtet vieler Trittbrettfahrer, die eilfertig „Verantwortung übernehmen“ – spätestens nach neueren Untersuchungen zu 11.9. – immer wieder, wer wohl aktuell ein besonderes Interesse an weiteren verstärkten Antiterrormaßnahmen ( in Deutschland weiterer Abbau von bürgerlichen Rechten und Aushöhlung des Grundgesetzes ) mit noch mehr Kontrollen der Menschen und ihrer Freiheiten und an weiterer Destabilisierung des Nahen Ostens hat? In diesen Ländern haben seit Jahrhunderten Moslem, Christen und Juden in wechselnder Intensität friedlich zusammen gelebt. Aber es gibt viele Möglichkeiten zu zündeln, wenn es dem aktuellen Interesse entspricht. Gegen Spinner gleich welcher Couleur, evtl. auch mit Geld, Vernetzung und Camp, ist leider noch kein Kraut gewachsen, auch wenn am Flughafen jede Zahnpastatube verdächtig ist.
    Bisherige Terrorakte – egal, wer wirklich Urheber war oder ist – auch leider mögliche zukünftige – waren und sind grausam und unmenschlich, unfaßbar. Ich denke, daß auch Kundus dazugehört. Es gibt aber ein immerwährendes Gesetz im Zusammenleben der Menschen: im Zweifelfall ist der Andere der Böse. Das jeder Mensch auch neben vielen guten auch schlimme Anteile hat, wollen die wenigsten wahrnehmen und wissen. Leider führt oft das Verdrängte zu „spontanen“ Handlungen und Äußerungen. Das wiederum ist ein Tabu!

  13. @13 Dr. Ursula Samman

    Interessante Fragen, die Sie stellen, Frau Dr. Samman. Tja, wer hat welche Interessen und warum? Warum plädiert z.B. gerade der Vizepräsident des BverfG für eine Grundgesetzänderung an ganz sensibler Stelle? Was leitet bzw. treibt diesen Mann? Der Name Kirchhof alleine kann es ja wohl nicht sein.;-) Ich bin auch ziemlich sicher, wenn sich die ganze Politiker- und sonstige Expertenmischpoke weitgehend heraushalten würde, wenn nicht ständig gehetzt und gezündelt würde, kämen die Menschen erheblich besser miteinander klar, auch bei unterschiedlichen Nationalitäten, Kulturen und Religionen. Natürlich wird es immer Spinner und Verbrecher geben, hüben wie drüben, aber in ihrer überwältigenden Mehrheit wollen die Menschen keinen Stress, keinen Ärger oder gar Schlimmeres, sondern lediglich ein möglichst auskömmliches, ruhiges Leben führen, mit hin und wieder ein bisschen Spaß. Doch was beherrscht die Schlagzeilen? Natürlich diese kleine Handvoll Spinner, von den Vernünftigen spricht und berichtet kein Mensch. Durch diese schräge Berichterstattung drohen die Spinner aber immer mehr von den Vernünftigen anzustecken. Und daran scheinen Politik, Medien, Multigeschäftemacher, Bücherschreiber, und die ganz abgedreht Verrückten sowieso, offenbar ein großes Interesse zu haben. Es werden sogar Spinner und Verbrecher erfunden, um so richtig auf den „Terrorputz“ hauen zu können. Deshalb habe ich ja mal diesen Artikel in der FR näher „untersucht“. Erst wird so getan als ob die ganze Hütte brennt, und dann war eigentlich gar nix. Typisch. Es wird wohl schon etwas dran sein, dass Politik nicht ohne Feindbilder auskommt. Günter Grass hat dafür mal vor Jahren ein gutes Beispiel genannt. Es gab einmal zwei Brüder, der eine hieß Sozialismus, der andere Kapitalismus. Die Beiden haben sich wahrlich nicht geliebt, eher im Gegenteil, aber es waren Brüder. Irgendwann gab es nur noch einen, den Kapitalismus, der andere war urplötzlich weg und kam nicht wieder. Und was passierte nun? Ist die Welt friedlicher geworden? Oh, nein, ganz im Gegenteil, der verbliebene Bruder konnte nun machen was er wollte, und er machte auch was er wollte. Nichts konnte ihn mehr aufhalten, oder gar kontrollieren; er geriet zunehmend außer Rand und Band. Früher, als sein Bruder noch da war, musste er gewisse Rücksichten nehmen, ob er wollte oder nicht. Ab jetzt erzähle ich die Geschichte weiter.;-) Es stellte sich jedoch immer mehr heraus, dass der übrig gebliebene Bruder ohne einen Feind nicht leben konnte oder wollte, und deshalb musste ein neuer Feind her. In diesem Zusammenhang ist der 11.09.01 ein ganz wichtiges Datum. Der neue Feind war gefunden. Für die westlichen Wertegemeinschaftler, unter Führung der einzig verbliebenen so genannten Supermacht, ist seither der Islam dieser neue Feind, und an der „Perfektionierung“ dieses Feindbildes wird immer eifriger gearbeitet. Außerdem, natürlich, Sie haben es gesagt, Frau Dr. Samman, im Zweifel ist immer der „Andere“ der Böse. Und so ist die Welt nun mal wieder „klassisch“ in GUT (wir natürlich) und BÖSE (die „Anderen“ natürlich) auf- ein- und abgeteilt. Allerdings, und das scheinen viele der “ guten Weltenlenker“ zu vergessen, bis zu 1,5 Milliarden Menschen lassen sich nicht mal eben so zu Feinden erklären, so wie das mal in früheren Zeiten, mit zahlenmäßig allerdings erheblich weniger ausgeguckten bösen Feinden, problemlos möglich war. 1,5 Milliarden wehren sich, und was dabei passieren und entstehen kann, wird jeden Tag deutlicher. Irgendwann heißt es dann, unser aller Freiheit steht zur Disposition, wobei ich mich frage, wer gehört bei „unser aller“ überhaupt dazu und wer nicht.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  14. @14 Hallo, Frau Rydzewski, die beiden Brüder erinnern mich fatal an Kain und Abel. Es geht eben wieder um Macht und Geld, aber eben auch global. Ex cathedra wird festgelegt, wer die „Achse des Bösen“ ziert, und wer zu den „Guten“ gerechnet werden darf.

  15. @14 leider sitzen jetzt auch an höchsten Gerichten mehr von den Zeitgenossen, die glauben, das Grundgesetz nicht mehr wirklich zu brauchen, in der Regierung wird daran schon lange und mit besonderer Beharrlichkeit und bemerkenswerter Paranoia gearbeitet. Das bestfunktionierende Instrument, Menschen zu beherrschen ist, sie möglichst ständig in immer neue Ängste zu versetzen, z. B. drohender Terrorismus, Lebensmittelverunreinigungen, Vogel- oder Schweinegrippe u. v. a. Hat das alles bisher nicht prächtig funktioniert? Potentiell reale Gefahren wie evtl. Terror wegen Afghanistan werden dann kaum noch wahrgenommen, aber die bürgerlichen Freiheiten bröckeln, manche Politiker würden am liebsten persönlich in die häuslichen PC kriechen. Sie haben es in @14 und vorher klar genug beschrieben.

  16. Ich denke, wir sind noch weit davon entfernt, dass die Bürger westlicher Staaten alle Muslime über einen Kamm scheren. Die Muslime können aber selbst am meisten dafür tun, dass dies auch in Zukunft unterbleibt. Sie müssen eine schärfere Trennlinie ziehen zwischen säkularen, modernen und traditionalistischen bzw. extremistischen Glaubensanhängern. Auch in Deutschland verschwimmen nach Aussage von Lale Akgün die Grenzen zwischen Traditionalisten, zu denen die meisten Muslime bei uns gerechnet werden müssen, und den extremistischen Ultras. Die SPD-Politikerin schreibt in ihrem neuen Buch, dass sich selbst die Gruppe der Traditionalisten schwer tut mit unserer Werte- und demokratischer Staatsordnung. Die muslimischen Religionsgemeinschaften sind gefordert, sich mit diesen Konflikten auseinanderzusetzen und sich zu entwickeln. Unser Staat kann gültige Rechtsnormen, die mit religiösen Traditionen und Überzeugungen nicht vereinbar sind, nicht zur Verhandlung freigeben. Das würde dann die Wut unter den Bürgern massiv schüren.

    Aber zurück zu den Kopten und orthodoxen Christen im Nahen Osten. Es ist kaum nachvollziehbar, dass friedliche Christen, deren Vorfahren seit jeher in diesen Ländern heimisch sind und in keinster Weise ihre muslimischen Mitbürger bedrohen, von ihren eigenen Verwandten massakriert und vertrieben werden. Al Qaida betreibt damit eine gewisse Politik, sie wollen u.a. ihr Territorium von Ungläubigen säubern. Allerdings ist erschreckend, wie wenig Unterstützung die christlichen Gemeinschaften von ihren Mitbürgern bekommen. Einige wenige melden sich zu Wort und verurteilen die Tat. Laut Berichten in WAZ und TSP gab es in Ägypten nur einzelne Demonstrationen von bis zu 20 muslimischen Teilnehmern, die ihre Solidarität mit den Kopten nach dem letzten Attentat zum Ausdruck brachten. Die koptischen Bischöfe beklagen sich in o.g. Berichten über eine zunehmende feindliche Einstellung der Mehrheitsbevölkerung ihnen gegenüber. Vergleichen wir diese Fälle mit den den Anschlägen in Solingen in den 90er Jahren, muss man zumindest eine gewisse Gleichgültigkeit in der ägyptischen Bevölkerung feststellen. In Deutschland gingen damals hunderttausende Bürger auf die Straßen und demonstrierten mit Lichteketten gegen rassistische Gewalt.

    Dabei kann der terroristische Wahnsinn im Nahen Osten eigentlich nur dadurch verhindert werden, in dem die Mehrheit der Muslime den radikalen Gruppen zeigt, dass sie mit ihren Anschauungen und Aktionen auf entschiedenen Widerstand stoßen. Würden westliche Staaten sich nun einmischen oder gar intervenieren, wäre der Aufschrei im Nahen Osten groß.

  17. @ Paul

    „Dabei kann der terroristische Wahnsinn im Nahen Osten eigentlich nur dadurch verhindert werden, in dem die Mehrheit der Muslime den radikalen Gruppen zeigt, dass sie mit ihren Anschauungen und Aktionen auf entschiedenen Widerstand stoßen. Würden westliche Staaten sich nun einmischen oder gar intervenieren, wäre der Aufschrei im Nahen Osten groß.“

    Nein, ich glaube weder das eine noch das andere sondern ich glaube, dass der Westen ganz massiv was dafür tun kann, diesen „clash of religions“ (Zitat Bronski) zu verhindern. Das Grundproblem des ganzen ist doch der Nahost-Konflikt im engeren Sinn – also der Konflikt zwishcen Israel und den Palästinensern. Damti hat alles seinen Anfang genommen. Wenn man hier ansetzen würde … Und das könnten die USA doch tun. Warum tun sie es? Ich verstehe das nicht. Warum verhindern sie nicht dass die Israelis weiter Siedlungen bauen um nur einen Aspekt herauszunehmen? Wrum haben sie die Mauer in Nahost nicht verhindert? Diese mauer ist ja geradezu ein Symbol für den clash. Na gut, nicht der religionen. Israel ist ein jüdischer Staat. Aber er zählt doch zum Westen, oder nicht?
    Ich glaube dass sich jetzt rächt, dass diesr Konflikt nicht gelöst wurde.

  18. Entschuldigung, nicht @ Paul sondern @ fox

    und es muss natürlich heißen: Warum tun sie es NICHT?

    ich schreibe zu schnell :-((

  19. @ Markus Dehnerle

    Weil die Amerikaner in der Vergangenheit sich etwas mehr für die Israelis stark gemacht haben, müssen nun Christen in Ägypten oder im Irak leiden?

    Das will ich nicht verstehen. Aber wenn es so ist, dann muss sich etwas in der muslimischen Welt ändern, und nicht bei den Amerikanern. Von den Bürgern der westlichen Welt wird schließlich auch stets eine Differenzierung bei muslimischen Gläubigen gefordert. Nun kann es in diesem Fall nicht auf einmal sein, dass Kopten für angeblich amerikanisches Fehlverhalten büßen müssen. Sie sehen da etwas völlig falsch.

    Außerdem: Obama hat in den letzten beiden Jahren immerhin den Zorn der Israelis auf sich gezogen, da er sie nun nicht mehr uneingeschränkt unterstützt und einer wirklichen Lösung und anhaltendem Frieden im Nahen Osten interessiert ist.

  20. @ fox

    Ja in der Tat, das sehe ich so. Ich sehe die amerikanische Politik als verantwortlich für vieles, was falsch gelaufen ist. Natürlich kann man nicht sagen dass die Kopten in Ägypten jetzt leiden müssen, weil die Amerikaner sich falsch verhalten haben. Dazwischen gibt es viele kleine und große andere Schritte. Ein großer ist der „war on terror“ und das ist eine völlig falsche Politik gewesen, die den Graben vergrößert hat. Von da ist es nicht mehr ganz so weit zum Anschlag in Ägypten und das schlägt auch auf uns zurück

  21. Ich befürchte, Herr Dehnerle, dass es die islamistischen Gruppen in keiner Weise beschwichtigen würde, wenn die USA noch mehr, als es B.Obama bereits getan hat, im Konflikt zwischen Israel und Palästina einlenken wüde. Selbst wenn es gewissen Gruppen gelingen würde, Israel als Staat zu zerschlagen und alle Juden in der Region zu vertreiben, würden sie ihren Rassismus gegenüber Andersgläubigen ungehemmt fortsetzen. Es geht ihnen nicht um ihre muslimischen Brüder in Palästina, wenn sie Anschläge auf Kopten in Ägypten oder im Irak ausüben. Sie wollen, wie ich bereits beschrieben habe, ihre Territorien reinigen. Und das gelingt ihnen. Christen im Nahen Osten flüchten massenhaft in den Westen, ihre 2000jährige Kultur im Nahen Osten versinkt. Aber anscheinend gehen die Ziele dieser Fanatiker darüber hinaus. Denn selbst in Europa werden Kopten noch von islamistischen Terroristen bedroht. Falls Sie es noch nicht bemerkt haben, hier versuchen sich Gruppen an einem Genozid. Es ist ein schier unbegreiflicher Irrsinn, der friedlich nur gestoppt werden kann, wenn die Mehrheit der Muslime aufsteht und sich gegen den Mißbrauch heiliger Schriften zur Wehr setzt. Sie stehen in der Verantwortung, egal ob in Ägypten, Malaysia oder in Deutschland. Wer von anderen Toleranz einfordert, muss sie anderen im gleichen Maße gewähren. Genau aus diesem Grunde verstehe ich nicht, warum lediglich einzelne Vertreter ganz weniger Islamverbände diesen Terror verurteilt haben. Die meisten schweigen.

  22. @ Markus Dehnerle

    Weder der Islamismus noch der islamistische Terror sind aus dem israelisch-palästinensischen Konflikt entstanden. Die Muslimbruderschaft, laut Wikipedia „eine der einflussreichsten islamisch-fundamentalistischen Bewegungen im Nahen Osten“, ist bereits 1928 in Ägypten gegründet worden.

    Die Kopten in Ägypten (im Gegensatz zu der Mehrheit der Christen im Libanon, in den palästinensischen Gebieten oder in Israel sowie im Irak) sind keineswegs westlich orientiert, ihre Führung ist stramm antimodernistisch und antiisraelisch, sie können also kaum für angebliche oder tatsächliche Untaten der USA in Haftung genommen werden. In Fadenkreuz der Islamisten sind sie wegen angeblicher Entführung koptischer Frauen geraten, die zum Islam konvertiert sind.

    Die missliche Lage der Kopten in Ägypten ist die Folge der innerarabischen Krise nach dem Scheitern des „arabischen Sozialismus“ und des Versagens des autoritären Mubarak-Regimes. Den USA und der EU kann man sicher vorwerfen, zu undifferenziert die autoritären arabischen Regierungen als „Verbündete“ zu unterstützen, man kann aber nicht die (sicherlich in vielem kritikwürdige) USA-Politik pauschal zum Hauptschuldigen stempeln.

  23. „Der Segen der Toleranz“ tituliert Joachim Frank seinen Leitartikel in der FR, 8./9.01.2011, über Reaktionen auf das Massaker an koptischen Christen – und bleibt die Antwort schuldig, welche „Toleranz“ und welchen „Segen“ er denn meint. Ganz sicher ist ihm zuzustimmen, dass der Terror von Islamisten nicht nur Christen, sondern z. B. auch Moslems trifft, die deren perverses Weltbild nicht teilen. Höchst zynisch aber erscheint es, angesichts des Erschreckens über das Massaker von einem „Lamento über die Lage der Christen“ zu sprechen, Herrn Kauder – man mag zu ihm stehen, wie man will – vorschreiben zu wollen, auf welche Weise er seine Trauer auszudrücken hat. Damit tut Herr Frank eben das, was er anderen vorwirft, die auch von Moslems ein Zeichen der Verbundenheit erwarten, was Gott sei Dank der Zentralrat der Muslime auch gegeben hat.
    Warum fällt mir dabei Alexander Mitscherlichs „Unfähigkeit zu trauern“ ein?
    Man erinnere sich: Der Begriff bezog sich auf die im Nachkriegsdeutschland weit verbreitete Haltung, sich hinter Selbstmitleid und Abwehr von Schuldvorwürfen zu verschanzen, was unfähig machte, Schmerz und Trauer über vergangenes Grauen zum Ausdruck zu bringen – einem Grauen, in das jeder Deutsche, ob schuldig oder nicht, qua Volkszugehörigkeit involviert war und ist. Was Trauer bewirkt und bewegen kann, hat Willy Brandt – selbst unschuldig – mit seinem Kniefall von Warschau gezeigt und zugleich all denen eine Lehre erteilt, die in dieser Geste der Demut ein Eingeständnis der Schuld meinten sehen zu müssen.
    Was ist unglaubwürdig daran, von denen ein Zeichen des Mitgefühls zu erwarten, deren religiöse Überzeugungen zu Massakern missbraucht werden – gerade dann, wenn sie selbst daran völlig unschuldig sind? Die Tatsache, dass die Usurpatoren des Islam sich auf die gleichen religiösen Grundlagen beziehen wie sie selbst, ist kein Grund für die Forderung nach eingeübten Distanzierungsritualen, wohl aber für kritische Reflexion über Grundprinzipien des eigenen Glaubens (und dessen historische Bezüge und Bedingtheiten) und für gemeinsame Trauer.
    Dazu bedarf es keines Kommentars wie den Herrn Franks, in dem er sich selbst mit höchst zweifelhaften Argumenten zu deren Schutzpatron aufschwingt – so der Behauptung, Muslime hätten mit Islamismus nicht „mehr gemein als andere“.
    Nach der gleichen Logik hätten wir als Deutsche mit dem Nazi-Terror nicht mehr zu tun als etwa die Bewohner der Fidschi-Inseln.
    Sollte das der eigentliche Beweggrund sein für selbsternannte Islamschützer? Und sollte in der Unfähigkeit zu trauern, gekoppelt mit der Neigung, auf diese Weise Über-Ich zu spielen, letztlich nur die eigene unbewältigte Vergangenheit zum Ausdruck kommen?

  24. Vielen Dank für Ihren Beitrag, Herr Engelmann. Mit Ihrer Kritik an dem Leitartikel von Joachim Frank treffen Sie, ich kann es nicht besser ausdrücken, den Nagel auf den Kopf.

  25. Ich glaube nicht, daß man es sich so leicht machen kann, nur Arabern und Muslim die Urheberschaft der Terroraktionen im Nahen Osten anzulasten. Sicher, einer ruft nach einem neuen schrecklichen Anschlag an oder mailt, „bekennt“ sich im Namen von Al Kaida sonst sonstwem, und alle sind zufrieden: der richtige Sündenbock ist gefunden.
    Sicher: Die Länder des Nahen Ostens sind reich an Erdöl, Erdgas (jetzt vor der Küste der Levante) und anderen gefragten Resourcen (Afghanistan). Mit dem war against terror wird die gesamte Region zunehmend mit Krieg überzogen und damit destabilisiert. Wer kann daran Interesse haben außer den „Siegern“, die Zugriff auf die Resourcen bekommen? Sind es wirklich die Araber, die ihr Land von anderen Ethnien und Religionen „säubern“ wollen? Ausgerechnet die Menschen, die über Jahrhunderte pro Jahr mehr Toleranz LEBTEN als das Christentum im ganzen Verlauf seiner Geschichte?
    Politik und Medien wollen es derzeit so den Menschen vermitteln und die große Masse glaubt es, leider auch viele „Intellektuelle“, die sich nie näher mit Geschichte nicht nur aus offizieller Sicht, mit Islam und besonders auch intensiver mit lebendigen Muslim befaßt haben. Machtpolitik ist eben nur mit Feindbild möglich!

  26. Verehrte Frau Samman, von Geschichte scheinen Sie zu wenig Ahnung zu haben, wenn Sie behaupten: „…Ausgerechnet die Menschen, die über Jahrhunderte pro Jahr(?) mehr Toleranz lebten als das Christentum im ganzen Verlauf seiner Geschichte…“

    In Bezug auf Islam und Muslime wird von einigen stets Differenzierung verlangt. Sollte man dies nicht auch bei Christen tun? Gibt es denn das Christentum? Der Islam (und hier darf man es so ausdrücken) wurde vornehmlich durch das Schwert, also durch Gewalt verbreitet. Nach den Eroberungen gab es im Mittelalter sowohl im Nahen Osten als auch in Spanien längere Phasen, die von Toleranz geprägt waren. Diese fanden aber noch im Hochmittelalter ein Ende.

    Und bitte wen bzw. was meinen Sie, wenn Sie fragen:“Sind es wirklich die Araber, die ihr Land von anderen Ethnien und Religionen säubern wollen?“

    Kann das sein, dass Sie ein Feindbild haben?

  27. @ Dr. Ursula Samman

    Afghanistan ist weder ein arabisches Land noch liegt es im Nahen Osten. Ob die dort in den letzten Jahren entdeckten Bodenschätze wirtschaftlich ausbeutbar sein werden, ist ungeklärt. Falls ja, werden sich davon die Chinesen wahrscheinlich den größeren Teil des Kuchens als „der Westen“ sichern, wie sie es auch in Afrika tun.

    Dem wünschenswerten differenzierten Umgang mit dem Islam in Europa nützt es nicht, die zunehmende religiöse Intoleranz in der arabischen Welt zu leugnen, die nicht nur Christen, sondern auch säkulare Muslime trifft.

  28. @ U.Samman #26

    „Ausgerechnet die Menschen, die über Jahrhunderte pro Jahr mehr Toleranz LEBTEN als das Christentum im ganzen Verlauf seiner Geschichte?“

    Vielleicht sollten Sie in dieser Frage einmal die (schiitischen) Iraner befragen, was sie von der gelebten Toleranz ihrer sunnitischen Glaubensbrüder so halten. Begriffe wie „arabische Barbaren“ oder „unzivilisierte Invasoren“ oder „Lügner und Diebe“ sind noch die schmeichelhaftesten, die mir aus meinem schiitisch-moslemischen Bekanntenkreis zu Ohren gekommen sind.

    Was sollen die „arabischen Schläger- und Mörderbanden“ nicht alles erfunden haben! Ein „richtiger“ Perser wird mit dem Songtitel der Prinzen antworten „Alles nur geklaut!“. Die Legendenbildung – ich konzediere: möglicherweise von beiden Seiten – läuft zwar schon lange, aber vielleicht sind all die tollen arabischen Erfindungen doch nichts anderes als jahrhundertealte Plagiate persischer Kulturleistungen.

    Ob das so stimmt, kann ich – aus der Ferne mit eingeschränktem Internetzugang – nicht ausführlich recherchieren. Aber da auch Sie die andernthreads an Sie gerichtete Frage, in welchem arabischen Land die von Ihnen behauptete teilweise konsequentere Umsetzung der Gleichberechtigung[1] zu finden sei, trotz mehrfacher Rückfrage unbeantwortet gelassen habe, betrachte ich meine fehlende Untermauerung durch Fundstellen als durchaus lässliche Sünde.

    [1] im Leitkultur-Thread unter #17:

    „Es gibt arabische Länder, in denen Gleichberechtigung zum Teil konsequenter umgesetzt wird als hier,“

  29. @fox
    Da „der Islam“ meist pauschal angewendet wird, muß der Einfachheit halber jetzt auch mal „das Christentum“ damit leben, im Zusammenhang mit einigen der dunklen Punkte seiner Geschichte beim Namen genannt zu werden. Ich habe doch etwas mehr als Geschichts-Schulbücher gelesen. Eigentlich könnte inzwischen jeder in der BRD, sofern er sich dafür interessiert, wissen, daß die ruhigere Zeit in Spanien die Jahrhunderte unter den Mauren war, Juden, Christen und Muslime friedlich nebeneinander lebten, wie auch bis vor den Golfkriegen und besonders des „war against terror“ in den arabischen Ländern und im Iran. Auch bei den Kreuzzügen taten sich die Christen mit besonderer Brutalität und Grausamkeit hervor, töteten bei der Einnahme von Jerusalem wahllos ALLE, auch dort lebende Christen. Von der Eroberung Mittel- u. Südamerikas will ich hier nicht reden. Das ist natürlich alles lange her, aber der Trend der Geschichtsklitterung ist weiter aktuell, von inzwischen verschiedensten Seiten zum neuen Feindbild.
    Besonders in Mode ist es jetzt, den Islam und besonders die Araber nach Kräften zu diskriminieren. Die liefern jetzt auch leider immer wieder schreckliche Vorwände, auch nach zündeln bekannter Geheimdienste gegeneinander aufgehetzt, gedemütigt und deshalb wütend durch Arroganz des Westens, der das in seiner Selbstherrlichkeit noch nicht einmal merkt.
    Ich habe wenig Lust, mich darüber ständig zu wiederholen. Ein Feindbild habe aber nicht ich!

    @Abraham
    Natürlich ist Afghanistan kein arabisches Land, aber ein islamisches und es liegt im mittleren Osten. Zu seinem Unglück HAT es aber Bodenschätze, Probleme ließen sich sicher lösen. Aber noch hat keine fremde Macht Afghanistan erobern können!

    @Schnippsel
    Ich kenne auch viele Iraner, die mir aber wesentlich toleranter scheinen als offenbar Ihr Bekanntenkreis. Diese Unfreundlichkeiten habe ich da nie gehört. Über Animositäten zwischen Iranern und Arabern, Indogermanen und Semiten, geht man da eher mit Humor hinweg und begrüßt den anderen Menschen.
    Die Forschungen wurden damals sowohl von Persern als auch von Arabern verschiedenenorts in diesem riesigen Bereich bis nach Indien durchgeführt, auch ausgetauscht und weitergeführt, in einem vermutlich toleranteren und in erster Linie wissenschaftlich, aber auch wirtschaftlich interessierterem Klima, als man sich heute vorstellen kann, nicht eingeengt von Dogmen. Daß das jetzt Iraner allein für sich haben wollen, gehört wohl eher zur Legendenbildung, wo die Araber doch gerade die A….karte haben. Wird nicht hier ein Feinbild gehätschelt?
    Wußten Sie, daß z.B. in Syrien 35% der Lehrstühle mit Frauen besetzt sind, in Deutschland knapp 15%? Aus REISE KNOW-HOW „Syrien“ von Muriel Brunswig-Ibrahim, die das ganze Buch erneut in 2. Auflage (2009) sehr sorgfältig recherchiert hat. Es gibt auch da Frauenbewegung und viele Frauengruppen, ein westliches Vorbild ist aber wenig interessant, die Frauen finden ihre eigenen Wege zur Emanzipation.

  30. @ Dr. Ursula Samman, # 30
    „Da “der Islam” meist pauschal angewendet wird, muß der Einfachheit halber jetzt auch mal “das Christentum” damit leben, im Zusammenhang mit einigen der dunklen Punkte seiner Geschichte beim Namen genannt zu werden.“
    „Besonders in Mode ist es jetzt, den Islam und besonders die Araber nach Kräften zu diskriminieren.“

    Erfahrene Lehrer und Sozialarbeiter verwenden gelegentlich die Strategie, bei konkreten Konfliktfällen gewaltbereite Jugendliche im Rollenspiel mit der Opferrolle zu konfrontieren, um sie die Wirkungen der eigenen Aggressivität erfahren zu lassen. Erfolgreich kann dies jedoch nur sein, wenn die Gewaltakte der Gedankenlosigkeit entspringen und eine Chance besteht, sie dadurch in ihrer verdrängten Menschlichkeit zu erreichen.
    Welchen Sinn soll es aber haben, bei Terrorakten solchen Ausmaßes „der Einfachheit halber“ alle möglichen Klischees, die Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit nun mal produziert, auch auf den eigenen Kulturkreis anzuwenden? Das mag vielleicht dem eigenen Ego schmeicheln, sich auf diese Weise zumindest emotional nicht selbst dem „bösen“, „arroganten“, „dekadenten“ Westen zugehörig zu fühlen.
    Wird aber dadurch, dass man sich selbst auf dieses Niveau der Aufrechnung begibt, auch nur ein einziger von denen, die ihre Mörderinstinkte ausleben und religiös überhöhen, aus seinem Wahn befreit? – Solche Menschen handeln weder ziellos noch gedankenlos. Sie wissen prächtig, auf der Klaviatur des schlechten Gewissens zu spielen, bedürfen keiner historischer „Argumente“ für ihren Hass gegen uns dekadente „Schweinefleischfresser“ und für ihr Ziel, mit dem „arroganten Westen“ auch dessen schlimmste Auswüchse, die Menschenrechte (und um die geht es letztlich im Kern!) zu entsorgen. – Und sie lebten nicht vor 500 Jahren, sondern sie leben heute und sie werden offensichtlich immer mehr!
    Vor allem aber: Wird mit solchen Selbstbezichtigungsaktionen auch nur ein einziger von den in Todesangst lebenden, um seine Angehörigen trauernden Menschen, von denen hier die Rede ist, getröstet?

    Der Missbrauch von Geschichte zur gegenseitigen Aufrechnung hat nach meiner Überzeugung mit selbstkritischer Haltung nichts zu tun – gleich ob als Heroisierung oder als Verteufelung. Geschichte dient so vielmehr der Selbstrechtfertigung und trägt dazu bei (Milosevic lässt grüßen!), sich gegenseitig in seinem Wahn zu bestärken.
    Beschäftigung mit Geschichte – so habe ich es zumindest gelernt – hat nur dann einen Sinn, wenn man bereit ist, aus ihr zu lernen, also den Ursachen von Fehlentwicklungen auf den Grund zu gehen, um sie nicht wiederholen zu müssen. (Und bei Marx habe ich gelesen, dass eine tragische Geschichte sich nicht als Tragödie, sondern als Farce wiederholt).

    Wer mit der Moderne, mit seiner Umwelt, mit sich selbst auf Kriegsfuß steht, sich aus seiner Ohnmacht zu befreien glaubt, indem er sich in den Wahn des Märtyrertums und des Rachegottes hineinsteigert, der lässt durch pauschalisierende Selbstanklagen mit Sicherheit nicht ab von seinem schrecklichen Tun – im Gegenteil.
    Und wer in tiefen Schmerz gestürzt wurde, dem hilft dies schon zweimal nicht weiter. Er bedarf nicht schuldbewusster Erklärungen, sondern eines Zeichens – des Mitgefühls und der Empathie.
    Und wer sich so klug, so über andere in seiner eigenen Umwelt erhaben fühlt, der sollte – um mit Mitscherlich zu sprechen – erst einmal lernen zu trauern.
    Wenn man hierzulande wie in Ägypten endlich anfangen sollte zu begreifen, dass es auf solche Zeichen mitmenschlicher Verbundenheit ankommt und nicht auf Religion, wenn auch für die zahlreichen muslimischen Vereinigungen (und nicht nur sie) das ebenso grässliche wie dumme Unwort vom „Ungläubigen“ der Vergangenheit angehörte, dann hätte ein solch schreckliches Ereignis sogar einen Sinn.

  31. @ Dr. Ursula Samman

    Mit meinem Hinweis auf Afghanistan ging mir nicht darum, Sie über Geographie zu belehren. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass die gesellschaftlichen, historischen, politischen und letztlich auch die religiösen Unterschiede zwischen Afghanistan und den arabischen Ländern die „Gemeinsamkeit“, ein „islamisches“ Land zu sein, überwiegen. Selbst die arabischen Länder kann man nicht über einen Kamm scheren; der einst multireligiös geprägte Libanon, das immer noch durch den „arabischen Sozialismus“ geprägte Syrien, das erzkonservative (vahabitische) Saudi-Arabien unterscheiden sich jeweils voneinander und von Ägypten.

    Es bringt daher wenig Erkenntnis, mit (zum Teil idealisierten) Reminiszenzen an „El Andalus“ (in dem es ebenfalls Phasen religiöser Verfolgungen gab) von den „Toleranz“ des Islams an sich zu schwärmen und von der zunehmenden religiösen und nationalen Intoleranz in der arabischen Welt (auch jenseits des „importierten“ Terrors) die Augen zu verschließen. Diese Entwicklungen haben lange vor Buschs unglücksseligen „Krieg gegen den Terror“ begonnen, was man in UN-Studien nachlesen kann, die arabische Intelektuelle vor 2001 erstellt haben.

    Dabei geht es nicht darum, die muslimische Gemeinschaft in Deutschland insgesamt für diese Intoleranz haftbar zu machen (so wie auch die jüdische Gemeinschaft in Deutschland nicht für die Politik der israelischen Regierung verantwortlich ist). Gleichzeitig können wir nicht übersehen, das religiöse Strömungen wie die Islambrüder Einfluss auch in Deutschland haben, mit dem wir uns politisch auseinanderzusetzen haben.

    Noch ein Wort zur Gleichberechtigung der Frau im Islam: Syrien halte ich für kein gutes Beispiel. Auch unter Baschar al-Assad ist das Land ein von Militär und Geheimdienst beherrschte Ein-Partei-Diktatur geblieben, wenn auch eine weniger blutige als die des Vaters. Die nationalistische, säkular orientierte Ideologie des „arabischen Sozialismus“ der Bath-Partei mag sich in Teilbereichen zugunsten der formellen Gleichstellung der Frauen ausgewirkt haben. Ob ohne politische Freiheiten eine wirkliche Frauenemanzipation erreicht werden kann, bleibt für mich fraglich.

    In Ägypten ist unter den zunehmenden Einfluss der islamistischen Moslembrüder der einst für Frauen erreichte Fortschritt zurückgedreht worden. Dort sind aber auch durchaus Ansätze entwickelt worden, die islamische Religion egalitär zu interpretieren.

  32. Natürlich sind die Staaten des Nahen und mittleren Ostens sehr unterschiedlich, Ich möchte auch keinen der dortigen Potentaten verklären. Allerdings haben in einem Land die Menschen wenigstens die Möglichkeit, ihr Leben zu leben, wenn auch nicht nach hiesigen Maßstäben, in anderen Ländern aber sind sie ihres Lebens nicht mehr sicher, egal zu welcher Gruppierung sie gehören, nur weil ihrer Kultur Fremde vorgeben, sie mit deren way of life beglücken zu müssen. Dabei sind die westlichen „Glücksbringer“ den Völkern des Nahen u. Mittleren Ostens inzwischen unglaubwürdig.
    Mir geht es mehr um den Versuch, dem nach meiner Ansicht herbeigeredeten Clash of religions etwas entgegenzusetzen. In Deutschland ist derlei gefährlich. Der Versuch, eine Bevölkerungsgruppe auszugrenzen, zu quälen und zu töten, hat ja in Deutschland schon in einer schrecklichen Katastrophe geendet, die uns noch heute tief beschämt. „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“ (Fr.Schiller) Das ist immer noch und wieder hochaktuell. Mich erschreckt die Dummheit und Uninformiertheit vieler Argumente, leider auch in diesem Blog. Islam und Koran haben eben keine Probleme mit dem Grundgesetz, trotzdem wird das Gegenteil stur behauptet. Eine grundlegende Ethik von Christentum und Islam unterscheidet sich nicht wesentlich voneinander, auch die Gleichberechtigung der Frau steht im Koran, es gibt aber widersprüchliche Suren, die wohl zu verschiedenen Zeiten entstanden. Man kann natürlich die Sitten der im diesem Raum und dieser Zeit dort ansässigen Menschen nicht völlig außer Acht lassen, die sich auch im Koran niederschlugen. Es gibt heute genügend Christen und Muslime, die damals Niedergeschriebenes heute nicht mehr ganz wörtlich nehmen.
    Fanatiker sind immer gefährlich, auch z. B. Evangelikale u.a. in den USA.
    Außerdem sollten Frauen überall das Recht haben, ihren eigenen Weg zur Emanzipation zu finden, ohne auf Frau Schwarzer Rücksicht nehmen zu müssen.

  33. @ U. Samman #30

    Auf Ihre Frage „Wussten Sie, dass …?“ kann ich nur antworten: Nein, das wusste ich nicht. Sonst hätte ich aber wohl auch kaum gefragt. Auch wenn ich vermutlich das von Ihnen angegebene Buch nicht werde lesen können, danke ich für den Hinweis.

    Inhaltlich gehe ich trotz oder wegen des von Ihnen gewählten Beispiels dennoch mit Ihnen nicht in eins, und zwar aus mehreren Gründen:

    1. Ich tue mich mit der von Ihnen vorgenommenen begrifflichen Gleichsetzung von „Gleichberechtigung“ und „Emanzipation“ schwer. Meine Mutter war zu einer Zeit, als es die Gleichberechtigung von Mann und Frau in Deutschland noch nicht in demselben Maß wie heute gab, eine durchaus emanzipierte Frau. Auch meine Großmütter waren, jedenfalls aus den mir zu Ohren gekommenen Erzählungen, resolute und „emanzipierte“ Frauen, obwohl von Gleichberechtigung keine Rede gewesen sein kann.

    Und jeder deutsche Mann, der auf die Mär der „anschmiegsamen Thai-Frau“ reingefallen ist, wird über kurz oder lang gemerkt haben, wer tatsächlich die Hosen anhat.

    2. Prozentuale Verteilungen in bestimmten Teilen einer Gesellschaft sagen nichts über die tatsächliche Gleichberechtigung aus. Also die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung der Frau und ihre selbstbestimmte, gleichberechtigte Teilhabe (Teilnahme) am politischen, gesellschaftlichen, sozialen, kulturellen, wissenschaftlichen, wirtschaftlichen usw. Leben. Diesbezüglich hatte ich in dem anderen Thread ja auch eine Reihe von praktischen Kriterien genannt. Ich möchte das hier nicht wiederholen.

    Ebenso gut wie in Ihrem Beispiel aus Syrien könnte ich Ihnen anführen, dass Frauen in Deutschland in Kindergärten, Grundschulen und Altenpflegeheimen mit aberwitzigen Prozentsätzen vertreten seien – und daraus den Schluß einer eklatanten Männerdiskriminierung ziehen. Andererseits hat eine Handvoll von Wirtschafts- und Finanzbossen einen überproportionalen Einfluss gegenüber Millionen „einfacher“ Stimmbürger.

    Sollte die erfolgreiche (3x Olymiasiger!) kubanische Frauen-Volleyballmannschaft tatsächlich als Beleg für die konsequente Umsetzung der Gleichberechtigung herhalten dürfen? Oder gar als „Beweis“ für die Überlegenheit des Sozialismus?

    3. Geradezu als Gleichberechtigungsparadies müsste – unter Anführung eines einzigen Beispiels wie Sie es tun – das Reich des Herrn Gaddafi gelten. Besteht doch seine Leibwache aus 100% Frauen! Sie sind nicht nur jung, sondern sogar bestens ausgebildet. Das hat aber weder mit Emanzipation noch mit Gleichberechtigung zu tun. In einer konservativ-islamischen Gesellschaft – die Libyen eben immer noch ist – ist für Mädchen, die sich einer solchen Formation anschließen, normalerweise die Familienloyalität erloschen. Hätte er seine Leibwache unter Männern mit Stammesbindungen rekrutiert, wären Verschwörungen einfacher gewesen. Die Amazonen der Leibgarde, die „Nonnen der Revolution“, aber konspirieren nicht.

    Was von diesem billigen Budenzauber zu halten ist, enthüllt das Grüne Buch des Herrn G., Kapitel 3, Die soziale Basis der 3. Universaltheorie, Sätze aus dem Kapitel „Die Frau“:

    „… Diskriminierung zwischen Mann und Frau ist ein flagranter Akt der Unterdrückung, für den es keinerlei Rechtfertigung gibt. … Die angeborenen Besonderheiten … zwischen Mann und Frau sind Realitäten, die eine Unterscheidung zwischen männlichen und weiblichen Wesen notwendig machen, ihnen unterschiedliche Rollen und Funktionen im Leben zuweisen. … Es ist der Betrachtung wert, dass diese biologischen Funktionen eine schwere Belastung sind, die der Frau besondere Anstrengungen und Leiden auferlegen. … Der Verzicht auf die natürliche Rolle der Frau in der Mutterschaft … ist der Beginn des Verzichts auf eine menschliche Gesellschaft. … Die Behauptung, dass es hinsichtlich körperlicher Arbeiten keinen Unterschied zwischen Mann und Frau gibt, beraubt die Frau ihrer Freiheit. … Die Forderung nach Gleichheit zwischen ihnen bei schmutziger Arbeit, die ihre Schönheit vermindert und ihrer Weiblichkeit abträglich ist, ist ungerecht und grausam. … Missachtung dieser natürlichen Rollen … ist gleichbedeutend mit der Vernachlässigung und der Vernichtung der Werte des Lebens selbst. … Die Frau, die auf Ehe, Schwangerschaft und Mutterschaft verzichtet – zugunsten der Arbeit – gibt ihre natürliche Rolle unter Zwangsbedingungen auf. … Es geht nicht um die Frage: Soll die Frau arbeiten oder nicht? Denn das wäre eine lächerliche und materialistische Fragestellung. Die Gesellschaft sollte allen dazu fähigen Mitgliedern – Männern und Frauen – Arbeit geben, wenn sie sie brauchen. Aber unter der Bedingung, dass jedes Individuum auf dem für ihn geeigneten Gebiet arbeiten kann und nicht gezwungen wird, ungeeignete Arbeit zu verrichten.“ (Zusammenfassung und Übersetzung: Anita Hoch)

    Heute gehen junge Frauen in Libyen in Jeans und T-Shirts mit offenem Haar und unverhüllt, nahezu 100% besuchen eine Schule, an den Universitäten sind bis zu 80% der Studierenden Frauen. Unhinterfragt in den Raum gestellt: toll!

    Am Ende bleibt alles beim Alten, wie selbst Gaddafi in all seiner Widersprüchlichkeit feststellt: „Ihr macht ein Diplom, um euch am Ende einem Schwächling zu schenken, der in euch bloß die Putzfrau sieht.“ Oder er nennt sie „Legehennen“, die einen Mann suchen, „der sie mit Gold und Seide zudeckt“. (Kennt man ja auch aus Deutschland heutzutage noch zur Genüge.)

    Sieht so die „teilweise konsequentere Verwirklichung von Gleichberechtigung“ aus?

    4. Auf die syrischen Besonderheiten, übrigens mit einer beachtlich hohen „Christenquote“ von 10%-15%, ist Abraham ja schon eingegangen.

  34. Nachtrag zu #34

    5. Der Begriff „konsequentere Umsetzung“ impliziert für mich, dass es
    a) eine entsprechend klar definierte Zielvorstellung gibt
    b) entsprechende Schritte (Etappen) hin zum Ziel definiert sind
    c) die Umsetzung der Schritte allen Widrigkeiten zum Trotz
    – planvoll,
    – messbar,
    – zielgerichtet,
    – unbeirrbar und
    – nachhaltig erfolgt

    Ob es derlei in arabischen Ländern tatsächlich gibt, kann ich mangels Detailwissen nicht sicher beurteilen. Dass ich allerdings erhebliche Zweifel hege, vermutlich sogar berechtigte, möge man zugestehen.

    Allerdings sehe ich durch die mangelnde oder mangelhafte Verwirklichung von Frauenrechten in arabischen Ländern weder „unser aller“ noch meine persönliche Freiheit zur Disposition gestellt.

    Ebenso wie im privaten Bereich schwanke ich auch im politischen zwischen dem Wunsch nach Nichteinmischung und dem Bedürfnis nach Einmischung, dem Wunsch nach universalen Werten und dem Bedürfnis nach individueller, kultureller, historischer Relativierung, zwischen hehrer Selbstlosigkeit und einfachen Nützlichkeitsdenken.

    Gerade daher sind mir die Besitzer ewiger Wahrheiten (insbesondere repräsentiert durch die nahöstlichen Buchreligionen) äußerst suspekt.

  35. Ich traf vor 3 Jahren in Damaskus eine junge Dozentin der Universität Bagdad, Ende 20, die damals geflüchtet war, bei ihrer Großmutter lebte und sich beklagte, sie werde nicht, wie zuhause, gefragt, was sie mache, sondern nur, ob sie verheiratet sei. Sie kehrte inzwischen zurück zu ihrer Arbeit. – Das größte Hindernis ist dort tatsächlich die konservativ-islamische Gesellschaft, wie bei uns noch Mitte des letzten Jahrhunderts – ich habe die 50-er Jahre noch lebhaft in Erinnerung. Eine unverheiratete Frau hat in diesen Länder noch eine sehr schlechte soziale Position. Dennoch denke ich, daß die arabischen Frauen, die auf den Schulen und Universitäten in großer Anzahl vertreten sind, auf einem guten Weg sind. Das Hauptmerkmal ihrer Entwicklung wird aber sicher nicht das Ablegen des Kopftuchs sein.

  36. @ Samman
    Sie scheinen einen gewissen Wert auf akademische Titel zu legen, doch in Ihren Beiträgen lassen Sie teilweise jegliche notwendige Objektivität und Kritikfähigkeit vermissen.

    „Eigentlich könnte inzwischen jeder in der BRD, sofern er sich dafür interessiert, wissen, daß die ruhigere Zeit in Spanien die Jahrhunderte unter den Mauren war, Juden, Christen und Muslime friedlich nebeneinander lebten.“
    Sie scheinen Ihr Wissen über bestimmte historische Entwicklungen aus netten, arabischsprachigen Bilderbüchern zu erwerben.

    Außerdem erzählen Sie noch böse Geschichten über Christen zu Zeiten der Kreuzzüge. Grundsätzlich kann man doch feststellen, dass sich jeder religiöse Glaube mißbrauchen läßt. Dies geschieht in christlichen Gesellschaften genauso wie in muslimischen. Da macht Ihr kläglicher Versuch, das! Christentum einseitig zu verklären, wenig Sinn. Für jede Brutalität, die irgendwelche Protagonisten im Namen der Christenheit begangen haben, läßt sich ebenfalls ein adäquates Fehlverhalten unter muslimischen Gläubigen finden. Und egal, wie es in vergangenen Zeiten zuging. Heute ist vor allem, hier darf ich verallgeneinern, die islamische Welt überwiegend rückständig, intolerant. Bei dieser Feststellung geht es nicht um die Höherstellung des eigenen „Way of Life“, sondern vielmehr um die Situation bezgl. der Menschenrechte.

    Wenn Sie überzeugt sind, dass Sie selbst kein Feindbild haben, na dann wiederhole ich meine Bitte an Sie, Ihre folgende Frage zu erläutern: ”Sind es wirklich die Araber, die ihr Land von anderen Ethnien und Religionen säubern wollen?”

  37. Sehr geehrte Foristinnen und Foristen,

    Ihren Eifer bem Nachweis einzelner Übeltaten durch Vertreter dieser oder jener „Religion“ möchte ich nicht schmälern, jedoch die Frage aufwerfen ob auf der letzten Ausführungsebene d.h. der in Erscheinung tretenden Täter nicht doch ein geeigneterer Ansatz zur Problemanalyse zu finden ist?

    Werden die Täter und deren modus operandi gründlich betrachtet, so mehren sich die Zweifel an religiös induzierten Taten.
    Täter geben sich gläubig und legen ausführlich dar, warum sie meinen zur Förderung diese oder jenes Glaubens gehandelt zu haben. Dahinter stehen auffällig oft motivierbare Persönlichkeiten, Menschen die zwar handlungswillig zu sein vorgeben, die aber erst ideologisch und dann technisch an einen Punkt gebracht werden müssen der sie dann zu Tathandlungen befähigt.

    Fast man einmal die Vorgänge der letzten Jahre in verschiedenen Ländern Europas zusammen, so ist die Kernkompetenz „USBV-Erstellung“ schlecht oder unzureichend vermittelt worden. Was für sich noch nicht so problematisch erscheint, jedoch auch in einem anderen Licht gesehen werden kann.
    Es gilt, wie in jedem Handwerk, „je fachkundiger, desto weniger kann ihnen etwas vorgemacht werden“. Dafür notwendige Prüfmethoden auch in intellektuell bescheidenere Geister zu implementieren ist darstellbar, Armeen viele Länder beweisen das. Nur, und das ist das Besondere, waren die Täter nie in der Lage Manipulationen hinreichend schnell aus eigenem Wisse zu erkennen.
    Ein Umstand der uns glücklich stimmen könnte, wenn dabei ersichtlich wäre wer hinter solcher Personalauswahl alles steht.

    Irgendein „Glaube“ scheint mehr ein Vorfilter zur Rekrutenwerbung zu sein, denn Beweggrund.

    MfG Karl Mülller

  38. @ Karl Müller

    Was wollen Sie uns mit diesem Beitrag sagen? Die Abkürzung USBV habe ich noch googeln können, sie bedeutet „unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung“, den Rest kann ich nicht entschlüsseln.

  39. @ Abraham #39

    KMs Ausführungen „riechen“ mir nach Verschwörungstheorie. Etwa in der Art:

    Da gibt es Menschen (Schwache, Labile, Spinner u.ä.), die benutzt werden und dafür ideologisch und technisch auf einen Minimalstand gebracht werden. Die Instrumentalisierung entgeht diesen Menschen jedoch, da sie weder auf einem entsprechenden intellektuellen noch technischen Niveau sind, um ihre Manipulation erkennen zu können.

    Die Sauerlandbomber haben eben nichr erkannt, dass man ihnen statt des Wasserstoffperoxids wohl nur Wasser untergejubelt hat. Vielleicht hätte sie schon allein die Leichtigkeit, mit der sie sich die 12 Fässer Wasserstoffperoxid besorgen konnten, stutzig werden lassen müssen.

    Und daraus ergäbe sich für KM die Frage: Wer sind die Hintermänner? Welche Interessen werden da verfolgt? Also das einfache „Cui bono“?

    Aber ehrlich gesagt: so richtig habe ich KMs Ausführungen auch nicht verstanden.

    Der Ansatz erklärt auch nicht, warum die Täter sich nun ausgerechnet einer Jihad-Gruppe und nicht einer teutonischen Blut-und-Boden-Gruppe angeschlossen haben.

    Dass Zukurzgekommene (auch und vielleicht gerade in arabischen bzw. moslemischen Ländern) durch materielle oder ideelle Versprechen zu Verbrechen angestiftet werden können, ist keine neue Erkenntnis. Manchmal ist es ein bisschen Geld, manchmal langt allein schon ein wenig Anerkennung, manchmal müssen die in Aussicht gestellten Vorteile etwas größer sein. Das NS-Blockwartsystem und die Stasi sollten noch in ausreichend lebendiger Erinnerung sein.

    Dunkle Mächte benutzen Verführbare für ihre Zwecke. Sollte die Problematik terroristischer Angriffe tatsächlich so einfach zu erklären sein? Und was folgt nun daraus?

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