Die Globalisierung kommt an ihre Grenzen. Das mag zwar nicht für die Finanzströme gelten; für die Warenströme aber ist dies bereits Fakt. Die Unterbrechung unzähliger Lieferketten und das Scheitern des „Just-in-Time“-Prinzips, nach dem die Weltwirtschaft bisher agiert hat, sind Beleg genug. Es gibt darüber hinaus aber noch viele weitere Indikatoren. Das Gerangel um den Einstieg des chinesischen Staatsunternehmens Cosco im Hamburger Hafen liefert einen weiteren Mosaikstein.
Es mutet schon ein wenig sonderbar, fast leichtfertig an, wie kritiklos deutsche Politiker:innen der chinesischen Expansion zuschauen. Es geht hier zwar gerade nur um eine Kleinigkeit, könnte man meinen: um die Beteiligung einer Reederei an einem Containerterminal im Hamburger Hafen. Jedoch: Diese Reederei ist ein chinesisches Staatsunternehmen. Das heißt: intransparent. Derselbe chinesische Staat, der die liberalen Regeln in Deutschland gern nutzt, um sich überall zu beteiligen, erlaubt deutschen Unternehmen derlei in China nicht. Dieses Faktum scheint die deutsche Politik auszublenden. Ebenso wie die Tatsache, dass sich eine Beteiligung von Cosco – so heißt das angesprochene Unternehmen – am Hamburger Hafen in eine globale Strategie der bisherigen chinesischen Führung fügt, schmissig als „Neue Seidenstraße“ bezeichnet. Der Hintergedanke scheint zu sein: Wirtschaftliche Bedeutung führt zu politischem Einfluss. Was weiterhin bedeutet: Machtzuwachs. Darum scheint es im Hintergrund vor allem zu gehen. China will wohl seinen Einfluss erweitern.
Das darf es natürlich versuchen. Die Frage ist aber: Müssen wir dabei mitspielen? Gerade hat in Peking der Nationale Volkskongress getagt und Xi Jinping zum absoluten Herrscher erhoben. Wir werden noch sehen, wohin das führt, aber eines dürfte schon klar sein: Es ist falsch, sich von China abhängig zu machen. So wie es falsch war, sich von Russland abhängig zu machen. Absolutismen sind immer falsch! Wobei in beiden Fällen der Faktor „historische Kontinuität“ in meiner Argumentation nicht ausreichend berücksichtigt ist. Doch ich bin kein Wahrsager, und ich habe nie behauptet, Wahrheit zu weissagen. Das ist was für Auguren.
Was die Gaslieferungen aus Russland betrifft, glaubte man sich in Deutschland auf die Zuverlässigkeit, das Vertrauen verlassen zu dürfen, das sich aus der Kontinuität speiste, mit der selbst in Zeiten des Kalten Krieges Erdgas aus Russland geflossen ist. Und was China betrifft, galt bis dato: Ein Unternehmen, das in China nicht präsent ist oder da nicht in irgendeiner Weise mitmischt, ist globalisierungsmäßig gesehen ein Loser. Nun scheint es so, als setze China – genauer: der neue autokratische Führer Xi Jinping – die chinesische Wirtschaftsmacht als politische Waffe ein. Wann wird daraus ein militärischer Konflikt? Ein Krieg? Etwa um Taiwan? China hat – beispielsweise im Südchinesischen Meer – längst Fakten geschaffen, Inseln zu Militärbasen ausgebaut und Kooperationen vereinbart. Chinas Machtzuwachs scheint unaufhaltsam. Ein Krieg um Taiwan hätte noch viel weiter reichende Folgen als der gegenwärtige in der Ukraine, denn ein chinesischer Angriff auf Taiwan würden die USA unmittelbar zum Kriegseintritt zwingen. Und dann hätten wir möglicherweise den zweiten Nato-Bündnisfall.
Dass Xi Jinping eine revisionistische Politik verfolgt, ähnlich wie Wladimir Putin in Russland, das kann allen interessierten Menschen bekannt sein. Es gab dazu unter anderem kürzlich eine umfangreiche Doku auf Arte-TV. Wer in diesem Mann einen Sozialisten erkennen will, muss sich fragen lassen, ob er die Mittel seines Verstandes – denn der Mensch ist ja angeblich vernunftbegabt – seinem Wunschdenken geopfert hat. Was da in China passiert, hat mit Sozialismus nichts zu tun. Mehr noch: Das ist eine Beleidigung der sozialistischen Idee! Es geht um Nationalismus, Macht und in der Folge – ich sage es drastisch – um den Wahnsinn eines einzelnen Mannes.
Also, liebe Politiker:innen: Egal, was da gerade für oder gegen die Cosco-Beteiligung sprechen mag – lasst es sein! Finger weg davon! Habt den Zusammenhang im Blick! Auch wenn Ihr meiner Einordnung der Zusammenhänge nicht zustimmt: Denkt drüber nach, was Euer Handeln nicht nur im Moment, sondern für die Zukunft bedeutet. Aus meiner Sicht ist es nicht schwer, das einzuordnen, auch wenn ich dabei sonderbarerweise mal auf FDP-Linie zu sein scheine. Es geht nicht nur um Geld.
Solche Beteiligungen sind völlig normal
Danke für diesen sachlichen und gut informierenden Artikel. China ist nach wie vor kein Feind, sondern seit Jahrzehnten ein guter und verlässlicher Handelspartner. Natürlich verfolgt China eigene Interessen – aber vorliegend geht es um eine Minderheitenbeteiligung bei einer Teilgesellschaft des Hafens, wie das international auch völlig normal ist. Man sollte daher hier doch nicht gleich das Kind mit dem Bade ausschütten. Dass sich nun ausgerechnet die FDP hier gegen den freuen Handel positioniert, wirkt sich schon recht seltsam.
Michael Hafkemeyer, Hamburg
Solche Deals sichern nicht zuletzt Arbeitsplätze
Ungeachtet der gut recherchierten Fakten im o.g. Artikel der FR werden die Aussagen mancher Politiker und Medien zum Fall COSCO immer absurder. „Hamburger Hafen in Chinas Händen“ titelte am 24.10. die FAZ aufgrund des beabsichtigten Erwerbs einer Beteiligung von 35% an einem der 4 Containerterminals. Und eine geheime Risikoanalyse aus Habecks Ministerium orakelt, dass „im Krisenfall Deutschland den Zugriff auf von China beeinflusste Infrastruktur verlieren könnte“. Das alles, nur weil die chinesische Reederei COSCO eine Minderheitsbeteiligung an einer Tochtergesellschaft der Hamburger Hafen- und Logistik AG (HHLA) erwerben möchte. Die Hamburger hoffen, dadurch zum bevorzugten Umschlagplatz für chinesische Produkte in Europa zu werden. Allen Ernstes wird jetzt behauptet, es komme durch den geplanten Erwerb „voraussichtlich zu einer wesentlichen Vertiefung des chinesischen Einflusses nicht nur in Deutschland, sondern in der EU“. Merkwürdig nur, dass die betroffene chinesische Reederei bereits Beteiligungen an 14 europäischen Häfen hält, ohne dass aktuell aus diesen Städten oder Ländern ähnliche Befürchtungen geäußert werden.
Bei einem Scheitern des Deals stehen die Gewinner und Verlierer schon heute fest: Der Hamburger Hafen würde noch mehr Marktanteile verlieren gegenüber Antwerpen und Rotterdam, während die beide Häfen – bereits heute mit einem Warenumschlag von über 400 Mio. t (Rotterdam) und über 200 Mio. t (Antwerpen) die größten Häfen Europas gegenüber Hamburg (über 100 Mio. t) – die Gewinner sein werden. Ist es nicht unverantwortlich, angesichts der vielen Krisenmeldungen aus der Wirtschaft hier leichtfertig viele Arbeitsplätze aufs Spiel zu setzen? Wir sind doch froh, wenn unsere Produkte auch im Reich der Mitte weiterhin erfolgreich verkauft werden und damit Wertschöpfung bei uns gesichert wird.
Peter zur Nieden, Trier
Kritische Infrastruktur in chinesischen Händen
Ist denn der Bundeskanzler Olaf Scholz und ehemalige Bürgermeister von Hamburg jetzt von allen guten Geistern verlassen und will möglicherweise der chinesischen Beteiligung durch den Staatskonzern Cosco an einem der Hamburger Terminals mit bis zu 35% zustimmen. Die Terminals des Hamburger Hafens gehören zweifelsfrei zur kritischen Infrastruktur und sollten keinesfalls in chinesische Hände fallen. Es ist die Absicht der chinesischen Staatsführung ihren Einfluss (Stichwort: Neue Seidenstraße) auch auf den weltweiten Container-Schiffverkehr immer mehr auszuweiten und die Konditionen zu bestimmen, „denn Peking behält die Teile seiner eigenen Wertschöpfungskette in staatlicher Hand.“ Die gesellschaftspolitischen Auswirkungen müssten gerade Bundeskanzler Olaf Scholz bestens bekannt sein.
Dieter Obst, Wiesbaden
Deutschland verkauft sich gehörig unter Wert
Die Kritik an einer möglichen Veräußerung eines Teils des Hamburger Hafens an China führt noch nicht weit genug. Schließlich liegt das entscheidende Problem nicht nur in einer zunehmenden einseitigen Abhängigkeit, sondern ebenfalls darin, dass Deutschland sich vor allem in symbolischer Hinsicht auf internationaler Ebene gehörig unter Wert verkauft, wenn es lieber, was ansonsten eher nur marode Volkswirtschaften tun, sein Tafelsilber veräußert, anstatt selbst in eine moderne und wettbewerbsfähige Infrastruktur zu investieren. Wobei in diesem ganz konkreten Fall noch erschwerend hinzukommt, dass gerade in der Zeit des Bundeskanzlers als Erstem Bürgermeister der Hansestadt mit der Digitalisierung und der Nachhaltigkeit zwei entscheidende Megathemen für einen erfolgreichen maritimen Standort im 21. Jahrhundert ziemlich verschlafen wurden, da der Fokus mehr auf dem Hochglanzprojekt HafenCity mit neuen Prestigebauten wie etwa dem Elbtower lag, die das ziemlich genaue Gegenteil einer Respektgesellschaft widerspiegeln, indem ein vornehmlich sehr reiches Publikum hier künftig auf den benachbarten ärmeren Kiez Veddel mit einer starken negativen Symbolik für den sozialen Zusammenhalt regelrecht herabblicken darf. Deshalb sollte man im Kanzleramt noch einmal seine Philosophie gehörig überdenken, zumal es für Hamburg eine wesentlich bessere Zukunftsalternative gäbe, um nicht weiter abgehängt zu werden, indem man sich endlich mit dem Tiefwasser-Containerhafen JadeWeserPort in Wilhelmshaven zu einer starken strategischen Einheit zusammenschließt, was bei der jeweiligen Logistik sogar ungemein gut zusammenpassen würde!
Rasmus Ph. Helt, Hamburg
Welchen Wert hat ein Wort?
Hongkong: „China verteidigt Prügel gegen Demonstrierende“, FR-Politik vom 19.10.
Wenn ich an China und vor allem an Hongkong denke, frage ich mich, wie viel Wert das Wort einer chinesischen Regierung noch haben kann. 50 (Jahre ein Land, zwei Systeme) ist 50 und nicht 25.
Worauf gründet sich eigentlich die Erwartung der HHLA (Hamburger Hafen und Logistik AG), dass eine Beteiligung von COSCO den Hamburger Hafen insgesamt im knallharten globalen Wettbewerb stärkt, wenn sie gleichzeitig die Bedeutung von Tollerort als Containerterminal so herunter spielt? Zudem kann man sich kaum vorstellen, dass COSCO über die bloße Hoffnung hinaus in einem Beteiligungsvertrag Umschlagszahlen und Arbeitsplätze rechtssicher und damit einklagbar garantiert. Versprochen wird vor Vertragsabschluss bekanntlich ja vieles. Zeit ist in der Logistikbranche der wichtigste Kostenfaktor. Wer sich über den Atlas beugt, erkennt auf einen Blick, dass hier der Hafen Rotterdam im Vergleich zu Hamburg einen unschlagbaren Vorteil hat: kurze Zufahrtswege, weil direkt an der Nordsee gelegen, und kein Tidenhub. Zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit sollten daher die Kooperationsgespräche der norddeutschen Containerhäfen endlich zu einem tragfähigen Abschluss gebracht werden. Aber außer den unterschiedlichen Betreibern müssten hier auch die divergierenden Länderinteressen (Hamburg, Bremen und Niedersachsen) unter einen Hut gebracht werden. Die Befürchtung ist ja sehr real, dass es nach einer Kooperation Gewinner und Verlierer geben wird. Entscheidet COSCO rein nach wirtschaftlichen Interessen, hat Hamburg als Standort im Wettbewerb mit Antwerpen und Rotterdam ohnehin auf längere Sicht die schlechteren Karten. Exekutiert aber COSCO politische Anweisungen aus Peking wie Gazprom aus Moskau, dann verlieren nicht nur die Hamburger Containerterminals, sondern sämtliche Unternehmen in Deutschland, die von ihrer Lieferkette abhängig sind.
Auslandsbeteiligungen von Deutschen Firmen in Ländern in denen es keine Rechtssicherheit gibt sind sinnlos. Das ist denke ich auch eine Erkenntnis aus der derzeitigen Krise mit Russland. Was nutzen der BASF Förderrechte von Gas derzeit. Das Gleiche gilt für China. Ein Unternehmen das da investiert muss mit dem Totalverlust dieser Investition rechnen. Daraus sollte man den Schluss ziehen das wir uns ähnlich verhalten müssen wenn es nötig ist.