Und wieder ein Abschiebefall, bei dem man sich fragt, wie so was in Deutschland passieren kann. Immerhin hält dieses Land sich für einen Rechtsstaat. Für bestimmte Menschen scheinen die Regeln dieses Staates jedoch nicht zu gelten. In diesem Fall für einen Rom aus dem Kosovo, dessen Asylantrag abgelehnt war. Er war ausreisepflichtig. Er war aber auch schwerkrank. Schwerkranke dürfen nicht abgeschoben werden. Posttraumatische Belastungsstörung, schwere depressive Episoden — der Mann befand sich zeitweise in stationärer Behandlung in der Psychiatrie der Uniklinik Gießen. Er war, so erzählt er seine Geschichte, aus dem Kosovo geflohen, nachdem mehrere Roma, mit denen er ein Schicksal geteilt hatte, ermordet worden waren. Zusammen mit ihnen soll er im Kosovokrieg in den 1990er Jahren von Serben rekrutiert worden sein, um erschossene albanische Zivilisten zu verscharren.
Während der Mann sich in stationärer Behandlung befand, wurden seine Frau und seine vier Kinder in den Kosovo abgeschoben. So was ist einer erfolgreichen Therapie natürlich sehr förderlich. Der Mann zeigte „deutliche Antriebslosigkeit, globale Schlafstörung mit Alpträumen und Suizidgedanken“. Sieben Wochen war er in Behandlung, bis die Frage drängend wurde, wer dafür bezahlte. Außerdem brauchte er Taschengeld. Um diese Dinge zu klären, musste er persönlich auf dem Landratsamt in Friedberg erscheinen. Es heißt, er sei dorthin gelockt worden. Der Wetterau-Kreis bestreitet das. Eine Sozialarbeiterin der Klinik begleitete ihn dorthin. Der Mann wurde festgenommen und noch am selben Tag über München ins Kosovo abgeschoben. Das war vor zwei Wochen. Seitdem ist er dort unauffindbar.
Die Abschiebung wurde möglich, weil ein Amtsarzt sie ermöglichte. Der hatte zwar von der Sozialarbeiterin erfahren, dass der Mann schwer traumatisiert sei, erklärte ihn aber dennoch für körperlich reisefähig. Er wird zitiert mit den Worten: „Mit Suizid drohen ja viele, um ihre Abschiebung zu verhindern.“
Sind sie wieder da, die fürchterlichen Ärzte, die schrecklichen Juristen der Nazi-Zeit?
Zwei Texte von FR-Redakteurin Jutta Rippegather dokumentieren den Fall in den bisherigen Stadien seiner Entwicklung: „Aus der Psychiatrie direkt in den Kosovo“ und „Abschiebebehörde in der Kritik„. Außerdem gibt es einen Hintergrundbericht über Gutachten von „Abschiebeärzten“: „Ärzte leisten umstrittene Hilfe bei Abschiebungen“ .
Leserbriefe
Dr. Ernst Girth aus Frankfurt meint:
„Nazivorwürfe gegen demokratische Länder haben Konjunktur. Allein wenn man deren Absender ansieht, kann man sie nicht ernst nehmen. Warum aber hatte ich nach Kenntnis der Umstände der Abschiebung eines schwer Traumatisierten nicht nur eine schlaflose Nacht, sondern auch das schreckliche Gefühl, nachempfinden zu müssen, wie sich die Betroffenen in einem autoritären System gefühlt haben werden? Nazimethoden? Nein, die Nazis wären in die Klinik einmarschiert und hätten ihn abgeführt, wahrscheinlich in den sicheren Tod.
Warum werde ich trotzdem das Gefühl nicht los, das das Vorgehen im Landratsamt Wetterau etwas mit unserer furchtbaren Vergangenheit zu tun hat? Ich glaube es ist der perfekte Ablauf, das reibungslose Funktionieren einer Unrechtstat, die mich so betroffen macht. Es ist keine vier Wochen her, dass die Innenministerkonferenz eine härtere Gangart bei Abschiebungen beschlossen hat. „Auf gesundheitliche Probleme von Flüchtlingen soll bei Abschiebungen weniger Rücksicht genommen werden.“ Und: „Es soll möglichst verhindert werden, dass Abschiebungen wegen ärztlicher Einwände nicht klappen.“
Ein engagierter und renommierter Universitätsprofessor und sein stationär behandelter, schwer depressiver Patient werden getäuscht, der Patient mit vorgeschobenen Argumenten ins Landratsamt bestellt, dort von der Polizei festgenommen und abgeschoben.
Auch wenn es sicher Anrufe von „oben“ gegeben hat, wie viele Menschen müssen hier vom Dienststellenleiter, über mindestens einen Sachbearbeiter, über den Amtsarzt bis zum polizeilichen Einsatzleiter zusammengewirkt haben, dass ein solcher, allen Regeln von Anstand, Humanität und Rechtstaatlichkeit wiedersprechender Coup so reibungslos funktionierte? Die zynischen Bemerkungen von Beteiligten sind widerwärtig. Bedrohlich und erschütternd ist aber für mich dieser Kadavergehorsam, das perfekte und einvernehmlich ineinandergreifende Handeln von Staatsbediensteten, die (stolz!) nur das ausführen, was der Chef von ihnen erwartet, ohne hinzuschauen, für was sie da ihren Kopf hinhalten.“
Renate Pehl aus Frankfurt:
„Heute muss ich meiner Meinung einmal auf diesem Wege Ausdruck verleihen und Stellung nehmen: Ich bin empört! Wenn diese Nachricht stimmt, so wie Sie sie schreiben, dann sind wir an einem Punkt angekommen, der einen Aufschrei Vieler zur Folge haben müsste! Stehen wieder einige Ärzte an der Rampe, sind stolze Befehlsempfänger ihrer Vorgesetzten, um Leute ins Unglück oder gar in den Tod zu schicken? Zählen bei einigen Zuständigen wieder nur noch Stempel, Vorschriften und abgelaufene Fristen? Haben wir nicht eine Vergangenheit in diesem Lande, die uns alle – gerade an zuständiger Stelle – verpflichtet, auch andere Kriterien anzulegen?
Und ich bedanke mich! Bei denen, die sich an ihrem Arbeitsplatz und in ehrenamtlichem Engagement mutig und konsequent für die Menschlichkeit einsetzen, sich diesen Schicksalen stellen und den Betroffenen helfen.“
Robert Maxeiner aus Frankfurt:
„Da sind sie wieder, der Obrigkeitsstaat und seine willfährigen, gierigen Helfer. Gutachten bedeutet für sie, gut darauf zu achten, wes Brot sie essen, des Lied sie singen. Mit Fachlichkeit und Berufsethos hat dies mal gar nichts mehr zu tun. Und die Auftraggeber handeln frei nach dem neoliberalen Motto: Das gewünschte Ergebnis – also Abschieben um jeden Preis – bestimmt die Bewertung, in diesem Fall die Diagnose. Und mit Flüchtlingen kann man es ja machen, die dürfen ja nicht wählen und haben deshalb keine Lobby, nicht in den Parlamenten, geschweige denn bei den Ämtern. Die führen brav ihre Anweisungen von oben aus. War da nicht was mit geschassten Steuerfahndern in Hessen? Und der Abgasskandal und seine Verwicklungen sind noch immer nicht annähernd aufgeklärt. In unserem Land wimmelt es von Gutachtern, die alle gut darauf achten, in die eigene Tasche zu wirtschaften.“
Auch mich hat dieser Bericht sehr betroffen gemacht. Nach der Willkommenskultur ist jetzt der Rückwärtsgang eingeschaltet – koste es, was es wolle! Das ist abstoßend. Der dokumentierte Fall ist nur ein besonders krasses Beispiel und mit Sicherheit kein Einzelfall. Ich bedanke mich bei der FR, dass die Redaktion nicht nachlässt, zu berichten. Unsere Empörung sollte nicht nur in einem Blog stecken bleiben, sondern direkt bei den Verantwortlichen im Regierungspräsidium Darmstadt landen! Nur wenn ausreichend Gegenwind spürbar wird ist der gnadenlosen Abschiebepolitik und seiner willfährigen verwaltungsmäßigen Abwicklung etwas entgegenzusetzen.
Betroffenheitsbekundungen ersetzen weder Sachargumente noch Demokratieverständnis.
Wer überall „Nazis“ zu sehen meint, wenn ihm etwas unverständlich erscheint oder nicht passt lebt offenkundig auf Erdogan-Niveau ist aber selbst noch lange nicht im Rechtsstaat angekommen. Klingt bedenklich rechtspositivistisch, weiß ich, aber schon Di Fabio stellte fest: „Mitleiden ist ohne Rechtlichkeit nicht möglich!
Denn die Mehrheit entscheidet souverän mit ihrem Einwanderungsgesetz mit ihrem Aufenthaltsgesetz mit ihre Verfassung und auch mit ihren internationalen Verträgen wie die Bevölkerungszusammensetzung aussehen soll. Das ist ein urdemokratischer Akt nicht nur in der Schweiz sondern in jedem Staat der Welt.Und das bedeutet, wenn dieses Einwanderungsrecht nicht eingehalten nicht kontrolliert wird, dann entsteht auch ein Demokratieproblem und nicht nur ein rechtsstaatliches Problem. „
Herr Müller, was wollen sie jetzt damit sagen?
Im vorliegenden Fall, der nach meinen Erfahrungen kein Einzelfall ist, interessiert mich die kalte Rechtslage überhaupt nicht. Hier gilt ganz einfach das Gebot der Menschlichkeit. Das wurde aus meiner Sicht schon schwer verletzt, als man die Familie des Kranken abgeschoben hat, was seinen Zustand ganz sicher nicht stabilisiert hat. Sinti und Roma aus Osteuropa sind im westlichen Europa nicht willkommen, das hat hier sicher auch eine Rolle gespielt. Im Augenblick herrscht ein Klima der Abschiebungsüberbietungen, das ist wirklich sehr bedrückend und wird den individuellen Schicksalen nicht gerecht. Wir sind im Wahljahr und man will der Fremdenangst einiger Bürger Stimmen auch bei den etablierten Parteien Stimmen abringen. Da hat der hier Schutzsuchende wohl Pech gehabt.
„ Die Berliner Ausländerbehörden erkennen jedoch Atteste, die Traumatisierung oder Reiseunfähigkeit bescheinigen, regelmäßig nicht an, diskreditieren sie und geben Stellungnahmen von Amts- oder PolizeiärztInnen Vorrang. Diese sind vielfach mit gravierenden fachlichen Mängeln behaftet, die verwaltungsgerichtlich wie auch durch unabhängige Gutachten und Untersuchungen nachgewiesen sind“ (TherapeutInnen, Flüchtlinge und Abschiebung. Zur Funktion und Problematik von Begutachtungen bezüglich Traumatisierung und Reisefähigkeit – Torsten Lucas, Birgit Möller und Ulrike Heckl.) http://amnesty-heilberufe.de/wp-content/uploads/2014/02/2001-begutachtung-reisef%C3%A4higkeit-LucasMoel.pdf
Wollen wir nicht alle in einem Land leben, das menschlich handelt, in dem man sich durch das Recht beschützt und nicht drangsaliert führt? Und soll das nicht auch für bedrohte Menschen aus anderen Ländern gelten?
@ I. Werner
Und mich interessiert die vorgetragene Betroffenheit nicht. Gefühle sind kein Ersatz oder gar Ermächtigung vor rechtsstaatlichem Handeln.
Schutz durch geltende Recht ist nur möglichen wenn sich jeder daran hält und nicht nur an die ihm genehmen Seiten.
@ Karl Müller
In Ihrer angeblich „rechtspositivistischen“ Argumentation bleiben Sie den konkreten Hinweis schuldig, welche Gesetze Ihrer Meinung nach die hier kritisierte Abschiebung rechtfertigen bzw. zwingend notwendig machen. Es ist nämlich die durch zahlreiche Gerichtsurteile sanktionierte bzw. erzwungene Rechtspraxis, dass eine Traumatisierung oder schwere Erkrankung eines Flüchtlings, die in seinem Heimatland nicht angemessen behandelt werden kann, auch bei abgelehnten Asylbewerbern ein absolutes Abschiebehindernis darstellt. Dies ergibt sich aus dem Artikel 1 des Grundgesetzes, der auch nicht durch Mehrheitsentscheide oder politische Nützlichkeitsabwegungen eingeschränkt werden kann. Somit ist in solchen Fällen die Abschiebung, nicht aber die Nicht-Abschiebung rechtswidrig.
@ JaM
Nach der Flüchtlingskonvention besteht kein Anspruch auf einen Aufenthalt in einem Land nach Wunsch. Mit erreichen des ersten sicheren Staatsgebietes ist dieser Anspruch damit erfüllt.
@ Karl Müller
Erneut irren Sie sich, was die Umsetzung der Gesetze betrifft. Die Flüchtlingskonvention erlaubt die Rücküberstellung eines Flüchtlings in einen sicheren Drittstaat, wobei dafür in der EU die Dublin-III-Regelung Fristen festschreibt. Wird diese Frist von sechs Monaten (bei Straftätern 12 Monate, bei Untergetauchten 18 Monate) überschritten (was bei dem traumatisierten Rom aus dem Kosovo, um den es hier beispielhaft geht, nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland längst der Fall war), ist der zuerst vom Flüchtling erreichte Mitgliedsstaat (der in diesem Fall außerdem gar nicht ermittelt werden kann) nicht mehr zur Rücknahme des Flüchtlings verpflichtet. Die Abschiebung eines traumatisierten oder schwer erkrankten Flüchtlings in sein Heimatland ist nicht zulässig, wenn dieser dort nicht ausreichend medizinisch behandelt werden kann. Dies ist nicht eine Frage der Betroffenheit, sondern der Grundrechte.
„In einem Interview mit der Rheinischen Post vom 16. Juni beklagte Thomas de Maizière „Vollzugsdefizite“ bei der Abschiebung: „Es werden immer noch zu viele Atteste von Ärzten ausgestellt, wo es keine echten gesundheitlichen Abschiebehindernisse gibt.“…… „Es kann nicht sein, dass 70 Prozent der Männer unter 40 Jahren vor einer Abschiebung für krank und nicht transportfähig erklärt werden.“….
Der Innenminister behauptete also entweder, Ärzte stellten bewusst falsche Atteste aus, oder er bezweifelte deren fachliche Qualifikation.
Es folgte jedoch eine Entwarnung, denn ein Sprecher des Bundesinnenministeriums erklärte dazu: „Es gibt keine flächendeckenden, statistisch erhobenen Bundesdurchschnittszahlen zur genauen Quote der an Attesten gescheiterten Abschiebungen.“
Dr. Hontschik stellte seinerzeit die Diagnose:“Akalkulie“, weil der Minister offenbar unfähig sei, mit Zahlen umzugehen. Nun lesen wir in der FR, dass es vermutlich „willige Mediziner“ gibt, die zwar zweifelsohne sehr gut kalkulieren können, deren fachliche Eignung jedoch in den Augen von Kollegen zweifelhaft sei.
Sollte es sich etwa um dieselben Ärzte handeln, die seinerzeit der Innenminister kritisierte, die aber nun erfolgreich im Sinne der Abschiebepolitik umgeschult wurden? Das erscheint unwahrscheinlich. Eher wird es wohl so sein, dass es auch unter Ärzten deutliche Unterschiede sowohl in der fachlichen Eignung als auch in der Treue zum Berufsethos gibt. Ausschlaggebend für das Ergebnis der Gutachten ist vermutlich eher die politische Entscheidung, ob der betreffende Arzt (entsprechend honoriert) für mehr „Effizienz“ in der Abschiebepraxis sorgen möchte oder das Wohl der begutachteten Menschen im Sinn hat.
Kann es da nun helfen, wenn möglicherweise die Innenminister der Forderung zustimmen, dass nur noch Ärzte Reisefähigkeitsgutachten erstellen dürfen, die den Kriterienkatalog der Bundesärztekammer aus dem Jahr 2004 befolgen bzw. seinen Anforderungen genügen?
Sehr fraglich.
@ Karl Müller, 19. März 2017 um 8:39
„Und mich interessiert die vorgetragene Betroffenheit nicht. Gefühle sind kein Ersatz oder gar Ermächtigung vor rechtsstaatlichem Handeln.“
Bei solcher Art apodiktischer Festlegung von dem, was „rechtsstaatliches Handeln“ sein soll, dreht sich mir schon der Magen um. – Beispiele dazu? – Hier ist eins:
Die Witwen oder Kinder von Angehörigen der Legion Kondor, die von den Nazis zur Unterstützung Francos in den Spanischen Bürgerkrieg geschickt wurde, erhalten eine nicht unansehnliche Rente.
Wer das Pech hat, dass der Mann oder Vater für die Demokratie in Spanien gekämpft hat, guckt in die Röhre.
„Rechtsstaatliches Handeln“ eben, das mit „Gefühlen“ und „Betroffenheit“ so gar nichts zu tun haben soll. – Mit Demokratie nach solchem Verständnis offenbar auch nicht.
@Herrn Müller: Sie schießen ja schnell mal aus der Hüfte heraus! Ich bin nicht nur betroffen von menschenfeindlichen Gesetzen, die knallhart in der sich selbst so lobende Wertegemeinschaft im Monatstakt gegen Flüchtlinge und für ihre schleunige Abschiebung erlassen werden – sondern insbesondere, wenn das vorhandene Recht auch noch willkürlich gebeugt wird, um abstrakte Ziele (Abschieben so schnell und so viel wie möglich) zu erreichen. Hintergrund wie ich vermute: vor der Bundestagswahl der AFD Wind aus den Segeln nehmen! Und dabei bedenkenlos Qualität, Menschenrechte und Grundgesetz über Bord werfen.
Hallo Herr Engelmann,
„Recht“ und Gerechtigkeit“ sind zwei unterschiedliche Dinge, das erlebe ich auch immer wieder. Als Kostenträger tritt hier der jeweilige Rechtsnachfolger eines Staatswesens auf, die Eigeninitiative der Internationalen Brigaden war dagegen aus Eigeninitiative und vielleicht etwas übernationaler Verantwortung Einzelner erwachsen.
Es sei auch daran erinnert: Die Bundesrepublik ist lediglich, und ich schreibe bewusst „lediglich“ eine parlamentarische Demokratie.
Eine Rentenanwartschaft für n-Jahre Dienst in der Thälmannbrigade hätte selbst in der Nachkriegsrepublik bestenfalls zur Vorstellung beim Amtsarzt gereicht. auch die Bundesrepublik sah und sieht aus Perspektive etablierter Parteien solch eigenverantwortliches Handeln gar nicht gern.
Dahingehend möchte ich daran erinnern: Suchen Sie keine Demokratie wo keine ist!
Von dem traurigen Faktum abgesehen, auch in einer demokratischeren Gesellschaftsordnung kann „Betroffenheit“ kein Rechtsgrund sein, da diesem der Willkürfaktor immanent ist.
@ JaM,
Sie verstecken sich mal wieder hinter willkürlichen Zurechtlegungen. Das mag Ihrer Selbstautorisierung dienen, ist einer Sachdiskussion aber genau so wenig dienlich, wie die Behauptung das es sich um einen Flüchtling i.e.S. handelt oder das der entsprechend Staat nicht mehr ermittelt werden kann.
@ I, Werner,
hier gilt die Rechtslage und nicht jeder Schutzsuchende hat auch tatsächlich einen Schutzanspruch.
Schön zudem das auch Ihnen im Wahljahr mal wieder auffällt wer für den Ist-Zustand der Legislative verantwortlich ist und wie diese Verantwortlichen damit umgehen.
Leider gibt es offenkundig genug Bürger welche diese Zustand begrüßen, werden doch immer wieder die Wahlergebnisse entsprechend ausfallen?
@Herrn Gräger: Nein, die Innenminister werden ganz sicher nicht vereinbaren, nur noch nach den Richtlinien der Bundesärztekammer von 2004 erarbeitete Gutachten zu akzeptieren. Das ist leider die falsche Adresse. Das könnte nur eine deutliche Stellungnahme der Öffentlichkeit oder klare Abrenzugnen der Ärztekammern bewirken. Auch Klagen könnten evtl. etwas bewirken. wenn mehrfach einstweilige Anordnungen mit aufschiebender Wirkung erfolgen, dann hätte das sicher Folgen.
Auch in dieser Angelegenheit zeigt sich wieder, wie nachrangig derzeit das Wohlergehen der Menschen unseren deutschen und europäischen Regierenden ist. Die hehren Worte von Menschenrechten, unantastbarer Würde, Wertegemeinschaften u.a. gelten anscheinend nur in (marktkonformen) Schönwetterphasen und dann auch noch lange nicht für alle.
@ Karl Müller
Gerne erkläre ich Ihnen nochmals die Rechtslage: Der jetzt abgeschobene Rom aus Kosovo ist vor fünf Jahren nach Deutschland eingereist und hat hier Asyl bzw. Flüchtlingsschutz beantragt. Das ist ein Recht, dass ihm die Flüchtlingskonvention zusichert. Das BAMF prüft zunächst, ob Deutschland für den Asylantrag zuständig ist und kann, wenn ermittelt werden kann, welchen Mitgliedsstaat der EU der Asylsuchende zuerst betreten hat, entsprechend dem Dublin-III-Abkommen ersuchen, den Asylsuchenden zurückzunehmen, damit dort das Asylgesuch geprüft werden kann. Ist nicht zu ermitteln, auf welchem Weg der Asylsuchende Deutschland erreicht hat, oder ist die für die Rücknahme vorgesehene Frist überschritten, ist Deutschland für das Asylverfahren zuständig. Das BAMF hört dann den Asylbewerber an und entscheidet über seine Schutzbedürftigkeit bzw. über Abschiebehindernisse. Die Entscheidung des BAMF kann vor dem Verwaltungsgericht angefochten werden. Wir der Asylsuchende nicht anerkannt, ist er ausreisepflichtig und es wird ihm die Abschiebung angedroht. Vor dem Vollzug der Abschiebung hat aber das Ausländeramt zu prüfen, ob persönliche Abschiebehindernisse vorliegen. Zu diesen zählt auch die Traumatisierung oder eine schwere Erkrankung, die im Zielland der Abschiebung (in der Regel das Heimatland des abgelehnten Asylbewerbers) nicht ausreichend behandelt werden kann. Liegt ein solches Abschiebehindernis – wie in dem hier diskutierten Fall – vor, ist die Abschiebung rechtswidrig.
Der Sachdiskussion wäre dienlich, wenn Sie konkret benennen würden, welche „willkürlichen Zurechtlegungen“ diese Darstellung der Rechtslage enthält.
@ JaM,
na geht doch, Schon ein Fortschritt, wenn Sie nicht fortwährend von „Flüchtlingen“ fabulieren, die keine sind.
Und im konkreten Fall hat ein Hindernis offenkundig nicht bestanden. Die Person ist ebenfalls über ein sicheres Drittland eingereist und damit hier rechtswidrig eingereist…
Und mit den Zurechtlegungen sind Ihre Ausführungen und beliebigen Begriffsbestimmungen gemeint. Nicht irgendwelche beim BAMF abgeschriebenen Absätze.
@ Herr Müller
Alle Gesetze sind auslegbar, sonst brauchten wir keine Anwälte und Richter, es sollte immer der Einzelfall geprüft und berücksichtigt werden und nicht die gerade vorherrschende politische Opportunität. Über das Gesetz hinaus gibt es Ausnahmeregelungen, Härtefallausschüsse, die völlig legal in besonderen Fällen im Ausländerrecht zu anderen Entscheidungen kommen können. Aus gutem Grund in einer von Humanität geprägten und gewollten Gesellschaft. Nur – das dauert. Im vorliegenden Fall des erkrankten Rom hat man drastisch gehandelt. Wer konnte da noch eingreifen? Abgeschoben in eine unsichere Zukunft. Finden Sie das richtig?
@ Karl Müller
Ich werde mich auf eine weitere fruchtlose Diskussion mit Ihnen nicht einlassen und antworte nur, weil ihre Umdeutung des Rechts typisch für die Methoden ist, mit denen verbale Abwertung der Flüchtlinge betrieben wird.
1. Eine Person, die mit der Absicht nach Deutschland einreist, um hier Asyl oder Schutz nach der Flüchtlingskonvention beantragt, hat sich nicht rechtswidrig verhalten, auch wenn sich später herausstellt, dass für den Antrag dieser Person nicht Deutschland, sondern ein anderer Staat des Dublin-Abkommens zuständig ist, oder dass dieser Antrag abgelehnt wird, weil keine schutzwürdigen Fluchtgründe vorlagen. Ihr Satz „Die Person ist … über ein sicheres Drittland eingereist und damit hier rechtswidrig eingereist“ dient der verbalen Kriminalisierung von Flüchtlingen.
2. Typisch ist auch die von Ihnen betriebene Skandalisierung der Begriffs „Flüchtling“. Die Genfer Flüchtlingskonvention unterscheidet nicht zwischen Flüchtlingen und Nicht-Flüchtlingen, sondern legt fest, wann Flüchtlingen Schutz gewährt werden muss. Die Entscheidung, dass keine schutzwürdigen Fluchtgründe vorliegen, besagt nicht, dass es keine aus Sicht des Betroffenen stichhaltige Fluchtgründe gab. Es ist meiner Meinung nach korrekt, auch Menschen, die aus einer bedrängenden, als gefährlich empfundenen Situation geflohen sind, auch wenn diese die Kriterien der Flüchtlingskonvention nicht erfüllt (z.B. weil die Verfolgung nicht durch staatliche Institutionen erfolgt), in der öffentlichen Diskussion (also außerhalb der engeren juristischen Sphäre) als Flüchtlinge zu bezeichnen. Die Subsumierung dieser Gruppe unter dem Begriff „Migrant“ (dem Codewort für Wirtschaftsflüchtling) verfolgt überwiegend in abwertender Absicht.
3. Ihre Behauptung, bei der hier kritisierten Abschiebung „hat ein Hindernis offenkundig nicht bestanden“, deutet darauf hin, dass Sie die Einleitung von Bronski, die von ihm verlinkten FR-Beiträge sowie die Leserbriefe nicht zur Kenntnis genommen haben. Darin wird nämlich schlüssig dargelegt, dass sich die Ausländerbehörde über die vorliegenden Abschiebehindernisse hinweggesetzt hat.
@ JaM,
Sie verkünden apodiktisch, das ist keine Diskussion, außer vielleicht in Ihren Bezügen.
Und begründeten Widerspruch zu Ihrer „einzigen Wahrheit“ oder wofür auch immer Sie Ihre Interpretation halten, werden Sie schon ertragen müssen.
Ihre Meinung zur Interpretation der Flüchtlingskonvention hat genau noch welches Gewicht? Handeln Sie nach Ihrer Überzeugung dafür haben Sie meinen Respekt(!), allemal besser als Menschen die keine haben, aber erwarten Sie dafür keine inhaltliche Zustimmung.
Faktisch hat tatsächlich kein Hindernis bestanden, Die Maßnahme wurde ja umgesetzt.
Auch kriminalisiere ich niemanden, wenn ich auf geltendes Recht verweisen, oder steht das nur Ihrer hochvermögenden wie selektiven Sichtweise zu?
@ I Werner,
ja finde ich richtig. Wie erwähnt Recht und Gerechtigkeit sind nur selten kongruent.
Humanität ist nicht zum Nulltarif zu haben.
@ JaM
Danke für die präzisen und überzeugenden Hinweise zu rechtsstaatlichen Verfahren bei der Behandlung der Flüchtlingsproblematik, die geeignet sind, der gängigen Pauschalisierung und oft auch Hetze entgegen zu treten.
Hallo Herr Engelmann,
was bitte ist an einer undifferenzierten Darstellung bitte präzise? JaM negiert ja schon die verschiedenen Rechtsstellungen und subsumiert willkürlich alle Grenzübertzritte als „Flüchtlinge“?
Willkür und Beliebigkeit beherrschen hier dabei die Perspektive.
@Karl Müller
„Recht und Gerechtigkeit sind nur selten kongruent.“ Das stimmt oft leider. Aber ist das gut?
Und Ihren Satz „Humanität ist nicht zum Nulltarif zu haben.“ verstehe ich gar nicht. Was ist das für eine Leerfloskel? Sicher können Sie mir das erklären, aber bitte ohne den Gebrauch von Abkürzungen.
@ Karl Müller
„Faktisch hat tatsächlich kein Hinderungsgrund bestanden. Die Maßnahme wurde ja umgesetzt.“
Was ist denn das für eine Rechtsauffassung? Die Ausländrbehörde hat eine Maßnahme getroffen, deshalb war sie rechtmäßig? Das nenne ich Obrigkeithörigkeit: Wenn die Behörde etwas bestimmt hat, darf der Bürger das nicht hinterfragen. Die Möglichkeit, dass auch Behördenvertreter irren oder sich rechtswidrig verhalten können, scheint in Ihrem Weltbild nicht vorzukommen.
@ I Werner,
nein gut und erfreulich ist es nicht. Nur wie anders realisierbar?
Durchsetzung von Humanität berührt sehr das staatliche Gewaltmonopol. Dieses muss erst mal im Bestand gesichert sein um dann ein gewisses Maß an Rechtssicherheit überhaupt gewährleisten zu können.
Worin sich allerdings auch wieder jede Menge Fallstricke in Form unterschiedlicher Befugnisse hoheitlich Tätiger verbergen.
Und Rechtsmittel gegen hoheitliches Handeln dabei eher ex post wirksam werden können.
Hallo Frau Werner.
selbstverständlich gibts den Irrtumsvorbehalt oder die Option rechtswidirigen Handelns, der jeweilige Sachbearbeiter kann da auch remonstrieren.., aber das ändert nichts an der Anordnungsbefugnis. Rechtsmittel dagegen sind eher ex post möglich.
@ Karl Müller
Leider verstehe ich den Sinn Ihrer Ausführungen immer weniger. Nach Artikel 1 Grundgesetz ist der Staat zur Durchsetzung von Humanität verpflichtet, sie verletzt nicht sein Gewaltmonopol.
@ Karl Müller
Ex post bedeutet, wenn der zu Unrecht Abgeschobene bereits massive Schäden davongetragen hat oder gar nicht mehr lebt? Wie gut, dass es das Kirchenasyl gibt, das in solchen Fällen manchmal das Schlimmste verhindern kann!
@ JaM,
rechtmäßige staatliche Maßnahmen, auch Zwang, stehen Artikel 1 nicht entgegen, vielmehr sind es Grundlagen der Rechtsdurchsetzung.
Hallo Frau Ernst,
im Prinzip auch, gegen eine Erstentscheidung aufgrund einer Anordnungbefugnis sind die Rechtsmittel eben nur verzögert einlegbar, aufscheibende Wirkung erwächst aus einem Einspruch dabei gewöhnlich nicht.
@ Karl Müller
Ich möchte ja nicht zynisch werden, aber angesichts einer Art von Rechtsverständnis und „Rechtsdurchsetzung“, das es schafft, total von den Individuen zu abstrahieren, für die es geschaffen wurde, fällt das schon schwer.
Mir kommt da ein „fürchterlicher Jurist“ namens Filbinger in den Sinn. Wo der sein Rechtsverständnis her hatte, kam leider erst recht spät in den Blick, hatte aber immerhin Konsequenzen.
Hallo Herr Engelmann,
ja daran „leidet“ sicher die Rechtsfindung und es zeigt sich auch das die Stellenbesetzung der Organisation oder Partei welche diese Stellen besetzt, ganz erheblicher Einfluss auf die Interpretation der formalen Rechtslage zukommt.
Das Problem liegt in der Kombination vieler menschlicher und Faktoren und den unterschiedlichen Entscheidungs- bzw. Anordnungsbefugnissen von den Organen der Rechtspflege sowie dem „Störfaktor“ einstweiliger Maßnahmen, gegen die meist Rechtsmittel möglich sind, durch die Gefahrenabwehr.
Warum eigentlich sich unentwegt an Herrn Müller abarbeiten, der ja anscheinend der Ansicht ist, wenn die Regierung ein Gesetz erlässt sowie es – wie auch immer – umsetzt, dann sei das einfach zu akzeptieren und nicht zu bejammern. Lassen wir das doch und wenden uns wichtigeren Fragen zu: wie kann dieser Pfad der ständigen Rechtsverschärfungen und immer rabiateren Vorgehensweisen gegen Einwanderer ( Flüchtlinge im Sinne des Aslrechts, Europäer aus einem der armen Ostländer, Armuts- und Umweltflüchtlingen) wirklich begegnet werden? was können wir tun, dass nicht immer inhumanere Wege gegangen werden – wie ja im Falle des Roms geschehen ist? Und was können wir dazu beitragen, dass die Kriminalisierung von Unterstützern nicht auch bei uns Schule macht? ÖFfentlichkeit herstellen war dabei immer wieder ein gutes Mittel. Und das bedeutet, nicht nur hier in Blogs protestieren, sondern direkt bei den Verantwortlichen! das machen anscheinend zu wenige, deshalb scheint es so, als seien die Rechten Schreihälse die Stärkeren. sie halten sich für das Volk und die Politik ist dabei, sie rechts zu überholen mit immer neuen Einschränkungen.