Hat der Brexit die Fantasien angefacht? Wir haben derzeit eine verstärkte Diskussion über das Für und Wider von Bürgerbeteiligung. Das kann ja viel bedeuten, so eine Bürgerbeteiligung. Zum Beispiel kann der Bürger beteiligt werden, indem man ihm bei Anhörungen das Gefühl der Mitsprache gibt. Das ist hier aber nicht gemeint, sondern hier geht es um die Forderung nach Referenden. Darüber werden wir sicher an anderer Stelle bald wieder diskutieren. Deswegen behalte ich meine Meinung an dieser Stelle zurück und veröffentliche einfach den sehr langen – im Print-Leserforum gekürzt veröffentlichten – Leserbrief von Irene und Rudolf Knapp aus Gmund.

Kleine Anmerkung an dieser Stelle: Ich verlange keine Einsendungen und Zuschriften, die sprachlich und grammatikalisch einwandfrei wären. Hier und da korrigiere ich kleine Fehlerchen, auch in anderen Zuschriften. So bin ich auch hier verfahren und habe dem Text darüber hinaus seine sprachlichen Eigenheiten gelassen.

Als aufmerksamer Politik-Beobachter

Von Irene und Rudolf Knapp

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Wir haben am gestrigen Abend die Sendung „Hart aber fair“ gesehen, in der der Bayrische Staatsminister Herr Dr. Markus Söder u.a. als Gastteilnehmer anwesend war. Und beim Thema dieser Politik sollte einmal klar gesagt werden, es ist ein absoluter Wille der deutschen Bevölkerung mehr Demokratie und Mitbestimmung zu entwickeln. Herr Dr. Söder hat dazu klare Worte gesagt, wer den Bürgern nicht vertraut, muss sich nicht wundern, dass die Bürger kein Vertrauen mehr in die Politik haben. Er hat in seiner Haltung vielen deutschen Bürgern aus der Seele gesprochen.

In der Tat ist es doch so, dass die Politik heute in vielen Fragen über die Köpfe der Bürger hinweg entscheidet, was letztlich zu großem Vertrauensverlust zur Politik bis jetzt führt und geführt hat. Die Bürger haben das Gefühl, sie werden von der Politik und das insbesondere der Bundespolitik nicht ernst genommen. Über 70 Prozent der deutschen Staatsbürger fordern nunmehr eine Volksbefragung. Und natürlich sollten diese Volksbefragungen bei anstehenden wichtigen Themen und Entscheidungen verbunden sein und nicht wegen vielen „Kleinigkeiten und Firlefranz“.

Zum Beispiel wäre diese Fehlpolitik der Bundesregierung zur Flüchtlingsentwicklung und einer Obergrenze auch für Deutschland richtig gewesen. Über 50 Prozent der deutschen Bevölkerung ist für eine Volksabstimmung in der Flüchtlingspolitik. Genauso die Frage, kann eine Türkei Mitglied in der Europäischen Union bei dieser Entwicklung im dortigen Lande werden? Auch die im Alleingang der Politik entschiedene Energiepolitik, in der die Bürger heute nur mit hohen weiter steigenden Stromkosten belastet werden, statt eine sinnvolle langfristige Planung anzugehen und die Voraussetzungen von Stromtrassen etc. dazu erst zu haben. Denn ein Tsunami war in Deutschland nicht zu erwarten nach der Fukushima-Katastrophe.

In allen vorgenannten Fällen hat die Bundeskanzlerin im Wesentlichen über die Köpfe der Bürger entschieden, wo nach diesen heutigen Entwicklungen und Erkenntnissen die Bürger verärgert sind und das Vertrauen in die Politik verloren haben.

Der überwiegende Teil der deutschen Staatsbürger beklagt zu Recht den ja – erbärmlichen Zustand der Politik auf den verschiedenen Ebenen im Bund auch in einigen Ländern in der BRD und in der EU.

Wenn man die gesamte Entwicklung als aufmerksamer Politik-Beobachter verfolgt, dann sieht sich doch diese Politik der Lächerlichkeit ausgesetzt und das fördert doch geradezu den Populismus und Opportunismus. Auf einigen Landesebenen, aber im Wesentlichen auf Bundesebene wird dem Bürger seitens der Parteien ein klägliches Bild geboten: Zweckbündnisse fast egal mit wem zum Machterhalt, dazu Zank und Streit unter den „befreundeten“ Koalitonären und hier ist die SPD in erster Linie gemeint. Ja – die Forderungen der CSU sind doch letztlich berechtigt, denn diese Flüchtlingspolitik ohne Obergrenze ist doch letztlich mit fatalen Folgen für Deutschland verbunden. Und man kann als Bürger nur den Hut ziehen vor dem Freistaat Bayern, dem Ministerpräsidenten Horst Seehofer und dem Staatsminister Dr. Söder, Frau Merkel bei dem CSU-Parteitag auszuladen. Dies ist geradezu konsequent und bringt Hochachtung der Politik im Freistaat Bayern.

Musterbeispiele im negativen Sinne für verfehlte Politik ist doch seit Jahren nicht nur die Flüchtlingspolitik, auch das krampfhafte Bemühen zur Rettung dieser EU! Der Größenwahn, 28 selbstständige Staaten mit unterschiedlichen Finanz- und Wirtschaftsstrukturen sowie kulturellem Hintergrund zur Aufgabe der eigenen Identität zugunsten eines verschwommenen EU-Traums zu vereinen, ist von Beginn an leider zum Scheitern verurteilt gewesen. Dies hat seinerzeit sehr zutreffend doch schon der damalige BDI- Präsident Olaf Henkel ausgesagt. Nur wollten und wollen dies die „Profiteure“ und Politiker bis heute nicht einsehen. Der Frust bei den Bürgern nicht nur in Deutschland – nein in ganz Europa wächst und drückt sich in Wahlergebnissen aus.

Auch die Politik der Bundesregierung von Frau Merkel, und hier sei nur weiter die Flüchtlingspolitik als nur ein Beispiel benannt, hat doch in dieser Form die Bürger in Deutschland verärgert und zur Politikverdrossenheit bewegt – ja vielfach gezwungen. Es hätte doch nichts dagegen gesprochen in der Meinung eines großen Teils der Bevölkerung, Menschen die vor Kriegen und diesem elenden Terrorismus fliehen und in Not sind, zu helfen.
Aber doch bitte – gleichberechtigt mit den Schwachen im Lande und gezielt geplant sowie abgestimmt mit allen EU-Staaten. Und nicht in dieser Massenfluchtöffnung mit illegalen Grenzöffnungen und Übergängen. Vor dem Problem zum Beispiel, vor dem die Bayrische Staatsregierung ab Herbst 2015 stand.

Es war doch der EU bereits einigen Jahren seit Lampedusa bekannt, wie die Bewegung der Menschen über das Mittelmeer nach Europa kam. Davor hätten längst Regularien durch die EU getroffen werden müssen, wie die EU-Außengrenzen gesichert bzw. Voraussetzungen hätten geschaffen werden müssen.

Eine ungerechte Politik zu Lasten der Schwachen hat sich doch auch seit Jahren entwickelt in der BRD. Und mit dieser Politik hat sich der Frust und Ärger bei einer großen Anzahl von Bürgern durch die Überfremdung breit gemacht. Hinzu kommt die Angst der sozialen Sicherheit – aber auch die Angst der stets steigenden wachsenden Kriminalität.

Auch die Geldpolitik in der EU / EZB – und hier ist die Politik auch im Bund nicht ganz unschuldig, verärgert einen großen Teil der mittleren Schicht von Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland. Die Wohlhabenden  / Reichen haben mit dieser Nullzinspolitik kein Problem, denn die haben ihre Gelder ohnehin anders transferiert.
Der Vertrauensverlust bei den Bürgern in Deutschland und Europa ist zu groß! Das bringt uns und viele Freunde, Bekannte und Menschen in Deutschland als eigentliche Verfechter eines Euopagedankens zu dem Fazit: Schade.

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17 Kommentare zu “Als aufmerksamer Politik-Beobachter

  1. Nicht nur ist Bürgerbeteiligung, wie Herr Schelzke meint, sinnvoll. Es wird von den Müttern und Vätern unseres Grundgesetzes den Bürgerinnen und Bürgern in den Kommunen sogar verfassungsrechtlich offeriert, selber anstelle(!) der Parlamentarier zu entscheiden! Artikel 28 Abs. 1 Satz 4 GG lautet: „In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten“. Der GG-Kommentar (hier: Dieter Hömig) weist ausdrücklich darauf hin, dass eine solche Gemeindeversammlung aus den Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde besteht (die natürlich die Parlamentarier mit einschließt). Also sind demnach in deutschen Kommunen auch schweizerische Verhältnisse möglich. Ist lediglich eine Frage des guten menschlichen Willens. Das würde dann auch den Verfassungssatz, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht (Artikel 20 Abs. 2 Satz 1 GG), endlich mit wahrem Leben erfüllen. Ist natürlich auch eine Machtfrage, ganz klar. Insofern ist der Satz von Herrn Schelzke „Wir leben in einer repräsentativen Demokratie, also haben die gewählten Vertreter zu entscheiden“, in seinem zweiten Teil wieder einmal und noch immer eine astreine Lüge! Herr Schelzke, als geschäftsführender Direktor des Hessischen Städte- und Gemeindebunds, muss es eigentlich rechtlich richtig wissen. Das möchte ich einfach unterstellen. Es wäre also seine Aufgabe, uns Bürgerinnen und Bürger über diesen rechtlich-demokratischen Weg aufzuklären, damit wir wissen, dass wir selber nicht nur Beteiligungsmöglichkeiten, sondern tatsächlich sogar Entscheidungsrechte haben können, wenn wir entsprechende rechtliche Initiativen dafür ergreifen. Das würde womöglich auch ein ganz neues gemeinwohlorientiertes Leben in den Kommunen auf die Beine stellen.

  2. Die Forderung nach einer Bürgerbeteiligung beinhaltet den Vorwurf, dass die Bürger unzureichend oder gar nicht an Entscheidungen beteiligt werden. Bei objektiver Betrachtung trifft das jedoch nicht zu. Denn es gibt in der Bundesrepublik ein Parlament, dessen Mitglieder in freien und geheimen Wahlen dorthin abgeordnet werden und damit die so genannte Legislative, also die gesetzgebende Gewalt, bilden. Wenn sich der im Eingangsbeitrag zitierte Markus Söder für eine stärkere Bürgerbeteiligung ausspricht, gibt er damit zu, dass die Mehrheit der Abgeordneten des Bayerischen Landtags nicht (mehr) im Sinn ihrer Wähler entscheidet und die Bayerische Staatsregierung quasi ohne ausreichende parlamentarische Kontrolle belässt und deren permanente Fehlentscheidungen sanktioniert. Träfe das zu, wäre es ein Skandal.

    Mindestens genau so skandalös wäre es, wenn die Wähler ihre entsandten Abgeordneten nicht regelmäßig kontrollierten. Zwar sind letztere nur ihrem Gewissen verpflichtet, aber das schützt sie im Fall eines Falles nicht vor der Rechenschaftspflicht gegenüber ihrer Wählerschaft. Und deren Höchststrafe ist die Nichtwahl. Es wäre interessant zu wissen, wie häufig Irene und Rudolf Knapp ihre/n Abgeordnete/n dazu auffordern, im Wahlkreis Stellung zu beziehen.

    Überhaupt ist mir nicht klar, wer denn Bürgerbeteiligungen organisieren soll. Etwa jene Parteien und Parlamentarier, die sich während einer Legislaturperiode nicht um den Bürgerauftrag kümmern, den sie mit der Wahl angenommen haben?
    Am Beispiel der Flüchtlinge zeigt sich zudem die Verlogenheit jener Populisten, die sich ein zusätzliches und eigentlich überflüssiges Mandat verschaffen wollen. Hätten CDU und CSU nicht jahrelang ein Einwanderungsgesetz blockiert, verfügte die Bundesregierung heute über ein geeignetes Instrumentarium, um Zuwanderung jenseits der meist nur temporär greifenden Asylbestimmungen zu steuern.

    Aber falls es der Demokratie diente, schlage ich einen Bürgerentscheid zur Aufnahme eines zusätzlichen und unveräußerlichen Grundgesetzartikels vor: „In der Bundesrepublik Deutschland ist Dummheit in allen Quantitäten, Qualitäten und Artikulationsformen verboten. Zuwiderhandlungen werden strafrechtlich verfolgt, das Nähere regelt ein Bundesgesetz.“ Ich bin gespannt, ob Markus Söder mein Begehren unterstützen wird.

  3. @Manfred Steinbach
    „Das würde womöglich auch ein ganz neues gemeinwohlorientiertes Leben in den Kommunen auf die Beine stellen.“
    Ich habe es erlebt, wie es mit Gemeindeversammlungen in der Schweiz funktioniert. Die Gemeinde hatte etwa 3500 Wahlberechtigte. Zur Gemeindeversammlung erschienen normalerweise etwa 120 Personen. Diese waren natürlich nicht repräsentativ für alle Wahlberechtigten.
    Eine richtige Gemeindeversammlung wäre nur im Freien möglich gewesen.
    Wenn eine Gruppe etwas durchsetzen wollte, wurde mobilisiert. Der Sportverein wollte für 2 Millionen Franken einen neuen Sportplatz haben und prompt waren bei der nächsten Versammlung mehr als 200 Wahlberechtigte anwesend und der Sportplatz wurde genehmigt. Dies gefiel den gewählten Gemeinderäten natürlich nicht, weil die Gemeinde ohnehin schon hoch verschuldet ist. Also wurde von Haustür zu Haustür gegangen und Stimmen für ein Referendum gesammelt. Es kamen genug Unterschriften zusammen und es wurde ein Heft mit Argumenten und Gegenargumenten gedruckt. Zusammen mit dem Stimmzettel wurde es in 3500 Briefen verschickt. Bei der Abstimmung wurde der Sportplatz abgelehnt.
    Was daran vorbildhaft sein soll, müssen Sie mir erst noch erklären.

  4. Über einen ähnlichen Fall berichtete das Heute-Journal. Am Riedberger Horn in den Alpen soll eine Skischaukel gebaut werden, und zwar in einem Schutzgebiet. Die betroffenen Gemeinden versprechen sich wirtschaftlich davon natürlich etwas. Es gab eine Referendum mit einer klaren Mehrheit für den Bau. Jetzt wird aber darüber gestritten, ob der Bürgerwille tatsächlich umsetzbar ist oder ob übergeordnete Interessen wie Natur- und Landschaftsschutz gegen den Bau sprechen. Die Bewohner der Gemeinden hatten diese übergeordneten Interessen nicht im Blick, weil sie nur ihre eigenen Interessen beachtet haben. Ich finde, dieses Beispiel zeigt sehr gut den Unsinn von Referenden.

    http://www.all-in.de/nachrichten/rundschau/Bund-aeussert-Bedenken-gegen-Skilift-am-Riedberger-Horn;art2757,2362164

  5. Bedenke das Ende!

    Im Prinzip sind Referenden sinnvoll. Doch wie immer bei Prinzipienfragen lohnt ein Blick auf die Details. Was, wenn, wie geschehen, ein nationales Votum 27 andere Nationen betrifft, die zwar die Folgen tragen müssen, aber keine Stimme hatten? Wer übernimmt dafür die Verantwortung? Was, wenn, wie geschehen, die eigentliche Frage überlagert wird von persönlichen Machtambitionen einzelner Protagonisten? Dann geht es nicht mehr um das große Ganze, sondern um aufgeblasene Egos auf der Suche nach persönlichen Vorteilen. Wer also wirklich mitbestimmen will, muss sich kümmern, sich informieren. Und bei komplexen Fragestellungen reicht ein schneller Blick in die Zeitung dann nicht mehr. Dann braucht man Zeit, um die Pros und Cons einer vorgelegten Entscheidung abzuwägen. Das macht Mühe. Ist aber zwingende Voraussetzung, denn für ein kleinliches Denkzettelvotum ist dieses demokratische Instrument zu wertvoll. Doch wer will das wirklich verhindern. Mir kommen jetzt Zweifel ob der Sinnhaftigkeit von Referenden. Ich könnte sie mir dort vorstellen, wo die Folgen überschaubar sind, wo man sich auskennt, im Lokalen oder Regionalen, dort, wo man auch das Ende mit bedenken kann. Oder – ganz aktuell – bei der Wahl des Bundespräsidenten. Fifty-Fifty: Bürger und Bundesversammlung! Das Votum der Bürger würde sicher die demokratische Entscheidungsfindung belebend ergänzen. Und – im besten Falle – die politischen Entscheider dem Bürger wieder näher bringen. Bleibt das ganz große Referendum: die Wahl. Auf der kleinen und der großen Bühne. Oder der Mut, selbst politisch aktiv zu werden.

  6. Ich bin, wenn ich mir die letzten Abstimmungen die letzten Monate anschaue, bald auch der Meinung das es das Volk das geeignet ist für direkte Demokratie nicht gibt. Es bleibt aber die Frage warum soll das Volk geeignet sein zu wählen bei normalen Parlamentswahlen? Da können genauso seltsame Ergebnisse raus kommen und das Volk kann nicht später korrigierend eingreifen wie bei der direkten Demokratie. Wenn ein Volk nicht fähig ist für direkte Demokratie, ist es dann überhaupt demokratiefähig?

  7. zu @ Klaus Philipp Mertens
    Ihre Position ist mit meinen Worten zusammengefasst das man seinem Abgeordnetem vertrauen soll und er die richtigen Entscheidungen trifft. Wenn ich mich recht erinnere haben sie sich schon oft kritisch zu TTIP geäußert. Wie passt das zusammen?

  8. Ich stimme Klaus Philipp Mertens und Henning Flessner im Wesentlichen zu. Ebenso den Ausführungen von Bertram Münzer. In denen von Irene und Rudolf Knapp halte ich lediglich den Hinweis auf fehlende Vorsorge in der Flüchtlingsfrage betr. die Flüchtlinge von Lampedusa überzeugend. Ich wüsste aber nicht, was das mit dem Thema Referendum zu tun hat.
    Die Behauptung, in ihrem „Größenwahn“ zwinge die EU „zur Aufgabe der eigenen Identität zugunsten eines verschwommenen EU-Traums“ , zeigt, dass es im Kern gar nicht um die Frage von Referenden geht. Ebenso Äußerungen zu “ Überfremdung“.
    Zunächst einmal sei darauf verwiesen, dass alle Parteien – mit Ausnahme der CDU – Vorstellungen zu Referenden entwickelt haben. Es geht also lediglich um die Umsetzung, die bisher an der CDU scheiterte. Prinzipiell ist ja nichts gegen Referenden zu sagen, fragt sich nur, auf welcher Ebene, zu welchen Fragen und insbesondere, ob eine Reduzierung auf eine Ja/Nein-Antwort überhaupt möglich und sinnvoll ist. Mit generellem Misstrauen gegen die Bevölkerung hat das nichts zu tun.
    Wie schwammig hier die Vorstellungen der Autoren sind, wird besonders an der Flüchtlingsfrage erkennbar. So, wenn sie sich auf die „Massenfluchtöffnung mit illegalen Grenzöffnungen und Übergängen“ beziehen.
    Man stelle sich einmal vor: Tausende von Flüchtlingen marschieren mit Frauen und Kindern, z.T. von ungarischer Polizei geschlagen, auf der Autobahn Richtung deutsche Grenze, und Merkel setzt als Reaktion darauf erst einmal ein wochenlanges Verfahren zu einer Volksbefragung an. – Wozu gibt es eigentlich eine Exekutive, vor allem wenn rasches Handeln nötig ist?
    Dazu gibt es ja schon längst Referenden zu Fragen, welche die Belange der Bürger unmittelbar betreffen. „Stuttgart 21“ sei nur als Beispiel genannt. Die Autoren – und Söder sowie die CSU – fordern aber Referenden über die Belange anderer Menschen – oder über Abschaffung bzw. Einschränkung von Grundrechten wie Asyl („Obergrenze“), die sich in Demokratien solchen prinzipiell entziehen (Beispiel. Todesstrafe).
    Beispiele wie die Referenden zu Maastricht in Irland oder Frankreich, zeigen die Neigung, diese zu missbrauchen, z.B. um der Regierung eins auszuwischen. Noch problematischer die Referenden in der Schweiz zu Minaretten oder EU-Verträgen (Einwanderungsbegrenzung), das Brexit-Referendum als Beispiel, wie der Demagogie der großen Vereinfacher Tür und Tor geöffnet wird. Dabei sollte die pseudodemokratische Legitimation einer Terrorherrschaft im Zuge der französischen Revolution eigentlich eine Lehre sein.
    Verwundert es, dass der Schrei nach „direkter Demokratie“ vorwiegend aus populistischen Kreisen erfolgt, die alleine die „Wahrheit“ zu besitzen glauben, nicht, um „echter Demokratie“ zum Durchbruch zu verhelfen, sondern als Mittel der Transformation einer Demokratie in autokratische bis totalitäre Regierungsformen (siehe Erdogan)?

  9. Ich finde es schon stark wie viele Demokratie Feinde es hier gibt. Vor vielen Jahren hat mal ein SPD Vorsitzender den Satz: Mehr Demokratie wagen, gesagt. Dies Person würde heute seine Partei wohl nicht wieder erkennen. Auf die Idee das es wahrscheinlich nicht zu solchen Protestwahlen kommen würde wenn man über einige große Themen das Volk abstimmen lassen würde kommt wohl niemand. Wenn man dem Volk nicht zutraut zu wählen stellt man letztlich die Demokratie in Frage. Warum soll das Volk bei einer Parlamentswahl die richtige Adresse sein und bei einer Abstimmung zu einzelnen Themen unfähig? Das es manchmal Fragen geben kann die nicht mit ja/nein zu beantworten sind mal außen vor. Es gibt auch andere Fragen.

  10. @hans
    Warum ist jemand, der Volksabstimmungen ablehnt, ein Demokratiefeind? Demokratie ist nicht die Diktatur der Mehrheit.
    («Es genügt, wenn eine schlechte Regierung abgewählt werden kann. Das ist Demokratie.“ Sir Karl Popper)

  11. zu @ Henning Flessner
    Man kritisiert, speziell an der Stelle an der ich diesen Beitrag geschrieben habe, die Wähler in der USA und schrieb dazu bitte kein Referendum in D. Wenn viele dem Wähler so mit Misstrauen begegnen muss ich mich schon fragen welche Einstellung solche Personen zur Demokratie haben. Außerdem stelle ich die Frage ob Protestwahlen in der Form wie sie derzeit stattfinden , demnächst auch in Österreich, so stattfinden würden wenn es mehr direkte Demokratie geben würde. Meiner Meinung nach würde die Möglichkeit bestehen einzelne Themen über ein Referendum zu thematisieren und damit dem Protest die Spitze nehmen. Natürlich könnte dann in jedem Fall auch Protest gewählt werden aber es gäbe keinen Grund das in Parlamentswahlen zu tun wie derzeit.

  12. Welchen Unsinn eine Volksbefragung darstellen kann, hat sich gezeigt, als über „Stuttgart 21“ abgestimmt wurde. Das ganze Land Baden/Württemberg wurde gefragt. Warum nicht nur die Stuttgarter, die riesige Last der Großbaustelle zu tragen haben ? Oder warum nicht die ganze Republik?

  13. @hans
    Die Erfahrungen in der Schweiz widersprechen Ihren Erwartungen. Die Rechtspopulisten sind mit ca. 30% die stärkste Partei und nutzen die Volksabstimmungen zum permanenten populistischen Wahlkampf.

  14. @ Henning Flessner/ hans:
    Volksabstimmung und „Demokratiefeinde“.

    Dass „Populisten“ „Demokratie“ auf „direkte Demokratie“, möglichst ohne Gewaltenteilung und Minderheitenschutz reduzieren, ist nichts Neues und nicht verwunderlich. Stellt dies doch die beste – wenn nicht einzige – Möglichkeit dar, der absolut gesetzten eigenen Meinung, die mit „dem Volk“ identifiziert wird, entsprechend Geltung zu verschaffen. Dass sie dann Menschen, die Volksabstimmungen als vermeintliches Allheilmittel für alles kritisch gegenüber stehen, als „Demokratiefeinde“ denunzieren, ergibt sich unmittelbar daraus. Da führen dann selbst Vorgänge wie gegenwärtig in der Türkei zu keiner Nachdenklichkeit, wo ein Herr Erdogan im Zuge der Ausschaltung jeglicher Opposition und einer unabhängigen Presse auch ein Referendum zur Todesstrafe als Mittel der Einschüchterung und Absicherung absoluter Herrschaft entdeckt.
    Nun könnte ja ein Blick schon auf Wikipedia über die Vielfalt der Möglichkeiten demokratischer Formen belehren: „direkte“, „repräsentative“, „präsidentielle“, „parlamentarische“, „plebiszitäre“ und „Rätedemokratie“, um nur die wichtigsten zu nennen. Dazu noch „Mischformen“ und Formen der „Scheindemokratie“.
    Aber Informationsbeschaffung, Vielfalt, Differenzierung, Abwägung sind nun mal nicht Sache von Leuten, welche die eigene Meinung verabsolutieren und/ oder ein Ventil für Hassgefühle suchen.
    Dabei wäre gerade dies ein Thema, wo Abwägung in besonderem Maße gefragt ist. Wenn die Väter (und Mütter) des Grundgesetzes plebiszitäre Elemente in Deutschland nur sehr spärlich vorsahen, ist das vor allem auf sehr schmerzhafte historische Erfahrungen in Hinblick auf Missbrauch gerade hierzulande zurückzuführen. Mit generellem „Misstrauen“ gegen die Bevölkerung, wie häufig – so auch einleitend von Irene und Rudolf Knapp – polemisch behauptet wird, hat das nichts zu tun.
    Freilich stellen sich mit zunehmendem zeitlichen Abstand auch manche Fragen neu. So etwa bez. einer möglichen Wahl des Bundespräsidenten durch Volksabstimmung. Ich wäre durchaus dafür. In einer gefestigten Demokratie müssen die schrecklichen Fehler eines Hindenburg und Angst vor Wiederholung nicht mehr so bestimmend sein. Dennoch wäre auch hier die Abwägung der Väter (und Mütter) des Grundgesetzes nicht beiseite zu schieben, welche u.a. die Machtbalance zwischen Bundespräsident(in) und Bundeskanzer(in) im Auge hatten.

  15. Den Bundespräsidenten, den ich eh lieber abschaffen wollte, direkt zu wählen würde nach meiner Meinung nur gehen wenn man ihm auch mehr Macht gibt. In dieser Frage bin ich der Meinung das es gut ist wenn so Leute, auch der/die Bundeskanzler/in vom Parlament gewählt werden. Nur so kann man die Handlungsfähigkeit von Regierung und Parlament sicher stellen. Ein weiterer Grund warum ich bei Personen eher gegen direkt Wahl bin sind die Erfahrungen die ich zumindest auf kommunaler Ebene gemacht habe. Bei der direkt Wahl des Bürgermeisters habe ich umgedacht. Diese halte ich für einen Fehler, weil es oft vorkommt das die Politik nicht handlungsfähig ist weil Parlament und Verwaltung gegeneinander arbeiten. Das kann es nicht sein. Bei Sachfragen ist es das klare Gegenteil. Da konnte alleine mit der Androhung eines Bürgerbegehrens so mancher Unsinn verhindert werden. Ich würde es auch gut finden wenn man die direkte Demokratie in kleinen Schritten einführen würde um wie gerade beschrieben aus Fehlern zu lernen. Wie auch immer so ein Konzept aussehen mag.

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