Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden: Im Prinzip können Vereine an den Zusatzkosten bei Hochrisiko-Fußballspielen beteiligt werden. Zusatzkosten meint hier die Kosten, die durch den zusätzlichen Aufwand entstehen, den vor allem die Polizei hat, also die öffentliche Hand, der Steuerzahler. Ausgangspunkt waren Forderungen der Hansestadt Bremen an die Deutsche Fußballiga (DFL), weil zum Schutz eines solchen „Risikospiels“ zwischen dem Hamburger Sportverein und dem SV Werder Bremen in der Fußball-Bundesliga im Jahr 2015 ein zusätzlicher Sicherheitsaufwand gefahren werden musste. Gegen den „Gebührenbescheid“ der Stadt Bremen hat die DFL geklagt – und jetzt die Quittung bekommen.
Die FR hatte im Vorfeld das Pro und Contra abgewogen: Gegen eine finanzielle Beteiligung an den Kosten zum Schutz des Spiels argumentierte FR-Autor Frank Hellmann in seinem Text „Eine staatliche Aufgabe„. Für die Beteiligung warf FR-Redakteur Jan Christian Müller seine Argumente in den Ring: „Eine Frage der Moral„. FR-Redakteur Georg Leppert kommentierte das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts: „Das Urteil ist bedenklich und zieht Diskussionen nach sich. Wie teuer muss Sicherheit eigentlich sein und welche Fans wollen sich die Klubs leisten?“
Dem gegenüber sage ich: Diskussionen sind immer gut, und klare Urteile schaffen Klarheit. Wie teuer Sicherheit sein muss, das liegt nämlich letztlich in der Hand der Bundesliga-Fußballclubs – um die geht es hier vor allem. Die Frage ist: Welche Fankultur wollen sich die Clubs leisten? Man hat schon von Männerrotten gehört, die sich in der Pampa treffen, um sich Schlägereien zu liefern. Bitteschön, wenn die das wollen – ist deren Privatsache. Jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, wo sie das öffentliche Gesundheitssystem in Anspruch nehmen, um die Folgen ihrer „Leidenschaft“ behandeln zu lassen. Es gibt „Fans“, die Fußballspiele gezielt dazu nutzen, um Dampf abzulassen. In dieser „Fan“-Welt sind die Dinge klar geordnet: Hier wir, dort die. Das reicht, um klarzustellen, wer hier der Feind ist: der fußballerische Gegner bzw. dessen Fans. Hooligans, egal ob sie sich „Ultras“ nennen oder anders, nutzen den Fußball zur Aggressionsabfuhr. Das ist keine Fan-Kultur, sondern bedenklich.
Mehrere Bundesligaclubs haben Probleme mit solchen „Fans“. Wenn man sich ansieht, was es da nach den Spielen gelegentlich für Schlägereien gibt, wird das Problem mit der Pyrotechnik – im Stadion sind „Bengalos“ und andere Feuerwerkskörper aus guten Sicherheitsgründen verboten, werden aber trotzdem gern eringeschmuggelt und dann auch gezündet – fast zur Nebensache. Doch auch Bengalos sind keine Kleinigkeit. Die Dinge hängen zusammen. Ob ein Fußballclub letztlich für Polizeieinsätze zahlen muss, wird künftig tatsächlich von der Frage abhängen, welche Fans er sich leistet. Wenn er sich Fans leistet, die ein Spiel gern zum Anlass nehmen, um zu randalieren, dann wird der Verein künftig dafür zahlen müssen. Und das ist gut so, denn dann begreifen vielleicht auch die jeweiligen Vereinsoberen endlich, dass man Fans zwar pflegen muss – zum Beispiel mit gutem Fußball und spannendem Kampf um den Ball auf dem Spielfeld -, dass man ihnen aber auch klare Grenzen setzen muss. Diese Gewissheit hat ihnen das Bundesverwaltungsgericht jetzt verordnet. Hoffentlich kommt die Botschaft an.
Leserbriefe
Reinhard Matthies aus Pinneberg:
„Auf den ersten Blick ist man geneigt zu sagen: Jawoll, die Vereine und die DFL sollen die zusätzlichen Kosten bei sog. „Hochrisikospielen“ tragen. Doch bei genauerem Hinsehen widerspricht das eigentlich der Aufgabenverteilung und Wahrnehmung des „Gewaltmonopols“ durch die Polizei. Leider ist es aber so, dass ich, außer bei politischen Aufmärschen oder politischen Veranstaltungen wie z.B. dem G20-Gipfel in Hamburg oder der Sicherheitskonferenz in München, keine Veranstaltung kenne, die einen derartigen Aufmarsch der Polizei generiert, wie eben diese Risikospiele. Weder beim Handball, Eishockey,Basketball, Konzerten oder z.B. Wacken gibt es diese massiven Polizeipräsenzen.
Wenn man eine saubere Trennung möchte, muss es keine Polizei mehr in den Stadien geben, nur noch (gut geschulte und ausgebildete ) Ordnungsdienste. Das ist bei anderen Veranstaltung so üblich. Und außerhalb der Stadien? Die Polizei nimmt Maßnahmen der Verkehrslenkung und – Sicherung wahr und schützt Eigentum, wie z.B. Bahnhöfe, Häuser etc. Und wenn die sog. Fans sich gegenseitig auf die Fresse hauen wollen: Bitte sehr ; die Polizei sammelt dann die Liegengebliebenen ein.
Die Vereine, die skrupellos sehr hohe Millionenbeträge in Spielerkäufe und Spielergehälter investieren, jammern schon jetzt und würden die Zusatzkosten den Zuschauern auf die Eintrittspreise aufschlagen. Dann gäbe es eben nicht nur Spitzenspieler mit Aufschlag. Wie man es dreht und wendet: Am Ende zahlt irgendwer: Ich bin dafür, dass der Verursacher zahlt und nicht die Allgemeinheit.“
Andrea Kaiser aus Frankfurt:
„Bei mir zieht das Argument „Für die Sicherheit ist der Staat zuständig“ nicht. Durch das Sportereignis wird ein besonderer Fall geschaffen, der eine höhere Polizeipräsenz in verstärktem Ausmaß erst notwendig macht. Also muss die DFL auch dafür zahlen. Es muss endlich aufhören immer wieder nach dem Staat zu schreien. Im Fußball werden Milliarden verdient und umgesetzt. Die Einnahmen behält man gerne für sich und die Unkosten sollen dann die Steuerzahler übernehmen. Das ist nicht fair! Wenn die Vereine ihre „Fans“ nicht im Griff haben, so dass eine besondere Polizeipräsenz vonnöten ist, dann soll der „Fußball“ auch dafür zahlen.“
Andrea Kaiser hat es in ihrem Leserbrief mit wenigen Worten auf den Punkt gebracht.
Wenn die „Vereine“ Millionen für den Ankauf und Ausleihe von Spielern, die häufig durch Wohnsitz im Ausland nicht einmal Steuern zahlen, verschieben, kann es nicht angehen, dass die Steuerzahler auf der anderen Seite für die von diesen „Vereinen“, bei denen es sich eher um Konzerne handelt, verursachten Kosten aufkommen müssen.
Allein für den Bau und den Unterhalt der Stadien, deren Nutzer diese „Vereine“ sind, gehen zu Lasten der Steuerzahler.