AfD: Eine Prüfung für die wehrhafte Demokratie

Derzeit zerbricht sich die halbe Republik den Kopf darüber, warum die AfD in den Umfragen so stark ist, obwohl diese Partei doch überhaupt nichts Konstruktives anzubieten hat. Sie ist eine Dagegen-Partei, und wer für sie stimmt, ist dafür, dagegen zu sein. Die AfD steht, pointiert gesagt, für eine Art von Rückkehr in „gute alte Zeiten“, die es jedoch nie gegeben hat. Denn gut waren „alte Zeiten“ gewiss niemals. Trotzdem eignet sich diese eigentümliche Chiffre offenbar gut dazu, die Menschen bei ihren Gefühlen zu packen. Sie bedient die nostalgische Sehnsucht nach einer heilen Welt. Die AfD suggeriert, dass eine solche heile Welt möglich sei, indem man unter anderem die Fortschritte der vergangenen Jahrzehnte rückabwickelt. Es scheint Menschen zu geben, die ihr das abnehmen.

Übrigens verbucht die AfD auch handfeste Wahlerfolge. Im thüringischen Sonneberg wurde der AfD-Kandidat zum Landrat gewählt, der bisherige Amtsinhaber von der CDU unterlag mit rund drei Prozent Abstand. Die Partei erzielte diesen Erfolg mit bundes- und europapolitischen Themen, die für eine solche kommunale Wahl keine Rolle spielen. Soll heißen: Sie bedient Gefühle. Und sie stellt in der anhaltinischen Kleinstadt Raguhn-Jeßnitz einen ersten hauptamtlichen Bürgermeister. Weitere solcher Wahlerfolge dürften folgen, etwa wenn es um die Wahl zum thüringischen Landtag geht; da führt die AfD derzeit in den Umfragen mit 34 Prozent noch vor der Linken, die bisher den Ministerpräsidenten stellt. Im Osten nichts Neues?

Man solle die Zustimmung zur AfD nicht einfach als Protest abtun, heißt es. Nun, was denn sonst? Ja, manche Menschen haben offenkundig ideologische Schnittstellen mit der Programmatik der AfD. Dazu haben wir kürzlich Zahlen bekommen. Die Uni Leipzig hat über die Unzufriedenheit mit der Demokratie recherchiert und festgestellt, dass die Zustimmung zu rechtsextremen Aussagen vor allem in den ostdeutschen Bundesländern hoch sei. Und der Unabhängige Expertenkreis Muslimfeindlichkeit UEM hat festgestellt, dass die Hälfte aller Deutschen diskriminierende und verurteilende Einstellungen gegenüber Muslimen und dem Islam haben. Möglicherweise sind dies Einstellungen, an denen die AfD andocken kann?

Dann wäre sie tatsächlich nicht nur eine Protestpartei, in der die Unzufriedenheit mit der Demokratie ein Ventil findet. Wobei ich mich allerdings frage: Warum sind die Menschen eigentlich unzufrieden? Geht’s ihnen wirklich so schlecht? Oder liegt es daran, dass die in Berlin andauernd streiten? Streit gehört zur Demokratie. Etwas wohlwollend könnte man dieses Verfahren auch als Diskussion bezeichnen. Am Ende steht dann ein Kompromiss, bei dem alle Federn lassen, zugleich aber etwas gewinnen.

Halten die Menschen keine Diskussionen mehr aus? Wollen sie wirklich wieder autoritär regiert werden, so wie es in unserer Geschichte zumeist der Fall war? Einer sagt, wo es langgeht, und das wird dann so gemacht? Was wäre dadurch gewonnen, abgesehen davon, dass die Sehnsucht mancher Menschen nach der harten Hand bedient wäre? Das kann eigentlich niemand wollen. Doch der Gewaltforscher Wilhelm Heitmeyer attestiert den Ostdeutschen im FR-Interview eine solche autoritäre Sozialisiaton.

Was also soll die AfD? Warum steht sie derzeit so gut da? Dabei muss es übrigens nicht bleiben. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich Umfragewerte aus der Mitte der Legislaturperiode auffällig vom Wahlergebnis unterscheiden. Oder hätten Sie vor vier Jahren geglaubt, dass wir einen SPD-Kanzler bekommen?

Update 8.7.: Bin gerade auf einen interessanten Text auf Buzzfeed gestoßen, in dem ein Kommunikationsforscher acht Tipps zum Umgang der Parteien mit der AfD gibt. Hier ist der Link.


Der ewige Wunsch nach Veränderung

Ich habe mich mich vor ein paar Tagen mit meinem Schwiegersohn über den erstaunlichen, aber auch bedenklichen „Erfolg“ der AfD im Osten Deutschlands unterhalten. Er kommt aus Mecklenburg-Vorpommern, ist Informatiker, lebt seit fast 20 Jahrem im Rhein-Main-Gebiet und ist garantiert kein AfD Wähler. Aber er ist noch oft zu Besuch in seiner Heimat und kennt die Stimmung dort sehr gut. Er sagte: Die Menschen im Osten hätten in der DDR Zeit die Erfahrung gemacht, dass sie zwar wählen duften, aber das Ergebnis war immer gleich. 98% hätten angeblich die SED gewählt. Und es hätte sich nie etwas geändert. Und dann kam die Wende und plötzlich durften sie tatsächlich wählen: CDU, SPD, Grüne, FDP Linke aber egal, wen sie auch wählten, es hätte sich wieder nichts geändert. Und deswegen würden viele im Osten jetzt die AfD wählen.
Natürlich ist diese Erklärung nicht hinreichend, aber vielleicht sollten die Menschen im Westen mal darüber nachdenken.

Wolfgang Zimmermann, Kelkheim

Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit!

„Wie Ressentiments der AfD nutzen“ und „Kipppunkt der Demokratie“, FR vom 29.06.23
ist die hohe Zustimmung zur AfD in Ostdeutschland als Protest kritischer Bürger gegen nicht nachvollziehbare Regierungsentscheidungen zu bewerten? Nein. Denn es handelt sich nicht um einen Streit im Rahmen des gesellschaftlichen Diskurses um den besten Weg, sondern um einen Kampf gegen den freiheitlichen Staat. Die hier zu Tage tretende Renitenz von Antidemokraten ist typisch für destruktive und faschistoide Gesinnungen. Diese Abtrünnigen wünschen sich die autoritäre DDR und vielfach den NS-Staat zurück. Sie proklamieren Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus. Fühlen sich diskriminiert, sind bildungsfern, falsch informiert, unsolidarisch, verkennen die Gefahren des Klimawandels, verstehen die immer komplexer werdende Welt nicht. Karl Marx würde sie dem „Lumpenproletariat“ zuordnen, das durch seine „Käuflichkeit und Verkommenheit“ bestimmt ist.
Dabei sind sie selbst Fremde gewesen. Haben am 3. Oktober 1990 um Asyl in der Bundesrepublik nachgesucht und sind in die westdeutschen Sozialsysteme eingewandert. Der Staat, dem sie heute nachtrauern, hat ihnen weder eine gefüllte Rentenkasse noch eine leistungsfähige Krankenversicherung hinterlassen.
Es besteht kein Anlass, die AfD-Wähler mit Samthandschuhen anzufassen, etwa um sie für die Demokratie zu gewinnen. Vielmehr sollte der Grundsatz von Artikel 18 des Grundgesetzes gelten: „Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit“.

Klaus Philipp Mertens, Frankfurt

Heimliche Sehnsucht nach der Diktatur?

Die Umfragewerte der AfD in den Bundesländern der ehemaligen DDR sind glänzend. Die vom Verfassungsschutz observierte rechtsradikale Partei eilt von Wahlsieg zu Wahlsieg. Eine Frau Weidel dämmert als künftige Bundeskanzlerin am Horizont.
Diese Partei und ihre Sympathisanten propagieren offen ihre Feindschaft gegen die Demokratie, die freiheitliche Grundordnung und gegen Europa bzw. wollen sie einen Umsturz. Außer Fremdenfeindlichkeit und Ausländerhass haben sie keine politischen Programme. Ihr Feindbild sind die Grünen. Die Umweltzerstörung leugnen sie. Politi-sche Korrekturen in diesem Bereich werden von der AfD boykottiert.
Dass gerade die ehemaligen Ostdeutschen diese Partei unterstützen zeigt, dass sie zurück zur Diktatur, wie sie in der DDR herrschte, wollen und sie mit der Demokratie und der Freiheit nichts anfangen können. Dass sie mit dieser Haltung auch den de-mokratischen Westen mit in radikale Strukturen zwingen, ist tragisch. Vor allem weil sich die demokratischen und freiheitlich gesinnten Kräfte nicht dagegen wehren. Mit ihrer Anbiederung an die Rechtsradikalen und ihren Attacken auf die Grünen unter-stützen CSU, CDU und die FDP die AfD sogar.

Conrad Fink, Freiberg a. N.

Die eigentlichen Demokratiefeinde

Wahl-Eklat in Sonneberg?! Der eigentliche Eklat ist, das Ergebnis einer demokratischen Wahl rückgängig machen zu wollen! Aber ein derart demokratiefeindliches Verhalten kennt man ja schon.

Volkmar Eichstädt, Chemnitz

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29 Kommentare zu “AfD: Eine Prüfung für die wehrhafte Demokratie

  1. @Wolfgang Zimmermann
    Sehr geehrter Herr Zimmermann,
    das ist doch wohl eine sehr einfache Erklärung für das Wahlverhalten in Teilen Ostdeutschlands. Die Aussage, es würde sich nichts ändern, egal welche Partei man wählt, hört man auch im Westen. Wie kommt man dann auf die Idee, die AFD würde es besser machen?

  2. Es fing alles mit ein paar Unzufriedenen an. Sie wussten nicht was sie wählen sollten. An allem, was geboten wurde, konnten sie kein gutes Haar entdecken. Da sammelte ein Schlaukopf ihre Unzufriedenheitsbekundungen. Er gründete eine Partei und versprach in seinem Programm alle Dinge besser zu machen, die den Unzufriedenen nicht gefielen.
    Dass das Programm voller Widersprüche steckte, fiel niemandem auf.
    Bei der nächsten Wahl bekam die Partei ein paar Stimmen. Die großen Parteien ignorierten sie. Doch ihre Anhänger wurden immer mehr, denn das Heer der Unzufriedenen wuchs und wuchs.
    Bei der nächsten Wahl hatte die Partei zwar noch keine bedeutende Mehrheit, zog aber schon mit ein paar Abgeordneten ins Parlament ein. Wenn ihre Leute Reden hielten, wurde über sie gelacht. Die Presse überschüttete sie mit Häme. Die Partei nannte sie deshalb „Lügenpresse“.
    Bei der nächsten Wahl erreichte die Partei der Unzufriedenen noch mehr Zuspruch. Das war den großen Parteien ein Dorn im Auge. Die Presse verteufelte die Partei und stellte ihr Wahlprogramm in die Extremistenecke. Die großen Parteien wollten nicht mit ihr zusammenarbeiten. Man machte sie für gefährliche Umtriebe verantwortlich
    Doch die Partei versprach den Bürgern weiterhin die Erlösung von allen ihren Unzufriedenheiten.
    Bei der nächsten Wahl hatte sie die absolute Mehrheit.

    Am 1. Tag danach besetzte sie die Regierungsposten und zog ins Parlament ein.
    Am 2. Tag danach schaffte sie das Parlament ab und verbot alle anderen Parteien.
    Am 3. Tag danach führte sie die Wehrpflicht ein und verdoppelte die Polizei. Alle Polizisten wurden mit Maschinengewehren ausgerüstet.
    Am 4. Tag danach wurde die Berufstätigkeit der Frauen untersagt.
    Am 5.Tag danach wurden Homosexuelle, Lesben und Abtreibung verboten.
    Am 6.Tag wurden körperlich und geistig Behinderte weggesperrt.
    Am 7.Tag wurden die Grenzen dicht gemacht und die alte Währung wieder eingeführt.
    Am 8.Tag wurde das alte Schulsystem wieder eingeführt und Lehrer bekamen das Züchtigungsrecht.
    Am 9.Tag wurden die diplomatischen Beziehungen zu allen muslimischen Staaten abgebrochen.
    Am 10.Tag wurden alle Atomkraftwerke wieder in Betrieb genommen und die Windräder geschleift.
    Am 11.Tag trat man aus dem europäischen Bündnis aus und unterzeichnete ein Freihandelsabkommen mit den USA. Die Nato- Truppen wurden mit eigenen Soldaten verstärkt.
    Am 12.Tag wurden alle Richter zwangspensioniert und durch parteieigene Richter ersetzt.
    Am 13.Tag wurden Fernseh- und Rundfunkanstalten in Parteisender umfunktioniert und die freie Presse verboten. Das Internet wurde zensiert
    Am 14.Tag wurde die Versammlungsfreiheit eingeschränkt und Gewerkschaften verboten.
    Am 15.Tag glaubte man nun im eigenen Land alle Wünsche der Wähler erfüllt zu haben und erklärte dem Nachbarland den Krieg.

  3. Der Tenor all der vielen Schlagzeilen zum Heiz-Hammer der Bild-Zeitung ist klar: Die Regierung will den Rentnern und Einkommensschwachen die Heizung abdrehen oder sie doch zumindest enteignen. Und dieses Trommelfeuer prasselt seit Wochen, assistiert von der CSU: „Habeck will Energie-Stasi einsetzen“ und Focus: „Für Millionen Rentner ist Habecks Heiztauschpflicht eine Enteignung durch die Hintertür.“
    Und da wundern sich die Parteipolitiker, wenn die AfD ins Allzeithoch der Wahlumfragen aufsteigt. Zeitungen wie Bild und Welt oder eine Zeitschrift wie Focus mit ihrer massenhaften Leserschaft wissen den Lesern, ihre Themen „einzuhämmern“.
    Dabei wendet man sich an ein Publikum aus patriarchisch-autoritären Familienstrukturen und gleichzeitig an ein Publikum, dem die „bessere Gesellschaft“ angemessene Bildungschancen verweigert.
    Kein Wunder, dass dann Politik aus dem einen starken Mann besteht, der alles bestimmen kann; und komplexe Weltlagen in Ökonomie, Machtstreben der Großmächte und globale Risiken in einer Allmachtsfigur personalisiert werden. Ein Land, das eine solche Presse und derartige Medien hat, braucht keine AfD mehr oder bringt sie notwendigerweise mit hervor.
    Noch haben die Rechtextremisten keine Regierungsmehrheit. Aber ihre Wegbereiter wie damals vor Hitler die Harzburger Front blasen zum Aufbruch. Nur heißt ihr Agitator nicht mehr Alfred Hugenberg, Medienmillionär in jenen zwanziger Jahren, sondern es sind die Verantwortlichen von Bild, Focus und anderen.
    Nein, die Geschichte widerholt sich nicht! oder doch? Eines jedenfalls war zu lernen: Man muss sich wehren, solange es noch geht! „Jetzt ist die Zeit“, hieß es auf dem Evangelischen Kirchentag in Nürnberg (!).

  4. https://www.mystipendium.de/geld/durchschnittsrente
    Es gibt ein Thema über das der Mantel des Schweigens ausgebreitet wird das aber nach meiner Meinung klar eine Rolle spielt. Nach der Wiedervereinigung hat Kohl die Menschen mit 50 wenn ich mich recht erinnere in den neuen Bundesländern in Rente geschickt. Da auch die Frauen viele Berufsjahre oft einbringen konnten hatten sie eine weitaus höhere Rente als in Westdeutschland. In dem Link sieht man die Zahlen von 2021. Die waren vor 20 Jahren noch deutlich höher. Es gab also viele Rentnerhaushalte die ein sehr hohes Haushaltseinkommen hatten. Ich kann mich an ein Gespräch mit einem Arbeitskollegen erinnern der erzählte das seine Oma Und Opa finanziell seine arbeitslosen Eltern unterstützen. Jetzt will halt die nächste Generation in Rente gehen die viele Jahre arbeitslos waren und sie sollen deutlich niedrigere Renten bekommen als ihre Eltern. Das auch ein Grund warum da Protest gewählt wird.

  5. Dadurch, dass die Mitglieder der AfD nicht willens sind, der sadistischen Versuchung zu widerstehen, ist der Schluss zulässig, dass vor allem deren Wähler sich bloß gehen lassen. Deren politisch insofern eklatante Schwäche, sollte somit keiner als Stärke verkennen.

  6. Leser Scherer-Mohr meint (FR-Forum vom 9.6.), nur der Flügel um Björn Höcke verdiene die Beziehung „extremistisch“, die anderen seien harmlos, wofür aus seiner Sicht frühere Mitgliedschaften bei CDU oder FDP sprechen. Nun, es war das Ex-CDU-Mitglied Gauland, das das Dritte Reich als „Fliegenschiss“ verharmloste und von Frau Weidel sind ausländerfeindliche Wutreden bekannt.
    Der AfD die Eigenschaft „demokratisch“ abzusprechen, sei beleidigend für ihre Wähler und Sympathisanten, meint Leser Scherer-Mohr weiter. Die NSDAP ist ein Beispiel dafür, dass auch undemokratische Parteien gewählt werden können. Was die AfD zum Umgang mit Menschen nichtdeutscher Herkunft vertritt, ist mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.
    Und was soll der Hinweis darauf, dass 64 Prozent der Bevölkerung gegen die Lieferung von Kampfjets in die Ukraine sei? Die Bundesregierung liefert keine Kampfjets und hat dies auch nicht vor. Andere Waffen in die Ukraine werden sehr wohl geliefert, und die Grünen befürworten das. Sie braucht diese Waffen zur Verteidigung gegen den Aggressor. Das ist anders zu bewerten als Waffenlieferungen etwa an Saudi-Arabien, das in Bahrain und im Jemen eingriff.

  7. Die aktuell hohe Zustimmung zur AfD ist offensichtlich als Protesthaltung zu verstehen, weil sie mit dem Chaos in der Regierungsarbeit zusammenfällt und weil die Opposition keine konstruktiven Alternativenzu bieten hat.
    Wer bei der Wahl unter den Parteien absolut keine findet, mit der man einigermaßen zufrieden sein kann, dem / der sei empfohlen, seinen Protest lieber mit einem ungültig gemachten Wahlzettel auszudrücken als die AfD zu wählen. So entstünde eine Klarheit, wer bloß Protest ausdrücken will und wer überzeugter AfD-Wähler ist. Eine erhebliche Anzahl ungültiger Stimmen könnte eine echte Nachdenklichkeit auslösen.

  8. Den Ausführungen von Hrn. Fink kann ich nur beipflichten. Die „Ostdeutschen“ (wir sind ein Volk), brauchen vielleicht eine Führung die sie in der Vergangenheit mal hatten. Denken sie an die Stasi, da musste man vorsichtig sein was man sagt. Wollen die Ostdeutschen das so wieder einführen? Ich kann nur erkennen, dass es durch die Wiedervereinigung einen mächtigen Schub des Westens gab, den Osten wieder aufzubauen. Dazu gab es sogar den Solidaritätsbeitrag zur Einkommensteuer. Die Erfolge können sich sehen lassen, kaum kommt man über die Grenze, statt 4 Fahrbahnen ohne Seitenstreifen, plötzlich 6 Fahrspuren bestens ausgebaut. Auch in anderen Dingen, die vom Westen finanziert wurde ist das zu erkennen. Bitte nicht falsch verstehen, das ist vollkommen in Ordnung so. Aber jetzt hinterrücks wieder eine „Diktatur“ einzuführen finde ich nicht in Ordnung.
    Aber es ist ähnlich wie bei türkischen Staatsangehörigen, die aus der Ferne, in Sicherheit Parteien im Heimatland unterstützen die die Demokratie angreifen, oder nicht wissen was das überhaupt ist. Hier können diese Personen ihre Meinung frei aussprechen und andere Dinge tun, wären sie „zu Hause“ nicht. Sogar Minister Özdemir war entsetzt über den Wahlausgang. So, oder ähnlich ist es bei uns jetzt, oder?

  9. Was halt für mich der Hauptgrund für das erstarken der AFD ist, ist die Hetze die von der Union ich denke bewusst wahrheitswidrig betrieben wird. In dem Link kann man sehr gut sehen was die Union und die zu ihr gehörende Presse aus dem Atomausstieg gemacht hat.
    https://www.cleanthinking.de/deutschlands-stromimporte-2023-saubere-fakten/
    Das Heizungsgesetz ist doch das Gleiche. Da werden auch Sachen behauptet die so einfach nicht stimmen, oder die Aussagen das die Grünen Einfamilienhäuser verbieten wollen, oder das die Grünen das Essen vorschreiben wollen dabei geht es darum das Schulessen auch vegetarisch angeboten werden soll. Man könnte einfach so weiter machen mit der Aufzählung. Nachdem Trump offensichtlich Erfolg mit alternativen Faken hatte will die Union auch so hetzen. Das geht voll nach hinten los und kommt einzig der AFD zu gute.

  10. Wilhelm Heitmeyer spricht bei der AfD von „Autoritärem Nationalradikalismus“ und beschreibt mit diesem Begriff den Kern und Charakter dieser extremistischen Partei sehr zutreffend. Er teilt die AfD-Wähler in vier Gruppen ein und spricht davon, dass uns die vierte Gruppe besonders Sorgen machen müsste. Diese Gruppe nennt er „rohe Bürgerlichkeit“ und kennzeichnet damit Menschen, die hinter ihrer bürgerlichen Fassade, den „Jargon der Verachtung“ verbergen. Gerade in Westdeutschland habe die AfD das Potenzial dieser Gruppe noch nicht voll ausgeschöpft. Die Einstellungen, Vorurteile und die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit dieser biederen BürgerInnen ist anschlussfähig an rechtsextreme und populistische Positionen in CDU und CSU. Politiker wie Merz oder Söder agieren immer wieder mit rechtspopulistischer Rhetorik und primitiven Anti-Woke-Kampagnen. Merz und Söder geht es nicht um einen kritischen Diskurs, sondern sie versuchen mit der pauschalen Diffamierung aller Menschen, die sich für Antidiskriminierung und ein sensibleres Miteinander einsetzen, im rechten Lager zu „fischen“. Statt die AfD inhaltlich und argumentativ zu bekämpfen, übernehmen diese „rohen Bürger“ die Inhalte und Parolen des autoritären Nationalradikalismus und stärken damit die AfD. Erschreckend ist, das solche „rohen Bürger“ trotz ihrer offensichtlichen Nähe zu AfD-Positionen zunehmend Zuspruch bekommen. Stephan Hebel hat mit feiner Ironie und spitzer Feder herausgearbeitet, wie der Tübinger Oberbürgermeister in einem offenen Brief in der „Welt“ Luisa Neubauer davor warnt „ins Totalitäre abzurutschen“ und damit das AfD-Narrativ der „Öko-Diktatur“ bedient. Boris Palmer verkörpert den „rohen Bürger“ nahezu idealtypisch und seine Tiraden gegen alles was er für „Wokeness“ hält sind leicht durchschaubar. Trotz vieler verbaler Entgleisungen wurde Palmer in Tübingen wiedergewählt, was bedeuten könnte, dass viele Menschen in Tübingen mit populistischen Parolen und Provokationen keine Probleme haben. Möglicherweise ist dieser „Extremismus der Mitte“ die größte Gefahr für unsere Demokratie und alle DemokratInnen sind aufgerufen, den Wert einer freiheitlichen Demokratie deutlich zu machen und gegen antidemokratische Bestrebungen zu verteidigen. Die Entwicklungen in Polen, Ungarn, Schweden, Finnland, Israel und Italien sollten uns bewusst machen, wie schnell demokratische Errungenschaften verloren gehen können. Oder um mit Harald Welzer zu sprechen: „Es ist einfacher für die Demokratie zu kämpfen, solange es sie noch gibt.
    Danach wird es erheblich schwieriger.“

    Hermann Roth

  11. In der Tat wäre es wohl verharmlosend, wenn man alleine Protest für die derzeit hohen Wahlergebnisse und Umfragewerte, insbesondere im Osten, für die AfD als Erklärung heranziehen würde. Schlimme Tatsache ist, dass es im Osten genauso wie im Westen einen stabilen Prozentsatz von ungefähr einem Drittel der Bevölkerung gibt, die über ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild verfügen. Unsere Demokratie war noch nie so gefährdet wie in diesen Zeiten, und das von Rechts. Es würde daher wohl Sinn machen, wenn die Bundeszentrale und die Landeszentralen für politische Bildung eine Anti-Rechts-Kampagne gegen den braunen Ungeist starten würden. Auch der Gang zum Bundesverfassungsgericht zwecks einem Verbot der AfD darf in der jetzigen Gefahrensituation für die zweite deutsche Republik kein Tabu mehr sein.

  12. Lars Klingebeil meint, man solle es mit guter Politik versuchen oder gar zum Äußersten schreiten und sich in seinem Wahlkreis blicken lassen. Löblich. Der Kommentator beschreibt, dass sich die AfD als Kümmererpartei darstellt. Heißt wohl, die einen sind Vorort, die anderen nicht. Weiter spricht Klingbeil von fairen Löhnen, Mieten etc. Alles gut und schön und richtig. Aber auch sehr „materialistisch“. Wie wäre es denn, wenn die SPD sich auf einen weniger materialistischen Schwerpunkt besinnt und mal wieder „mehr Demokratie wagt“?

  13. Die Analyse von Jan Sternberg führt noch nicht weit genug. Zum einen fehlt es nicht nur in der Politik, sondern oft auch in der Wirtschaft an einer positiven Zukunftserzählung, wo viel zu viele Firmen bzw. deren Führungskräfte immer noch die Digitalisierung ohne einen echten kreativen Masterplan wie etwa im Bereich einer besseren betriebsinternen Talent- und Innovationsförderung fälschlicherweise als ein reines IT-Thema betrachten. Zum anderen erscheint die vermeintliche Demokratiekrise im Osten, die eigentlich eher eine (Alt-)Parteienkrise ist, zum Teil auch ziemlich hausgemacht, wenn man nur einmal daran denkt, wie nach der Wiedervereinigung sehr viele Jugendangebote wie zum Beispiel der Hörfunksender „DT64“ trotz zum Teil massiver Proteste aus der Bevölkerung von westdeutschen Technokraten geschlossen wurden, die der damaligen verunsicherten jungen Wendegeneration einen wichtigen Halt hätten geben können, oder bis heute selbst in Einrichtungen, die sich mit der DDR-Geschichte beschäftigen, sehr häufig Historiker mit einer Biographie aus der alten Bundesrepublik die höchsten Posten besetzen. Deshalb liegt ein entscheidender Schlüssel, um den destruktiven Rechtspopulismus zurückzudrängen, neben einer stärkeren inhaltlichen Auseinandersetzung vor allem darin, die letzten drei Jahrzehnte endlich kritisch aufzuarbeiten!

  14. Während die Sonne aufging in Sonneberg für die AfD, erstarrt der Rest des Landes in Entsetzen, Ratlosigkeit, albtraumartiger Fassungslosigkeit. Dabei, es standen alle Zeichen auf Erfolg beim Sturm auf die bürgerlichen, demokratischen Platzhalter politische Ämter. Wer wie Söder die Grünen zum Staatsfeind Nummer eins erklärt und wie Merz die regierende Ampel als Totalversager in allen Belangen, braucht sich nicht zu wundern, wenn er bei solchem Einprügeln auf den politischen Konkurrenten plötzlich peinliche Mitstreiter an seiner Seite findet, die im Übrigen in ihrer politischen Agenda auch gar nicht in so weiter Ferne die Landschaft der Wähler abgrasen. Insgesamt ist die Tendenz zur Etablierung rechtsextremer Einstellungen eingebettet in das Konzept auch bürgerlicher Parteien, nämlich die Forderungen nach Verschärfung der Flüchtlingsabwehr, der Gesetze zur Inneren Sicherheit, dem Ruf nach mehr Polizei und härteren Strafen für delinquente Ausländer, nach konsequenter Abschiebung sogenannter ‚illegaler‘ Einwanderer, die zum festen Bestandteil gesellschaftlicher Dispute gehören. So macht man letztlich den Rassismus und Rechtextremismus der AfD salonfähig. Hinzu kommen noch historische und sozialpsychologische Faktoren, im Osten stärker als im Westen, insofern als Menschen, die in prekärer Situation leben oder den Eintritt einer solchen wie Arbeitslosigkeit, sozialer Abstieg, Erfahrung von Gewalt und Benachteiligung befürchten, die Kompensation von Defiziten mit simpelsten ausländerfeindlichen Erklärungen brauchen. Gleichzeitig brechen ja auch ehemalige soziale Bindungen, soziale Ordnungen weg, das selektive Schulsystem grenzt Kinder und Jugendliche aus, macht aus ihnen Loser, nimmt ihnen das Selbstwertgefühl. Sie lernen weder soziale Kompetenzen noch Empathie noch Formen angemessener Kommunikation. Besser: Weder die neoliberale Wirtschaftsgesellschaft, die viele Verlierer braucht und wenige Superreiche produziert, noch die Gesellschaft und Politik, die strukturell gegenhalten müssten, lassen auf eine Wende hoffen. Gäbe es nicht Initiativen, meist ehrenamtliche und von Nichtregierungsorganisationen, es sähe noch düsterer aus.

  15. Den Ausführungen von Leser Fink kann ich nur beipflichten. Die „Ostdeutschen“ („Wir sind ein Volk“) brauchen vielleicht eine Führung, die sie in der Vergangenheit mal hatten. Denken Sie an die Stasi, da musste man vorsichtig sein, was man sagt. Wollen die Ostdeutschen das so wieder einführen? Ich kann nur erkennen, dass es durch die Wiedervereinigung einen mächtigen Schub des Westens gab, den Osten aufzubauen. Dazu gab es den Solidaritätsbeitrag zur Einkommensteuer. Die Erfolge können sich sehen lassen. Kaum kommt man über die Grenze, statt vier Fahrbahnen ohne Seitenstreifen plötzlich sechs Fahrspuren bestens ausgebaut. Auch in anderen Dingen, die vom Westen finanziert wurden, ist das zu erkennen. Bitte nicht falsch verstehen, das ist vollkommen in Ordnung so. Aber jetzt hinterrücks wieder eine „Diktatur“ einzuführen, finde ich nicht in Ordnung. Aber es ist ähnlich wie bei türkischen Staatsangehörigen, die aus der Ferne Parteien in der Türkei unterstützen, die die Demokratie angreifen. Hier können diese Personen ihre Meinung frei aussprechen und andere Dinge tun. Wären sie in der Türkei, dann nicht. So, oder ähnlich ist es bei uns jetzt, oder?

  16. Die FR hat das Programm der CDU/CSU vorgestellt unter dem Titel: „Agenda für Deutschland“ (AfD). Da frage ich mich, wie können die Partei-Oberen so blöde sein, solch ein Motto zu wählen, da sagen sich doch die Wähler: „Warum soll ich so ein Plagiat wählen, stimmen wir doch lieber gleich für das Original.“
    Haben diese Politiker nichts aus der Geschichte gelernt? Wer hat am Ende der Weimarer Republik den Nazis in den Sattel geholfen? Es war die Centrums-Partei, Vorgänger von CDU und CSU. Das „C“ wurde nach dem Zweiten Weltkrieg bei der Parteien-Gründung beibehalten, nur die Erweiterung etwas demokratischer gewählt. Die alten Parteigenossen aus der Nazi-Zeit wurden anstandslos übernommen, egal, ob aus Politik oder Justiz, wie wäre es sonst zu erklären, dass der Altnazi Kiesinger Kanzler werden konnte? In der Justiz haben sich Richter und Staatsanwälte gegenseitig „Persil-Scheine“ ausgestellt, sonst hätte es nicht erst nach so langer Zeit des Fritz Bauer bedurft, damit die Auschwitz-Prozesse einen Teil der Vergangenheit aufgear-beitet haben. –
    Während der Weimarer Republik haben mit den gleichen Argumenten die Nazis die Demo-kratie untergraben, wie es heute die AfD tut, indem sie sich auf das Recht der freien Meinungsäußerung berufen.
    Es sieht heute gar nicht gut aus mit der Demokratie, da die „Volksvertreter“ nicht die Interessen des Volkes, sondern fast ausschließlich die eigenen Interessen oder die ihrer Lobby vertreten. Da darf man sich nicht über die Politikverdrossenheit wundern. Egal ob Kommunal-, Landes- oder Bundesebene, vom Bundespräsidenten bis zum letzten Verwaltungsangestellten sind alle Angestellte des Volkes und leben von den Steuern, die das Volk erarbeitet.

  17. Vor Jahren war ich in Binz auf Rügen im Urlaub. Das Kurhaus wurde renoviert, ich unterhielt mich mit einer Dame die in Binz wohnte. Toll sagte ich, wie schön das alles wird. Ihre Anwort: “ Wem gehört,denn jetzt das Kurhaus, der neue Besitzer kommt aus Stuttgart“. Die DDR-Bürger hatten kein Geld auch etwas vom Volkseigentum zu erwerben, das große Geld kam aus dem Westen und die Ossis waren enttäuscht. Dann kamen die neuen Vorgesetzten, mit einer Buschprämie wurden sie angelokt. Die Ossis waren begeistert, sie fühlten sich nun als Mensch 2. Klasse. Für ihre Arbeit wurde weniger bezahlt, ihr Renten waren auch kleiner als im Westen. Die Wiedervereinigung hatten sie sich anders vorgestellt. Die Treuhand hat ganze Arbeit geleistet und vieles einfach platt gemacht, was für Viele zur Arbeislosigkeit führte. Über 30 Jahre hat es gedauert bis Lohn und Rente dem Westen angeglichen war. Die Leute haben ein gutes Gedächnis und jetzt können Sie zurückzahlen, sie wählen Protest, nämlich AFD. Die goßen Parteien wollen die Leute zurückholen und übernehmen nun die Parolen der AFD, aber das kann nichts werden, wenn, dann wird das Orginal gewählt.

  18. zu @ Gerhard Krause
    Sie haben absolut recht. Genau diese Denke habe ich auch schon öfter erzählt bekommen. Wenn man dazu dann sagt das die durchschnittliche Frauenrente im Westen nur halb so hoch ist wie im Osten wird man nur ungläubig angesehen. Man hat ein Weltbild im Kopf das eine Karikatur der Wirklichkeit ist. Ich habe mich vor 20 Jahren schon gefragt wie man aus der Nummer raus kommen will. Die Rentenversicherung hat die Erwerbsjahre DDR anerkannt und dort war die Erwerbstätigkeit der Frauen viel höher als im Westen. Deshalb sind ihre Renten auch höher. Eigentlich richtig wenn man das so macht aber die Biografien der jetzigen Rentnergeneration sind halt durch niedrige Löhne und Arbeitslosigkeit geprägt. Das führt halt auch im Westen zu niedrigen Renten. Das sie viel weniger bekommen können als Leute die vor 20 – 30 Jahren in Rente gegangen sind sehen viele überhaupt nicht ein und wählen Protest. Ich kann da auch eine Geschichte beisteuern. Vor ca 10 Jahren hatte ich ein Gespräch mit einem Arbeitskollegen der gerade von einer Kreuzfahrt zurückgekommen ist. Bei den üblichen Fragen wie es war sagte er auf einmal das ihm aufgefallen ist das viele aus den neuen Bundesländern dabei waren. Ich habe als Gegenfrage die Antwort gegeben das es wohl alles ältere Menschen waren. Er sagte dazu Woher weißt du das? Ich habe ihm dann erklärt wie Kohl 1990 die ältere Generation einfach gekauft hat. Ich wundere mich schon seit Jahrzehnten darüber dass das im Westen nie Thema wurde. Das die heutige Rentnergeneration im Osten das Selbe will wie die vor 30 Jahren wundert mich nicht und auch nicht das sie meinen im Westen wäre das so. Eigentlich wundert mich auch nicht das sie Protest wählen.

  19. Den Kommentar von Rosemarie Pfeiffer vom 7. Juli 2023 sollte man allen, die meinen, die Nazi-Partei AfD verharmlosen zu müssen und „nur“ einen Protest ausdrücken zu wollen, vor die Augen halten und möglichst verfielfältigen.

    Leider wird auch die AfD von den Medien zu hoch stilisiert und zu häufig erwähnt. Mich erfasste heute, am 15. Juli, schon einen Graus, als ich in der Stadtmitte von Göppingen, Partnerstadt von Sonneberg, ein AfD-Fahrzeug für eine Kundgebung sah, zu der die Göppinger AfD den dortigen Höcke-Fan und neugewählten Landrat eingeladen hat. Wenn auch die Partnerschaft zwischen den beiden Städten und nicht zwischen den Landkreisen besteht, so muss man trotzdem bedenken, dass auch in der Stadt Sonneberg der AfD-Kandidat die meisten Stimmen zur Landratswahl erhalten hat.
    Deshalb sollte auch der Göppinger OB, Grüne, prüfen, inwieweit er die Partnerschaft zu Sonneberg aktiviert.

    Leider hat es der Eifelkreis Bitburg-Prüm mit einem CDU-Landrat nicht geschafft, die Partnerschaft zum Kreis Sonneberg wenigstens ruhen zu lassen, solange dieser Höcke-Fan Landrat ist.

  20. Es ist erschreckend, die Autoren einiger Leserbriefe (s. Hr. Mertens, Hr. Fink; FR-Forum vom 07.07.23) haben leider meines Erachtens nicht einmal ansatzweise verstanden, weshalb die AfD derzeit so erfolgreich ist. Aus ihnen spricht die Mentalität der arroganten „Wessis“, die in den neunziger Jahren nach der „Wende“ Bananen, Orangen und alte Autos zu horrenden Preisen den „Ossis“ angedreht haben.
    Die Herren hatten einfach Glück, dass sie nach dem Zweiten Weltkrieg in der richtigen Besatzungszone leben konnten. Sie erkennen nicht, dass die AfD von vielen Menschen trotz (!) ihrer Defizite und nicht wegen ihrer Defizite gewählt wird.
    Auch wenn es bedauerlich ist, 15-30 % wählen diese Partei in einem demokratischen Prozess. Und es ist ebenso undemokratisch zu versuchen, den politischen Gegner etwa via Verbot aus dem Weg zu räumen. Es wird oft ein Kommunikationsproblem diagnostiziert. Dies ist aber eher ein Analysenproblem.
    Es wird leider zu selten thematisiert, weshalb sich viele trotzdem (!) für die AfD entscheidet. Eine unprofessionelle, naive Migrationspolitik, eine bescheidene Innenpolitik, Deutschland das Paradies der organisierten Kriminalität, eine in der Sache zum Teil gute jedoch überheblich und ideologisch vorgetragene, unsoziale Umweltpolitik, eine beginnende Deindustrialisierung Deutschlands, etc.
    Die Autoren wollen auch nicht wahrhaben, dass die Politik der Grünen, deren Vertreter teilweise diesem Staat ambivalent gegenüberstehen, die Wähler in die Arme der AfD treibt. Nicht die CDU, CSU oder FDP. Man stelle sich vor, zahlreiche Wählerinnen und Wähler der CDU, CSU oder FDP würden sich der AfD zuwenden. Die 50 % wären bald gerissen. Die naive „alle gegen eine“ Politik hat den ersten AfD-Landrat hervorgebracht. Herzlichen Glückwunsch.
    Und sozusagen zu behaupten, alle AfD-Wähler sein einfach doof und asozial, lockt noch mehr Wähler zur AfD. Es spricht durchaus nicht für das Niveau der Autoren, dass sie den ehemaligen DDR-Bürgern attestieren, sie wünschten sich das SED-Regime oder das NS-Regime zurück. Bekanntermaßen waren diese Regime nicht abwählbar. Es ist nach wie vor eine anerkennenswerte Leistung, dass die Bürgerinnen und Bürger der DDR sich 1989 gegen das SED-Regime erhoben haben. Das haben die Autoren natürlich auch unterschlagen. Und den 17. Juni vergessen. Ebenso die aktuell 17% der AfD in Hessen.

  21. Ich stimme Peter Boettel weitestgehend zu. und schlage vor, dass alle Gebieskörperschaften mit Verbindungen zu Städten, Landkreisen oder Gemeinden mit starker AfD-Präsenz diese Partnerschaften kappen oder zumindest auf Eis legen sollten. Das wäre ein starkes demokratisches und antifaschistisches Signal. Den Nazis in diesen Kommunen muss unmissverständlich deutlich gemacht werden, dass Demokratinnen und Demokraten ihre Hassideologie ablehnen und ächten. Wenn ich mir vorstelle, dass etwa in Güstrow, einer Partnerstadt von Neuwied ,Nazis das Sagen bekommen, dann wird mir speiübel. Ich werde prüfen, wie die derzeitigen Mehrheitsverhältnisse in der Neuwieder Partnerstadt sind und ggf. aktiv werden.

  22. Es ist sicher richtig, dass die konstruktiven politischen Kräfte eine Zukunftserzählung, eine gute Politik liefern müssen. Es reicht aber nicht, dass die Waffen des wehrhaften Staates nur auf dem Papier stehen. Ich frage mich, wann – wenn nicht jetzt – die Zeit gekommen ist, um das dritte Parteiverbot in der Geschichte der Bundesrepublik anzustreben, nämlich das der AfD.
    Die AfD ist gefährlicher, als es die NPD jemals war. Wenn wir nicht in der Endzeit unserer Demokratie leben, sondern eine liberale Demokratie bleiben wollen, ist es nach den erschreckenden Wahlergebnissen und Meinungsumfragen im Osten – und nicht nur da – höchste Zeit, um so schnell wie möglich gegen die Höckes, Weidels und Chrupallas vorzugehen und damit ein Signal an die rechte Szene auszusenden, dass eben diese Bundesrepublik nicht so fragil ist wie die durch die Nazis zerstörte Weimarer Republik.
    Ich weiß, dass Parteiverbote hierzulande aus guten Gründen schwer durchzusetzen sind, aber eine eindeutig verfassungsfeindliche Gruppierung, die das Potenzial hat, aus unserem Gemeinwesen eine andere Republik zu machen, muss zwingend per Verbot aus verantwortlichen Positionen herauskatapultiert werden. Denn die AfD will aus diesem Staat zumindest ein rechtsautoritäres Regime machen, in dem die Menschenrechte, in der Verfassung als Grundrechte proklamiert, in der Praxis keine Gültigkeit mehr hätten.
    Ja, es geht um die Gefahrenabwehr für diese Demokratie. Der braune Mob darf in diesem Lande niemals mehr triumphieren. Ich bin in größter Sorge.

  23. Mit dem Slogan „Deutschland, aber normal“ versuchte die AfD, ihre autoritäre, nationalistische und rassistische Agenda zu verharmlosen.
    Auch das CDU-Mitglied Werner Patzelt verharmlost die rechtsextreme AfD im FR-Interview und reduziert die AfD-Problematik auf „skandalöse Aussagen und Positionen einzelner AfD-Politiker“. Patzelt, der bereits 2018 Koalitionen aus CDU und AfD empfohlen hatte, stimmt mit vielen inhaltlichen Positionen der AfD weitgehend überein und kritisiert, dass man allen AfDlern die „Schelle des Rechtsextremismus“ umgehängt habe. Er denunziert die Menschen, die sich für Grundrechte und Demokratie einsetzen und sich gegen nationalistische und rassistische Parteien positionieren, als Gutmenschen und Spießbürger. Patzelt wünscht sich vermutlich eine AfD mit gemäßigter Rhetorik (AfD, aber vernünftig), die nach dem Fall der „Brandmauer“ (Merz) ein geeigneter Koalitionspartner für eine nach rechts offene CDU wäre. Akteure wie Werner Patzelt stärken autoritäre, antidemokratische und menschenfeindliche Positionen. Jan Emendörfer hätte viel kritischer nachfragen müssen, um die Problematik und Gefährlichkeit dieser politischen Positionen noch sichtbarer zu machen.

  24. Angesichts der herrschenden Probleme und der Hilflosigkeit, mit der die Menschheit ihnen begegnet erscheint mir die ganze Diskussion über AfD und ähnliches etwas irrational. Es beginnt damit, dass es mir schlicht nicht in den Kopf will, wie jemand freiwillig eine Nazipartei wählen kann. Wir brauchen gar nicht in den Osten des Landes zu schauen, hier im Westen ist es genau so. Wofür stehen diese Leute denn ?? Sicherheit ? Deutschsein? Die DM ? Ignorieren des Klimas ? Keine Migranten ? Selbst geistige Tiefflieger müssen doch. begreifen, dass diese Leute einfach gar nicht wissen, wo die Probleme liegen, die sind einfach gegen alles, das ist einfach. Was soll man mit den Menschen machen, die eben dieses inhaltliche Nichts für wählbar halten ? Das Schlimme ist, dass aber auch Leute aus den „normalen “ Parteien reinen Kokolores verbreiten, Herr Söder an der Spitze, der da meint 300 Mio Steuergeld, die Herr Scheuer mal eben verbrannt hat : Das sei dumm gelaufen. Geht’s noch ? In diesem Meinungswirrwar noch irgendwo Sinn zu finden wird immer schwieriger, die Unlösbarkeit der Probleme rückt von Tag zu Tag näher, da gibt es trotzdem immer noch Politiker, die da meinen, wenn man jetzt die richtigen Maßnahmen ergreift wird alles gut. Wird es nicht, die Physik hat was dagegen. Hitze, Trockenheit, Umweltprobleme wie gegenwärtig erlebbar werden bei uns bleiben und wie es aussieht noch deutlich schlimmer werden. Wir leben im Land der Seligen, weil wir einen Westwetter Sommer erleben, zwar erheblich zu warm , aber doch gut erträglich. Es sollte nur mehr regnen….

  25. zu @ Jürgen H.Winter
    Ein Freund von mir hat die Situation die Tage mit 2 Sätzen absolut treffend beschrieben. Er sagte: Es geht nicht um Lösungen . Es geht um Macht. Das ist so und erklärt alles. Da wird gelogen, verniedlicht und falsch dargestellt wenn es hilft an die Macht zu kommen ohne das jemand meint das wäre falsch. Ich kann dazu nur sagen das offensichtlich der Leidensdruck noch nicht hoch genug ist um den Lösungen Priorität zu geben.

  26. Der Autor beginnt seinen Artikel mit der Erwähnung einer Entzauberung (eines Afd-Kandidaten), womit er seinen Artikel auch beendet (den Rechten weiter den Zauber nehmen). Ich verstehe seine Argumentation und trotzdem halte ich sie, gerade auch vor dem Hintergrund, den der Autor anreißt, für unzutreffend. „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“ sagte Hermann Hesse. Dies gilt wohl für das, was vor 30 Jahren geschah. Was folgte, war die Entzauberung des demokratisch-verfassten Westens (einige Stichworte: Anschluss, da keine neue Verfassung, Skandale, die nicht oder kaum aufgearbeitet wurden/werden, viele Westdeutsche in Spitzenpositionen, geringere Löhne in der Ex-DDR bis heute, weshalb die Jungen abwandern usw.). Nein, die Lösung kann nicht sein, dass man alles „entzaubert“, sondern, dass man darstellt und lebt, dass der „Westen“, eine Demokratie Werte etc. aufweist (Einflussmöglichkeiten, keine Bevormundung etc.), die „zauberhaft“ sind und bleiben. Drastisch formuliert, heißt das, wenn es mir in einer Demokratie schlechter geht als in einer Diktatur, wozu „brauche“ ich sie dann?

  27. Der 20. Juli ist ein besonderer Tag der Einnerung, denn es begann das Ende eines menschenverachtenden Krieges, den wir Deutsche 1939 begannen. Am Ende 1945 hatten wir über 60 Millionen ermordete Menschen auf dem Gewissen.
    Die AfD blendet diese Mordtaten aus und verherrlicht das System, das für diese „Deutschland-über-alles“-Politik verantwortlich war. Für mich – Jahrgang 1936 – ist unfassbar, dass diese Machenschaften unserer deutschen Vergangenheit ausgeblendet werden können – und dass es erlaubt ist, erneut – wie 1933 – mit demokratischen Mitteln unsere deutschen Untaten zu verherrlichen und möglicherweise zu wiederholen. Ein verklärter deutscher Blick zurück in sieben vorbereitende, und fünf von uns Deutschen praktizierte Mordjahre sind mit allen Mitteln schonungslos zu verbieten. Die Zulassung der Verherrlichung dieses AfD-Deutschlandsystems ist für mich unfassbar.

  28. Große Teile der Bevölkerung sind enttäuscht von der Bundesregierung, betroffen von der zunehmenden Spaltung der Gesellschaft, was Einkommen und Vermögen betrifft, und verunsichert, was die Zukunft betrifft. Beklagt werden die 100 Milliarden für Rüstungsausgaben (als Sondervermögen bezeichnet statt korrekt als Verschuldung), andererseits Kürzungen bei der Bildung, bei der schon jetzt mangelhaften Kindergrundsicherung. Einen großen Anteil daran hat die FDP: Mit Finanzminister Lindner weigert sie sich, die umweltschädlichen Subventionen abzuschaffen, und verweigert die Erhebung der im Grundgesetz verankerten Vermögenssteuer. Das Verfassungsgericht hat sie nicht verboten, sondern nur die ungerechte Bewertung von Immobilien verurteilt. Eine Vermögenssteuer würde je nach Ausgestaltung 20-50 Milliarden dem Staat jährlich bringen. Die steuerliche Bevorzugung von Dienstwagen (oft die größten Umweltverschmutzer) kostet den Staat jährlich 3,6 Milliarden…
    Diese Aufzählung könnte man noch beliebig fortsetzen!
    Zusammen mit der Springerpresse wird geradezu eine hetzerische, verunsichernde Kampagne gegen das Gebäudeenergiegesetz und Minister Habeckgefahren, anstatt sachlich kritikwürdige Punkte im Bundestag (der es beraten und beschließen muss) dort zu kritisieren und Verbesserungsvorschläge dort einzubringen. Stattdessen wurde die Einbringung in den Bundestag lange blockiert.
    Die CDU übernimmt immer mehr Argumentationen der AfD, schon gibt es einen Vorschlag, das Asylrecht abzuschaffen. Damit macht die CDU die AfD hoffähig, anstatt deutlich zu zeigen, wie unsozial deren Abstimmungsverhalten und ihr Programm ist, zum Beispiel die Forderung, die Vermögensteuer aus dem Grundgesetz zu streichen. Nur um in Regierungen zu kommen, öffnet Friedrich Merz schon die Tore zu einer Zusammenarbeit mit der AfD.
    So macht man sich zu Steigbügelhalten für die AfD. Was bei einer ähnlichen Konstellation dabei herauskommen kann, kann man in Israel beobachten. Auch in der deutschen Geschichte gibt es Parallelen, aus denen man lernen könnte.

  29. zu @ Rüdiger Erdmann
    Sie treffen es auf den Punkt. Ich kann da auch noch eine Geschichte beisteuern. In meinem Leben war ich ca 10 mal in Bulgarien am Schwarzen Meer in Urlaub. Das erste mal ca 1980 und das bisher letzte mal als Thomas Cook Insolvenz angemeldet hat. Wie 1980 waren ca 90% der Deutschen Urlauber genauso wie 1980 aus den neuen Bundesländern. Die Situation war als die Insolvenz bekannt wurde 2-3 Tage nicht unkompliziert. Ich z.B. habe nicht gewusst ob es in dem Land so etwas wie Insolvenzausfallgeld gibt oder ob die Fluggesellschaft uns noch nach Hause fliegt. Da es noch mehr Betroffene in den verschiedenen Hotels gab hat man sich in Gruppen getroffen und aus getauscht. Es hat Hotels gegeben die ihre Gäste dazu aufgefordert haben entweder kurzfristig ein paar hundert Euro zu zahlen oder das Hotel zu verlassen. Für diese Leute war das natürlich das Hauptthema. Mich hat das nicht direkt betroffen da ich in einem Thomas Cook Hotel war aber solche Briefe hatte ich in der Hand. Ich habe dazu gesagt das, wenn sie das durchziehen, man halt zum Flughafen fahren soll und Linie nach Hause fliegen. Das Geld könnte man versuchen aus der Insolvenzmasse und der Reiseversicherung zu holen. Ich war in der Runde der Einzige aus dem Westen. Ein Mann sagte zu mir das mir nicht klar zu sein scheint das hier niemand ist der so etwas vorfinanzieren könnte. Mir ist da schlagartig klar geworden das diese Menschen hier stehen und es geht ihnen genau so wie 1980. Damals hatten die DDR Bürger vor allem eins, kein Geld um sich irgendetwas außerhalb ihres Hotels leisten zu können. Die Leute sind alle grob in meinem Alter gewesen. Also kann man sagen in der Zeit sind sie zwar 40 Jahre älter geworden, haben eine Revolution gemacht und heute sind sie genau so weit wie damals. Das es da Leute gibt die doch ziemlich enttäuscht sind ist mir seit damals klar. Ach ja geantwortet habe ich damals das es wohl möglich ist sich beim Deutschen Konsulat Hilfe zu holen wenn man kein Geld hat Heim zu kommen.

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