Wir fahren mit der aktuellen Zeitregelung ganz gut

Die EU hat viele Baustellen. Eine davon ist die Neuregelung der alljährlichen Zeitumstellung. Nachdem eine – nicht repräsentative – Online-Umfrage vor einer Weile davon gezeugt hat, dass diejenigen, die abgestimmt haben, mit der bisherigen Regelung von Sommer- und Standardzeit nicht zufrieden sind, glaubt die EU, in Zugzwang zu sein. Die Zeitumstellung soll abgeschafft werden. Doch dieses Vorhaben scheint in Chaos zu münden. Eine völlig unnötige Aktion, findet FR-Leser Gerhard Schulz-Ehlbeck, denn:

Wir fahren mit der aktuellen Zeitregelung ganz gut

Von Gerhard Schulz-Ehlbeck

.

Auf reichlich komplexe Verhältnisse trifft, wer einmal die Sonnenstände in verschiedenen europäischen Gegenden abhängig von der Jahreszeit und der Zeitregelung berechnet, auf viel Für und viel Wider der möglichen Regelungen. Kaum jemand, der 2018 an der EU-Umfrage teilgenommen hat, dürfte sich diese Mühe gemacht haben. Bestenfalls beurteilt man wenige Aspekte für den eigenen Bereich: Im Sommer gern lang hell im Biergarten, ganzjährig bei Feierabend gern noch nicht zu dunkel, der winterliche Schulweg der Jüngsten gern nicht zu lang in völliger Finsternis. Die Zeitregelung wirkt sich auf diese Aspekte in verschiedenen Gegenden unterschiedlich aus.
Wer das für eine Reihe von Orten untersucht, stellt fest, dass wir mit der bisherigen Regelung recht gut fahren. Die Zeitumstellung sorgt in vielen Gegenden Europas dafür, dass die genannten persönlichen Aspekte ganz gut bedient werden.
Wenn die Zeitumstellung abgeschafft wird, wird es vielfach schwieriger. Schon in jedem einzelnen Land ist es bei einer Regelung so: Die sommerliche Abendhelligkeit der einen verfinstert den winterlichen Tagesstart der anderen. Und man muss sich entscheiden: Rechtfertigt die Biergartenhelligkeit bis 22 Uhr im Sommer, dass der Nachwuchs im Winter vier Monate lang in Finsternis zur Schule muss, mit den damit einhergehenden Gefährdungen?
Der Korridor der günstigen Entscheidungsmöglichkeiten wird mit der Abschaffung der Zeitumstellung enger, um eine Stunde, die den Unterschied von Tageshelligkeit zu völliger Dunkelheit ausmachen kann. Und die große Ausdehnung der Zeitzone macht die Einigung sowieso schon schwierig. Wenn die einzelnen Staaten entscheiden, werden sie versuchen, die schwieriger werdenden Optimierungsmöglichkeiten für ihr eigenes Gebiet zu nutzen, und sich wenig nach den Interessen der Nachbarn richten: Deutschland wird für sich vielleicht die Dauer-Sommerzeit wählen, ebenso Benelux, Italien, der ganze Südosten. Frankreich und Spanien werden für die Dauer-Winterzeit optieren, auch für Skandinavien kann das die bessere Wahl sein. Oder der eine entscheidet für die Schulkinder, der eine für die Biergärten, auch möglich. Man darf gespannt sein, wie die Aspekte fürs Publikum aufbereitet werden.
Wo soll – wenn man sich den Zustand Europas bei anderen Abstimmungsthemen ansieht – der Wille herkommen, zugunsten einer natürlich wünschenswerten Einheitlichkeit die Eigeninteressen der Staaten zurückzustellen? Da wird viel gestritten werden, es werden sich Fraktionen bilden. Die Fragen werden dann in der Art gestellt: Müssen wir die Nachteile hinnehmen, weil die anderen auf ihrem Vorteil beharren? Ob da ein sinnvolles Ergebnis herauskommt, ist nicht vorhersehbar.
Mein Rat wäre, bei der ganz guten Zeit-Umstellung zu bleiben, nicht wegen einer Energieeinsparung, sondern wegen der vernünftigen Bedienung unterschiedlicher Ansprüche an die Verteilung der Tageshelligkeit. Und schwierige Themen, über die Einigkeit in Europa herzustellen wäre, gibt es schon noch andere: Schutz der Meinungsfreiheit und Fürsorge für Flüchtlinge wären solche.
Gerhard Schulz-Ehlbeck, Karlsruhe

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21 Kommentare zu “Wir fahren mit der aktuellen Zeitregelung ganz gut

  1. 1. Ich mag die Sommerzeit mit den langen hellen Abenden im Sommer. Mit der Umstellung habe ich keine besonderen Probleme.
    2. Das Vorgehen der EU zu diesem Thema verstehe ich nicht. Da wird nach einer online-Umfrage flugs das Thema zur baldigen Entscheidung vorgesehen. So funktioniert Politik doch sonst nicht. Dass aufgrund von Meinungsumfragen, wo sich ein kleiner Teil der Bevölkerung geäußert hat, entschieden wird. Wenn, dann sollte es eine Volksabstimmung geben und keinen schnellen Beschluss!

  2. Artikel und Kommentare zur „Sommerzeit“ zeigen zwei sehr unterschiedliche Grundtendenzen : Auf der einen Seite wird versucht, durch verschwommene Begriffe Fakten und Interessen zu verschleiern, während auf der anderen Seite die Mehrzahl der Bürger die spärlichen und dazu noch nebulösen Informationen nicht verstehen kann. Zur Klarstellung:

    ERSTENS gibt es für uns hier in Mitteleuropa die mitteleuropäische Zeit ( MEZ ,engl. CET ) , die Ende März dann durch unser eine Stunde früheres Aufstehen am Morgen „Sommerzeit“ genannt wird ( MESZ , engl. CEST ) .

    ZWEITENS ist es richtig, dass es im Sommer abends länger hell ist, aber genauso richtig ist es, dass nur Rentner das genießen können, denn die arbeitende Bevölkerung , einschließlich der Schüler/innen , muss morgens während dieser sogenannten Sommerzeit eine Stunde früher aufstehen, hat aber natürlich abends bei der Helligkeit keine Lust, entsprechend eine Stunde früher zu Bett zu gehen.

    Die Folge : Vom Frühjahr bis in den Spätherbst hinein ein tägliches Schlafdefizit mit gefährlichen Begleiterscheinungen, als da sind : permanente Erschöpfungszustände, Konzentrationsmangel, Nervenschwäche .

    DRITTENS : Man hört sporadisch, dass unsere MEZ durch Vergrößerung der EU zum Problem werden könnte . Für WEN und WARUM hätte längst durch wiederholte klare Informationen seitens der Europäischen Kommission in den einzelnen
    Mitgliedsstaaten zum Thema werden müssen.

    VIERTENS : Es hätte längst allen europäischen Bürgern bekannt sein müssen, dass England – im Gegensatz zu uns – tatsächlich eine echte Winterzeit kennt : Im Sommer hat man dort unsere normale MEZ , und im Winter darf man eine Stunde länger schlafen. Wer weiß, ob es in England jemals zu dem Gedanken an einen Brexit gekommen wäre, wenn man hier auf dem Kontinent einige der guten und förderlichen Ideen Englands zu notwendigen Reformen in der EU aufgegriffen und in allen Mitgliedstaaten offen diskutiert hätte, denn nicht alles , was dieses egozentrische Rest-Empire forderte, war schlecht .

    FÜNFTENS sollte man sich auch daran erinnern , dass wir in Deutschland von 1916-1918 und von 1940-1949 auch „Sommerzeit“ hatten. Weiß noch jemand, welches die Gründe dafür waren ?

    FAZIT : Es ist höchste Zeit für Klarheit in Frage und Antwort , sonst werden wir durch interessengeleitete , Nebelkerzen werfende Beiträge immer weiter verunsichert und dadurch manipulierbar.

  3. Zustimmung zu Barbara Fuhrmann-Buroh:
    Ich habe heute früh um ca. 6 Uhr das Haus auf dem Weg zur Arbeit verlassen – und es war erstmals in diesem Jahr nicht stocksuster. Lange wird diese Freude nicht währen.

  4. @Deutscher Michel: Der Fortschritt, den die Helligkeit vom letzten Freitag auf Montag gemacht hat (sechs Minuten früherer Sonnenaufgang), wird Ihnen tatsächlich am 31.3. vorübergehend durch den Wechsel zur Sommerzeit vermiest. Aber schon zwei Wochen später am 15.4. haben Sie durch den immer frühren Sonnenaufgang wieder den Stand vom jetzigen Montag wieder erreicht. Diese Beeinträchtigung durch die Zeitumstellung ist wirklich nur sehr vorübergehend (und eigentlich der Preis für die hellen Sommerabende).

    @Barbara Fuhrmann-Buroh: „Zur Klarstellung“ dient Ihr Beitrag eigentlich nicht, oder? Zu Ihrem Viertens wäre zu sagen, dass die Sommerzeit der Briten genau so funktioniert wie unsere, nur dass die Britischen Inseln – entsprechend ihrer geografischen Lage – in einer anderen Zeitzone unterwegs sind.

  5. Ich bin zwar seit einiger Zeit Rentner bzw. Pensionär, war aber bis vor eineinhalb Jahren in Vollzeit beschäftigt.
    @Barbara Fuhrmann-Buroh: Es kann keine Rede davon sein, dass ich wegen der Sommerzeit ständig übermüdet war. Nein, ich habe sie rundum genutzt, keineswegs nur für abendliches Ausgehen in Lokale. (Zu viel Alkohol wäre schädlich und teuer.) Aber was kann man nicht alles machen, wenn es noch ausreichend hell und warm ist: im Garten sitzen oder arbeiten, Obst ernten, wenn die Mittagshitze vorüber ist, Rad fahren, Reparaturen am Haus, nicht zuletzt Aktivitäten im Verein, bei mir war es Paddeln, und und und. Gerade als Berufstätiger habe ich die Sommerzeit genossen, möchte sie aber auch in Zukunft nicht missen. Die paar Tage nach der Umstellung, die es bei der Fahrt zur Arbeit noch dämmrig war, habe ich für den Gewinn an Lebensqualität gerne in Kauf genommen.
    Die MEZ scheint aus technischen Gründen für sehr viele Länder wichtig zu sein. Sie ist ein guter Kompromiss. Im Winter, in dem die Tage nun einmal kürzer sind, wäre es aber z.B. für westliche Gebiete Frankreichs absolut unzumutbar auf eine Umstellung auf die normale Zeit zu verzichten. Die Sonne ginge erst gegen Mittag auf. Umgekehrt kommt die Sommerzeit Polen, das auch die MEZ hat, entgegen. Ohne sie würden Teile des Tages verschenkt oder man müsste dort unmenschlich früh aufstehen.
    Daher hoffe ich, dass alles bleibt, wie es ist.

  6. Ich empfehle, bei WIKIPEDIA den Begriff MITTELEUROPÄISCHE ZEIT aufzurufen und die Farben rot und blau auf sich wirken zu lassen. Die Erklärungen zeigen, dass die WESTEUROPÄISCHE SOMMERZEIT unserer MITTELEUROPÄISCHEN ZEIT entspricht , nicht der jetzt wieder auf uns zukommenden MITTELEUROPÄISCHEN SOMMERZEIT . Deswegen hatten wir früher im Sommer keine Zeitprobleme bei Reisen nach GB. Man hätte die alte, sinnvolle Regelung beibehalten sollen.

  7. Ich schließe mich zu 100% dem Inhalt im Leserforum der FR vom 19.03.2019 an. Ich bin für die Beibehaltung der Normalzeit, allein schon die Bezeichnung Sommer/Winterzeit führt zu Irritationen. Vor Einführung der Zeitumstellung, gab es diese „angeblichen“ Probleme mit unseren Nachbarländern auch nicht!

  8. @ Barbara Fuhrmann-Buroh

    Ihre Argumentation ist nicht schlüssig.
    Die Tatsache, dass wir bis 1979 bei sommerlichen Reisen nach Großbritannien unsere Uhren nicht umstellen mussten, war dem Umstand geschuldet, dass es auf den britischen Inseln bereits seit 1925 eine Sommerzeit gab und bei uns nicht.
    Wenn Sie diese Bedingungen wieder herstellen wollen, heißt das, Sie wollen den Briten weiterhin die von Ihnen als so schrecklich gesundheitsschädlich gescholtene sommerliche Zeitumstellung zumuten, während wir davor verschont werden sollen. Und das nur, damit wir es bei unseren Sommerreisen auf die Inseln bequemer haben.
    Ziemlich egoistische Einstellung!

  9. Zu Frau Ernst:Es handelt sich bei Ihrem Vorwurf um ein Missverständnis , die Reisen wurden nur erwähnt, um zu zeigen, dass das frühere Verfahren , trotz der unterschiedlichen Zeitzonen , keine nennenswerten Probleme machte. Es sind die BEGRIFFE , die uns bei den Diskussionen so verwirren, deswegen bitte ich darum, sich die WIKIPEDIA-Karte in aller Ruhe anzusehen. Warum hat man die alte, sinnvolle Regelung nicht beibehalten ? In Amerika haben wir doch sogar 4 Zeitzonen !

  10. @ Barbara Fuhrmann-Buroh

    Ich verstehe immer noch nicht, was Sie meinen.
    Wenn wir das europäische Russland noch mit einbeziehen, hat Europa ebenfalls vier Zeitzonen. Die EU umfasst allerdings nur drei, und zwar die osteuropäische, die mitteleuropäische und die westeuropäische. Das einzig merkwürdige dabei ist die Tatsache, dass Spanien zur mitteleuropäischen gehört, obwohl es zum Teil westlicher liegt als Großbritannien, das zur
    westeuropäischen Zeitzone gehört.

    Ich verstehe nicht, warum Sie in diesem Zusammenhang die USA erwähnen. Die stellen ihre Uhren doch auch für die Sommerzeit um.

    Es sei Ihnen selbstverständlich gestattet, die Sommerzeit abzulehnen, nur verstehe ich die Argumente nicht, mit denen Sie das tun.

  11. Reichlich komplexe Verhältnisse, sage ich ja. Wenn Sie sich den Spass machen, mithilfe geeigneter Formeln und einer Tabellenkalkulation Licht, Dämmerung und Schatten über die europäische Landkarte laufen zu lassen, sehen Sie, dass die streifenweisen Zeitzonen es nur ungefähr beschreiben. Durch die Schrägstellung der Erde schleppt die Dämmerung sommers und winters durchaus auch schräg über die Landkarte. Unterschiedlich schräg. Faszinierend. Mögen unsere Fachleute in der Lage sein, das entscheidungsreif aufzubereiten.

    Bei der Zeitzonendarstellung in wikipedia (so es denn aus Protest gegen § 13 erreichbar ist) ist natürlich optisch etwas verwirrend, dass Frankreich, Benelux und Spanien sich aus lauter Freundlichkeit uns gegenüber in der falschen Zeitzone aufhalten. Sonst hätten wir da eine etwa senkrechte Zeitzoneneinteilung wie auch die USA und andere Weltgegenden.

    Und die Auswirkungen der Sommerzeitregelung auf Menschen, Tiere und ihren Nachtschlaf sind in GB vermutlich genauso wie bei uns, ja. Einfach alles eine Zonenbreite und eine Stunde versetzt.
    Nur an den Rändern der jeweiligen Zeitzonen werden die Bedingungen zunehmend strapaziert, je weiter weg vom „eigentlichen“ Längengrad der Zeitzone, desto mehr. Dadurch wird auch die Abstimmerei schwieriger, wenn alle dieselbe Zeitregelung mitmachen wollen und bei einer eventuellen Änderung auch gleich gut bedient werden wollen. Ich wäre da glücklich, wenn man die absehbaren Konflikte vermeiden würde.

  12. Eigentlich dachte ich, dass zum Thema Zeitumstellung alles gesagt ist und dass sich die uns von einer Leserin in ihrem Leserbrief während der Sommerzeit attestierte „permanente Erschöpfung“ auf die Diskussion zu diesem Thema bezieht. Aber ihre „Klarstellung“ verlangt doch nach einer Antwort.

    Richtig ist, dass die so genannte Mitteleuropäische Zeit (MEZ) im Augenblick für Deutschland und die Länder in unserer Nachbarschaft – von Polen bis Spanien – die Normalzeit ist. Ebenso richtig stellt die Leserin fest, dass mit der Sommerzeit die Uhren um eine Stunde vorgestellt werden. Wenn es also nach mitteleuropäischer Zeit zwölf Uhr schlägt, ist es nach der Mitteleuropäischen Sommerzeit erst 11 Uhr. Schließlich hat die Leserin zutreffend erkannt, dass es damit eine Stunde abends eine Stunde länger hell ist.

    Bei ihren daraus gezogenen Folgerungen geht allerdings einiges durcheinander. Zunächst unterscheidet sie nicht zwischen der „Sonnenzeit“ und der auf praktischen Erwägungen beruhenden Festlegung der Zeitzonen. Bei der Sonnenzeit ist Mitte des Tages, wenn die Sonne am höchsten steht, und zwölf Stunden danach ist Mitternacht. Ein Blick auf die Website von Wikipedia – Stichwort Mitteleuropäische Zeit – zeigt, dass die mitteleuropäische Zeit und die Sonnenzeit nur in einigen Orten in Schweden, Polen, Österreich, Tschechien und Italien identisch sind. Für Deutschland und Polen gilt dies für Görlitz und (auf der anderen Seite der Neiße) Zgorgzelec. Schon in Frankfurt am Main beträgt der Unterschied zwischen MEZ und Sonnenzeit eine halbe Stunde, in Paris eine ganze Stunde, von Madrid ganz zu schweigen.

    Der Hauptfehler des Leserbriefs besteht dann in der Aussage, dass wir während der Mitteleuropäischen Sommerzeit ständig eine Stunde früher aufstehen müssen. Dies gilt nur für den ersten Tag der Sommerzeit, denn da dauert die Zeit von zwölf Uhr abends bis sechs Uhr morgens nur fünf statt sonst sechs Stunden. Schon der nächste Tag hat dann wieder die gewohnten zwölf Stunden. Nach allen Untersuchungen dauert es maximal eine Woche, bis sich der Biorhythmus darauf eingestellt, dass es morgens eine Stunde später hell und abends eine Stunde später dunkel wird. Millionen deutscher Urlauber können dies bestätigen, wenn sie z.B. auf den Kanarischen Inseln die Uhr um eine Stunde zurück- und in Griechenland oder der Türkei um eine Stunde vorstellen müssen. Sie fahren sogar freiwillig nach Amerika oder Asien und nehmen eine Zeitverschiebung von mehreren Stunden in Kauf.

    Aber auch ohne Zeitumstellung ist es – wie oben gezeigt – in Frankfurt eine halbe Stunde, in Paris eine ganze Stunde und in Madrid zwei Stunden länger hell als nach der Mitteleuropäischen Zeit. Folgt man der Logik des Leserbriefs, dann müssten also die Frankfurter ein bisschen und die Franzosen und Spanier ständig ein Schlafdefizit haben und permanent erschöpft sein. Denn sie müssen – ausgehend von der Sonnenzeit – früher aufstehen und abends wegen der Helligkeit länger aufbleiben. Empirisch habe ich diese permanente Erschöpfung bei unseren französischen Nachbarn noch nicht festgestellt. Auch erscheinen mir die Engländer mit der Zeitdifferenz von einer Stunde zur MEZ nicht ausgeschlafener oder weniger erschöpft – der Umgang mit dem Brexit spricht eher für das Gegenteil.

    Richtig ist, dass die Menschen inzwischen gern länger aufbleiben. Das liegt aber weniger an der „Mitteleuropäischen Sommerzeit“ als an den veränderten Lebensgewohnheiten. Niemand steht mehr gern um sechs Uhr auf, und abends gefeiert wird auch im Winter, wie die Karnevalssitzungen zeigen. Und dass insbesondere Jugendliche unabhängig von der Zeitumstellung zu den „Nachteulen“ und nicht zu den „Lerchen“ gehören, wurde in der FR vor einiger Zeit ausführlich dargestellt.

    Der Streit zwischen den Gegnern der Zeitumstellung, den Anhängern einer dauernden Sommerzeit (MEZ+1) und denen einer dauerhaften Mitteleuropäischen Zeit hat also alle Elemente eines Glaubenskrieges: Es gibt für die jeweiligen Vorlieben keine wirklichen Argumente, aber gerade deshalb kämpft man umso erbitterter – bis zur permanenten Erschöpfung.

  13. Naja, Krieg haben wir noch nicht, es ist halt kompliziert, und es gibt widerstreitende Argumente, und wat den een sin uul is den andern sin nachtegal. Sonst: so isses.
    Über Ihre 11 Uhr und 12 Uhr denken wir nochmal nach, aber da wikipedia gerade protestiert, fehlt uns der theoretische Überbau.

  14. Zu Herrn Unger : Stellen Sie sich bitte vor, Sie müssten an Werktagen morgens um 6 Uhr aufstehen und abends um 23 Uhr zu Bett gehen, weil Sie 7 Stunden Schlaf brauchen ( Kinder sollten allerdings mindestens 8 Stunden haben ) . NACH der Umstellung auf die Mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ) klingelt Ihr Wecker also wie immer um 6 Uhr.
    Ihr Organismus ist aber noch müde, denn er empfindet die Zeit ja zu recht als 5 Uhr, doch da die Uhr eine Stunde VORgestellt wurde ,wegen der Sommerzeit, zwingt Ihr Wecker SIe erbarmungslos zum Aufstehehen.
    Abends sagt Ihnen Ihre Uhr um 23 Uhr : Zeit fürs Bett .Aber für Ihren Organismus ist es erst 22 Uhr, und zwar seit 5 Monaten, seit er NACH der MESZ endlich wieder normal ticken durfte. Sie werden also vermutlich wie viele andere Erwerbstätige erst kurz vor 24 Uhr schlafen gehen, da dann Ihr Organismus gewohnheitsmäßig empfindet, dass es erst kurz vor 23 Uhr ist.
    Morgen früh aber klingelt Ihr Wecker um 6 Uhr , und Sie hatten erst 6 Stunden Schlaf .Dieses Spiel wiederholt sich den ganzen Sommer und ist noch viel grausamer für Menschen, die schon um 5 oder gar 4 Uhr aufstehen müssen, um ihren Arbeitsplatz zu erreichen, abends aber , wie die meisten, nicht den Weg ins Bett finden, „weil es ja noch so schön hell draußen ist“.
    Natürlich werden viele Arbeitnehmer versuchen, am Wochenende durch Ausschlafen den Schlaf nachzuholen, aber da wird ja gern gefeiert ,und während der Woche werden sie ihr Schlafdefizit vergrößern, denn die Sommerabende sind schon ab Mai für die meisten zu schön, um abgekürzt zu werden. Fragen Sie aber mal bei den Lehrern Ihrer Kinder nach, mit wievielen Tricks die versuchen, die vor ihnen sitzenden Schlafmützen morgens in die Gegenwart zu lotsen .
    Zum Begriff „Glauben“ : Der Glaube gehört in die Kirche, aber im Alltag halte ich es lieber mit dem Paulus-Wort „Prüfet die Geister“ .
    Wenn es nach MEZ 12 Uhr schlägt, ist es nach MESZ schon 13 Uhr, denn die Uhr wird eine Stunde VOR gestellt.
    Im Leserbrief von Bernhard Schreiter,Waren (Müritz), in der FR v.7.9.2018 wurde bereits auf die Begriffsverwirrung beim Thema Zeitumstellung hingewiesen und man bräuchte eigentlich gar nichts mehr hinzuzufügen, denn um dieser Begriffsverwirrung Herr zu werden und in Zukunft vorzubeugen, genügt es, bei WIKIPEDIA den Begriff SOMMERZEIT aufzurufen und sich die ersten 10 Seiten herunterzuladen . Auf Seite 9 sieht man z.B. die europäischen Zeitzonen .
    In Kürze (Ende März ?) soll im Plenum des Europäischen Parlaments – nach der Abstimmung des Verkehrsausschusses am 4.3.19 – wieder abgestimmt werden. Worüber ? Vermutlich über die Abschaffung der zweimal jährlichen Zeitumstellung . Auch soll ein Koordinationsmechanismus zwischen den MItgliedstaaten geschaffen werden. Ich hoffe, dass immer mehr Menschen Europa-Abgeordnete kontaktieren und auf Transparenz pochen, denn unsere Meinungsbildung als europäische Bürger steht erst am Anfang und sollte durch mehr Information erleichtert werden .

  15. @ Barbara Fuhrmanm-Buroh

    Noch einmal: Herr Unger hat es doch erklärt.
    Der Organismus (die innere Uhr) stellt sich spätesten eine Woche nach der Zeitumstellung auf den neuen Schlaf-Wach-Rhythmus ein.
    Sonnenuntergang ist z.B in Frankfurt am Main an den längsten Tagen um 21:37. Wer also die lange Helligkeit nutzen will, kann spätestens um 23 Uhr zu Bett gehen, denn da ist es dann spätestens stockdunkel.
    Wer um 6 Uhr aufstehen muss, hat also die Möglichkeit, 7 Stunden zu schlafen. Wem das nicht reicht, legt sich halt früher hin. Und die Kinder werden sowieso früher ins Bett geschickt.
    Dieser späte Sonnenuntergang betrifft nur die Monate Juni und Juli, wenn in vielen Bundesländern Ferien sind, dann werden die Tage wieder rapide kürzer. Das heißt, die Verlockung, zu spät zu Bett zu gehen, währt ohnehin nur kurze Zeit.

  16. @ Barbara Fuhrmanm-Buroh

    Noch einmal: Herr Unger hat es doch erklärt.
    Der Organismus (die innere Uhr) stellt sich spätesten eine Woche nach der Zeitumstellung auf den neuen Schlaf-Wach-Rhythmus ein.
    Sonnenuntergang ist z.B in Frankfurt am Main an den längsten Tagen um 21:37. Wer also die lange Helligkeit nutzen will, kann spätestens um 23 Uhr zu Bett gehen, denn da ist es dann spätestens stockdunkel.
    Wer um 6 Uhr aufstehen muss, hat also die Möglichkeit, 7 Stunden zu schlafen. Wem das nicht reicht, legt sich halt früher hin. Und die Kinder werden sowieso früher ins Bett geschickt.

    Dieser späte Sonnenuntergang betrifft nur die Monate Juni und Juli, wenn in vielen Bundesländern Ferien sind, dann werden die Tage wieder rapide kürzer. Das heißt, die Verlockung, zu spät zu Bett zu gehen, währt ohnehin nur kurze Zeit.

  17. Nur die Sonnenuhr geht richtig. Die astronomische MEZ-Zeit wird auch Görlitz-Zeit genannt. Nur so weit östlich stimmt die Uhrzeit mit der Sonne überein. Die Rheinlinie differiert schon um 30 Minuten. Bis Portugal beträgt der Unterschied 2 Stunden. Also am besten für die gesamte EU Greenwich-Zeit als Mittelwert. Dann hinkt die Uhr in Deutschland hinterher und man muss im Sommer wie die Skandinavier morgens in Helligkeit stundenlang im Nest ausharren, will man nicht zu früh sein. Oder wir gewöhnen uns dran, grundsätzlich um fünf Uhr zur Arbeit zu gehen. Dann passt es . Und wer erinnert sich noch, dass Frankreich und Spanien früher Westzeit hatten? War absolut richtig. Portugal und die Kanaren haben ohnehin Greenwich-Zeit.

  18. Das Gedöns um die Zeitumstellung ist wieder mal ein typisches „Experten-Gejammer“, um Aufmerksamkeit zu erwecken. Jedes Lebewesen muss damit auskommen, und die Empfindlichkeiten sind individuell. Als guter Kompromiss sollte die Sommerzeit nur um 30 Minuten vorgestellt werden und dann das ganze Jahr so bleiben. Das fällt kaum auf und alle dürften damit leben können!

  19. Das EU-Parlament hat beschlossen, bis 2021 die Umstellung zwischen Sommerzeit und Winterzeit aufzugeben. Begründet wird der Beschluss mit einem überwiegenden Votum der europäischen Wähler. Tatsache ist, dass an einer elektronischen Befragung – nicht einmal Wahl – weniger als 1% der europäischen Wähler teilgenommen hat. Von den Teilnehmern hat zwar die Mehrheit für eine Aufgabe der Zeitumstellung gestimmt, das rechtfertigt aber noch lange nicht, dass die EU-Kommission so tut, als sei das die Mehrheit der Wähler! Leider habe ich auch noch keine journalistischen Beiträge wahrnehmen können, die diesen Mangel angreifen. Für weitaus fragwürdiger und kritikwürdiger halte ich das Verhalten der EU-Parlamentarier. Sie beschließen ins Blaue hinein die Abschaffung der Zeitumstellung, ohne dass sich die betroffenen Länder über das Verfahren danach geeinigt hätten! Jedem Land soll die Wahl der Zeitzone überlassen bleiben, es droht das absolute Chaos! Die Schüler bei den Freitagsdemonstrationen verhalten sich verantwortungsvoller! Wir sollten uns bewusst werden, dass wir in unseren Reihen genauso dämliche Politiker haben wie die Briten! Und das sollten wir bei der anstehenden EU-Wahl im Mai bedenken!

  20. Das mit den 30 Minuten, also Zeitzone +1:30, hört sich interessant an. Auch da wartet der Winter noch mit mehreren Monaten Schulweg im Dunkeln auf. Wahrscheinlich ist das aber das beste, was wir erhoffen könnten. Hat das Chancen auf Verwirklichung? Man wird die Begriffe aufeinanderschlagen, und da hört sich „Sommerzeit“ besser an als „Winterzeit“ oder „Normalzeit“, auch wenn die letzteren für viele die bessere Lösung darstellen. Die Gastronomielobby wird ihre Geschäfte verteidigen, und ob die Schulkinder Schutz durch die Lehrerschaft bekommen, ist offen.
    Im Beschluss des EU-Parlaments vom 26.3.19 wird manche zweifelhafte Erwägung für die Abschaffung der Zeitumstellung angeführt. – Während die meisten Leute ohne Weiteres damit klarkommen, am Wochenende zwei Stunden länger zu schlafen als in der Arbeitswoche, während sich viele zu Erholungszwecken jährlich einer viel größeren Zeitverschiebung bei Fernreisen unterziehen und während man Tausenden von Schichtarbeiter/innen ohne schlechtes Gewissen die wöchentliche Rhythmusverschiebung um acht Stunden zumutet, hört sich das Geklage über die eine Stunde Zeitverschiebung halbjährlich doch arg empfindlich an. Aber gut, tempi passati. Nun sollte man die Normalzeit wieder als normal einführen.

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