Sahra Wagenknecht von der Linken macht wieder einmal, was ihr wohl das Richtige zu sein scheint: Sie fischt im Trüben, im braunen Sumpf. Da wo schon die Rechtsextremen sind und deren politischer Zweig, genannt „Alternative für Deutschland“. Dahinter steckt Kalkül, wie Wagenknecht selbst sagt: Sie hoffe, dass die Linke viele Bürger erreichen könne, die aus Frust und Verärgerung über die Bundesregierung im Herbst AfD wählen wollten, sagte die Spitzenkandidatin der Linken am Sonntag im Deutschlandfunk. „Und da werden wir versuchen, diesen Menschen zu signalisieren: Wenn ihr wirklich wollt, dass sich dieses Land sozial verändert, dann ist die Linke die einzige Option.“
Nuancierter als Pretzell
Wagenknecht sehnt sich offenbar nach den Zeiten zurück, als die Linke noch Protestpartei war und deswegen auch gewählt wurde. Inzwischen ist sie das nicht mehr; dazu ist sie zu lange im Parlament etabliert. Darum nun also das „Prinzip Hoffnung“ à la Wagenknecht: Protestwähler zurückgewinnen, und zwar mit den Parolen der Rechten. Wagenknecht drückt sich zwar einen Tick nuancierter aus als etwa Marcus-„Es-sind-Merkels-Tote!“-Pretzell von der AfD. Sie sagt im „Stern“-Interview (online nur in Auszügen verfügbar) auf die Frage, ob nach Wagenknechts Logik Kanzlerin Merkel (CDU) auch die Terroranschlag von Berlin verantwortlich sei:
„Es gibt eine Mitverantwortung, aber sie ist vielschichtiger.“ Neben der unkontrollierten Grenzöffnung sei da die kaputtgesparte Polizei, die weder personell noch technisch so ausgestattet sei, wie es der Gefahrenlage angemessen wäre. „Ebenso fatal ist die Außenpolitik: die von Merkel unterstützten Ölkriege der USA und ihrer Verbündeten, denen der ‚Islamische Staat‘ erst seine Existenz und Stärke verdankt.“
Das ist ein ziemlicher Haufen Holz, den Frau Wagenknecht sich da zu spalten vorgenommen hat. Und das alles um der Hoffnung wegen, dass es möglich ist, Wähler der Rechten mal eben so rüber zur Linken zu holen? Nachhaltig kann diese Politik wohl kaum genannt werden. Da gäbe es andere Ideen, die in den Vordergrund gestellt werden könnten, z.B. ein EU-kritischer Ansatz, der die Handelspolitik der EU mitverantwortlich für die Entstehung von Fluchtursachen macht. Diesen progressiven Ansatz hat die Linke durchaus im Programm. Sie müsste ihn nur in den Vordergrund stellen. Tatsächlich müht sie sich, dies zu tun. Ihre Frontfrau allerdings antwortet auf die Frage der „Stern“-Leute nach Merkels Verantwortung nicht: Ich möchte lieber über Inhalte reden, nicht über Sündenböcke; Ihre Frage ist mir zu populistisch. Sondern sie antwortet: „Es gibt eine Mitverantwortung“. Sie fischt lieber im Trüben, weil sie dort ein paar abtrünnige Linken-Wähler vermutet.
Verkürzte Wahrheiten
Dabei arbeitet sie mit den Mitteln des Populismus, vor allem mit den beliebten „verkürzten Wahrheiten“. Die erste von Wagenknechts Generalisierungen wäre die von Merkel angeordnete „unkontrollierte Grenzöffnung“. Die hat allerdings mit dem Berliner Attentat nichts zu tun. Sie war eine Reaktion auf den humanitären Notstand vor allem in Ungarn, wo Tausende von Flüchtlingen gestrandet waren, und auf Druck des ungarischen Regierungschefs Victor Orbàn. Anis Amri, der Attentäter von Berlin, war zu jenem Zeitpunkt im September 2015, als die Grenze geöffnet wurde, längst in Deutschland.
Wagenknechts Verantwortungs-Konstruktion ist nicht nur in diesem Punkt falsch. Ähnlich ist es mit der Behauptung, die Polizei sei „weder personell noch technisch so ausgestattet, wie es der Gefahrenlage angemessen wäre“. Einerseits hat die Polizei in der vergangenen Silvesternacht in Köln gezeigt, dass sie Herrin der Gefahrenlage auf der Domplatte war, andererseits unterschlägt Wagenknecht, dass selbst die bestmögliche Ausstattung der Polizei keinen hundertprozentigen Schutz vor Anschlägen bieten kann. Das zeigte sich u.a. in den USA, die — wenn man von der Auslandsaufklärung über die NSA bis zu Homeland Security und der FEMA alles zusammenzählt — weit über 100 Milliarden US-Dollar für „Sicherheit“ ausgibt; und doch konnte der Terroranschlag von San Bernardino (Dezember 2015) nicht verhindert werden. Wagenknecht verfährt nach der Devise: Verkürze die Zusammenhänge, bringe die Angst der Menschen, die sich nicht mehr auf die Straße trauen, mit einem Gesicht in Verbindung, dem sie misstrauen — Merkel. Fertig ist das populistische Spiel.
Darüber hinaus gibt es Gründe dafür, dass die Polizei personell schon mal besser dagestanden hat, unter anderem den Sparzwang im Bund und in den Bundesländern, aber auch die Tatsache, dass der Schutz der deutschen Außengrenzen im Zeitalter des Schengen-Raums anders definiert wurde (und werden musste) als zu Zeiten nationalstaatlicher Grenzen mit Personenkontrollen. (Auf diese beiden Punkte, Grenzöffnung und Situation der Polizei, geht auch Christian Bommarius in einem treffenden FR-Kommentar ein.)
Merkels Unterstützung für die „Ölkriege“
Außerdem bediente Wagenknecht den Mythos von Merkels Unterstützung für die „Ölkriege der USA und ihrer Verbündeten“. Als George W. Bush mit seiner „Koalition der Willigen“ den Irak überfiel, war in Deutschland Gerhard Schröder Kanzler. Merkel hätte Bush vielleicht unterstützt, aber sie war nicht in der Position dafür. Blieb ihr nur, damit zu sympathisieren. Wie weit diese Sympathie gegangen wäre, wenn sie zu jenem Zeitpunkt Kanzlerin gewesen wäre, das wissen wir nicht. Beim Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr, der auch unter Merkel fortgeführt wurde und für den es Legitimation durch ein UN-Mandat gibt, geht es nicht um Öl, sondern um den „Kampf gegen den Terror“; es galt der Nato-Bündnisfall, der vom Nato-Rat am 12. September 2001 als Reaktion auf die Anschläge vom 11. September 2001 ausgerufen worden war. Am internationalen Militäreinsatz in Libyen 2011 waren keine deutschen Streitkräfte beteiligt (in den Nato-Stäben, das kam später heraus, waren allerdings rund 100 Offiziere an Auswahl von Zielen und an der Planung beteiligt). Auch im Syrien-Krieg geht es nicht ums Öl. Die syrischen Vorkommen sind so gut wie erschöpft; um das Jahr 2020 wird Syrien selbst Öl importieren müssen.
Es bleibt also so gut wie nichts übrig von der Merkelschen Verantwortlichkeit für den Berliner Anschlag. Faktisch. Mit derselben Berechtigung könnte man sagen: Wagenknecht trägt eine Mitverantwortung für den Anschlag, denn sie persönlich ist eines der Hindernisse für eine rot-rot-grüne Koalition, die nach der Bundestagswahl 2013 möglich gewesen wäre. In der Regierung hätte Wagenknecht vielleicht eine Politik machen können, die Terroranschläge hundertprozentig verhindert hätte. Populistische Argumentation? Ja, ganz recht.
Halten wir fest: Die Behauptung, Merkel sei mitverantwortlich für das Attentat von Berlin, ist faktisch unhaltbar. Postfaktisch allerdings klebt das „Schuld“-Etikett längst an Merkels Stirn. Pegida und AfD haben es dorthin gebäppt, weil es sich gut macht, wenn man dem „gesunden Volksempfinden“ einen Sündenbock präsentiert. Der lauteste Beifall für Wagenknechts neuesten Alleingang kommt daher folgerichtig auch aus dem Lager der AfD. Nicht zum ersten Mal.
Wagenknecht ist zur Belastung geworden
Für ihre Partei, die Linke, ist Wagenknecht damit zur Belastung geworden. Sie ist Vorsitzende der Linken-Fraktion im Bundestag, doch für die spricht sie nicht, wenn sie so spricht. Sie spricht auch nicht im Sinne der Linken-Programmatik, die generell offene Grenzen fordert und einen erkennbar an Lösungen orientierten Ansatz verfolgt. Nun ist Wagenknecht allerdings schon dem Habitus nach alles andere als eine Parteisoldatin — also eine, die ihre unbestreitbar vorhandenen Talente in den Dienst von Fraktion und Partei stellt, wenn auch womöglich manchmal zähneknirschend. Offenbar hat sie ihre eigene Vision davon, wohin es gehen soll. Ihrer Fraktion und ihrer Partei zwingt sie damit ein ums andere Mal ein Bild der Uneinigkeit und der Zerrissenheit auf. Das ist Gift in Wahlkampfzeiten.
Es kann gut sein, dass Wagenknecht durch ihr Fischen im Trüben Protestwähler zur Linken zieht. Jedoch könnte sie genauso viele linke Stammwähler durch ihr populistisches Agieren vor den Kopf stoßen, so dass die sie nicht wählen. Wir wollen nicht vergessen: Wagenknecht ist Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl. Aber vielleicht ist sie das nicht mehr lange.
Leserbriefe
Bernd Loeffler aus Frankfurt meint:
„Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, geht das Geschrei los. Wie konnte das passieren – wer hat Schuld? Wie hätte man die Anschläge verhindern können!
Warum beginnt erst jetzt eine Debatte über z.B. eine Neustrukturierung der Sicherheitsbehörden? Warum wurde nicht schon früher, z.B. unter Kanzler Schröder ein Konzept wegen Al-Qaida erarbeitet, oder sind die heutigen Sicherheitseinrichtungen sogar noch aus der Adenauerzeit, als es gegen die „Soffjets“ ging? Man „könnte“ natürlich noch viele andere „Schuldzuweisungen“ anführen…
Natürlich ist es richtig, nach jedem terroristischen Vorfall die Lage zu analysieren, um weitere mögliche Maßnahmen treffen zu können. Der schon fast inflationär benutzte Slogan „Totale Sicherheit gibt es nicht“ zeigt sich z.B. schon im Titel der FR vom 6.1.2017 („Unter Beobachtung“), dass eine präventive Wirkung der Videoüberwachung bei der Aufklärung von Verbrechen umstritten bleibt.
Hier sollten die Verantwortlichen in Ruhe und Besonnenheit Überlegungen anstellen und klare vernünftige Vorschläge vorlegen. Was aber zurzeit in dieser Debatte läuft, ist abstoßend und widerwärtig. Parteiengezänk, populistische Reden, Verunglimpfung des gegnerischen Standpunktes usw. usw… wohin oder was man schaut. Weitere Anmerkungen möchte ich mir ersparen.“
Herbert G. Just aus Wiesbaden:
„In der nachrichtenarmen Zeit freut sich die Redaktion sicher über jede Meldung, man muss sie aber nicht durch einen Kommentar aufwerten. Zumindest dann nicht, wenn dieser so unterirdisch ist wie der heutige.
Am 23.12 erschien in der FR ein Diagramm, aus dem hervorging, dass in Deutschland (in den Ländern) fast 11 000 Polizisten fehlen. Haben Sie das übersehen? Und wer sorgt in Deutschland für die Richtlinien der Politik? Wer denkt sich so etwas Bescheuertes wie eine Schuldenbremse aus, die dann auch die Länder betrifft? Die Polizei in Deutschland wurde kaputtgespart und ist längst nicht mehr in der Lage die Bürger dieses Staates wirksam zu schützen. Sichtbar wird das z.B. in der Sendung SpiegelTV zum Thema Wohnungseinbruch. Die dort berichteten Sicherheitspartnerschaften (in Brandenburg) sprechen eine sehr deutliche Sprache. Die Polizei wurde kaputtgespart; hier gehe ich mit Frau Wagenknecht eindeutig konform. Inhaltlich habe ich das in meinem Leserbrief, der in der letzten Woche in der FR erschienen ist, detailliert ausgeführt.
Selbst wenn Anis Amri schon länger in Deutschland war, dass unter den Flüchtlingen etliche Kriminelle und auch Terroristen ins Land kamen, sagt einem der gesunde Menschenverstand. Und dass Frau Wagenknecht darauf hinweist, ist m.E. ebenfalls richtig.
Die FR pflegt meines Erachtens einen Reflex, wenn es um Äußerungen geht, die auch die AfD gemacht hat oder gemacht haben könnte. Hier fehlt der FR die differenzierte Betrachtungsweise, die ich z.B. in der Zeit-Ausgabe vom 05. Januar positiv zur Kenntnis genommen habe. Im Artikel: Hier herrscht Klassenkampf beschreibt C. Lobenstein die Versäumnisse der Politik in den östlichen Bundesländern und die Erfolge der AfD. Sie liegt in Bitterfeld bei 31 Prozent. Ich bin überzeugt davon, dass die Menschen dort einen weit größeren Hass auf die Politik als auf Ausländer haben.
Die Einheitsbrei-Politik der letzten Jahre (Wir sind alle die Mitte) wird von vielen Menschen nicht länger hingenommen. Die AfD nutzt diesen Effekt im Moment geschickt aus. Trotzdem bleibt Richtiges richtig und die politischen Parteien müssen nun handeln.“
Wolf-Dietrich Schumacher aus Göttingen:
„Mit nachfolgendem Satz beziehe ich mich auf den Artikel „Sahra Wagenknecht wehrt sich gegen Kritik“ auf Seite 1. Die Welt ist rund: Wer weit genug nach links geht, kommt rechts wieder raus.“
Hans Möller aus Frankfurt:
„Mit ihren Äußerungen zur Mitverantwortung von Bundeskanzlerin Angela Merkel für das Attentat vom 19. Dezember auf den Berliner Weihnachtsmarkt hat Frau Wagenknecht als Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidatin der Linkspartei erkennbar die Stufe ihrer politischen Inkompetenz erreicht.
Sie und die Linkspartei sind gut beraten, sich auf deren eigentliche Kompetenz zu besinnen und das Generalisieren anderen zu überlassen. Die mögen das dann möglicherweise auch nicht besser machen als sie, haben aber bei weitem nicht so viel Renommee zu verschleudern wie diese.
Die wirtschafts- und finanzpolitische Kompetenz von Sarah Wagenknecht wird angesichts des sich abzeichnenden Crash im Finanzsystem im Bundestag dringend gebraucht.“
Klaus Philipp Mertens aus Frankfurt:
„Es gab Zeiten, da fielen Linke durch radikale soziale Forderungen auf. Mittlerweile sind es immer häufiger dumme Sprüche, die bevorzugt von Sahra Wagenknecht in den Medien platziert werden. Die Ko-Vorsitzende der linken Bundestagsfraktion unterliegt einem Denkfehler und möglicherweise auch einem sprachlichen Unvermögen (letzteres bei der nicht korrekten Verknüpfung von eindeutig definierten Bedeutungsinhalten), wenn sie den Begriff „Mitverantwortung“ auf das niedrigste Verstehens-Niveau reduziert. Damit zielt sie erkennbar auf die Klientel von AfD, Pegida & Co. Aber soll die deutsche Linke an diesem Lumpenproletariat genesen?
Von einer Sozialistin und Kommunistin würde ich erwarten, dass sie die tatsächlichen Ursachen der globalen Krise zur Sprache bringt. Dazu gehört die Erkenntnis, dass der politische Islam das Opium geschundener Bevölkerungsgruppen ist, denen es nicht gelang, wirkliche soziale Bewegungen hervorzubringen und die zu ihrer Selbstbefreiung nicht in der Lage sind. Entweder die Menschen verharren unter dem Joch der feudalistisch-kapitalistischen Herrschaftsstrukturen ihrer Heimatländer oder sie fliehen in die vermeintlichen Paradiese des Westens. Dort sind sie dann konfrontiert mit den Errungenschaften eines seit über 200 Jahren andauernden Emanzipationsprozesses, der auf den Idealen von individueller Freiheit und einer gerechten Gesellschaft fußt.
In diesen politischen Prozess müssen die Flüchtlinge und Zuwanderer integriert werden. Und eigentlich wäre das die vornehmste Aufgabe von Sozialisten, die sich ihrer internationalen Mitverantwortung im Klassenkampf bewusst sind. Denn „es rettet uns kein höheres Wesen, kein Gott, kein Kaiser noch Tribun“, wie es in der „Internationale“ heißt. Sahra Wagenknecht als die heilige Johanna der in Deutschland gestrandeten Flüchtlinge – das wäre doch eine echte Alternative. Jedenfalls besser, als zum linken Pinup-Girl in AfD-Schlachthäusern zu degenerieren.“
Manfred Kirsch aus Neuwied:
„Es wird immer unerträglicher und peinlicher. Das, was die Linke-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht in der Flüchtlingspolitik von sich gibt und wofür sie von der rechtsradikalen AfD Beifall bekommt, entbehrt zum einen jeder Grundlage und ist zum anderen dazu geeignet das politische Klima mit rechtspopulistischen Sprüchen zu vergiften. Die jüngste, ungerechtfertigte Kritik an Kanzlerin Angela Merkel könnte auch von CSU, AfD oder Pegida gekommen sein. Die Kritik von führenden Linken an Wagenknecht ist daher bitter nötig um den von ihr
bereits angerichteten Schaden zumindest zu begrenzen. Die Linke sollte um ihrer Glaubwürdigkeit willen unverzüglich einen klaren Trennungsstrich zu Wagenknecht ziehen. Für aufgeklärte und tolerante Menschen ist die Linkspartei mit einer Spitzenkandidatin Sahra Wagenknecht nicht wählbar. Ihr wiederholtes Fischen im rechten Gewässer ist schlicht und ergreifend unappetitlich und unanständig. Mit der Befriedigung des rechts- oder linksnationalen Stammtisches lassen sich auch keine linken Mehrheiten organisieren und schon gar nicht eine aufrechte und moralische Asylpolitik. Wer die schrecklichen Terroranschläge dazu missbraucht, um eine autoritäre Sicherheitspolitik durchzusetzen, mag zwar gefährliche Stimmungen erzeugen, praktiziert aber keine Flüchtlingspolitik, die sich an moralischen Maßstäben orientiert.“
„Verkürzte Wahrheiten“, da muss ich ja fast schmunzeln, wenn es nicht so ernst wäre.
Ich habe zum Thema „Wagenknecht“ meine Meinung ja schon hinreichend deutlich (und ausführlich;-) unter dem Punkt „Blattkritik“ dargelegt.
Das will ich hier nicht alles wiederholen- zumal ich da ja auch ganz offensichtlich nicht durchdringe.
Ich kann bis heute nicht ansatzweise nachvollziehen, wie jemand, der das Stern-Interview vollständig liest, auf die Idee kommen kann, Wagenknecht in der rechten Ecke verorten zu müssen- aber seis drum.
Ganz offenbar gibt es ja auch in der Linkspartei einige Mitglieder- auch an sehr prominenter Stelle- die mit dem Politikverständnis von Sahra Wagenknecht nichts anfangen können und immer wieder Stichworte für die kritische Presse liefern.
Oskar Lafontaine hat dazu auf facebook geschrieben: „Leider gibt es auch in der Partei DIE LINKE Dumpfbacken, die auf die Kampagne von Medien und etablierten Parteien, uns in die rechte Ecke zu stellen, hereinfallen und auch noch die Stichworte liefern.“
Dem möchte ich nichts hinzufügen.
Meiner Meinung nach ist das Tischtuch zwischen Wagenknecht und Leuten wie Kipping, Liebich, Riexinger, Gysi etc. eigentlich schon länger endgültig zerschnitten und mMn auch nicht mehr zu flicken. Das muss man dann einfach akzeptieren.
Zwar gibt es in der gesamten Linken in vielen Bereichen durchaus Übereinstimmung, es gibt aber erkennbar auch viel Trennendes, was die Inhalte angeht (es geht ja nicht nur um die Flüchtlingspolitik, es geht auch um die Bewertung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr oder um den Euro).
Deshalb würde ich persönlich Markus Decker (ausnahmsweise:-) Recht geben- es läuft möglicherweise auf einen Crash raus in der Linken.
Sahra Wagenknecht könnte sich aus der Spitze der Partei und aus dem Wahlkampf herausziehen- das würde aber ein Teil der Anhängerschaft zu recht als eine Richtungsentscheidung gegen eine bestimmte politische Strömung in der Linkspartei ansehen und der Partei enttäuscht den Rücken kehren.
Frau Wagenknecht könnte auch weiter ihre (mMn richtigen) Thesen verkünden und sich um die Parteivorsitzenden und Leute wie Liebich und Warwzyniak nicht kümmern, was die Partei aber ebenfalls spalten würde, mindestens aber für ständige negative Aufmerksamkeit in den Medien sorgen würde.
Beides würde vermutlich dazu führen, dass die Linke bei der kommenden Bundestagswahl deutlich schlechter abschneidet als bisher prognostiziert, was R2G dann wahrscheinlich auch rechnerisch vollkommen unmöglich machen würde und was dann diejenigen freuen dürfte, die immer schon wollten, dass Merkel in welcher Konstellation auch immer BK bleibt.
Oder sie könnte- und ich würde das trotz aller Schwierigkeiten durchaus bevorzugen- einen klaren Schnitt machen, die Partei „Die Linke“ verlassen und eine neue linke Partei gründen.
Das wäre zwar schmerzhaft aber es wäre wahrscheinlich das Sinnvollste und vor allem Ehrlichste.
Ich bin mir sehr sicher, dass einige Abgeordnete und andere Funktionsträger diesen Schritt mitgehen würden.
Auf der einen Seite könnten dann Kipping, Riexinger und Liebich etc. mal schauen, wie weit sie ohne den ewigen Störenfried auf ihrem Weg in die Regierung kommen- und auf der anderen Seite könnte die neue Partei das tun, was Wagenknecht als wichtiges strategisches Ziel ausgegeben hat- zu versuchen, der AfD Wähler wieder wegzunehmen, die tatsächlich Interesse an einer anderen Politik und nicht nur an Parolen haben.
Das einzige Argument, was dagegen sprechen würde, wäre mMn dass die Zeit bis zur Bundestagswahl für die neue Partei recht kurz wäre, um diese auch organisatorisch zu bewältigen. Da ich aber davon ausgehen würde, dass auch größere Teile der linken Basis übertreten würde, wäre eine solche Trennung wohl schwierig aber zu bewältigen.
Dieses Risiko sollte Wagenknecht daher mMn eingehen- es wäre einfach ehrlicher als weiter mit und für eine Partei anzutreten, die einige der Kernthesen von Wagenknecht nicht teilt und die voller „Dumpfbacken“ im Lafontainschen Sinn ist.
„Mit den Aussagen von Klaus Philipp Mertens und Manfred Kirsch oben bin ich äußerst einverstanden: Die Kritik von führenden Linken an Wagenknecht ist wirklich bitter nötig und nicht die Vermeidung. Sie richtet erhebliche Schaden bei ihrer Partei an, lange bevor der richtige Wahlkampf losgeht. Mir ist es ein Rätsel, wie diese zweifellos kluge Frau (Sozialistin ihres Zeichens, sich so im rechten Jargon der Schelte gegenüber Merkel („Mitverantwortung“) und der Flüchtlings- und Sicherheitspolitik bewegen kann. Vielleicht ist ihr der bürgerliche Touch und ihre beträchtliche Popularität doch etwas zu Kopfe gestiegen. Und vielleicht sollte sie eine Pause bei der Goethe-Lektüre einlegen und z.B. „Die Verdammten dieser Erde“ (Frantz Fanon) zur Hand nehmen. Sie könnte – belesen wie sie wohl ist – wieder etwas Fuß fassen zur Frage der Integration von Flüchtlingen und Zuwanderern (Mertens).“
Ich stimme dem Leserbrief von Herbert G. Just uneingeschränkt zu.
Auch ich finde den Kommentar von Herrn Bommarius nicht etwa „treffend“ wie Herr Büge sondern „unterirdisch“. Der zugehörige Artikel von Herrn Decker ist mMn eine (unzulässige) Mischung aus seiner hinlänglich bekannten und gebetsmühlenartig wiederholten Meinung zu Sahra Wagenknecht und der eigentlichen Nachricht und leider ist auch der Eingangstext von Herrn Büge einseitig gegen Frau Wagenknecht gerichtet (in dem Zusammenhang möchte ich auch noch einmal bemerken, dass ich es etwas unpraktisch finde, wenn der Moderator, der für sich ja das (unstreitige) Recht reklamiert, Beiträge der Nutzer zu kürzen und zu zensieren, selber mit einem eindeutigen Meinungsbeitrag eine Diskussion aufmacht- aber das wurde hier ja schon diskutiert).
Warum komme ich zu dem Schluss, dass die Berichterstattung der Frankfurter Rundschau in Bezug auf das Sterninterview einseitig ist?
Nun, weil sowohl der Kommentar als auch die Einleitung zur hiesigen Diskussion eine Menge „verkürzter Wahrheiten“ und Fehler enthalten.
Nehmen wir nur mal den Kommentar. Da wird (genau wie im Deckerartikel und in der Einleitung von Herrn Büge) EINE Antwort aus einem ganzen Interview herangezogen, um Wagenknecht eine bestimmte Richtung zu unterstellen (erste drastische Verkürzung) und im Kommentar wird diese eine Antwort auch noch weiter verkürzt (Bommarius geht nur auf zwei der drei Aspekte ein, die Wagenknecht erwähnt).
Zudem (und das ist mindestens genauso schlimm) enthält die Berichterstattung der FR, da wo sie Meinung transportiert, auch noch objektive Fehler, die auch Herr Büge hier noch einmal wiederholt.
Fehler 1: Bei der Bundespolizei, für die Frau Merkel Verantwortung trägt wurde nicht gekürzt (Bommarius) bzw. wurde nur aus sachlichen Erwägungen gekürzt (Büge). Das ist sachlich falsch! Auch bei der Bundespolizei wurden Stellen gekürzt. Oder lügt Herr Gabriel im Interview im aktuellen SPIEGEL, wenn er fragt: „Wer hat denn in den vergangenen 11 Jahren bei der Bundespolizei 14.000 Stellen zu wenig bereitgestellt? Das waren ausschließlich CDU Innenminister.“
Und lügt auch der bayrische Innenminister Herrmann, wenn er in einem Interview in der aktuellen ZEIT bemerkt, dass er dem Vorschlag von de Maiziere, Bundespolizei auch im Landesinneren Aufgaben übernehmen zu lassen skeptisch gegenübersteht, „zu einem Zeitpunkt, wo sie (Bundespolizei) nach eigenem Bekunden nicht genug Leute hat, um überall in Deutschland die Grenzen wirksam zu kontrollieren.“?
Beide keine Ahnung? Beide nicht berücksichtigt, dass die arme Frau Merkel aus einem „Sparzwang“ (eine geradezu niedliche Begründung von Büge, MUSSTE Frau Merkel wirklich sparen oder hätte sie auch einfach eine andere Politik betreiben – Stichwort Steuern für Erben und Vermögende- und damit dann genügend Mittel generieren können?) heraus leider die Bundespolizei „besparen“ musste.
Niemand behauptet, dass mit noch mehr Gesetzen, noch mehr Videokameras oder eben noch mehr und vor allem besser ausgestatteten Polizisten ABSOLUTE Sicherheit geschaffen werden kann aber es kann doch auch niemand ernsthaft bestreiten, dass eine besser ausgerüstete Polizei, die zudem personell sinnvoll aufgestockt wird, mehr Möglichkeiten hat, einen Anschlag wie den in Berlin zu verhindern als eine schlecht ausgerüstete und unterbesetzte Polizei.
Und die Idee, wir könnten überall im Staat mal am Personal sparen (sind ja nicht nur die Polizisten sondern auch andere Behörden) ist eben einer der Grundpfeiler der neoliberalen Theorie, wonach „Privat vor Staat“ geht- und Frau Merkel hängt dieser Doktrin sehr an (dazu muss man sich ja nur mal anschauen, welche Maßnahme sie von der EU in Griechenland und Spanien exekutieren lässt- da weiß man, wes Geistes Kind sie ist- oder man liest mal bei Stephan Hebel nach). Vielleicht hat sie diese Doktrin in Deutschland nicht grade eingeführt aber sie hält an ihr fest.
Ergo: Frau Merkel trägt die politische Verantwortung für die Ausstattung der Bundespolizei und die war und ist nicht so, wie sie sein soll (s.o.). Und bevor jemand fragt: Nein, ich kann nicht beweisen, dass eine besser ausgestattete Polizei den Anschlag hätte verhindern können aber die logische Wahrscheinlichkeit wäre größer gewesen (und das Gegenteil kann erst recht niemand beweisen).
Dann kommt Fehler 2: Ein recht putziges Argument lautet, dass Amri ja im Zeitpunkt des großen Andrangs schon im Land gewesen ist (Einreise Juli).
Dazu kann man auch nur auf die Frage des STERN verweisen, die die Entgegnung auf diesen Einwand schon enthält. Dort heißt es: Amri sei zwar schon im Juli 2015 nach Deutschland gekommen aber er hat „die Überforderung der Behörden infolge des Massenansturms im vergangenen Jahr ausgenutzt“.
Diesen Zusammenhang in Zweifel zu ziehen, widerspricht wirklich jeder Lebenserfahrung (und Wagenknecht hat auch nie behauptet, dass Amri im September nach Deutschland eingereist ist). Auch schon vor September waren die Behörden in Deutschland offensichtlich am Anschlag- denn auch im Juli 2015 kam eine große Zahl Flüchtlinge nach Deutschland
http://www.faz.net/aktuell/fluechtlinge-zahl-der-asylbewerber-erreicht-im-juli-rekordhoch-13728780.html
Zudem ist es doch ganz offensichtlich, dass auch schon im Juli irgendwelche Kontrollmechanismen in Deutschland versagt haben oder hält es irgendwer für ganz normal (und nicht zu beanstanden), dass Amri, der in Italien abgeschoben werden sollte und dessen Asylantrag abgelehnt wurde (seinerzeit galt ja wohl noch Dublin 2) einfach so nach Deutschland einreisen kann und hier insgesamt 14 Identitäten annimmt? Ich halte das jedenfalls nicht für normal und auch nicht für hinnehmbar.
Das mag an der schlechten Ausstattung der Behörden gelegen haben- aber auch dafür trägt Frau Merkel- soweit es sich wie beim Bamf um Bundesbehörden handelt die politische Verantwortung. Ich verstehe nicht, wie man das leugnen kann.
Und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass irgendwer ernsthaft in Zweifel ziehen kann, dass, wenn eine große Zahl von Flüchtlingen (zunächst) unregistriert ins Land kommt und man in Deutschland zeitweise nicht wusste, wer da überhaupt gekommen ist, die Wahrscheinlichkeit extrem groß ist, dass da eben nicht nur nette Menschen gekommen sind, die hier Schutz suchen sondern eben auch Menschen, die anderes im Sinn haben.
Im übrigen ist die Tatsache, dass Frau Merkel die Einreise der Flüchtlinge aus Ungarn und in der Folgezeit weiterer Tausender Flüchtlinge (gegen die seinerzeit geltenden EU Regeln!) mit niemanden in der EU (außer Österreich) abgestimmt hat und auch die Tatsache, dass die deutsche Bundesregierung anderen Ländern in den Jahren davor die kalte Schulter gezeigt hat, als diese Hilfe bei der Bewältigung der Flüchtlingszahlen erbeten hatten, mitursächlich dafür, dass der Plan, die Flüchtlinge in der EU zu verteilen gescheitert ist. Auch hier kann man Merkel sehr zu recht kritisieren (und diese Kritik wird nicht dadurch falsch, dass sie auch von der AfD artikuliert wird).
Zum Thema Kriege führt Wagenknecht aus: „Seit 15 Jahren wird ein sogenannter Krieg gegen den Terror geführt,…in Afghanistan,..im Irak, in Libyen, in Syrien. Was ist die Bilanz all dieser Kriege, die mittlerweile 1,5 Mio Menschenleben gekostet haben? Der islamische Terror ist nicht schwächer, sondern sehr viel stärker geworden….Und durch die Beteiligung der Bundeswehr an Kriegen in der islamischen Welt sind auch wir zur Zielscheibe des Terrors geworden.“
Was ist denn an dieser Aussage falsch? Fakt ist, dass die Zahl der potentiellen „Terroristen“ stark ansteigt, seitdem der Westen (oder Teile davon) diese bekriegt. Und wenn sich Deutschland an diesen Kriegen beteiligt, dann sind wir eben auch potentielles Opfer von Angriffen des IS.
Natürlich verschweigt Bommarius diesen Aspekt der Aussage von Frau Wagenknecht, weil das ja nicht zu seiner Absicht passt, diese in die AfD Ecke zu stellen- denn von der AfD gibt es kein „Nein“ zu Kriegseinsätzen der Bundeswehr.
Im Interview gibt es weitere interessante Aussagen, die in der Berichterstattung der FR aus gegebenem Anlass nicht vorkommen.
So stellt Frau Wagenknecht die erstaunlicherweise immer noch nicht beantwortete Frage danach, wer denn die Integrationskosten für die vielen Flüchtlinge bezahlen soll- und damit stellt sie die Frage nach einer weiteren politischen Verantwortlichkeit von Frau Merkel- nämlich der für das Erstarken der AfD. Auch ich kann, wie Herr Just in seinem Leserbrief den Artikel von Carola Lobenstein in der aktuellen Zeit über die Verhältnisse in Bitterfeld nur sehr empfehlen.
Natürlich gibt es unter den Bürgern Ärger darüber, dass jahrelang von der schwarzen Null geschwafelt wurde und jetzt auf einmal ist (ähnlich wie bei der Bankenrettung seinerzeit) Geld da, um die Integration und den Lebensunterhalt von Flüchtlingen zu finanzieren und niemand weiß, wer die Rechnung am Ende bezahlen muss (und DASS die Integration viel Geld kosten wird, ist auch nicht zu bestreiten- auch wenn auch das ebenfalls von der AfD thematisiert wird).
Und die Leute, die sich darüber Gedanken machen, sind auch nicht „Lumpenproletariat“, wie der Leserbriefschreiber Herr Mertens schreibt sondern stammen häufig aus der Mitte der Gesellschaft (mal ganz abgesehen davon, dass sich die LINKE auch um die Abgehängten kümmern sollte, die Angst haben, um das bisschen, was sie derzeit haben auch noch mit den Flüchtlingen konkurrieren zu müssen).
Dass Frau Merkel sich bis heute weigert, sich dazu zu äußern, wie die Kosten für die Integration aufgebracht werden sollen, ist mMn nicht nur skandalös sondern eben auch Wasser auf die Mühlen der AfD.
Auch die von Herrn Büge angemahnte Kritik an der Handelspolitik findet sich in dem Interview mit dem Stern („Wir müssen die Kriege beenden, vor denen die Menschen fliehen. Wir müssen aufhören, armen Ländern Freihandelsabkommen zu diktieren und dann ihre Wirtschaft mit unseren subventionierten Agrarexporten zu ruinieren. Denn genau das führt vor Ort zu Verzweiflung und Flucht.“). Wagenknecht hat also auch ausdrücklich das herausgestellt, was Herr Büge so fordert- nur eben nicht in der einen Antwort, auf die sich die FR in ihrer Berichterstattung und Kommentierung stürzt.
Ich würde mal vermuten, dass man einen Satz wie den zur Handelspolitik von der AfD nicht so oft hört- genauso wie den Satz (Zitat) „Das Asylrecht für politisch Verfolgte kennt keine Obergrenze.Punkt.“
„Aber genau so klar ist, dass Deutschland nicht alle Armen dieser Welt aufnehmen kann“ könnte dagegen auch jemand von der AfD sagen- aber alleine dadurch wird er ja nun auch nicht falsch.
Alles in allem lässt sich mMn klar und zweifelsfrei feststellen, dass Frau Merkel aufgrund der aufgezeigten von ihr zu verantwortenden Fehler und Missstände eine politische Mitverantwortung (keine juristische) auch für den Anschlag in Berlin hat.
Der Versuch der FR, Wagenknecht in die rechte Ecke zu stellen, beruht auf der Methode, Inhalte (in diesem Fall des Sterninterviews) nur verkürzt wiederzugeben und mit falschen Behauptungen scheinbar zu widerlegen und alles was nicht in das eigene Argumentationsmuster passt, wegzulassen.
Zudem gibt es so eine Art „Denksperre“. Jeder der sich dazu äußert, dass die Integration der Flüchtlinge vielleicht nicht ganz so einfach wird (grade wenn man sich anschaut, wie viel Probleme es auch in der Intergation schon länger hier lebender Menschen ausländischer Abstammung gibt), bekommt sicher Beifall von der AfD. Aber soll man sich von der AfD das Denken verbieten lassen? Oder aus lauter Angst, in die rechte Ecke gestellt zu werden?
Entscheidend ist doch nicht, wer welche Probleme benennt sondern wer welche Lösungen anbietet und wenn ich die Forderungen die Sahra Wagenknecht in dem Interview aufstellt mit denen vergleiche, die die AfD normalerweise hat, dann besteht eben keine Übereinstimmung-viel weniger jedenfalls als man bei einem Vergleich der politischen Forderungen der AfD mit nahezu allen anderen Parteien im Bundestag feststellen kann. Ist das für die FR nicht von Relevanz? Offenbar nicht, denn ähnliche Artikel und Unterstellungen finden sich in der FR zu anderen Politikern nicht.
Dass ich das als Leser der FR sehr schade finde, versteht sich von selbst.
@A.H.
Weil es zu wenig Polizisten gibt, trägt A. Merkel eine Mitschuld an dem Anschlag in Berlin, ist Ihre Argumentation. Was ist dann mit den anderen 262 Morden in Deutschland? Mit mehr Polizei hätte man ja vielleicht den einen oder anderen auch verhindern können. Also auch hier Mitschuld von A. Merkel?
Was ist mit den Wohnungseinbrüchen? Mitschuld von A. Merkel?
@ A.H.
„… in dem Zusammenhang möchte ich auch noch einmal bemerken, dass ich es etwas unpraktisch finde, wenn der Moderator, der für sich ja das (unstreitige) Recht reklamiert, Beiträge der Nutzer zu kürzen und zu zensieren, selber mit einem eindeutigen Meinungsbeitrag eine Diskussion aufmacht …“
Das kann ich nachvollziehen. Ich finde auch so manches „unpraktisch“. Zum Beispiel dass User die Blog-Regeln nicht beachten, mich also zum Eingreifen nötigen und dies hinterher als Zensur darstellen. Unstreitig, nicht wahr? In diesem Zusammenhang bringe ich die Blog-Regel Nr. 4 in Erinnerung: Bleiben Sie sachlich, freundlich und beim Thema. Was an der kurzen Passage, die ich in einem Ihrer Kommentare entfernt habe, sachlich, freundlich oder gar ein Beitrag zum Thema gewesen sein soll, dürfen Sie mir gern erklären – aber bitte in einer Mail und nicht hier im Blog, denn das gehört nicht zum diskutierten Thema.
Darüber hinaus begreife ich mich als Moderator und Publizist und lade Sie freundlich dazu ein, dies zu registrieren.
Meine Kritik an Wagenknecht konzentriert sich auf die „verkürzten Wahrheiten“, die typisch für Populisten sind. Wagenknecht hat im „Stern“-Interview vieles gesagt, was bedenkenswert ist und was ich für richtig halte, aber sie hat eben auch die paar Worte über Merkels Mitverantwortung gesagt, die falsch sind. Wagenknecht muss gewusst haben, dass die Journalisten genau diese Passagen in den Vordergrund stellen würden, denn das gibt die Schlagzeilen: Wagenknecht gibt Merkel Mitverantwortung am Berliner Anschlag. Wagenknecht ist Medienprofi, sie weiß, wie der Hase läuft.
Merkel hat Mitverantwortung am Anschlag von Berlin? Mit derselben Logik hätte Francois Hollande Mitverantwortung für die Anschläge auf Charlie Hebdo und das Bataclan; George W. Bush hätte Mitverantwortung für 9/11. Das ist völlig absurd! Verantwortung für Terroranschläge haben immer die Terroristen – und das wollen sie ja auch, siehe ihre „Bekennerschreiben“. Im weiteren Sinn haben die Politiker Verantwortung, die dem Terror den Weg bereiten. Dazu gehört Merkel nicht, sondern das sind m.E. Leute wie George W. Bush und seine Einflüsterer, z.B. Dick Cheney, Richard Perle, Donald Rumsfeld und Paul Wolfowitz.
„Fehler 1: Bei der Bundespolizei, für die Frau Merkel Verantwortung trägt wurde nicht gekürzt (Bommarius) bzw. wurde nur aus sachlichen Erwägungen gekürzt“
Die Passage aus dem Bommarius-Kommentar lautet:
„Sahra Wagenknecht weist der Bundeskanzlerin eine Mitverantwortung an dem Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt zu. Als Gründe nennt sie einerseits die „unkontrollierte Grenzöffnung“, andererseits die „kaputt gesparte Polizei“. (…) Was die Polizei betrifft, so wurde sie vor allem in den Bundesländern „kaputt gespart“; Wagenknechts Behauptung ist schlicht Unsinn. Diese Mixtur von Unwahrheit und Wirrnis ist bei der AfD besonders populär. Wagenknecht sollte sich ihre Spitzenkandidatur für die Linkspartei noch einmal überlegen.
Wo behauptet Bommarius, dass bei der Bundespolizei nicht gekürzt wurde?
Die betreffende Passage aus meiner Einleitung hierzu lautet:
„Darüber hinaus gibt es Gründe dafür, dass die Polizei personell schon mal besser dagestanden hat, unter anderem den Sparzwang im Bund und in den Bundesländern, aber auch die Tatsache, dass der Schutz der deutschen Außengrenzen im Zeitalter des Schengen-Raums anders definiert wurde (und werden musste) als zu Zeiten nationalstaatlicher Grenzen mit Personenkontrollen.“
Wo ist da ein Fehler? Wenn EU-Binnengrenzen wegfallen, weil wir den Schengen-Raum haben, werden die Aufgaben für die Polizeien, die vorher für den Schutz der Außengrenzen gebraucht wurden, neu definiert. Wir brauchen keine Zollbeamten mehr an den deutschen Grenzen, sondern die brauchen wir jetzt an den europäischen Außengrenzen. Dasselbe gilt für Personenkontrollen. Wir hatten das Dublin-Abkommen., d.h. Asylbewerber und ihre Anträge werden in den Ländern registriert und ihre Anträge entgegen genommen, in denen die Betreffenden erstmals EU-Gebiet betraten. Dort also entsteht jetzt der Verwaltungs- und Kontrollaufwand, der Personal erfordert. Es ist m.E. nichts als rational, dass die Kräfte, also auch die Polizeikräfte, dort eingesetzt werden, wo sie gebraucht werden. An den deutschen Außengrenzen wurden sie in diesem Ausmaß nicht mehr gebraucht. Es ist kein Fehler, die Polizei personalpolitisch zeitgemäß auszurichten. Hätte Merkel versucht, das Personal für Grenzkontrollen in alter Stärke zu erhalten, wäre ihr ganz sicher irgendwann der Bundesrechnungshof in die Parade gefahren.
Ich habe die Passage aus dem Wagenknecht-Interview, an der sich die Kritik entzündet, völlig richtig und unverkürzt, aber teils in indirekter Rede, dargestellt. Dass darüber andere Inhalte, die Wagenknecht im Interview ebenfalls angesprochen hat, ins Hintertreffen geraten würden, muss sie selbst gewusst haben, als sie diese Passage platzierte. Sonst wäre sie keine Politik-Profi.
@ all
Achtung, das betrifft alle: Die Zahl der Zeichen für neue Kommentare wird jetzt auf 1000 begrenzt. Ich sehe, dass mir hier eine Diskussion blüht. Fassen wir uns kurz. Die Begrenzung gilt auch für mich selbst. Sie betrifft zunächst nur diesen Thread.
@ A.H.
Nachsatz: Bitte posten Sie von nun an hier unter Klarnamen, so wie (fast) alle anderen auch. Ich stehe ebenfalls mit meinem Namen für meine Meinung.
Henning Flessner an A.H.:
„Weil es zu wenig Polizisten gibt, trägt Angela Merkel eine Mitschuld an dem Anschlag in Berlin, ist Ihre Argumentation. Was ist dann mit den anderen 262 Morden in Deutschland? Mit mehr Polizei hätte man ja vielleicht den einen oder anderen verhindern können. Also auch hier Mitschuld von Angela Merkel? Was ist mit den Wohnungseinbrüchen? Mitschuld von A. Merkel?“
Ganz so einfach ist das in der Tat nicht. Dennoch würde ich sagen, dass sich ein Teil der Verbrechen in Deutschland verhindern ließen, nicht nur durch mehr Polizei, sondern durch eine Ende des Kaputtsparens im Sozialbereich allgemein, und da sind alle Politiker angesprochen, die in Regierungsverantwortung stehen. Wer Sozialarbeiter- und Lehrerstellen kürzt und Jugendhäuser schließt, wer die Armut wachsen lässt, im eigenen Land und schlimmer noch in einigen Teilen der EU, muss sich nicht über wachsende Einbruchskriminalität und zunehmenden Rechtsradikalismus wundern.
Bronski an A.H.:
„Darüber hinaus gibt es Gründe dafür, dass die Polizei personell schon mal besser dagestanden hat, unter anderem den Sparzwang im Bund und in den Bundesländern, aber auch die Tatsache, dass der Schutz der deutschen Außengrenzen im Zeitalter des Schengen-Raums anders definiert wurde…“
Der Sparzwang fällt doch nicht vom Himmel. Wenn Politiker es endlich mal hinkriegen würden, den Leuten, die im Überfluss leben, die Steuerflucht begehen, und den Großkonzernen das Geld abzuknöpfen, das sie der Allgemeinheit schuldig sind, und wenn der eine oder andere auch mal von seiner Obsession der schwarzen Null abrücken könnte, dann müsste auch nicht so zwanghaft gespart werden.
Auf Angela Merkel allein kann man diese Missstände sicher nicht schieben, sie ist nur eine entscheidende Stellschraube in diesem falsch tickenden Räderwerk.
Und zum Schutz der Grenzen: Wo sind sie denn, die deutschen Polzisten, die von den Landesgrenzen abgezogen wurden? Unterstützen sie etwa in gleicher Zahl den Schutz der Außengrenzen der EU? Wenn das geschähe, wenn alle die durch Schengen eingesparten Grenzpolizisten, am besten aus ganz Europa, an der griechischen und italienischen Küste Dienst täten, und dabei helfen würden, die ankommenden Flüchtlinge zu registrieren und deren Fingerabdrücke in EURODAC einzuspeisen, hätten es Amri und der Freiburger Straftäter zumindest nicht so leicht gehabt.
2357 Zeichen, Anm. Bronski
Ich mag nicht unfreundlich sein, aber manchmal muss ich es. Online-Debatten können sonst schwierig werden.
A.H. hat die beiden am Schluss des vorangegangenen Kommentars formulierten Maßnahmen bei einigen weiteren Kommentaren, die er inzwischen abgeschickt hat, nicht berücksichtigt. Ich habe seine Kommentare daraufhin nicht veröffentlicht. Vielleicht hat A.H. die beiden Punkte schlicht übersehen. Ich formuliere sie daher hier noch einmal:
1. Die Zahl der Zeichen pro Kommentar wird in diesem Thread auf 1000 begrenzt, um die Diskussion zu konzentrieren. Ich bin bereit, A.H., mit Ihnen zu diskutieren, gern auch über Basics des Journalismus, unter einer Bedingung:
2. Sie treten von nun an hier unter Klarnamen auf, mit voller Identität, so wie die anderen Blog-UserInnen auch. Ich möchte, dass Sie mit Ihrem Namen zu Ihrer Kritik stehen. Ihre Meinung ist vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt. Sie haben also nichts zu befürchten.
934 Zeichen
Liebe Frau Ernst,
natürlich fällt der Sparzwang nicht vom Himmel. Er ist gewollt, Schäuble will seine „schwarze Null“, Griechenland wird der Austeritätspolitik unterworfen. Man kann das durchaus Angela Merkel anlasten. Wem auch sonst; schließlich ist sie Kanzlerin. Vielleicht gibt es sogar Belege dafür, dass die Bundesregierung unter ihrer Führung die Verlagerung von Verantwortlichkeiten an die Außengrenzen genutzt hat, um bei der Bundespolizei Personal abzubauen, also vulgo: zu sparen. Das weiß ich nicht. Wie wollen Sie das beweisen? Merkel aber mitverantwortlich für einen Terroranschlag zu machen, ist etwas völlig anderes, und das sollte doch jedermensch völlig klar sein. Das würde in juristischer Hinsicht bedeuten, sie einer Straftat zu bezichtigen, als wäre sie eine Strippenzieherin und an der Planung des Attentats beteiligt. So aber meinen Sie das sicher nicht.
Die Frage, die hier implizit aufgeworfen wird, ist: Wer ist für den Terror verantwortlich? Wagenknecht sagt: Merkel ist zumindest mitverantwortlich. Ich bestreite das. Die Ursachen für den Terror liegen nicht in Merkels Verantwortung. Die Kanzlerin hätte allerdings möglicherweise — siehe die Paralleldiskussion über Merkels Bilanz — mehr unternehmen können, um dem Terror das Wasser abzugraben. Wenn Wagenknecht das so gesagt hätte, wäre ich völlig bei ihr.
Man kann ja viel schreiben, ob Frau Merkel Mitverantwortung trägt oder nicht. Fakt ist, dass sie als Bundekanzlerin die Richtlinien der Politik bestimmt und dadurch die Verantwortung für die sich daraus ergebenden Konsequenzen hat. Fakt ist aber auch dass die FR in Person Markus Decker als Sprachrohr des Herrn van Aken allzu gerne Sahra Wagenknecht in die Rechte Ecke stellt.
Julia Klöckner fordert heute, „die“ Flüchtlinge besser zu kontrollieren. Mit dieser Verallgemeinerung stellt sie die Flüchtlinge unter Generalverdacht. Ich vermisse hierzu einen Artikel/Kommentar der Herren Decker und Bommarius womit Julia Klöckner in die Nähe der AfD gerückt wird. Sicherlich bekommt sie von dort Beifall. Ob sie mit dieser Verkürzung/Vereinfachung auch auf populistischem Weg Wähler von dort zurück gewinnen will?
@Brigitte Ernst
Mehr Einbrüche und weniger Lehrer: da sehen Sie einen kausalen Zusammenhang. Bei weniger Mord und Vergewaltigungen sehen Sie ihn vermutlich nicht.
@ Henning Flessner
Ich sehe grundsätzlich einen Zusammenhang zwischen Kriminalität und Perspektiv- und Orientierungslosigkeit. Viele Experten sind sich mittlerweile darüber einig, dass für bessere Bildungschancen für alle ein besseres Schulsystem nötig ist, z.B. Ganztagsschulen mit mehr Betreuung für Kinder aus bildungsfernen Schichten. So könnte z.B. auch der Sympathie muslimischer Jugendlicher für den IS begegnet werden.
Die Ansätze vieler Schulen in Richtung Ganztagsschule scheitern leider an den Sparmaßnahmen im Bildungssektor, u.a. an zu wenig Lehrern.
Natürlich muss man unter dem Oberbegriff Kriminalität auch Mord und Vergewaltigung fassen, da hätten Sie mich aber sicherlich darauf hingewiesen, dass diese Delikte laut Statistik abnehmen, worauf ich wiederum antworten kann, dass zumindest bei Vergewaltigung die Dunkelziffer hoch ist und ich deshalb der Satistik nicht traue.
„Man kennt die Absicht, ist verstimmt.“ Genau an diesen Spruch habe ich mich erinnert im Bemühen, Wagenknecht querfrontmäßig mit der AfD zu verbandeln. Es gibt sogar Linke, die da mit mischen, weil ihnen die ganze Sahra-Richtung (mit Oskar im Hintergrund) nicht passt, und davon abhält, bei einer R2G-Konstellation Pöstchen zu ergattern.
Ansonsten ist diese Debatte einfach lächerlich. Ist die Tatsache, das W. Merkel kritisiert, schon hinreichend, sie bei der AfD zu verorten?
Sahra Wagenknecht geht auf Stimmenfang, wobei sich Merkel inzwischen auch angreifbar gemacht hat mit der Grenzöffnung für die Asylbewerber. Vielleicht hat Merkel dabei völlig übersehen, dass ein Teil der CDU von ihr ausgebootet worden war, nach der erfolgreichen schwarz-roten Koalition 2005 in Berlin. Personen der CDU, die einen harten Kurs gegen Ausländer und ihre Staatsbürgerschaft führten, wie Roland Koch waren ausgebootet. Der konservative Teil der CDU war in der Kanzlerschaft von Angela Merkel zum zusehen verurteilt worden. Bei allem pro und Contra in der Flüchtlingskrise ist es doch so, dass die Merkel sche CDU sich damit angreifbar gemacht hat, von den Flügeln der CDU die bisher nur zusehen konnten. Gut finde ich das nicht, aber mir macht sich die CDU sympatisch, mit der Energiewende, mit der Flüchtlingspolitik. Ich kann mir daher vorstellen in diesem Jahr CDU zu wählen. Ginge es nach dem Linken Parteivorstand gäbe es noch außerdem ein Begrüßungsgeld für Asylbewerber. Sahra Wagenknecht hält gegen ihre Vorstandskollegen, macht sich damit aber auch nicht wählbar durch mich. Es ist das erste mal, das ich beim wählen unentschlossen bin
Äußerungen von Sahra Wagenknecht sollte man grundsätzlich nur im Original lesen bzw hören (werden zum Glück häufig ins Internet eingestellt). Das ist wesentlich informativer als die grobschlächtige Parteipropaganda z.B. von P. Tauber, die so gerne zitiert wird, oder solche Nicht-Nachrichten wie dass Kritik „bei einigen ihrer Gegner unterbleibt“. Noch wichtiger: Man vermeidet die ganzen Desinformationen, die ich auch in der „seriösen“ Presse überreichlich gefunden habe. In einem Fall wurde in eine Bundestagsrede eine ganze – schlimme – Passage eingefügt, die Sahra Wagenknecht angeblich gesagt haben sollte, die aber frei erfunden war! Selbst im „Neuen Deutschland“ finden sich im – laut Markus Decker „bemerkenswerten“ – Artikel von J.O. Arps Behauptungen über angebliche Äußerungen und „Haltungen“ Sahra Wagenknechts, die sogar das Gegenteil von dem ausdrücken, was Sahra Wagenknecht tatsächlich immer wieder betont. Nur ein Beispiel: Arps unterstellt ihr die Haltung: „Egal wie viele Menschen russische Bomben in Syrien töten, Schuld sind immer die Amerikaner“, während Sahra Wagenknecht wörtlich sagt: „das (tote Zivilisten durch Bombardements) gilt für Russland genauso wie für den Westen“ (zuletzt im Deutschlandfunk-Interview vom 8.1.17)!
Wenn Cem Özdemir Krokodilstränen weint, weil angeblich die Linkspartei „den Tisch verlässt und Rot-Rot-Grün dadurch fast unmöglich macht“, dann sollte man das taz-Interview „Rot-Rot-Grün im Trialog“ kennen, in dem Katarina Barley und Sahra Wagenknecht sich erstaunlich gut über die Bedeutung sozialer Gerechtigkeit einigen können, während Cem Özdemir ständig „Fallstricke“ in den Vordergrund stellt und ein völlig anderes Konzept vertritt: „Wir müssen die Ängste vor einer solchen Koalition nehmen – auch denjenigen, die das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bilden und sich Sorgen machen“. Er will Öko-Projekte „mit der Wirtschaft zusammen zu einem Gewinnerthema machen“ und schreckt nicht vor Phrasen zurück, wie sie von Unternehmerseite bekannt sind: „Wenn man etwas verteilen will, muss man vorher etwas erwirtschaften“. Es ist kein Geheimnis, dass Grüne wie C. Özdemir, T. ElWazir und W. Kretschmann eine Koalition mit der CDU anstreben; Kretschmann hat in einem Fernsehinterview explicit gesagt, ihm sei Seehofer näher als Ramelow!
Danke, Frau Monika Lammers-Goebel, für die Klarstellung. Hinzufügen möchte ich noch, das es bei Frau Wagenknecht wohl oft heißt: einfach mal (etwas Falsches) behaupten, irgendwas wird immer bei irgendwem kleben bleiben. Übrigens können wir alle uns von ihren Aussagen ein Bild machen, indem wir heute abend um 21.00 Uhr Hart-aber-fair im Ersten einschalten. Unter anderem mit Wagenknecht, und, ei gucke mal da, Frauke Petry.
Frau Wagenknecht muß lt. etlichen Medien- und Blog-Kommentaren mindestens so bedeutend wie Merkel und Trump sein. Oder haben da Menschen Angst vor den von ihr ausgesprochenen Wahrheiten, siehe hier:
1. http://www.focus.de/politik/deutschland/interview-mit-linken-fraktionschefin-sahra-wagenknecht-halte-nichts-davon-afd-zu-referenzpunkt-der-politik-zu-machen_id_6493534.html?fbc=fb-shares
2. https://makroskop.eu/2017/01/ploetzlich-rechtspopulistin/
3. http://www.tagesschau.de/inland/linkspartei-133.html
Man sieht, auch die Tagesschau mischt kräftig mit beim Wagenknecht-Bashing.
Und Andre Tautenhahn kommentiert in seinem Blog die Tagesschau-Meldung wie folgt: 4. http://www.taublog.de/170113wer-wirklich-bremst.
@ all
Ich lege Wert auf die Feststellung, dass sich meine Kritik an Wagenknecht ausschließlich an der Interview-Passage entzündet, die ich oben zitiert habe. Mit vielem, was Wagenknecht sonst sagt, bin ich einverstanden, nicht aber mit der populistischen Präsentation eines Sündenbocks namens Merkel. Die Zusammenhänge sind viel komplexer. Wagenknecht zieht sie im „Stern“-Interview in der Weise zusammen, die dem aufklärerischen Ansatz der Linken im Kern entgegensteht. Auch Wagenknecht weiß, dass die Verantwortlichkeit für den Terror im Wesentlichen in Washington zu suchen ist, ebenso wie die Verantwortlichkeit für die Destabilisierung des Nahen Ostens und die Entstehung des IS. Trotzdem sieht sie eine Mitverantwortlichkeit Merkels für den Anschlag in Berlin. Ich wiederhole: Mit derselben Logik, die aus diesem Konzept der politischen Verantwortlichkeit entspringt, ist Wagenknecht selbst ebenfalls mitverantwortlich für den Anschlag, weil sie sich um Regierungsverantwortung drückt.
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@ Bronski: Du meinst wahrscheinlich anstelle „anti-aufklärerischen Ansatz der Linken“ eher „aufklärerischer Ansatz“, oder? Der schwarze Peter ist zwar – auch – in Washington zu sehen, aber nicht ausschließlich. D. und somit Merkel als Regierungsverantwortliche trägt m.E.nach insofern Mitschuld, als sie innerhalb der NATO vor allem mit unseren Waffenexporten dazu beiträgt, wenn Menschen ihre Heimat verlassen. Humane Entscheidungen müssen immer auch das Für und Wider und die Folgen bedenken.
Und den Vorwurf, Wagenknecht „drücke“ sich um die Regierungsverantwortung. Doch nur, weil sie keine Chance darin sieht, mit zwei neoliberalen Parteien, die z.B. nichts an unseren Auslands-Kriegseinsätzen, unseren Rüstungslieferungen und unserer Verarmungspolitik ändern wollen, irgendwie eine „linke“ Politik, welche den Namen verdient, machen zu können. Ihr geht es um Inhalte, nicht um Pöstchen. Du kennst doch meinen Standardausspruch: „Illusorisch, das der Schwanz mit dem Hund wedelt“ (als kleinster Koalitionspartner). Möglich, das es zu einer Spaltung der Linken kommt. Frage nur, wem dies dann „cui bonum“, nutzen würde, Gibt ja auch noch die 5%-Hürde.
Sorry für das „Bromski“. Bin in letzter Zeit etwas zittrig beim Schreiben. Und mit meinem Satz“ Humane Entscheidungen müssen immer auch das Für und Wider und die Folgen bedenken“, meinte ich natürlich die Entscheidung von Frau Merkel, mit ihrem „wir schaffen das“, ohne die Gründe von Migration, die Folgen und Nebenwirkungen zu bedenken. Das scheint mir viel zu wenig thematisiert zu werden, die Frage nach dem „warum verlassen Menschen ihre Heimat“?
@ Wolfgang Fladung, 16.01. um 20:22
Danke für den Hinweis.
User Flessner hat treffend formuliert:
„Weil es zu wenig Polizisten gibt, trägt Merkel eine Mitschuld an dem Anschlag in Berlin, ist Ihre Argumentation. Was ist dann mit den anderen 262 Morden in Deutschland?“
M. E. veranschaulicht das die Absurdität des Vorwurfs der Mitverantwortlichkeit. Morde lassen sich nicht verhindern. Terroranschläge lassen sich nicht verhindern. Man muss allerdings trotzdem alles dafür tun, dass sie verhindert werden. Ich habe vor einem Jahr in diesem Blog geschrieben, dass die Polizei verstärkt werden muss, um so was wie Silvester 2015 in Köln zu verhindern. 2016 gelang das. Eine Mitverantwortlichkeit für die Landesbehörden wäre m.E. dann gegeben, wenn die Übergriffe sich wiederholt hätten. Eine Mitverantwortlichkeit Merkels für einen Terroranschlag – nicht für Terrorismus insgesamt – wäre gegeben, wenn sich ein Anschlag wie in Berlin mit demselben Behördenversagen wiederholen würde. DAS hieße nämlich: nichts gelernt, also verantwortlich.
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@ Engelbert Kuhn, 12. Januar 2017 um 8:25
Sorry, aber das ist nicht dasselbe. Erstens ist es Frau Wagenknecht selbst, die sich in die rechte Ecke spielt, denn sie ist es ja, die im Interview die entsprechenden Worte wählt. Die Einordnung dieser Worte duch van Aken und andere in der Linken gibt der Nachricht von Wagenknechts Äußerungen dann natürlich das Gewicht: Linke mal wieder uneinig, weil Wagenknecht sich nicht an Absprachen hält. Eine Julia Klöckner hätte natürlich gern ebenfalls solche Schlagzeilen. Die bekommt sie dann, wenn irgendjemand mit Rang und Namen aus ihrer Partei ihr widerspricht und sie in die Schranken zu weisen versucht. Diesen Gefallen tut ihr aber niemand, weil Klöckners Worte leicht einzuordnen sind: Sie laufen unter dem Stichwort „hilfloser Profilierungsversuch“. Da fallen wir nicht drauf rein.
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Wenn die anderen führenden Politiker der Linken (Bartsch, Kipping, Riexinger) nicht so besonnen und zurückhaltend auf diese klaren Ausrutscher von Wagenknecht (v.a. der Vorwurf Mitverantwortung von Merkel an dem Berliner Attentat) reagieren würden, wäre der Zoff in der Partei schon längst entbrannt. Ich bleibe bei dem, was ich oben gesagt habe. S. Wagenknecht hat bereits jetzt der Linken politischen Schaden zugefügt. Es wird nicht die letzte Fehltritt von ihr sein, weil sie aufgrund ihrer öffentlichen Dauer-Präsenz und Publikumswirksamkeit schon eine Art politisches Eigenleben führt. Das ist aber genau das, was Die Linke nicht gebrauchen kann. Ein van Aaken hat das längst erkannt. Jedenfalls wird Wagenknecht so keine Bürger erreichen, die bei der AfD gelandet sind.
Wegen ihrer Eskapaden brodelt es auch an der Basis.
Ich kann die ablehnende Haltung gegenüber Frau Wagenknecht in der z.Z. diskutierten Angelegenheit nicht teilen. Der Leserbriefschreiber Klaus Philipp Mertens nennt die AfD, Pegida &Co in seiner Erwiderung Lumpenproletariat. Diese Etikettierung und die anschließende Analyse zeigen das Problem einiger oder vieler Linker oder besser das Dilemma: Pauschale Diffamierung und elaborierte komplexe Widerlegung.
Ich sehe den von Herrn Mertens benannten Sachverhalt durchaus auch in seiner Komplexität – aber wenn die Sachverhalte in diesem „Intellektuellensprech“ dargestellt werden, jedoch die Weltwahrnehmung vieler Menschen vom erlebten Sein geprägt ist, wird man diese nicht erreichen. Es ist vielfach – u.a. im Theaterstück „Geächtet“ des Moslems Ayad Akthar – dargestellt worden, dass eine wohlsituierte Intellektuellenschicht, die unmittelbar mit Flüchtlingsunterkünften und sozialer Abstiegsangst nichts zu tun hat, die Thematik Islam / Migration quasi wohlfeil, wenn auch durchaus intellektuell redlich und angemessen diskutiert, ohne sie zu erleben.
Zudem hat Frau Wagenknecht auch recht mit den von ihr kritisierten Aspekten der Flüchtlingspolitik, ich teile diese Einschätzung befinde mich aber keineswegs im Dunstkreis von AfD u/o Pegida.
Die Linke (aber auch die anderen im Bundestag vertretenen Parteien) erzählen in unterschiedlicher Ausprägung die Geschichte von Flüchtenden und ihrer Aufnahme in Deutschland – je weiter nach links desto abstrakter, sprachlich elaborierter und entfremdeter und auch zugewandt und wohlwollend den Flüchtenden gegenüber; jedoch vielfach aus relativ großer Distanz von vielen anderen ganz schlichten, alltäglichen Lebenslagen.
Es ist notwendig ziemlich schnell nach folgender Weisheit von Ferdinand Lassalle zu handeln: Die größte revolutionäre Tat ist, zu sagen, was ist! In diesem Sinne verstehe ich Frau Wagenknechts Reaktionen als Gegenentwurf zur AfD etc.
Diese erzählen das auf ihre Weise; abwertend, ausgrenzend, teilweise geradezu rassistisch und in einem ethnisch-völkischen Heimatfilm der 50er Jahre, dass es mich graust; schlimm nur, dass der von ihnen präsentierten Geschichte so viele gebannt zuhören.
Die Aufregung über Sarah Wagenknechts vermeintlichen Versuch, „rechts im Trüben zu fischen“ offenbart, wie mir scheint, ein Defizit unserer ansonsten so hochgelobten und mit erheblichen Steuermitteln für eigens eingerichtete staatliche Stellen betriebene Aufarbeitung der SED-Diktatur.
Ich kann mir gut vorstellen, dass Sarah Wagenknecht überhaupt nicht versteht, was ihr vorgeworfen wird. Für sie ist, wie für viele Linke aus dem Osten, Linkssein kein Hinderungsgrund, sich gegen die Integration von Ausländern zu stellen; denn sie ist in der DDR groß geworden. Da ist ihr beigebracht worden, was Linkssein bedeuten sollte: von der Sowjetunion siegen lernen, die sozialistische Heimat DDR lieben, gut lernen und arbeiten und den Klassenfeind hinter der Elbe hassen. Ausländer und Probleme mit ihnen gab es in der DDR nicht, also auch keine Regeln für den Umgang mit ihnen. Das, was wir Westdeutschen seit Anfang der 1960er Jahre von unseren Gastarbeitern mühsam lernen mussten, nämlich dass Ausländer Menschen sind, haben die DDR-Bürger verpasst.
Und noch ein zweiter Lernprozess, den wir nach den Auschwitzprozessen und der 1968er Studentenrevolte durchmachen mussten und der bis heute anhält, die Loslösung vom fest in der deutschen Volksseele eingefressenen nationalsozialistischen Herrenmenschentum, fand in der DDR nicht statt. Offiziell gab es in der DDR keine Nazis, die waren alle 1945 in den Westen geflohen, also gab es für die DDR-Macher keinen Grund, dieses Thema überhaupt ernsthaft zu behandeln. Die Basis des DDR-Bewusstseins war der staatlich verordnete Antifaschismus! Ende der Diskussion! Junge DDR-Bürger haben nie gelernt, was das NS-Gedankengut überhaupt ausgemacht hat. Die Negierung der NS-Vergangenheit war ein nicht unwesentlicher Fehler des SED-Regimes, der mit dazu beitrug, die Fundamente des sozialistischen Staates auf deutschem Boden nie voll tragfähig werden zu lassen.
Bei aller Kritik an ihren Äußerungen sollten wir bedenken, woher Sarah Wagenknecht stammt. Sie war am Ende der DDR 20 Jahre alt. Linke aus dem Osten sind anders als Linke aus dem Westen.
Wie ist Sahra Wagenknecht, die Tochter eines Iraners, eigentlich entstanden, wenn es in Herrn Bläsings Sicht in der DDR keinerlei Begegnung mit Ausländern gab und man dort „verpasst“ habe, „dass Ausländer Menschen sind“?
Es gab in der DDR Studenten aus dem Ausland, Vertragsarbeiter, Kinder, die Zuflucht aus Kriegsgebieten (z.B. Namibia, Mosambik) fanden, politische Flüchtlinge z.B. vor Pinochets Schergen und andere mehr. Es kamen auch Besucher aus Westberlin, z.B. „Perser“, die den Folterkellern des Schahs (zeitweise) ent entflohen, indem sie zum Studium in Deutschland waren.
Das Aufwachsen als Kind mit auffällig anderem Aussehen war früher weder in der BRD noch in der DDR ohne Probleme. Die Frankfurterin Steffi Jones hat erzählt, wie ihre Mutter sie nach Hänseleien wegen der braunen Haut und der krausen Haare tröstete: „Andere legen sich extra unter die Sonnenbank und lassen sich Dauerwelle machen – sie beneiden dich.“
In der DDR war es das Normalste von der Welt, dass Kinder von klein auf in den Kindergarten gingen. Sahra Wagenknecht dagegen war schon im Alter von zwei bis drei Jahren auf keine Art und Weise mehr in den Kindergarten zu kriegen, nachdem sie dort die Ablehnung der anderen Kinder erlebt hatte!
Sahra Wagenknecht braucht keinen Pseudo-„DDR-Bonus“ à la „Die haben es dort nicht anders gelernt“. Dass sie, die auch von Gegnern als hochintelligent eingeschätzt wird, die von Bläsing unterstellte DDR-Ideologie kritiklos gefressen hätte, ist absurd: Sie durfte in der DDR wegen ihrer kritischen Haltung nicht studieren!
Herr Bläsing verrät selbst eine merkwürdige Haltung zu „Ausländern“, wenn er behauptet, Sahra Wagenknechts Äußerungen hätten sich gegen „die Integration von Ausländern“ gerichtet (sie hat immer wieder betont, dass die Politik nicht genug dafür tut). Wenn es um islamistische Terroristen und sexuell Gewalttätige ging – sind das für Herrn Bläsing „die Ausländer“?
Seit Ereignissen wie Rostock-Lichtenhagen, Hoyerswerda und NSU ist die ablehnende Haltung vieler Bewohner der ehemaligen DDR gegenüber Fremden immer wieder Gegenstand von Diskussionen und Kommentaren gewesen. Es wird allgemein vermutet, dass sie durch mangelnde Erfahrung der DDR-Bürger im Umgang mit Ausländern entstanden ist. Offenbar ist dieses Thema von Frau Lammers-Goebel unbemerkt geblieben. Ihr Versuch, am Beispiel von Ausländerkindern darzulegen, das Verhältnis gegenüber Ausländern sei „weder in der BRD noch in der DDR ohne Probleme“, also gleichartig gewesen, muss allein schon an den Zahlen scheitern. „1989 lebten in Ostdeutschland nur 191.200 ausländische Staatsbürger….. In der damaligen Bundesrepublik waren es 4,64 Millionen.“ (welt.de am 3.4.2016). Bezogen auf die Bevölkerungszahlen war also der Ausländeranteil in der Bundesrepublik sechsmal höher als in der DDR mit deutlich stärkeren Auswirkungen auf das tägliche Leben. Ich habe es lediglich für nötig gehalten, die Kritiker von Frau Wagenknecht, die, wie ich annehme, vorwiegend zu den Linken in Westdeutschland zählen, darauf hinzuweisen, dass die Vermutung der mangelnde Erfahrung mit Ausländern auch für Frau Wagenknecht und die anderen Linken in der ehemaligen DDR zu gelten hat.
Frau Lammers-Goebels Darstellungen des persönlichen Schicksals von Frau Wagenknecht haben keinen Bezug zu meinem Leserbrief, weil nichts über ihre Beziehungen zu Ausländern zu erfahren ist. Ihren iranischen Vater, einen Westberliner, hat Frau Wagenknecht meines Wissens nie kennengelernt. Die Mutmaßungen der Briefschreiberin über meine Haltung zu Ausländern sind mir unverständlich.