Putin hat es getan. Mit der Anerkennung der beiden „Volksrepubliken“ im Donbas, die zum Territorium der Ukraine gehören, und der Entsendung von „Friedenstruppen“ dorthin hat der russische Staatspräsident gezeigt, was ihm internationale Verträge, das Völkerrecht und sogar die Charta der Vereinten Nationen bedeuten: nämlich nichts. Wenn sie seinen, Putins, Plänen im Weg sind, ignoriert er sie kurzerhand. Putins Wille über alles!
Russische Truppen stehen jetzt also mutmaßlich auf ukrainischem Territorium. Mit einem Verwirrspiel aus Fehlinformationen, erlogenen Zugeständnissen und Hinhaltetaktik hat der russische Präsident westliche Politiker wie den französischen Präsidenten Emanuel Macron oder den deutschen Kanzler Olaf Scholz an der Nase herumgeführt. Er hat ihnen suggeriert, zu Gesprächen bereit zu sein, und hat tatsächlich zugestimmt, das „Normandie-Format“ wieder aufleben zu lassen, jene Viererrunden mit russischen, ukrainischen, französischen und deutschen Vertretern. Doch tatsächlich, das darf man jetzt wohl unterstellen, ist Wladimir Putin dabei einem klaren Plan gefolgt, wie er die Situation weiter eskalieren wollte. Und diesen Plan hat er umgesetzt. Niemand konnte ihn daran hindern. Er folgt dabei einer völkischen Idee von einer gesamtrussischen Identität, die faschistoide Züge trägt. Die Ukraine verdankt demnach ihre Existenz allein Russland bzw. der Sowjetunion und kann daher kein unabhängiger, souveräner Staat sein. Darum darf sich Putin nehmen, was er haben will. Es ist keineswegs gesagt, dass ihm die beiden „Volksrepubliken“, mit denen Russland im selben Atemzug mit der Anerkennung auch Schutzabkommen abgeschlossen hat, genügen werden. Immerhin gilt Kiew als Zentrum des Russentums, nicht etwa Moskau. Die Historie im Hintergrund reicht mehrere Jahrhunderte zurück. Wird Putin also versuchen, die wahre russische Hauptstadt zu bekommen, eben Kiew? Die ideologischen Grundlagen dafür hat er bereits geschaffen – etwa mit einem Essay namens „Über die historische Einheit von Russen und Ukrainern“ (Link führt auf eine Kreml-Seite, englischsprachige Version des Aufsatzes).
In seiner einstündigen Rede, in der er die zusammenfantasierten Grundlagen seines Vorgehen am vergangenen Montag ausführlich vor der Öffentlichkeit ausgebreitet hat, kehrten diese Ideen zurück. In der Ukraine kann man kaum anders, als darin eine Kriegserklärung zu erkennen. Wir werden sehen, wohin das führt. Einiges wird davon abhängen, ob die russischen „Friedenstruppen“ sich mit dem aktuellen Terrain der „Volksrepubliken“ zufriedengeben oder ob sie versuchen werden, das gesamte Territorium der beiden Oblasten (Verwaltungsbezirke) Luhansk und Donezk zu besetzen, das sich zu größeren Teilen in ukrainischer Kontrolle befindet. Doch schon jetzt spricht US-Präsident Joe Biden von einer Invasion der Ukraine durch russische Truppen und sieht damit die Voraussetzungen für harte Sanktionen gegen Russland erfüllt. Von denen haben dann wir alle was.
Es ist nun mehr als klar, dass Putin nicht zu trauen ist. Es gibt keine Grundlage für Gespräche. Die Ratlosigkeit ist groß: Wie sollen wir mit diesem Mann eine Basis finden, auf der Verabredungen und Verträge für eine neue europäische Friedensordnung möglich sind, wenn Putin solche Verträge – aktuell das Minsker Abkommen – kurzerhand in die Tonne tritt? Wie denkt dieser Mann? Was geht in seinem Kopf vor? Die Frage ist nicht ganz neu: Wer berät ihn? Wer kommt noch dicht genug an ihn heran? Oder hat die Paranoia ihn, den früheren KGBler und FSB-Chef, jetzt im Griff, wie sie allen geheimdienstlichen Aktivitäten wesensgemäß innewohnt? Wenn man sein Gefasel über die Wertlosigkeit der Ukraine aufmerksam liest, ist kaum ein anderer Schluss möglich als dieser: Der Mann hat sie nicht mehr alle! Leider ist er in einer außerordentlich machtvollen Position, die es ihm letzten Endes sogar ermöglichen würde, diesen Planeten komplett nuklear zu verwüsten. Atomwaffen in der Hand eines möglicherweise psychisch Kranken – kann es noch schlimmer kommen?
Mein Kollege Viktor Funk hat zu alledem den ausgesprochen treffenden Kommentar „Der gewollte Krieg des Wladimir Putin“ geschrieben. Er hat auch herausgearbeitet, dass die Reaktionen des Westens Putin vermutlich nicht schrecken werden. Putin nimmt die Ukraine als Geisel.
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Update 24.2., 11 Uhr: Die schlimmsten Befürchtungen sind Wirklichkeit geworden: Der russische Präsident Wladimir Putin hat seinen Truppen befohlen, die Ukraine anzugreifen. Die ersten Luftschläge richten sich offenbar vor allem gegen Militärflughafen und andere militärische Infrastruktur der Ukraine, aber es sollen auch russische Panzerverbände in Marsch gesetzt worden sein und derzeit auf ukrainischem Territorium vorstoßen. Die militärische Lage ist noch unduchsichtig, die politische nicht: USA und EU verurteilten die Kriegseröffnung mit klaren Worten, die übrigens geschah, während im UN-Sicherheitsrat um eine friedliche Lösung gerungen wurde. Deutlicher kann Putin kaum zu erkennen geben, was er von internationaler Diplomatie hält.
Es ist kaum damit zu rechnen, dass die Ukraine der geballten russischen Militärmacht standhalten wird. Die Blicke der Politik – und insbesondere die der Nato – müssen sich daher schon jetzt auf die nähere Zukunft richten. Nicht nur weil es auch Kriegshandlungen in Grenznähe zum Natoland Polen gibt, sondern vor allem im Blick auf die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen, die der Nato angehören und die zu Putins nächsten Zielen werden könnten, da es ihm ja offenkundig auch darum geht, die imperiale Größe der Sowjetunion wiederherzustellen. Das bedeutet, dass der Westen jetzt darüber nachdenken muss, wie er mit einer etwaigen russischen Aggression gegen diese Länder umgehen will. Sollte Putin derartige Pläne haben und umsetzen, steht die Welt am Rande eines Atomkriegs.
Höhlenmenschen in rechthaberischer Aktion
Die Ukraine-krise beängstigt, denn die Diplomatie scheint gescheitert, Was jetzt? Krieg? Heiß oder cyberkalt? Im besten Fall gibt’s weiter strategische Finten, Machtpoker, Rechthaberei – also Höhlenmenschen in Aktion, während die Erde brennt und zu ersticken droht. Dann ist es irgendwann egal, wer welche Ansprüche geltend machen wollte. Heile, heile Mausespeck, in hundert Jahr ist alles weg. Harald Lesch war mir da jetzt im Internet eine Offenbarung mit seiner Vorlesung „Das Kapitalozän“ – schon von 2018, zugegeben, aber sein Fazit gilt mehr denn je: Wenn wir jetzt nicht umsteuern, können Kriege nicht so verheerend sein wie die Natur.
Merve Hölter, Frankfurt
Die Ukraine ist ein souveräner Staat
Wladimir Putin, aber auch die russische Föderation, mit ihrer Allstaatspartei „Einiges Russland“, erkennt die Gebiete Luhansk und Donesk in der Ostukraine als unabhängige Staaten an. Dazu ist Folgendes zu sagen: Wenn einzig Russland diese Gebiete als unabhängig anerkennt, in der Ostukraine, Luhansk und Donesk, so ist das noch lange nicht völkerrechtlich bindend. Das ist eine Stimme unter 190 anderen Stimmen oder Staaten.
Dass Putin die Gebiete als unabhängig anerkennt, ist die Aufkündigung einer friedlichen Diplomatie um diese Gebiete in der Ostukraine. Die Ukraine ist ein souveräner Staat, der keine Mitgliedschaft oder Bindung zur Nato hat. Die Ukraine wird überfallen, so deutlich muss man es schon sagen.
Rein völkerrechtlich weist die gegenwärtige Situation Bindungen zu 1938, nach dem Münchner Abkommen zwischen Chamberlain und Hitler. Heim ins Reich – der Führerkult um Wladimir Putin ist auch nicht anders als der Führerkult um Adolf Hitler. 1938: Das gedemütigte Deutschland will seine Revanche und besetzt in der Tschechoslowakei das Sudetenland. Diese Situation haben wir im Februar 2022 an der Grenze zur Ukraine.
Die Ukraine ist wie die Tschechoslowakei ein souveräner Staat, damit völkerrechtlich anerkannt. Seit 1991, George H. Bush und Michail Gorbatschow.
Es sollte dringendst eine Sitzung des Sicherheitsrats der UN wegen der Ukraine stattfinden. Das Veto Russlands ist im Sicherheitsrat zu erwarten.
Stefan Vollmershausen, Dreieich
Der Kreml pflegt eine völkische Ideologie
Die Entsendung von russischen Truppen zur „Friedenssicherung“ in den Donbass ist mit der Annektion des Sudetenlandes 1938 gleichzusetzen, weil sie das eigene Volk völkisch überhöht und daraus territoriale Ansprüche ohne Rücksicht auf andere herleitet. Diese eklatante Verletzung des Völkerrechts durch den Kriegsbrandstifter im Kreml muss deshalb mit den härtesten wirtschaftlichen Sanktionen bestraft werden. Denn das ist die einzige Sprache, die dieser kleine Größenwahnsinnige und die ihn umgebenden Oligarchen verstehen. Ansonsten wäre es eine Einladung für Putin, weitere Nachbarländer, denen man die Staatlichkeit abspricht, zu besetzen und dem neuen “ russischen Reich“ einzuverleiben.
Wolfgang Lackinger, Frankfurt
Haben wir Putin wirklich verstanden?
Mit dem heutigen Tag ist zu konstatieren, dass kein europäisches Land konkret an einen Krieg mit Russland gedacht hat. Die Nato hat die Signale eines Jungen gesendet, der von sich behauptet, dass er weiter die Kirschkerne spucken kann, als jeder andere. Wer in Krasnojarsk, Semipalatinsk, Wladiwostok, in Texas, Washington oder Düsseldorf denkt an Krieg? Er wird doch gar nicht gewollt und zerstörte Länder, wie Syrien, Jemen, Afghanistan und Irak sollten jedem Politiker vor Augen führen, dass mit konventionellen Waffen viel Leid aber kein Frieden zu schaffen ist.
Es kann ja nicht ernsthaft gedacht werden, dass man möglicherweise mit strategischen Atomwaffen einen begrenzten Konflikt beilegen kann. Ab hier sind die Fronten abgesteckt. Es wird von Putin vor diesem Hintergrund weitere strategische Planungen der Grenzsicherungen zum Westen geben, er wird sich vergewissern, wie die westliche Diplomatie reagiert und wird sich deren Intonation zu Eigen machen. Das Geschäftsmodell Putins lautet: Meine Rohstoffe werden allen immer wichtiger, meine Verhaltensweisen resultieren aus den Schwächen von EU und NATO und sind so konfiguriert, dass eine stabile Phalanx gegen Russland nicht zustande kommt, weil dies dann deutlich mehr wäre als ein regional beschränktes Scharmützel.
Es wäre an der Zeit, die völlig andere Denkweise Putins mal zu durchleuchten, statt mit westlicher Akkuratesse zu meinen, ihm analytisch einen Vorhalt machen zu können. Der denkt ganz anders!
Hans-Werner Müller-Jording via FR-Blog
(Die ungekürzte Fassung dieser Zuschrift findet sich hier.)
Angesichts der gegenwärtigen Kriegsgefahr nicht nur im Südosten der Ukraine treibt mich dies um: Plötzlich werden die bisher als glaubwürdig und seriös geachteten Medien wie FAZ, SZ, FR, DLF (Sabine Adler, Gesine Dornblüth) und ndrinfo infrage gestellt – und stattdessen wird obskuren Medien gelaubt, die aus Russland gesteuert werden (s. RedaktionsNetzwerkDeutschland/RND 22.02.2002, z. B. in der Frankfurter Rundschau oder in den Kieler Nachrichten). Mir kommt dieses „Debatten-Klima“ vor wie jenes um Corona. Einem Medium wie Nachdenkseiten z. B. kann ich keine Seriosität zusprechen, weil dort u. a. für den Anti-Spiegel und für Mißtrauen gegenüber Corona-Schutzmaßnahmen geworben wird. – Völlig ausgeblendet werden m.E. die Weiterungen, falls Putin in Richtung Ukraine erfolgreich ist: Dem „alten Russland“ gehörten per Personalunion auch die heutigen baltischen Staaten an; die wären nach Putins Vorstellungen auch noch dem russischen Einflussbereich wieder zu unterstellen (oder einzuverleiben) – gerade wegen dieser Gefahr traten sie der NATO bei. Der Terminus „Erweiterung der NATO“ legt fälschlich nahe, die NATO habe sich quasi Estland, Lettland und Litauen einverleibt, um Russland zu bedrohen. Außerdem ist Kaliningrad über Land von Russland aus nicht zu erreichen. Das wäre, aus Putins Sicht, noch zu regeln („normalisieren“). Die „Oblast Kaliningrad“ gehörte noch nie zu Russland, d. h. nach Putins Logik müsste Deutschland die Rückgabe des Kalingrader Gebiets (und mehr) beanspruchen dürfen.
Glücklicherweise steht das bei keinem vernünftigen Politiker auch nur entfernt auf der Tagesordnung. Dass die dortigen Raketen zwar alle wichtigen westeuropäischen Städte erreichen können, wird kaum thematisiert, stattdessen aber ständig das US-Raketenabwehrsystem in Osteuropa als Bedrohung für Russland an die Wand gemalt.
@ Dieter Hartwig
Diese „nachdenkseiten“ habe ich schon länger aufgehört zu lesen. Es ist ein Syndikat für konspirative chronische Gegennachrichten geworden.
Das Muster ist bekannt, Hitler hat in den Münchner Verträgen von 1938 die damaligen Alliierten geprüft, wie ernsthaft sie dazu stehen, und für sich festgestellt, dass er weitermachen kann. Als er das Sudetenland bekommen hatte, marschierte er später zuerst in Polen und dann in die Tschechoslowakei ein. So wie Putin 2014 erst in die Krim. und nun in den Donbas und Luhansk. Der folgende Weltkrieg sollte den heutigen Politikern doch bewusst sein. Die erforderliche Vorstellung geht allerdings über ihre Wahlperioden hinaus.
Die UdSSR hat sich einmal zurückgezogen, war in der Kubakrise. Nun liegt Kuba vor der Haustür der USA. Das ist wohl eine Reaktion, die Putin verstehen könnte. Dass Putin und auch Erdogan und andere Potentaten Hitler kopieren, ist bemerkenswert.
Putins Thesen zum Thema „Russen und Ukrainer“ kann man wie folgt zusammenfassen: „Daran glaube ich fest: Die Mauer, die in den vergangenen Jahren zwischen Russland und der Ukraine entstanden ist, ist unser großes gemeinsames Unglück, eine Tragödie. Sie ist vor allem die Folge eigener Fehler.“ Sie sei aber auch das Resultat vorsätzlicher Anstrengungen durch jene Kräfte, die immer schon versucht hätten, „unsere Einheit zu unterminieren“, mit dem Ziel, Teile eines einzigen Volkes auseinanderzutreiben. Russen, Ukrainer und Weißrussen seien allesamt Nachfahren des alten Rus, des einst größten Staat Europas. Das Wort „Ukrainer“ bezeichne ursprünglich Wächter, die die Außengrenzen schützten. 1991 fanden sich alle diese Gebiete mitsamt ihren Menschen „über Nacht im Ausland wieder, weggerissen von ihrem historischen Mutterland“ (zitiert nach „Zeit“ vom 10. Februar).
Der russische Präsident präsentiert hier eine Neufassung der Lehre von der begrenzten Souveränität benachbarter Völker. Zu Zeiten des Kommunismus war die Breschnew–Doktrin hier ausschlaggebend. Eine souveräne Entscheidung der Ukrainer über ihre Zukunft ist hier bei Putin nicht vorgesehen. Stirnrunzeln bewirken allerdings beim Betrachter der Ukraine extrem nationalistische Sachverhalte, die wenig vorbildliche rechtsradikale Personen in der Ukraine betreffen.
Seit der ukrainischen Unabhängigkeit nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wird Banderas im öffentlichen Raum gedacht. Anfang 2014 gab es 46 lebensgroße Statuen oder Büsten von Stepan Bandera und 14 Gedenktafeln. – Wer war Stepan Bandera? Er lebte von 1909 bis 1959. Im Osten der Ukraine, in Russland und Israel gilt er überwiegend als Verbündeter der Nazis und Kriegsverbrecher. Im Westen der Ukraine wird er als Nationalheld verehrt. Nicht selten wird Bandera als überzeugter Faschist und radikaler Antisemit eingestuft.
Trotz dieser mangelnden Abgrenzung nach rechtsaußen in der Ukraine ist die aktuelle ukrainische Regierung nicht rechtsradikal. Selensky agitiert proeuropäisch und liberal. Selenskys Partei „Diener des Volkes“ besteht aus dem liberalen Technokraten Schmyhal als Ministerpräsidenten mit einer Nähe zum Donezker Milliardär Achmetow und überwiegend schwer einzuschätzenden Fans von Selensky. Eine militärische Intervention Russlands wegen Rechtsradikalismus der aktuellen Regierung ist daher nicht gerechtfertigt, zumal der Rechtsradikalismus auch in Russland nicht einflusslos ist.
Angeführt werden muss hier die rechtsradikale Bewegung in Russland, die unter dem Begriff Neurussland im Osten der Ukraine die Separation unterstützt und den Anschluss der Krim an Russland befürwortet hat. Es sind Personen, die eindeutig dem rechtsradikalen Spektrum zuzurechnen sind. Dazu gehört beispielsweise der Mussolini-Fan Alexander Prochanow! Er bezeichnet sich selbst als traditionellen russischen Imperialisten. Ein Antisemitismus ist aus seiner Wochenzeitung deutlich heraus zu lesen. – Spricht die aktuelle russische Regierung von „Neurussland“, hat sie weite Gebiete im Osten und Süden der Ukraine im Blick. So nannten die Zaren die Provinzen ab Mitte des 18. Jahrhunderts. Der aktuelle Präsident Russlands Putin zählt zu „Neurussland“: neben Donezk und Luhansk auch Charkiw, Cherson, Mykolajew und Odessa. Insgesamt leben in dem Gebiet rund 14 Millionen Einwohner. Diese Territorien seien zu Sowjetzeiten der Ukraine „übergeben“ worden, meint Putin – er wisse nicht, warum.
Bascha Mika möchte angesichts von „mehr Drohgebärden, mehr Desinformation, mehr Spannungen“ und eines Zusteuerns Europas „auf einen Krieg (…) unter den Augen der Weltöffentlichkeit“ ganz grundsätzlich, sehr deutsch und ziemlich neutral über den Frieden an sich reden und versammelt daher Auszüge aus „Reden für den Frieden“ von ausgewählten Frauen und Männern, die im Laufe der Dekaden seit 1950 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhalten haben. Die Schuld für die aktuelle Eskalation des Konflikts der „Ost-West-Konfrontation“ verteilt sie dabei zu gleichen Teilen auf „den Westen“ und „Russland“, ohne zu erwähnen, dass „der Westen“ niemanden angreift und in der Ukraine seit nunmehr acht Jahren ein veritabler Krieg tobt, angezettelt von niemand anderem als von Putins brutal-diktatorisch regiertem Russland mit der Annexion der Halbinsel Krim sowie der vollumfänglichen militärischen Unterstützung der „Rebellen“ in der Ostukraine.
Stattdessen spricht die Autorin lieber von einer „Ukraine-Krise“ und bemängelt pikiert, dass bei der Münchener Sicherheitskonferenz „ständig über, aber nicht mit Russland gesprochen (wird)“. Sie erwähnt aber auch hier nicht, dass alle relevanten russischen Vertreter und Politiker durchaus eingeladen waren, aber leider nicht gekommen sind. Man kann sich denken warum. Sie hätten in München zu ihrem andauernden Angriffskrieg persönlich Stellung nehmen und vor allem, kriegstaktisch unklug, ihre aktuellen Gefechtsstände in Moskau, Belarus, der Krim und der Ostukraine verlassen müssen. Natürlich ist es immer sinnvoll „über Möglichkeiten des Friedens“ nachzudenken. Noch sinnvoller und wichtiger aber ist es, den tatsächlich bereits seit Jahren von Russland geführten und nun wieder trotz Minsker Abkommen verstärkten Krieg überhaupt erst einmal zur Kenntnis zu nehmen und zu bewerten. Ansonsten endet das „Reden für den Frieden“ im ziemlich unglaubwürdigen Sonntags-Predigerton eines unverbindlichen Pazifismus.
@ Jürgen Malyssek:
Über viele Jahrwe habe ich regelmäßig die nachdenkseiten gelesen, aber seit der Corona-Pandemie habe ich nach und nach ebenfalls aufgehört und sie ebenfalls längere Zeit nicht mehr gemocht.
Putin macht also ernst. Was seine Ziele sind ist noch schwer zu sagen. Das Baltikum könnte er auch gleich mit nehmen. Es muss alles nur schnell gehen. China sagt das ist keine Invasion. Indien sagt nichts, kauft aber Waffen in Russland und der Regierungschef von Pakistan ist zufällig bei Putin heute zu Besuch. Wenn diese Länder sich auf die Seite von Putin stellen wird aus dem Thema Sanktionen nicht viel werden.
Zuerst bleibt in solchen Zeiten die „Wahrheit“ auf der Strecke. Krieg hat einen furchtbaren Preis – auch in Deutschland. Vergessen wir nicht: Russland verfügt über einsatzfähige Atomwaffen.
Vielleicht geht es auf westlich-deutscher Seite auch sprachlich weniger „bombastisch“. Also nicht nur sprachliche Abrüstung, sondern eine (deutsche) Politik, die die berechtigten Sicherheitsbedürfnisse Russlands in den Blick nimmt. Eine nicht auf Deeskalation und Entmilitarisierung gerichtete (deutsche) Politik wird auch uns Deutsche teuer zu stehen kommen. Wenn erst die Kriegsfurie losgelassen wird, gibt es kein Halten mehr. Weitere – die Bevölkerung in Russland und Deutschland erheblich belastende – Wirtschafts-„Sanktionen“ sind nur konfrontativ. Ich hoffe, dass die Bellizisten nicht siegen werden. Eine weitere Aufrüstung der Ukraine ist ebenfalls nicht hilfreich. Die Diplomatie ist hart gefordert und muss nun endlich liefern und ihre guten Verbindungen nach Russland nutzen.
Zunächst einige Selbstverständlichkeiten: Die Aggression im derzeitigen Konflikt um die Ukraine geht derzeit ohne Frage von Wladimir Putin aus. Und Putin geht es vor allem darum, zu verhindern, dass viele seiner Landsleute mit den Ideen, wie wir sie in der westlichen Hemisphäre als Demokratien kennen, infiziert werden und daraus Konsequenzen ziehen, um eine Demokratisierung der Russischen Föderation zu erreichen. Deshalb fürchtet Putin nichts mehr als dass immer mehr Menschen in der Russischen Föderation sich für Ideale einer rechtsstaatlichen Demokratie einsetzen. Es wäre für ihn gefährlich, denn das Infragestellen des Systems Putin könnte bedeuten, dass die russische Autokratie von immer mehr Menschen in Russland angezweifelt wird. Es gilt, das auch an die Adresse derer, die nicht einsehen wollen oder können, dass diese Auseinandersetzung eben nicht der Westen und die Nato in erster Linie gezündelt haben, sondern Putin und die Separatisten in der Ukraine, die Verantwortung für die Eskalation tragen. Zweifelsohne hat der Westen auch Verantwortung für die eskalierenden Schritte, aber die Nomenklatura in Russland ist verantwortlich, dass es in Europa wieder zu einem heißen Krieg kommen kann, der nur Verlierer kennen wird. Viele Tote, Verwundete, Traumatisierte. Das vorläufige Aus für Nordstream 2 wird nicht nur für Unannehmlichkeiten, sondern für viele Menschen auch für eine sozialen Katastrophe verantwortlich sein. Deshalb müssen Entlastungen für kleine und mittlere Einkommen so bemessen sein, dass sie nicht nur als Makulatur wahrgenommen werden. Deshalb müssen trotzdem doch Provokationen und Menschenrechtsverletzungen angeprangert werden, genauso wie die völkerrechtswidrige Annexion der Krim. Tatsache ist, dass man Gas und andere Rohstoffe niemals gegen Freiheit aufwiegen darf und es für Freiheit in der Tat kein Preisschild geben darf. Es nützt in der Tat nichts zu lamentieren, denn die Bundesregierung wird eine gerechte Verteilung der durch den Preisanstieg für russisches Gas erfolgenden Belastung gewährleisten müssen. Der Freiheit sollte dieser Preis nicht zu hoch sein. Was den bewaffneten Einsatz von Soldatinnen und Soldaten anbetrifft, sollten sich auch die westeuropäischen Staaten gegen jede Vernichtung von Menschenleben und frei nach Wolfgang Borchert für „Sag NEIN“ entscheiden. Hierzu sind alle Menschen in Russland sowie im Westen aufgerufen. Die Katastrophe eines Krieges muss mit allen Mitteln abgewendet werden.
Ich komme ursprünglich aus Russland und wohne seit rund vier Jahren in Europa, jetzt in Wien. Ich bin schockiert und hasse die russische Regierung für ihre aggressive Innen- und Außenpolitik, für den Terrorismus, für ihre Angriffe auf andere Länder, vor allem Ukraine. Mit meinem Herzen und meiner Seele bin ich mit der Ukraine, die seit Jahren nicht nur ihre Grenzen, sondern die Grenzen der demokratischen europäischen Welt verteidigt. Ich habe auch Angst um meine Verwandten in Russland, die ich lange nicht mehr gesehen habe. Ich habe Angst, nach Russland zu kommen, wo ich für meine Meinung verfolgt werden kann. Ich wurde in Sozialnetzen bedroht. Ich bin für härteste Sanktionen gegen das terroristische Russland.
Viele sorgen sich um die Zukunft der Ukraine und Europas wegen der aggressiven Aktivitäten Putins/Russlands im Osten unseres Erdteils. Sanktionen werden geplant und beschlossen. Die Energieversorgung scheint gefährdet und die Preise für Öl und Gas steigen ungebremst. Die Restriktionen werden auch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unseres Landes und Europas treffen. Selbst China kritisiert im UN-Sicherheitsrat Putins Vorgehen.
Aber machen wir uns nichts vor: Das nächste, vermutlich viel größere Problem steht uns noch bevor. China wartet die Reaktionen des Westens und deren Auswirkungen ab und wird sich in absehbarer Zeit daran machen, Taiwan „ins Reich zurückzuholen“. Dies würde vermutlich vergleichbare Sanktionen des Westens zur Folge haben, die unsere Wirtschaft jedoch weitaus härter treffen – wenn nicht in die Knie zwingen. „Sub aqua, sub aqua maledicere tractant!“
Ich möchte zwar keiner der Frösche sein, aber es bedarf keiner großen Phantasie, sich Chinas Aktivitäten gegenüber Taiwan nach Putins Schema vorzustellen, sobald deren Auswirkungen auf der Grundlage der aktuellen Erfahrungen einigermaßen abzuschätzen sind und kalkulierbar erscheinen.
Mit dem politischen Black-Out der Anerkennung der „Volksrepubliken“ und dem Überfall auf die Ukraine, dürfte Putin eine Entwicklung angestoßen haben, an deren wahrscheinlichem Ende der NATO-Beitritt Schwedens, Finnlands und einer Rest-Ukraine stehen kann. Das wäre durchaus im geostrategischen Interesse der USA, zumal hiervon ein starkes Signal an die chinesische Regierung ausginge, was deren Ambitionen auf die Vereinigung mit Taiwan angeht. Putin stünde am Ende dar als der nützliche Idiot (Lenin), der die Interessen der USA bedient hat.
Russland und Belarus haben einen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen. Diktator Putin schüchtert indes andere Staaten ein, sich ihm in den Weg zu stellen. Denn das würde Konsequenzen nach sich ziehen, wie sie sie noch nicht erlebt hätten.
Damit bestätigt er jene „teuflische Verschlagenheit“, die Karl Marx bereits einem seiner Vorgänger, Zar Nikolaus I., unterstellte. Marx war von 1853 bis 1856 (überwiegend von London aus) als europäischer Korrespondent der „New York Daily Tribune“ tätig und beobachtete die Kriege Russlands gegen die Türkei, England, Frankreich und Sardinien. Damals ging es u.a. um die Krim. Der deutsche Philosoph und politische Theoretiker erkannte zudem die auch seinerzeit feststellbare Handlungsunfähigkeit der westeuropäischen Staaten.
Als Triebfeder des russischen Imperialismus entlarvte er den expansiven Panslawismus des Zarenreichs. Russland sei darauf aus, ganz Europa zu unterjochen, es habe die slawischen Völker „still vereint“ und „den römisch-keltischen Rassen, die bisher in Europa geherrscht haben, Krieg auf den Tod erklärt.“.
Das war starker Tobak und manche Bewertung dürfte den Vorurteilen der Deutschen und ihrer Nachbarn entsprochen haben. Solche Ressentiments waren von den damaligen Obrigkeiten kalkuliert gezüchtet worden. Man kann rückblickend sogar der Meinung sein, dass sich die Mächte des Alten Europas bewusst gegen Russland abgegrenzt und dadurch Kriege provoziert hätten. Ähnlich wie das die NATO nach der Selbstauflösung der Sowjetunion entgegen allen Warnungen getan hat. Dennoch gibt es keine Rechtfertigung für Angriffskriege.
Ich bin gespannt auf die Reaktionen der deutschen Putin-Lakaien, von der AfD über Sahra Wagenknecht bis zu Gerhard Schröder. Möglicherweise wird der Krieg gegen die Ukraine auch die innenpolitische Lage in Deutschland verändern. Ein Ende der AfD würden sämtliche Demokraten begrüßen. Ein Aus für die LINKE aber wäre faktisch ein Sieg des Neoliberalismus, der von dieser Partei in blinder Selbstüberschätzung herausgefordert wurde. Und die SPD müsste sich entscheiden, ob es nicht endlich an der Zeit ist, Gerhard Schröder und seine gesamte Agendapolitik für unvereinbar mit sozialdemokratischen Werten zu halten.
Die Ukraine wird sich militärisch nicht gegen das hochgerüstete Russland verteidigen können. Deswegen müssen sich die Demokraten dort, aber auch in Russland selbst sowie in Belarus mit anderen Waffen wehren. Hierbei ist die Unterstützung der EU und der USA notwendig. Und zwar ohne die bekannten Dilettanten in Kommission und Regierungen.
Einer konzertierten digitalen Desinformationskampagne kann Russland nicht standhalten. Denn es hat wesentliche Teile seiner Technologie in Raketen, Panzer und Kanonen gesteckt. Seine Beeinflussungsversuche westlicher Wahlen via Internet sind vergleichsweise schlicht gewesen. Sie zielten auf die Informationskanäle des rassistischen und rechtsextremen Plebs ab, also auf Facebook, Instagram, Google oder Telegram. Hackerangriffe auf den deutschen Bundestag und andere Parlamente konnten hingegen abgewehrt werden. Bei kluger Strategie und Taktik könnte der Krieg rasch in sich zusammenbrechen. Das Umlenken russischer Raketen auf den Kreml ist nicht nur theoretisch durchführbar. Parallel dazu muss der zivile Widerstand über bereits bestehende geheime Kontakte erheblich gestärkt werden. Exilregierungen für Russland und Belarus sollten unverzüglich der Weltöffentlichkeit vorgestellt werden, idealerweise in Paris, der Stadt der Revolution. Das Ende Putins und seiner Kamarilla sollte auch das unwiderrufliche Ende der Russisch-Orthodoxen Kirche sein, die einem aggressiven Nationalismus Vorschub leistete.
Die Systemfrage vereint China und Russland und die westliche Wertegemeinschaft glaubte lange, das der Wandel durch Handel, den Weltfrieden retten wird.
Die hybriden Angriffe auf kleine und wehrlose Staaten, wie die Ukrainer sind die neuen Kriegswaffen der Autokraten. Die Diplomatie ist nur noch eine leere Hülse, Wirtschaftssanktionen halten weder China noch Russland auf.Die aggressive Haltung gegen die Demokratien sind ein klares Zeichen das um alles oder nichts geht. Wann begreifen das endlich alle in der Ampelregierung und EU Staaten?
Wer einen Orbán in seinen eigenen Reihen hat, darf sich nicht wundern, dass Europa nicht mehr ernst genommen wird. Europa hat bereits zwei Weltkriege erlebt. Das müsste reichen um aus der Vergangenheit zu lernen, aber anscheinend nicht für alle.
zu @ Thomas Ewald-Wehner
Über eine Aufrüstung der Ukraine müssen wir uns keine Gedanken machen. Es wird nur eine Frage von Tagen sein bis es dort eine moskautreue Regierung gibt. Das spannende wird sein zu beobachten wie sehr sich Russland mit China abgestimmt hat. Das könnte schon bald Taiwan spüren.
Ich bin entsetzt über die aktuelle Entwicklung. Einmal wegen dieses Angriffs, der mit vorgeschobenen „Argumenten“ und offensichtlichen Lügen begründet wird. Man muss wohl von einem Blitzkrieg sprechen, auch wenn das Wort vorbelastet ist. Putin will in der Ukraine ein Marionettenregime installieren. Dann aber auch vor allem deswegen, weil mir unklar ist, wie mit einem solchen Menschen jemals wieder Verträge geschlossen werden können. Das heißt doch nichts anderes, als dass die gesamte Stabilität in Europa in Nullkommanichts über den Haufen geschossen wurde. Das kostet Putin offensichtlich überhaupt nichts, und es interessiert ihn anscheinend auch nicht. Seine eigenen „Sicherheitsinteressen“ stellt er über alles, aber die Sicherheitsinteressen anderer Länder bedeuten ihm überhaupt nichts. „Make Russia great again“ – sind wir jetzt auf dem Weg in eine postdemokratische Ära, in der der den Ton angibt, der am lautesten auftritt? Parallelen zu Putin gibt es also in Gestalt von Donald Trump und den Schreihälsen der „Querdenken“-Bewegung. Es ist zum Kotzen!
Wir sollten uns nichts vormachen ,da ist nichts Zufall. Im Herbst hat Putin so gut er kann die Gasspeicher in Europa leer gefahren in der Hoffnung das es ein kalter Winter gibt und Millionen Menschen in D. kalt sitzen. Das hat nur Petrus verhinderte sonst niemand. Man hat sicher ganz bewusst abgestimmt mit China die Olympischen Spiele vergehen lassen. Jetzt marschiert Putin in die Ukraine ein. Ich denke das es da um einen mit China klar abgesprochenen Plan handelt der noch nicht sein Ende, wie immer das aussieht, erreicht hat. Zu den Sanktionen kann man nur sagen das wenn große Teile von Asien sie unterlaufen wollen werden sie wohl wirkungslos sein da macht man uns wohl was vor.
Leider muss man jetzt auch feststellen dass die Position der Friedensbewegung, eigentlich sympathisch, aber angesichts dessen was die letzten Jahre im Irak, Türkei und jetzt in der Ukraine passiert ist nur als naiv bezeichnet werden kann.
Über die Peson und die unrühmliche Rolle Putins sind wir uns in diesem Forum sicherlich alle einig.
Möglicherweise hat er Angst, dass die allmähliche Demokratisierung in der Ukraine weiter um sich greift und die Protestbewegungen in Russland auch für sein Regime gefährlich werden könnten? Erinnert sei in diesem Zusammenhang an das Vorgehen seiner Vorgänger 1956 in Ungarn und 1968 in der Tschechoslowakei.
Vielleicht sollte Kanzler Scholz seinen Vorgänger Schröder zu dessen Freund nach Moskau schicken, um diesen zum Einlenken zu bewegen?
Vor allem aber muss weiter davor gewarnt werden, durch Waffenlieferungen o.ä. die Eskalation weiterzubetreiben. Denn die Worte Putins am 24.02., dass eine Situation eintreten könnte, wie sie noch nie da war, ist an Gefährlichkeit kaum zu überbieten.
Als sehr beachtlich und auch zu beherzigen sind die Aussagen des früheren Ministers Klaus von Dohnany am 24.02.2022 bei Maischberger, der vor den Folgen eines Atomkriegs gewarnt hatte und deshalb von einem Redakteur der „Welt“ mehr oder weniger ausgelacht wurde.
zu @ Peter Boettel
Ich bin da gespalten. Der Widerstand der Menschen in der Ukraine scheint groß zu sein. Es ist erfreulich das Kiew immer noch nicht besetzt ist. Einen allerdings verlustreichen Häuserkampf in den Städten kann Putin mit 100000 Mann nicht gewinnen. Ob man das den dortigen Menschen wünschen soll weiß ich nicht aber wenn sie bereit sind ihn zu führen sollten wir sie auch unterstützen. Natürlich will niemand einen Atomkrieg aber mit dem Argument kann man Putin bis Lissabon marschieren lassen. Es wird uns nichts anders übrig bleiben als die NATO Ostgrenze zu verteidigen sonst werden die Franzosen erst ab der Rheinlinie Atomwaffen einsetzen. Die Pläne gab es alles schon einmal.
Putin überfällt die Ukraine. Selbstverständlich erklären wir uns solidarisch mit den Ukrainern, verurteilen und fordern das sofortige Ende des Kriegs. Die westlichen Demokratien reagieren mit Sanktionen. Das wirkt hilflos angesichts der Waffengewalt. Es gehört zu den Lügen Putins, dass er sich von der NATO-Osterweiterung bedroht fühlt. Er weiß, dass die Ukraine als nicht NATO-Mitglied keine militärische Hilfe erhalten kann. Erreichen wird Putin, dass sich weitere Staaten zu ihrer Lebesversicherung um die Mitgliedschaft in der NATO bemühen werden. Er stärkt, wovon er sich angeblich bedroht fühlt.
Die Reihen fest geschlossen!
Wir sind uns alle einig: was Putin da in der Ukraine treibt, das ist Aggression pur, imperiales Gehabe eines Psychopathen, der den Bezug zur Realität komplett verloren hat. Das muss von uns auf‘s Härteste bestraft werden. Die Ukraine ist mitten in Europa. Und wer Kiew einnimmt, der steht morgen vor Tallin. Das ist der Tenor der Leserbriefe und Diskussionsbeiträge in diesem Blog. Und diese sind insofern ein Spiegelbild der öffentlichen Berichterstattung und Kommentierung der Ereignisse der letzten Wochen. Wenn man das Thema Ukraine so sehen und beurteilen will, dann hat das den großen Vorteil, dass man auf ein Feindbild zurückblicken und zugreifen kann, dass seit Mitte der 50er Jahre gepflegt wird: der Russe ist böse, unberechenbar und machtbesessen. Und die westlichen Staaten sind das glatte Gegenteil! Die Nato ist da nicht mehr das größte Militärbündnis, das die Welt je gesehen hat, sondern die größte Friedensbewegung der Welt. Und von daher kann sie per definitionem niemanden angreifen. Und angeblich hat sie das ja auch noch nie getan. Die militärischen Gastspiele, die sie in Jugoslawien, im Irak, in Syrien in Libyen, in Afghanistan und was weiß ich wo gegeben hat, das waren reine Verteidigungsaktionen zur Sicherung unserer Werte. Und mit dem Völkerrecht wollen wir hier nicht so zimperlich sein. An diese Kriege zu denken, ist bei der laufenden Propagandawelle vollkommen disfunktional. Welche Taten des Westens zu der Situation in der Ukraine seit und mit dem Maidan geführt haben – wer braucht das zu wissen wenn der Schuldige an dem Schlamassel längst ausgemacht ist? Es ist ebenso bemerkenswert wie beängstigend wie Volk und Führer mal wieder fest zusammenstehen. Über solche Medien und ein derartiges selbstgefälliges Knechtsbewusstsein würde sich auch Herr Putin sicher freuen.
Alles Propaganda!
Gemeint ist nicht die hiesige Öffentlichkeit sondern die russischen Staatsmedien – Putins Propagandatruppe! Bei uns ist das komplett anders. Hier haben wir eine ausgewogene, objektive Berichterstattung, die Fakten sauber von einer Vielfalt von Meinungen trennt und zur Diskussion stellt. Wenn die Sache nicht zu ernst wäre, könnte man über einen solchen Befund lachen. Denn: wann wurde jemals deutlicher als zur Zeit, welch wunderbares Propaganda-Instrument die freien Medien für die westlichen Staaten sind? Der vielzitierte Meinungspluralismus kennt nur noch einen Standpunkt und einen gemeinsamen Gegner, der in die Schranken gewiesen werden muss. Politiker werden unisono dann kritisiert wenn sie es an Unterstützung für die kriegerischen Ambitionen unseres Protektorats namens Ukraine fehlen lassen und keine klare Kante gegenüber dem personifizierten Bösen schlechthin zeigen. Und man muss auch jetzt diskutieren, ob die Nato sich nicht doch selber militärisch gegen Putin verteidigen muss. So geht verantwortungsbewußter Qualitätsjournalismus in Kriegszeiten. Tolle Aussichten für das Fußvolk.
Wo ist Gerhard Schröder? – der Freund eines lupenreinen Demokraten! Schämen Sie sich, Herr Schröder.
Der Kommentar con „shiny“ (?) ist ein hübsches Beispiel dafür, wie das Narrativ der Putin-Versteher funktioniert: Man ignoriert die Fakten und geht sofort zum Gegenangriff über. Ja ja, unsere Medien. In einem früheren Kommentar wurden schon die Nachdenkseiten angesprochen. Die sind in dieser Hinsicht natürlich vorbildlich. Exakte Wiedergabe der Wirklichkeit und völlig frei von Meinungsmache und Manipulation mit sprachlichen Mitteln. Man muss schon einer sehr verschworenen Gemeinschaft von Weltfremden angehören, um das gut finden zu können. Vermutlich ist so ein schlichtes Weltbild aber ganz einfach sehr bequem. Da muss man nicht viel selbst nachdenken.
zu @ Gertrude Kronauer
Glauben sie eigentlich das sie so einen Beitrag auch in Moskau schreiben könnten?
Deutschland und der Westen scheinen die Herausforderung Putins anzunehmen und sich wehrhaft zur Verteidigung der Demokratie zu zeigen. Man hört und liest Klagen darüber, dass das jetzt alles viel zu spät kommt und man schon viel früher die kriegerischen Signale aus Moskau hätte wahrnehmen müssen. Das mag wohl so gewesen sein, aber es hat auch viel Besserwisserisches.
Es ist jetzt so, wie es ist und ich nehme eine große Ernsthaftigkeit der Bundesregierung und auch der EU wahr, jetzt Putins Spiel nicht mehr mitzumachen.
Mein Respekt gilt vor allem unserer Außenministerim Annalena Baerbock, die sich seit Amtsbeginn wahrlich in die Höhle des Löwens begeben musste und bisher einen mutigen Einsatz gebracht hat: „Frieden und Freiheit haben in Europa kein Preisschild“. Ich messe,das was sie versucht hat nicht an dem bisher kaum Erreichten gegenüber einem knallharten Russlandführer.
So sagt der letzte DDR-Außenminister Markus Meckel im FR-Interview (24.02.):“Die Gechlossenheit des Westens ist beachtlich“ und schließt Waffenlieferungen an die Ukraine nicht mehr aus. Meckel sieht keine grundlegenden Fehler des Westens: „Nein. Russland wurde weder eingekreist noch bedroht. Was wir erleben, ist ein Trauma von Herrn Putin, der die Souveränität der Nachbarn nicht anerkennt. Dem müssen wir uns stellen.“
Dann hätten wir in diesem Zusammenhang noch den Gasmann und Kumpel von Putin, Gerhard Schröder.
Mir ist es ein Rätsel, wie dieser Kumpan, der schon zu seinen Kanzlerzeiten und danach soviel gesellschaftlichen Missstand hinterlassen hat, mit seinem Lebenslauf zurechtkommt? Wann schmeißt die SPD diesen Halunken raus?
Auf der anderen Seite haben wir auch noch eine Sahra Wagenknecht, die seit Jahren als Promi der Linken durch die Talkshows und Berichterstattungen gereicht wird und dort ihre fest eingebauten Glaubenssätze verbreitet, die mehr und vor allem Partei-Schaden anrichten, als dass sie noch irgendeiner Sache dienlich sind. Wer setzt sie, wenn nicht sie sich selbst, vor die Tür?
Aber wichtiger ist und bleibt dennoch, das, was jetzt die Europa- und Deutschland-Politik noch schaffen kann.
Wie stand- und wehrhaft sind die demokratischen Systeme noch?
Diesen Kriegszustand hätte ich mir vor einiger Zeit nicht vorstellen können. Aber jetzt sind wir in der neuen Realität angekommen, die uns alle in Europa und anderswo in eine ungewisse Zukunft bringen werden.
Und immer wieder, wie auch jetzt in der Ukraine, geht das teufliche Spiel auf Kosten der Zivilbevölkerung. Neues unüberschaubares Elend. Ende aller Illusionen auf eine bessere Welt.
@hans
Genausolche unterwürfigen Geister braucht das Land! Die schon dankbar dafür sind, dass sie ihren Herrn zustimmen dürfen. Echt geil.
@ Gertrude Kronauer
Ziehen wir Ihren Behauptungen mal ein paar Fakten ein, um zu verstehen, wie Sie das alles verdrehen. Mal ganz abgesehen von dem Deppen-Apostroph, den Sie verwenden.
„Wer Kiew einnimmt, der steht morgen vor Tallin. Das ist der Tenor der Leserbriefe …“
Ich weiß nicht, welche Leserbriefe Sie meinen. Die, die hier veröffentlicht worden sind, können es nicht sein. „Tenor“ ist was anderes. Allerdings finde ich es überhaupt nicht sonderbar, wenn die Menschen Angst vor einem Putin haben, der rundheraus lügt und – mit Ihren Worten – „böse, unberechenbar und machtbesessen“ ist. Zumindest die letzten beiden Attribute treffen den Nagel auf den Kopf, da haben Sie völlig recht. Ob er „böse“ ist, weiß ich nicht. Er selbst glaubt vermutlich im Ernst, dass er für das Gute steht. Aber dass die Menschen in den baltischen Staaten Angst haben, wieder einem repressiven Regime eingegliedert zu werden, das ist für mich absolut nachvollziehbar. Für Sie nicht? Was hält Sie dann davon ab, dorthin umzuziehen? Das sollten Sie wirklich in Betracht ziehen. Es besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass Sie Glück haben und Ihr Idol recht bald von der Ihnen so sympathischen Seite kennenlernen könnten.
„Die militärischen Gastspiele, die sie (die Nato, Anm. G.) in Jugoslawien, im Irak, in Syrien in Libyen, in Afghanistan und was weiß ich wo gegeben hat, das waren reine Verteidigungsaktionen zur Sicherung unserer Werte.“
Diese Fake News sind unter Ihrer Würde, denn Sie wissen es eigentlich besser. Die Einsätze im Irak und in Syrien erfolgten wegen des Nato-Bündnisfalls, der von den USA 2001 ausgerufen worden ist. Es ist bisher das einzige Mal gewesen, dass §5 des Nato-Vertrags angewendet wurde. Die USA waren angegriffen worden (9/11), später auch Großbritannien, Spanien, Frankreich und Belgien. Daher der Kampf gegen den „Islamischen Staat“. Wer angegriffen wird, darf sich nach dem Völkerrecht verteidigen. So läuft auch die Begründung für den Bündnisfall. Man muss dieser Einschätzung nicht folgen, aber es ist immerhin ein veritabler Grund, während Putin für seinen Angriff auf die Ukraine nur eine völkische Ideologie als Begründung anführen kann. Wenn man denn diese Aggressionen, die völlig verschieden gelagert sind, unbedingt glaubt, miteinander vergleichen zu müssen, wie Sie das tun.
Der Bundeswehr-Einsatz in Syrien, der ohne UN-Mandat lief, ist nunmehr zu Ende. Er wäre aber auch wegen des Genozids an den Yesiden völkerrechtlich zu rechtfertigen: Die Gefahr eines Genozids erlaubt militärisches Eingreifen. Deswegen ist auch das Nato-Bombardement Serbiens nicht völkerrechtswidrig gewesen. Ein UN-Mandat wäre dafür nicht zu bekommen gewesen, da Serbiens Schutzmacht Russland eine entsprechende Resolution im UN-Sicherheitsrat per Veto verhindert hätte. Doch die Gefahr eines Genozids an den Kosovo-Albanern war real. Wozu ein gewisser Schlag von Serben imstande ist, wenn man sie machen lässt, wurde der Welt ein paar Jahre später in Srebrenica vorgeführt. Die niederländischen UN-Truppen, die vor Ort waren und das Massaker hätten verhindern können, mussten sich dafür verantworten, dass sie nicht eingegriffen haben.
Für die Einsätze in Libyen und Afghanistan gab es UN-Mandate (Libyen: Resolution 1973; Afghanistan: Resolution 1368). Wissen Sie noch mehr? Über die völkerrechtlich relevante juristische Basis solcher militärischen Interventionen klärt die Bundeszentrale für politische Bildung in einem allgemeinverständlichen Text auf. Falls Sie das nachlesen wollen (kann nie schaden, gebildet zu sein!), klicken Sie bitte hier:
https://www.bpb.de/themen/recht-justiz/dossier-menschenrechte/232218/militaerische-intervention-und-menschenrechte/
Ihr Kommentar, ich muss es leider so knackig formulieren, ist ein typisches Beispiel für Desinformation: Meinungsstark, aber nichts dahinter. Sie sollten sich fragen, wessen Magd Sie sind, statt Menschen anzugreifen, die sich berechtigte Sorgen machen. Ich habe einen gewissen Verdacht bezüglich der Quelle, aus der Sie Ihren hetzerischen Nektar saugen. Das ist nicht schön.
zu @ Gertrude Kronauer
Danke das sie mir antworten. Das habe ich gar nicht erwartet. Wenn sie mir meine Frage beantworten würden wäre das noch besser.
Sehr geehrter Herr Putin, Sie schicken Soldaten in die Ukraine, dort sterben jetzt Kinder, Mütter und Väter: Wir finden das furchtbar. Jeder Mensch hat etwas mit seinem Leben vor, er sollte nicht wegen so etwas sterben oder verletzt werden.
Wir Kinder haben in Europa noch nie einen Krieg erlebt – und wissen Sie was: Wir tun auch etwas dafür, dass dieser Frieden erhalten bleibt, sicherlich nur im Kleinen, aber jeden Tag in unserer Schule. Wir lernen, dass wir uns nicht einfach schlagen. Wenn wir uns übereinander ärgern, probieren wir, den Konflikt zu lösen, indem wir miteinander sprechen. Das macht oft keinen Spaß und ist anstrengend, manchmal müssen uns auch die Lehrer*innen helfen. Aber es klappt!
Wir Kinder erwarten von Euch Erwachsenen, dass Ihr auch redet. Sich die Köpfe einzuschlagen ist einfach Schwachsinn!
Sie sitzen in Ihrem Palast und es geht Ihnen gut. Aber nur weil Sie das Reden nicht gelernt haben, bringen Sie jetzt so viel Leid über die Menschen, denn wenn sich Präsidenten schlagen, tut das viel mehr Leuten weh, als wenn wir Kinder uns streiten. Wenn wir Schüler*innen Konflikte friedlich lösen können, sollten Sie das als Erwachsener auch können. Auch wenn Sie sich durch die NATO ungerecht behandelt fühlen sollten, dürfen Sie niemandem wehtun.
Da haben wir einen autokratischen Herrscher, der angesichts seines fortgeschrittenen Alters sich noch rasch in den Geschichtsbüchern verewigen möchte als derjenige, der Russland wieder zu postsowjetischer Größe erhebt. Meine Befürchtung ist, dass der neue eiserne Vorhang in ein paar Monaten entlang der polnischen und rumänischen Grenze verläuft. Die Ukraine dürfte auch nicht die letzte Nation auf Putins Wunschliste sein. Als Blaupause zum schleichenden Einverleiben souveräner Staaten dient ihm kurioser Weise Hitlers Strategie der 1930er Jahre. Da Europa und die Welt schlechte Erfahrung mit Appeasement gemacht haben bleibt nun die Frage, wie man Putin stoppen kann, ohne in einen atomaren Krieg hineinzuschlittern. Gut, Sanktionen werden Putin persönlich nicht beindrucken, denn er lebt inzwischen in seiner eigenen Welt. Sie müssen aber trotzdem kommen, mit aller Macht und sie müssen diejenigen treffen, die seine Politik unterstützen. Natürlich werden diese Maßnahmen auch für uns in Europa teuer werden, aber sie werden vor allem die russischen Bürger belasten. Doch nur so kann auf die Dauer eine Unzufriedenheit mit dem selbsternannten Despoten innerhalb der russischen Bevölkerung wachsen, die zu massiven Protesten im Land führen kann. Die Geschichte lehrt uns: Immer noch werden die meisten Autokraten von ihrer innenpolitischen Entwicklung eingeholt und schließlich vom eigenen Volk zum Teufel gejagt.
Bisher konnte man im Wissen um den Ausgang der Geschichte die Regierungschefs Neville Chamberlain und Édouard Daladier ob des Münchner Abkommens im Jahre 1938 wohlfeil als Appeasement-Politiker verunglimpfen. Nach der knallharten Ernüchterung jetzt durch Wladimir Putin als Hitler 2.0 ist es nicht so ganz klar, wie man später Olaf Scholz und Emmanuel Macron beurteilen wird.
Hiermit forder ich den internationalen Gerichtshof in Den Haag auf, gegen Wladimir Wladimirowitsch Putin, geboren am 07.10.1952 in Leningrad (jetzt St. Petersburg) ein Strrafverfahren wegen Verbrechen gegen die Menschenrechte zu eröffnen! Er befahl, ein friedliches Nachgbarland militärisch anzugreifen, was zu Toten, Vertriebenen und Zerstörungen führte. Er verstieß gegen internationale Verträge und mißachtet das Völkerrecht. Sein Handeln ist vergleichbar dem der Nationalsozialisten bei der Zerstörung der Tschechoslowakei und beim Überfall auf Polen. Wenn der internationale Gerichtshof seine Arbeit ernst nimmt, dann muss er anklagen, die Erfassung des Täters anstreben, die Verurteilung betreiben! Ich fordre alle friedliebenden Bürger Europas auf, sich dieser Forderung anzuschließen!
Wladimir Putins „Großmachtstreben“ lässt einen wichtigen Faktor, ob bewusst oder unbewusst, außer Acht. Er und seine willfährigen Helfershelfer gehören der Generation“ 70 plus“ an. Was haben sie eigentlich den nachfolgenden Generationen in Russland anzubieten? Die Phase der fossilen Energien, wie Gas und Öl, wird auf absehbare Zeit vorbei sein. Selbst im arabischen Raum wird nach alternativen Energiequellen geforscht. Aus Russland hört man nichts von nachhaltigen Aktivitäten. Die „echte grüne Technologie“ ist das Gebot der Stunde, und viele deutsche Unternehmen sind längst dabei, sich darauf einzustellen. Die EU wäre gut beraten, dieses Thema immer stärker in die politische Diskussion einzubringen, denn „Gas-Gerd“ und das mit ihm verbundene ökologisch und wirtschaftlich völlig unsinnige Projekt Nord Stream 2 haben keine Zukunft mehr. Die Beschäftigten in Mecklenburg-Vorpommern könnten sicherlich zunächst z.B. in einer Auffanggesellschaft in grünen Technologien, wie Windkraftanlagen, geschult werden.
Nur ein total Wahnsinniger kann heute einen solchen Krieg vom Zaun brechen. Putin führt einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Einerseits baut die Menschheit global die Wirtschaft und Gesellschaft mehr oder weniger langsam in Richtung Nachhaltigkeit und Klimaneutralität aus. Alles kommt mit ungeheurem staatlichem und privatem Aufwand, mit höchster Anstrengung für Wirtschaft und Gesellschaft auf den Prüfstand, ob es umweltfreundlich, ökologisch verträglich, emissionsfrei und recyclingfähig ist.
Wirklich alles? Werden in Russland (oder anderswo) umweltfreundliche Granaten hergestellt, die ohne CO2-Emission explodieren und Menschen und Fabriken rückstandsfrei vernichten? Haben die Russen kerosinfreie Jagdflugzeuge mit Solarpaneelen, die mit umweltfreundlichen Bordkanonen Schlachtschiffe und Flugzeugträger versenken, die sich dann bei der Vernichtung zur Wiederverwertung automatisch in ihre Materialbestandteile zerlegen anstatt die Weltmeere weiter zu versauen?
Die Politiker auf der ganzen Welt, die täglich lauthals schreien „Wir werden das Klimaziel 1,5 Grad niemals in der geplanten Zeit erreichen!“, die gleichen Politiker, die in einem Land die grundlegenden Menschenrechte verteidigen und juristisch garantieren, aber andererseits ihrer Industrie genehmigen, Tötungsmaschinen zu produzieren, die diese an die Spinner in der Welt zur Gewinnmaximierung verkaufen, um sie an der dortigen Bevölkerung testen zu lassen, ohne Rücksicht auf die Umweltfolgen, die müssen jetzt mit allen nichtmilitärischen Möglichkeiten diesem russischen Spinner Einhalt gebieten. Nicht nur zum Schutz der Ukraine, sondern zum sofortigen Stopp der gnadenlosen Zerstörung von Umwelt und allem was friedlich und in der Hoffnung auf eine bessere Welt von allen friedliebenden Menschen aufgebaut wurde. Ist das der Sinn der Zivilisation? – Wo bleibt hier die Sternstunde der Demokratie?
Vielleicht beherzigen in Russland und anderswo auf der Welt noch einige Menschen den berühmten Satz von Bertold Brecht: „Stell Dir vor es ist Krieg und keiner geht hin“.
Leider ist es nun so weit gekommen. Putin setzt alles um, was man ihm zugetraut hat. Jetzt lässt sich nicht mehr der Eindruck abweisen, hier will ein Machtmensch ein längst untergangenes Imperium rekonstruieren. Muster für den zukünftigen Im-perator ist die alte UDSSR. Mit dem Heimholen der Ukraine wird es wohl losgehen, und mit Weißrussland wird es weitergehen; in Kasachstan hat es bereits eine Gene-ralprobe gegeben. Wie absurd, töricht und politisch gefährlich solch verführerisches Phantasieren sein kann, zeigt alleine der Hinweis auf den alten Traum, ein „heili-ges“ Deutschland wieder erstehen zu lassen in den Grenzen des von Napoleon nach den Turbulenzen der französischen Revolution liquidierten „Heiligen römi-schen Reiches deutscher Nation“: „Von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt“. Denn schon im 8. Jahrhundert ist die Bezeichnung „deutsch“ als „theodisca lingua“ zum ersten Mal auf einem Territorium nachweisbar, wo heute Niederländisch gesprochen wird. Eine gewisse Parallelität großdeutscher Phanta-sien mit Putins Mythos von russischen Wurzeln außerhalb Russlands drängt sich auf. Zu welchen Schlachtfeldern und Trümmerhaufen Größenwahn und Mythisie-rungen unserer eigenen deutschen Vergangenheit seit dem 19. Jahrhundert mehr-fach führen mussten, kann in jedem Geschichtsbuch nachgelesen werden. Mit dem Ende des Kalten Krieges hätte dieses Zusammenphantasieren von Großreichen eigentlich sein Ende gefunden haben müssen. Auch in einem Land wie Russland, das wie kaum ein anderes im Zweiten Weltkrieg hierunter gelitten hat; man denke nur an Putins Geburtsstadt Leningrad!
Allmachtphantasien haben auch andere noch nicht abgelegt. Auch der oft nicht minder übergriffige große Bruder jenseits des großen Teichs. Umso mehr ist es jetzt an der Zeit, mit Umsicht und Engelsgeduld dem aus der Zeit gefallenen Neozaris-mus im Kreml klar zu machen, wohin Selbstüberhöhung führen wird. Aus der Ge-schichte kann gelernt werden. Diesen Lernprozess anzustoßen beim Möchtegern-Imperator, wäre eine besonders lohnende Aufgabe für Busenfreund Gerhard Schröder.
Wegen all seiner Unwahrheiten und Lügen darf Putin jetzt getrost Putinocchio genannt werden. Und wegen seines Überfalls auf die Ukraine sollte er auf die Anklagebank vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Wegen Kriegsverbrechen sowie Verbrechen der Aggression.
Der Versuch der Nato sich in der Ukraine und damit vor der Haustür Russlands auszubreiten ist für mich Kriegstreiberei. Man muss schon sehr unterbelichtet sein, wenn man sich wundert, daß Russland es nicht gut findet wenn die Nato sich vor der Haustür Russlands positioniert. Die Nato sollte sich einfach zurückhalten und Russland akzeptieren.
@ Gertrude Kronauer
„Die Reihen fest geschlossen!“, „der Russe ist böse“, „militärische Gastspiele“, „wie Volk und Führer mal wieder fest zusammenstehen“, „selbstgefälliges Knechtsbewusstsein“, „unterwürfige Geister“…
Verehrte Frau Kronauer, sind Sie in Ihrer Selbstüberhebung schon so weit abgedriftet, dass Sie nicht einmal mehr merken, in welchem Maße gerade Sie ein festgemauertes „Feindbild“ pflegen? Und dass Sie in der Maßlosigkeit Ihrer Diktion und der Unverfrorenheit anderen gegenüber zugleich verraten, wie sehr sich diese dem Zynismus Putin-Lawrowscher Provenienz bereits angepasst haben? Von dem hier dokumentierten völligen Mangel an Empathie gar nicht erst zu reden.
Vielleicht hat ja auch der Westen eine Mitverantwortung für die Zuspitzung der Situation. Warum lehnten die NATO und die USA eine NATO-Osterweiterung ohne jeden Verhandlungsspielraum ab? Statt dessen riesige Manöver in den baltischen Staaten vor Russlands Grenzen und eine Verstärkung der Waffenlieferungen in die Ukraine! Hätten Deutschland und Europa Putin für den von ihnen geforderten Dialog überhaupt etwas anbieten können, was die verständlichen russischen Sicherheitsinteressen berücksichtigt? Die Entscheidung über Nordstream II hat Herr Biden für sich allein beansprucht – da muss die Frage erlaubt sein, inwieweit die Europäer in weiteren Fragen eigenständigen Gestaltungsspielraum hätten, wenn sie ihn denn wahrnehmen wollten. Diejenigen, die sich derzeit darin überbieten, knallhartes Vorgehen gegen Putin zu fordern, bedienen weder deutsche, noch europäische Interessen und auch nicht die der Menschen in der Ukraine.
Der Resolutionstext, der eingebracht werden soll, am Wochenende, 26.12.2022 verurteilt Russlands Aggression, bekräftigt die territoriale Integrität und Einheit der Ukraine. Von Russland wird der sofortige Rückzug verlangt. Bei einem Veto Russlands ist es geplant, es an die UN Vollversammlung weiterzureichen. Meine Meinung dazu ist, diese neue Resoluton wegen der Ukraine und der russischen Aggression, die es verurteilen soll, ob diese Resolution auch in der Un Vollversammlung Bestand hat, wird sich zeigen.
Ich meine das der Schritt der USA dahingehend richtig ist, die Resolution zur Ukraine an die UN Vollversammlung zu verweisen. Es sollte daran erinnert werden, das Russland eine Resolution zur Klimapolitik im Dezember 2021… mit einem Veto verhinderte…Klimapolitik betrifft den Süden, betrifft die 3. Welt.
Es ist kein Grund ersichtlich, warum dabei Russland nachgegeben werden sollte, sowohl in der Klimapolitik wie in der Verletzung der Integrität der Ukraine. Dieses mit einer Resolution zu verbinden, die in der UN Vollversammlung angenommen würde. Russland mit Russland verbündete Staaten, verhindern eine Klimapolitik, sowie eine anerkannte Haltung zum Völkerrecht, gezogene Grenzen nicht zu verletzen. Es wird einer Kampfabstimmung vergleichbar sein, zwischen dem Westen und Staaten rund um Russland, die in Gegnerschaft zum Westen stehen. Der Süden wird entscheiden – was man als die 3. Welt bezeichnet – über die Resolution vom Dezember 2021 zur Klimapolitik, sowie über die Resolution vom Februar 2022 das Russland zum Rückzug aus der Ukraine auffordert.
Es wird zu einer Kampfabstimmung werden, – pro Putin – contra Westen -oder umgekehrt…
zu @ Stefan Vollmershausen
Sie haben vergessen zu erwähnen das es für eine Annahme der Resolution durch die Vollversammlung eine 2/3 Mehrheit braucht. China und Indien werden nicht zustimmen. Genau so wie viele von ihnen abhängige Staaten. Das kann man machen aber gewinnen wird man die Abstimmung wahrscheinlich nicht. Das ist genau so wie mit den Wirtschaftssanktionen ohne China und Indien werden sie nicht viel bewirken.
Russland argumentiert im Sicherheitsrat zu der Stationierung russischer Truppen in Tartarus, in Syrien, im Mittelmeer Raum, man wolle dem gewählten Präsidenten Syriens, im Kampf gegen Terrorismus im Lande beistehen. Es terrorisiert aber tatsächlich Baschar Assad seit über zehn Jahren seine syrische Bevölkerung. Demonstrationen, seit dem arabischen Frühling 2011, wurden – vor der Teilnahme Russlands im syrischen Bürgerkrieg – Auch mit Fassbomben und Giftgas durch die syrische Assad Regierung bekämpft…An der tatsächlichen demokratischen Wahl von Baschar Assad in Syrien, bestehen große Zweifel, ebenso daran, ob es sich bei der demonstrierenden Bevölkerung Syriens um Terroristen handelt.
Russland ergriff Partei für diesen syrischen Präsidenten, mit einer Militär Hilfe. Diese Militärhilfe sah wie folgt aus, die Bombardierung von Wohnhäusern und von Krankenhäusern durch russische Jets… ( die Bilder aus Kiew, zeigen ebenfalls Einschläge in Wohnhäuser, durch russische Raketen…) Es ist damit nur eine Frage der Zeit, wann auch ukrainische Krankenhäuser bombardiert werden, wie das in Syrien durch russische Jets ja bereits geschehen ist… Hier ein sogenannter Antiterror Kampf Russlands in Syrien.
Dort in der Ukraine werden die Separatisten stattdessen, gegen einen gewählten Präsidenten, – Wolodomir Selenskiy – unterstützt, ohne das die Ukraine, darum gebeten hätte, gegen die Separatisten oder Terroristen, russischen Beistand Im Land zu erhalten. Die Frage ist doch , Herr Lawrow, von welchem Völkerrecht Russland spricht, wenn es Terroristen in einem Land, der Ukraine, militärisch unterstützt, gegen einen eindeutig demokratisch gewählten Präsidenten ?
Der ukrainische Präsident hat im Kampf gegen die Separatisten, keine russische Hilfe erbeten… Separatisten , die wie im Donbass einen Untergrund Krieg führen, gegen die ukrainische Regierung, kann man auch als Terroristen bezeichnen… Mit welchem Völkerrecht argumentiert Herr Lawrow, wenn es mit hunderttausend Soldaten diese Separatisten, oder auch Terroristen, unterstützt im Kampf gegen ein demokratisches und legitimes ukrainisches Regime ?
Auch in Kasachstan wurden russische Truppen bei oppositionellen Demonstrationen herangezogen, die auf die Protestierenden mit Waffen scharf schossen. Daraufhin waren die Proteste in Kasachstan niedergeschlagen worden…2021… Bilder aus Kiew zeigen einer Amokfahrt vergleichbar, wie ein russischer Panzer, auf einen vorbeifahrenden ukrainischen PKW zurollt, diesen PKW überrollt… Der Fahrer konnte schwerverletzt geborgen werden… Das ist mit einer Amokfahrt vergleichbar, wenn ein SUV in eine Menschenmenge hineinfährt, in einer Fußgängerzone.
Eine solche Amokfahrt Russlands ist die Entscheidung der Duma, in die Ukraine einzumarschieren. Es ist mit einer Amokfahrt eines PKWs in eine Menschenmenge zu vergleichen… Herr Lawrow, ihre Entscheidung vom 22. Februar ist eine Amokfahrt Russlands, die viele Opfer in Kauf nehmen wird…
@ Rudolf Knapp
Vielen Dank! In wenigen Worten schreiben Sie genau was alle wissen und aber sich weigern zu sehen. Eigentlich hätte die Nato in 1990 abgeschafft werden sollen … Weiter so!
Eine Frage zur gegenwärtigen Entwicklung in der Ukraine :
Ist Russland in irgendeiner Weise – gedemütigt worden – durch die Ukraine ?
Empfindet das Russland Putins seit 1999, oder auch schon seit 1991, sich selbst
als eine gedemütigte Siegernation des 2. Weltkriegs ?
Hat Putin nicht von einer Katastrophe gesprochen, – 1990 / 91 – über das Ende der Sowjetunion ?
Das wurde in Russland immer weiter aufgebaut,
wie im ehemaligen deutschen Reich, nach dem 1. Weltkrieg, in den vergangenen 1930er Jahren.
Die Versailler Verträge, als eine Niederlage zu verdammen, unter anderem auch wegen den territorialen Einbußen, nach den Verträgen von Malta, 1991
So geschah es unter Wladimir Putin, der die Verträge Jelzins und Gorbatschows,
mit dem Westen, als unnötige Niederlage verdammte. Dementsprechend wurden in den vergangenen
Jahren ausländische auch inländische Nichtregierungsorganisationen verboten, wie Amnesty Russia, Greenpeace Russia, Memorial, Russia…
Die Presse, Nichtregierungsorganisationen, die Opposition wurde immer weiter zurückgedrängt,
vom West Kurs Jelzins und Gorbatschows, blieb nichts übrig. Russland beschritt unter Wladimir Putin den Weg – wieder weg vom Westen, und die Deutung von 1990 / 1991, den Fall der Sowjetunion als Niederlage
Russlands zu deuten.
Revanche Gefühle bestimmen das Handeln, der Duma und ihres Präsidenten im Frühjahr 2022, Revanche Gefühle, wie es auch das deutsche Reich, nach dem 1. Weltkrieg hatte.
Was der russische Präsident Wladimir Putin mit seinem Übergriff und militärischem Einmarsch in die Ukraine begonnen hat ist nicht nur ein Völkerrechtsbruch, es ist Völkermord und muss vor ein internationales Kriegsgericht gestellt werden. Und die Sanktionen gegen Russland können nicht weit genug gehen. Es muss seine Wirtschaft, die Finanz- u. Zahlungssysteme maßgeblich Treffen, Gelder müssen auf dem Kapitalmarkt eingefroren werden. Und er selbst als russischer Präsident muss mit dieser Kriegsführung in der Ukraine vor das internationale Kriegsgericht.
Die Verstöße gegen Völkerrecht und die militärische Aggression der Russen gegenüber bzw. in der Ukraine können nur eine Reaktion haben: Russland wird international geächtet und isoliert. Russen können auch aus Westeuropa ausgewiesen werden! Harte wirtschaftliche Sanktionen sind unumgänglich. Niemand sollte mehr mit den Russen ,sprich Putin, in Kontakt treten. Wenn wir wirtschaftliche Sanktionen treffen, dann müssen wir als Entschädigung für deutsche bzw. europäische Unternehmen Geld und die Hand nehmen. In der Pandemie läuft es ja auch. Ich fordere die totale Abschottung und das Verbot sämtlicher Handelsbeziehungen. Auch das Aus der Lieferungen von Gas und Erdöl müssen geprüft und ggf. durchgesetzt werden.
Beim Öl fällt uns das Iran-Embargo auf die Füße. Der Iran hat so viel Öl: Wir könnten alle darin baden.
Auch wenn das jetzt noch einmal glimpflich ausgehen würde: Wir müssen die Abhängigkeit von Russland mindestens verringern, wenn ich beenden. Das würde Russland nachhaltig wirtschaftlich schwächen. Ich denke, es wird uns gelingen, wenn wir im Rahmen der Klimaänderung mehr Alternativen aktivieren können. Und man muss auch darüber nachdenken, die Verarbeitung fossiler Energien kurzfristig zu erhöhen.
Was nutzen uns Klimaziele, wenn die Welt in Schutt und Asche liegt. Hoffen wir auf Frieden und den Sieg der Diplomatie.
Aus der „Russland-Ukraine-Krise“ (Tagesthema) ist ein furchtbarer Krieg geworden. Ich muss traurig eingestehen, Putins Aggression massiv unterschätzt zu haben. Auch wenn ich nach wie vor davon überzeugt, dass die ganze Entwicklung hätte völlig anders verlaufen können, wenn der Westen nach der Auflösung des Warschauer Paktes die auf Michail Gorbatschow und Olof Palme beruhende Idee einer „Gemeinsamen Sicherheit“
ernsthaft verhandelt hätte, anstatt an der NATO festzuhalten, sie nach Osten auszudehnen und mit Interventionen ohne UN-Mandat z.B. auf dem Balkan, im Irak oder in Libyen langjährig-todbringende und nichts lösende Kriege zu entfachen. Doch das alles ist keine Rechtfertigung für diesen völkerrechtswidrigen, aggressiven Krieg gegen die Ukraine. Was auch immer jetzt noch folgt; Putins Krieg stellt schon jetzt eine neuerliche Zesur in der Weltgeschichte dar. Neben der Ausweitung des Krieges auf ganz Europa droht infolge eine Welle der Hochrüstung und der Militarisierung der internationalen Beziehungen, es drohen Wirtschaftskriege, neue Mauern, Flüchtlingswellen ungeahnten Ausmaßes und eine massive soziale Verelendung.
Und das in einer Welt, die sich dringlichst der Überlebensfrage der
Umwelt- und Klimaverwüstung widmen muss. Wie könnte ein Ausweg aussehen?
Sicher nicht durch beständiges Weiterschrauben am eskalierenden Aktions-Reaktionsschema. Letztlich führt an einer Verhandlungslösung, so unwahrscheinlich das im Moment einer brutalen Kriegswirklichkeit auch klingt, kein Weg vorbei. Am Anfang muss ein sofortiger Waffenstillstand und ein Truppenrückzug stehen – am ehesten vermittelt durch einen neutrale Person/Institution. Ob aber Putin dadurch noch zu stoppen ist, lässt sich nur durch entsprechende Versuche ermitteln.
„Seit 5.45 Uhr wird zurückgeschossen“, so hat Hitler den Zweiten Weltkrieg vom Zaun gebrochen. Putin hat das nicht mit diesen Worten nicht gesagt, aber genauso gehandelt. Er hofft, wie Hitler, auf einen Blitzkrieg und Blitzsieg. Und dann? Dann müssen wir in Europa konsequent zusammenstehen, und auf allen Ebenen Sanktionen verhängen und ausführen – und das auf lange, lange Zeit. Das würde heißen, keine Rosinenpickerei, keine Rücksicht auf Banken, Industrie und die Wirtschaft. Da müssen wir durch. Das wird auch für uns schmerzhaft werden. Wenn uns unsere Freiheits- und Menschenrechte etwas Wert sind, dann sollte das unser Beitrag sein. Jetzt ist die Politik gefordert, der eigenen Bevölkerung rechtzeitig das eigene Handeln zu vermitteln, Konsequenzen aufzuzeigen. Das ist Solidarität in dieser Zeit.
Putin wurde in der letzten Zeit als „verrückt geworden“, „Wahnsinniger“, „Psychopath“ etc. beschrieben. Seine Selbstdarstellung lässt vermuten, dass er ein Narzisst ist. Bilder von ihm mit freiem Oberkörper auf einem Pferd reitend, als Judomeister etc. deuten in diese Richtung. Ebenso die Art und Weise, wie er per Video der Welt vorführt, dass er seine Marionetten im Griff hat: Zitternd musste sich von Putin zurechtweisen lassen, wer eine Annexion und nicht etwa die „Souveränität“ der bis jetzt vereinnahmten „Volksrepubliken“ anerkennen wollte.
Er wird bald 70 und hat nicht mehr viel Zeit, etwaige Lebensziele zu erreichen. Man hat fast den Eindruck, er möchte das Zarenreich wiederauferstehen lassen und als großer Imperator in die Geschichtsbücher eingehen. Das wäre natürlich was. Nichts ist für einen Narzissten wichtiger als dass er als Größter, Bester, Intelligentester, Mächtigster und Beliebtester im Mittelpunkt steht und stets Erfolg hat.
Umgekehrt gibt es für einen Narzissten nichts Schlimmeres, als erfolglos, durchschnittlich, ohnmächtig, unbeliebt etc. isoliert im Abseits zu stehen. Danach sieht es für Putin derzeit aus. Aktuell macht man sich hier und da schon Gedanken, wie er „ohne Gesichtsverlust“ aus dem von ihm verursachten Wahnsinn wieder herauskommen kann.
Wenn das mal reicht. Die Kränkung und Demütigung, die aus einem Misserfolg bei seinem Allmachtstreben resultieren würden, könnten die sogenannte narzisstische Wut zur Folge haben. In diesem Fall ginge es niemals mehr um Verhandlung, Versöhnung oder dergleichen, sondern nur noch um Rache, Vernichtung und Zerstörung. Also darum, vielleicht als größter Zerstörer aller Zeiten in die Geschichtsbücher einzugehen. O-Ton Putin: „Konsequenzen, wie Sie sie noch nie gesehen haben“.
Es war schon immer mein Albtraum, dass eines Tages ein Wahnsinniger, der keinerlei Widerspruch aus den eigenen Reihen zu befürchten hat und dem alle anderen egal sind, frei über Atomwaffen verfügen kann. „Hohe Vertreter der Nato erlauben sich aggressive Äußerungen an die Adresse unseres Landes“ (FR 28.02.22, Zitat in „Angriff auf die Ukraine“): Bereits dieser Punkt genügt Putin, die Atomstreitkräfte in Kampfbereitschaft zu versetzen. „Wir werden sehen, wie es nächstes Mal weitergeht“, so endet manche Psychotherapiesitzung. Schön wäre es, wenn Putin mal an einer teilnähme.
Die Regierung hat am Sonntag Flagge gezeigt und beachtliche Reden gehalten mit beträchtlichen Kursänderungen in der Außen-, Verteidigungs- und auch Energiepolitik. Es ist nicht übertrieben von einem historischen parlamentarischen Tag in der Geschichte der Bundesrepublik zu sprechen. Zumal auch der Oppositionsführer Merz keinen Zweifel an der Richtigkeit der neuen wehrhaften politischen Marschrichtung ließ. Respekt!
@Bernd Bremen
Krieg ist richtig, aber „furchtbar“ wissen
wir doch erst am Ende!
Putin habe ich auch unterschätzt. Warschauer Pakt aufgelöst, Nato aber weiter und noch größer, Balkan, Irak usw. Der „Westen“ ist auch meiner Meinung nach keine Friedenstaube!
Doch „Weltgeschichte“ wird erst in Zukunft geschrieben und Negativ-Vokabeln (Ausweitung auf ganz Europa, Hochrüstung, ungeahnte Flüchtlingswellen, Verelendung gehören nicht an den Anfang ). Sie erzeugen nur Angst und helfen niemanden.
Auch ist unser Land ,sogar die EU ja nicht direkt angegriffen. Wir sollten uns hüten, einen „Aggressor“ in die Enge zu treiben. Man kann nur hoffen ,dass geplante Gespräche helfen.
Putin muss sich mit seinem Nachbarland selbst einigen und wir können nur auf Deeskalation hoffen und abwarten. Geduld ist gefragt und nicht Hektik.
Was sonst?
Zu einem Konflikt gehören immer Zwei ,an dieser uralten Weisheit führt kein Weg vorbei.
Ukraine-Krieg und Perspektiven
„Der russische Überfall auf die Ukraine markiert eine Zeitenwende.“
Dieser Satz von Bundeskanzler Scholz bedarf, wenn er nicht eine bloße Floskel bleiben soll, einer Konkretisierung. Und dafür wieder ist eine historische Erinnerung hilfreich: an den Architekten der europäischen Einigung, ohne den es die Europäische Union nicht so gäbe, wie sie heute existiert – Erinnerung an Robert Schuman.
Grundlegend für die heutige EU ist die Bildung der Montanunion, die Kriegsgegner vereinte, bekannt geworden als Schuman-Plan von Mai 1950. Im Unterschied zu de Gaulle, dessen Vorstellung vom „Europa der Vaterländer“ rückwärtsgewandt war, enthielt der Schuman-Plan eine – inzwischen weitgehend Realität gewordene – Vision von den Grundlagen der Aussöhnung in der Zukunft. Er überwand nationalistisches Denken, das falsche Grenzlinien zwischen Nationen zieht und daher zu keinem Neuansatz zur Überwindung von Konflikten in der Lage ist. Statt dessen betonte und förderte Robert Schuman, was Menschen verschiedener, ehemals verfeindeter Nationen miteinander verbindet: gemeinsame ökonomische und soziale Interessen einerseits (verkörpert in der Montanunion), Einsatz für gemeinsame Werte (heute verkörpert durch die EU als Wertegemeinschaft) andererseits.
Und diese Vision hatte Robert Schuman bereits 1942, mitten im fürchterlichsten der Kriege:
„Im Juli 1942 floh er (…) und tauchte im nicht besetzten Frankreich unter, lebte abwechselnd in Klöstern und bei Freunden und redete, unter dem Kopfschütteln seiner Gesprächspartner, ständig von der nach dem Krieg dringend nötigen Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland.“
(https://www.nzz.ch/feuilleton/robert-schuman-der-mann-der-europa-gestaltet-hat-ld.1651974)
Einer eben solchen, über die Tagesereignisse hinausreichenden Weitsicht bedarf es heute, um zu begreifen, worum es eigentlich geht und warum der aufopferungsvolle Kampf der Ukrainer jede nur denkbare Solidarität verdient.
Die Engstirnigkeit, insbesondere von „Putin-Verstehern“ (auch wohlmeinenden), besteht darin, Sichtweisen und Machtinteressen der herrschenden Clique mit denen des Landes zu verwechseln. So wurden aus „Friedensbewegten“, die Wunschbildern nachhingen, Opfer und Verbreiter der Putin-Propaganda, deren imperialistisch geprägte Denkweisen – verbrämt als „Sicherheitsinteressen“ – sie unbesehen übernahmen.
„Putins Krieg“, der Überfall auf die unabhängige Ukraine bietet auch die Chance, sich der Stärke demokratischer Rechtsstaaten gegenüber Gewaltherrschaften wie der Putin-Despotie wieder bewusst zu werden.
Hierin liegt der positive Kern der gegenwärtigen „Zeitenwende“, den zu realisieren es freilich noch vieler Opfer und solidarischer Aktionen insbesondere gegenüber der leidgeprüften Ukraine bedarf.
Um dem Entstehen neuer Feindbilder vorzubeugen, müssen überholte Denkklischees überwunden werden. Im Sinne von Robert Schuman muss der eigene Ansatz und Einsatz vom verfolgten Ziel her durchdacht werden: insbesondere dahingehend, wer die wirklichen Gegner und wer mögliche Verbündete sind.
So richtig Sanktionen gegen einen Staat sind, der völkerrechtswidrig ein souveränes Nachbarland überfällt: Sie müssen auch von der russische Bevölkerung als nicht gegen sie gerichtet begriffen werden, sondern gegen Repräsentanten eines despotischen Systems, welches sie selbst in Geiselhaft hält.
Die eigentliche Frontlinie verläuft nicht zwischen Nationen, nicht einmal zwischen feindlich sich gegenüberstehenden Kämpfern, sondern zwischen Verteidigern von Völker- und Menschenrecht und denen, die diese mit Füßen treten.
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat dies verstanden, als er sich in Russisch an die russische Bevölkerung wandte. Denn dieser kommt eine ähnlich bedeutende Rolle und Verantwortung zu wie dem Widerstand der ukrainischen Bevölkerung. Und sie hat den Schlüssel für die wirkliche Lösung des Problems in der Hand. Nur sie allein kann sich und die Welt aus den Fängen eines Diktators und einer Kriegsverbrecher-Clique befreien, die sich hinter ihrem Namen versteckt und diesen missbraucht.
Doch dabei besteht auch für uns ein entscheidender Unterschied: So bedeutsam unsere unbedingte und konkrete Solidarität mit dem ukrainischen Volk für dieses ist – im Fall der russischen Zivilgesellschaft verbietet sich unser direktes Eingreifen.
Wohl aber kann die Perspektive vermittelt werden, die auch dieser Mut geben kann zu richtigem und entschlossenem Handeln gegenüber den Machthabern im eigenen Land.
Dass ein wirklicher Interessenausgleich, dass eine nachhaltige Sicherheitsarchitektur möglich erscheint, sofern die Bedingungen hierfür gegeben sind, die freilich auf unverhandelbaren Prinzipien beruhen: Respektierung von Völkerrecht, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten.
Dies zu vermitteln, und zwar jetzt, noch während der kriegerischen Aktionen, das wäre vorrangige Aufgabe von wirklichen Russlandfreunden – die sich von dogmatisch-ideologischen Parteigängern erheblich unterscheiden.
Wie eine solche europäische Sicherheitsarchitektur konkret aussehen könnte, bei der sich kein Land bedroht zu fühlen braucht, das wäre dann zu verhandeln zwischen wirklichen, frei gewählten Vertretern der betroffenen Nationen – während der Internationale Strafgerichtshof über die Kriegsverbrecher zu Gericht sitzt.
Es ist unfassbar, dass der russische Präsident Putin nach dem gleichen Strickmuster die Ukraine überfallen hat, wie es Hitler zum Beginn des zweiten Weltkrieges mit Polen gemacht hat. Woher nimmt er das Recht und die Legitimation, das Nachbarland zu überfallen und schon am ersten Tag für fast 140 tote Soldaten auf der ukrainischen Seite verantwortlich zu sein. Putin ist ein Massenmörder, der sein Militär losschickt und befiehlt, alle, die sich dem russischen Militär entgegenstellen zu erschießen. Hierbei ist es egal ob Putin selber schießt oder das Militär in blindem Gehorsam seinen Befehl ausführt. Dieser eklatante Bruch des Völkerrechts überschreitet die Grenzen, die öffentlichen Würdenträgern Immunität zubilligt, sodass sie für ihre Taten nicht juristisch zur Verantwortung gezogen werden können.
Ein internationaler Gerichtshof muss geschaffen werden, vor dem Politiker wie Putin, Erdogan, die Militärmachthaber in Mynmar etc., sobald diese Männer ihr Land verlassen, müssen sie verhaftet werden und verurteilt werden können.
Das Militär ist sowieso ein Grundübel auf der Welt, da bisher noch keine Krise durch den Einsatz von Militär gelöst wurde. Die Aufwendungen für das Militär sind eine riesige Vergeudung von Volksvermögen und wertvollen Ressourcen. Wie der Dichter Tucholsky richtig geschrieben hat: „Militär ist die staatlich legitimierte Ausbildung zum Töten!“, und wer im Dienst gegen einen sinnlosen, unmenschlichen Befehl opponiert, wird an die Wand gestellt und erschossen. Wer das Militär und die Polizei dazu einsetzt, die eigene Bevölkerung zu tyrannisieren und die Opposition auszuschalten, missbraucht seine Stellung und Weisungsbefugnis, die dem Wohl des Volkes dienen soll und nicht der Durchsetzung der egoistischen, eigenen Machtgelüste.
Die bisherigen Reaktionen der westlichen Regierungen auf die Provokationen von Putin sind lächerlich. Schon bei der Annektion der Krim hat er nur lachen können über die Sanktionen. Wenn die EU jetzt mit scharfen Sanktionen, besonders auch auf dem Kapitalmarkt, reagieren will und Deutschland sowie Österreich gegen die Aussperrung von Russland aus dem Swift-System sind wegen der Auswirkungen auf die Wirtschaft, sollten unsere Politiker sich nicht so von den Lobbyisten gängeln lassen, die um ihre Geschäfte mit Russland fürchten. Man kann nicht gegen den Krieg sein, aber doch Rüstungsgüter liefern wollen, diese Einstellung ist schizophren.
Zu dem schrecklichen Ereignis fehlen mir einfach die Worte, Wut macht sich breit und auch – ich muss es gestehen – Mordgelüste (und damit stehe ich nicht alleine). Dieser machtgeile und menschenverachtende Unmensch.
Bei meinem Mann kommen alle die schrecklichen Erinnerungen wieder hoch. Wie er im Keller gesessen hat und die Bomben einschlugen, alle – Menschen wie Mauern – zitterten; wie ein guter Freund von ihm plötzlich eingezogen wurde und starb, er war 16. Wie in den Kellern manche Frauen hysterisch reagierten und schrien, und einer versuchte, sie am rauslaufen zu hindern, weil sie dann den Bomben ausgesetzt wären. Das hat sich in ihm eingewühlt und kommt jetzt alles wieder hoch. Frankfurt im roten Flammenmeer, das fanden manche auch faszinierend, unglaublich. Das hat er mir vorhin bei spazieren gehen erzählt, an diesem Sonnentag, es musste plötzlich aus ihm heraus.
Ich habe das nicht erlebt, da ich noch zu jung war. Aber bei seiner Erzählung und auch bei vielen Berichten oder Bilder kommen wir sofort die Tränen. Jetzt auch, deshalb höre ich auf.
Die Ausgabe vom 25.2.2022 werde ich mir wohl lange aufheben. Danke für die vielen Beiträge zur komplexen Russland-Ukraine-Thematik. Dazu noch dies: Wer beklagt, dass die Nato gefährlich nahe an Russland herangerückt ist, wird nun noch mehr zu klagen haben – denn nun ist der Abstand zur polnischen Nato-Grenze auf Null. Und wer ist Schuld?
Bis Mitte letzter Woche war ich überzeugt, dass Russland die Ukraine nicht angreifen würde, da ich Putin trotz allem für einen Politiker mit Vernunft gehalten hatte. Nach dem hasserfüllten Video, in dem er die Regierung der Ukraine als Nazis und Drogenabhängige bezeichnet hatte, muss man davon ausgehen, dass hier ein politischer Amokläufer die Macht im Kreml hat.
Leider hat sich auch herausgestellt, dass unsere Bundeswehr z.Zt. nur bedingt verteidigungsfähig ist. Während unsere tapferen Soldatinnen und Soldaten im Krieg in Afghanistan gekämpft haben, hat man sich in Deutschland ein ruhiges Plätzchen unter dem Schirm unserer Verbündeten eingerichtet. Die wichtigen Aufgaben, unserer Landesverteidigung hat man vernachlässigt und Amateuren überlassen. Für das Amt des Verteidigungsministers benötigt man erfahrene Profis und die Unterstützung ihrer Regierung. Es hat nicht genügt, dass man die „ziemlich“ beste Freundin von Frau Merkel ist.
Der politische Amokläufer, der die Macht im Kreml hat, ließ gestern im russischen Staatsfernsehen verkünden, wozu brauche es die Welt, wenn es Russland nicht gebe. Für den leider nicht mehr auszuschließenden finalen Overkill bleibt als Trost der Komponist Karlheinz Stockhausen, der vor 21 Jahren sinngemäß andeutete: Das gemeinsame Sterben ist ein verbindendes Erlebnis wie eine großartige Symphonie.
Leserbrief zum Krieg Russlands gegen die Ukraine ( bes. Bezug auf die Beiträge der FR vom 25. 02. ( z. B. von Martina Fischer und Andreas Schwarzkopf )
Um es vorweg zu sagen: Es gibt keine Rechtfertigung für den Krieg Russlands gegen die Ukraine . Russland hat mit dieser militärischen Aggression gegen sein Nachbarland Völkerrecht und Verträge gebrochen, die es unterschrieben und teilweise selbst initiiert hat. In der jetzigen Situation gilt es solidarisch zu sein mit der Ukraine und ihren Menschen und Russland aufzufordern, alle Angriffe einzustellen, seine Truppen zurückzuziehen und zum Völkerrecht zurückzukehren. Gleichzeitig müssen aber auch Wege gefunden werden,, die nicht nur zu einem schnellen Ende der Kriegshandlungen führen, sondern einen dauerhaften Frieden garantieren, auch mit Russland.
Bei allem Entsetzen über den Krieg und seine schlimmen Folgen für die unmittelbar betroffenen Menschen muss aber auch ein Nachdenken über die Frage erlaubt sein, wie es dazu kommen konnte und ob es so kommen musste. Die vielfach von den Medien kolportierte Behauptung, der Krieg sei auf den imperialen Machtanspruch und die völkische Ideologie Putins und seines inneren Machtzirkels zurückzuführen, greift zu kurz.
Hat „ der Westen“ unter Führung der USA wirklich nur eine Neben- oder Zuschauerrolle gespielt ? Diese Frage ist entschieden zu verneinen. Im Kern handelt es sich nämlich um einen geopolitischen Konflikt mit unterschiedlichen Interessen der Akteure, die gelöst werden müssen. Der Westen hat seit den 90ziger Jahren die Schwäche Russlands nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ausgenutzt, um seinen Einfluss gezielt nach Mittel-und Osteuropa auszudehnen. Die Bush- Administration schlug 2008 die Erweiterung der NATO um die ehemaligen Sowjetrepubliken Georgien und die Ukraine vor, offenbar in der Absicht, sich an den Rändern Russlands strategische Einflusszonen zu verschaffen. Alle weiteren Ereignisse, wie der kurze Krieg in Georgien 2008 und der Maidan- Umsturz 2014 in der Ukraine, sowie die russische Reaktion mit der Annexion der Krim und der Sezession der östlichen Provinzen Luhansk und Doneszk haben etwas mit der Frage der möglichen Ausdehnung der EU und der NATO und damit der Konfrontation der Einflussphären zu tun.
Wenn man diese Hintergründe in den Blick nimmt, ist es umso unverständlicher, dass Deutschland unter Druck der NATO eine „ Kehrtwende“ seiner Politik vollzieht. Nicht Aufrüstung, nicht Waffenlieferungen an die Ukraine, nicht ein Wirtschaftskrieg gegen Russland sind gefragt, sondern das unbedingte Eintreten für Friedensverhandlungen auf allen Ebenen: zunächst zwischen der Ukraine und Russland mit dem vorrangigen Ziel, die Angriffe auf die Ukraine zu stoppen und den Rückzug der russischen Truppen zu vereinbaren. Es bleibt zu hoffen, dass die schon begonnenen Friedensverhandlungen zu einem Erfolg führen. Um einen nachhaltigen Frieden zu erreichen, müssen parallel dazu auf internationaler Ebene ( U/N, OSZE ) Verhandlungen zwischen Russland und der NATO stattfinden, evt. im Rahmen einer großen europäischen Sicherheitskonferenz ( Vorschlag von Bodo Ramelow ) , bei der es zu einem fairen Interessenausgleich der am Konflikt Beteiligten kommen muss. Dabei sind die legitimen Sicherheitsinteressen der Ukraine, Russlands und ihrer Nachbarstaaten zu berücksichtigen., d. h. durch substanzielle Abrüstungsschritte den Verzicht auf die Stationierung von Angriffswaffen in grenznahen Gebieten zu vereinbaren. Dies ist die einzig vernünftige Alternative, denn die derzeit beschlossenen Maßnahmen der Sanktionierung und des Boykotts Russlands auf allen Ebenen der Wirtschaft, Politik und des Sports drehen weiter an der Eskalationsschraube und bergen die Gefahr eines sich ausweitenden Krieges bis zum möglichen Atomkrieg. Es ist höchste Zeit für ein politisches und moralisches Umdenken der politisch Verantwortlichen.
Fazit : Es gibt keine militärische, sondern nur eine politische Lösung dieses Konflikts auf der Basis der Prinzipien der gemeinsamen Sicherheit.
Jürgen Herbst, Darmstadt
@Jürgen Herbst
Ich teile ihre Ansichten voll! Und alle Waffenlieferungen sind fatal. Deeskalation ist das Gebot der Stunde. Die Frage nach Recht und Unrecht ist zweitrangig solange gekämpft wird und Nerven blank liegen.
Hoffentlich bleiben jetzt wenigstens die Reste ehemaliger NVA Bestände hier im Sicheren. Diese Lieferung wäre ja wohl heller Wahnsinn. Unglaublich, was manche hierzulande zu denken wagen.
Der Frieden wird auch hier eines Tages kommen, aber zu welchem Preis? Geredet wurde schon genug, jetzt ist Handeln ohne Waffenlieferungen von Außen alleine hilfreich. Auch Sanktionen haben die Wirkung von Waffen, kommen nur getarnt daher.
Immerwieder finde ich interessant: Dem „Westen“ werden verschiedene Fehler, Versäumnisse vorgehalten – und dann sofort eingeschränkt: … aber das rechtfertigt natürlich nicht… Nun rückt Russland durch die Besetzung der Ukraine direkt an die NATO-Staaten Polen, Slowakei, Rumänien heran; durch die Quasi-Vereinnahmung Belarus‘ grenzt Russlands Einflußbereich direkt an die NATO-Staaten Polen, Litauen und Lettland, und an Estland sowieso schon, seit Estland Sicherheit vor Russland ind er NATO suchte/fand. Angesichts des russischen Überfalls auf die Ukraine kann man „hochheiligen“ Bekundungen, nicht angreifen zu wollen, nicht mehr trauen – was also macht die NATO nun? Muss sie sich zurückziehen, um Russland den gewünschten Sicherheitskordon zu sichern? Die Erkenntnis von Jürgen Herbst, dass es nur eine politische Lösung dieses Konflikts auf der Basis der Prinzipien der gemeinsamen Sicherheit gibt, ist ja richtig. Dafür braucht es aber Gesprächsbereitschaft auf allen Seiten – nicht Vorgaben, wie wir sie jetzt von Putin hören: Entmilitarisierung der Ukraine (die ja schon auf ihre Atomwaffen verzichtet hatte), Anerkennung der abtrünnigen Gebiete – wo endet der Katalog, wenn man diesen Anfängen nach dem Motto der „normativen Kraft des Faktischen“ nachgibt?
Dieter Hartwig, Kiel
@ Jürgen Herbst & Dieter Hartwig
Ich hätte mir vor allzu langer Zeit auch nicht denken können, dass Waffenlieferungen an die Ukraine möglich und richtig sind. Inzwischen muss ich erkennen: Es ist jetzt richtig. Irgendwann ist so eine Grenze: Wir können so nicht weitermachen und so tun als ob Gespräche und Verhandlungen ausreichen. Wir müssen Putin wirklich was entgegensetzen. Wir müssen der Ukraine helfen mit allen möglichen Mitteln. Das hat nichts mit Lust auf Krieg zu tun. Das ist auch kein Affront gegen
die Friedensbewegung. Die Friedensbewegung selber muss sich bewegen und verändern.
Aber jetzt ist meiner Meinung nach eine andere Haltung gefragt, die viel mit Pragmatismus und Einsicht in die Notwendigkeit zu tun hat.
Ich denke auch, dass der Ausdruck „Zeitenwende“ ein passender Begriff ist.
Wir sollten uns jetzt nichts mehr vormachen: Es ist bitterernst. Wunschdenken hat Pause.
Die Bundesregierung hat das meines Erachtens in einer bemerkenswerten Ampeleinigkeit begriffen und ich bin mit den neuen Maßnahmen und Konsequenzen einverstanden. Ich weiß gar nicht, ob wir uns das Elend in der Bevölkerung und den Flüchtenden richtig vorstellen können. Jetzt geht es um Solidarität, Hilfe, Empathie.
Nichts, was Putin jetzt mit seinem Krieg angerichtet hat, ist durch irgendetwas aus Fehlern des Westens zu rechtfertigen.
@Jürgen Malyssek (und Vorgänger in diesen Kommentaren)
Ich habe mich hier im Kommentieren lange herausgehalten, vor allem, weil ich geschockt war von meinen Fehleinschätzungen. Putins echte Zielvorstellung war mir genauso unvorstellbar wie auch die Tatsache, dass die USA offenkundig nicht den Weg des „geheimen Appeasement“ gegangen sind und Putin Zugeständnisse in Gebietsansprüchen gegenüber der Ukraine gemacht haben gegen eine Sicherheitsgarantie für eine bündnispolitisch „neutrale“ Rest-Ukraine. Das wäre eine traditionelle und in der „realistischen“ Theorie der Internationalen Beziehungen erwartbare Konfliktlösung aus der Sicht der Groß-/oder Supermächte gewesen. Aber, so wissen wir jetzt, auch das hätte Putin nicht zufriedengestellt. Seine „Realität“ ist eine andere, auf die wir uns nicht einstellen konnten und jetzt -so ist zu befürchten- auch nicht mehr einlassen können. Ich habe schon Anfang der 1970er Jahre an dem Problem gearbeitet, herauszufinden, wie stark der Einfluss regierender „Menschen“ auf die politischen Beziehungen zwischen Staaten (und besonders zwischen der damaligen UdSSR und den USA) ist. Eine eindeutige Entscheidung dazu, ob erreichte „Strukturen“ (z.B. Verträge, Handelsbeziehungen, Personenaustausch) Fundamente bilden können, die von Politikern an der Spitze nicht mehr eingerissen werden können, konnte ich nie treffen. Auf lange geradlinig in eine Richtung laufende Beziehungsformen (geringe Kontaktdichte mit hoher politischer Spannung oder zunehmend verstärkte Kontakte mit Spannungsabbau) folgten mehrfach abrupte Richtungswechsel, immer ausgelöst durch die politischen Vorstellungen und Entscheidungen der jeweiligen Führungspersonen. Das Neue jetzt ist die Dimension Putinschen Handelns und Verwischung der Sektoren: Die Invasion Russlands in einen unserer Nachbarstaaten bei gleichzeitig fortbestehenden engen Handelsverflechtungen zwischen Europa und Russland. Dies hat den „Westen“ in die unerwartete Rolle des „Beziehungsabbrechers“ gedrängt, die uns nur mit Schwierigkeiten wegen der eigenen Abhängigkeiten und schlechtem Gewissen hinsichtlich der betroffenen Menschen in Russland gelingt. Bei aller verbalen Kraft der Begründung und Beschreibung erreicht die EU+US-Reaktion nicht die Brutalität der Auswirkung, die Putins Vorgehen in der Ukraine zeitigt.
Diesem Dilemma werden wir mit unseren Wertevorstellungen nicht entkommen können. Und das zeigt sich sehr rasch nach den ersten politischen und militärischen Entscheidungen und Ankündigungen zu einem deutschen Strategiewechsel: Zweifel, wenn nicht Reue, werden geäußert, ob Waffenlieferungen „richtig“ sind und ob „Aufrüstung“ für die Zukunft nicht der falsche -weil unfriedliche- Weg ist.
Für mich ist – heute mehr denn je!- die Lehre aus gut 50 Jahren teils beruflicher Beschäftigung mit der Problematik, dass der menschliche Faktor jederzeit politisches Geschehen bestimmt und gravierende Veränderungen bewirken kann. Und daraus folgt, dass die alte Weisheit, „wer den Frieden will, muss sich auf Krieg vorbereiten“ bestehen bleibt. Und Putin lehrt uns nun, dass das alle Regionen der Welt und alle Sektoren der Kriegsführung betrifft. Die deutsche Erwartungshaltung, nach dem „Ende des Ostblocks“ könne die Armee der Bundesrepublik umschwenken von der Territorialverteidigung als Hauptaufgabe auf ein Art „weltpolizeilicher Eingreiftruppe“, hat sich als falsch erwiesen. Der „Atomschirm“ der NATO, auf den wir uns verlassen zu können glaubten, verliert seine Wirksamkeit (und hat sie im Grund schon lange verloren) mit den Veränderungen der Strategie. Nur die frühe Doktrin der „massiven Vergeltung“ konnte diesen Schutz bewirken, allerdings zu Lasten eines Höchstmasses an Risiko für Mitteleuropa. „Flexible Response“, die Nachfolgestrategie lies alle Optionen, tatsächlich Krieg zu führen, wieder realer werden. Zugleich besteht seit jeher eine sehr hohe Hemmschwelle gerade seitens der USA, mit dem Einsatz von Atomwaffen auch nur zu drohen. Diese „Bell- wie Beisshemmhung“ hat Putin nicht, zumal die russische Zivilgesellschaft ihn nicht beeinflusst. Somit wird der konventionelle Krieg in Europa, den Putin jetzt gegen die Ukraine begonnen hat, als reales Szenario des Umgangs miteinander auch für die Zukunft möglich. Die Waffenpotentiale dafür hat Deutschland nicht und muss sie neu definieren und aufbauen. Und dafür ist eine Rüstungs“offensive“ unabdingbar. Soweit die Zukunft.
Hinsichtlich der Gegenwart besteht heute tatsächlich eine Chance, durch eine verbesserte Bewaffnung der Ukraine die notwendige Zeit zu gewinnen, um einen Umsturz des Putin-Regimes zu ermöglichen. Ein „Sieg“ über die russischen Invasoren wird auch mit Waffenlieferungen aus Europa nicht unmittelbar möglich werden. Allerdings kann das dazu beitragen -zusammen mit den massiven internationalen Sanktionen- dass der Widerstand im Land so gestärkt wird, dass sich der russische Vormasch immer weiter verlangsamt. Damit könnte die notwendige Zeit vergehen, bis die russische Bevölkerung ausreichend Widerstand aufgebaut hat (oder Diadochen aus der Führungsriege sich aus der Deckung wagen) und ein Sturz Putins erfolgt. Es dürfte Putin nämlich nicht mehr gelingen, das russische Volk von den Vorteilen seiner Geschichtsklitterung zu überzeugen und damit von der permanenten Verschlechterung der Lebensbedingungen abzulenken. Wenn das Volk, die Mittelschicht UND die Oligarchen gegen das Ukraine-Abenteuer opponieren und dann noch die „Mütter der Soldaten“ sich melden, wird seine Position zunehmend unhaltbar.
Natürlich wird Putins „Ende“, wenn es sich noch länger hinzieht, schreckliche Opfer in der Ukraine fordern. Aber darin liegt auch erstmals die Chance eines neuen Aufbruchs gegen die Diktatoren im Osten. Dieses übergreifende Ziel wird nun vorstellbar. Und darauf sollte konsequent hingearbeitet werden!
Man kann darüber streiten, ob die Signale, die Putin in 22 Jahren aussendete und die bei genauer Analyse auf einen neuen russischen Imperialismus schließen ließen, leichtfertig oder vorsätzlich falsch bewertet wurden. Nach meinem Eindruck interpretierte man sie als erlaubte Sonderform der Globalisierung, die auf eine allgemein akzeptierte Teilung, Drittelung oder Vierteilung der Welt hinauslief. Faktisch auf eine Marktwirtschaft der monopolkapitalistischen Systeme. Der Totalitarismus des nachsowjetischen Russlands wurde unter der Voraussetzung in Kauf genommen, dass er die zwar ungeschriebene, aber tatsächlich vorhandene neoliberale Weltverfassung nicht störte. Und für den Fall, dass es nicht funktionierte und sich der neue Zar nicht wie seine westlichen Mitbewerber verhalten würde, sondern ähnlich wie seine Vorgänger, also feudalistisch-nationalistisch, tröstete man sich mit dem Abschreckungspotential der NATO, dem aber 6.000 Atomsprengköpfe Russlands gegenüberstehen. Dieser vermeintliche Schutzschild erweist sich nunmehr als Garant eines militärischen Freiraums unterhalb der Schwelle zur nuklearen Vernichtung. Er erlaubt Putin, seine hegemonialen Phantasien in exzessiver Weise und völlig rücksichtslos auszutoben.
Die Friedensbewegung, die vor etwa 45 Jahren ihre Höhepunkte erlebte, hat eigentlich immer darauf hingewiesen, dass die militärische Karte nur ein Blatt beim politischen Poker sein kann. Den Beweis liefert Putin selbst. Er fürchtet sich offensichtlich wenig vor den Truppen Selenskyjs (selbst falls diese deutlich stärker wären), aber umso mehr vor einer aufgeklärten und demokratischen Öffentlichkeit – einschließlich einer freien Presse – in seinem eigenen Land. Zwar könnte er auch zivile Massenproteste im Kugelhagel ersticken lassen. Dadurch aber würde er sich Millionen Menschen, auf deren Wegschauen er angewiesen ist, zu Todfeinden machen; Menschen, die vor seiner Haustür leben. Im eigenen Land würde er sich dadurch auf einen teils gewaltfreien, teils gewaltbereiten Guerillakrieg einlassen, den er ab einem bestimmten Punkt nicht mehr steuern könnte.
Die Friedensbewegung zwischen Mitte der 1960er bis zum Ende der 1980er Jahre war nicht naiv. Als Teilnehmer diverser Aktionen erinnere ich mich noch eines Ausspruchs, der Ghandi zugeschrieben wurde: „Mehr noch als die Gewalt verabscheuen wir die Dummheit.“
Wir setzten auf Gewaltfreiheit, aber nicht generell auf Gewaltlosigkeit. Und wir setzten auf das Überlisten, vor allem auf die chinesische Kampftechnik der Strategeme, die uns über den Umweg der Mao-Bibel bekannt wurde. Eines der 36 Hauptstrategeme lautet: „Den Gegner durch Gefangennahme des Anführers unschädlich machen.“ Ein anderes: „Hinter dem Lächeln den Dolch verbergen.“ Oder: „Auf das Gras schlagen, um die Schlange aufzuscheuchen.“
Jedes davon wird nicht leicht umzusetzen sein. Aber in Kombination mit schärfsten wirtschaftlichen Sanktionen, internationaler Isolierung und einer flexiblen, auch Provokationen einschließenden flexiblen Demonstrationstaktik in Moskau und anderen Städten Russlands erscheint diese Strategie als realistisch und erfolgversprechend.
Ja, der Gegenangriff muss in Russland stattfinden. In den großen Städten des Landes.
Ich erinnere mich noch gut an die Anti-AKW-Demo mit 100.000 Teilnehmern in Hannover am 31. März 1979. Wenige Tage zuvor war das Kernkraftwerk „Three Mile Island“ in Harrisburg (Pennsylvania) havariert. Von den vielfach belächelten AKW-Gegnern sprang der Funke über auf die Zuschauer am Straßenrand. Oder an die Friedensdemonstration am 10. Oktober 1981 im Bonner Hofgarten, als sich 300.000 Menschen versammelten, zwei Jahre später waren es sogar 500.000. Am 4. November 1989 demonstrierten 500.000 Unerschrockene auf dem Ost-Berliner Alexanderplatz für Meinungs- und Versammlungsfreiheit in der DDR. Der Aufstand der Massen vollzieht sich irgendwann nach eigenen Regeln.
Und so stelle ich mir vor, dass sich auf dem Gartenring in Moskau und in den Metro-Stationen eine Million Menschen zum Protest versammeln, weil sie (über)leben wollen und dieses Recht auch den Ukrainern zubilligen. Es bedürfte eines Masseneinsatzes von Polizei und Armee, um solche Ströme zu kanalisieren und aufzulösen. Käme es zu Gewalt, zufällig oder geplant, bedeutete das Bürgerkrieg.
Wladimir Putin und seine Kreml-Gang haben keine Erfahrungen mit zivilen Protestaktionen, die prägend waren für die demokratische Streitkultur des Westens. Aber die Unterdrückung der Meinungs- und Pressefreiheit, die zurzeit einen Höhepunkt erreicht, zeigt, dass er Angst hat.
In den meisten Generalstäben werden solche Szenarien (nicht nur Russland betreffend) theoretisch durchgespielt. Die Erkenntnis lässt sich in einem Strategem zusammenfassen: Man muss nicht bis an die Zähne bewaffnet sein, um „den Tiger vom Berg in die Ebene zu locken“. Putin wird darüber lachen. Und das wäre sein nächster schwerer Fehler.
Ich bin so froh, so unendlich froh darüber, dass in diesem Forum so viele abwägende Stimmen sich niederschlagen. Das ist ein guter Grund dafür, dass dieses Forum seine Berechtigung hat.
Den wenigen Stimmen, die hier immer noch Verständnis für Putin und seine Position aufbringen, möchte ich erwidern: Messt diesen Mann, der so viel Wert darauf legt, dass sein Land in Sicherheit sein soll — messt ihn daran, ob dieses Sicherheitsverlangen irgendwie und irgendwo die Positionen anderer enthält, insbesondere deren jeweilige Sicherheitsbedürfnisse. Habt Ihr ihn gemessen, Herr Herbst, Herr Schönfeld? Der Schluss ist wohl offensichtlich: Ihm geht es nur um das Russland, so wie er es haben will. Das ist ganz offensichtlich kein Land, das sich einer internationalen Staatengemeinschaft einfügen will. Es ist ein Ich-Land. Was es sonst noch so geben mag auf der Welt, soll sich seinem Anspruch beugen. Einen solchen Anachronismus im 21. Jahrhundert, wo es wirklich auf anderes ankommt, wo wir endlich begreifen sollten, dass wir eine Menschheit sind, so etwas erleben zu müssen, was im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts so viel Unheil angerichtet hat, und auch erleben zu müssen, dass so etwas tatsächlich noch Fürsprecher, Verteidiger, Relativierer findet, die Herren Herbst und Schönfeld — das tut wirklich, wirklich weh.
@Stefan Griem
Ich bin doch kein Verteidiger und Fürsprecher Putins, sie interpretieren mich völlig falsch!
Ich rate nur zur Deeskalation zu und nicht zu Waffenlieferungen, denn diese erhöhen nur das Zerstörungspotential.
Und ob die Sanktionen die erhoffte Wirkung haben werden, wird man erst viel später wissen, weil erst langfristig effektiv.
Und das ich gegen Waffen aus NVA Beständen bin , müssen sie mir als ehemaligen Berliner verzeihen. Ich habe persönlich im kalten Krieg dort gelitten, wahrscheinlich waren sie ja nie von Russen eingekesselt und als Heimatvertriebener und Waisenkind aus Ostpreussen froh überhaupt 1945 überlebt zu haben.
Ich hoffe sehr sie verstehen mich jetzt besser.
Ihre Kritik geht mir wirklich unter die Haut.
@ Manfred Schönfeld
Ich will Ihnen nicht zu nahe treten, aber was meine Familie mit den Russen erlebt hat, das überlassen Sie bitte mir, ja? Da gibt es Vertriebenengeschichten, da gibt es auch Berichte, die ich, in heutige Diktion übersetzt, als Vergewaltigungen durch Soldaten der Roten Armee verstehe. Von diesen Geschichten hat sich Russland, haben sich die Russen nie emanzipiert, sie haben sich auch nie dafür entschuldigt.
Hören Sie also auf, dieses Land zu verteidigen oder so darzustellen, als wurde es aus einer Schar von Naivlingen bestehen. Das ist nicht so.
Vielleicht noch ein Aspekt zur derzeitigen Kriegführung in der Ukraine, hauptsächlich von der „westrlichen“ Seite gesehen:
Ich muss sagen, bei aller innerer Zustimmung dazu, dass „der Westen“ jetzt der Ukraine mit Waffen und Ausrüstung hilft (und warum das grundsätzlich richtig ist, habe ich oben schon länger ausgeführt): Mir ist nicht wohl bei dem Gedanken, dass da in der Ukraine derzeit sozusagen „Sondermüllentsorgung“ in großem Stil erfolgt: Da kommt Kriegsgerät zum Einsatz, das bis zu 50 Jahre alt ist, in deutschen, baltischen, spanischen Arsenalen oder Kellern verschimmelte und für „westliche“ Militäroperationen niemals mehr zum Einsatz gekommen wäre. Es war „Sondermüll“ und wird nun -wenn man das mal anders betrachtet- als „Militärhilfe“ sozusagen „getarnt“ auf ukrainischen Schlachtfeldern „entsorgt“. Ich weiß, das ist polemisch formuliert, aber real trifft es zu – und dementsprechend darf man auch nicht denken, dass das nun ein „Opfer“ für unsere Militärausstattung im Land darstellt. Das Gegenteil ist der Fall, da fehlt künftig nicht mehr als vorher! Möglicherweise trifft Ähnliches auf das neueste -amerikanische- Projekt auf diesem Sektor zu, dass nämlich Polen veraltete MIG-Kampfflugzeuge der Ukraine überlässt und im „Tausch“ US-Tornados erhält, auch das dient letztlich der Modernisierung sowohl der polnischen wie der US-Luftstreitkräfte. Nur bei den Russen ist es anders: Die verbrauchen neues und altes Kriegsmaterial gleichzeitig, was erklärt, dass auch so viel schnell defekt ist.
Wie gesagt, das stellt keine Kritik an „unseren“ Waffenlieferungen dar, aber es ist eine Facette der Betrachtung, die m.E. bisher nicht zur Sprache gekommen ist. Bei den „Stellvertreterkriegen“ in der Zeit des „Kalten Krieges“ wurden die Schauplätze oft zum Austesten „neuer“ Waffensysteme genutzt. In der Ukraine werden im Unterschied dazu jetzt „Altvorräte“ aufgebraucht.
Liebe Leute,
wir haben hier ein wirklich schwieriges Thema. Wie die Kommentare von Manfred Schönfeld und Stefan Briem andeuten, gibt es dazu auch oft wohl einen jeweils individuellen Hintergrund. Ich bin zwar „nur“ Moderator dieses Blogs, aber gleichwohl nicht unbeteiligt, auch in sensorisch-sensitiver Hinsicht nicht. Beide angesprochenen Blog-User recourieren hier auf das traumatische Thema Flucht bzw. Vertreibung. Das ist kein Thema, mit dem wir erst 2015 Erfahrung gemacht haben, sondern es ist ein urdeutsches Thema und Trauma. Wir müssen in diesem Punkt gleichwohl nicht bei Null anfangen. Was Flucht und Vertreibung bedeuten, das können Sie alle jederzeit hier im FR-Blog nachlesen, denn hier sind zahlreiche Belege und Berichte von Zeitzeug:innen hinterlegt – unter dem Menüpunkt „Ankunft nach Flucht„.
@ all
so wie die Dinge liegen gibt es nur drei Faktoren in diesem Spiel: USA Russland China. Europa kommt in diesem Speil nicht vor, jedenfalls nicht als Handlungsgröße. Mit wenigen gut platzierten Bomben ist von Europa nichts mehr da. Das Kriegsgeschehen unterhalb dieser Kategorie ist nicht spielentscheidend.
Eine Person wie Putin ist nicht auszurechnen. Auch Ich habe geglaubt, es ginge um Marktbeherrschung und Geschäft – nichts dergleichen stimmte. Russland hatte das Marktgeschehen in der Hand, konnte sein Öl und Gas zum besten Preis verkaufen , da kam heraus, dass es Putin darum gar nicht ging. Es ging und geht um etwas wahnhaftes, schon von Schiller beschriebenes, ich zitiere :
Gefährlich ists den Leu zu wecken
verderblich ist des Tigers Zahn
jedoch der schrecklichste der Schrecken
das ist der Mensch, in seinem Wahn
Zitat Ende.
Man kann zu dem Schluss kommen, dass es eigentlich egal ist, was passiert, man nehme die Berichte von Herrn Wille vom 1.3. zum Klimabericht der IPCC. Das Ergebnis wird dem eines Atomkrieges ziemlich ähnlich sein. Da niemand sich um Klima und Umwelt kümmern wird geht das ganze unkontrolliert weiter. Die großen Player, vorher schon genannt fühlen sich so mächtig, dass das bißchen Klima und Umwelt nicht ernst genommen werden muss. Es ist der Wahn, der die Welt regiert. Homo Hohlkopf läuft zu großer Form auf. Was tun, wenn die ersten 500 Mio Flüchtlinge sich aufmachen ? Schon um 4oo bei der ersten Völkerwanderung gab es Tote ohne Ende, das wird bei der jetzigen heraufdämmernden Völkerwanderung nicht besser werden. Bei den technischen Möglichkeiten heute aber bedeutend durchschlagender.
Ich sehe da nirgends Licht am Ende des Tunnels.
Der Beitrag von Stefan Briem zeigt, wie verquert bereits jetzt die Debatte über den Krieg Russlands gegen die Ukraine geführt wird. Wie kann es sonst sein, dass man als Putin-Versteher oder Kriegsrelativierer verunglimpft wird, wenn man versucht, Hintergründe und Vorgeschichte des Krieges aufzuzeigen ? Und dann noch darzulegen, welche Perspektiven jenseits der gegenwärtigen Aufrüstungs- und Abschreckungslogik möglich sein könnten, um den Krieg zu beenden ? Man/ frau kann natürlich Ereignisse und Entwicklungen der letzten Jahre im Verhältnis Russland- NATO unterschiedlich bewerten, aber ich bleibe dabei: Sicherheit des Einen kann nicht auf Kosten des Anderen verwirklicht werden, das gilt für Russland, aber auch für die Ukraine. Leider hat Fabio di Masi Recht, wenn er in seinem Beitrag ( Freitag, 03.03. 2022 ) schreibt, “ man kann dieser Tage gut studieren, wie in einem Krieg die öffentliche Meinung mobilisiert wird, wie auf ganz nüchterne Fragen mit enormer Aggressivität reagiert wird. Das muss sorgen.“
Übrigends Dank an Ute Vogell, die in ihrem Leserbrief in der FR vom Wochenende genau solche Fragen aufwirft und anmahnt, dass Kreativität und neues Denken gefragt sei im Hinblick auf eine Welt, in der wir leben wollen und nicht ein Rückfall in Wettrüsten und Kalten Krieg. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Jürgen Herbst
Zu „Bilder des Krieges“ (FR-Feuilleton, 07.03.22) und weiteren Quellen:
Lassen wir mal die Anmerkungen von Harry Nutt zu den nachvollziehbaren Abwehrreaktionen von Menschen gegen die Nachrichtenflut und die inneren Bedrängungen mit der ganzen Gewalt dieses Krieges so stehen, ohne dieses Thema zu verdrängen, so greife ich jetzt die Worte von unserer Außenministerin Annalena Baerbock (die ein großartiges Arbeitspensum liefert) auf: „Wir sind aufgewacht in einer anderen Welt.“
Dieses Aufwachen in einer anderen Welt, ist auch eine Wiederaufwachen mit einem Krieg, der uns erneut vor die Aufgabe stellt, ob und was daraus zu lernen ist. Individuell und als (Schicksals-)Gemeinschaft.
Zu Putins Rigorismus und Despotismus ist vieles schon gesagt.
Harry Nutt spricht vom Ausbruch des Krieges und der Unbestimmtheit des Ausgangs, vom „Nebel des Krieges“ (mit Berufung auf Carl von Clausewitz und Alexander Kluge).
Die Frage ist, was kann man jetzt noch erkennen und was ist die Herausforderung, auf die wir Antworten finden müssen?
Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass wir vor einer neuen Entwicklung stehen, die uns, neben all den anderen Krisen der Welt, radikal beziehungsweise unausweichlich in eine ganz andere Lebensvorstellung katapultieren wird als es bisher unser gewohnten Leben bestimmt und vorgemacht hat.
Es ist, wie es gestern in „Illners Extra“ (ZDF) wörtlich gefallen ist, „alles eng geworden“.
Bei den Gedanken zum Krieg, sind mir die beiden Bücher den schon länger verstorbenen Soziologen Karl Otto Hondrich wieder in die Hände gekommen: „Lehrmeiste Krieg“ von 1992 und „Wieder Krieg“ von 2002 (also kurze Zeit nach „9/11“ (2001).
Nichts an Bedeutung haben dabei im „Lehrmeister Krieg diese Aussagen verloren: „Lernen tut weh, deshalb wollen Gesellschaften nicht lernen, am wenigsten im Krieg. […] Daß der Krieg überhaupt sinnvoll sein könne, ist eher ein empörender Gedanke. Trotzdem, er bricht Lernblockaden, zwingt zum Lernen wider Willen. Darin ist er ein einzigartige Lehrmeister.“
Etwas weiter heißt es: „Die Idee einer Welt, in der Konflikte verschwinden oder allesamt durch Verhandlung gelöst werden, Gewalt demnach überflüssig ist, hält der Realität nicht stand. Lernen braucht Konflikte und einseitige Entscheidungen, die von der anderen Seite als Scheitern erlebt werden.“
Dabei bringen diese Aussagen die mehr als provokante Frage mit sich, ob Lernen ohne Krieg möglich ist?
Die Lektüre „Wieder Krieg“ bleibt wesentlich beim Gedanken „Lehrmeister Krieg“ und Hondrich stellt auch hier die wenig erfreuliche Frage, ob der Krieg uns also in alle Zukunft begleiten wird, ob der ewigen Spannungen in der Welt zwischen den verschiedenen Völkern?
Hondrich kommt schließlich zu bitteren Einsichten:
„Im Krieg lernen wir, was wir im Frieden nicht lerne wollen. Manche Einsichten sind allerdings so schmerzlich, daß wir sie nicht annehmen können, auch wenn der Krieg sie gelehrt hat. Deswegen lernen wir nicht genug.“
So kann man zum Schluss sagen: Obwohl der Friede als höchstes Gut angesehen wird , gibt es so viele Kriege wie nie zuvor. Liegt das in der Natur des Menschen, ist er wie Kant sagt, „ein ungeselliges Wesen“? Gibt es so etwas wie einen Sinn des Krieges?
Und Albert Camus sagte: „Es ehrt unsere Zeit, dass sie genügend Angst aufbringt, Angst vor dem Krieg zu haben.“
Es lohnt, sich diesen unangenehmen Thesen und Fragen zu stellen.. Es ist eine Chance der Weiterentwicklung in diesen doch düsteren Zeiten.
Die Politik in Deutschland und in Europe hat sich den aktuellen Herausforderungen, durch den Angriffskrieg Putins auf die Ukraine, in einer bemerkenswert neuen Form und Geschlossenheit gestellt!
Ich war einige Zeit weg und habe jetzt mal quergelesen. Was mir auffällt ist das niemand über die Rolle von China schreibt. Ich denke das es beim Verhalten von Putin klar darauf ankommt was er mit China besprochen hat. Der Krieg läuft sicher nicht so wie die beiden das sich vorgestellt haben Allerdings glaube ich nicht das Putin wirklich in Schwierigkeiten ist. Ob ein Volk gegen seinen Diktator aufstehen kann hat viel damit zu tun wie stark der Diktator ist. Das hat man in Peking auf dem Platz des Himmlischen Friedens, welch ein Name, damals je klar gesehen. Wirtschaftlich wird man durch die Sanktionen Putin in die Arme von China treiben. China dürfte keine all zu großen Probleme haben das was eine Wirtschaft von der Größe Spaniens braucht zu liefern und die Energierohstoffe nimmt das Land wohl auch gerne. Dazu müssen im Land ein paar Leitungen gelegt werden. Ob wir Spaß daran haben werden im nächsten Winter kalt zu sitzen wird man sehen . Ich befürchte nein. Wir werden für eine völlig verfehlte Energiepolitik der alten Regierung einen hohen Preis zahlen müssen. Der Ukraine helfen werden wir leider bestenfalls mit Waffenlieferungen können wenn D. dafür überhaupt welche hat. Was zu bezweifeln ist.
Leserbrief zu „Das Weltrecht gilt auch für Putin“ Jan Sternberg v. 09.03.2022
Recht gilt für alle gleich und ungeteilt, sonst ist es im Grunde kein legitimes. Also auch für Putin. Aber auch für Bush. Wenn jedoch umgekehrt, derjenige verfolgt und gerichtet wird, der us-amerikanische Völkerrechtsverbrechen öffentlich macht, wird dieses Recht auf fatale Weise seiner Unparteilichkeit, Legitimität und Glaubwürdigkeit beraubt. Scholz, Habeck, Baerbock, Fazer: setzt ein Zeichen für die überparteiliche und universelle Geltung von Menschen- und Völkerrecht, gewährt Julian Assange und Edward Snowden Asyl, bereitet diesem westlich-moralisch-rechtlichem Trauerspiel gerade jetzt ein Ende. Der aktuelle transatlantische Schulterschluss verkraftet es, das geschundene Recht braucht es und wird es Euch danken.
Dem Imperator im Kreml muss Einhalt geboten werden. Wenn deutsche Waffen dabei helfen, sollen sie es tun. Und auch Sanktionen – wenn sie denn wirklich die Richtigen treffen – müssen wohl sein.
(Einschub: Ob ich allerdings unterschreiben würde, für die Freiheit zu frieren, glaube ich eher nicht. Auch jetzt jedermann die Kosten von Sanktionen „solidarisch“ aufzubürden – Spritpreise, Ölpreise, Gaspreise, Lebensmittelpreise etc. – ohne einen Ausgleich anzubieten, ist inakzeptabel. Verzicht kann sich nur der leisten, der verzichten kann, was sicherlich auf einen Ex-Präsidenten zutrifft.
Aber eben nicht auf jede Frau und jeden Mann.)
Ich bezweifle die Sinnhaftigkeit des WiederEinstiegs in massive Aufrüstung. Das ist nicht der Weg in die Zukunft. Es ist – im Gegenteil – ein gewaltiger Schritt in die Vergangenheit. Dieser unrechte AngriffsKrieg wirft uns alle um Jahrzehnte zurück. Wir lernen wieder die schneidig-schnarrende Sprache von Ex-Generalen kennen. Die Außenpolitik als Ganzes wird – kein wirklich neuer Aspekt – militarisiert. „Wenn Du den Frieden willst, musst Du den Krieg vorbereiten“, meinte Marcus Tullius Cicero schon 43 v. Chr. zu wissen. Dieses Narrativ ist seit Jahrtausenden die Basis des Denkens in der Sicherheitspolitik. Jeder „Frieden“ wird so zu einem Waffenstillstand degradiert. 100 Milliarden Seitenetat ad hoc und bald 70 Milliarden p.a. für Waffen – wohin wird das führen? Seit Jahren erhöht Deutschland den Wehretat. Wo ist das Geld denn geblieben? Ich hoffe, dass die neuen Mittel effizienter und kompetenter eingesetzt werden und vor allem die Landesverteidigung stärken und nicht die Verteidigung Deutschlands am Hindukusch oder sonst wo in der Welt. Und das ein Gutteil auch in das Nachdenken über Strategien fließt, die eine intelligente, auf Gemeinsamkeit, Gerechtigkeit und Gewaltfreiheit ausgerichtete Weltpolitik zum Ziel haben. Die würden Sicherheit schaffen und gleichzeitig den Sicherheitsbegriff aus der Enge des Militärischen holen. Aber der Reiz und die Reaktion funktionieren im Moment noch wie eh und je. Es reicht nicht, den Imperator zu stoppen, nein – jetzt rüsten auch wir auf. Um ihn oder andere Eroberer – wo auch immer – immer zu stoppen. Mehr Waffen sollen diese Sicherheit schaffen. Wir sehen, was sie anrichten, auch dann, wenn sie zur Verteidigung dienen: Tote, Verletzte, Leid, Elend, Flucht und Armut sind dann traurige Realität. Und – mit Verlaub – auch ein toter Held ist einfach nur tot. Es muss andere Wege jenseits der Gewaltspirale geben. Denn ihr Ende ist die atomare Vernichtung dieser Welt. Mag sein, dass ich ein Träumer bin. Aber ich hoffe, nicht der Einzige zu sein.
@ Bertram Münzer
Ich empfinde und sehe das ähnlich wie Sie. „Es muss andere Wege jenseits der Gewaltspirale geben. Denn ihr Ende ist die atomare Vernichtung dieser Welt“. Das wäre die Stimme der Vernunft. Denn unsere Lebenswelt auf unserem Planeten erfordert ja gemeinsame globale Lösungen, die nur friedlich miteinander angegangen werden können.