Die Bundesregierung möchte gern ein Militärgericht schaffen, um mögliche Vergehen von Bundeswehrsoldaten im Einsatz – wie aktuell den Fall des Oberst, der den Luftangriff auf die Tankwagen bei Kundus anordnete – zentral behandeln zu können. Es mag durchaus Vorteile mit sich bringen, wenn ein Gericht sich nicht bei jedem neuen Fall von Grund auf in die Materie einarbeiten müsste, sondern ein Basiswissen besäße. Aber es gibt auch gute Gründe, die dagegen sprechen. Die frühere Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hatte eine eigene Militärrechtsprechung u.a. mit dem Argument abgelehnt, dass jede Straftat mit all ihren einzelnen Umständen bewertet werden müsse; kein Fall gleiche dem anderen. Und auch der Richterbund ist dagegen: Die Übertragung einer zentralen Zuständigkeit auf ein Landgericht sei verfassungsrechtlich fragwürdig. „Damit würde in die Kompetenzen derjenigen Bundesländer eingegriffen, deren Staatsanwaltschaften dann nicht mehr zuständig wären“, sagte der Vorsitzende des Richterbundes, Christoph Frank. Auch Grüne und Linke sind dagegen. Steffen Hebestreit meint im FR-Kommentar: „Jede einzelne Straftat muss im Zusammenhang ihrer Umstände beurteilt werden. Das kostet Mühe, das kostet Zeit. Der Rechtsstaat ist aber angewiesen auf eine gründliche Prüfung der Umstände. Sie ist auch im Interesse der Beschuldigten. Daran sollte sich die FDP schleunigst erinnern.“
Barbara Brandi aus Frankfurt meint:
„Ich bin empört über die Leichtfertigkeit, Großmäuligkeit und besserwisserische Arroganz, mit der wir – Bürger, Politiker, Presse – uns erlauben, die Qualität und das moralische Niveau des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan und seiner Akteure zu beurteilen. Nichts ist leichter als aus unserem kriegsfernen, warmen ‚Nest‘ Deutschland heraus Akteure jenes unseligen und nutzlosen Krieges unter Beschuss zu nehmen und sie auf die Anklagebank zu setzen. Wir in Deutschland sind doch immer fein raus, wir waren doch nicht dabei, können die Bedrohlichkeit einer kriegerischen Auseinandersetzung nicht im Entferntesten richtig einschätzen. Da schicken wir unsere Soldaten und die für sie Verantwortlichen in einen Guerillakrieg gegen die Taliban, lügen uns vor, es handele sich dabei nicht um Krieg (und entziehen den Soldaten damit die für kriegerische Auseinandersetzungen geltenden Einsatzkriterien), und wenn sie sich nach bestem Gewissen ihrer Haut wehren, stellen wir sie vor Gericht. Wunderbar, denn wir selbst sind ja nicht betroffen – wie bequem! Wer hat denn die unsägliche These aufgestellt, Deutschland werde am Hindukusch verteidigt? Ein deutscher Verteidigungsminister, der so wie wir alle gemütlich im Warmen sitzt – fernab von der durchaus ungemütlichen militärischen Lage in Afghanistan.“
Manuel Vesely und Moritz Krell aus Berlin:
„Karl-Theodor zu Guttenbergs political (hyper)correctness in Sachen Afghanistan gibt zu denken: Wer in einem Atemzug von ‚militärischer Angemessenheit‘, aber gleichzeitig von ‚vermutlichen Verfahrensfehlern‘ und ‚möglichen Ausbildungsmängeln‘ sprechen muss, offenbart rhetorisch eindrucksvoll die verquere Sicht Deutschlands auf diesen Einsatz. Am Anfang stand die ‚grenzenlose Solidarität‘ im Kampf gegen den Terror (G. Schröder), im Zuge dessen ‚die Sicherheit Deutschlands auch am Hindukusch verteidigt‘ werden sollte (P. Struck). Doch am Anfang stand auch die Beschränkung des Einsatzes auf den damals vergleichsweise ruhigen Norden, in dem die Bundeswehr vorwiegend Aufbau- und Ausbildungsarbeit leistete. Die Finger schmutzig machen wollten sich die Deutschen im Mittleren Osten möglichst wenig. Dieser von Anfang an bestehende Widerspruch in der deutschen Afghanistanpolitik herrscht bis heute fort. Bereits die überaus emotionale Reaktion auf die Beteiligung deutscher Soldaten an den sogenannten quick reaction forces – Kampfverbände, denen auch das Schießen erlaubt sein sollte – zeigte, was viele (u. a. der ehemalige Verteidigungsminister Jung) nicht wahrhaben wollten: Afghanistan bedeutet im Zweifelsfall töten oder getötet werden. Auch die aktuellen Ereignisse zeigen dies mehr als deutlich: Der Beschuss der Tanklastwagen, der auch zivile Opfer nach sich zog, löst bei vielen den „Wie-konnte-das-passieren?“-Reflex aus. Dabei ist klar, selbst wenn das Völkerrecht mit seiner längst überholten Definition zu Guttenberg auf die Kunstformel ‚kriegsähnliche Zustände‘ zurückgreifen lässt: In Afghanistan herrscht Krieg, und im Krieg lassen sich zivile Opfer nicht vermeiden. Und in diesem Krieg steckt Deutschland von Anfang an zu tief mit drin, als dass es sich ihm jetzt noch entziehen könnte. Jeder vorschnelle Rückzug würde nur die Verantwortung auf die verbleibenden Staaten übertragen und das Risiko einer erneuten Machtübernahme durch die Taliban erhöhen. Der Einsatz in Afghanistan wird daher noch viel kosten: Geld, Zeit und Menschenleben. Eine realistische Einschätzung der dortigen Lage muss diese Tatsachen offen aussprechen. Und daher muss sich die Wende, die zu Guttenberg jetzt begrifflich einleitet, endlich auch in den Köpfen der Deutschen vollziehen.“
Barbara Brandi kann ich nur zustimmen.
Ein solches Militärgericht wäre umso weniger notwendig, je weniger Einsätze im Ausland die Soldaten haben. In Afghanistan sind deutsche Soldaten ausschließlich auf Wunsch der Amerikaner. Hätte es diesen Wunsch nicht gegeben, wäre kein einziger deutscher Soldat da. Man muß auch guten Freunden nicht jeden Wunsch erfüllen.
In der Angelegenheit Afghanistan wird es in Kürze zu einer Entscheidung in Washington kommen. Die Amerikaner setzen ihren Präsidenten momentan sehr unter Druck deswegen, und es sind nicht nur die Generäle, die klarmachen: So weiterwursteln wie bisher, geht nicht. Es gibt nur die Optionen „Drastische Truppenaufstockung“ oder „Abzug“. Diese Entscheidung sollte man vielleicht abwarten, bevor man hier weitere Bürokratien aufbaut, die am Ende vielleicht gar nicht so nötig wären.
Wie war das denn einst in Vietnam? Ich kann mich noch erinnern, dass es alle Nase lang hieß, dass mehr Militär eingesetzt werden musste. Auch Diem ließ Wahlen abhalten wie grade in Afghanistan erlebt. Entwedewr war die Wahl manipuliert – dann muss die Wahl wiederholt werden – oder die Wahl war ohne Manipulation zustandegekommen – dann ist so zu verfahren wie es derzeit geschieht. Da aber eindeutig manipuliert wurde, trotzdem aber das Ergebnis vom Westen anerkannt wird, ist davon auszugehen, dass die Regierigen um Karsai Marionetten sind. Mit denen kann aber dann auch keine Demokratie aufgebaut werden. Die Bundeswehr ist also abzuziehen, wollen sich unsre Regierigen nicht dem Verdacht aussetzen, bei dem Wahlergebnis manipulierend beteiligt gewesen zu sein. Ein Sondergericht zur juristischen Hilfe für in Kriegsverbrechen verstrickte Soldaten einzusetzen hat eben den Geruch an sich, an die dunkelsten Zeiten deutscher Geschichte erinnert zu werden. Darum sind die abzulehnen!
Werner Thiele-Schlesier, Ihren letzten Sätzen kann ich nicht zustimmen. Kein Mensch hat die Wiedereinführung von Zivilgerichten nach 45 dehalb für kritisch befunden, weil sie an „dunkle, gar nicht so weit zurückliegende Zeiten erinnern“ (Denn die „Dunkelheit“ war ja nicht auf Militärgerichte beschränkt, man denke nur stellvertrendend an Freisler). Es kommt in der Frage, woran bestimmte Gerichte einen erinnern, immer darauf an, wie diese Gerichte funktionieren, d.h. ob sie sich an Gesetzen ausrichten (und welchen), oder an politischen Weisungen.
Und genauso wie Zivilgerichte sind auch Militärgerichte übrigens keine Erfindung der Nazis.
Ein Stückweit ist diese Diskussion aber auch ein ähnlicher Budenzauber wie die „Kriegs“frage, denn es gibt ja schon Truppendienstgerichte unter der Verantwortung des Verteidigungsministers. Eine gesetzliche Möglichkeit, diesen die Verantwortlichkeit für Bearbeitung von Vorfällen im Ausland zu übergeben, in die deutsche Soldaten involviert sind, gibt es schon, die müsste gar nicht extra beschlossen werden.
Außerordentlich erheitert hat mich allerdings der Einwand des Richterbundes, daß die Kompetenzen der BUNDESLÄNDER eingeschränkt würden, wenn man ihnen das Recht nähme, militärische Vorfälle im AUSLAND juristisch zu behandeln.
Meine Frage, wieso besteht überhaupt eine Kompetenz eines BUNDESLANDES, sich juristisch um solche Vorfälle zu kümmern, die z.B. in Afghanistan stattfanden? Weil der Soldat, sagen wir, aus Niedersachsen kam? Macht das Sinn? Kann der Soldat aus Niedersachsen von einem Gericht in, sagen wir, Berlin nicht adäquat bezüglich seiner Mitwirkung bei einer möglichen Straftat in, sagen wir, Afghanistan begeurteilt werden? Warum nicht? Gibt es hier irgendwelche niedersächsischen Belange, die die Berliner weniger gut beurteilen können? Das ist doch alles nur absurdes bürokratisches Gerangel um Zuständigkeiten.
Mein Eindruck ist, der Richterbund macht hier Lobbyarbeit und möchte Arbeitsplätze, um nicht zu sagen Pfründe im eigenen Berufsstand sichern.
Nur die vor Ort im Kampfeinsatz befindlichen Soldaten, bzw. Offiziere, können bzw, müssen am besten beurteilen können, ob ihre Handlungsweise (in Anbetracht einer „Gefahrensituation“) richtig ist, oder auch nicht.Und inwieweit, dieser Luftangriff, auf die zwei Tanklastzüge, welcher von Oberst Georg Klein angeordnet wurde gerechtfertigt war oder auch nicht, bei denen auch Zivilisten ums Leben kamen,kann kein „normaler“ Richter, auch die der Bundesanwaltschaft, beurteilen. Auch keiner der hohen Richter, wird wohl jemals beantworten können, was die Taliban, (für Grausamkeiten) im Sinne führten, als sie diese beiden Tanklastzüge, in ihren Besitz nahmen. In einem jeden Krieg verlieren Zivilisten, durch Kampfhandlungen, wie auch Luftangriffe ihr Leben, und ein jeder verantwortungsbewusste Offizier „versucht“ den Schaden durch einen Luftangriff(e) so gering wie möglich zu halten.
In Anbetracht der Beurteilung, dieses für und wider des Luftangriffs, welcher der deutsche Oberst anordnete, dürfte doch wohl nur ein (neu zu schaffendes) Miltärgericht zuständig sein, welches dann schnell und zügig, über diesen, wie auch einen jeden anderen Vorfall, sein Urteil bilden kann.
Zitat: Da gab es vier Jahre lang ganze Quadratmeilen Landes, auf denen war der Mord obligatorisch, während eer eine halbe Stunde davon entfernt ebenso streng verboten war. Zitatende. Deutsche Soldaten sind ebenso Mörder wie alle, die in Afghanistan am Krieg beteiligt sind. Jeder Soldat muss sich immer gewärtig sein, dass er wg Beteiligung an einem Angriffskrieg juristisch zur Rechenschaft gezogen werden kann. Warum auch nicht? Zitat: Sagte ich: Mord? Natürlich Mord! Soldaten sind Mörder. Zitatende
Müssten die Soldaten dann nicht grundsätzlich und ausnahmslos lebenslänglich kriegen? Und der Verteidigungsminister sowieso, der gibt ja die Mordaufträge! Das Problem ist, wer soll die Soldaten festsetzen und einsperren. Wenn man die Polizei losschickt… Schlagstock gegen Leopard-Panzer, das wird schwierig. In Amerika wäre die Polizei wohl besser ausgerüstet für die Festnahme z.B. des Komplettpersonals der US Army… WENN diese allerdings bei der Gegenwehr auf den Einsatz von Atomwaffen verzichtet, und man weiß nicht, ob das der Fall wäre.
Hat man erstmal erkannt, daß Soldaten Mörder sind, so ist man auch das Problem los, jeden Krieg unbedingt schlecht finden zu müssen. Mörder schlachten Mörder ab, ist das denn so schlimm? Vorausgesetzt natürlich, die Mörder bleiben in ihrem Krieg da unter sich und lassen die normalen Menschen in Ruhe. Lebenslanger Knast kommt jedenfalls wohl teurer, als den Mördern eine Freude zu bereiten, und sie mal sich so richtig miteinander austoben zu lassen. Außerdem wird der erzieherische Effekt für einen Mörder ja viel wirksamer sein, wenn er bei der Teilnahme an einem Krieg sieht, wie es ist, wenn Mörder auf einen schießen… das kuriert die Mordlust doch wahrscheinlich viel besser als die erzieherische Wirkung, die das längere Betrachten einer weißen Wand im Gefängnis bewirkt.
Ich möchte sinngemäß zitieren was Helmut Schmitt in seinem Buch Ausser Dienst geschrieben hat: Bisher habe ich noch niemanden getroffen der mir erklären konnte was deutsche Soldaten in Afganistan sollen. Dieser Aussage kann ich mich nur anschließen. Das schließst natürlich nicht aus das der Gesetzgeber regelt wie das Verhalten der Bundeswehr im Ausland zu überprüfen und gegebenfalls zu verurteilen ist
Die Institutionalisierung von Militärgerichten ist im Prinzip logisch & sinnvoll. Man hat Militär im Ausland und Rechtsfälle, die nicht in der Zuständigkeit von Truppendienstgerichten liegen, sollten in geeignetem Rahmen verhandelt werden können. Gerichte sind z.B. sowieso nach Fach-, Sach- bzw. Rechtsgebieten gegliedert, z.B. Senate bei einem LG. Was spräche gegen die Einrichtung von Militärsenaten bei manchen (also mehreren) LG und dementsprechend auch höher?!
Auch wichtig ist m.E. die Aufklärung der Öffentlichkeit. Vermutlich unterliegt auch die internationale Truppe in Afghanistan der Extraterritorialität, andernorts läuft das so, daß man im Einsatzland keine Steuern zahlt, Ein- & Ausfuhr nicht verzollt wird , zivile Angestellte einen besonderen Status bekommen usw. Solche Sachen werden in der Regel in internationalen Verträgen festgehalten. Liegt ein Anliegen gegen Angehörigen dieser Truppe vor, stellt sich auch die Frage, ob dafür ein Gericht im jeweiligen Heimatland zuständig ist. Gibt es eine deutsche Website mit solchen Infos?
Das amerikanische Volk hat gezeigt nach dem Vietnamkrieg wie man mit seinen Soldaten umgeht die nach Hause kommen.
Millionen Moralisten!
Aber wehe wenn der Krieg gewonnen wird!
Helden und Orden,von Opfern keine Rede mehr.
Was für eine beschissene Moral Genzüberschreitend.
Fazit für mich persönlich:wird nur eine Waffe in Nachbars Garten mitgenommen hat man nicht Gutes im Sinn.
Und wenn man die Waffe „absegnet“ sollte man später das Maul halten wenn diese auch benutzt wird.
@ Jörg Nazarow
In meinem Nameen hat noch niemand Krieg führen dürfen. Noch weniger habe ich wem den Auftrag gegeben, Waffen zu segnen. Den Quatsch hat schon Jaroslaw Hasek im „Braven Soldaten Schweijk“ verschei*ert.
Recht haben Sie „den Quatsch“
Das gild heute wie gestern!
Es ehrt Sie so wie mill andere in dessen Namen kein Krieg geführt werden soll.
Aber es bleiben noch genug übrig die das anders sehen.
Gern entschuldige ich mich an dieser Stelle auch Sie verdächtigt zu haben OK