„An den Schulen“, meint Katja Irle im FR-Kommentar, herrsche „eine Klassengesellschaft, die auf Privilegien beruht und nicht auf guter Lehrtätigkeit. Verbeamtete und angestellte Pädagogen machen den gleichen Job zu unterschiedlichen Bedingungen. Die Länder stellen Lehrer mal als Angestellte, mal als Beamte ein – je nach Haushaltslage und politischer Überzeugung.
Gerechter wäre es, den Beamtenstatus bundesweit abzuschaffen und den Angestelltentarif so zu regeln, dass nicht nur Dienstjahre, sondern auch Leistungen zählen. Bei dieser Gelegenheit könnte man auch gleich die ungerechte Bezahlung nach Schulformen abschaffen. Warum verdient eine Grundschullehrerin weniger als ein Studienrat? Genau: Privilegien. Aber sie haben in einer modernen Schule nichts zu suchen.“
Dazu Prof. Rolf Grap aus Aachen
„Die Forderung nach der Nicht- mehr-Verbeamtung von Lehrern taucht ja immer wieder mal auf. Das Thema hätte es nötig, deutlich kompetenter bearbeite zu werden, als es Frau Irle scheinbar möglich ist. Allem Anschein nach verbindet Frau Irle mit dem Beamtenstatus das Fehlen einer leistungsorientierten Besoldung und ist sie in einem der Meinung, dass diese automatisch mit einem Status als Angestellter verbunden ist. Und beides ist falsch. So wie es auch an den Grundideen der Tarifgestaltung vorbei geht zu behaupten, das höhere Salär von Gymnasiallehrern hätte etwas mit Privilegien zu tun.
Bleiben wir zunächst mal beim Angestelltenstatus. Grundlage des Gehaltes ist eine sogenannte Anforderungsermittlung. Das bedeutet: Die Stelle bestimmt die Höhe des Salärs. Grundlage dafür sind die Tarifverträge, in denen man sich nun mal auf ein Verfahren der Anforderungsermittlung geeinigt hat, das der erforderlichen Fachkompetenz klare Priorität einräumt. Der Idee nach ist das Salär an einem Gymnasium deswegen höher, weil höhere fachliche Inhalte in größerer fachlicher Tiefe vermittelt werden. Man könnte sicher auch andere Kriterien heranziehen und zum Beispiel sagen, die Anforderungen an die Sozialkompetenz eines Lehrers sollen höher oder gar entscheidend für die Bemessung seines Gehaltes sein. Könnte man, haben die Tarifpartner aber nicht. Dieses Anforderungsbewertungssystem hat mitnichten etwas mit Status und Privilegien zu tun.
Die Besoldung der Beamten folgt nicht irgendwelchen Tarifverträgen, sondern ergibt sich aus dem Alimentationsprinzip. Gleichwohl ist deren Alimentation der der Angestellten in Struktur und Höhe angeglichen. In dem Kommentar wird nun so getan, als wäre eine individualleistungsorientierte Komponente bei angestellten Lehrern vorgesehen und bei Beamten nicht möglich. Beides ist falsch. Dass eine leistungsorientierte Besoldung von Beamten möglich ist, zeigt die Umstellung der Professorenbesoldung auf ‚W‘ aufs Deutlichste – auch wenn dies den Willen des Gesetzgebers offenbart, unter wohlfeilem Vorwand zu sparen, da das gefundene System als entgeltgestützter Leistungsanreiz gänzlich untauglich ist. Wichtig ist: Es geht auch für Beamte. Etwaige Unterschiede liegen nicht am Status Angestellter oder Beamter, sondern allein am Willen der Tarifparteien respektive des Dienstherrn, so etwas vorzusehen.
Damit kommen wir zum Kern der Sache, zu dem was Frau Irle lapidar mit ‚politischer Überzeugung‘ übergeht. Es geht nämlich darum, ob man der Meinung ist, ein Lehrer nimmt eine hoheitliche Aufgabe wahr. Wenn der Staat einen eigenen, elternunabhängigen, vielleicht sogar gegen die Erziehungswünsche und Weltanschauung der Eltern gerichteten Erziehungsauftrag verfolgt, handelt er hoheitlich, und dann liegt es nahe, dies mit verbeamteten Lehrern zu tun. Ist der Lehrer jedoch Dienstleister des Elternwillens, dann passt der Angestelltenstatus natürlich besser.
Im GATT-S wurde damals die Privatisierung (Liberalisierung) der Schulen festgelegt – so wie anderer öffentlicher Services. Die GATT-Vereinbarungen sind durch die Gründung der WTO keineswegs obsolet geworden; sie bestehen noch heute. Wer sich also heute durch Sozial- und Privilegienneid auf die vertretene Position einlässt, spannt sich vor den Karren der Neoliberalen und hilft denen, ein Etappenziel zu erreichen. Ich bezweifle, dass Frau Irle das wollte. Es wäre daher gut, wenn man als Journalist einer respektablen Zeitung ein wenig tiefer bohren würde, ehe man den Bleistift spitzt.“
Michael Bahr aus Frankfurt:
„In unserem Gemeinwesen lässt sich über alles diskutieren, auch über Sinn und Unsinn des Beamtenstatus für Lehrer. Doch sollte diese Diskussion mit sachlich begründeten Argumenten geführt werden und nicht mit solchen, die bei genauerer Betrachtung erheblich an Schlagkraft verlieren.
Sie schreiben im Zusammenhang mit der höheren Besoldung der Studienräte (Gymnasiallehrer) gegenüber den Grundschullehrern von einem Privileg, das in der modernen Schule nichts mehr zu suchen habe. Die Verwendung des Begriffes ‚Privileg‘ suggeriert etwas zu Unrecht Erworbenes. Doch müssen Sie die unterschiedlichen Ausbildungswege von Gymnasial- und Grundschullehrern beachten. Künftige Gymnasiallehrer absolvieren ein akademisches Vollstudium, für das etwa die doppelte Regelstudienzeit zu veranschlagen ist wie für das Studium zum Grundschullehramt, das wissenschaftlich deutlich entschlackt ist.
Im Beruf angekommen, dürfte die Arbeitsbelastung bei den Gymnasiallehrern doch über der der Grundschullehrer liegen. Die Korrektur einer Deutscharbeit einer 3. Grundschulklasse wird nur einen Bruchteil der Zeit in Anspruch nehmen wie die Korrektur einer Oberstufenklausur eines 12. Jahrgangs – von der inhaltlichen Vorbereitung des Unterrichts gar nicht zu reden.“
Manfred Bonson aus Ascheberg:
„Mit dem Thema ‚Ent-Beamtung der Lehrer‘ wird wieder das Sommerloch gefüllt und von den eigentlichen Problemen abgelenkt. Die Probleme in der Schule sind natürlich nicht darauf zurückzuführen, dass Lehrer Beamte sind, sondern darauf, dass viel zu wenig Lehrer eingestellt werden, weil der Staat unser Geld lieber woanders verbrennt. Statt auf Ablenkungsmanöver hereinzufallen, sollten wir fordern, dass unsere Steuergelder für unsere Kinder eingesetzt werden, für Menschen, und nicht für Waffen, Spekulanten, Autos und Computer! Die Partei, die das wirklich will, müsste ich allerdings noch gründen.“
Kommentar zu „Gymnasiallehrer sind anders gefordert“ von Michael Bahr:
Ich stimme der Aussage zu, dass Gymnasiallehrer anders gefordert sind. Aber eben nur anders und nicht mehr als Grund- oder auch Haupt- und Realschullehrer. Diese haben eine deutlich höhere Unterrichtsverpflichtung und müssen aufgrund des unterschiedlichen Leistungsvermögens der ihnen anvertrauten Kinder ihren Unterricht viel differenzierter planen und durchführen. Die Korrektur von Arbeiten nimmt insgesamt bestimmt genauso viel Zeit in Anspruch, da mehr Arbeiten pro Jahr zu schreiben sind und in einer Grundschulklasse etwa doppelt so viele Schüler sitzen wie in einem Leistungskurs der Oberstufe. Hinzu kommt, dass ein Grundschullehrer deutlich mehr Zeit in Erziehungs- und Elternarbeit investieren muss. Die Meinung „kleine Kinder – weniger und einfachere Arbeit“ lässt sich nicht aufrecht erhalten! Gleiche Besoldung aller Lehrer unabhängig von der Schulform ist eine angebrachte Forderung. Dies würde zudem mit Sicherheit auch ein weiteres Problem lösen: es gäbe deutlich mehr Männer, die in der Grundschule unterrichten würden, was für Jungen im Grundschulalter dringend notwendig wäre.
Zum Kommentar von Frau Irle:
Die Abschaffung von Privilegien, wenn es denn in dem von Frau Irle genannten Zusammenhang welche geben sollte, ist sicherlich nicht das Mittel eine verbesserte schulische Ausbildung zu erreichen. ich stimme prinzipiell zu, dass leistung und nicht Dienstjahre honoriert werden sollen, jedoch sollte dies nicht nur auf den Beabtenstatus zutreffen, sondern generell auf alle ausgehandelten Löhne.
Des weiteren weigere ich mich es als Privileg zu sehen,Lehrer an einer, z.B. in einem sozialen Brennpunkt beheimateten Gesamtschule zu sein (denn auch dort werden Gymnasiallehrer eingesetzt). Interessant wäre eine Diskussion z.B. über die qualitative Ausbildung der Grundschullehrer (die meines Erachtens schlecht ist, entwicklungspsychologische Elemente fehlen oft vollständig) sowie eine Diskussion darüber, wie man die psychische Belastung des Lehrerberufs minimieren kann, um Ausfallzeiten zu minimieren und Motivation sowie Engagement zu stärken. Darüber zu jammern, dass es zu wenige Lehrer gibt, diese schlecht ausgebildet sind und noch unterschiedliche Gehälter beziehen führt meiner Meinung am Thema vorbei.
Nun, sicher wäre es wünschenswert, wenn das Gehalt der Kollegen an Grund-, Haupt-, Real- und Sonderschulen an das der Gymniasallehrer angeglichen werden würde. Inhaltlich ließe sich das auf jeden Fall rechtfertigen, ohne dass man kleinlich die unterschiedlichen Anforderungen gegeneinander aufrechnen müsste. Die Frage ist hier nicht die inhaltliche Analyse, sondern, wie das Ganze finanziert werden soll. Spontan bieten sich mir zwei Möglichkeiten an. Ist man der Ansicht, das Gehalt der Gymniasallehrer sei angemessen, müsste das der Kollegen entsprechend erhöht werden, was wiederum die Diskussion um den Wert der Bildung befeuern würde- Bildung darf halt nur ein Schwimmentchen kosten im Vergleich zum Rettungsring für absaufende Banken. Andernfalls müsste man von den Gymnaiallehrern fordern, ihr Gehalt zu teilen zu Gunsten der Kollegen an anderen Schulformen. Dass diese Lösung wenig Begeisterung auslösen würde unter den Gymniasallehrern kann man sich ausmalen. Die Folge davon könnte sein, dass fähige Leute in die Wirtschaft gehen würden anstatt an die Schule, da sie sich dort bessere Verdienstmöglichkeiten versprechen. Die Abschaffung des Beamtenstatus würde die Schulleitung gegenüber den Lehrern mit mehr Macht ausstatten, was ich persönlich sehr skeptisch sehe. (Nicht immer hocken besonders fähige Leute an der Spitze) Auf diese Weise könnte ein Schulleiter leicht unliebsame Kritiker los werden. Die Idee, ein verbeamteter Lehrer würde weniger motiviert sein als ein angestellter, ist Unsinn. Die meisten Lehrer haben ihren Beruf aus Überzeugung gewählt und wollen ihn gut machen. Es gibt auch unzählige Prüfungen und Unterrichtsbesuche, die man durchlaufen muss, bis man überhaupt verbeamtet wird. Allerdings ist die Arbeit an einer Schule mit einigem Verschleiß verbunden, was dazu führt, dass sich junge Kollegen im Normalfall im außerschulischen Bereich stärker engagieren als die älteren, die schon Jahrzehnte auf dem Buckel haben. Ich persönlich finde das auch in Ordnung so. Die Idee „unmotivierte Lehrer“ im Angestelltenverhältnis schneller los werden zu können, halte ich in dem Zusammenhang für nicht besonders human, da es die Alten, die Kranken und die Schwachen treffen wird. Es wäre in dem Zusammenhang also besser andere Wege zu finden (Hilfestellungen zum Beispiel), als diese Leute vor die Tür zu setzen. Letztlich möchte ich zu bedenken geben, dass Leistungsdruck und die Angst um den Arbeitsplatz in anderen Berufen keine zu rühmenden Entwicklungen darstellen, die sich die Schule zum Vorbild nehmen sollte.
Ich halte es für eine durchsichtige und unverschämte Zweckbehauptung, ständig den Eindruck zu erwecken, „der“ Beamte, Angestellte oder Arbeiter sei im Prinzip leistungsunwillig und müsse durch irgendwelche „Maßnahmen“ angespornt werden.
Aus welchen Küchen diese Rezepte kommen, weiß man längst und was diese Rezepte in der Wirtschaft, in den Seelen der Belegschaft und in den Kassen von Firmen und Behörden anrichten, weiß man auch.
Sie demotivieren.
Zu Gabriele Jüngel:
Von welchen Zeiten träumen Sie? In Deutsch-Kursen der Jahrgänge 12 und 13 sitzen oft gerne bis zu 25 Schüler. Da fehlt nicht mehr viel und sie erreichen die Klassenstärke einer Grundschulklasse. In jedem Leistungs- oder Grundkurs werden vier Klausuren pro Schuljahr geschrieben. Da man aber als Gymnasiallehrer nicht natürlich nicht nur in der Oberstufe eingesetzt ist, sondern auch den den Stufen 5 – 10 (wo teilweise – je nach Fach – auch bis zu 6 Arbeiten pro Jahr anstehen), können Sie sich den Gesamtaufwand vorstellen.
Doch grundsätzlich wollte ich den selbstverständlich auch für die Grundschullehrer vorhandenen Arbeitsaufwand nicht wegdiskutieren. Mich ärgerte nur die völlig unsachliche Gleichsetzung beider „Lehrerspezies“ im FR-Kommentar von Frau Irle.
Ärzte protestieren gegen die Gesundheitsreform, Politiker rechtfertigen ihre z.T. horrend-hohen Nebeneinkünfte und die Lehrer verteidigen eben ihren Beamtenstatus. Wen wundert’s? Wer von uns würde denn selbst (frei)willig auf ein gewohntes Privileg verzichten?
Trotz Zeter und Mordio müssen Privilegien aber dort fallen, wo sie nicht mehr zeitgemäß, unnötig oder gar schädlich sind. Der Beamtenstatus für Lehrer jedenfalls ist weder zeitgemäß noch notwendig und sollte deshalb flächendeckend abgeschafft werden. Das Argument, dass sich dann „fähige“ Leute womöglich für die freie Wirtschaft entscheiden, finde ich mehr als schwach. Für unsere Kinder wäre es doch sicher förderlicher, wenn der Lehrerberuf aus Überzeugung und Neigung und nicht wegen des Beamtenstatusses ergriffen werden würde.
Ausserdem wird verbeamteten Lehrern, die vielleicht nach Jahren guter Arbeit genug von ihrem Job, den Schülern und den Eltern haben, ein Berufswechsel sehr schwer gemacht, weil damit herbe Verluste bei der Umwandlung von Pensions- in Rentenansprüche verbunden sind. Die Folge davon ist, dass unzählig viele „ausgebrannte“ Lehrer und Lehrerinnen im Schuldienst verbleiben und sich (und die Schüler) eben noch bis zu ihrer Pensionierung durchquälen.
So würde eine gute, leistungsgerechte Bezahlung im Angestellenverhältnis meiner Ansicht nach bewirken, dass sich nicht weniger, sondern mehr „fähige“ Leute für den Lehererberuf entschieden.
@anna
„Die Folge davon ist, dass unzählig viele „ausgebrannte“ Lehrer und Lehrerinnen im Schuldienst verbleiben…“
Es ist Aufgabe des Dienstherren und Arbeitgebers (!), das „Ausbrennen“ zu verhindern, egal, in welchem Status sich der Beschäftigte befindet. Genaugenommen ist es Aufgabe, (je)den Arbeitsplatz so zu gestalten, daß man ihn bis zur Rente gesund ausfüllen kann.
@ BvG
Ja, schön wär’s, aber die Zeichen dafür stehen schlecht: mit Schwarz/Gelb werden zwar viele Priviliegen erhalten bleiben, jedoch ganz sicher keine Arbeitsbedingungen für die breite Masse geschaffen, die Ausbeutung und Burn-Out verhindern.
@anna
Ja, wollte nur nochmal dran erinnern… vielleicht findet’s ja einen Weg in die Wahlprogramme.
Zu Annas Kommentar:
Sie können nicht mehr als das sehr schwache Argument anführen, die Verbeamtung hindere den unmotivierten Lehrer nach mehreren Jahren Berufspraxis am Ausstieg??? Das soll ernsthaft für die Abschaffung des Beamtenstatus der Lehrer sprechen?!?!?
Ein Beispiel:
Sie sind nach Zivildienst, Studium und Referendariat Anfang 30 wenn Sie „richtig“ in den Beruf als Lehrer einsteigen. Nach 5 oder 6 Jahren stellen Sie fest, der Beruf gefällt Ihnen nicht. Dann sind Sie zwischen Mitte und Ende 30.
Ja glauben Sie denn ernsthaft, dass auch ein „nur“ angestellter Lehrer in diesem Alter noch mal eben so einfach seinen Beruf wechselt. Woher soll man auch einen neuen nehmen?? Noch einmal studieren?? Da wäre man beim Einstieg in den neuen Beruf beinahe Mitte 40 – die Probleme vor denen ältere Arbeitnehmer sich in dieser Gesellschaft gestellt sehen, dürften jedem klar sein.
Also – dieses Argument taugt wohl auch kaum um den Beamtenstatus der Lehrer sinnvoll zu hinterfragen.
Ansonsten operieren Sie mit Begriffen wie „unzeitgemäß“ und ähnlichem. Das sind rein emotional besetzte Vokabeln.
Versuchen Sie doch einmal wirklich zu durchdenken, wo der Vorteil für die Gesellschaft läge, „entbeamtete“ man die Lehrer.
@ Michael Bahr
Anders herum gefragt: wo sollen denn die Vorteile für die Gesellschaft liegen, wenn Lehrer verbeamtet sind und nicht nur vom Staat angestellt?
Ich sehe tatsächlich keine, dafür aber schon den großen Nachteil, dass Leute festgehalten werden, denen ihr Job schon längst aus dem Hals raushängt und „einfach keine Lust mehr haben, sich mit den Kindern anderer Leute abmühen zu müssen.“
Gut gefallen hat mir insb. der Kommentar von Prof. Rolf Grap. Zum Thema gehört auch der allgemeine Status des Beamten-Standes in heutiger Zeit. Der Beamten-Stand ist in Preußen erfunden worden (vielleicht bei den Mönchs-Orden nachgeguckt), um dem Staate einen verläßlichen „Orden“ von Staatsdienern zu geben, die wurden auf den Staat — dessen erster Bürger ja der König war — vereidigt. Das war in der damaligen (historischen) Zeit eine besonders einfallsreiche & nützliche Lösung. Ob mehrere Kategorien von gleiche Arbeit verrichtenden Angestellten in heutiger Zeit notwendig sein? Gut gefallen hat mir auch die Meinung des damaligen Bundesinneministers Otto Schilly, er empfahl, den Beamten-Stand nur für Polizei und andere Bereiche beizubehalten.
Ich möchte doch auch beim Vergleich „Die Debatte […] erinnert an das Ungeheuer von Loch Ness.“ im verlinkten Artikel von Katja Irle nachhaken. Bei der (wiederkehrenden) Debatte um bzw. Suche in Loch Ness geht es um ein nach wissenschaftlichen Ansichten nicht-existentes Ungeheuer. Wie überträgt sich das auf die Debatte um die Lehrenden?! Ist das eine inhaltslose Debatte? 😉
@ Anna:
Schade, dass Sie mit einer Gegenfrage antworten. Das erspart die Mühen einer überlegten Antwort.
Es gibt wohl tatsächlich Leute, die derart neoliberal gewendet sind, dass sie davon ausgehen, nur der nicht verbeamtete Lehrer sei ein guter Lehrer. Das ist natürlich Nonsens (so, wie man uns vor zwanzig Jahren weißmachen wollte, die angeblich völlig ineffizienten Staatsbetriebe Bundespost und Bundesbahn müssten unbedingt privatisiert werden, dann würden paradiesische Zeiten der Kunden- und Serviceorientierung anbrechen – wo man heute angekommen ist, kann täglich traurig beobachten).
Man übt den Beruf als Lehrer aus Neigung zu dieser Tätigkeit aus – das steht im Vordergrund. Es ist im pädagogischen Berufsfeld naturgegeben viel Idealismus mit im Spiel. Nur sollte unsere durch und durch auf Matrielles ausgerichtete Gesellschaft nicht gerade von den Lehrern den puren Idealismus erwarten. Ja, das Gehalt eines verbeamteten Lehrers ist höher als das eines angestellten Lehrers. Ja, als Beamter genießt man einen sehr weit reichenden Kündigungsschutz. Das ist eine Form der Sicherheit in der Lebensplanung, die viele Menschen nicht (mehr) haben. Ist das aber ein Grund diese Sicherheit den Lehrern zu nehmen? Ein bisschen was muss die materielle Seite als Anreiz bieten, sonst übt diesen Beruf bald gar keiner mehr aus. Wie schwierig es derzeit ist, Lehrer zu finden, dürfte sich herum gesprochen haben.
Die Übernahme in ein Angestelltenverhältnis würde de facto nichts anderes bedeuten als eine massive Gehaltskürzung der Lehrer. Der Unterschied zwischen dem Nettogehalt eines Lehrers im Angestelltenverhältnis und dem eines Beamten ist ziemlich hoch. Es handelt sich tatsächlich um eine große Ungerechtigkeit, auf die Frau Irle hinweist. Das Ende vom Lied wäre allerdings, dass im Angestelltenverhältnis alle zu miserablen Konditionen den Beruf ausüben dürften. Dass auf diese Weise eingespartes Geld in irgendeiner Form wieder in der Schule (und auf dem Lohnzettel eines Lehrers) landet, mag glauben wer will-ich nicht. Mit schlechteren Arbeitsbedingungen und schlechterer Entlohnung angeblich Lehrer anziehen zu wollen, die von der Liebe zur Bildung und zu den Kindern beseelt sind, halte ich für einen Witz. Die engagiertesten Junglehrer, würden an die Privatschulen abwandern, welche mit wesentlich besseren Konditionen werben könnten. Vielseitig begabte Abiturienten würden anderen Berufen den Vorzug geben. Die Folgen für die Staatsschulen, kann man sich ausmalen.
@ Michael Bahr
Ich bin ganz sicher nicht der Meinung, dass nur ein „nichtverbeamteter Lehrer ein guter Lehrer ist“ – das ist wirklich Nonsense – und darum geht es mir auch gar nicht. Natürlich gibt es viele gute, engagierte Lehrer, verbeamtete und nicht verbeamtete. Leider gibt es aber auch eine beträchtliche Anzahl an ziemlich frustrierten Exemplaren, die den Schülern das Lernen/ein Fach zur Hölle machen können, statt deren Neugier und Interesse zu wecken bzw. zu fördern. Der Beamtenstatus schützt solche Kandidaten nicht nur, sondern lässt denen, die von sich aus bereit wären, woanders ihr Glück zu probieren (die gibt es tatsächlich!) kaum eine andere Wahl als weiter zu machen in ihrem ungeliebten Job, weil – wie schon erwähnt – die materiellen Einbußen, die mit der Aufgabe des Beamtenstatusses einhergehen, ziemlich hoch sind.
Deshalb bleibe ich dabei, dass der Beamtenstutus für Lehrer, der „ein Ausruhen auf seinen Lorbeeren“ viel zu leicht macht, abgeschafft und ersetzt gehört durch ein höheres Bruttogehalt und einer zusätzlichen persönlichen Leistungszulage, um explizit individuelles Engagement zu honorieren. Und ja, das hielte ich für zeitgemäß.
@ maat
Dein Argument, dass so eine Maßnahme gleich ausgenutzt werden würde, um wiedermal an einer falschen Stelle zu sparen ist natürlich mehr als denkbar und dann wäre tatsächlich gar nichts gewonnen. Allerdings können Angestellte ja in den Streik gehen 😉
@Anna
ja richtig- das ist der einzige Vorteil, den Lehrer als Angestellte gegenüber denen im Beamtenverhältnis haben. Das Recht auf Streik! Es ist natürlich absolut von Vorteil, wenn die Schüler statt Unterricht von verpennten Paukern ertragen zu müssen wochenlang gar keinen Unterricht mehr hätten, weil sich die Lehrerkollegien im Arbeitskampf befinden. Meinst du, Lehrer hätten weniger Ausdauer als Lokomotivführer und Erzieherinnen?
@ maat
Ganz sicher haben Lehrer nicht weniger Ausdauer als Lokomotivführer und Erzieherinnen, liebe maat – aber du hast doch hoffentlich gemerkt, dass ich das nicht ganz so bierernst gemeint habe, oder?
Doch, liebe Anna, das habe ich wohl gemerkt. aber wie denkst du über die Konsequenzen? Ich meinte meinen Einwand nämlich durchaus ernst.
Liebe maat,
ok, du willst es scheinbar explizit hören: Streikrecht für Lehrer wäre keine sehr gute Idee – also hat der Beamtenstatus für den Lehrerberuf doch eine gewisse Berechtigung.
@Anna
Liebe Anna, ja so expizit wollte ich das schon lesen, danke 😉
Ich habe übrigens eben nachgeschaut. Der tarifbeschäftigte Lehrer ist nach 15 Jahren quasi auch unkündbar. Das heißt, wer mit 45 die Schulkrise hat, kann auch bis zu seiner Pensionierung die Schüler quälen. Logischerweise benachteiligt ein Angestelltenverhältnis also die Junglehrer, insbesondere die Frauen. Viele der sogenannten „Privilegien“, die Lehrer genießen, sind nämlich schlicht und einfach ausgesprochen familien-und frauenfreundliche Arbeitsbedingungen. Diesen Punkt sollte man nicht vergessen.
Es ist noch gar nicht so lange her, als beamtete Lokführer den tollen Notfallplan der DB AG umsetzten. An den Bahnsteigen das große Schimpfen und Zähneknirschen der Kunden der DB AG.
Und sooo lange ist es auch noch nicht her, da bekam der beamtete Lokführer für die Nachtstunden 75 Pfennig als Zuschlag, an Wochenende und Feiertagen 1,25 DM. Der Arbeiter bei Opel, Angehöriger des größten Automobilkonzerns der Welt, bekam wieviel? Und was bekam jener als Grundgehalt? Der junge Familienvater, Lokführer von Beruf (Beamter des Bundes), bekam vorneweg weniger als die Hälfte – mit 5jähriger Berufsausbildung. Dennoch ist er Lokführer geworden, hat vorher gewußt, was da auf ihn zukommt. Das er mit 50 Jahren , wenn die Kinder aus dem Haus sind, richtig gut verdient, wußte er auch. Und er wußte, er bleibt Lokführer, auch wenn er in der Pampa übernachten muß, dort sein Dienstende ist. Der Arbeiter bei Opel, der mittlerweile 100.000de von Geldstücken mehr verdient hat, bangt derweil um seinen Arbeitsplatz. Man müßte nun ausrechnen, wer am Ende seiner Lebensarbeitszeit besser gefahren ist.
Den Beamtenstatus gänzlich abzuschaffen halte ich für keine sonderlich gute Idee. Es gibt Bereiche die funktionieren müssen, wo ich mich als Bürger drauf verlasse, daß da nun kein Querschläger kommt. Polizeiliche Bereiche gehören auf alle Fälle dazu. Ob ein Jugendlicher mit dem Hinweis auf seine fehlende Qualifizierung „Lehrer streikten dauernd“ Freude am Vorstellungsgespräch haben wird, wage ich auch zu bezweifeln.
Ob der Lehrer nun Angestellter oder Beamter ist, hat ansich mit dem Unterricht/der Unterrichtsquallität nichts zu tun. Das ist eine Sache der persönlichen Einstellung des jeweiligen zu seinem Beruf.
Jeder kann vorher entscheiden, welchen Berufszweig er wählt. Und jeder weiß vorher was auf ihn zukommt.
Das die Gewerkschaften hier auch versagen, was die Besoldung der verschiedenen Einstufungen angeht, soll nicht unerwähnt bleiben (sie GdL und andere).
@ Anna
Sie immer mit Ihren „frustrierten Exemplaren“, die dauernd für alles herhalten müssen.
Ihre eigenen Schulerfahrungen müssen ja schlimm gewesen sein. Meine waren (als Schüler) und sind (heute selbst Lehrer) es nicht. Es hat diese „frustrierten Exemplare“ in jedem Beruf zu jeder Zeit gegeben – und es wird sie immer geben (ob Beamte oder nicht). Sie sind (und waren) aber immer die absolute Minderheit!!
Zur unterschiedlichen Besoldung von Grundschullehrern und Gymnasiallehrern fällt mir nur immer wieder mit Kopfschütteln ein, dass die GS Kollegen, die mein Fach Englisch unterrichten wollen, gerade mal das an Qualifikation brauchen, was ich nachweisen musste, um das Fach überhaupt erst studieren zu dürfen. Da von gleichen Voraussetzungen zu sprechen ist hochgradig absurd. Die Differenz könnte man leicht beseitigen, wenn auch die GS Kollegen endlich eine ordentliches (Fach)Studium nachweisen würden, das auch mehr als lächerliche 6 Semester dauert.