Die Sommer werden heißer und trockener. Zugleich steigt der Wasserbedarf von Mensch und Tier, nicht zuletzt auch der Gärten, Wälder und Felder. Wie kann eine Großstadt wie Frankfurt darauf reagieren? Es gibt Überlegungen, einen „Trinkwasser-Cent“ einzuführen, doch ob diese Idee nachhaltig ist? Frankfurt bezieht sein Trinkwasser zu einem Teil auf nahen Mittelgebirgen wie dem Vogelsberg – die Zuschriften unten berichten davon -, wo die Wasserentnahme sichtbare Folgen hat. Die Trockenheit unserer Wälder ist unter anderem auf regional ausbleibende Niederschläge zurückzuführen (insgesamt regnet bzw. schneit es in der kalten Jahreshälfte derzeit etwas mehr als vor hundert Jahren, in der warmen regnet es etwas weniger), aber auch auf sinkende Grundwasserpegel. Und auf einen Effekt, bei dem der Teufel im Detail steckt: Die Durchfeuchtung der Böden ist ungleichmäßig und hängt von vielen Einzelheiten ab. Noch zu Beginn des Jahres 2021 gab es Beobachtungen, wonach der Boden (regional verschieden) in einer Tiefe von 1,50 bis zwei Meter unverhältnismäßig trocken sei, so dass selbst tiefwurzelnde Bäume nicht mehr genug Wasser ziehen können. Von oben kommt derzeit, übers Jahr gerechnet, wohl noch genug am Boden an, aber dieses Wasser erreicht die tieferen Bodenschichten nicht. Dabei mag eine Rolle spielen, dass Starkregen zugenommen haben, bei denen in kurzer Zeit so viel Wasser vom Himmel fällt, dass die Böden es unmöglich aufnehmen können. Die Folge: Das Wasser fließt an der Oberfläche ab. Trotz ausreichendem Regen reicht der Regen dann für die Durchfeuchtung der Böden nicht aus. Und das hat natürlich Folgen für das Grundwasser und die zur Verfügung stehenden Mengen.
2020 bezog Deutschland seinen Wasserbedarf zu rund 70 Prozent aus Grundwasser. Etwa 13 Prozent stammen aus direkt genutztem See-, Talsperren- oder Fluswasser, 17 Prozent aus hybriden Gewinnungsmethoden, bei denen Wasser beispielsweise in Uferzonen entnommen wird, nachdem es bereits Grund und Boden durchquert hat. Statistisch gesehen herrscht kein Mangel: Der Vorrat beläuft sich auf 188 Milliarden Kubikmeter Trinkwasser, von denen jährlich rund 33,1 Milliarden Kubikmeter beansprucht werden, rund 18 Prozent. Davon geht ein gutes Siebtel in die öffentliche Versorgung (Zahlen zitiert nach heizsparer.de). Zurzeit verbraucht ein Mensch in Deutschland 125 Liter Trinkwasser am Tag. Davon wird der geringste Teil tatsächlich getrunken. Trinkwasser wird auch zum Kochen, Duschen und für die Toilettenspülung genutzt. Es handelt sich um einen statistischen Mittelwert, der sich aus seiner großen Zahl einzelner Posten zusammensetzt. Er kann aber zur Orientierung dennoch nützlich sein. 700.000 Frankfurterinnen und Frankfurter verbrauchen demnach 87,5 Mio Liter täglich, also 87.500 Kubikmeter Wasser. Damit kann man, so habe ich gelesen, etwa 20 Mal duschen, 400 Mal Hände waschen oder 5000 Gläser Wasser trinken. Im Jahr verbrauchen die Frankfurter:innen also knapp 32 Millionen Kubikmeter. Die Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main, die vom Vogelsberg bis in den Odenwald und vom Hunsrück bis in den Spessart reicht, hat 5,8 Millionen Einwohner und braucht 725.000 Kubikmeter täglich und 265 Millionen im Jahr. Dabei sei berücksichtigt, dass der Wasserverbrauch seit Jahrzehnten leicht rückläufig ist: 1990 verbrauchte ein Einwohner Deutschlands laut statista.de im Schnitt noch 141 Liter täglich.
Solange es genug regnet, werden die meisten von uns in ihrem Alltag nicht viel spüren. Aber der Klimawandel macht sich bereits deutlich bemerkbar. Nimmt die Zahl der Starkregenfälle weiterhin zu, wird das Konsequenzen für unsere Wasserversorgung haben, ebenso wie eine Zunahme von Dürren und heißen Sommertagen. Wir werden uns eine Menge einfallen lassen müssen. Ein „Trinkwasser-Cent“, so wie er in Frankfurt angedacht ist, kann einen Beitrag dazu leisten, aber er liefert nicht die Lösung. Die besteht wohl vielmehr unter anderem darin, dass wir mehr Regenwasser auffangen, statt es über die Kanalisationen in die Flüsse und damit die Meere zu leiten.
Eigentlich müsste deutlich größer gedacht werden
Der Beitrag von Frau Busch gibt die Statements der grünen Frankfurter Umweltdezernentin und weiterer Lokalpolitiker/innen zur Trinkwassersituation wieder. Eine kritische Würdigung dieser Erzählungen fehlt leider völlig.
Frankfurt betreibt durch den Bezug von Trinkwasser aus dem Vogelsberg seit Jahrzehnten Raubbau an den Grundwasserressourcen dieser Region. Die ökologischen Folgen sind vor Ort zu besichtigen: ausgetrocknete Quellen und Quellbäche, trockengelegte Feuchtgebiete, geringer Abfluss im Sommer und Herbst in den Bächen und in der Nidda, die im Vogelsberg entspringt. Die an feuchte Standorte und an das Wasser gebundene Pflanzen- und Tierwelt verliert immer mehr von ihrer Existenzgrundlage, ohne dass es die Verantwortlichen in Frankfurt bisher sonderlich gerührt hätte.
Durch den spürbaren Klimawandel der letzten Jahre, mit heißen, trockenen und niederschlagsarmen Sommern, hat sich die Situation noch beträchtlich verschärft. Ein für jederfrau und -mann gut sichtbares Zeichen ist das bereichsweise Absterben der Fichten, Kiefern, Buchen und anderer Baumarten in den Wäldern. Es ist also höchste Zeit für ein Umdenken, ein bisschen Reparieren durch etwas mehr Uferfiltratgewinnung, Aufbereitung, Versickerung im Stadtwald und Wiedergewinnung nach Bodenpassage ist nicht genug.
Frau Heilig referiert die Position von Hessenwasser, die genau darin besteht, Versorgungsengpässe durch moderate Erhöhung der Grundwasseranreicherung in den Wassergewinnungszonen bei Biebesheim im Hessischen Ried und im Frankfurter Stadtwald auszugleichen. Die alten und neuen Schäden durch die Wassergewinnung werden mit Unterstützung der Oberen Wasserbehörden, die eigentlich einschreiten müssten, geleugnet oder kleingeredet.
Da der Klimawandel demnächst nicht wieder aufhören wird, müsste deutlich größer gedacht und gehandelt werden. Es ist an der Zeit, die Wassergewinnung im Vogelsberg und überhaupt in den Mittelgebirgen sukzessive einzustellen und parallel dazu insbesondere die Grundwasseranreicherung und Trinkwassergewinnung im Hessischen Ried auszuweiten. Aus dem Rhein lässt sich mit dieser Verfahrensweise selbst bei Niedrigwasser die gesamte Rhein-Main-Region mit Trinkwasser versorgen. Benötigt würden dafür etwa zehn Prozent des Rheinwasserabflusses bei Mainz (Mittlerer Niedrigwasserabfluss im Rhein am Pegel Mainz 766 m³ pro Sekunde, bzw. ca. 66 Mio. m³ am Tag, das sind ca. 2,4 Mrd. m³ im Jahr). Zu bedenken ist, dass das Trinkwasser als gereinigtes Abwasser aus den Kläranlagen größtenteils in den Rhein und Main zurückfließt und die Entnahme ausgleicht. Frankfurt hängt wie Wiesbaden an der Versorgungsleitung aus dem Ried, eine zweite Hauptleitung befindet sich im Bau.
Die Stadt Frankfurt ist mit 27,3 Prozent an Hessenwasser, dem mit Abstand größten regionalen Wasserversorger, beteiligt und besitzt somit die Möglichkeit, entscheidend auf die Strategie von Hessenwasser einzuwirken. Allein es fehlt bisher der Wille, vielleicht auch der Verstand.
Ernst Kluge, Frankfurt
Die benötigten Werkzeuge liegen längst bereit
Es gab schon in den vergangenen 50 Jahren immer wieder trockene Jahre. Und je nach politischer Besetzung wurde auch gehandelt. Dann gerieten die Dinge wieder in den ihnen nicht gebührenden Hintergrund, und es wurde herumgewurschtelt, als ob sich das alles von selbst erledigen würde. Aber man kann Dinge im Umwelt- und Naturschutz nicht aussitzen. Konsequentes Handeln über lange Zeit ist erforderlich. Handfeste Ansätze gab es in den 70ern und in den 90ern des vergangenen Jahrhunderts. Die Bevölkerung zog natürlich mit und wird es auch – bei entsprechender Öffentlichkeitsarbeit – aktuell tun, ja sie erwartet entschlossenes, zielführendes Handeln! Denn keiner will Mangelsituationen haben. Und der Handwerkskasten mit den notwendigen Werkzeugen steht ja bereit. Man muss diese nur einsetzen wollen und zwar das gesamte Spektrum. Das Versickern von Mainwasser ist wichtig und richtig, Wassersparen und Brauchwassernutzung ebenfalls. Aber es gibt noch viele andere wichtige Werkzeuge. Hier in aller Kürze die allerwichtigsten:
– Flächendeckende Mindestgrundwasserstände mit Vorwarnstufen müssen festgelegt werden, so dass weit im zeitlichen Vorfeld gehandelt werden kann;
– Abwässer müssen vor der Einleitung in Oberflächengewässer und in den Boden gereinigt werden (Verursacherprinzip). Das gilt auch für Dünger und Pestizide, für Industrie- und Haushaltsabwässer;
– Breitflächige Versickerungen von Regenwasser wieder ermöglichen bis hinein in die Quellregionen (z.B. über viele kleine Versickerungsmulden entlang von Wald- und Wiesenwegen, Rückbau von versiegelten und drainierten Flächen);
– Oberflächlich sollte der Boden auf großen Flächen niemals austrockenen (Begrünungen, nachhaltiger Wald- und Ackerbau);
– Zusammenarbeit mit der Region (Vogelsberg, Ried, Spessart, Taunus).
Schon in den Quellregionen muss das Wasser sauber und in ausreichender Menge versickern, damit es sauber und ausreichend in den Vorflutergebieten der großen Flüsse (hier dem Main) ankommt. Die Quellregionen müssen vor übermäßigen Wasserentnahmen geschützt werden. Man darf sie nicht aussaugen bis zum letzten Rest, denn dieser ist irgendwann auch aufgebraucht und spätestens dann fängt der, eigene Durst wieder an.
Das große Problem ist, das wir wirklich keinerlei Zeit mehr für Jammereien und irgendwelches Dahingewurschtel mehr haben. Daher: Frau Heilig, fangen Sie endlich an mit Ihren Hausaufgaben und einem umfangreichen, vernetzt denkenden, nachhaltigen Handeln! Der Trinkwasser-Cent wird schon längst – seit den 1990er Jahren (damals der Wasserpfennig) – von der Bevölkerung bezahlt. Das Geld ist da!
Heidrun Berressem, Schlüchtern
Für die Armen bedeutet ein Cent Verzicht
Die Grüne Umweltdezernentin Heilig erwägt, einen „Trinkwasser-Cent“ einzuführen. Mit dem Geld soll dreckiges Wasser aus dem Main aufbereitet werden. Ein Cent von den Reichen, das stecken sie locker weg. Für die Armen bedeutet ein Cent Verzicht auf was anderes.
Außerdem: Warum erlaubt es die grüne Landesregierung überhaupt, dass der Main so von Industrie und Landwirtschaft verdreckt wird?
Dies scheint nicht so das Thema allgemeinen Interesses zu sein. Es regnet ja auch viel und besonders warm ist es nur gelegentlich. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, jetzt etwas für das Trinkwasser zu tun. Es beginnt mit der Umstellung der Landwirtschaft.Das unmässige Düngen mit Gülle hat zu unterbleiben. Damit nicht der einzelne Landwirt darunter leidet muss die Struktur in Richtung Nachhaltigkeit verändert werden. Was Frau Klöckner und ihre Vorgänger auf diesem Gebiet geleistet haben war in etwa das Gegenteil von dem , was hätte passieren müssen. Es geht einfach nicht an, dass wir tausende Tonnen Soya von Südamerika importieren, nur um Schweinefleischfür China zu produzieren und dabei unser Grundwasser/Trinkwasser verunreinigt wird. Die Subventionierung der Landwirtschaft muss auf vernünftige Massnahmen zurückgeführt werden. Es geht nicht an, dass nur der Besitz von Fläche subventioniert wird, für ökologische/biologische Landwirtschaft kein Geld mehr da ist und die Bürokratisierung immer weiter um sich greift.. Jetzt auf die EU zu schimpfen bringt auch nichts, immerhin versucht die EU das Nitratproblem mit Druck zu verändern, ob es klappt ist noch offen. Es wird auf jeden Fall teuer. Und wer ist dran ? Der Steuerzahler ! Ich glaube jedenfalls nicht, dass die subventionierten Landbesitzer die Zeche zahlen werden, obgleich sie es eigentlich müssten, sind sie doch die Verursacher.
Wie gesagt, in diesem Jahr gibt es viel Regen, da muss man ja nicht gleich loslegen…