Von gut 6,9 Milliarden Menschen auf der Erde (hier zur Weltbevölkerungsuhr der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung) hungern derzeit 925 Millionen. Der Weizenpreis steigt auf Höchststände. Mais, Reis und Soja ziehen nach. Immer mehr landwirtschaftliche Nutzfläche wird zur Produktion von Biodiesel eingesetzt. In Afrika, immer noch Armenhungerhaus der Welt, sind 46 Prozent der Landfläche von Wüstenbildung betroffen, und die Chancen, dass die Menschen dort sich dauerhaft und nachhaltig selbst ernähren könnten, schwinden mehr und mehr. Die Lage scheint aussichtslos. Wirklich? Und warum?
Wir haben die Welthandelsexpertin Marita Wiggerthale (Oxfam) und den Agrarhandelsexperten Roman Herre (FIAN) eingeladen, um im Blogtalk mit uns über dieses Thema zu sprechen. Frau Wiggerthale sagt: „Entwicklung braucht Entwicklungschancen!” FIAN sagt: “Sich selbst ernähren zu können, ist ein Menschenrecht.”
Warum Welthandelsexperten? Ist das oben angesprochene Thema der Ernährungssituation nicht eher ein bevölkerungspolitisches? Oder ein ökologisches? Auch, natürlich. Aber die Gründe für die Armut dieser unzähligen Menschen sind nicht gottgegeben, sondern scheinen menschengemacht.
Einer dieser Gründe könnte heißen: freier (?) Welthandel.
Darum werden wir nicht nur über die Ernährungssituation sprechen, sondern auch über Rohstoffhandel und -ausbeutung, über Exportproduktionszonen in vielen Entwicklungsländern und anderes mehr. Unseren Themenkatalog für diesen Blogtalk finden Sie hier.
Dies ist der erste Blogtalk unserer Serie
Der Zustand unserer Welt – Die Zukunft unserer Welt
In dieser Blogtalk-Serie wollen wir eine Bestandsaufnahme der Situation der Menschheit am Ende des ersten Jahrzehnts im 21. Jahrhundert machen und nach Perspektiven und Prognosen fragen. Unsererseits machen das Tobias Schwab und Lutz Büge von der FR. Wie bei unseren Blogtalks üblich, kann aber auch jede/-r von Ihnen ebenfalls Fragen an Frau Wiggerthale und Herrn Herre richten. Für Ihre Teilnahme ist keine Registrierung oder Anmeldung nötig. Nutzen Sie einfach das Kommentarfeld am Fuß der Seite unterhalb des Gesprächsstrangs, um Ihre Frage einzubringen. Nachdem Sie auf „Kommentar abschicken“ geklickt haben, wird Ihre Frage sofort veröffentlicht.
Wir haben allerdings folgende Bitten an Sie:
1. Beachten Sie die Blog-Regeln!
2. Bitte benutzen Sie Ihre Klarnamen, wenn Sie Fragen einbringen wollen, und keine Nicknamen – dies schon allein der Höflichkeit wegen gegenüber unseren Gesprächspartnern. Sollten Sie auf einen Nicknamen nicht verzichten wollen, bitte ich um eine Mail zur Identifizierung an mich und um Zustimmung, dass ich Frau Wiggerthale und Herrn Herre Ihren Klarnamen nicht-öffentlich mitteile.
3. Bevor Sie eine Frage einbringen, schauen Sie bitte in unseren Themenkatalog für diesen Blogtalk und orientieren sich, wann Ihre Frage am besten passt. Oder bringen Sie diese Frage zunächst in der Begleit-Diskussion zum Blogtalk vor und beauftragen Sie mich, Ihre Frage zum passenden Zeitpunkt einzubringen.
4. Bitte sehen Sie davon ab, unsere Fragen und Statements oder die unserer Gesprächspartner im laufenden Blogtalk zu diskutieren. Dazu steht Ihnen jederzeit die parallel laufende Blog-Diskussion zur Verfügung.
Dieser Blogtalk läuft vom 18. bis 22. Oktober. Die erste Frage kommt am 18.10. gegen 10 Uhr.
Ich freue mich auf ein lebhaftes und interessantes Gespräch. Herzlich willkommen, Frau Wiggerthale und Herr Herre!
Schönen guten Morgen, Frau Wiggerthale und Herr Herre!
Vielen Dank dafür, dass Sie Lust auf diesen Blogtalk haben. Das wird bestimmt spannend. Ja, wir haben ein Riesenthema vor uns, und deswegen fangen wir am besten ganz klein und praktisch an mit einem Beispiel aus dem Jahr 2003. Die „Frage“ geht zunächst an Frau Wiggerthale.
Nehmen wir zwei Baumwollbauern und nennen sie Robert Clark und Olivier Ouedraogo. Ersterer hat in Virginia/USA eine Farm von 500 Hektar, letzterer in Burkina Faso eine Farm von drei Hektar, zusammen mit seinem Bruder. Clarks Betrieb ist quasi voll mechanisiert, er setzt Entlaubungsmittel ein, um vor der Ernte die Blätter von den Pflanzen zu entfernen, und bringt Pestizide per Kleinflugzeug aus. Trotz der imposanten Größe seiner Farm sagt er: „Ohne die finanzielle Unterstützung des Bundesstaates müssten wir die Plantagen aufgeben. Die Ausgaben für die Inputs, ich meine Samen, Düngemittel, Herbizide, Insektizide, liegen weit höher als der derzeitige Preis auf dem Weltmarkt.“ Olivier Ouedraogo dagegen ist Kleinbauer, seine Baumwolle wird in Familienarbeit per Hand über mehrere Monate gepflückt, und zwar dann, wenn die Kapseln aufspringen und die Baumwolle reif ist. Er hat einen Pflug und zwei Ochsen. Früher konnte er von den Ernte-Erlösen seine vier Kinder zur Schule schicken, Medikamente bezahlen und noch was für kommunale Zwecke in die Dorfkasse einzahlen. Er sagt (2003): „Doch seit vier Jahren bleibt fast nichts übrig nach Abzug aller Kosten. Der Lehrer und der Krankenpfleger können aus der Dorfkasse nicht mehr bezahlt werden. Auch hab ich nicht mehr genug Geld, um alle Kinder in die Schule zu schicken.“ (Quelle: eine Aufgabe zur Gruppenarbeit für Augsburger Studentinnen und Studenten 2003.)
Was läuft hier falsch?
Lieber Herr Büge,
Danke für den Auftakt. Ich will nicht allzu viel vorgreifen, aber in aller Kürze ein paar Gedanke: Die von Ihnen geschilderte Situation ist keine Ausnahme sondern Alltag in vielen Entwicklungsländern. Hinter diesem Beispiel steckten strukturelle Fehlentwicklungen. Ein Teil davon kann unter dem positiv klingenden Begriff ‚Freihandel‘ zusammengefasst werden kann. Also alle Zölle runter und dann wird der ‚fittere‘ Marktteilnehmer sich durchsetzen. Ich bin der Meinung, dass ein solches Wort völlig fehl am Platze ist. Ein Zahlenbeispiel: Die OECD haben dieses Jahr (wie auch in jedem der vergangen Jahre) festgestellt, dass die Unterstützungen für den Agrarsektor in den Industrienationen weiter gewachsen sind. Knapp 400 Milliarden US-Dollar in 2009. Dem gegenüber stehen die etwa 10 Milliarden US-Dollar der Entwicklungsländer. Es kann also selbst nach der inneren Logik der Freihandels-Befürworter in keinem Fall von einem gerechten oder freien Wettbewerb gesprochen werden.
Zudem prallen durch oftmals erzwungene Marktöffnungen in Entwicklungsländern 2 völlig unterschiedliche Landwirtschaftsmodelle aufeinander. Ein direkter Wettbewerb zwischen riesigen Industriefarmen und einer bäuerlichen Landwirtschaft ist auch deswegen ungerecht, weil die sozialen und ökologischen Kosten der industriellen Landwirtschaft (wie beispielsweise Arbeitsplätzeabbau oder Verunreinigung des Grundwassers durch Pestizide) externatisiert werden – also der Allgemeinheit aufgebrumt werden.
Aber ich würde ohnehin gerne eine grundlegendere Betrachtung des Themas Agrarhandel anstoßen – sozusagen nach einen Schritt zurück gehen: Die Landwirtschaft produziert in erster Linie Nahrungsmittel (das Beispiel Baumwolle passt da natürlich nicht so recht:)). Nahrung ist Grundlage für das menschliche Überleben. Der Ansatz, Nahrungsmittel wie alle anderen Produkte (Beispielsweise Spielzeug) einfach als ‚Commodity’, also als Ware zu behandeln, ist daher gerade aus menschenrechtlicher Perspektive falsch.
@ Roman Herre
Vielen Dank für diesen ersten Beitrag.
„Die Landwirtschaft produziert in erster Linie Nahrungsmittel“, sagen Sie. Allerdings werden immer mehr landwirtschaftliche Nutzflächen in diesem Sinn zweckentfremdet, z.B. für Futtermittelanbau (Soja) oder Agrardiesel (Palmölplantagen, Mais). Das passiert auch in Entwicklungsländern, die diese Flächen eigentlich für die Ernährung ihrer Bevölkerungen brauchen könnten. Sind dafür die „erzwungenen Marktöffnungen“ verantwortlich, die Sie ansprechen? Und wie werden diese Marktöffnungen erzwungen?
Die USA sind der größte Baumwollexporteur weltweit – gefolgt von Indien, Usbekistan, Australien, Brasilien und Westafrika. Und weil die USA so ein bedeutender Anbieter auf dem Weltmarkt ist, hat die US-Baumwollpolitik immer globale Auswirkungen.
1999, 2001 und 2002 erreichte der Weltmarktpreis für Baumwolle den Tiefststand von 29 US-Cents/Pfund (Durchschnitt der letzten 20 Jahre: 72 US-Cents/Pfund). Die US-Regierung unterstützte die US-amerikanische Baumwollproduktion damals mit insgesamt vier Milliarden US-Dollar und heizte damit die Überproduktion an. Für jeden Dollar, den ein US-amerikaniscehr Landwirt für den Verkauf seiner Baumwolle erhielt, gab die US-Regierung 89,5 US-Cent dazu. Die Folge: Da diese subventionierte Baumwolle nicht nur in den USA verkauft, sondern auch exportiert wurde, verdarben die USA die weltweiten Preise für Baumwolle – zum Nachteil der kleinen Produzenten in armen Ländern. Denn ohne die US-Subventionen wäre der Weltmarktpreis für Baumwolle in den 2000er Jahren um 6 bis14 Prozent höher (Oxfam 2007) gewesen.
In Westafrika leben etwa 10 Millionen Menschen von der Baumwolle. Diese Bäuerinnen und -bauern würden 5 bis 12 Prozent mehr Geld für ihre Baumwolle erhalten, wenn die USA nicht künstlich die Preise drücken würde. Das würde ein 2 bis 6 Prozent höheres Haushaltseinkommen bedeuten, das für Bildung und Ernährung verwendet werden könnte. Mit einer solchen Steigerung des Haushaltsabkommen aller Baumwollbäuerinnen und –bauern …
–…hätten 1 bis2 Kinder pro Haushalt ein Jahr lang genug zu essen.
–…könnten für 2 bis10 Kinder pro Haushalt für ein Jahr in die Schule gehen.
–…könnte für 4 bis10 Familienmitglieder pro Haushalt für ein Jahr die Gesundheitsversorgung bezahlt werden.
Mittlerweile ist der Baumwollpreis auf 50 US-Cents/Pfund in 2008/2009 und 70 US-Cents/Pfund in 2009/2010 gestiegen. Da der Preis nun relativ hoch ist, erhalten die Baumwollproduzenten in den USA derzeit keineAusgleichszahlungen. Im letzten Jahr waren es jedoch noch 2,3 Milliarden US-Dollar. Sobald die Preise wieder sinken, werden diese Subventionen wieder gezahlt. Solange mit den Subventionen nur der Anbau für den einheimischen Markt gefördert wird, ist dies entwicklungspolitisch unproblematisch. Aber sobald Exporte subventioniert werden, bekommen die Bäuerinnen und Bauern in Entwicklungsländern ein Problem. Oxfam fordert deshalb, dass die USA ihrer internationalen Verantwortung gerecht wird und das Dumping abschafft.
Eine Reform des US-Subventionsregimes allein kann zwar nicht alle Probleme lösen, mit denen Baumwollbäuerinnen und -bauern in armen Ländern konfrontiert sind. Aber sie könnte das Leben der Familien, die von der Baumwolle leben, leichter und besser machen.
Auch Ihnen Dank für die Antwort. Mal schauen, ob wir jetzt ein bisschen Zug hier hinein bekommen.
Herr Herre sagte in seinem ersten Beitrag, dass völlig unterschiedliche Landwirtschaftsmodelle aufeinanderprallen, wenn riesige (und teils hoch subventionierte) Industriefarmen und kleinbäuerliche Landwirtschaft miteinander konkurrieren – und das tun sie ja, global gesehen. Sie, Frau Wiggerthale, sprechen nun sogar vom US-SubventionsREGIME. Meinen Sie damit einen nach innen gerichteten US-Protektionismus?
Lieber Herr Herre,
in der Tat, „Freihandel“ ist ein veritabler Euphemismus. Die von Ihnen zitierten OECD-Zahlen zu Agrarsubventionen sprechen Bände. Zum Thema „erzwungene Marktöffnung“ will ich ergänzen, dass hierbei nicht nur Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF) seit den 1980er Jahren eine Menge Unheil zu verantworten haben. Aktuell ist auch die Europäische Union (EU) dabei, sich brachial Märkte zu öffnen. Mit den Economic Partnership Agreements (EPA) zwingt sie die AKP-Staaten (Afrika, Karibik, Pazifik) unter der Androhung des Entzugs von Entwicklungshilfe dazu, ihre Einfuhrzölle drastisch zu senken. Oft noch weitgehender, als es die Welthandelsorganisation (WTO) verlangt.
Sie sprechen eine Entwicklung an, die international auch unter dem Begriff Land Grabbing diskutiert wird. Großflächige Landnahmen durch Transnationale Konzerne, teilweise auch direkt durch Regierungen. Gerne können wir darüber später mehr diskutieren. Vorab: Hier wird fast Ausnahmslos für den Export produziert. Daher spielen auch hier Exportzölle und der ‚Freihandel‘ eine zentrale Rolle, sind mitverantwortlich für diese Entwicklung.
„wie werden diese Marktöffnungen erzwungen?“… Ein Beispiel: Ein Grundnahrungsmittel in Ghana ist Reis. Die in den 90er Jahren gesenkten Zölle haben die Importe von Billigreis in die Höhe schnellen lassen und viele ReisbäuerInnen in Ghana um ihre Existenz gebracht. Dies hat 2003 die Regierung dazu bewegt, ein Gesetzt zur Hebung der Zölle zu verabschieden. Das Gesetz wurde seltsamerweise 4 Tage später zurückgezogen. Im Nachgang stellte sich heraus, dass der Internationale ährungsfond IWF seine Finger im Spiel hatte. Nur einen Tag nach dem das Gesetzt umsetzt wurde, wurden Verhandlungen zwischen der Regierung Ghanas und dem IWF abgeschlossen, in denen Ghana Kredite und Hilfen von über 280 Millionen US-Dollar zugesagt wurden. Der Zusammenhang zwischen den Beratungen und dem Stopp des Gesetzes wurde auch durch den IWF bestätigt.
Dies ist eine klassische Art des ‚Erzwingens‘. Kreditzusagen an konkretes politisches Handeln zu binden. Vorsichtig ausgedrückt: mit Demokratie hat das nichts zu tun.
Schön durchgerechnet, Frau Wiggerthale. Ohne das US-Dumping hätten afrikanische Baumwollfarmer ein höheres Einkommen und mehr Geld für eine ausreichende Ernährung, für Schule/Bildung sowie die Gesundheitsvorsorge. Da geht es um elementare Menschenrechte. –
Das Baumwoll-Beispiel zeigt auch schön die Asymmetrie im Welthandel. Sobald die Preise wieder sinken, werden die USA die Subventionen wieder aufnehmen. Diesen Handlungsspielraum haben Entwicklungsländer eben nicht. Und sie sind bei vielen Produkten aufgrund von Freihandelsabkommen (siehe EPAs) nicht einmal in der Lage, ihre Ökonomien mit höhren Einfuhrzöllen gegen Dumpingimporte zu schützen.
Der Fall Ghana ist tatsächlich besonders interessant. Meines Wissens standen die Zollerhöhungen, die das ghanaische Parlament beschlossen hatte, auch im Zusammenhang mit Geflügelimporten aus der EU, die einen ganzen Wirtschaftszweig in Ghana – und anderen afrikanischen Ländern – massiv unter Druck setzten: die Geflügelzucht. Im Zusammenhang mit den Kreditverhandlungen, die Sie ansprechen, schrieb der EED: „Die Nichtumsetzung der Zollerhöhung wurde zu einer der Bedingungen für die Kreditvergabe gemacht. Auch die EU unterstützte diese Position.“ Damals war der spätere Bundespräsident Horst Köhler Präsident des IWF und damit mitverantwortlich für den folgenden Zusammenbruch der ghanaischen Geflügelproduktion. Ist das der vielgelobte „Freihandel“?
@ Lutz Büge
Tatsächlich wird Handelsliberalsierung von den meisten multilateralen Organen wie Weltbank oder IWF und Regierungen der Industrienationen weiter vorangetrieben – trotz der mittlerweile vielfach dokumentierten negativen Auswirkungen.
Diese Auswirkungen werden zudem verschärft durch die parallelen Deregulierungsmaßnahmen in Agrarsektor der Entwicklungsländer. Sie wurden seit bald 30 Jahren im Paket mit der Handelsliberalisierung vielen Entwicklungsländern aufergelgt: Streichnung von Subventionen, Abschaffen von staatlichen Landwirtschaftsbanken, die günstige Kredite vergeben, Verbote von Mindestpreisen und Aufgabe umfassender staatlicher Lagerhaltung bei Grundnahrungsmitteln.
Dieses Doppelpack hat so zerstörerische Auswirkungen, dass mittlerweile 43 der 53 afrikanischen Staaten umfassend Nahrungsmittel importieren müssen (Tendenz steigend), um ihre Bevölkerung zu ernähren.
Tobias Schwab hat oben in #8 geschrieben:
„Ohne das US-Dumping hätten afrikanische Baumwollfarmer ein höheres Einkommen und mehr Geld für eine ausreichende Ernährung, für Schule/Bildung sowie die Gesundheitsvorsorge.“
Ich bleibe noch mal kurz bei der Baumwolle, weil sie ja als das beste Beispiel für die Ungleichgewichte im Welthandel gilt (aber Ihr Thema, Herr Herre, hängt trotzdem damit zusammen, denke ich).
Bezogen auf das Jahr 2003: Im Film „Let’s Make Money“ wurde vorgerechnet, dass ein Verzicht der USA auf die Baumwollsubventionen geschätzte Mehreinnahmen für Burkina Faso von rund 120 Millionen Euro gebracht hätte. Das ist natürlich eine theoretische Rechnung, denn der US-Regierung ist der Farmer in Virginia aus vielen Gründen näher als der Kleinbauer; warum sollte sie also die Subventionen abbauen? Statt der Verdienste aus dem Handel erhielt Burkina Faso internationale Hilfe von 30 Millionen Euro …
Demnach wäre ein fairer Welthandel die beste Entwicklungshilfe, oder?
Der Zusammenhang zu Ihrem Thema, Herr Herre, auch wenn Baumwolle kein Nahrungsgut ist: An den kleinbäuerlichen Strukturen des Baumwollanbaus in Afrika hängen unzählige Münder und vielfältige dörfliche, soziale Strukturen.
Wenn ich Frau Wiggerthale in #4 richtig verstanden habe, müsste sich die Situation der Baumwoll-Kleinbauern gebessert haben, da der Weltmarktpreis gestiegen ist?
Wenn es um den „Freihandel“ geht, wird mit zweierlei Maß gemessen. Während die EU beispielsweise jahrzehntelang für sich den Zollschutz in Anspruch genommen hat und immer noch nimmt, wird armen Ländern der notwendige Zollschutz beim Aufbau einer einheimischen Grundnahrungsmittelversorgung und Ernährungswirtschaft verwehrt. Eine Studie in 19 Ländern belegt, dass in der Vergangenheit insbesondere Probleme mit Billigimporten bei Geflügel, Reis, Milch, Rindfleisch, Zucker, Mais und Schweinefleisch aufgetreten sind. Größtenteils also Produkte, die von der EU zu Dumpingpreisen exportiert werden.
Dies sind darüber hinaus auch alles Produkte, die wichtig für die Ernährungssicherung oder die Lebensgrundlagen von Kleinbauern sind und von daher einen Zollschutz brauchen. Die große Mehrheit der armen Länder hat gemäß den aktuellen Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) aber nicht das Recht, so wie die EU einen Schutzzoll zu erheben. Die EU stellt zudem über ihre Handelspolitik sicher, dass die armen Länder sich nicht wirksam gegen Billigimporte aus der EU schützen können. Die Schutzklauseln, die die EU mit armen Ländern aushandelt, sind schlechter als jene, die sie gemäß WTO-Regeln selbst in Anspruch nehmen kann.
Ein fairer Agrarhandel wäre ein großer Beitrag zur Ernährungssicherung in den armen Ländern. Er ist aber kein Ersatz für wirksame Entwicklungshilfe. Angesichts der jahrzehntelangen Vernachlässigung des ländlichen Raums besteht ein erheblicher Nachholfbedarf. Gerade Kleinbauern in unzugänglichen Gebieten mit unfruchtbaren Böden wurden und werden häufig bei der Förderung vergessen. Sie sind schwer zu erreichen, sozial marginalisiert und haben keine Stimme in der nationalen Politik.
@ Marita Wiggerthale
„Eine Studie in 19 Ländern belegt …“
Haben Sie einen Link zu dieser Studie? Einfach die URL hier reinkopieren …
So, und nun sind wir schon beim Eingemachten, schneller als ich dachte. Sie schreiben:
„Die große Mehrheit der armen Länder hat gemäß den aktuellen Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) aber nicht das Recht, so wie die EU einen Schutzzoll zu erheben.“
Warum nicht?
Noch einmal kurz zurück zur Baumwolle. Herr Büge hat in # 11 geschrieben, wie hoch die Einnahmeverluste als Folge der US-Baumwollsubventionen eingeschätzt werden. Oxfam hat ausgerechnet, dass die Einnahmeverluste in 2001/2002 jeweils ungefähr 50% der Schuldendienstzahlungen (2002) in Mali, Burkina Faso und Benin ausmachten. Oder bezogen auf die Ausgaben im Bildungsbereich: Hier beliefen sich die Einnahmeverluste auf 43% des staatlichen Bildungsetats in Mali und 37% in Benin. Diese Zahlen verdeutlichen, dass die Verluste für arme Länder keine Peanuts sind. Ein faires Handelsregime ist eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung eines Landes insgesamt.
Sie fragen, ob sich die Situation der Baumwoll-Kleinbauern gebessert hat, da der Weltmarktpreis gestiegen ist? Ein Blick auf die Preisentwicklung auf dem Weltmarkt und in Westafrika in den letzten Jahrzehnten zeigt: Wenn der Weltmarktpreis steigt, steigen auch die Erzeugerpreise der afrikanischen Baumwollbauern. Die Situation hat sich also verbessert. Dennoch: Wenn es die Dumpingexporte der USA nicht gäbe, könnte der Weltmarktpreis noch höher sein. Eine positivere Weltmarktentwicklung enthebt die USA nicht ihrer Verantwortung, Dumping abzuschaffen.
Hier der Link zur ICTSD-Studie in 19 Ländern:
http://ictsd.net/downloads/2009/08/capreformweb3.pdf
Quelle: ICTSD, Ensuring EU farm policy supports the Millennium Development Goals. 2009.
Ja, nun sind wir beim Eingemachten, aber jetzt wird es auch etwas technischer. Lassen Sie es mich am Beispiel der Karibik versuchen zu erklären:
Die 15 Länder des CARIFORUM – darunter Haiti, Jamaika, Barbados und die Dominikanische Republik – haben am 30. Oktober 2008 ein vollständiges Freihandelsabkommen (Economic Partnership Agreement, EPA) mit der EU unterzeichnet. Grundsätzlich können beide Vertragsparteien die WTO-Schutzklausel in Anspruch nehmen (§24), aber nur die EU und Barbados haben laut WTO-Regeln (§ 5, Agrarabkommen) überhaupt das Recht dazu. Die EU kann allerdings 539 Produkte schützen und Barbados nur 37. Den anderen 14 Ländern steht lediglich eine schwächere bilaterale Schutzklausel zur Verfügung (§ 25). Sie müssen im Gegensatz zur EU (und Barbados) erst einen Schaden oder Marktstörungen durch Importe nachweisen und das Problem einem Ausschuss vorlegen. Bekommen sie grünes Licht, dürfen sie zwar einen Schutzzoll erheben, der aber nicht den aktuellen Zoll für WTO-Mitglieder übersteigen darf. All diese Beschränkungen, die letztendlich keinen wirksamen Schutz erlauben, gelten umgekehrt nicht für die multilaterale Schutzklausel, auf die die EU zurückgreifen kann. Zwar hat sich die EU im CARIFORUM EPA verpflichtet, von den Möglichkeiten dieser Schutzklausel keinen Gebrauch zu machen – doch verbindlich gilt dies lediglich für die ersten 5 Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens.
In der Blogosphäre ist es üblich, deutschen Medien, auch diesem Blog hier, leicht mal Antiamerikanismus zu unterstellen. Wir kann man das Bewusstsein für solche Probleme schärfen, ohne jemanden bzw. eine Nation an den Pranger zu stellen? Oder muss der Pranger sein?
Die EU ist nämlich auch nicht schlecht dabei. Roman Herre hat es oben schon gesagt. Ich will in diesem Punkt noch mal konkreter werden und an ein Beispiel herangehen. 2004 machte eine Kampagne Schlagzeilen, die sich gegen die Geflügelpolitik der EU richtete: die „Hähnchen des Todes“. Die Organisation ACDIC hatte in Kamerun gegen die Importe von EU-Geflügel mobil gemacht. Das Fleisch wurde tiefgefroren angelandet, taute dann auf, weil es in Kamerun keine Tiefkühlkette gab, und wurde vielfach gesundheitlich bedenklich. Trotzdem wurde es verkauft, und damit trat neben gesundheitlichen Problemen für die Käufer, die den Exporteuren aber offensichtlich egal waren, ein zweiter Effekt ein: Das Fleisch vernichtete die heimischen Strukturen. Es war so billig, dass die heimischen Geflügelzüchter nicht mithalten konnten. Geflügelfleisch aus den Niederlanden etwa kostete 56 Cent pro Kilo. Das heißt, zahlreiche Menschen verloren Arbeit und Lebensgrundlage. Der togoische Geflügelzüchter Germain Adobaya klagte: „Erst gebt ihr uns Entwicklungshilfe, um uns aus der Armut zu befreien, und dann überschüttet ihr unsere Märkte mit euren Fleischresten. (…) Um meine Hühner überhaupt abzusetzen, muss ich jetzt unter den Produktionskosten verkaufen. Der sichere Weg in unseren Bankrott“?
Die EU-Exportpolitik hat sich seitdem eher noch verschäft, oder?
@ Marita Wiggerthale, # 16
O la la, das muss ich erstmal nachlesen. Aber diese EPAs gibt es mittlerweile auch im Handel mit Afrika. Vielleicht können Sie Ihr Beispiel statt auf die Karibik auf Ghana oder Kamerun beziehen?
Trotzdem, das ist spannend. Da habe ich heute abend noch einiges zu tun.
Für alle Mitlesenden möchte ich hier einen kleinen Einschub einbringen, der nicht notwendig im weiteren Blogtalk räsoniert werden muss. Wir sprachen oben über Geflügelfleisch und Geflügelzucht. Um die Bedeutung dieses Themas zu verstehen, muss man vielleicht wissen, dass Geflügelfleisch in weiten Teilen Afrikas einen hohen Stellenwert besitzt. Während wir in Europa inzwischen dazu übergegangen sind, uns lediglich die leckeren Filetstücke zu gönnen – Brustfleisch, Keule -, sind in Afrika auch die übrigen Hähnchenteile begehrt. Anders als wir verwerten viele Afrikaner ein Hähnchen immer noch in Gänze. Das Hähnchenfleisch, das von der EU nach Afrika exportiert wird, ist daher meines Wissens überwiegend Restfleisch – oder, mit Blick auf den europäischen Gaumen zugespitzt ausgedrückt: Abfall. Fleisch, dass die Europäer nicht wollen. Dabei handelt es sich immer noch um Fleisch, das aus der Sicht afrikanischer Käufer gut gewesen wäre, solange es nicht auftaute; europäische Mastmethoden, Antibiotika-Einsatz, Käfighaltung usw. sind vor diesem Hintergrund, vermute ich, europäische Debatten, die ein Afrikaner für luxuriös halten dürfte. Geflügelfleisch hat in weiten Teilen Afrikas hohen Rang und wird gern bei Hochzeiten als Festmahl gereicht.
Weiterhin: Geflügelzucht war in weiten Teilen Afrikas bis zur Überhandnahme der EU-Importe ein wirtschaftliches Standbein, das viele Arbeitsplätze sicherte. Viele Länder waren in der Lage, ihren Eigenbedarf aus eigener Produktion zu decken. Das Geflügel kam meist lebend auf die Märkte und wurde auch lebend verkauft, so dass es keinen Bedarf an Kühlketten gab. Diese – wie im Baumwollbereich – kleinbäuerlichen Strukturen sind vielfach zusammengebrochen.
Guten Morgen, ob die EU Ihre Exportpolitik noch verschärft habe, wie Lutz Büge in # 16 fragt, weiß ich im Moment nicht abschließend zu bewerten. Allerdings lässt sich am Beispiel der – aktuell gerade ausgesetzten – Hilfen für Milchexporte zeigen, dass die EU bei Bedarf gerne wieder auf dieses Instrument zurückgreift – und damit nachweislich Märkte in afrikanischen Ländern (zer-)stört.
Was Deutschland betrifft, verheißt auch die jüngst vom Aigner-Ministerium präsentierte Exportstrategie für die deutsche Ernährungswirtschaft nichts Gutes. Oder wie bewerten Sie das, Frau Wiggerthale und Herr Herre?
Guten Morgen zusammen!
Ich habe die Studie „Ensuring EU farm policy supports the Millenium Development Goals“ gelesen. Demnach hat die EU mit ihrer Politik, Agrarprodukte zu Dumpingpreisen zu exportieren, mit denen die regionalen Erzeuger nicht mithalten können, eine Menge dazu getan, Armut zu erzeugen. Die Lektüre war allerdings mühsam – viel Fachsprache. Ich kann ganz gut Englisch, bin aber dabei teilweise an Grenzen gestoßen. Sie haben in Ihrem Kommentar #16 die Vokabel „technisch“ gebraucht, um die EPA-Verträge zu charakterisieren; das trifft es ganz gut.
Wenn ich wie Sie Experte in dieser Thematik wäre, dann wäre ich sicher manchmal ziemlich mutlos. Wie kann man es schaffen, eine solche komplexe Thematik so rüberzubringen, dass die Zumutungen offensichtlich werden und trotzdem nicht aus dem Blick gerät, dass es um Menschen geht? Und ohne dass man zu sehr in Allgemeinplätze verfällt? Verzweifeln Sie da nicht manchmal?
Ich weiß, das ist eine etwas persönlichere Frage an Sie beide. Wenn Sie nicht wollen, müssen Sie nicht darauf antworten.
…ziemlich mutlos…
Es gibt auch einige positive Beispiele. Ich finde es beispielsweise erstaunlich und ermutigend, wie sich europäische MilchbäuerInnen solidarisieren mit denen aus Südländern wie Sambia, die unter Billigimporten aus der EU leiden, protestieren und in Gesprächen mit PolitikerInnen in Deutschland und der EU ein Ende der Billigimporte fordern.
Aber es ist in der Tat richtig, dass man gerade im Handelsbereich auf sehr viel Widerstand stößt, selbst wenn man die Einhaltung international verbrieftem Rechts wie die Menschenrechte einfordert. Eigentlich müsste die Bundesregierung sicher stellen, dass ihre Exportförderpolitik nicht zur Verletzung der Menschenrechte führt. Allerdings führt sie bis heute keine Wirkungsanalyse ihrer Politik durch. Aber auch hier, beim Verhältnis Handelspolitik und Menschenrechte, gibt es positive Entwicklungen. Beispielsweise hat der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in 2008 deutlich gemacht, dass alle Staaten Maßnahmen ergreifen sollten, die „sicher stellen, dass ihre internationalen Politikmaßnahmen […], internationale Handelsabkommen eingeschlossen, keine negativen Auswirkungen auf das Recht auf Nahrung in anderen Ländern haben.“ Eine Aussage in dieser Deutlichkeit ist neu und hilfreich, um von der Bundesregierung eine Analyse ihrer Politik einzufordern.
@ Tobias Schwab
In der Tat richtet sich auch das neuste Instrument zur Exportförderung einzig an den Interessen der deutschen Agrar- & Ernährungsindustrie aus. Das „Programm zur Förderung der Exportaktivitäten der deutschen Agrar- und Ernährungswirtschaft“ verweist in keiner Silbe auf potentielle neagtive Effekte der Exportföderung.
Zwar beteuert die Bundesministerin Aigner immer wieder, dass die Exporte der deutschen Industrie keine negativen Auswirkungen haben. (Jüngst in ihrer Rede auf den Aussenwirtschaftstagen der Agrar- und Ernährungsindustrie im Sommer: „Zielmärkte sind also nicht etwa die Ärmsten der Armen, deren Märkte wir womöglich mit Waren zerstören, deren Export wir subventionieren. Diese Darstellung stimmt nicht mit der Wirklichkeit überein.“) Auf welcher Grundlage diese negativen Folgen ausgeschlossen werden können, wird leider nicht erwähnt.
Sie erwähnten das Beispiel Geflügel. Zu dem Thema arbeitet ja insbesondere der EED in Deutschland. Es sind in der Tat die Restprodukte bzw. der Abfall, der die Geflügelmärkte in Westafrika zerstört hat. In Ghana ist beispielsweise die Selbstversorgung bei Geflügel von 85% im Jahr 1997 auf 5% im Jahr 2006 gefallen. Einheimische Geflügelproduzenten konnten mit dem Dumping-Geflügelteilen nicht konkurrieren.
In der Elfenbeinküste stiegen die Geflügelimporte im Zeitraum 1997-2003 um 650% auf 17.226 t an. Die Regierung hat als Reaktion den Zoll auf 134% angehoben. Dieser gewährleistete einen relativ wirksamen Zollschutz. Aber die max. erlaubte Zollobergrenze in der WTO beträgt 83%, d.h. die jetzige WTO-Regelung ist unzureichend. Der Zollsatz von 134 % liegt 50 Prozentpunkte über dem in der WTO erlaubten Maximalwert. Die Elfenbeinküste hat in der WTO wie viele andere Entwicklungsländer auch nicht das Recht, einen Schutzzoll zu erheben. Dies war einer der zentralen Nachbesserungen, die im Agrarabkommen in dieser Verhandlungsrunde hätte erfolgen sollen (und deren wirksame Ausgestaltung von den USA und der EU blockiert wird). Selbst die beste aktuell vorgesehene Regelung – nämlich die für die am wenigsten entwickelten Länder – würde der Elfenbeinküste keinen wirksamen Schutz vor den Dumpingimporten der EU gewähren. Damit wird klar: Die derzeit in der WTO vorgelegten Verhandlungsvorschläge werden den Entwicklungsbedürfnissen der Entwicklungsländer nicht gerecht!
Was die EPAs angeht, so hat Westafrika als Region noch nicht wie die Karibik ein Freihandelsabkommen mit der EU abgeschlossen. Stattdessen hat die EU Interim-EPAs mit Ghana und der Elfenbeinküste abgeschlossen, die aber meines Wissens nach noch nicht unterzeichnet sind. In der Regel sind die Schutzinstrumente in den bilateralen Freihandelsabkommen der EU immer schlechter als diejenigen in der WTO.
gruß an allen,
es ist traurig, hinter den misständen unvermeidbare fehler zu vermuten anstatt akribisch den missbrauch von technischem und machtpolitischen vorsprüngen aufzudecken und zu bekämpfen. hierbei wäre in einem punkt das interesse von machthabern ihr einfluss über länger zeit zu sichern, dazu sind die erfindungen der kriegsindustrie willkommene mittel um die agressions und ausgrenzungs taktik gegenüber dem großteil der arm gelassenen bevölkerung durchzusetzen um länger an der macht bleiben zu können. hinter den konflikten die vor allem durch ausgrenzung und anderer präkerer situationen entstehen sind die machenschaften der rüstungsindustrie und ihrer lobbyisten in ofiziellen stellen und der wirtschaft massgebend.
Die sich ernst nehmende politik ist weltweit gefordert die einhaltung der menschenrechte als masstab für dekodierung der stofflüsse bei produkten sowie der angebotswege der dienstleistungen aller art transparent zu machen und einfach lesbar zu kennzeichnen. für den einzelnen ist der supermarkt die börse.
Die EU-Agrarpolitik ist im Kern darauf ausgerichtet, die europäische Ernährungsindustrie international wettbewerbsfähig zu machen (Diese geht Hand in Hand mit der EU-Handelspolitik, die den Lebensmittelkonzernen über die Freihandelsabkommen neue Absatzmärkte für ihre Produkte erschließt. Auch die Exportstrategie von Frau Aigner fügt sich hier ein).
Die europäische Ernährungsindustrie ist mit einem Umsatz von 965 Mrd. € noch vor der Automobil- und Chemieindustrie der größte verarbeitende Sektor, sowie der größte Arbeitgeber vor der Metall- und Ma¬schinenbauindustrie. Ein wichtiger Faktor für die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Ernährungsindustrie ist der Zugang zu billigen Agrarrohstoffen. Diese werden momentan zu 70 Prozent innerhalb der EU bezogen.
Die europäische Ernährungsindustrie kann international nur mithalten, wenn sie Agrarrohstoffe ähnlich billig einkaufen kann wie ihre Mitbewerber auf dem Weltmarkt. Genau das soll mithilfe der Direktzahlungen und Investitionsbeihilfen sichergestellt werden. Und nur deswegen ist es auch politisch gewollt, dass besonders leistungsstarke Betriebe in der EU gefördert werden. Sie sollen billige Agrar¬rohstoffe für die Ernährungsindustrie bereitstellen.
Die ganze EU-Agrarpolitik ist also auf den Export und auf die Produktion für den Weltmarkt ausgerichtet! Dabei wird der Großteil – nämlich 90% – für den Binnenmarkt produziert.
„In der Regel sind die Schutzinstrumente in den bilateralen Freihandelsabkommen der EU immer schlechter als diejenigen in der WTO“, sagt Frau Wiggerthale, und Herr Herre stimmt ihr in #23 zu.
Mal ganz dumm gefragt: Wenn bilaterale Abkommen mit der EU für die betroffenen Länder so schlecht sind, warum schließen diese Länder dann überhaupt solche Abkommen? Wo liegt der Nutzen für sie? Oder was zwingt sie dazu?
Auch in der Entwicklungshilfe setzt die Bundesregierung nun auf „bilateral“. Nun hat Frau Wiggerthale in #12 geschrieben:
„Ein fairer Agrarhandel wäre ein großer Beitrag zur Ernährungssicherung in den armen Ländern. Er ist aber kein Ersatz für wirksame Entwicklungshilfe.“
Kann bilaterale Entwicklungshilfe überhaupt wirksam sein? Oder besteht hier die Gefahr, dass der Überblick verloren geht, weil die Hilfe nicht ausreichend zwischen den helfenden Länder koordiniert wird?
Es gibt ein ganz interessantes Beispiel zu Ihrer Frage bezüglich der Entwicklungshilfe, Herr Büge. 1995 haben sich Milchbauern im Süden Sambias zu einer Kooperative zusammengeschlossen. Die deutsche Entwicklungshilfe hatte die Kooperative unterstützt. Die Kooperative wirtschaftet erfolgreich. Durch das bilaterale Freihandelsabkommen zwischen der EU und den AKP-Staaten sind nun die Milchbauern der Kooperative in ihrer Existenz bedroht.
Es gibt also positive Beispiele in der Entwicklungszusammenarbeit. Im hiesigen Fall werden die kleinen Erfolge der Entwicklungszusammenarbeit durch die Handelspolitik der EU bedroht.
Weiterhin sprachen Sie, Herr Büge, die Koordination der Geberländer an (neudeutsch Aid Effectiveness). Es klingt tatsächlich plausibel, dass eine gute Absprache unter den Gebern die Entwicklungshilfe qualitativ verbessert. Die Bundesregierung und die meisten großen Gebernationen sowie multilaterale Organe (bspw Weltbank) richten sich diesbezüglich an der so genannte Paris Declaration aus und versuchen sich sehr eng abzustimmen. Es besteht allerdings die Gefahr, dass damit progressive Ansätze dem Mainstream weichen. Also auch bezüglich der Handelsregime führen solche Abstimmungen eher zu noch mehr ‚Freihandel‘.
@Marita Wiggerthale
wie lässt sich auf dem schnellsten wege eine eu-weite kennzeichnungspflicht für die einhaltung der menschenrechte in der handelskette für produkte und dienstleistungen die in der eu-zone angeboten werden erreichen? bei tabakwaren war es ja auch in bezug auf die gesundheitsgefährdung möglich.
@ Ibrahim Kaya
Gute Frage. Sie zielt zwar eher auf den zweiten Teil unseres Blogtalks, wo wir fragen wollen, was geschehen sollte, aber wir lassen die Frage hier trotzdem schon mal stehen.
@ Marita Wiggerthale, Roman Herre
Morgen ist Welternährungstag. Wie partizipieren Oxfam und FIAN daran? Machen Sie Aktionen? Vielleicht können Sie uns einen kleinen Überblick geben?
[Weltraum] Es ist bereits vor Zig Jahren thematisiert worden: Ein Staat mit eigenem Raumfahrtprogramm kann mit geeigneten Satelliten die kommende Ernte weltweit (!) gut einschätzen und angepaßte Preispolitik betreiben. Ergebnisse der „Earth Monitoring“ sind in der Regel nicht kostenlos. Liebe Frau Wiggerthale und lieber Herr Herre, wie sehen Sie diese Problematik?
@ Lutz Büge
Der Welternährungstag war am 16. Oktober. FIAN hat dieses Jahr besonders auf das schon einmal angesprochene Thema Land Grabbing aufmerksam gemacht. Zudem haben wir den Ausschuss für Welternährungssicherung in Rom begleitet, der sich das erste Mal in seiner neuen Rolle und Zusammensetzung getroffen hatte. Auch hier wurde zu den Themen Land Grabbing und Preisspekulationen verhandelt.
@ Paul Ney
Ich stehe etwas auf dem Schlauch – Entschuldigung. Was soll konkret durch das ‚Earth Monitoring‘ erreicht werden? Grundsätzlich bezweifele ich, dass wie die diskutierten Probleme durch technische Lösungen beheben können.
„Mal ganz dumm gefragt: Wenn bilaterale Abkommen mit der EU für die betroffenen Länder so schlecht sind, warum schließen diese Länder dann überhaupt solche Abkommen? Wo liegt der Nutzen für sie? Oder was zwingt sie dazu?“, schrieb Lutz Büge.
Das ganze hat eine Geschichte: Die EU gewährte den AKP-Staaten – meist ehemalige Kolonien – seit 1976 einseitig Handelspräferenzen. Die waren aber nicht WTO-konform.
Die AKP-Staaten erhielten nämlich im Vergleich zu
anderen Entwicklungsländern leichteren Zugang zu den europäischen Märkten,
ohne ihre Märkte im gleichen (reziproken) Maße für die EU öffnen zu müssen.
Die Welthandelsorganisation setze der EU und den AKP-Staaten daher eine Frist, den Handel neu, WTO-konform zu regeln. Ergebnis sind die mehrfach erwähnten Economic Partnership Agreements (EPAs), die mit Regionen verhandelt werden. Es ist bekannt, dass die EU bei den Verhandlungen über diese Abkommen bzw. Interimsabkommen Druck auf Partnerländer ausübt und auch mit dem Entzug von Entwicklungshilfe droht.
Tatsache ist, dass diese Verhandlungen oft nicht auf Augenhöhe stattfinden. Die afrikanischen Länder können oft die Verhandlungskapazitäten nicht aufbieten, die die EU an den Tisch bringt.
@ Paul Ney
Ich habe letztens einen Vortrag von MDA EarthSat Weather gehört. Prognosen der Wetterbedingungen helfen sicherlich, die möglichen Ernteauswirkungen von „vorhersehbaren“ Dürren, Überschwemmungen und Hurrikane (Bsp. La Nina in der südlichen Hemisphäre nächstes Jahr) besser einzuschätzen. Wetterprognosen haben aber bekanntlich ihre Schwächen, v.a. über längere Zeiträume. Ob sie wirklich die Funktion eines Frühwahrnsystems übernehmen können, ist fraglich. Im Sommer diesen Jahres haben selbst bei real existierender Dürre in Russland die Spekulationen Blüten geschlagen, wie stark sich die Dürre auf das weltweite Angebot von Weizen auswirkt. Diese „Marktunsicherheiten“ ziehen Spekulanten an und verstärken bestehende Preistrends. Insofern sollte man sich davon nicht zu viel versprechen.
@ Ibrahim Kaya
Mir kommt bei Ihrer Frage ein Statement des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen in den Sinn. Der hat einmal folgendes gesagt: „Der mündige Verbraucher, dem man gerne die Verantwortung für Fehlentwicklungen am Markt und nicht zuletzt für die derzeit nicht-nachhaltigen Strukturen der globalisierten Weltwirtschaft anlastet, ist angesichts seiner tatsächlichen Informationsdefizite eine Fiktion. Keine Fiktion ist die zunehmende Bereitschaft eines Teils der deutschen Verbraucherschaft, ihre Kaufentscheidungen auch an ethischen und moralischen Wertvorstellungen auszurichten. […] Der verantwortlich handelnde Konsument fällt nicht vom Himmel. Vielmehr müssen die notwendigen politischen Rahmenbedingungen geschaffen werden.“
Es ist also wichtig, dass sich jeder Verbraucher, jede Verbraucherin informieren kann, ob das Produkt, das er/sie beispielsweise im Supermarkt oder beim Discounter kauft, unter menschenwürdigen Arbeitsbedingungen und ohne Schaden für die Umwelt und die Bevölkerung hergestellt wurde. Um das zu gewährleisten, braucht es mehr Transparenz durch Offenlegungspflichten und – wie Sie richtig sagen – Kennzeichnungssysteme sowie eine Stärkung der Verbraucherrechte. Das Biosiegel und das Fairhandels-Siegel sind erste Schritte in diese Richtung. Wie die Diskussion über Ampelkennzeichnung oder über die Herkunftskennzeichnung zeigt, ist dies aber häufig nicht mal eben schnell zu haben.
Doch das allein reicht nicht. Darüber hinaus müssen für die Sicherstellung sozialer und ökologischer Mindeststandards im Massenmarkt verbindliche Regeln geschaffen werden, die die Einhaltung solcher Mindeststandards im eigenen Unternehmen und entlang ihrer Lieferkette festschreiben. Die gegenwärtigen freiwilligen Bemühungen von Unternehmen, um solche Mindeststandards zu gewährleisten, sind unzureichend.
Vielleicht mögen Sie sich mal die Seite „Rechte für Menschen – Regeln für Unternehmen“ anschauen? http://www.rightsforpeople.org/?lang=de
Oder auch die Seite der „Supermarktinitiative“: http://www.supermarktmacht.de
Dort gibt es auch Aktionen, die Sie unterstützen können!
Sie fragen, kann bilaterale Entwicklungshilfe überhaupt wirksam sein? Oder besteht hier die Gefahr, dass der Überblick verloren geht, weil die Hilfe nicht ausreichend zwischen den helfenden Länder koordiniert wird?
Wenn es um Hungerbekämpfung geht, gibt es in der Tat viele Programme und Politiken, die (noch) nicht ausreichend koordiniert sind. Nur wenn dies gelingt, besteht am Ende die Chance, den Hunger wirksam zu bekämpfen und das Recht auf Nahrung für alle Menschen zu gewährleisten. Doch dies ist leichter gesagt, als getan.
Herr Herre hatte bereits den UN-Welternährungsauschuss angesprochen. Auf diesen setzen soziale Bewegungen und NGOs große Hoffnungen. In dem im Jahr 2009 neu gegründeten UN-Welternährungsauschuss sind nämlich erstmals alle mit der Hungerbekämpfung befassten Akteure – Regierungen, UN-Institutionen, Weltbank, Privatsektor, soziale Bewegungen und NGOs – unter einem Dach vereinigt. Dieses Gremium soll helfen, die Transparenz bei Finanzzusagen und Förderprogrammen zur Hungerbekämpfung zu verbessern und die gegenwärtigen Politiken zur Hungerbekämpfung stärker zusammenzuführen.
Mich hat sehr beeindruckend, wie gut die Zivilgesellschaft organisiert war und wie Vertreter von Kleinbauern, Frauen, Jugendlichen, Hirtenvölkern und Indigenen konstruktiv und deutlich ihre Anliegen vorgetragen haben. Es war deutlich zu spüren, dass dadurch eine neue Qualität in die Arbeit des Welternährungsauschusses kam. Am Ende zählt aber natürlich, ob genügend politischer Wille vorhanden ist, um die vereinbarten Maßnahmen auch umzusetzen. Es bleiben ja nur noch fünf Jahre, um das erste Millenniumsziel, die Halbierung des Hungers bis 2015, zu erreichen. Die Zeit drängt!
Ich denke auch, dass der UN-Welternährungsausschuss zu jener starken internationalen Institution werden könnte, die den Kampf gegen den Hunger weltweit koordiniert. Dass die zivilgesellschaftlichen Vetreter mit am Tisch sitzen und sich beim jüngsten Treffen in Rom vernehmlich zu Wort gemeldet haben, ist ein großer Fortschritt.
Ich konnte vergangene Woche mit einer Repräsentantin der Peul-Nomaden aus Burkina Faso sprechen. Sie hat erzählt, wie die von der Milch lebenden Peul unter den EU-Milchpulverexporten zu leiden haben. Ich fand es sehr beeindruckend, wie kämpferisch und sachkundig diese Afrikanerin für die Rechte der Nomaden eingetreten ist. Unterstüzt im Übrigen vom Hilfswerk Misereor.
Es ist wichtig, dass zivilgesellschaftliche Organisationen im Süden und im Norden sich gemeinsam für die Ernährungssicherung stark machen. Und ein UN-Gemium ist dafür genau das richtige Parkett.
Hallo Tobias,
so früh schon online?
Ich finde die Idee witzig, dass hier ein FR-Mitarbeiter einen FR-Mitarbeiter interviewt. Ich hab die Afrikanerin gesehen, wir liefen uns ja letzte Woche gewissermaßen unter ihren Augen über den Weg. Wenn du einen kleinen Exkurs einschieben und die EU-Milchpulverexportpolitik – ein Wort, dass Potenzial fürs Unwort des Jahres hat – vor diesem Hintergrund schildern möchtest, dann passt das trotzdem in diesen Blogtalk – von FR zu FR. 😉
Herr Herre,
lassen Sie uns mal übers Land-Grabbing sprechen. Über dieses Phänomen bin ich ehrlich gesagt erstmals gestolpert, als ich das neue Buch von Lester Brown las. Länder wie Saudi-Aarabien oder Südkorea kaufen oder pachten Land auf den Philippinen oder im Sudan, um darauf Nahrungsmittel für ihre Bevölkerung daheim zu produzieren. Im Fall Saudi-Arabiens mag man es ja vielleicht noch einsehen, dass nach fruchtbarem Land Ausschau gehalten wird – aber gerade in Ländern wie dem Sudan, der erstens seine eigene Bevölkerung kaum ernähren kann und zweitens von Desertifikation, also Wüstenbildung, heimgesucht wird? Das klingt …
Ja, Herr Herre, wie klingt das für Sie?
Guten Morgen zusammen!
Jaques Diouf, Chef der Welternährungsorganisation FAO, sprach vor anderthalb Jahren, als man das Ausmaß dieser Landnahmen erst so richtig begriffen hatte, von ‚Neokolonialismus‘. Und er hat nicht ganz unrecht damit.
Um sich das einmal klar zu machen: Alleine in 9 Monaten (zwischen Oktober 2008 und Juni 2009) wurde weltweit über Landtransaktionen über 47 Millionen Hektar berichtet. 70 Prozent der Deals wurden in Afrika getätigt (das entspricht etwa der Hälfte der gesamten Agrarfläche der EU!!). Die Jahre zuvor wurden nach Schätzungen der Weltbank etwa 4 Millionen Hektar Land an Investoren vergeben.
Aber nicht nur die unglaubliche Dimension ist neu. Wie sie schon sagten, werden eben nicht mehr Kaffee oder Bananen für den Weltmarkt angebaut, heute geht es um Grundnahrungsmittel… und Energiepflanzen (für Agrartreibstoffe).
Angesichts der jahrzehntelangen Vernachlässigung der Landwirtschaft (wie in #10 angesprochen) haben viele Experten in dieser Entwicklung eine große Chance gesehen, wieder Investitionen in die ländlichen Räume und die vergessene Landwirtschaft zu mobilisieren und einen wichtigen Beitrag zur Hunger- und Armutsbekämpfung zu leisten. Das Gegenteil ist leider der Fall. Menschen werden im Zuge der Landnahmen vertrieben und verlieren den lebenswichtigen Zugang zu Wasser, Wald oder Fischgründen. Und das sind keine Einzelfälle. FIAN hat in den letzen anderthalb rund um den Globus Menschenrechtsverletzungen durch diese Landnahmen dokumentiert.
Neben den konkreten Fällen muss man sich auch grundsätzliche Fragen stellen: Kann es sein, dass der Hungerkontinent Afrika nun die Reichen Länder ernährt? Kann ich große Teile des Landes (meist die besten Böden) durch Pachtverträge über 99 Jahre einer wachsenden Bevölkerung entziehen, die das Land benötigt?
Ich werde versuchen, diese Entwicklung gleich mal an einem Beispielland zu verdeutlichen.
@ Tobias Schwab
Ich hatte auch die Gelegenheit, die Repräsentantin der Peul-Nomaden aus Burkina Faso zu sprechen. Es ist wirklich inspirierend zu sehen, welche Energie und Fachkunde einem da gegenüber steht.
Lieber Lutz,
die EU-Milchpolitik ist ja eigentlich Marita Wiggerthales Domäne. Sie kennt sich da viel besser aus …
Deshalb nur kurz ein bisschen Basiswissen:
Europäische Exporterstattungen für Mager- und Vollmilchpulver – die meines Wissens im Moment ausgesetzt sind – erzeugen Druck auf die Weltmarktpreise – d.h. sie sinken. Das bringt besonders Milchbauern in armen Ländern in die Bredouille, die mit den subventionierten Produkten aus Europa kaum konkurrieren können.
Doch auch ohne Exporthilfen, die die EU im Übrigen jederzeit wieder aufnehmen kann, haben Milchviehhalter wie in Burkina Faso oder Uganda ein Problem. Weil die Staaten über bilaterale
„Freihandelsabkommen“ verpflichtet werden, ihre Importzölle für europäische Milchprodukte abzubauen. So schafft sich die EU die Märkte für ihre wachsenden Milchüberschüsse.
Ich habe in Uganda sehen können, wie europäische Milcherzeugnisse die Regale der Märkte in den städischen Zentren füllen. Die einheimischen Milchbauern auf dem Lande haben das Nachsehen. Mit den hochwertig verarbeiteten Produkten können sie nicht mithalten.
Lieber Herr Herre,
stimmt es eigentlich, dass bisher erst jede fünfte Vereinbarung über Landerwerb in Entwicklungsländern tatsächlich zu landwirtschaftlicher Nutzung geführt hat? Ich meine, ich hätte jüngst eine solche Zahl gelesen. Es könnte sogar in einem Weltbank-Report gestanden haben. Deutet das daraufhin, dass bei solchen Deals vor allem auch Spekulation im Spiel sein könnte?
Ein Beispiel für ein solches Land-Grabbing fände ich gut, damit das Problem ein Gesicht bekommt. Außerdem würde mich interessieren, wer die Land-Grabber sind. Staaten? Konzerne? Private Investoren? Pachten sie das Land? Kaufen sie es?
@Marita Wiggerthale
vielen dank für die erweiterte darstellung meiner frage und der link-infos, sie sind beeindruckend. dennoch möchte ich bittten die jetzige strucktur des eu-prozesses hinsichtlich der schnellen durchsetzbarkeit einer zertifizierung/kennzeichnung von menschenrecht-gerechten angeboten durchzuleuchten. denn ich bin mir leid nur über die sich immer weiter verschlechternden zuständände zunehmend in eine aussichtslose haltung hineinzubegeben. vielmehr interessiert mich welche die progressiven und positiv motivierten gremien und aktöre in der eu-organen sind, mit deren unterstützung und stärkung ein gerechtes zusammenleben von nord und süd entstehen kann.
Lieber Herr Schwab,
ich habe gerade eine kleine Recherche zu Ghana gemacht. Landrechte über 3 Millionen Hektar sollen hier laut Zeitungsberichten für die Agrartreibstoffproduktion transferiert worden sein. Tatsächlich haben hier viele, auch europäische & deutsche Firmen Land für Jatropha (eine sehr ölhaltige Pflanzen) erworben. Dies geschah zu einer Zeit als der Erdölpreis weit über 100 US-Dollar lag (2008). Das Geschäftsmodell der Investoren basierte auf diesen hohen Preisen. Da die Preise wieder fielen, bröckelte auch das Geschäftsmodell. Aktuell liegen daher viele der Aktivitäten auf Eis. Dies ist besonders im Bereich Agrartreibstoffe in ganz Afrika zu beobachten. Für die Menschen, die ihr Land verloren haben ist es gleichbedeutend, ob auf dem gerodeten Land Jatropha angebaut wird oder nicht. Die Frauen des Dorfes Alipe im Norden Ghanas haben beispielsweise ihre Einkommensquelle verloren, da die Sheanussbäume auf dem Gemeindelande gefällt wurden, um Platz für Jatropha-Plantagen zu machen.
Auf der anderen Seite ist sichern sich viele Investoren das Land nicht, weil sie konkret Landwirtschaft betreiben wollen, sondern, weil Land eine immer knappere Ressource wird. Sie sichern sich Land weil der Landhunger der Agrartreibstoffe weiter wächst (etwa 500 Millionen Hektar Land sollen laut verschiedener Prognose bis 2040/50 für Energiepflanzen genutzt werden), weil immer mehr Futtermittel benötigt werden, weil die Städte immer mehr Ackerland nehmen und weil der Klimawandel Landwirtschaft in vielen Gegenden immer schwieriger macht. Der Druck auf Land wird also immer größer und genau diese Aussicht lassen Spekulanten aktiv werden. Beispielsweise wurden seit ende 2006 eine Vielzahl von Investment-Fonds bei der Allianz, der Deutschen Bank oder Aquila Capital aufgelegt, die von diesem ‚Megatrend’ profitieren wollen. So sind etwa 5 Milliarden Euro in diesen Bereich geflossen – allein in Deutschland. Laut einer aktuellen Studie der OECD (http://www.oecd-ilibrary.org/docserver/download/fulltext/5km7nzpjlr8v.pdf?expires=1287571058&id=0000&accname=guest&checksum=DD44629D4624E0821DAE8E7B4CAB7577) wurden in den letzten Jahren bis zu 25 Milliarden US-Dollar in Land- und Agrarfonds gepumpt. Diese Summe soll sich in den nächsten Jahren verdreifachen.
Herr Schwab, die erwähnten den Weltbank-Bericht. Eine kleine Anekdote zu diesem Bericht. Der sollte schon im Herbst 2009 veröffentlicht werden. Die Idee der Weltbank war wohl, mit fundierten Fakten die positiven Entwicklungen und damit Chancen dieser Investitionen zu unterstreichen. Die Ergebnisse der Studie waren wohl so negativ, dass die Weltbank den Bericht erst ein knappes Jahr später – und ordentlich abgeschliffen – herausgegeben hat. Die Rolle der Weltbank bei diesem Thema ist tatsächlich noch einmal ein Kapitel für sich.
@ Lutz Büge
Die meisten dieser Transaktionen werden über Pachtverträge mit extrem langen Laufzeiten (99 Jahre sind keine Seltenheit) geregelt.
Das versprochene Beispiel:
Ich war im Frühjahr in Kambodscha und habe mir ein Bild von der dortigen Situation machen können. Kambodscha zählt neben den Philippinen und Laos den Zielländern der Investoren in Südostasien.
Hier vergibt die Regierung Landkonzessionen. Viele davon an die nationalen Eliten und diese suchen sich dann internationale Investoren. In den letzten Jahren wurden über 3 Millionen Hektar Land über diese Konzessionen verteilt. Schaut man sich vor Ort um, ist das Land besiedelt. Ganze Gemeinden leben in und von dem Land, dass da an die Eliten verteilt wurde. In den meisten Fällen haben die Betroffenen auch nach nationaler Gesetzgebung Besitzrechte an dem Land. Es entsteht tatsächlich der Eindruck, dass das Land völlig willkürlich verteilt wird.
In einem Fall (Provinz Kampong Speu) sicherte sich ein Senator 20.000 Hektar Land zusammen mit einer Thailändischen Zuckerfirma. Hier kam es zu massiven Protesten der lokalen Bevölkerung. Sie organisierten sich, blockierten das Firmengelände, informierten sich über SMS, wenn Rodungen stattfanden und blockierten diese. Sie demonstrierten zudem in der Provinzhauptstadt. Daraufhin wurde Gemeindevorsteher verhaftet. Um die Proteste entgültig zu unterbinden, wurde im weiteren Verlauf Militär von einem nahe gelegenen Stützpunkt herangeschafft um die Rohdungsarbeiten zu schützen (Nebenbei: der involvierte Senator ist offizieller Sponsor dieses Militär-Stützpunktes). Jetzt die Bulldozer den Gemeindewald, planieren Reisfelder und Häuser. Die Gemeinde hat so etwa 3000 Hektar ihres abgestammten Landes verloren.
Noch mal zur Willkür: In einer 2. betroffenen Gemeinde verläuft die Grenze der vergebenen Konzession mitten durch den Tempel… Es wird also den ländlichen Gemeinden regelrecht der Boden zum Leben unter den Füßen weggezogen.
Ich hoffe, ich habe damit dem Begriff Land Grabbing etwas Substanz gegeben.
Lieber Herr Herre,
danke für die anschaulichen Beispiele. Leider funktioniert der Link zu der OECD-Studie (#45) nicht.
„Die Rolle der Weltbank bei diesem Thema ist tatsächlich noch einmal ein Kapitel für sich.“
Dann schlagen Sie dieses Kapitel doch mal auf … 😉
Kapital sucht Anlagemöglichkeiten. Das ist eigentlich nichts Neues, ebensowenig wie die Tatsache, dass solche Investitionen sich möglichst schnell für die Anleger auch lohnen sollen. Allerdings scheint es so, als ob die Interessen der Investoren nicht nur den Interessen der Menschen vor Ort entgegenstehen, sondern auch den Interessen der globalen Gesellschaft, die immerhin vor zehn Jahren in den UN-Millenniumszielen erklärt hat, Hunger und Armut weltweit zu bekämpfen. Ich glaube, es war von einer Halbierung bis 2015 die Rede. Heute hungern noch 925 Millionen Menschen. Stattdessen machen Energiepflanzen zur Gewinnung von „Biodiesel“ Reis, Mais und Weizen Konkurrenz. Sind die Millenniumsziele so überhaupt zu erreichen?
Hier nochmal der Link:
http://www.oecd-ilibrary.org/agriculture-and-food/private-financial-sector-investment-in-farmland-and-agricultural-infrastructure_5km7nzpjlr8v-en;jsessionid=2ftvrlihgjw0m.delta
Um dann gleich das Kapitel Weltbank aufzuschlagen … 🙂
Der Link funtioniert – das musste ich doch mal testen.
Zur Wahrheit über die Weltbank gehört, dass sie die Landaneignung über ihre International Finance Corporation (IFC) kräfig fördert. Ihr Ziel ist es, Privatunternehmen zur Investition in die Landwirtschaft zu bewegen, um die Agrarproduktion weltweit zu erhöhen. Die IFC kooperiert dabei eng mit dem FIAS (Foreign Investment Advisory Service), eine Art Investitionsberatungsdienst der Weltbank.
Herr Herre,
nun werden die Landkäufe oder -pachtungen von der IFC und selbst von Forschungsinstituten wie dem International Food Policy Research Institute (IFPRI) als Win-Win-Projekte „verkauft“, die sowohl den Investoren als auch den Menschen vor Ort, also nicht nur den von Ihnen, Herr Herre, zitierten Eliten, etwas bringen.
Da ist dann meist von Infrastruktur die Rede, die Investoren schaffen würden, oder von Jobs für die lokale Bevölkerung.
Ist Ihnen ein solches echtes Win-Win-Projekt bekannt, Herr Herre?
Herr Herre,
ich bin jetzt bis gut 17 Uhr nicht am Rechner. Wir haben Sie ja ganz gut mit Fragen eingedeckt, aber für den Fall, dass sie nicht reichen sollten, kommt hier noch eine. Sie schrieben in #2:
„Nahrung ist Grundlage für das menschliche Überleben. Der Ansatz, Nahrungsmittel wie alle anderen Produkte (beispielsweise Spielzeug) einfach als ‚Commodity’, also als Ware zu behandeln, ist daher gerade aus menschenrechtlicher Perspektive falsch.“
Diese „menschenrechtliche Perspektive“ interessiert mich. Wollen Sie das etwas ausführen?
[Weltraum] Eine Definition von „Earth Monitoring“ ergibt sich aus den Sachworten earth und monitoring, z.B. als Erdüberwachung verstanden. Spezielle fotografische Aufnahmen von Anbaufeldern, wobei manche Anwendungen immer noch von wolkenfreier Sicht abhängig sind, ermöglichen eine Einschätzung der Ernte. Ähnlich ist auch die Beurteilung der freien Vegetation (auf nicht kultivierten Flächen) möglich. Erkenntnisse aus der weltraum-basierten Erdüberwachung werden z.T. nur durch den Betreiber verwertet, was irgendwie auch verständlich ist.
@ #32, comment-30173, Roman Herre am 19.10.2010 16:22
„dass wie die diskutierten Probleme durch technische Lösungen beheben können.“ — Leider konnte ich die Botschaft dieses Texts nicht vernehmen.
@ #34, comment-30186, Wiggerthale Marita am 19.10.2010 21:59
„Wetterprognosen […] Insofern sollte man sich davon nicht zu viel versprechen.“ — Da stimme ich Ihnen vollkommen zu, diese Wissenschaft ist immer noch am Anfang, man kann die Bewegung eines Wirbelsturms kurzfristig vorhersagen, aber nicht eine vernichtende Überschwemmung z.B. in zwei Monaten…
Nun ist doch noch was dazwischen gekommen….
Also schnell zum Kapitel Weltbank – in 4 Akten:
Ein Kernelement ihrer Logik ist es, ein investitionsfreundliches Klima zu schaffen – über Grenzen hinweg (das führt – wie wir im Handlesbereich gesehen haben – zu einem Wettbewerb unter sehr ungleichen Akteuren, die auch unterschiedliche Ziele verfolgen).
Erster Akt:
Es ist der Weltbank daher seit jeher ein Dorn im Auge, dass Land in vielen Staaten in Staatsbesitz ist oder ein gemeinschaftlich verwaltetes Gut ist. Beispielsweise in Afrika sind 70 bis 80 Prozent des Landes offiziell Staatsland. Wie kann man es dem Privatinvestor zugänglich machen? Es muss transferfähig sein, und da geschieht am einfachsten, wenn alle einen privaten Landtitel haben und Restriktionen bei Landtransfers abgeschafft werden.
Daher ist die Weltbank sein vielen Jahren – besonders sein Mitte der 90er Jahre – sehr aktiv dabei, den Landsektor in den Entwicklungsländern zu reformieren, ihn nach westlichem Modell umzugestalten. Unterstützt wird die Weltbank dabei von bilateralen Akteuren (da wären wir wieder beim Thema Koordination; siehe # 28). Zu nennen ist da in erster Linie der unter Busch Jr. gegründete Arm der US-Amerikanischen Entwicklungszusammenarbeit Millenium Challenge Cooperation. Aber auch die deutsche Entwicklungszusammenarbeit unterstützt einseitig die private Landtitelvergabe.
Der zweite Akt:
Das mit den privaten Landtiteln hat sich schwieriger als gedacht herausgestellt. In Ghana beispielsweise hat sich die deutsche EZ aus einer Weltbankkooperation zurückgezogen, bei dem Land in Privatbesitz umgewandelt werden sollte. Die neue Idee: Land-Pacht-Märkte. Lockerung der Bestimmungen bei Landpachten insbesondere für ausländische Investoren. Weltbank und USAID haben beispielsweise daraufhin gearbeitet, dass ausländische Investoren in Madagaskar mittlerweile Land über 99 Jahre pachten können.
Dritter Akt:
Der von Ihnen, Herr Schwab, angesprochene Arm der Weltbank IFC hat mehrere Instrument/ Programme aufgelegt, die Investoren beim Landerwerb unterstützt und einige Länder in der Landpolitik berät. Dies geschieht sehr einseitig und die lokale Bevölkerung wird dabei als Hindernis empfunden. Diese Instrumente haben es besonders auf die guten Böden des Gemeindelandes abgesehen: „Dieses Land ist äußerst relevant für […] die Agro-Industrie“ (Studie des Oakland Institutes zu der Rolle der IFC: http://www.oaklandinstitute.org/pdfs/misinvestment_web.pdf )
Der vierte Akt:
Nun, da überall um den Globus von Vertreibungen und Landkonflikten im Zuge solcher Investitionen berichtet wird, will die Weltbank einen freiwilligen Verhaltenskodex für die Investoren erarbeiten. Vorhandenes internationales Recht soll dabei ausgeklammert werden. So nimmt der Entwurf der sogenannten „Prinzipien zu Verantwortlichen Investitionen in die Landwirtschaft“ das Wort Menschenrechte nicht einmal in den Mund und spricht nur von Citizen Rights…
Vor dem Hintergrund der oben aufgeführten Aktivitäten kann diese Initiative, die von der G8 unterstützt wird, kaum ernst genommen werden. … …den Bock zum Gärtner…
Ich denke, das Interesse der Weltbank ist es, das Land Grabbing durch einen solchen Kodex (a) aus der Schmuddelecke herauszuholen und (b) von harten Regeln und Sanktionen abzulenken.
So viel in aller Kürze zum Kapitel Weltbank beim Thema Land Grabbing.
@ Paul Ney
Danke für die Erklärung. Die Frage, die sich mir dabei stellt: Welchen Nutzen hat die Erkenntnis, dass beispielsweise eine Dürre in Norden Ghanas zu erwarten ist für die dortige Bevölkerung? Das Welternährungsprogramm stößt an seine Grenzen (wir also kaum noch mehr verteilen können als es ohnehin schon tut) und die nationalen Regierungen legen auch jetzt schon keine Priorität auf die Unterstützung ihrer BäuerInnen.
Mit der ‚technischen Lösung‘ meinte ich genau das: Wir bekommen Techniken an die Hand, die uns theoretisch weiterhelfen könnten. Das lenkt vielen Fällen von der Notwendigkeit ab, an denen dem Hunger zu Grunde liegenden Strukturen etwas zu verändern. „Nur“ etwa 10 Prozent des Hungers weltweit ist auf Naturkatastrophen und Kriege zurückzuführen.
Der Rechtskommentar zum Recht auf Nahrung macht das Problem deutlich: „Im Grunde liegt die Wurzel des Problems von Hunger und Mangelernährung nicht in einem Mangel an Nahrungsmitteln, sondern im mangelnden Zugang großer Teile der Weltbevölkerung zu den verfügbaren Nahrungsmitteln, der unter anderem auf Armut zurückzuführen ist.“ (Den Rechtskommentar kann man sich hier runterladen: http://www.fian.de/online/index.php?option=com_remository&Itemid=160&func=startdown&id=236
@ Tobias Schwab
Die Win-Win-Frage ist tatsächliche eine Schlüsselfrage. Die Annahme, dass auch die lokalen Gruppen etwas davon haben, ist die zentrale Legitimation für die Befürworter. Vor kurzem hat ein Mitglied der Europäischen Kommission das Beispiel Kenia und die dortigen Blumenfarmen hervorgehoben. Nun ist es aber so, dass viele Investoren gen Äthiopien ziehen, weil dort das Investitionsklima noch besser ist. Noch weniger Steuern, weniger Auflagen und wahrscheinlich auch billigere Arbeitskräfte. Es ist also auch eine Frage der Schaffung abhängiger, prekärer (im Agrarsektor oftmals saisonaler) Arbeit.
Noch mal zu Kambodscha zurück. Von dort kann ich aus erster Hand berichten. Wir haben Mitglieder aus etwa 15 verschiedenen Gemeinden, die alle von unterschiedlichen Konzessionen betroffen waren, befragt, wie es denn mit den Jobs und der Infrastruktur aussieht. Alle haben ausnahmslos darüber gelacht. Ein Bauer rechnete beispielsweise vor, dass er allein mit den Fruchten, die er bis dato im Wald gesammelt hatte, mehr verdient hat als ihm Lohn für die Arbeit in den Konzessionen versprochen wurde. Eine andere Frau berichtete uns, dass aus ihrem Dorf 2 Personen zur Arbeit auf einer der neuen Plantagen gingen. Beide kamen nach 1 Monat zurück und waren fast nicht wiederzuerkennen: völlig abgemagert und krank. Sie hatten nicht genug zu essen bekommen und mussten bis zu 14 Stunden durcharbeiten.
Und noch eine völlig verrückte Geschichte zum Thema Infrastruktur: ein kleine Schotterpiste, die die Bauern immer mit ihren Ochsenkarren nutzten, um zum Markt zu kommen, wurde ausgebaut und geteert. Als die Strasse fertig gestellt war, wurde es den Bauern verboten diese mit ihren Ochsenkarren zu befahren, da sie den Verkehr behindern und Unfälle verursachen würden. Die Interessen und Bedürfnisse der lokalen Gemeinden spielen in der Realität keinerlei Rolle – die ländliche Bevölkerung wird entgegen der Win-Win-Rhetorik weiter marginalisiert; politisch, wirtschaftlich und geographisch an den Rand gedrängt..
Lieber Herr Herre, herzlichen dank für Ihre ausführlichen Erläuterungen zur Staregie der Weltbank.
Das Verheerende ist doch auch, dass afrikanische Staatspräsidenten Abkommemm über Landverkauf oder-pacht unter Dach und Fach bringen, ohne ihre Parlamente einzubeziehen und dass sie sich die Bedingungen eher von den Investoren diktieren lassen als sellbst die Konditionen zu bestimmmen.
(Auch wenn das schnell schief gehen kann, wie man am Beispiel von Madagaskars Ex-Präsidenten Ravalomanana sehen konnte).
Soweit ich weiß, agiert da Thailand zumindest im Ansatz souveräner und versucht, die Interessen des Landes zu wahren. Auch dort standen Investoren aus den Golfstaaten vor der Tür, um Ackerflächen zu kaufen. Die tailändische Regierung hat dann gesetzlich geregelt, dass Ausländer nur über Joint Ventures Landwirtschaft betreiben dürfen, an denen Thailänder mit mindestens 51 Prozent beteiligt sind.
@ all
Wir befinden uns nun quasi schon auf der Zielgeraden dieses Blogtalks, da heute Donnerstag ist und wir nur noch heute und morgen Zeit haben. Ich möchte daher noch zwei Punkte in der Diskussion unterbringen, die mir wichtig sind, und zwei Themen anschneiden.
1. Wir sprechen ja über den Welthandel – einerseits. Andererseits tauchen aber bisher zwei Protagonisten, die nach der reinen Lehre eigentlich das Marktgeschehen tragen sollten, kaum in unserem Gespräch auf: Produzenten und Konsumenten. Wir reden von WTO und AKP – und damit von Staaten und überstaatlichen Institutionen. Wo bleiben die Konzerne und die Verbraucher?
Ich glaube, heutzutage ist es gar nicht mehr möglich, Sportschuhe zu kaufen, die nicht in einer der unzähligen Exportproduktionszonen (EPZs)in Entwicklungsländern hergestellt wurde. Wenn ich mir das Textilsortiment im Endhandel so ansehe, dann steht auf den Etiketten: „Imported by …“ und darunter „Made in Bangladesh“. Oder im Elektronikbereich: „Designed in California“ steht da, und nach dem „Made in China“ muss man suchen. Dabei wird in diesen EPZs häufig zu Bedingungen gearbeitet, die jeder Beschreibung spotten und teils sogar den gesetzlichen Bestimmungen der Länder widersprechen, in denen die EPZ sich befindet.
Wie bewerten Sie die Handelsmacht der multinationalen Konzerne? Wenn Sie wollen, können Sie das ja am Beispiel Monsanto beschreiben, um im Agrarischen zu bleiben. Oder am Beispiel der Supermarktketten.
(Zu 2. im Voraus hier nur: Wir wollen dann bitte auch noch über aktuelle Entwicklungen sprechen, die vielleicht etwas hoffen lassen.)
Lieber Herr Büge, bevor wir auf die Zielgerade einbiege, noch eine Anmerkung zu Herrn Schwab.
Ähnliche Regelungen wie in Thailand gibt es auch auf den Philippinen. Die sollen aber aktuell abgeschafft werden.
Und obwohl durch Subfirmen/ Scheinfirmen solche Regelungen umgangen werden können, können sie auf nationaler Ebene Teil einer Antwort auf den aktuellen Landraub in Entwicklungsländern sein. Ein weiterer Teil könnte sein, diese Logik auch auf kommunaler Ebene fortzuführen – also Landtransaktionen an Akteure außerhalb einer Gemeinde zu begrenzen/ regulieren..
Vielleicht auch noch ein paar Anmerkungen von meiner Seite zum Thema Land Grabbing.
Die sehr eindrücklich von Roman Herre beschriebenen, negativen Auswirkungen verdeutlichen die Fehleinschätzungen bzw. falschen Behauptungen derer, die ein Interesse am Land Grabbing haben:
1) Das Land wird als verfügbar dargestellt. Es liegt aber nicht brach. Es wird denjenigen weggenommen, die es bewirtschaften!
2) Es gibt Landrechte, nämlich Gewohnheitsrechte derjenigen Bauern, die das Land bewirtschaften. Diese werden aber irgnoriert bzw. nicht anerkannt.
Dabei ist noch wichtig, dass es hier nicht nur um Land geht, sondern auch um den Zugang zu anderen Ressourcen u.a. Wasser(!), Mineralien, Wald.
Deutlich wurde darüber hinaus:
– Land Grabbing wird auch aus spekulativen Motiven heraus betrieben.
– Es gibt aktuell keine verbindlichen Regeln, die Investoren verpflichtend einhalten müssen.
– In den Weltbank-Prinzipien fehlt nicht nur, wie Hr. Herre richtig sagt, das Recht auf Nahrung, sondern beispielsweise auch das wichtige Prinzip des „Free, Prior and Informed Consent“, sprich die Vorabinformation der Betroffenen.
Grundsätzlich wird die Balance zwischen Investorenpflichten (sozial, ökologisch, Menschenrechte) und Investorenrechten bei den Weltbank/FAO/UNCTAD/IFAD-Prinzipien nicht gewahrt.
Hallo Frau Wiggerthale,
jetzt habe ich auch noch mal eine Frage zum Thema Land Grabbing. Sie haben die Weltbank/FAO/Unctad/IFAD-Prinzipien als defizitär gekennzeichnet, weil sie die Balance zwischen Investorenpflichten und -rechten nicht wahren.
Wie sieht es denn mit den elf Minimalprinzipen aus, die der UN-Sondergesandte für das Recht auf Nahrung, Olivier de Schutter, vorgeschlagen hat?
Wären die besser geeignet, um die Interessen der Kleinbauern
armen Länder zu wahren?
Zum Thema „Water Grabbing“:
Ich habe vor kurzer Zeit einen Vortrag gehört zu den „Landwirtschaftlichen Chancen in Brasilien“, wo es um Land als „Anlageklasse“ ging. Zwei „Asset manger“ aus London und Sao Paulo haben um Investitionen in Brasilien geworben.
Warum ist Brasilien für sie ein ideales Land für Investitionen?
– stabiles Umfeld (Regulierung, Gesetze)
– seit 2005 gehören mehr als 30 Mio. nicht mehr zur Klasse der Armen (Klasse E „Elend“ und Klasse D „Armut“), sondern zur Klasse C „niedrige Einkommen“)
– Brasilien ist Selbstversorger in Sachen Nahrungsmittel und Energie
– Vorteile gegenüber anderen Schwellenländern: keine bedrohliche Spaltung zwischen Stadt und Land, Mehrparteiensystem)
– Brasilien ist der zweitgrößte Agrar-Exporteur in der Welt (nach den USA)
– steigende Konsumentenkredite
– sinkende Zinsraten (immer noch die höchsten in der Welt)
– Investitionen der Regierung in die Verbesserung der Infrastruktur (Kosten werden gesenkt)
Warum stellt das Problem der Ernährungssicherung eine „Investitionschance“ dar?
– warum jetzt investieren? verstärktes Interesse an Förderung der Landwirtschaft, steigende Agrarpreise und gute Gelegenheit, jetzt Land zu kaufen (Finanzkrise, einige müssen Land verkaufen)
– warum in Land investieren? handfeste, reale Anlage (inflationsresistent), starke Einkommenskomponente in der Produktion, gute Diversifizierung des Anlageportfolios
– Wasser ist der Schlüsselfaktor und zunehmend knapp (!)
– steigende Nachfrage nach Nahrungsmitteln und steigende Produktionsdefizite
– verfügbares Land ist relativ knapp
– Brasilien verfügt über viel Wasser
Was mich wirklich beeindruckt hat ist, dass sie im Vorfeld alle 5500 Gemeinden gecheckt haben mit Blick auf die Wetterbedingungen und die Verfügbarkeit von Wasser. Wasser war der Schlüsselfaktor für die Auswahl der angebotenen Ländereien!
Die Kriterien waren: 1200-1400 mm pro m2 (das ist bereits sehr viel) und Nähe zu Flüssen, Seen oder ähnliches.
@ Ibrahiam
Sie fragen, wie sieht die jetzige Strucktur des EU-Prozesses hinsichtlich der schnellen Durchsetzbarkeit einer Zertifizierung/Kennzeichnung von menschenrecht-gerechten Angeboten aus. Diese Frage kann sicherlich meine Kollegin Franziska Humbert besser beantworten. Aber vielleicht soviel dazu von meiner Seite:
Wie Sie richtig schreiben setzt eine Kennzeichnung die Festlegung von Standards voraus, die dann im Rahmen eines Zertifizierungsprozesses überpüft werden. Es bräuchte also ein neues Siegel oder einen neuen Standard, der Menschenrechtsstandards umfassend festlegt. Denken Sie dabei an die Siegelung von Unternehmen oder Produkten?
Vor kurzem wurde, glaube ich, der ISO 26000 Standard verabschiedet, der in diese Richtung geht. Dieser Standard bezieht wichtige Menschenrechte mit ein. Zum Beispiel: die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, ILO-Kernarbeitnormen (Organisationsfreiheit, keine Diskriminierung, Kinderarbeit, Zwangsarbeit), Arbeitszeiten und Überstunden (ILO Konvention Nr. 1), kein Vermeiden von regulärer Beschäftigung (ILO Konvention No. 177), Löhne (ILO Konvention No. 131). Die Verankerung eines sog. „Living Wage“ ist jedoch in dem Entwicklungsprozess nicht gelungen. Aber hier bin ich wirklich nicht die Expertin!
Ansonsten, ist mir nicht bekannt, dass es aktuell Bemühungen gibt, Zertifizierung/Kennzeichnung auf EU-Ebene durchzusetzen und schnell ist so etwas schon mal gar nicht durchzusetzen (erhebliche politische Widerstände). Die EU setzt vielmehr auf CSR. Und da diese als absolut unzureichend und wenig wirksam von NGO-Seite aus eingeschätzt werden, setzen sich NGOs und Gewerkschaften für verbindliche, gesetzliche Regeln ein (siehe auch CorA-Initiative).
Zum Thema Wasser würde ich, glaub ich, gern einen eigenen Blogtalk machen. Es ist ja jetzt schon abzusehen, dass der Wasserverbrauch bzw. -bedarf mit den Anforderungen nicht Schritt halten kann. Fossile Grundwasserleiter erschöpfen zunehmend, zugleich nimmt die Wasserverschmutzung zu. Rund 900 Millionen Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, rund 1,2 Milliarden keinen Zugang zu notdürftigsten sanitären Anlagen. Zugleich ist das Thema politisch aufgeladen: Um Wasserrechte drehen sich zahlreiche regionale Konflikte.
Trotzdem danke für den kleinen Exkurs zum Thema Water Grabbing, das natürlich auch in diesen Zusammenhang mit dem Welthandel gehört, wenn man bedenkt, dass die intensive Bewirtschaftung all der Grabbing-Flächen einen hohen Wasserbedarf nach sich zieht.
Lutz, Du hast angeregt, die Handelsmacht transnationaler Konzerne am Beispiel von Monsanto zu beschreiben. Da fallen mir auch andere Namen ein: Danone, Mars oder Nestle, die Nummer eins der globalen Nahrungsmultis, die einen Großteil ihres Geschäftes bereits in Schwellen- und Entwicklungsländern machen. Die zehn größten Player vereinigen auf sich allein ein Viertel des Weltmarktes für Nahrungsprodukte. Und in der Lobbyarbeit bei Parlamenten und Regierungen sind diese Unternehmen auch nicht schlecht.
Hallo Tobias,
klar, die Multis sollten wir auch ansprechen. Mich würde dabei interessieren, wie die Lobbyarbeit dieser Konzerne konkret aussieht und welche Spielräume nationale Regierungen gegenüber transnational agierenden Konzerne überhaupt haben. Sind z.B. Fälle bekannt, in denen sie Regierungen gegeneinander ausgespielt haben? Inwiefern werden in den EPAs und der WTO Ansprüche dieser Konzerne realisiert?
Als Lobbygruppen einflussreich ist auf dem europäischen Parkett zum Beispiel der European Round Table of Industrialists (ERT), an dem die Vorstandschefs transnationaler Unternehmen wie Nestle, Unilever oder Bayer versammelt sind. Oder Businesseurope, die Dachorganisation aller europäischen Arbeitgeberverbände, die bis 2007 unter „Union of Industrial and Employers‘ Confederation of Europe“ (UNICE) firmierte. Meist verläuft deren Lobbyarbeit auf informeller Ebene. ERT und Businesseurope halten engen Kontakt zur EU-Kommission, begleiten die handelspolitische Debatte im WTO-Kontext, laden Politiker und Kommissionsmitglieder zu Fachtagungen ein.
Vielleicht können Frau Wiggerthale und Herr Herre uns da auch mal ein schönes Beispiel aus der Lobby-Praxis erzählen.
Als Vertretung der Lebensmittelkonzerne ist meiner Einschätzung nach CIAA („die Stimme der Europäischen Ernährungs- und Getränkeindustrie“) der einflussreichste Dachverband. Zu ihren Mitgliedern zählen u.a. Nestlé, Coca-Cola, Unilever, Danone, Ferrero, Kraft Foods sowie ADM, Bunge und Cargill.
Wie stark der Lobbyeinfluss des CIAA ist, aber auch wie offen die Türen der Generaldirektion Handel der EU-Kommission für diese Lobbyisten sind, wurde an der Position der EU-Kommission in den WTO-Verhandlungen 2005 deutlich. Die Position, die die EU-Kommission in Hongkong seinerzeit vortrug, war absolut identisch mit der Position des CIAA.
In einem Gespräch hat Unilever in 2005 die Lancierung der WTO-Handelsrunde im Jahr 2001 in Doha als ihren größten Lobbyerfolg dargestellt! Ohne ihre intensive Lobbyarbeit und die vielfältigen Treffen mit Delegationen der Entwicklungsländer wäre die Liberalisierungs-Runde nicht auf den Weg gebracht worden! Dabei haben sie sich als diejenigen dargestellt, die aufgrund ihrer Präsens in Entwicklungsländern und ihrer Kenntnis der Situation und der Bedürfnisse vor Ort am besten wissen, was gut für die Entwicklung ist.
Die EU-Kommission vertritt in Handelsverhandlungen die Interessen der großen Lebensmittelkonzerne und Supermarktketten. So sieht’s aus!
Liebe Frau Wiggerthale, danke für den Klartext.
Es ist schon spät, aber vielleicht doch noch eine Frage für Freitag:
Wenn die Konzentration und die damit verbundene Marktmacht in Produktion und Handel von Nahrungsmitteln das Problem sind, wie müsste dann Ihrer Meinung nach die Lösung aussehen? Wie also sollten Lebensmittelproduktion und -handel organisiert werden?
Liebe Frau Wiggerthale, lieber Herr Herre,
heute ist der letzte Tag unseres Blogtalks, und damit kommen wir ins Ziel. Wir haben viel Interessantes lesen dürfen. Vielen Dank bis hierher.
Es sind ja noch ein paar Fragen offen (# 61 und 69). Vielleicht können Sie darauf im weiteren Fluss heute noch antworten. Auf #61 komme ich nachher noch mal zurück. Ich habe noch fünf Fragen an Sie.
Der Tenor des bisherigen Blogtalks kann man wohl so zusammenfassen: Der Welthandel ist alles andere als frei, obwohl die Ideologie des freien Marktes weltweit propagiert wird. Er ist so organisiert, dass er den entwickelten Ländern nützt und die armen Länder ärmer werden lässt.
Mal schauen, ob Sie folgenden Aussagen zustimmen:
1. In der jetzigen Form verschärfen die Regeln des Welthandels die Weltprobleme des Hungers und der Unterentwicklung und wirken damit wider die UN-Millenniumsziele.
2. Die jetzige Form des Welthandels schreibt postkoloniale Strukturen fest.
Guten Morgen zusammen!
Ich hätte noch einen Nachtrag zum Lobbyarbeit der Ernährungsindustrie. Basierend auf ihrem Statement, Herr Schwab: „Meist verläuft deren Lobbyarbeit auf informeller Ebene“.
Nicht nur das. In den letzten Jahren wurden immer undurchsichtiger Initiativen gestartet, die sich laut eigenen Angaben wohltätigen Zwecken widmen. Ein Beispiel im Ernährungsbereich ist GAIN (Global Alliance for Improved Nutition). Deren offizielles Ziel ist die Bekämpfung der Unterernährung (www.gainhealth.org) durch mit Zusatzstoffen wie Vitaminen angereicherte Lebensmittel (die natürlich sehr viel mehr kosten als herkömmliche Lebensmittel). Mitglieder sind u.a. USAID, UNICEF, WHO, WFP, „Fortification-NGOs“ wie Hellen Keller International und The Micronutrient Initiative und natürlich Ernährungsindustrie (u.a. Coca Cola, Danone, Heinz, Tetra Pak) und Agribusiness (BASF). Dabei verschwimmt die Grenze zwischen Wohltätigkeit und Lobbyismus völlig. Für Konzerne besteht über GAIN die Möglichkeit, durch direkten Kontakt zu bspw. relevanten UN-Organisationen das „rule making“ entlang der Wertschöpfungskette mit zu gestalten: Standards und Qualitätskontrollen zur Nahrungsmittelbeimischung können mitentwickelt werden, Weiterbildungen von Mitarbeiterinnen politischer Kontrollinstanzen können durchgeführt werden, Regierungen in Entwicklungsländern und Geberorganisationen können so elegant beraten werden, wie sie selbst mehr Ressourcen bereitstellen für eine Politik, die Hunger durch eine äußerst fragwürdige, rein technische Maßnahme reduzieren wollen.
Zu ihren Fragen, Herr Büge:
„1. In der jetzigen Form verschärfen die Regeln des Welthandels die Weltprobleme des Hungers und der Unterentwicklung und wirken damit wider die UN-Millenniumsziele.“
… sie führen nachweislich zur Verletzung des Menschenrechts auf Nahrung (dokumentiert beispielsweise durch die Studie zur Liberalisierung des Reismarktes http://www.brot-fuer-die-welt.de/downloads/niemand-isst-fuer-sich-allein/Reisstudie.pdf ). Die Politik ist in der Pflicht, solche Menschenrechtsverletzungen zu verhindern. Ein konkretes Beispiel: Aktuell wird ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Indien verhandelt. Indische NRO sehen die große Gefahr, dass der kleinbäuerlich geprägte Milchsektor in Indien durch Importe von Milchprodukten aus der EU unter die Räder gerät und viele MilchbäuerInnen ihr Auskommen verlieren. Diese Gefahr müsste EU beispielsweise mit einer Wirkungsanalyse auf den Grund gehen und dann gegensteuren. Ein solches Vorgehen ist aber nicht vorgesehen.
@ Roman Herre
„… durch mit Zusatzstoffen wie Vitaminen angereicherte Lebensmittel (die natürlich sehr viel mehr kosten als herkömmliche Lebensmittel) …“
So wie vor Jahren die Kampagne mit der künstlichen Muttermilch für Afrika?
Gleich die nächste Frage hinterher, Ich wiederhole dazu verschiedene, über den Blogtalk verteilte Zitate:
Roman Herre hat in #2 geschrieben: „Nahrung ist Grundlage für das menschliche Überleben. Der Ansatz, Nahrungsmittel wie alle anderen Produkte (Beispielsweise Spielzeug) einfach als ‚Commodity’, also als Ware zu behandeln, ist daher gerade aus menschenrechtlicher Perspektive falsch.“ In #22 haben Sie beim Verhältnis Handelspolitik und Menschenrechte positive Entwicklungen bemerkt: „Beispielsweise hat der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in 2008 deutlich gemacht, dass alle Staaten Maßnahmen ergreifen sollten, die “sicher stellen, dass ihre internationalen Politikmaßnahmen […], internationale Handelsabkommen eingeschlossen, keine negativen Auswirkungen auf das Recht auf Nahrung in anderen Ländern haben.” Eine Aussage in dieser Deutlichkeit ist neu und hilfreich, um von der Bundesregierung eine Analyse ihrer Politik einzufordern.“ Und Tobias Schwab hat in #61 Olivier de Schutters Minimalprinzipien angesprochen. Sind das erst Anfänge, oder ist damit ein handfestes Umdenken verbunden? Welche Reformen sind nötig? Auch Reformen in WTO, IWF und Weltbank?
@ Tobias Schwab in # 69
Die „Freihandel“ zugunsten des Agrobusiness und der internationalen Supermarktketten verursacht mehrere Probleme: Die Industrialisierung der Landwirtschaft, die zunehmende Kontrolle der Konzerne über Ressourcen wie Land und Wasser, die Verdrängung von Kleinbauern sowie der Preisdruck zulasten der schwächsten Glieder in der Lieferkette, um nur einige noch einmal zusammenfassend zu nennen. Das sog. freie Spiel der Marktkräfte, d.h. der Abbau der Regulierung spielt den marktmächtigen Akteuren in die Hände. Sie können immer mehr ihre Marktmacht ausbauen. Was folgt daraus? Welche Lösungsansätze gibt es?
1) „Naming and shaming“: Ohne eine öffentliche Diskussion über die „Politik für Konzerne“, über die Schattenseiten der „Profitgier der Konzerne“ (bzw. des Geschäftsmodells „Gewinnmaximierung“) und die vielen „Verlierer der freihändlerischen Globalisierung“, deren grundlegende Menschenrechte missachtet werden, wird es keine politischen Veränderungsprozesse geben.
2) „Mehr demokratische Kontrolle und Transparenz“: Es ist dringend nötig, dem Lobbyismus Schranken zu setzen und für mehr Transparenz zu sorgen. Gewählte Politiker und Regierungen müssen dem Gemeinwohl verpflichtet sein und sollten nicht einseitig Konzerninteressen bedienen.
3) „Wirksame Regulierung für mehr Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit“: Ohne Regeln für Konzerne, ohne wirksame soziale und ökologische Regelwerke sowie sinnvolle Marktregulierungen wird es auch in Zukunft Raubbau an der Natur und Ausbeutung von Menschen geben.
4) „Begrenzung der Marktmacht“: Eine striktere Fusionskontrolle (niedrigere Schwellenwerte?), eine Beschränkung der Nachfragemacht (z.B. Auflistung und Ahndung von unzulässigen Einkaufspraktiken) sind Wege, um die Marktbeherrschung marktmächtiger Akteure zu begrenzen.
5) „Rechte einfordern“: Viele Menschen sind sich ihrer Rechte nicht bewusst oder wissen nicht, wo sie Hilfe bekommen können. Gesellschaftliche Normen
sowie traditionelle Geschlechterbilder und Rollenverständnisse hindern insbesondere Frauen häufig daran, ihre Rechte einzufordern. Eine Politik der Menschenrechte, ist eine Politik, die vom Menschen her denkt.
Das ist vielleicht etwas plakativ, vieles von dem ist natürlich nicht mal eben schnell durchzusetzen. Hier gibt es viele dicke Bretter zu bohren. Es geht darum Strukturen von Armut und Hunger sowie Naturzerstörung aufzubrechen.
Ich stelle meine restlichen Fragen jetzt mal en bloc, damit Sie Überblick darüber bekommen, was ich wissen möchte, und sich Ihre Zeit am Freitag Nachmittag besser einteilen können – denn es wird ja auch Zeit, dass wir fertig werden.
1. Frau Wiggerthale, Anfang Oktober waren Sie in Rom beim UN-Welternährunsgipfel. Was konnten Sie für Oxfam dort erreichen? Oxfam kritisierte im Vorfeld das Schwarzer-Peter-Spiel zwischen den Nationen, mit dem Entwicklungs- und Geberländer die Koordinierung der Hungerbekämpfung erschwerten …
2. Was können wir als Verbraucher tun? Es ist ja bereits seit längerem festzustellen, dass viele Deutsche bereit sind, ihre Kaufentscheidungen auch an ethische Kriterien zu knüpfen. Vermehrt auf Gütesiegel achten? Uns in der Zivilgesellschaft engagieren, z.B. bei Oxfam oder FIAN? Spenden?
3. Frau Wiggerthale, Herr Herre, vielleicht haben Sie noch Zeit für ein kurzes, knackiges Abschluss-Statement. Es gibt einige positive Entwicklungen, wie Sie festgestellt haben, aber die Weltbevölkerung wächst unentwegt, per Land-Grabbing werden regionalen Bevölkerungen Flächen weggenommen, und die internationalen Abstimmungsprozesse sind schwerfällig. Welche Prognose für die Zukunft wagen Sie unter diesen Voraussetzungen?
@ Tobias Schwab # 61
Vielleicht noch mal kurz zu den 11 Prinzipien, die der UN-Sondergesandte für das Recht auf Nahrung, Olivier de Schutter, für Land Grabbing vorgeschlagen hat und Ihrer Frage, ob die besser geeignet sind, um die Interessen der Kleinbauern in
armen Länder zu wahren.
Die 11 Prinzipien (http://www.srfood.org/images/stories/pdf/otherdocuments/20090611_large-scale-land-acquisitions_en.pdf) sehen in der Tat vor, dass die Investorenpflichten klar definiert werden. Um die Erfüllung dieser Verplichtungen zu überprüfen, schlägt Herr de Shutter partizipatorische, unabhängige und wirksame ex-post Wirkungsanalysen vor. Allerdings fehlt dafür in den meisten Entwicklungsländern der gesetzliche Rahmen. Und Investoren machen sich diese Regelungslücke ja auch gezielt zu Nutze. Solange es diese Regelungslücke gibt, haben die Prinzipien einen sehr starken normativen Charakter und dienen als wichtiger Referenzrahmen für Betroffene in der Auseinandersetzung.
Dabei soll aber nicht der Eindruck entstehen, dass Menschenrechtsverpflichtungen beliebig sind. Viele Regierungen haben beispielsweise den „Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte“ oder „die freiwilligen Richtlinien für das Recht auf Nahrung“ unterzeichnet und sind damit völkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen eingegangen. Das Problem ist aber am Ende immer die Durchsetzung („enforcement“). Aber vielleicht mag Hr. Herre hier auch noch ergänzen?
ich hoffe ich komme mit meinen fragen nicht zu spät?
die ausgeführten probleme und entwicklungen weisen auf eine mangelhafte umsetzung der menschenrechte hin. wie kann eine erweiterte anwendung der menschenrechte verwirklicht werden welches nicht nur den puren existenz sondern auch die verwirklichung des menschen durch den zugang zu ressourcen sichergestellt? notwendig ist es, den boden und die ökologie und die erde selbst von ausbeutung zu befreien und zu einer unmittelbaren lebensraum werden zu lassen. auf welche weise kann eine globale bildungs- und moderations-prozess in gang kommen, der die interessen gegenwärtiger aktöre, seien es staaten, konzerne oder handels-ketten in einem zukunftweisenden konsenz mit den bedürfnissen der erdbevölkerung versöhnt?
@ Lutz Büge #75
Na, das ist ja noch mal ein ganzer Schwung voll Fragen (Smile!). Das Thema hat so viele Facetten, da könnte man noch lange weiterdiskutieren, nicht wahr?
UN-Welternährungsauschuss (CFS): Oxfam hat zu Beginn des Treffens in Rom deutlich gemacht, dass alle konstruktiv und ergebnisorientiert zusammenarbeiten müssen. Es geht also sozusagen um eine „Globale Partnerschaft“ für die Bekämpfung des Hungers. Nach der Woche zeigte sich, dass es positive Entwicklungen gibt, die etwas Hoffnung aufkommen lassen. Zum Beispiel, dass das CFS zu einem echten Arbeitsgremium geworden ist, dass die Beteiligung der Zivilgesellschaft so gut gelungen ist, dass im nächsten Jahr ein Entwurf für freiwillige Richtlinien zur Landfrage vorgelegt werden soll, dass die Nahrungsmittelspekulation untersucht wird etc. Am Ende zählt aber natürlich, ob genügend politischer Wille vorhanden ist, um die vereinbarten Maßnahmen auch umzusetzen! (siehe auch # 36)
Verbraucher: Der verantwortlich handelnde Konsument fällt nicht vom Himmel. Der Staat muss die notwendigen politischen Rahmenbedingungen schaffen, damit er mit dem Einkaufskorb Politik machen kann. Dafür muss man sich natürlich informieren, aber ohne Transparenz und Kennzeichnung ist eine bewusste Kaufentscheidung natürlich auch nicht möglich.
Ansonsten gilt, Energie einsparen wo es nur geht, damit der Klimawandel nicht noch zu mehr Hunger in den armen Ländern führt. Zeichen setzen kann auch jeder mit Blick auf den Klimagipfel in Cancún, indem er sich an der Oxfam-Aktion „Pflanz dein Zeichen“ beteiligt (siehe http://www.oxfam.de/pflanzdeinzeichen). Damit kann jeder/jede Druck machen, dass jetzt ein Klimafonds eingerichtet wird, der den armen Menschen in den Entwicklungsländern bei der Bewältigung der Klimafolgen hilft!
Zudem geht es darum weniger Fleisch zu essen. In Zeiten knapper werdender Ressourcen, darf nicht Getreide für die Fleischproduktion „verschwendet“ (heizt zudem auch den Klimawandel an) und Lebensmittel nicht gedankenlos weggeworfen werden (siehe auch http://tastethewaste.com/home). Wer Oxfam unterstützen möchte, findet auf unserer Homepage viele Möglichkeiten, dies zu tun. Siehe http://www.oxfam.de.
Meine Prognose für die Zukunft? Auch wenn die Aussicht düster ist, die Hoffnung ist alternativlos. Lassen Sie es mich so sagen: Die Menschheit steht vor der sehr großen Herausforderung, auf eine weitestgehend gerechte Verteilung von Ressourcen, Gewinnen und Lebenschancen hinzuarbeiten. Ein solidarisches Miteinander ist dafür die Voraussetzung!
Ein Überschreiten der Grenzen der ökologischen Tragfähigkeit ist teilweise bereits erfolgt, teilweise noch zu verhindern. Am Ende geht es um eine grundlegende Veränderung der Produktions- und Konsummuster. Nicht mehr und nicht weniger!
Für alle diejenigen, die noch an mehr Informationen zum Thema Handel interessiert sind, ein Veranstaltungshinweis:
Konferenz zu Handelspolitik am 5. / 6. November 2010 in Berlin
„Nie wieder Weltmeister?! Alternativen zur exportorientierten Handelspolitik“
(siehe http://www.oxfam.de/informieren/eu-handelspolitik)
Ich hoffe, das ist noch o.k.?
Lieber Herr Büge, liebe Alle,
das sind nun die Fragen nach dem „Königsweg“ oder „Ausweg“, je nach Perspektive. Ich bleibe nochmal bei den Menschenrechten, und deren aktueller sowie möglicher künftiger Rolle. Das Folgende ist teilweise – mit anderen Worten – auch schon bei den Enpfehungen von Marita Wiggerthale zu finden. Hier nun in meinen Worten:
(1)Menschenrechte sind durch internationale Pakte verankert und legen Staaten konkrete Pflichten auf. Damit haben wir also international verhandelte und verbindliche Regeln, die eine Grundlage für alle weiteren Schritte bilden müssen.
(2) Wichtig beim Menschenrechtsatz: Mann darf negative nicht gegen positive Effekte aufrechnen. Das ist besonders wichtig bei der Debatte in der Handelspolitik. Kernargument der ‚Freihandels‘-Befürworter ist der allgemeine Nutzen, die wirtschaftliche Entwicklung (was in der Relatiät natürlich äußerst diskussionswürdig ist): ‚Kolateralschäden‘ oder ‚trade-offs‘, wie Verlust der Absatzmäkte bei Kleinbauern oder Vertreibungen, muss man für diese Entwicklung manchmal einfach in Kauf nehmen… Die Menschenrechte verbieten solche Abwägungen.
(3) Der Menschenrechtsansatz hat einen weiteren, in meinen Augen besonders relevanten Vorteil. Er fragt nicht nur nach Lösungen, sondern auch nach dem ‚wie kommen wir zu den Lösungen‘. Der Prozess hin zu den Antworten auf Ihre Fragen, Herr Büge, ist also zentraler Bestandteil einer Lösung. Nichtdiskiminierung und Teilhabe/Partizipation sind da menschenrechtliche Konzepte. Bezogen auf die Handelspolitik ist es daher von zentraler Bedeutung, die Betroffenengruppen selbst an Politikausgestaltung teilhaben zu lassen. Und da sind wir im Handelsbereich noch weit von entfernt. Wie Marita Wiggerthale aber schon erwähnt hat, gibt es einen Prozess, in den die Zivilgesellschaft viel Hoffung steckt. Die Neugestaltung des Ausschusses für Welternährungssicherung (Committee on World Food Security). Wenn es hier gelingen sollte, langfristig ein Koordinierungsgremium mit umfassender Entschiedungsbefugnis (und dem damit verbundenen Zugriff auf Gelder zur Umsetzung von Entscheidungen) zu etablieren, wären wir einen großen Schritt weiter. Hier ist mehr als in anderen muttilateralen Gremien eine Teilhabe der Zivilgesellschaft (u.a. Bauernorganisationen) gegeben und die Entscheidungsprozesse sind bei weitem nicht so undemokartisch wie beispielsweise bei der Weltbank.
Zum Schluss noch einmal zurück nach Deutschland. Ein Großteil unseres Wohlstandes beruht auf dem Export („Exportweltmeister“). Wir müssen uns daher die Frage stellen, ob wir diese einseitige und in meinen Augen agressive Ausrichtung im Sinne unsere Debatte hier verantworten können? Bei dieser Frage geht es ans Eingemachte…
Bei Interesse, so etwas auszudiskutieren, ein Tipp: Als Teil eines breiten Bündinses zivilgesellschaftlicher Organisationen Veranstalten Oxfam und FIAN am 5. und 6. November eine Konferenz unter dem etwas provokanten Titel:
„Nie wieder Weltmeister? Alternativen zur exportorientierten Handelspolitik.“ (Weitere Infos beipielsweise auf der FIAN-Homepage: http://www.fian.de/online/index.php?option=com_content&view=article&id=319:konferenz-nie-wieder-weltmeister-alternativen-zur-exportorientierten-handelspolitik&catid=90:startseite&Itemid=617 )
@ Marita Wiggertahle
Da hat sich wohl der Aufruf gedoppelt 🙂
Martia Wiggerthale hat völlig Recht, indem sie die de-facto-Durchsetzung der Menschenrechte als ein der größten Herausforderungen beschreibt. In welchen Bereichen müssen hier Verbesserungen erzielt werden? Ich würde 3 Pubkte hervorheben:
(1) Die Menschenrechte müssen schärfere Zähne bekommen. Verstößt man gegen Handelsrecht, ist das für einen Staat heute oft schmerzhaft. Bei den Menschenrechten hingegen sind die Sanktionsmechanimen weniger bedrohlich. Hier muss also noch einiges geschehen.
(2) Aber um zu sanktionieren benötigt es natürlich ein Urteil. FIAN hat sich seit vielen Jahren für die Einglagbarkeit der Menschenrechte, wie sie im Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte verankert sind, eingesetzt. Ende 2008 ist das sogenannte Zusatzprotokoll von den Vereinten Nationen verabschiedet worden. Um in Kraft zu treten und damit eine Einklagbarkeit auf interantionaler Ebene zu ermöglichen, muss das Zusatzprotokoll nun von den einzelnen Staaten ratifiziert werden. Die Bundesrepublik hat das wie die meisten Staaten noch nicht getan.
(3) Ein dritter Schritt zur Durchsetzung der Menschenrechte, wie des Rechts auf Nahrung, betrifft die reele Möglichkeit von Betroffenen, den Rechtsweg einzuschlagen. Gerade im ländlichen Raum kann man sich sehr gut vorstellen, dass sich da riesige Hürden auftuen. Hier müsste beispielsweise die Entwicklungszusammenarbeit viel mehr machen: Rechtshilfen für konkrete Prozesse oder Aufklärung über die Rechte der Betroffenen und deren Möglichkeiten über den Rechtsweg.
Das sind einige der Bereiche, in denen noch viel getan werden muss – in denen aber auch schon einiges geschehen ist. Im Kern sind die Menschenrechte ja dazu da, Menschen vor unterdrückerischen Situationen (durch mächtige Akteure) zu schützen. Daher ist der Menschenrechtsansatz auch einen Ansatz, der uns in der Handelspolitik sehr viel weiterbringen kann.
Eine Korrektur: In #40 habe ich gesagt, dass 47 Millionen Hektar etwa der Hälfte der Ackerfläche der EU entsprechen. Das war falsch. Die EU 27 verfügt etwa über 183 Millionen Hektar. Das passt also nicht ganz.
Frau Wiggerthale, Herr Herre,
ich danke Ihnen herzlich für Ihre Bereitschaft, mit uns zu sprechen.
Des weiteren ein schönes Wochenende!
Herr Büge, Herr Schwab,
vielen Dank für das interessante Gespräch! Schön, dass Sie sich soviel Zeit für die Diskussion dieses wichtigen Themas genommen haben. Immer wieder gerne! (smile!)
lieber herr Büge
mir ist entgangen, dass frau Wiggerthale in
#63 eine frage gestellt hat:
„Denken Sie dabei an die Siegelung von Unternehmen oder Produkten?“
ich möchte gerne darauf bezug nehmen. es würde mich sehr freuen wenn Sie den text weiterleiten da ich ihre @ nicht ausfindigmachen konnte.
die ernährung ist ein kommunikatives prozess welches nicht nur information sondern auch substanz mit einschliesst. deshalb ist es notwendig, dass der handel nicht nur für die bereitstellung der substanz sondern auch für die wahrheitsgehalt jeglicher information, der mit dem „produkt“ verbunden ist verantwortlich sein mus. das kann zur jetzigen zeit am einfachsten und effektifsten mit dem bereits erwähnten „verkehrs-ampel-methode“ gewährleistet werden. dh. das einzelhandel signalisiert durch an jedem produkt-fach angebrachten leuchtdioden die diaitische qualität des produkts. die leuchtdioden sind mit einem zentralsystem verbunden welches global alle informationen, die mit dem produkt in bezug stehen erfasst: menschenrechte, ökologie, gesundheit -die informationen können zb. durch anzeigeverfahren aufgrund vorort getätigten recherchen erfolgen. entsprechend der meldung gegenwärtiger verstöße und ihrer bestätigung durch prüfung reagiert die anlage mindestens eu-weit und schaltet die lämpchen um. wenn die meldung der besserung erfolgt und eine entschädigung seitens verursacher getätigt wurde wird die warnung zurückgenommen. dadurch werden die discaunter nicht nur frundlicher weil sie eine ganzjährige weihnachtsbeleuchtung erhalten zusätzlich kann der abnehmer spontan entscheiden und durch seinen verhalten auf die verbesserung der zustände -bei herstellung und vertrieb von allen produkten- beitragen. ausserdem hätte das eine „einleuchtende“ wirkung auf menschen die des lesens noch nicht mächtig sind zb KINDER