Durchschnittsbürger mit im Augenblick sehr geringer Vorbildfunktion

In der „Kreditaffäre“ um Bundespräsident Christian Wulff ist kein Ende in Sicht. Während der Bundespräsident zum Tagesgeschäft seines Amtes überzugehen versucht, bleiben viele Fragen im Raum stehen, betreffend z.B. seine Verbindungen zur BW-Bank. Fragwürdig auch sein Anruf bei den Herren von Bild und Springer-Verlag, mit denen er – nach seiner Darstellung – die Berichterstattung über sich verschieben lassen wollte, um erstmal in Ruhe die Bedingungen auszuhandeln, unter denen man Krieg führen könne. Er soll den Herren gar gedroht haben – diesbezüglich steht Aussage gegen Aussage, so lange die Abschrift seiner Nachricht auf Kai Diekmanns Mailbox nicht veröffentlicht wird. Ihre Veröffentlichung wäre in der Tat ein Akt der Transparenz, doch Wulff hat ihr widersprochen – und ohne seine Zustimmung wollte Bild das Skript nicht veröffentlichen. Warum hat er Nein gesagt?

Vorletzter Akt: Im Interview mit ARD und ZDF, in dem Bettina Schausten sich so herrlich blamierte, hatte Wulff angekündigt, alle Antworten auf 400 Fragen, die ihm vorgelegt worden waren, im Netz veröffentlichen zu lassen. Einer der Anwälte, mit denen der Präsident sich in letzter Zeit gern umgibt, hat diese öffentliche Dokumentation unter Berufung auf anwaltliche Verschwiegenheitspflicht abgelehnt. Da wird also nichts draus. Hat da einer was zu verbergen?

Vorerst letzter Akt: Der mit Wulff befreundete Filmproduzent David Groenewold soll 2005 dem Autor eines im Jahr darauf erschienenen, wohlwollenden Buches über Wulff gut 10.000 Euro Honorar gezahlt haben. Wofür, das ist noch unklar. Titel des Buches: „Christian Wulff – Deutschland kommt voran“.

Eigentlich ist dieser Bundespräsident nicht mehr tragbar. Eigentlich – das sage ich mit Bauchgrimmen. Er ist nicht mehr tragbar. Aber dann sehe ich Spiegel-Chefredakteur Georg Mascolo bei Günther Jauch einträchtig neben Nikolaus Blome sitzen, dem Leiter des Hauptstadtbüros der Bild-Zeitung. Und ich werde per Facebook aufmerksam auf einen Artikel der Osnabrücker Zeitung, der befremdend auf mich wirkt. Dann kommen so Gedanken hoch.

Es ist nicht meine Aufgabe, Stellung zu Inhalten von Leserbriefen beziehen, aber diesmal will ich es doch tun: Bei aller Kritik an Christian Wulff – der folgende Leserbrief von Susanne Roether aus Frankfurt fasst das, was mein Bauchgrimmen mir sagen will, ziemlich gut zusammen.

„“Ist neuerdings die Bildzeitung Wächter über Moral und Anstand? Im Frühjahr ist es ihr trotz wochenlanger Anstrengungen nicht gelungen, einen überführten, aber bis zuletzt leugnenden Betrüger im Amt des Verteidigungsministers zu halten. Sie würde ihn jederzeit wieder als Kanzlerkandidaten präsentieren. In dieser Sache war und ist ihr Anliegen nicht Aufklärung, sondern Manipulation der öffentlichen Meinung.
Wäre Wulff ein Bundespräsident, der mit Leitkultur-Phrasen und Warnungen vor Überfremdung à la Sarrazin das Weltbild der Bild-Macher verträte, wäre sein sonstiger Lebenswandel tabu. Aber nachdem er sich erlaubt hatte, den Islam als Element der gegenwärtigen deutschen Kultur zu bezeichnen, hat man begonnen, Material gegen ihn zu sammeln. Was man gefunden hat, ist nicht sehr schön. Es ist menschlicher Durchschnitt. Die Neigung, sich bietende Vorteile wahrzunehmen, die der normale Bundesbürger nicht hat. Die Abneigung, immer die ganze Wahrheit zu sagen, wenn sie nachteilig sein könnte.
Für mich am bedenklichsten für einen Präsidenten „aller Deutschen“ ist der offensichtliche Wunsch, sich – über private Kontakte – in der Sphäre der gehobenen Ansprüche zu bewegen, die gegen den Alltag der Normalverbraucher abgeschottet ist. Aber dass politische Amtsträger die Nähe der Reichen und Mächtigen suchen, ist in Deutschland schon lange Usus. Dass sie Geschenke (Premierenkarten für Bayreuth, Flugreisen etc.) annehmen ebenfalls. Es ist betrüblich, dass auch der Bundespräsident da keine Ausnahme darstellt, aber es ist unangemessen, ihn an den Pranger zu stellen, während alle anderen unbehelligt bleiben.
Ein wutentbrannter Anruf bei der Bildzeitung soll ein Angriff auf die Pressefreiheit sein? Da kann ich nur lachen. Eher zeugt es von mangelnder Intelligenz, sich mit einem solchen Gegner anzulegen, der bereits ein Waffenarsenal angelegt hat.
Das peinliche Verhör in der ARD war auch keine Sternstunde des freien Journalismus – die Interviewer hakten die einzelnen Anklagepunkte ab, statt offene Fragen zu stellen, die auf Grundhaltungen, auf die Persönlichkeit des Bundespräsidenten zielten. Der Verhörte verhielt sich entsprechend defensiv. Eine quälende Veranstaltung auch für die Zuhörer. Einmalig dämlich der Vorschlag von Frau Schausten, durch Überreichen von 150 Euro pro Nacht an die Gastgeber (gegen Quittung?) das Beherbergungsverhältnis zu „legalisieren“.
Unser Bundespräsident ist ein Durchschnittsbürger mit im Augenblick sehr geringer Vorbildfunktion. Die Bundesbürger finden in ihm ihre eigenen Unzulänglichkeiten gespiegelt, und viele dürfen sich in moralischer Hinsicht als besser qualifiziert fühlen. Aber es ist ihm auch einiges zu Gute zu halten: Zum Beispiel der – in seinem politischen Milieu nicht selbstverständliche – Appell, die Anwesenheit muslimischer Mitbürger als Teil der bundesdeutschen Normalität zu akzeptieren, oder die schnelle Einladung an die Angehörigen der Opfer der rechtsradikalen Mordserie. Mir persönlich nötigt auch die Tatsache Respekt ab, dass Wulff als Jugendlicher jahrelang seine kranke Mutter gepflegt hat.
Mancher ehemalige Bundespräsident, der jetzt als Lichtgestalt Wulff gegenübergestellt wird, war vielleicht nur durch seine privilegierte Kinderstube und seine materielle Ausstattung vor den Anfechtungen geschützt, denen Wulff erlegen ist. Ich hoffe, dass ein weiter amtierender Christian Wulff – gerade weil er auf dem Boden seines eigenen menschlichen Maßes angekommen ist – uns nicht mit Selbstdarstellungen und hochtrabenden Phrasen traktieren, sondern bescheiden seine Arbeit tun wird. Das ist vielleicht mehr, als ein neu gewählter Nachfolger zu bieten hätte. Dagegen finde ich den Gedanken absolut unerträglich, dass die Bildzeitung einen Bundespräsidenten, der ihr nicht passt, zum Rücktritt zwingen kann.“

Peter Herbertz aus Saarbrücken:

„Die starke Artillerie in Gestalt von FAZ und Bild wird gegen den Bundespräsidenten in Stellung gebracht, und der normale Sterbliche fragt sich erstaunt, warum. Alles schimpft über irgendwelche Petitessen, doch nur Mely Kiyak nannte sie neulich auch so. Recht hat sie. Jene „Verfehlungen“, die ich mal „informelle“ nennen möchte, da sie weder vom Corpus Iuris noch von irgendwelchen andern kodifizierten Regularien erfasst werden, sind letztlich Erdnüsse.
Weshalb lassen die wirklich Mächtigen in diesem Land nun einen derartigen Brute-Force-Angriff auf eine machtpolitisch doch eher marginale Figur wie den Bundespräsidenten laufen? Der Geier wird´s wissen, doch der trägt den Namen Diekmann und verrät es nicht. Da sich die ausländische Presse einig ist, dass der Präsident wohl nicht zurückgetreten werden soll, kann gemutmaßt werden, dass Kanzlerin Merkel einen Schuss vor den Bug bekommen soll, auf dass die Regierung auf Linie bleibe und nicht allzu sehr ins Sozialdemokratische abdrifte. Die Sozen links zu überholen, erscheint nämlich angesichts ihrer derzeitigen Befindlichkeit nicht einmal für „Politchristen“ sonderlich schwierig, die bayerische CSU hat das ja schon verschiedentlich vorexerziert.
Schmunzeliger erscheint natürlich eine gewagtere Spekulation. Auch in der Vergangenheit hat schon so manche Bockskarriere in der Gärtnerei geendet, und da das Geraune um ein baldiges Comeback des einstigen Verteidigungsministers neuerdings anschwillt und man anscheinend nicht so recht weiß, wo man den durchaus ambitionierten Baron hinstecken soll, böte sich für den immerhin möglichen Fall, dass der gegenwärtige Amtsinhaber sich per Unbeholfenheit selbst wegblamiert, eine interessante Vakanz und für jene heikle Personalie eine Lösung an.“

Karl Johé aus Groß-Umstadt:

„Ja, Wulff fehlt es an Wahrhaftigkeit. Denn die können sich alle Vertreter von Doppelmoral nicht leisten. Aber auch die Kritiker Wulffs ergehen sich in den Talkshows in weichgespülten Formulierungen. Dabei outet sich Wulf selbst als das, was er ist: Ein kleiner Karrierist, gesegnet mit einem telegenen Gesicht, hochgeschrieben von Springer und Burda, ohne Meriten gewählt zum Bundespräsidenten, gestützt von Deutschlands schlechtester Regierung der Nachkriegszeit. Er wird uns wohl erhalten bleiben und jahrelang belächelt das von ihm demolierte Amt wahrnehmen. Aber leider lacht man dort, wo er auftritt, nicht laut. In jedem Fußballstadion würde er schlichtweg ausgepfiffen. Wahrhaftig!“

Kurt Huppenbauer aus Stuttgart:

„Das Amt des Bundespräsidenten kann man nicht mit dem Manager-Spruch „Learning by Doing“ ausführen oder ausfüllen. Für jene, die ihn vorgeschlagen haben, für jene, die ihn in der Bundesversammlung gewählt haben und für jene, die sich für das Amt berufen fühlen, sollte diese Wulff-Erkenntnis dauerhaft in Mark und Bein übergegangen sein.“

Dennis Heißler aus Lambsheim:

„Der Ansehensverlust des Bundespräsidentenamtes geht auf das Konto von Frau Merkel. Sie hat, in bester machiavellistischer Manier, zur Absicherung ihrer Machtbasis zweimal dafür gesorgt, dass das Amt mit Parteigängern besetzt wurde, von denen keine essenziellen Beiträge zu gesellschaftlichen Entwicklungen und dem Stil in der Politik zu erwarten waren. Sie hat auch durch ihre Personalwahl den Fehler vermieden, der bei der Wahl Richard von Weizsäckers passiert ist, der, sehr zum Erstaunen seiner Gönner, dem Amt kraft seines Intellektes mit kritischen und klugen Kommentaren zu bis dahin nicht dagewesenem Ansehen in weiten Teilen der Gesellschaft verholfen hatte.
Jedoch ist aus bürgerlich-konservativer Sichtweise ein solches Amtsverständnis anscheinend nicht erstrebenswert, sonst hätte nicht die Mehrheit der politischen „Elite“ Merkels Personalvorschläge, Köhler und Wulff, in der Bundesversammlung abgenickt, wenn auch im Falle von Herrn Wulff etwas widerwillig. In beiden Wahlen standen charismatische Persönlichkeiten zur Alternative, die für kritisches Denken, Unabhängigkeit vom politischen und wirtschaftlichen Geschäft und persönliche Integrität standen. Wer hinschaute, sah, dass es jeweils eine Wahl war zwischen – mit Verlaub – Grüßaugust und intellektuellem Format. Nun hat Frau Merkel ihre Strategie jedoch überreizt. Das liegt wohl daran, dass sie die Erwartungen, die mittlerweile aus der deutschen Gesellschaft heraus an das Amt formuliert werden, falsch eingeschätzt hat. Geschwätz wird nicht mehr einer harmlosen Lächerlichkeit preisgegeben und als Anekdote gespeichert, Kleingeistigkeit und Bigotterie werden nicht mehr augenzwinkernd beschmunzelt, sondern es wird gemessen und gewogen mit den Maßstäben der Klugheit und der Integrität. Dass Herr Wulff nach wie vor recht verhalten kritisiert wird, scheint mir, außer aus Achtung vor dem Amt, seinen Grund darin zu haben, dass ihm inzwischen niemand mehr das Format zutraut, es besser zu können – eine Mischung aus Mitleid und Resignation.
Wir hätten Gauck haben können, Dank Frau Merkel und einer beklagenswerten Parteiräson haben wir Wulff bekommen und damit das Schmierentheater, dessen Aufführung wir nun notgedrungen beiwohnen. Nicht die Fußnoten Köhler und Wulff beschädigen das Amt des Bundespräsidenten, es ist die Geringschätzung, die ihm Frau Merkel mit ihrer machtpolitischen Strategie entgegenbringt.“

Gustav Janßen aus Niedernhausen:

„Ich kann das Gejammere nicht mehr hören. „Er hat sich doch entschuldigt, und damit ist doch alles gesagt!“ Zum Verständnis: Ich kann mich nicht entschuldigen, ich kann nur um Entschuldigung bitten, und wenn dieser Bitte entsprochen wird, ist die Angelegenheit erledigt.
Zum anderen ist mir völlig neu, dass die Position des Bundespräsidenten eine Azubi-Stelle ist. „Ich muss auch noch lernen!“ Abgesehen davon, dass Wulff bereits zwei Jahre Zeit hatte, um zu „lernen“, brauchen wir keinen Präsidenten, der sein Fach noch erlernen muss, sondern eine gestandene Persönlichkeit, der wir Achtung entgegenbringen können und der wir vertrauen, weil sie uns schließlich weltweit vertritt, und niemanden, der sich innerhalb von drei Wochen zweimal im Fernsehen rechtfertigen und dabei noch einer hochnotpeinlichen Befragung unterziehen muss. Sein Wunsch „Ich will in fünf Jahren sagen, ich war ein guter Präsident“ geht so nicht in Erfüllung. Ganz nebenbei: Jeder Hartz IV-Empfänger ist verpflichtet, zur Aufhellung seiner Vermögensverhältnisse beizutragen, bevor Leistungen gezahlt werden. Sonst drohen Kürzungen, oder Leistungen werden gänzlich verweigert. Gleiches Recht für alle!“

Gesa Machnik aus Hamburg:

Es ärgert mich, dass Sie sich in der sogenannten Kreditaffäre von Bundespräsident Wulff nun schon seit Tagen als hysterische Moralwächter des Landes aufspielen.
Warum nutzen Sie die Gelegenheit nicht, über die total volksverdummende und oftmals völlig unmoralische Berichterstattung der Bild-Zeitung aufzuklären? Zeit wäre es, einmal die Recherchemethoden von Herrn Dieckmann zu beleuchten.
Es ist lächerlich, sich über einen Kredit von 500 000 Euro zu echauffieren in Zeiten, in denen unsere Regierung mit gigantischen Geldbeträgen jongliert und Betrügereien mit Milliarden an der Tagesordnung sind. Sie sollten einmal die Häuser anderer Staatspräsidenten mit dem der Familie Wulff vergleichen! Ich bin sicher, Sie werden keinen einzigen finden, der so bescheiden wohnt wie unser Präsident. Basta mit dieser Posse!“

Claus Michels, Bruchköbel:

„Nun haben wir es also von ihm selbst gehört: Wir haben einen Lehrling als Bundespräsident. So weit haben wir es gebracht. Wenn schon die Minister in den meisten Fällen keine Fachleute sind, sollte man doch von der Bundeskanzlerin erwarten, dass sie nicht einen Lehrling als Bundespräsident inthronisiert. Wie lange soll denn die Lehrzeit dauern? Was hat denn Herr Wulff über mehrere Jahre in Niedersachsen gemacht, was gravierend anders war? Er hat scheinbar nicht das geistige Rüstzeug, sich schnell auf eine neue Situation einzustellen. Denn auch im Präsidialamt gibt es Zuarbeiter, die die Führungsperson leiten und führen. Kann er das nicht umsetzen?
Und wieder hat er nur die halbe Wahrheit gesagt. Ich möchte mal bei der BW-Bank nach einem Kredit über 500 000 Euro mit einem Kreditmarktzins anfragen. Laut Wulff bekommt ja jeder normale Bürger solche Konditionen. In welcher Welt lebt der Mann eigentlich?
Seine Jammer-Arie vor den Kameras hat ihm und dem Amt noch mehr geschadet. Er lebt außerhalb der Realität. Frau Merkel sollte schnellstens ein ernsthaftes Gespräch mit ihm führen. Herr Wulff, schaden Sie dem Amt nicht noch mehr. Treten Sie zurück und ziehen sich in Ihr Wohnhaus zurück. Für einen Lehrling sind Sie zu teuer.“

Ingrid Brehl aus Bad Vilbel:

„Es ist die Frage, wer hier dem Land oder dem Amt des Präsidenten Schaden zugefügt hat: Er selbst oder eher die Medien, die keine Gelegenheit auslassen, mit Dreck zu schmeißen? Da wird mal eben eine (freche) Frage aufgeworfen, die sich ja nicht beweisen lassen muss – aber fragen darf man ja, oder? Und schon ist gegebenenfalls eine weitere Verunglimpfung da! Es ist nun mal so: Je höher man steigt, umso einflussreichere Freunde (und ich meine wirklich Freunde) hat man. Und da ist es eben nicht nur das geräumte Ehebett, das man für ein paar Nächte freimacht, sondern ein Ferienhaus, in dem ein Freund kostenlos Urlaub machen darf. Und das ist kostenlos nicht nur in höheren Kreisen üblich. Eher unüblich ist es, von Freunden Geld zu erwarten! Das würde einer Freundschaft eine merkwürdige – und schädigende – Atmosphäre verschaffen. Sagt man z.B. bei einem Sonderangebot eines renommierten Bekleidungshauses auch: Darf ich bitte den Original-Preis zahlen?
Genauso fragwürdig ist, dass jemand – wer auch immer – Wulff vor einem Zeitungsbericht informiert hat. Geschah das aus purer Nächstenliebe? Also fragen wir uns lieber, wer hier mehr „Dreck am Stecken“ hat, Wulff oder die sensationsgeilen Medien? Die fragwürdigen Methoden einiger Blätter sollten eher einmal unter die Lupe genommen werden. Wie schnell ist der Ruf eines Menschen beschädigt! Es ist heute leider zur Gewohnheit geworden, vor der Tür anderer anstatt der eigenen zu kehren.“

Dr. Margit Göttert, Frankfurt

„Leider sind auch Frau Schausten und ihr Kollege auf die Argumentationsstrategie von Herrn Wulff – „Ich bin doch auch nur ein Mensch“ – hereingefallen, obwohl man von ihnen als politische Kommentatoren mehr Differenzierungsvermögen erwartet hätte.
Das Problem ist doch nicht, dass Herr Wulff Freunde hat, die ihm vielleicht auch noch etwas schenken, sondern dass dies Freunde sind, die Macht und Einfluss haben und denen er auch im politischen Leben begegnet. Und denen er dann eben nicht mehr unbefangen und objektiv gegenübertritt. Durch die Geschenke ist er beeinflussbar geworden und letztlich auch korrumpierbar.
Wenn ich im öffentlichen Dienst unaufgefordert ein kleines Werbegeschenk einer Büromittelfirma bekomme, muss ich eine schriftliche Erklärung abgeben, dass ich mich nicht davon habe leiten lassen, als ich fünf Bleistifte bestellt habe. Wie will man das einfachen Angestellten gegenüber begründen, wenn Politiker mit weit mehr Einfluss, Politiker, die sogar das höchste Amt im Staat bekleiden, weitaus größere Gefälligkeiten annehmen, ohne dass sich bei ihnen auch nur eine Sekunde ein schlechtes Gewissen regt? Herr Wulff ist doch nicht naiv, er weiß doch, dass die Objektivität und die Unabhängigkeit von Politikern darunter leiden müssen. Er kann sich doch als Amtsträger nicht plötzlich auf seinen Status als Privatmann berufen! Das Verheerende an der Sache ist, dass das Rechtsempfinden der gesamten Bevölkerung Schaden nimmt, wenn die höchsten Repräsentanten derart versagen, und dass das Vertrauen in die Politik damit einen neuen Tiefpunkt erreicht. Das ist der eigentliche Skandal.“

Walther Neu aus Frankfurt:

„Wulffs Erklärung zeigt eigentlich nur eines: mangelnde Authentizität. Wenn er in allen Sätzen seiner Erklärung für das Wort „man“ „ich“ gebraucht hätte, wäre diese Erklärung akzeptabel gewesen, so bleibt sie mickrig und blass (aber stimmig zu ihm). Er hat eben nicht das Format für die Rolle des Präsidenten, den er spielt.
Mehr können wir wohl nicht von ihm erwarten. Es wird auch dadurch deutlich, dass er anscheinend selbst nicht genau weiß, welche Rolle er spielt. So entschuldigt er sich (selber), obwohl er eigentlich um Entschuldigung bitten müsste.“

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64 Kommentare zu “Durchschnittsbürger mit im Augenblick sehr geringer Vorbildfunktion

  1. Wenn die Presse fair und ausgewogen berichtet, ist das gut. Leider gibt es aber auch Details in der momentanen Berichterstattung, die mir anzeigen, daß man der Grenze zur Verhetzung nahezukommen sich nicht scheut, d.h. man möchte Wulff nicht nur, wie das notwendig und wichtig ist, kritisieren, auch heftig kritisieren, sondern darüber hinaus mit allen Mitteln unbedingt FERTIGMACHEN, VERUNGLIMPFEN, m.a.W. verhetzen. Man kann das beim Thema Wulff schön am verwendeten Fotomaterial sehen.

    Der Spiegel Nr. 2/2012 zeigte eine Großaufnahme von Wulffs Gesicht (Überschrift: In Amt und Würden, das Würden rot durchkreuzt), die soweit mir bekannt im Auto bei der Rückfahrt vom TV-Interview entstand. Wulff hat hier einen recht stieren Blick und schaut auch sonst recht verbissen aus. Nun gut, das war in dem Moment eben sein Gesicht, und dem Spiegel kam das recht…. ihm reichte das aber nicht. Mit Methoden der digitalen Fotobearbeitung wurde eine extreme Kontrasterhöhung vorgenommen, gekoppelt mit eine Überschärfung. Das bewirkt, daß jedes Bartstoppelchen, jedes Fältchen überdeutlich in Erscheinung tritt. Dieses Bearbeitungsverfahren ist das genaue Gegenteil dessen, was sonst eingesetzt wird an Methoden, um Personen zu SCHÖNEN (Gauss Blur o.ä. zur Beseitigung von Hautunreinheiten usw.). Nun soll man natürlich Wulff nicht schönen, aber warum zeigt man ihn nicht einfach, wie er ist, sondern will ihn scheinbar so zeigen als wäre er irgendwie schmutzig oder verwahrlost? Will man mit dem manipulierten Bild die Aussage untermauern: Schaut mal, ein Bandit? Wieviele Menschen durchschauen diese Absicht des Spiegel, und bei wievielen, die es nicht durchschauen, formt das unbewußt die Meinung mit?

    Ähnliches auf dem Titelbild der Welt am Sonntag vom 8.1.2012. Wulff wird mit Frau dargestellt, beide sehen aus wie Aussätzige: Auch hier wurde der Kontrast ganz übermässig erhöht… schön sichtbar an den Leuchträndern um die Köpfe, solche Leucht-Ränder treten bei extremen Überschärfungen und Kontrasterhöhungen immer auf. Zusätzlich wurde eine ganz unnatürliche Beleuchtung ins Bild hineingerechnet, nämlich eine VON UNTEN. Das ist ein Effekt, auf den gerne in Horrorfilmen zurückgegriffen wird. Stark geschärfte, ganz unnatürlich retouchierte Pupillen bei Wulff sorgen wieder für einen extrem stechenden Blick, der zusammen mit den anderen Manipulationen am Bild dann den Eindruck ergibt: Hier steht der leibhaftige Gottseibeiuns, der uns bei nächster Gelegenheit in den Hals beißen will o.ä.

    Ich muß gestehen, wenn mir solche Manipulationen mit durchsichtiger Absicht schon gleich beim Anblick der Presseerzeugnisse entgegenspringen, habe ich gar keine Lust mehr, die dazugehörigen Artikel zu lesen… Mit welcher Grundeinstellung die Redakteure zum Thema Wulff sich ihre Texte aus den Fingern gesogen haben lassen ja schon die Bilder erkennen, muß man sich da überhaupt noch mit den Details ihrer Arbeit befassen?

    Nicht zuletzt fühle mich durch solche Illustrationen persönlich beleidigt… meinen die Journalisten, die solches fabrizieren, alleine aufgrund ihrer Texte könne ich keinen angemessenen Eindruck von der Verwerflichkeit des Wulffschen Charakters erlangen, sondern die müsste mir dann noch mit solchen Manipulationen deutlich gemacht werden? M.a.W. halten die mich für DOOF? (=Rhetorische Frage)

  2. Würden auch an diejenigen, die besagte und mittlerweile allzu inbrünstig beschworenen Grundsätze erforschen, auf die sich vor allem das Amt des Bundespräsidenten stützt, dieselben offenbar frei erfundenen Maßstäbe angelegt wie an dessen Inhaber, käme empirisch sämtlich die theoretisch angeleitete Erkenntnisgewinnung zum Erliegen, weil allen davon stets unabhängig wirksame ökonomisch-gesellschaftliche Mechanismen (vgl. Schumann, M., in: Personalführung 6/2008, S. 100) deren Träger noch im selben Moment angesichts solcher zutiefst falsch ausgeführter Zugriffe entzogen werden. Dass somit dem Eintritt sozialen Todes der körperliche des Einzelnen unausweichlich auf dem Fuß folgt, gelangt, obwohl derzeit am Beispiel der Person Wulff für jeden anschaulich nachvollziehbar, seltsamerweise zunehmend weniger zu Bewusstsein. Stattdessen kursieren in überaus rauen Mengen fiktional ausgearbeitete Texturen, die im Effekt ihrer unkritischen Aneignung in nichts anderem als schierer Trunkenheit enden (Lacan, J., in: Haas, N. (Hg.), 1975, S. 32) und den daraus sich speisenden, mithin auch noch öffentlich gehaltenen Lallmonologen.

  3. Es mag zwar mehr als merkwürdig klingen, für mich übrigens auch :-), aber die Beobachtungen des Herrn Max @1, im Hinblick auf die Wulffschen „Gruselfotos“, teile ich. Aus dem Schwiegersohnliebling ist in den letzten Tagen, auch fotomäßig, ein richtiger Fiesling geworden. Ich muss mich überhaupt über die FR und andere seriöse Zeitungen wundern. Was sich da für Koalitionen gebildet haben, mit dem Leuchtturm für Pressefreiheit, Sitte, Anstand, Offenheit, Wahrheit und Wahrhaftigkeit, der BILD an der Spitze, ist schon bizarr und gespenstisch. Dass BILD und die versammelten Springerblätter, einschließlich BILD-Unterabteilungen, wie der Spiegel und die Öffentlich-Rechtlichen, ihren Wulfffeldzug weiter fortsetzen, die Schlagzahl sogar erhöhen, war nicht anders zu erwarten, zumal die BILD und ihre angeschlossenen „Kameraden“, unter allen Umständen klar machen wollen, wer hier im Lande den Ton angibt, wer Politiker in den Himmel schreiben kann, wie z.B. den betrügerischen Lügenbaron, zu Guttenzwerg, für wen aber auch die Hölle für angemessener gehalten wird, wie jetzt bei Wulff. Jetzt könnte Wulff auch gar nicht mehr zurücktreten, denn dann würde der fatale Eindruck erweckt, dass die BILD es letztlich doch geschafft hätte. Übrigens, damit hier keine falschen Gedanken aufkommen, ich bin absolut keine Wulffanhängerin, ganz im Gegenteil. Wulff hätte schon lange zurücktreten müssen, er hätte erst gar nicht BP werden dürfen. Allerdings dreht sich mir der Magen um, wenn ich daran denke, dass es dann der neoliberale, pastorale Freiheitsschwätzer geworden wäre, für den ja auch schon wieder getrommelt wird.

    Um zukünftig diesen ganzen Präsidenten-Zirkus zu verhindern, sollte das Amt völlig abgeschafft werden, zumal die Parteien immer ihre parteipolitischen Finger im Präsidenten-Spiel haben werden. Apropos Amt. Oft ist zu lesen und zu hören, das Amt wäre beschädigt worden. Was spricht denn gegen eine Reparatur? Es müßte lediglich festgestellt werden, wo beschädigt. Im Dachbereich, an der Fassade, am Mauerwerk, oder bei den Versorgungsleitungen? Die richtigen Handwerker werden den Schaden sicher beheben können. Noch doller wird es, wenn mit großem Pathos davon schwadroniert wird, dass die Würde des Amtes angekratzt oder sogar ganz weg wäre. Menschenkinder, entweder die Kratzspuren wegpolieren oder suchen, denn irgendwo muss sie doch sein, im Schloss Bellevue, die Würde. Würde und/oder Respekt beziehen sich immer auf den Menschen, der das Amt ausübt, und wie man mit ihm oder ihr umgeht, aber nicht auf das Amt selbst. Ämter in göttliche Spähren maßlos zu erhöhen, sollte dem Papstamt vorbehalten bleiben. Das reicht vollständig aus. Erinnert sei in diesem Zusammenhang noch an den Vorgänger Wulffs, der beim Frühstück von den Koalitionsparteivorsitzenden so außerordentlich „würdevoll“ und „respektvoll“ ausgekungelt wurde.

    In diesen Tagen und Wochen gerät in der Republik und das zunehmend, so einiges völlig aus den Fugen. Mit dem Wulff-Fall kann ja auch wunderbar abgelenkt werden. Heute Abend geht dieser Wulff-Quatsch bei Illner weiter, nachdem andere Verblödungsrunden, wie ich gehört habe, schon stattgefunden haben. Herr Wulff hätte, wenn schon aus Respekt, so aus Respekt vor den Bürgern, lange zurücktreten müssen. Er hat es bisher nicht getan und wird es jetzt, nach all dem Budenzauber, erst recht nicht tun, auch wenn die BILD, die SZ, der Spiegel, die FR, die Öffentlich-Rechtlichen usw. usw. mit Wulff der 72. oder gar 172. morgen wieder aufmachen werden. Bleibt mir zum Schluss nur noch mal den Herrn Max zu zitieren: M.a.W. halten die mich für DOOF? (=Rhetorische Frage) 😀 😀

    mfg
    Jutta Rydzewski

  4. Fällt schon auf , von welcher Seite die wirklich scharfen Attacken kommen.
    Wulff hat nicht korrekt gehandelt , vor allem bei seinen Mauscheleien , aber jetzt kommen die armen Leute der Bild und weinen “ Pressefreiheit gefährdet“ , und kritischere Journalisten sollen jetzt solidarisch sein.

    Ach Gottchen.

    Austeilen ja ,aber wenns mal zurückkommt, nach seiner Mami schreien , das ist ja nicht mal als Kampagne gut.

    Die Pressefreiheit ist nicht in Gefahr , Frau Schausten mag sich ja blamiert haben , aber die bloße journalistische Existenz eines Herrn Deppendorf ist mehr Beleidigung für die Pressefreiheit als es ein Pöbel-Anruf bei der Bild je sein könnte.
    Fast möchte man Wulff auf die Schulter klopfen , spricht er doch mit dieser Bagage in der einzigen Sprache , die sie versteht.

    Susanne Roether interpretiert das als Dummheit , aber vielleicht wars Wulff in der Wut auch einfach wurscht , mit wem er sich gerade anlegt.
    Bei der Wahl zwischen Einem , der sich so verhält und Einem , der Demonstranten verhöhnt , weil sie sich gegen die Macht der Finanzwelt stemmen , ist es meines Erachtens vollkommen klar , wer vorzuziehen ist.

  5. Das Bohai um dieses Staatsoberhaupt von Muttis Gnaden wird nur verständlich, wenn man das Blatt mit den vier Buchstaben für das Zentralorgan der deutschen Moralisten hält. BILDung ist kein Four-Letter-Word, aber seit Kohls Zeiten gehört eine gute Teflon-Beschichtung zur Grundausstattung eines deutschen Politikers – vor allem dann, wenn mal wieder mit so wenig Sozial-Schmiere wie nötig ein leckeres Pharisäer-Schnitzel für das Volk gebraten werden muß.

    Wir werden es, wie ich befürchte, nie oder zu spät erfahren, warum hier und vor allem von wem ein früherer Hoffnungsträger jetzt im medialen Scheinwerferlicht verbrannt wird, im Gegensatz zum jetzt wieder auferstandenen Hoffnungsträger aus Kulmbach. Irgendeine größere Schweinerei wird da im Hintergrund vorbereitet, oder auch zugedeckt, von der wir abgelenkt werden sollen – eben das alte römische Spiel: Panem et circencis, wobei BILD für das Brot steht und Merkel samt Freundin Friede Springer für die Spiele. Vielleicht geht es ja „nur“ um Austerität anstelle von Authorität?

  6. Ich finde „Der Freitag“ bringt es mit seiner aktuellen Titelgeschichte schön auf den Punkt, welchen Effekt die “Affäre Wulff“ hat: „Die Bürger misstrauen jetzt den Journalisten ebenso wie der Politik“.
    Und ich muss sagen: Es ist doch gar nicht schlecht, wenn nun tatsächlich sozusagen „in der Mitte der Gesellschaft“ begriffen worden wäre, wie uns die Medien immer wieder für doof verkaufen. Daraus darf aber nicht folgen, dass Wulffs Verhalten irgendwie verharmlost wird. Ein Politiker, der wie Wulff, zuerst sowohl mit der Wirtschaft als auch mit dem schlimmsten Drecksblatt im Lande gekuschelt hat und dann immer weiter und weiter Munition zu seiner eigenen Entblößung liefert, statt irgendwann mal die Karten offen auf den Tisch zu legen, ist schlicht und ergreifend nicht mehr tragbar. Ich zumindest fände es eine Schande, wenn er bleiben sollte.
    Und wir Bürger müssten nun halt auch endlich konsequent die größten Schmierblätter, allen voran natürlich die BILD – aber beileibe nicht nur die, massenhaft boykottieren. Denn nur so könnte wirksam demonstriert werden, dass wir verlangen, unabhängig und seriös informiert zu werden. – Aber das wird wohl nur ein frommer Wunsch bleiben – leider!

  7. Der vermutlich grösste Fehler in der Politik der letzten 300 Jahre: die Abschaffung des Hofnarren…
    Seither ist vermutlich auch jegliche Intelligenz aus der Welt geschafft worden…

    Und ich fürchte daher, dass die meisten Politiker nicht einmal annähernd in der Lage wären, auf das Niveau eines Hofnarren zu kommen geschweige denn Hofnarr noch spielen zu können… Daher wird Wulff sicher arbeitslos… (;-=))

  8. PS: Nachtrag:
    ich verstehe übrigens auch nicht, warum sich alle über die urinierenden US-GIs in Afghanistan aufregen.
    Das gehört ja zum Krieg (so wie auch Vergewaltigungen etc.)!

    Ich glaube, ihr alle wisst nicht mehr, was Krieg ist????????????????????????????

  9. Und da erscheint sie heute auch wieder, diese Vorstellung aus der Mottenkiste der 68er… das Hauptfeindbild der damaligen, und leider muß man konstatieren, auch heutigen Linken: Der Axel Springer-Verlag als geheime Nebenregierung, eigentlich schon Hauptregierung.

    Als Beweis reichte seit jeher schon folgendes: a) Die Druckerzeugnisse des AS-Verlags, insbesondere die BILD, haben eine gewisse Verbreitung beim Leser. b) Die Journalisten des AS-Verlags reproduzieren heute seltener als alle anderen die Vorgaben des linken Mainstreams, bzw. waren damals überwiegend auch verhaftet in Überzeugungen (Antikommunismus, Pro-USA, soziale Marktwirtschaft), die die linken Studenten nicht teilten.

    Der Axel Springer-Verlag hat in einer einmaligen Aktion seine KOMPLETTE Berichterstattung 1966-1968 über die 68er-Bewegung noch einmal veröffentlicht, im „Medienarchiv68“ im Internet der breitesten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt, sodaß jeder sich selber davon überzeugen kann, wieviel am Mythos „AS: Zentral gelenkte Meinungsmaschine gegen die 68er“ dran ist… nämlich wenig bis nichts.

    Gleichzeitig mit der Veröffentlichung des Archivs erging eine Einladung an alle Alt-68-er, mit dem AS-Verlag in einen Dialog zu treten über das, was damals war. Das wurde von den Alt-68ern abgelehnt, dort ist man verbreitet offensichtlich zu feige, sich dem zu stellen, daß man evtl. seine Ansichten bzgl. Springermedien von damals revidieren muß… und denkt auch nicht daran, einem AS-Verlag, den man auch heute noch als politischen Gegner sieht, in irgendeiner Form nützlich zu sein… die Attraktivität eines solchen Dialogs für die Alt-68er liegt bei Null, ein mühsam aufgebautes Propaganda- und Lügengebäude einzureißen zu helfen, daß einem selber und der eigenen politischen Sache doch noch weiterhin so nützlich ist… da muß die Wahrheit dann eben mal zurückstehen, wie üblich… hat sie eben Pech gehabt.

    Heute geht die Propaganda weiter… mit den hanebüchendsten Behauptungen, die AUSNAMSLOS aus der Bauchregion kommen. Man weiß nichts, behauptet nur (Ein schönes Beispiel für dieses Herumstochern im Nebel war ein Link, den Anna diesbzgl. neulich hier brachte)… Vor kurzem noch mussten wir uns die linke Gewißheit anhören, wie Friede Springer beim nachmittäglichen Kaffee mit ihrer Freundin Angela Merkel die Berichterstattung, bzw. „Kampagnen“ der nächsten Tage und Wochen bespricht… heute instrumentalisiert der Konzern, also Friede Springer inbegriffen, angeblich Christian Wulff, ein wichtiges Element der Herrschaft Merkel, um der politischen Klasse, zu der auch Merkel gehört, vor allem ja Merkel an oberster Spitze, zu DROHEN, daß sie das Außenbild jedes einzelnen Politikers in der Hand hat… was ist passiert im Verhältnis Friede-Angela, hat sich Friede beim letzten Kaffeetermin bei Angela an einem Keks verschluckt? 😀

    Das ist alles so lächerlich, was da alles behauptet wird, daß sich eine Beschäftigung damit nicht lohnt… es sei denn, man will einmal herzlich lachen.

    BILD ist nicht viel mehr als ein Schundblatt, nicht schlimmer oder besser als viele andere Schundblätter in unserem Land. Ein Großteil der „Berichterstattung“ besteht aus Trivialem, und ein gewisser Teil darüber hinaus aus Erfundenem bzw. fehlerhaft Berichtetem, wie bildblog.de ja lange genug dokumentierte. Entgegen oft gehörter Behauptungen bin ich überzeugt, daß BILD niemand ernst nimmt (was auch in Ordnung ist, da BILD in der Regel nicht ernstzunehmen ist). Wer anderes behauptet, hilft der BILD bei ihrer Eigenwerbung, nach der sie ein ernstzunehmendes Blatt sei… was sie aber objektiv gesehen nicht ist. Für recht primitiv halte ich die Auffassung, daß bei jenen, die geistig in der Lage sind, das Blatt einigermaßen objektiv einzuordnen, diese Fähigkeit durch die Berichterstattung zu Wulff durcheinandergekommen sei, da das Blatt dadurch angeblich an Renommee gewonnen habe. BILD hat immer schon in dem ganzen Wust aus Trivialitäten und Irrelevantem, Gewalt und Nacktem, Quatsch und Blödsinn auch die eine oder andere Tatsache berichten müssen oder wollen, sogar selber recherchierte Tatsachen. Sein Renommee blieb trotzdem konstant, jedenfalls was meine Person angeht… konstant niedrig. Es nicht peinlich zu finden, zu sagen „Bild ist wichtig“, liegt für mich auf demselben Niveau, wie es nicht peinlich zu finden, zu sagen „Ich kann einen Computer nicht bedienen“ oder „Bei uns bestimmt meine Frau alles“… es geht ein seltsamer Stolz von solchen Äußerungen aus, die einen aber eigentlich als Dämlack qualifizieren.

    BILD ist ein Blatt fürs geistige untere Drittel des Landes. Aus nahezu jedem Satz des Blattes schreit das Bemühen ja direkt schon heraus, diese Schichten zu erreichen (und durch überlange Sätze (d.h. die mehr als 8 Wörter enthalten) nicht abzuschrecken)… wenn BILD-Redakteure überlegen, in welchem Licht sie etwas darstellen sollen, so überlegen sie ganz offensichtlich: Was wird der kleine Mann darüber denken… und das wird dann „antizipativ reproduziert“. Wer wissen will, was ein geistig unterbelichteter, der Sprache kaum mächtiger, in vielem extrem kindlich denkender bzw. formulierender Mensch zu bestimmten Themen sagt, muß doch nur die Meinungskolumne von Franz Josef Wagner lesen, dort wird das alles, wie gesagt, „antizipativ reproduziert“. Einziges und alleiniges Ziel des Ganzen: Verkaufsmaximierung.

    Hinter den ganzen vorherigen Homestories über Wulff wie über 1000 andere steckt ebenfalls nur dieser Wunsch… etwas zu bringen, wovon man glaubt, es reize gewisse Käuferschichten zum Kauf. Zu behaupten, hiermit sollen Personen „aufgebaut“ werden, ist m.E. genau solcher Quatsch wie es eine Behauptung wäre, die Berichte in den People-Magazinen der TV-Sender dienten nur dazu, die Personen „aufzubauen“, über die dort berichtet wird… und auch „Bild der Frau“ o.ä. Yellowpress will niemanden aufbauen, über den dort berichtet wird.

    Zu behaupten, hinter BILD stecke mehr als der Wunsch, Geld zu verdienen, ist ein Popanz, eine linke Verschwörungstheorie. Auch mit Wulff wird jetzt Geld verdient… und nicht nur bei BILD. Wenn das Thema so ausgelutscht ist, daß man damit niemandem mehr das Geld aus der Tasche luchsen kann, wird das Thema gewechselt werden, jedenfalls bei BILD. Ob andere Medien dann noch weiter eine Agenda verfolgen, bleibt abzuwarten.

  10. Auch wenn sich jetzt einige Sozen beim Wulf-Bashing aus der Deckung wagen, haben wir trotzdem, ich muß sagen: leider, damals bis heute keine vergleichbare Kampagne erlebt. Wann: als Schröder, Riester, Münte, Rürup, Steinbrück & Co. mit Unterstützung oder zumindest Duldung der großen Mehrheit anderer sogenannter „Sozial“-Demokraten, von den damals schon gewandelten Grünen ganz zu schweigen, ihre Agenda 2010 „Reformen“ lostraten. Arbeitslosenhilfe streichen, Riester- und Rürup-Renten und Lohnsklaverei zu aus Steuermitteln, also von allen, aufgestockten Billiglöhnen einzuführen, Steuern für Vermögende und Renten für Ärmere senken, nicht zu vergessen die Rente mit 67 – besser hätte es kein Neoliberaler machen können. Unser Land wurde damit umgekrempelt – ein echtes „Survival of the fittest“-Programm, welches jetzt von Mutti & Co. aufgegriffen als Vorbild für ganz Europa dient. Ein „sorry“ mit Begründung habe ich bis heute weder aus der SPD-Fraktion noch aus der Parteizentrale gehört.

    Die guten Kontakte und die innige Freundschaft zwischen Maschmeyer und Schröder haben somit sicherlich größere Früchte abgeworfen als die vergleichbaren Freundschafts-Peanuts zwischen Maschmeyer und Wulff. 80.000 Euro Häusle-Kredit-Vorteil? Mit denen steckt sich Maschi morgens die Cohiba an. Da bewegen sich die geplatzten Anleger-Träume vieler Riesterer summa Summarum in ganz anderen Dimensionen.

  11. Noch ein kleiner Nachtrag. Menschen wie Schröder haben sich mit ihrem Handeln auch vegleichbare Fähigkeiten zum Rating wie gewisse Agenturen angeeignet, wie z.B. Personen wie Putin als „lupenreine Demokraten“ auszuweisen. Wer ein Mafia-Restaurant betreten will, scheißt ja auch nicht vorher vor die Tür.

  12. Als ich meinen Beitrag # 5 verfasste, kannte ich diesen Bericht auf den Nachdenkseiten noch nicht: “
    (Link abgelehnt, Anm. Bronski, siehe Blog-Regel Nr. 8 )

    Passt scho, oder? Eben Brot und Spiele, teile (mit) und herrsche (wegen und mit dem Balken im Auge des Nachbarn).

    Übrigens, Max Wedell, #9, würde ich die BLÖD nicht als (heimliches) Witzblatt, welches keiner ernst nimmt, bezeichnen. Auch außerhalb von FLORIDA-ROLF hat dieses Blatt genügend auf und hinter den neoliberalen Bühnen angerichtet, als das man all dies als „Petitessen“ bezeichnen könnte. Wer da nicht spurt, wird gnadenlos ab- und weggeschrieben. Fragen Sie doch mal all die, welche für BLÖD Werbung machen, ob diese auch Ihrer Ansicht, Herr Wedell, sind. Aber wie ich Sie einschätze, sagen Sie jetzt: „Sie sind jung und brauchen das Geld.“

    In den Zeiten, in der ich mir Taschengeld in den Schulferien durch Hilfsarbeiten in verschiedenen Fabriken verdient hatte, lag die BILD meistens auf dem Scheißhaus. Heute liegt sie auf den Tischen der Vorstände.

  13. Und ich lasse nicht locker, hier ein Kommentar von Thomas Fricke aus der FTD: „http://www.ftd.de/politik/deutschland/:kolumne-thomas-fricke-sinnlose-hatz-auf-wulff/60153853.html#utm_source=rss2&utm_medium=rss_feed&utm_campaign=/politik“. Dieser sehr gute Kommentar wird auf den NachDenkSeiten so kommentiert: „Anmerkung JB: Chapeau, Herr Fricke! Zu ergänzen wäre noch: Wo sind die mutigen Aufdecker, die endlich einmal einen kritischen Blick auf die Nebeneinkünfte des potentiellen SPD-Kanzlerkandidaten Steinbrück werfen? Gegen diese Form von Selbstbedienungsmentalität ist Wulffs Bonusmeilen-Affäre, die heute in den Medien skandalisiert wird, ein Fliegensch…. Zitat Ende.

    Wir wissen das ja aus den Bemühungen der vergangenen Jahre, die Nebeneinkünfte unserer wackeren Volksvertreter im Lande und im EU-Parlament möglichst unter der Decke zu halten, welch unsägliche Heuchelei hier im Gange ist, wenn es drum geht, dem BP irgendwelche Mauscheleien oder Gefälligkeiten nachzuweisen. Wulff selbst ist da allerdings auch ein würdiger Vertreter, hatte er in den letzten Jahren ja auch nicht mit moralinsaurer Kritik am Verhalten politischer Gegner, wie Rau (lustig: Flugaffäre!), gespart.

  14. Warum gibt es eigentlich keine Leute mit einem FLOW-Gefühl mehr?

    Also Leute (inkl. Aerzte, Politiker, etc.), die — wie die alten Hofnarren, die es ja nicht mehr gibt — keine kostspieligen Ehegatten, Einfamilienhäuser, Zweit-Freundinnen und Dritt-Wagen noch irgendwelche Machtspielchen brauchen, sondern:

    allein noch aus purer Funktionslust (Karl Bühler 1912) bzw. sprachmächtiger Sprach- und Diss-lust (Karl Kraus 1933) bzw. aus einem perfekten FLOW-Erleben heraus (Csikszentmihalyi 1988) arbeiten (was übrigens so extrem schwer ist, dass dies automatisch eine „reine“ Arbeitszeit von weit unter 8 Stunden pro Tag erzwingt).

    Warum muss ich in einem solch materiell und sexuell verstrickten primitiven Sumpf (inkl. Facebook bzw. Fuckbook) leben, ohne eben solche perfekt verspielten sprachmächtigen ent-strickten Hofnarren (bzw. Aerzte, Politiker, etc.) mehr?

    Ja, es ist wirklich einsam geworden „hier oben“…

  15. @ Wolfgang Fladung

    In dem von Ihnen verlinkten FTD-Kommentar werden zweifellos viele richtige Aspekte genannt. Ähnliches hatte I. Werner im vorigen Thread (Kommentar # 70) ja schon mit folgenden Worten angemerkt:

    „Unter investigativem Journalismus verstehe ich etwas anderes. Z.B. Verflechtungen zwischen Politik und Wirtschaft auffinden und beweisen, unseren Verfassungsschutz gründlich durchleuchten, um aufzuklären, ob er schützt, schadet oder in braune Machenschaften selbst verstrickt ist. Und das bitte mit dem gleichen Eifer! Und von unabhängigen Journalisten erwarte ich auch, publik zu machen, welche Medien mit wem und welchen Interessen verbandelt sind.“

    Jeder weiß (oder ahnt es zumindest), dass den meisten Politikern irgendwie an den Karren gefahren werden könnte, weil sie mehr oder minder alle gerne „mitnehmen“, kungeln und bei sich selbst keine allzu hohen Maßstäbe in punkto Bestechlichkeit anlegen. Gerade deshalb stellte sich im Falle Wulff ja auch von Anfang an die große Frage: Warum wird denn nun ausgerechnet dieser brave, spießige Kleingeist der Öffentlichkeit zum Fraß vorgeworfen? Was steckt wohl dahinter? – Ein „Bauernopfer“, ein „Watschenman“ sei er, tönte es aus manchen Ecken.
    Und ja, das stimmt wohl auch bis zu einem gewissen Grad. Sicher gäbe es Wichtigeres aufzuklären als Wulffs Eigenheimkredit. Aber wer hat denn schon ein Interesse daran und den Mut dazu, die wirklich heißen Eisen anzufassen?

    Auch wenn Wulffs Verfehlungen nur die Spitze des Eisbergs sind, finde ich es trotzdem wichtig und richtig, dass so etwas an die Öffentlichkeit gelangt und ordentlich Rabatz darum gemacht wird. So kapiert vielleicht auch noch der Letzte, wie verfilzt Politik, Wirtschaft und die Medien miteinander sind und wie dadurch unsere Demokratie immer mehr Schaden nimmt.

    Im Übrigen wäre die „Affäre Wulff“ ja ganz schnell beendet gewesen, wenn Wulff sich anders verhalten hätte. Es ist doch vor allem seiner Unaufrichtigkeit und fortwährenden Verschleierungstaktik zu verdanken, dass er so lange in den Schlagzeilen geblieben ist. Diesbezüglich ist den Medien jedenfalls nichts vorzuwerfen.

    Ich persönlich wünschte mir erstens, dass Wulff abtreten würde und zweitens, dass als Konsequenz dieser Affäre, alle Berufspolitiker und Abgeordnete auf eventuelle Verbindungen zur Wirtschaft überprüft würden und dass alle Nebeneinkünfte offengelegt werden müssten.

  16. @ Wolfgang Fladung,

    Sie haben mich mißverstanden… ich streite doch nicht ab, daß BILD als Bühne für Einzelpersonen wichtig ist, wenn diese „vorkommen“ wollen, im Gerede sein, in der Wahrnehmung der Menschen, in der Regel um Bücher Filme oder sonstige Produkte zu verkaufen (Siehe z.B. Alice Schwarzer… die erklärte ja explizit, warum sie Werbung für BILD machte… letzten Endes, um mehr EMMA zu verkaufen). Es ist aber doch nicht die eigentliche Funktion einer Zeitung, Einzelpersonen eine Bühne zu bieten, sondern die Menschen zu informieren. Und während BILD natürlich wichtig ist für Einzelpersonen, die eine Bühne suchen (wie die gesamte Yellow Press ja überhaupt), erfüllt sie die Funktion, die Menschen zu informieren, nur unzulänglich, und ist deswegen als Zeitung nicht ernstzunehmen, und das weiß doch auch Alice Schwarzer und das wissen auch all die andern, die für BILD Werbung machen. Selbst die eigentliche Zielgruppe, das bildungsmäßige untere Drittel in D, hat eine ganz gesunde Einschätzung der BILD, jedenfalls die Personen, die ich kenne… da gibt es jedenfalls niemanden, der nicht auch sagt: „Bei BILD muß man vorsichtig sein, ob man alles glauben kann“. Selbst dort wird sie nicht besonders ernstgenommen, ist jedenfalls mein Eindruck.

    Was Ihren Nachdenkseiten-Link angeht, so stimme ich ihm insofern zu, als daß die Medien tatsächlich versagen, sie versagen ja dauernd, indem bestimmte Dinge nicht vorkommen, oder nicht ausreichend gründlich behandelt werden. Das konkrete Thema, d.h. die Fiskal-Verträge zu bemeckern, ist allerdings wieder mal, entschuldigen Sie, typisch links (Ich bitte das jetzt mal als Retourkutsche zu ihrem ständigen „typisch neoliberal“ zu verstehen). Die Fiskal-Verträge sind in Verbindung mit den Rettungsschirmen zu sehen, es können doch keine Rettungsschirme beschlossen werden, d.h. Mechanismen, bei denen ein Staat dem anderen hilft, wenn nicht auch Mechanismen installiert werden, die verhindern, daß diese Hilfe mutwillig oder fahrlässig ANGESTEUERT wird.

    Das wäre in etwa so, wie wenn sie ein Hilfesystem im Fall einer Arbeitslosigkeit installieren, und anschließend aber nicht auch den hilfesuchenden Arbeitslosen verpflichten, angebotene zumutbare Arbeit auch aufzunehmen. Viele Linke wollen die Arbeitslosenhilfeunterstützung, die wir haben, wollen aber die Arbeitsverpflichtung NICHT, und lamentieren, das eine solche Verpflichtung die Persönlichkeitsrechte (persönliche Freiheit) beschränkt, deswegen sage ich „typisch links“. Und jetzt kommen die linken Nachdenkseiten, wollen scheinbar die Rettungsschirme, die den Staaten helfen, wenn sie sich unrettbar überschuldet haben, aber daß sie überhaupt dahinkommen, daß sie sich unrettbar überschulden, soll weiterhin in ihrem alleinig eignen Ermessen liegen… weil alles andere angeblich demokratische Prinzipien (also nicht ein Recht auf eine persönliche, aber auf eine nationale Entscheidungsfreiheit) verletzt. Eine Hilfe soll fließen, und allein der Adressat des Geldes soll es in der Hand haben, sich dafür zu qualifizieren, es zu bekommen, oder die Hilfesituation zu beenden. Typisch links halt, solche naiven Vorstellungen, die die Existenz goldener Füllhörner voraussetzen… aber mit der Meinung, diese Angelegenheiten müssten in den Medien breiteren Raum finden, haben die Nachdenkseiten natürlich recht, da stimme ich ausdrücklich zu.

    Frickes Kommentar in der FTD ist da gut, wo er auf das Übertriebene der Hatz auf Wulff hinweist, darauf, daß es tatsächlich auch wichtigere Dinge gibt, die eine größere Berechtigung haben, daß man mit Ihnen die Seiten der Zeitungen füllt. Nur bei seinen Vorstellungen, was denn nun wichtiger sei, womit die Zeitungen sich auseinandersetzen sollten, da hapert es leider gewaltig. Das fängt damit an, daß er Merkels Forderung einer Privatgläubigerbeteiligung als Unsinn bezeichnet, der auch noch gefährliche und teure Auswirkungen hatte. Eine Privatgläubigerbeteiligung ist eine ganz wichtige Vorraussetzung zur Verhinderung künftiger weiterer Krisen, sie ist unerläßlich für ein gesundes Funktionieren der Finanzmärkte. „Unsinn“ ist sie aber natürlich für Politiker, die sich weiterhin billig verschulden wollen, und „Unsinn“ ist sie natürlich auch für die Privatgläubiger, also Banken, Versicherungen und Hedgefonds, die möglichst ungeschoren, also ohne für ihre eingegangenen Risiken auch zu bezahlen, davonkommen wollen. Bezahlen sollen andere. Unsinn ist in meinen Augen daher auch das, was Fricke da als angeblich wichtigeres Thema verzapfte.

    Und ob Axel Weber ein mangelndes Verantwortungsgefühl vorzuwerfen ist oder er den Posten räumte, weil es keinen Weg mehr gibt, die Umfunktionierung der EZB in eine Gelddruckmaschine aufzuhalten, und Weber dies als eine falsche Geldpolitik ansah, ist auch die Frage. Im letzteren Fall sind ihm jedenfalls keine Vorwürfe zu machen, denn an einer unabwendbaren aber falschen Politik nicht teilnehmen zu wollen ist kein mangelndes Verantwortungsgefühl, sondern im Gegenteil eher ein Wahrnehmen seiner Verantwortung. Es gäbe noch viel mehr zu Frickes Vorschlägen sagen, aber das sind alles Themen, die im Detail dann vom Thema Wulff wegführen.

  17. @ ursilein,

    Natürlich sind die von Ihnen aufgezählten „Lüste“ eine tolle Sache, aber in Ihrer Aufzählung fehlt z.B.: Die Lust, die die Anerkennung anderer bringt. Die Lust, die die Ausübung der Macht über andere bringt. Womöglich gibt es sogar vereinzelt schon Lustgefühle, wenn andere Macht über einen ausüben.

    Wenn Sie den Leuten sagen, daß sie diese Lüste doch links liegen lassen sollen, weil es andere gibt, die auch schon recht schön zu genießen sind, so ähneln sie jemandem, der z.B. sagt: Also, Essen macht doch soviel Spaß, ich kann gar nicht verstehen, warum die Menschen noch Sex miteinander haben.

    Wie die Diskussion solcher allgemeinmenschlicher Motivationstheorien aber das speziellen Thema Wulff befruchten können, das ist Ihnen m.E. nicht gelungen klarzumachen.

  18. Die eigentliche Funktion des Amtes ist die, daß die Meinungsbildner sich auf einen Repräsentanten einigen (ggf verständigen), der ihren Willen bekundet und durchsetzt, sich im Konfliktfalle in dieser selbstgewählten Einigkeit wiederzufinden und diese eben nicht im täglichen Meinungsstreit auf’s Spiel zu setzen, sondern dort besondere Vorsicht walten zu lassen, wo es um sensible Fragen geht, die eine Spaltung der Parteien und der Gesellschaft zur Folge haben könnten.

    Diese demokratische Fähigkeit und Willensbekundung wird durch die Montage und Demontage des Amtsinhabers und des Amtes zerrieben, angeblich um den ausgehöhlten Begriff des „Respektes“ ad absurdum zu führen, dies anhand von Personen, die sich den Respekt entweder nicht verdient haben oder ihn verloren haben.
    Das täuscht jedoch darüber hinweg, daß es nicht darauf ankommt, Respekt zu verdienen oder dessen „Verdienst“ bei anderen zu beurteilen, sondern auf die Fähigkeit, ihn zu empfinden; nicht darauf, respektable Personen oder Verhältnisse vorzufinden, sondern respektable Personen und Verhältnisse zu schaffen.

  19. @ Wedell:

    Das ist genau das Problem: die grösste Macht, die ein Mensch haben kann, ist nie über andere Menschen (und auch nicht über die Natur). Hitler musste dies am eigenen Leib erfahren: ein noch so „mächtiges“ (oder eher: machtgeiles) Individuum ist letztlich NICHTS gegenüber der Natur oder gegenüber der menschlichen Pop(p)ulation im Allgemeinen. So wurde denn auch Hitler nach 12 Jahren durch die amerikanische Pop(p)ulation eines Besseren belehrt…

    Die grösste Macht, die man haben kann, ist über sich selbst — aber das war es auch schon. Und gerade hier versagen eben alle…

    Ihre Theorie („Machiavellische Intelligenz“) ist leider nur das ziemlich primitive Standardprogramm der heutigen Neurosoziobiologen (z.B. Michael Tomasello). Es scheint laut dieser Theorie wirklich so zu sein, dass der (jüdisch-arische) H. sapiens nur auf seine Machiavellische Intelligenz hin selektiert wurde, also: wer am besten andere Leute verarschen und betrügen und lügen kann, wird sich auch am besten fortpflanzen können („Familienmensch Wulff“).

    Darum auch die so gigantische „Überlegenheit“ der jüdisch-arischen Kultur: denn diese ist (laut Nietzsche) die perfekteste, wenn es um das hypersoziale Verarschen (Mobbing, etc.) bzw. um das Verstecken von Korruption, Lug, und Betrug geht. Jeder afrikanische Diktator ist dagegen so „dumm“ genug, seine Korruption sogar gross hinauszuposaunen, damit alle sie sehen können…

    Die „Anerkennung anderer“ ist übrigens nur eine Selbsttäuschung — keiner kann sicher sein, dass sein Glaube, „von Anderen anerkannt zu werden“, wirklich stimmt… (2000 Jahre später wird eh alles vergessen sein — nur die Höhlenmalereien und die Pyramiden werden übrig bleiben).
    Aber eben: schon ein solcher (anderer) Gedankengang ist offenkundig leider vermutlich zu subtil (scheinbar auch für Wedell), um noch wirklich verstanden werden zu können.

    Die meisten Leute glauben z.B. scheinbar auch immer noch, dass das beste Instrument ihr Handy ist… So ändern sich eben die Zeiten: beim Warten auf den Bus werfen die heutigen Jungs ihr Computerspiel auf dem Handy an, während ich noch mein Hirn anwerfen musste…

    Übrigens auch kein Wunder, dass ich zwar tagtäglich 2000 Autos (grch. „Selbste“) höre und sehe, aber eben offenkundig leider kein einzig intelligentes „Selbst“…

    Die meisten Zeitungen kann ich sogar in wenigen Minuten durchlesen… Müll überall und nichts mehr Richtiges zu fressen überall (siehe Supermärkte mit Gammelfleisch und E-Nummern und Plastikflaschen mit Weichmachern (!))…

  20. PS: Nachtrag:
    Dass die Menschen wirklich Spass am Sex hätten glaube ich nicht (die meisten Frauen über 40 sollen angeblich dunkle Schokolade und ein Glas Wein jedem Sexualverkehr vorziehen, wenn sie wählen KOENNTEN).
    Siehe die „Sexualisierung“ der Werbung (Plakate, Filme, etc.) — die uns vermutlich immer wieder antörnen muss, damit uns ja nicht die „Lust“ vergeht…

  21. Deutschland, mir graut vor dir! Die kleinbürgerliche Volksseele gerät in Wallung und das Gespenst des „Gesunden Volksempfindens“ feiert fröhlich Wiederauferstehung. Durch die Maske der Wohlanständigkeit und der moralischen Entrüstung des gutmenschelnden Spießbürgers schimmert der miese kleine erbärmliche Blockwart hindurch.

    Bei der Berufung in Amt und Würden eines Krawallbruders der sog. „Putztruppe“, dessen aktiv-treibende Beteiligung an den Straßenschlachten des „Frankfurter Häuserkampfs“ man möglicherweise als Inkaufnahme der Tötung von Polizisten bezeichnen könnte, war die Moralschickeria nach meiner Erinnerung nicht so aufgeregt. Immerhin hat dieser Mann Deutschland im Ausland vertreten.

    Warum steht eigentlich niemand protestierend vor dem Bundeskanzleramt und verlangt Merkels Rücktritt? War es doch Angela Merkel, die mit Hilfe ihrer Seilschaften den jetzigen BP ins Amt gehievt hat. Und schließlich ist sie es, die das politische Alltagsgeschäft betreibt.

    Warum steht eigentlich niemand protestierend vor dem Bundestag und verlangt den Rücktritt all der Abgeordneten, die Wulff ins Amt gewählt haben? Die Abgeordneten sind schließlich die Volksvertreter – nicht der Bundespräsident. Sie sind es, die das politische Alltagsgeschäft betreiben.Also sind es die Abgeordneten, die ihre Verantwortung vor dem deutschen Volk nicht wahrgenommen haben. Die lachen sich doch ins Fäustchen, wie der Pöbel auf den sündenbockigen Strohmann im Schloß Bellevue eindrischt.

    Wer volle Transparenz fordert, muss es auch bei Abgeordneten und sonstigen Amtsträgern (Richtern, Professoren etc.), Beamten und „normalen“ Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes, aber auch bei Journalisten und Kirchen durchzusetzen versuchen! Eigentlich überall dort, wo in irgendeiner Weise öffentliches Geld im Spiel ist. Das sind nicht nur Steuern, sondern auch durch staatliche Institutionen erhobene Gebühren (z.B. GEZ).

    Für Bundestagsabgeordnete gilt seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2007 eine – selbst definierte – dreistufige Gliederung für die Veröffentlichung von Nebeneinkünften (Stufe 1: 1.000 – 3.500 Euro; Stufe 2: 3.500 – 7.000 Euro; Stufe 3: über 7.000 Euro) [1]. Auf Länderebene wird nicht einmal diese Minimalstlösung angewendet. Wo sind die Demonstranten, die vor dem Hessischen Landtag in Wiesbaden für die brutalstmögliche Aufdeckung der Nebeneinkünfte hessischer Landtagsabgeordneter eintreten?

    Wo waren all die Moralapostel von heute, als der saubere Herr Maschmeier 1998 den Wahlkampf eines gewissen Gerhard Schröder durch Spenden und Anzeigenkampagnen unterstützte ? Ein gewisser Herr Steinmeier, damaliger Hannoveraner Staatskanzleichef, soll von den Machenschaften gewusst haben. Wo war der Aufschrei, als eben dieser Maschmeier für 1 Million Euro einem gewissen G.Schröder die Rechte an seinen Memoiren abkaufte? Wo waren die empörten Kritiker, als Schröder gerichtlich gegen die Behauptung vorging, er färbe sich die Haare?

    Der Umbau der beitragsfinanzierten solidarischen Altersversorgung hin zu einem kapitaldeckten Verfahren fand just zu dieser Zeit statt. Das war natürlich reiner Zufall, eine Duplizität der Ereignisse ohne inneren Zusammenhang. Wer sich seine Unterhosen mit der Kneifzange anzieht, mag das gerne glauben. Ein gewisser Maschmeier verdiente über sein Finanzdienstleistungsunternehmen AWD an diesem Umbau Millionen, viele Anleger hingegen machten Miese. Dass die meisten Riester-Produkte trotz staatlicher Förderung weniger Rendite abwerfen, als wenn man das Geld privat angelegt hätte – purer Zufall und kein riesiges Umverteilungsprogramm zugunsten der Geldhaie.

    Laut §10, Rundfunkstaatsvertrag gilt für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, dass „Berichterstattung und Informationssendungen unabhängig und sachlich sein“ müssen. Deswegen müssen sich festangestellte Journalisten ihre Nebentätigkeiten genehmigen lassen. Wieso wohl wurde in den letzten Jahren immer mehr in externe Produktionsfirmen ausgelagert? Wer weiss schon, aus wievielen Quellen sich Günter Jauchs Einkünfte speisen?

    Wer jetzt meint, das ganze System sei halt marode: seien Sie vorsichtig, dass Sie nicht beschuldigt werden, das Gedankengut des Osloer Attentäters zu verbreiten!

    [1] Ein Beispiel: der Berliner Bundestagsabgeordnete Frank Steffel (CDU) bezieht neben seinen Monatsdiäten von 7668 Euro und der Kostenpauschale von 3969 Euro nebenher pro Monat Nebeneinkünfte als Geschäftsführer seines Teppichhandels – pro Monat mehr als 7000 Euro, also Stufe drei. Insgesamt gibt er rund 30 Nebentätigkeiten an.

    Der Focus schreibt (Montag, 01.03.2010): „Laut dem am Montag von der Bundestagsverwaltung veröffentlichten Nebentätigkeits-Angaben der 622 Abgeordneten haben mindestens 111 Parlamentarier eine Nebentätigkeit, mit der sie bisher 7000 Euro oder mehr verdienten. Mit 67 Politikern führt die Union diese Gruppe klar an. Die FDP folgt auf Platz zwei mit 25 Abgeordneten. Die SPD kommt nur auf 14, die Linke auf 3 und die Grünen auf 2 Abgeordnete, die eine Nebentätigkeit mit entsprechender Bezahlung angaben.

    Die Zahlen gelten nur für Tätigkeiten, die seit der Konstituierung des Bundestages im Oktober vergangenen Jahres ausgeübt und bezahlt worden sind. Im Laufe der aktuellen Legislaturperiode können noch Tätigkeiten hinzukommen, mit denen sich die Angaben entsprechend verschieben.“

  22. # 16 – Max Wedell: Da die Debatte mit Ihnen sich immer noch auf dem Diskurs-Niveau bewegt, mag ich Ihnen auch widersprechen. Es wird ja immer von der Staatsschuldenkrise geredet, und nie von einer Umverteilungskrise. Hätten die Banken und Hedgefonds nicht so gnadenlos gezockt, weil ihnen die Politik, durch Einflüsterungen und/oder Korruption die Deregulierung abverlangt hat, wären wir nicht in der heutigen Situation. Ein Staat hat Aufgaben zu verrichten, Strukturen zu finanzieren, für den sozialen Zusammenhalt zu sorgen, und benötigt dafür Geld. Wenn aber dieses benötigte Geld, weil die Oligarchen den Hals nicht voll kriegen, immer weniger wird, und die Steuereinnahmen die Ausgaben nicht decken, kommt es zur sogenannten Staatsschuldenkrise. Natürlich gab und gibt es überall Reservate, die für und an den Trögen der Macht geschaffen und gepflegt werden. Dies gilt aber für alle Parteien, auch für CDU, und auch für die FDP, siehe die neuesten Verlautbarungen in Sachen Dirk Niebel.

    Wer Subventionen abschaffen will, aber dann für die Mosel-Steilhang-Winzer diese um 200% erhöht, wie Weinkönigin Brüderle (sorry), ist nicht glaubwürdig. Wir erleben das ganze, diese Geschaftelhuberei, dieses Amigotum ja in Griechenland, aber vergessen dabei, vor der eigenen Tür nachzuschauen und zu kehren. Was ist mit Stuttgart 21, wieviele Amigos sind da interessiert und engagiert, und das Gemeinwohl geht denen am Arsch vorbei und bleibt auf der Strecke.

    Würden hier in Deutschland wirklich nur sinnvolle Projekte, im Sinne von Nachhaltigkeit, gefördert, und nicht diese unsäglichen Mauschelgeschäfte gemacht, nach dem Motto: Herdprämie gegen Hotelsteuer, hätten wir weniger Staatsschulden und ein besseres und vernünftigeres Gemeinwesen.

    Steuerbefreiung für Versicherungen, wenn ich dort Geld anlege, aber nicht für Bank-Sparpläne; diesen Dschungel zu durchforsten, daß er, frei nach Merz, im Ergebnis auf einen Bierdeckel paßt, das wäre eine echte Aufgabe.

    Nur wird diese von unseren vereidigten Abgeordneten nie geleistet werden, weil sie von ihren Hintermännern gesteuert und finanziert werden, und der Amtseid eigentlich heißen müßte: „ICH SCHWÖRE, DEN NUTZEN DER DEUTSCHEN VERMÖGENDEN ZU MEHREN UND ALLES ZU TUN, UM JEDWEDEN SCHADEN VON IHNEN ZU WENDEN.“

    Übrigens würde sich Adam Smith im Grabe umdrehen, würde er mitbekommen, wie seine Lehre von Friedman & Co. pervertiert wurde. Und wenn jemand, vielleicht aufgrund von Zockereien der Firmenleitung, oder einfach Unfähigkeit derselben, schuldlos arbeitslos wird, soll er wirklich Ihrer Meinung nach jede Arbeit annehmen, um die Buchstaben dieser unmenschlichen Gesetze zu erfüllen?

    Und zu den Banken und zur EZB: Wäre es nicht wirklich sinnvoller, die EZB würde den Staaten zu einem Zinssatz von 1% Geld leihen, als dieses an Banken, quasi zu verschenken, und diese zocken dann auf dem Geldmarkt, weil sie wissen, daß die EZB als letzte systemische Bank alles rausreißt und sie rettet? Das, was Merkel & Co. jetzt ganz Europa an Medizin verschreiben, nämlich strikte Austerität, hat schon Reichskanzler Brüning nicht genützt – der Weg führte dann zu noch höheren Arbeitslosenheeren und dann direkt zum Adolf. Ich jedenfalls will hier bei uns keine deutsche Ausgabe eines Wiktor Orban, aber dies steht zu befürchten, weil im Zweifelsfall der Deutsche eher rechts als links wählt.

    Aber Sie hätten wahrscheinlich mit dem Ergebnis dann weniger Probleme als ich, oder?

  23. @fladung

    Lieber W.Fladung,
    es ist ein tiefgreifendes Mißverständnis, daß „der Staat“ zur Erfüllung seiner Aufgaben Geld benötigt.
    Er benötigt dazu nur einen Ausgleich der Interessen und eine Verteilung der Ressourcen.
    „Geldwirtschaft“ ist dazu überhaupt nicht notwendig.

  24. # 23 – BvG: Da müßten Sie mich schon ein wenig näher informieren, oder ausführlicher. Meinen Sie ernsthaft, daß ein Polizist für seine staatlich bestellte Arbeit in Naturalien, oder in anderen Dienstleistungen (kostenloser Haarschnitt oder Müllabfuhr) bezahlt werden soll, oder habe ich da etwas mißverstanden. Wenn Sie übrigens Anhänger von Silvio Gesells Freiwirtschaftslehre sein sollten – auch dieser wollte ja das Geld nicht abschaffen, und auch die Epigonen auf dem Regionalgeld-Trip (Chiemgauer etc.) benützen ja bedruckte Scheine als Tauschmittel-Surrogat.

  25. @fladung

    Ich meine, daß das Geld als Tauschmittel ausreicht, aber keine Kapitalwirtschaft benötigt wird, die letztlich gar keine Werte schafft oder beinhaltet.
    Eine Entlohnung der Leistung, die dazu ausreicht, sich zu erhalten und reale Werte zu schaffen, würde genügen.

  26. @anna

    Zur Systemkritik habe ich ja schon was geschrieben. Was in dem Link beschrieben wird, ist ja alles längst bekannt. Ich spreche auch nicht von der realen Nutzung des Präsidialamtes oder der anderen Ämter, sondern von der theoretisch wünschenswerten und verfassungsrechtlichen Festlegung der Funktion des Amtes.

    Eine beträchtliche Verschiebung der Werte hat dort stattgefunden, wo Politiker oder Leitungskräfte glauben sie erbrächten eine Leistung, die über das Maß eines durchschnittlichen Gehalts hinaus honoriert werden müsse. Das Gegenteil ist der Fall.
    Politiker und Leitungskräfte werden ausreichend durch die sozialen Prozesse belohnt, die sie für sich gewählt haben und sie werden von uns(!) von der realen Erwerbstätigkeit freigestellt, um diese Selbstverwirklichung ungestört zu betreiben. Wir gewähren ihnen diese Arbeitslosigkeit in der Hoffnung, sie würden ihr Talent dafür einsetzen, politische Prozesse in unserem Interesse zu gestalten.

    Der Grundfehler liegt in der Annahme, Entscheidungsfähigkeit und soziale Kompetenz wären höher zu bewerten als produktive Tätigkeit und wären belastender oder allgemein „wichtiger“ . Hier liegt die soziale Schieflage begründet, die zur Korruption führt und eine ganz andere Mindestlohndebatte wäre zu führen: Politikern, Leitungskräften und nicht Erwerbstätigen ist ein Mindestlohn zu gewähren. Allen anderen steht mehr zu.

  27. @ BvG,

    das ist ein wenig einfach gedacht. Es mag noch jedem zuzumuten zu sein, solange mit dem Hausbau zu warten, bis die gesamten Aufwendungen dafür unter dem Kopfkissen angespart worden sind, aber ich denke, ein ganz großer Teil unternehmerischer Tätigkeiten würde auch zum Erliegen kommen… denn für gewöhnlich braucht man Anfangskapital, um das Unternehmen beginnen zu können, seine Erträge fließen aber erst hinterher, nach der Gründung… wenn man mit der Unternehmensgründung wartet, bis die Unternehmenserträge fließen, dann… ich denke, sie erkennen, was ich sagen will. Also muß es eine Geldverleihwirtschaft geben. Ob Sie den Handel mit der Ware Kapital dann Kapitalwirtschaft nennen oder anders, ist eine Geschmacksfrage.

  28. @wedell

    Da geben Sie mir ein schönes Stichwort.

    Warum ist es dem Staat nicht möglich, jeden Bürger mit einem Startkapital auszustatten, wenn es ihm doch möglich ist, ihn mit Startschulden zu belasten?

    Der Mensch startet nicht mit nichts, er hat einen natürlichen Anspruch auf seinen Teil des Gesamtvermögens der Welt und er muß nicht warten, um sein Unternehmen beginnen zu können. Sie erkennen, was ich sagen will?
    Es gibt eine Weltverleihwirtschaft und jeder hat sein natürliches Kapital, aber die Zinsen lassen zu wünschen übrig.

  29. @wedell
    Um es auf eine griffige Formel zu bringen:
    Wer mehr als seinen Anteil an der Welt besitzen will, verpflichtet sich, die zu erhalten, deren Anteil er übernimmt.

    Dies widerspricht nicht einer Akkumulation oder einem höheren Lebensstandard der Leistungsfähigen, es widerspricht aber der Ausbeutung und Opferung der Leistungsschwachen, es widerspricht noch nicht einmal dem Kapitalismus, aber es verlangt einen ehrlichen Kapitalismus, der einen ehrlichen Preis für die benutzten Produktionsmittel entrichtet. Aufgrund von Ausbeutung reich zu werden ist keine Kunst, das kann jeder Ungerechte, gerecht reich zu werden ist ein ganz anderer Anspruch.

    Niemand ist verpflichtet, reich zu sein.

  30. @ Wolfgang Fladung,

    es ist falsch, daß das Geld, das unser Staat ausgibt, immer weniger wird, sondern unser Staat gibt immer mehr Geld aus, und zwar AUCH, wenn man die Ausgaben der letzten Jahre im Zusammenhang mit der Finanzkrise nicht berücksichtigt.

    Was die Subventionen (inkl. Steuervergünstigungen) an die gewerbliche Wirtschaft angeht, so betrugen diese 2010 laut Subventionsbericht der Bundesregierung z.B. 4,2% des Bundeshaushalts. In den Ländern ist dieser Anteil nicht einfach zu ermitteln, da er nicht immer extra ausgewiesen wird. So sind im von Ihnen angesprochenen Rheinland-Pfalz im gleichen Jahr die Subventionen in einem sog. Finanzhilfebericht einzeln und detailiert beschrieben, wobei die Finanzhilfe insgesamt 12,2% des Länderhaushalts ausmacht. Diese 12,2% enthlten aber auch allein zu einem guten Viertel den Posten „Kindertagesstätten/ Ausbau der frühen Förderung“, sowie noch weitere Posten wie „Sportförderung“, „Gemeinschaftsaufgaben Kirchen“, „Soziale Wohnraumförderung“ und andere, sodaß man auf Basis des Berichts die Hilfen an die gewerbliche Wirtschaft so abschätzen kann, daß sie eine ähnliche Größenordnung (um die 5% des Länderhaushalts) wie im Bund haben.

    Dies sagt natürlich nichts darüber aus, ob es im einzelnen den von Ihnen angesprochenen Amigo-Mißbrauch gibt oder nicht, es zeigt aber, daß es unmöglich durch eventuellen Amigo- oder sonstigen Mißbrauch, und sei er noch so groß, dazu kommen kann, daß diese Haushalte schwer aus dem Gleichgewicht kommen können, oder unbezahlbar werden können… wenn Sie hingegen behaupten, die originären Aufgaben, und insbesondere auch das Soziale, könne aufgrund eines vermuteten Mißbrauchsanteils innerhalb dieser 5% der Haushalte nicht mehr vernünftig finanziert werden, so ist das einfach Unsinn… vor allem, wenn Sie z.B. die Größenordnung der Ausgaben für Soziales anschauen, die bei dem gut Zehnfachen liegen. Ja ja, der Schwanz wedelt also mit dem Hund?

    Was Ihre konkrete Kritik angeht, so erstaunt es mich natürlich wenig, daß sie wieder mal gegen die FDP geht. Mir ist nicht bekannt, daß Brüderle während seiner damaligen Amtszeit (1987-1998) ein Befürworter der Methode „Rasenmäher“ beim Subventionsabbau war. Zum damaligen Zeitpunkt hatte die Überschuldung noch nicht heutige Ausmaße erreicht. D.h. wenn es Umstände gab, die eine Subvention der Winzerei sinnvoll erscheinen liessen, auch im Sinne einer Nachhaltigkeit, warum soll Brüderle die nicht bewilligen? So wäre z.B. denkbar, daß ungünstige Klimabedingungen über mehrere Jahre den Fortbestand dieses Wirtschaftszweigs gefährdet hatten, und die Regierung einer Gefährdung dieser alten Kulturtechnik, einem drohenden Verschwinden dieser Kulturlandschaften eben nicht tatenlos zusehen wollte. Vielleicht sollten aber auch internationale Wettbewerbsnachteile ausgeglichen werden? Eine Erhöhung um 200% kann bedeuten: Erhöhung von 10000 Euro auf 30000 Euro… oder aber Erhöhung von 10 Mio. auf 30 Mio.. Ich kann mir kein abschließendes Urteil in dieser Sache erlauben, sobald ich nichts näheres über die Hintergründe und Umstände weiß. Wissen Sie mehr? Oder erlauben Sie sich schon ein Urteil, ohne mehr zu wissen?

    Das jetzige Medienlamento über Niebel enthält absurde Züge. So ist es ganz gängige Praxis nach jedem Regierungswechsel, führende Beamten in den Ministerien auszuwechseln und durch „eigene“ Leute zu ersetzen. Natürlich kann man sowas mit einiger Berechtigung problematisieren, aber was man nicht machen sollte, ist, es bei der FDP zu problematisieren, und bei allen anderen nicht (Und daß unsere Medien es jemals bei anderen Parteien problematisierten, daran kann ich mich nicht erinnern…es handelt sich hier also um reine Anti-FDP-Propaganda). Und ob Uta Böllhoff „keinerlei nennenswerte entwicklungspolitische Erfahrung“ hat, darüber erlaube ich mir kein Urteil, ohne mehr zu wissen… und wie ist das bei Ihnen?

    „Hätten die Banken und Hedgefonds nicht so gnadenlos gezockt… wären wir nicht in der heutigen Situation.“

    Wenn Sie mit „heutiger Situation“ die der Überschuldung in unserem Land meinen, dann ist diese Äußerung ein ganz großer Unfug, und ist auch nicht deshalb doch keiner, weil ähnliches in vielen Medien, und von vielen Politikern immer wieder und wieder behauptet wird.

    Nicht nur falsch, sondern ausgesprochen LÄCHERLICH allerdings wird diese Behauptung, wenn sie auf den von Ihnen so hochgeschätzten sog. „Nachdenkseiten“ geäußert wird. Die haben ja eine ganz zentrale fixe Idee (es ist DIE Hobby-Idee des Seitengründers Albrecht Müller, die er in mehreren Buchveröffentlichungen ausgewalzt hat), nach der unsere gesetzliche Rentenversicherung eine grundsolide Sache ist, die von einer im Dienste der Versicherungswirtschaft stehenden Medienlandschaft KAPUTTGEREDET wird. Gleichzeitig kommt man aus dem Lamentieren über die Finanzwirtschaft und die angeblich von ihr erzeugte Krise nicht mehr heraus.

    Unterfüttern wir beides mal mit Zahlen: Ein Versicherungssystem, das der Steuerzahler JAHR FÜR JAHR, jedes Jahr wieder, mit zusätzlichen 80 Mrd. (Tendenz steigend) subventionieren muß, weil es sich aus den Versicherungsbeiträgen allein nicht finanzieren lässt, wird als im Großen und Ganzen GRUNDSOLIDE bezeichnet, aber ein bedauerlicher Umstand, der zu einem einmaligen Aufwand im Staatshaushalt führt, der bisher bei einmalig aufgewendeten 39 Mrd. liegt (denn so hoch sind die bisherigen staatlichen Aufwendungen für die Bankenrettung hierzulande zu beziffern), wird als Ursache aller möglichen Übel bejammert und man kriegt sich gar nicht mehr ein über diese Folge eines angeblichen bösartigen wildgewordenen Neoliberalismus.

    Ich habe daher das Wort „lächerlich“ mit Bedacht gewählt, denn das ist so grotesk, daß ich über so etwas nur laut lachen kann. Ihnen werden solche Absurditäten aber wohl nicht auffallen, denn diese sog. „Nachdenkseiten“ sind ja ausgesprochene „Wohlfühlseiten für Linke“, denn man bekommt seine Wunschvorstellungen bestätigt… und wo man sich wohlfühlt, da leidet halt die Kritikfähigkeit.

    In absoluten Zahlen waren übrigens die Aufwendungen für die Bankenrettung in Deutschland die höchsten in Europa. In einigen Ländern haben die Maßnahmen zur Bankenrettung übrigens zu POSITIVEN Erträgen in den jeweiligen Staatshaushalten geführt… oha, was für eine Überraschung, Griechenland ist auch dabei: 0,5 Mrd. Euro spülte die Bankenkrise in Griechenlands Staatskassen zwischen 2007 und 2010.

    Hiermit wäre auch geklärt, was man von FTD-Frickes Äußerung „…obwohl die Finanzbranchenmisere der Hauptgrund dafür ist, dass die Staatsschulden seit 2007 weltweit so krass gestiegen sind“ halten muß… das ist, jedenfalls auf Europas Südstaaten bezogen, ausgemachter Bullshit. Hier wird ganz offensichtlich einfach etwas nachgeplappert, was irgendwie und irgendwo ja ständig vorgeplappert wird…

    A. Müller hat auch ein Lieblingsthema, in dem ich ihm im Großen und Ganzen zustimmen kann… die teilweise nicht besonders segensreichen Auswirkungen der Einführung des Privatfernsehens. Der Mechanismus ist klar, die Notwendigkeit, wenn schon nicht Gewinne zu machen, so jedoch Schulden zu vermeiden, bewirken bei der Herstellung von TV-Stunden eine Orientierung an Quoten, und das ist nicht immer segensreich. Bei den Printmedien aber gibt es seit jeher (weitestgehend) nur die privatwirtschaftliche Finanzierung… und damit eben auch die Orientierung an der Frage: Was verkauft sich gut? Wenn die FDP 10% der Wählerstimmen verloren hat, sodaß ihr 3% der Wählerstimmen verbleiben, dann kann man mit blindem FDP-Bashing vermutlich mehr Geld verdienen als mit fairer Berichterstattung über die Partei.

    Bei jedem Thema muß man also das Licht, in dem es dargestellt wird, daraufhin hinterfragen, inwieweit es den verbreiteten Vorstellungen der Kundschaft gemäß leuchtet… und das NICHT NUR bei BILD. Da aber bei jemandem, der von A überzeugt ist, auch schon eine Freude aufkommt, wenn man ihm bestätigt, daß A der Fall ist, ohne daß man jetzt in die Tiefe gehen muß und genau erklären muß, WARUM A der Fall ist, ist das Vordringen in tiefere Schichten durch den Journalisten unnötig… ganz im Gegenteil, es könnte sogar den Journalisten in Gewissenskonflikte bringen, wenn er bei der tieferen Analyse feststellt, daß A gar nicht der Fall ist… dann hätte er die Wahl zwischen Wahrheit & Kundenverlust und Unwahrheit & Kundenzuspruch. Das ist das Hauptdilemma unserer Medien.

  31. @ BvG,

    das System, welches Ihnen vorschwebt, hätte einen Polizeistaat zur Vorbedingung.

    Wenn ein Unternehmer in seinem Unternehmen 100 Waren herstellt, und die hineingesteckten Materialkosten sowie die hineingesteckten Arbeitsleistungen INKLUSIVE der EIGENEN des Unternehmers haben einen Wert von 100.000 Euro, dann darf dieser Unternehmer die Waren nicht für mehr als 1000 Euro verkaufen, und eine zu schaffende Finanzpolizei müsste unermüdlich tätig werden, um zu kontrollieren, daß nicht höhere Preise gefordert werden. Forderte der Unternehmer nämlich vom Kunden höhere Preise, so versuchte er ja als der alleinige Besitzer der Waren (nach Abgeltung der Arbeitsleistung seiner Beschäftigten sowie der Leistungen aller Material- und sonstigen Zulieferer) für sich aus der ganzen Unternehmung mehr Geld herauszuschlagen, als seiner eigenen hineingesteckten Arbeitsleistung entspricht (unabhängig davon, wie man die berechnet… denn die ist ja schon beim Preis von 1000 Euro abgegolten). In Ihren Augen ist das ja kriminell, die Finanzpolizei müsste in einsperren, bzw. mindestens verwarnen und in allen Geschäften die Preisschilder überkleben.

    Die Finanzpolizei müsste sämtliche Preise sämtlicher Waren auf sämtlichen Märkten daraufhin kontrollieren, ob sie nicht ein Mittel zum Zweck darstellen, daß sich „Banditen“ (in Ihrem Sinne) mehr Geld aneignen als ihrer eigenen Arbeitsleistung tatsächlich angemessen wäre.

    Das käme einem totalen Überwachungsstaat schon ziemlich nahe, von der tatsächlichen Umsetzbarkeit mal ganz zu schweigen.

  32. P.S.
    …dann darf dieser Unternehmer die Waren nicht für mehr als 1000 Euro pro Stück verkaufen…

    musste es natürlich heißen.

  33. @wedell
    Das haben Sie völlig mißverstanden.
    Es geht darum, daß gerechte Presie für Produktionsmittel gezahlt werden, das heißt, daß ein Produzent den Menschen zunächst die Rohstoffe zu einem Preis abkaufen muß, der deren Überleben sichert. Erst dann kommen die Produktionskosten hinzu, aus denen sich der Preis der Dinge ableitet.
    Einen Preis, der über den Sachwert hinausgeht, kann er nur dann erzielen, wenn ein tatsächlicher Mehrwert produziert wird.

    Aber dies führt zu weit vom Thema weg, es sei denn, man wollte die Grundlagen der Bestechlichkeit erörtern.

  34. @off topic

    Wo sind sie hin, die Hasenfüße, die keinen Widerspruch gegen ihre eloquenten Tiraden aushalten, die Philosophen, die alles in Scherben hauen, wenn die Zustimmung ausbleibt, die kritischen Geister, die keinerlei Kritik verstehen?

    Niedermoderiert von Bronski, an die Wand geklatscht von Mitbloggern oder schlicht frustriert, weil sie nicht recht behalten durften?

    Sollte das das Ende sein? Wozu habt ihr eigentlich studiert, wenn ihr euch so leicht wegargumentieren lasst?

    heinrich, susanne, maat, theel, abraham, Fiasko, usw, all ihr munteren Ritter des Bloggens, wo seid ihr hin?

    Ich bin halt klüger als ihr, könnt ihr das nicht aushalten? Seid ihr Blogschwänzer, unfähig, in der zweiten Reihe zu stehen?

  35. @BvG,

    ja, ich habe Sie wohl mißverstanden, als ich den Eindruck bekam, daß Sie einen Vermögensaufbau jenseits einer nachvollziehbaren Relation zum individuellen Arbeitsaufwand (geistig und/oder körperlich) ablehnen…

    Ihre „Weltanteile“ sind natürlich eine schöne Idee… um Sie ein wenig aus dem Pessimismus herauszuholen, in den Sie die Betrachtung der materiellen Welt versetzt, möchte ich Sie bitten, ihren Blick auf die geistige Welt zu richten… dort waren die Möglichkeiten für jeden (jedenfalls in unserem Land), sich geistige Weltanteile anzueignen, noch nie so groß wie heute. Die geistige Welt hat sich in vielen Bereichen geradezu explosionsartig entwickelt (genannt seien mal nur die Naturwissenschaften), d.h. es ist immer mehr da, das verteilt werden kann. Der Zugang zu ihr wurde für jeden einzelnen dank neuer Technologien (wie z.B. Internet) drastisch vereinfacht. Und nicht zuletzt versieht auch der Staat den Bürger in dieser Sphäre mit einem Startkapital, wie sie dies vorschlugen… wir haben ja ein Bildungssystem mit weitestgehend kostenlosem Zugang für den jungen Bürger, den der Staat finanziert.

    Zum Thema Wulff, denke ich, wird wohl niemandem mehr etwas einfallen, das nicht schon andere gesagt haben. Daher sicher die allgemeine Zurückhaltung.

    Jetzt muß da entweder etwas Neues ans Tageslicht kommen, oder es wird im altbekannten Zyklus die nächste Phase eingeläutet… die Zuwendung zu neuen Aufregern und das Vergessen der alten… Denn letztendlich gehts um die Konsumenten, und wenn die die Nase gründlich voll von etwas haben, ist einfach nichts zu machen…

  36. @ BvG, # 35

    Dass sich hier die Qualitäts-Kommentatoren, die du aufgezählt hast, immer mehr fernhalten, liegt doch nicht daran, dass sie nicht immer „recht haben“ könnten, sondern daran, dass ihre anregenden und bereichernden Gedanken viel zu oft miss- oder gar nicht verstanden werden bzw. werden wollen.
    Um eine sinnvolle Diskussion führen zu können, braucht es eben zumindest einen gemeinsamen Diskussionsgegenstand. Wer sich aber, um beim aktuellen Thema zu bleiben, darauf festgelegt hat, dass es sich bei der Wulff-Affäre in erster Linie um eine böse, respektlose und persönliche Kampagne handelt, hat eben wenig Interesse an einer Diskussion darüber, wie eng Wirtschaft, Politik und Medien miteinander verflochten sind und welche Auswirkungen das auf die Allgemeinheit hat.
    So kann dann nur endlos aneinander vorbei geredet werden und am Ende fühlen sich dann scheinbar die als Sieger, die am hartnäckigsten bei ihrer Position geblieben sind und das letzte Wort haben durften. – Aber sei’s drum . Sollen sich diejenigen eben daran erfreuen, aber bitte nicht wundern, wenn sich dann manche hier lieber vom Acker machen.

  37. @anna
    Schön, das meine Provokation nicht ganz untergeht.

    Ich denke nicht, daß ich mich darauf festgelegt habe, es sei eine „böse, respektlose und persönliche Kampagne“ gegen Wulff und mehr nicht, im Ggegenteil habe ich ganz früh darauf hingewiesen, daß das „Präsidentenproblem“ nicht eines der Persönlichkeiten ist.

    Ich bin der Meinung, daß wir , das Volk, die Bürger oder wie man sich auch immer nennen mag, das Amt und den Umgang damit in der Weise definieren müssen, die wir für die richtige halten und daß diese Diskussion von uns in den Medien geführt werden muß, nicht in den Reihen der „Beteiligten“ gegeneinander.

    Auch das Amt und der Inhaber müssen kritisierbar sein, aber nicht in der läppischen Art und Weise, in der das im Moment geschieht. Ich halte das Amt für notwendig.

  38. BvG,

    Wulff ist nun mal für Manchen das was ein krimineller Migrant für den Neonazi ist… da sind dann wegen eines Einzelfalls schnell alle Politiker „so“, wie alle Migranten für den Neonazi auch. Wenn man anmerkt, daß die Schlußfolgerung vom Einzelfall aufs Allgemeine problematisch ist (wie der Linke selber im Migrantenfall ja auch zu Recht fleißig argumentiert), zieht der Linke schnell einen vermeintlichen zweiten Wulff aus dem Hut, der heißt dann Brüderle oder Niebel oder sonstwie, ist aber sehr wahrscheinlich aus der FDP, denn gegen die hat man was, weil die irgendwie „neoliberal“ ist. Das wäre dann (vorausgesetzt die Anschuldigungen haben überhaupt eine solide Basis, was jeweils überprüft werden muß) argumentativ ungefähr ebenso schlagend wie wenn der Neonazi einen zweiten kriminellen Migranten aus dem Hut zieht, was für den ja auch nicht besonders schwierig ist… aber was ist damit bewiesen? Sowohl Neonazi wie Verflechtungstheoretiker haben mit ein, zwei, fünf, zehn Einzelfällen GARNICHTS bewiesen. Aber beide bleiben natürlich von ihrer Verschwörungsidee überzeugt… weil sie unbedingt daran glauben wollen. Sie sind einfach verliebt in die Idee, das es so ist. Wenn Sie da nicht mitmachen wollen, sind Sie ein Spielverderber.

    Ob jemand in der Politik anständig ist oder nicht, d.h. seine Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit vor seine persönlichen Interessen stellt, hängt am Ende von seiner persönlichen Anständigkeit ab. Genetische Prädispositionen zur Anständigkeit wurden m.E. noch nicht wissenschaftlich untersucht (im Gegensatz zu denen zur Intelligenz), aber unbestritten ist doch, daß diese charakterliche Eigenschaft auch durch Erziehung gebildet wird. Ich sehe die Berichterstattung über Wulff in Teilen als kleines Bausteinchen einer solchen Erziehung, mit der nicht nur den Politikern, sondern allen Menschen (über die Medien) deutlich gesagt wird, was wir als unanständig auffassen und was wir nicht wollen. Daß diese Erziehung über die Medien wirken kann setzt natürlich eine Glaubwürdigkeit der Medien voraus. Leider unterminieren die medienweit verbreiteten Spekulationen über geheime Agenden und Absichten von BILD und anderen diese Glaubwürdigkeit, was m.E. den erzieherischen Wert der Wulff-Affaire negativ beeinflusst.

  39. @ Max Wedell

    „Wulff ist nun mal für Manchen das was ein krimineller Migrant für den Neonazi ist…“

    Was soll solch ein abstruser Vergleich anderes, als auf ganz perfide Weise die Kritik an Wulffs Verhalten, in die menschenverachtende Ecke zu stellen? Finden Sie so etwas nicht wenigstens ein bisschen unter Ihrer Würde?

    Und was Brüderle, Niebel und andere marktliberale Vertreter in der FDP angeht:
    Denen ist halt allen gemein, dass Verteilungsgerechtigkeit keinen Stellenwert für sie hat. Die sehen, wie Sie offenbar auch, den größten Nutzen für die Gesellschaft nur darin, dass „die Wirtschaft“ möglichst hohe Gewinne erzielen kann. Und dafür muss eben u.a. auch der Billiglohnsektor weiter ausgebaut, die Lohnnebenkosten immer weiter reduziert werden und HartzIV-Empfänger diffamiert werden („anstrengungsloser Wohlstand“).
    Mir persönlich missfällt es deshalb sehr, wenn die Ministerien wieder verstärkt mit solch neoliberalen Geistern durchsetzt werden.

  40. Was mich im Moment am wenigsten interessiert ist, den Bundespräsidenten und seine Verfehlungen zur Munition gegen den jeweiligen politischen Gegner zu machen.

    Es ist aber eines der Probleme, die wir mit dem Amtsträger (nicht nur dem aktuellen) haben: Er wird als Popanz (http://de.wikipedia.org/wiki/Popanz) benutzt, der die Machtverhältnisse in Regierung und Parteien darstellt, der als Beweis der Macht bestimmter Perosnen oder Gruppen mißbraucht wird und als eine Projektionsfläche, auf der sich der schönste Schein der Demokratie abbilden soll. Die wirklichen Aufgaben, wie sie schnipppsel schon dargestellt hat, werden dabei in den Hintergrund gedrängt und gar nicht mehr wahrgenommen.

    Die Beliebigkeit, mit der Amtsträger eingesetzt,kritisiert und zum Rücktritt bewegt werden , kommt einer Aushöhlung der Befugnisse gleich.

  41. @ Anna,

    weder Kritik am Fehlverhalten von einzelnen Politikern noch Kritik am Fehlverhalten einzelner krimineller Migranten ist menschenverachtend. Vom Fehlverhalten des Einzelnen aber pauschal auf alle Politiker oder Migranten zu schließen, solches Verhalten ist ein guter Kandidat für das Prädikat „menschenverachtend“, und zwar nicht nur beim Migranten. Da gibt es keine Unterschiede, das stelle ich auf eine Stufe, und finde es überhaupt nicht perfide oder unter meiner Würde, das zu tun. Da werden Individuen in ihrer Unterschiedlichkeit nicht mehr angemessen gewürdigt, die einer bestimmten abgegrenzten Gruppe angehören, und das gehört kritisiert.

    Ihre weiteren kurzen Sätzchen dokumentieren auch eigentlich nur Ihre Oberflächlichkeit. Westerwelles Satz, der vor Plänen warnte, den Hartz IV-Satz über einen Inflationsausgleich hinaus zu erhöhen, begann: „Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht…“… d.h. das war weder an Hartz IV-Empfänger gerichtet noch eine Aussage über HartzIV-Empfänger… aber daß FDP-Hasser den Satz allgemein in ihrem Gedächtnis so abgespeichert haben, als hätte er gesagt: „Die Hartz IV-Empfänger leben einen anstrengungslosen Wohlstand“ o.ä., damit habe ich mich abgefunden. Wie man den Hartz IV-Empfängern anstrengungslosen Wohlstand versprechen könnte, wenn sie ihn schon hätten, ist mir ein Rätsel, der FDP-Hasser übersieht solche Kleinigkeiten. Was die Lohnnebenkosten angeht, so bedeutet eine Verlagerung der Mittelerhebung von den Lohnnebenkosten im Großen und Ganzen eine Entlastung von Geringverdienern, denn die Lohnnebenkosten sind in der Regel ein für alle konstanter Prozentsatz des Gehalts, bei den Steuern aber zahlen die Geringverdiener weniger als die Besserverdiener. Die Billiglohnsektoren bauen diejenigen aus, die sich für mehr Migration einsetzen, aber bei der Etablierung höherer Anforderungen an Ausbildung und Know-How als Bedingung für eine Einwanderung Zeter und Mordio schreien… hier sehe ich die FDP nun wirklich nicht in der ersten Reihe.

  42. @ Max Wedell

    Abstrus finde ich es, die Affäre Wulff überhaupt mit Neonazis in Verbindung zu bringen. Genau diese Assoziation bleibt nämlich in den Gedächtnissen hängen, und ich vermute stark, dass Sie das genau wissen. Perfide finde ich, Ihre „verschwurbelte“ Formulierung, die es Ihnen ermöglicht, sich wieder herauszureden. – Genauso hat es Westerwelle übrigens mit Hartz IV, anstrengungslosem Wohlstand und der spätrömischen Dekadenz versucht. Nur ist dieser Schuss nach hinten losgegangen, weil die Leute eben nicht so dumm sind um nicht zu merken, was damit erreicht werden soll.
    Es steht Ihnen frei mich oberflächlich zu nennen, wenn ich versuche, kurz und bündig auf den Punkt zu kommen. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass der FDP nichts an Verteilungsgerechtigkeit liegt, sondern hauptsächlich daran interessiert ist, dass die Wirtschaft möglichst hohe Gewinne einfahren kann.
    Und was Sie da wieder von Migration und Ausbau des Billiglohnsektors scheiben, ist mit Verlaub nicht nur oberflächlich sondern auch tendenziös. Gerade die FDP ist es ja, die Migration im Moment wieder vorantreiben will – wegen des angeblichen Fachkräftemangels. Wenn dazu aber gleichzeitig die Mindesteinkommensgrenzen massiv gesenkt werden, dann weiß jeder halbwegs denkende Mensch, dass es dabei nur um eines geht: Gehälter drücken.
    Das aber nur ganz kurz, lieber Max. Hat Spaß gemacht unsere kleine Auseinandersetzung. Aber in Zukunft, werde ich Ihre Beiträge doch lieber wieder überlesen.

  43. @ Anna,

    in wenigen kurzen Sätzen kann man gar nicht anders als oberflächlich sein. Aber die Diskussion ist von Ihnen vom eigentlichen Thema abgelenkt worden, und ich bin auch noch drauf reingefallen:

    Kritisiert habe ich das pauschale Hineinstellen von Politikern, besonders gern FDP-Politikern in eine semikriminelle oder gar kriminelle Ecke, Sie entgegnen mir darauf, warum Sie etwas gegen die politische Agenda von FDP-Politikern haben. Die Frage, ob Ihre Auffassung von der politischen Agenda von FDP-Politikern real oder imaginär ist, hat mich leider etwas abgelenkt, aber darum geht es hier eigentlich nicht.

    Hier geht es darum, ob eine politische Agenda, die im Rahmen der politischen Vielfalt in unserer Demokratie völlig erlaubt und verfassungskonform ist, zum Anlaß genommen werden kann, diejenigen, die sie politisch vertreten, in eine kriminelle oder semikriminelle Ecke zu stellen, nur weil einem die politische Agenda nicht gefällt. Mit anderen Worten: Wenn mir die politische Ausrichtung passt, ist es ein feiner Politiker, wenn mir die politische Ausrichtung NICHT passt, wird der Politiker von Hintermännern gesteuert und verstößt somit mindestens gegen GG Art. 38, wenn nicht noch gegen weitere Gesetze.

    Niemand kann von allen Menschen erwarten, die politische Agenda der FDP zu verstehen, oder gar gutzuheißen. Im Gegenteil, wenn jeder sie gutheißen würde, wäre auch irgendwas faul im Land. Jeder hat das Recht, sie mißzuverstehen, sie grob zu verzerren, sie als Horroragenda aufzufassen und rundheraus abzulehnen, so wie dieses Recht gegenüber allen Parteien besteht. Aus diesem Recht leitet sich aber nicht das Recht auf Pauschaldenunziation ab. Ansonsten haben wir schnell eine Situation, in der ein mediales Vorgehen wie gegen Wulff möglich ist auch ganz ohne konkrete Anlässe, Beweise unrechten Verhaltens usw. Die werden ganz einfach durch Verdächtigungen ersetzt, und mit einer blühenden Fantasie ausgestattet sollten einem ja genügend solche einfallen können.

    So, ab hier können Sie wieder zu lesen anfangen, denn hier ist mein Post zuende.

  44. @ Max Wedell

    „So, ab hier können Sie wieder zu lesen anfangen, denn hier ist mein Post zuende.“

    Sie vermuten richtig: Natürlich habe ich Ihren aktuellen Beitrag noch gelesen – der ist ja schließlich direkt an mich gerichtet. 😉

    Und natürlich können wir die parteipolitischen Exkurse gerne lassen – aber die haben sie initialisiert, nicht ich. Sie lassen doch kaum eine Gelegenheit aus, Seitenhiebe gegen die Linke zu verteilen und die FDP zu verteidigen. Da brauchen Sie sich nicht wundern, wenn auch das mal kommentiert wird, selbst wenn das eigentliche Thema ganz anders lautet.

    Aber nun zurück zur Affäre Wulff:

    Sie schreiben:
    „Ansonsten haben wir schnell eine Situation, in der ein mediales Vorgehen wie gegen Wulff möglich ist auch ganz ohne konkrete Anlässe, Beweise unrechten Verhaltens usw. Die werden ganz einfach durch Verdächtigungen ersetzt, und mit einer blühenden Fantasie ausgestattet sollten einem ja genügend solche einfallen können.“

    Wenn Sie damit sagen wollen, dass der Privatkredit des Ehepaars Geerkens nur ein Verdacht war, so ist das schlichtweg falsch.
    Ich glaube sowieso nicht, dass eine Medienkampagne, die nur aufgrund haltloser Verdächtigungen losgetreten würde, sehr erfolgreich sein könnte.
    Es ist doch in aller Regel so, dass gewisse Fakten über einen Politiker veröffentlicht werden, die auf ein mögliches Fehlverhalten hindeuten. Und da hilft halt nur, dass der Betroffene klar und deutlich ohne Verschleierungsversuche offenlegt, was Sache ist. Genau da hat Wulff aber von Anfang an versagt und hat sich dadurch immer unglaubwürdiger und angreifbarer gemacht. Wer so vehement verschleiert und insgesamt äußerst unklug agiert, der provoziert es doch geradezu, dass jede Kleinigkeit, die als Fehlverhalten ausgelegt werden kann, zu Tage gefördert wird.
    Ich hoffe sehr, dass die Affäre Wulff einen tiefgreifenden Lerneffekt auf die gesamte Politikerkaste zur Folge hat, wobei der durch einen Rücktritt sicher noch verstärkt würde.

    So, und von meiner Seite aus war’s das aber nun wirklich.

  45. Eine wesentliche Voraussetzung für die nächste Präsidentenwahl scheint mir zu sein, daß der Kanditat, den die politischen Lager vorschlagen, auf gar keinen Fall aus ihren eigenen Reihen stammen darf.
    Darüberhinaus halte ich es für notwendig, die Vorschläge mit einem Vorlauf von ca 12 Monaten zu tätigen, damit jeder Kandidat von den Medien „durchleuchtet“ werden kann, um zu verhindern, daß „Enthüllungen“ und „Bloßstellungen“ erst nach der Wahl stattfinden. Es sollte eine Immunitätsregelung für den Präsidentschaftskandidaten gefunden werden, die eine Grenze bestimmt, unterhalb derer keine Vorwürfe oder Diskreditierungen der Person mehr stattfinden dürfen, höchstens nachträgliche Wiedergutmachungen etc wirksam werden.
    Generell sollte die Möglichkeit des Rücktritts ausgeschlossen werden, Ausnahmen wären aufgrund gesundheitlicher Gründe vorzusehen.

    Eine sehr vorsichtige Einschränkung der Pressefreiheit bezüglich des Präsidialamtes und dessen Amtsinhaber wäre zu definieren, etwa dahingehend, daß ein zeitliches Aussetzen der Berichterstattung oder eine Art Kodex vereinbart wird, der die Kritik in respektablen Grenzen hält.

    Es gäbe noch eine Menge an Möglichkeiten, wie man dieses Amt demokratisch weiterentwickeln könnte, aber anscheinend ist hier wie anderswo nur die Lagerpolemik angesagt, und die ist unendlich langweilig.

    Ein Präsident ist ja sowas wie eine Gallionsfigur. Man kann sich nicht während der Fahrt entscheiden, ihr nicht mehr zu folgen.

  46. @ BvG,

    „Eine wesentliche Voraussetzung für die nächste Präsidentenwahl scheint mir zu sein, daß der Kanditat, den die politischen Lager vorschlagen, auf gar keinen Fall aus ihren eigenen Reihen stammen darf.“

    Mit anderen Worten, es sollten überhaupt keine Politiker sein dürfen, die nominiert werden? Sondern nur Personen mit gesellschaftlichen Funktionen, die nicht politisch sind? Meinen Sie das so? Das müsste man dann allerdings noch weiter einschränken, denn zum Kungeln gehören ja immer zwei. Wenn bei Politikern die Gefahr besteht, mit der Wirtschaft gekungelt zu haben, so besteht bei Verantwortlichen aus der Wirtschaft die Gefahr, mit der Politik gekungelt zu haben. Die scheiden also auch aus. Ich fürchte, am Ende bleiben nur Personen als mögliche Kandidaten übrig, die zwar im öffentlichen Leben eine Rolle gespielt haben oder spielen, aber diese Rollen nie irgendwie mit Machtausübung verbunden waren. Da bleiben dann eigentlich wohl nur Schauspieler und Sangeskünstler übrig. Ob ausgerechnet bei denen aber jemand leicht zu finden ist, der nach einer 12 monatigen Durchleuchtung noch eine reine Weste hat, d.h. nie Alkoholprobleme, Vielweiberei o.ä., das ist doch die Frage. Es sei denn, es gelänge, solche Dinge als unterhalb der von Ihnen vorgeschlagenen Grenze zu positionieren, was zweifelhaft ist.

    Eine Einschränkung der Pressefreiheit haben wir ja schon, denn es ist ja nicht Beliebiges in der Presse veröffentlichbar, z.B. Verleumdungen sind Grenzen gesetzt. Hier kommt es zu Abwägungen mit den Rechtsgütern derjenigen, über die berichtet wird, wobei auch seine Menschenwürde ein solches Rechtsgut ist. Daß dem Bundespräsidenten bei solchen Abwägungen höhere Rechte eingeräumt werden sollen als jedem stinknormalen Bürger empfinde ich als undemokratisch und auch nicht recht nachvollziehbar, warum das so sein soll. Mir fällt keine beispielhafte Berichterstattung ein, bei der man sagen könnte: Bei Herrn Müller ist es OK, wenn die Presse das mit ihm macht, beim Herrn Bundespräsident aber sollte es verboten sein. Im Gegenteil, beim Bundespräsidenten müsste eigentlich mehr erlaubt sein, denn bei irgendwelchen Rechtsverstössen o.ä. ist doch das öffentliche Interesse i.d.R. in weit höherem Maße betroffen.

    Man kann eine Gallionsfigur während der Schiffsfahrt neu anstreichen, oder ein wenig an ihr herumschnitzen. Gefällt sie immer noch nicht, hackt man sie ganz ab und bringt eine neue an. Zumindest in der Seefahrt ist so etwas m.E. möglich.

  47. zu BvG u. Max Wedell
    Warum? Im Moment wären wir schon einen Schritt weiter man würde den Bundespräsidenten so behandeln wie seinen ehemaligen Pressesprecher. Mit dem was bisher raus gekommen ist sollte der Präses halt entlich zurücktreten. Dann ist der Fall erledigt und man kann einen Neuen wählen. Das hat seit Jahrzehnten funktioniert. Ich denke das würde weiter so gehen wenn der Herr nicht so klammern würde. Das ich das Amt grundsätzlich für überflüssig halte habe ich schon oft hier geschrieben. Da ihr der Meinung seit es wäre nicht möglich in der heutigen Zeit einen geeigneten Kandidaten zu finden ist das Amt auch noch surreal und auch deshalb überflüssig

  48. @wedell

    Danke, das war scharf nachgedacht und nun schon nicht mehr soweit weg von dem, was Anna schrieb.

    Interessant wäre allerdings, welche „moralischen Verfehlungen“ tolerabel oder mindestens privat sein sollten.
    Man sucht ja keinen Unmensch, auch keinen Übermensch, wie schon oben gesagt.

    Bezüglich der Pressefreiheit nochmal:
    Ich denke, daß die Abwägung der Rechtsgüter längst aushebelt wurde, zugunsten einer Presse- und Medienwelt, bei der schon der blosse Verdacht und die Kraft der Meinung zum Ende von Karrieren und Leben führen kann und eine Instanz fehlt, die dem Einhalt gebieten kann. Wenn wir in einem Rechtsstaat leben, dann darf auch die Presse und die Meinung nicht zu außerrechtlichen Verurteilungen führen und die Empörung darf nicht zur Verurteilung führen, sondern sie muß zum Verfahren führen!

    Wie kommen Sie aber darauf, daß ein Präsidentschaftskandidat im öffentlichen Leben eine Rolle gespielt haben muß? Das ist im GG nicht gefordert.

    Letztlich aber kommen Sie zu derselben Frage wie ich:
    Ist es in diesem Staate möglich, so zu leben, daß man dessen Präsident werden könnte?
    Leben genug Menschen in diesem Staate so, daß man dessen Präsident werden wollte?

  49. Ach, was für eine lahme Veranstaltung.
    Mach dicht, Bronski!
    Kein Redakteur, kein Bundespräsident, nicht mal ein DuMont trägt hier was bei, selbst der Gastgeber ist nicht mehr im Wohnzimmer, was soll’s?
    Ich verlange Augenhöhe zu DuMont, Hebel, Wulff, Bronski et cetera.
    Wenn ihr das nicht bringt, seid ihr nicht meiner Rede wert.

  50. @ Anna #45

    „Ich hoffe sehr, dass die Affäre Wulff einen tiefgreifenden Lerneffekt auf die gesamte Politikerkaste zur Folge hat, wobei der durch einen Rücktritt sicher noch verstärkt würde.“

    Die Hoffnung stirbt zuletzt. In allen Befragungen und Untersuchungen zu Prestige oder Vertrauenswürdigkeit von Berufen rangieren Politiker auf dem letzten Platz (bei 20 Nennungen, 2007-2011) mit Werten zwischen 6% und 9%. [1]

    Selbst wenn sie ihren höchsten Wert im Laufe des Jahres 2012 verdreifachen würden, lägen sie gerade mal auf dem Rang von Journalisten (27%).

    [1] Es ist egal, welches Institut [2] die Befragung durchgeführt hat: die Werte unterscheiden sich bei verschiedenen Berufen, aber bei Politikern herrscht Übereinstimmung.

    Zu bedenken ist dabei natürlich, dass Prestige und Vertrauen zwei ganz unterschiedliche Kriterien sind. Ein Beruf kann ein hohes Prestige beinhalten, ohne dass ihm großes Vertrauen entgegengebracht werden muss. Und umgekehrt.

    [2] Unter anderem werden diese Befragungen durchgeführt von:

    Forsa „Bürgerbefragung öffentlicher Dienst“
    Allensbacher Berufsprestige-Skala
    GfK Vertrauensindex
    Reader’s Digest European Trusted Brands

  51. @ BvG

    Die FR meldet am 18.01.:

    „Merkel redet mit Bürgern über Deutschlands Zukunft

    Angela Merkel will einen gesellschaftlichen Dialog über die Zukunft Deutschlands anstoßen. […] Die Kanzlerin wolle mit Bürgern und Experten drei Fragen beraten: ‚Wie wollen wir zusammenleben?‘, ‚Wovon wollen wir leben?‘ und ‚Wie wollen wir lernen‘?

    Im Internet und bei Treffen im Februar und März mit jeweils 100 Bürgern […] will Merkel öffentlich Antworten suchen.“

    Ich vermute allerdings, dass es der Kanzlerin ebenso wenig damit ernst ist wie der FR. Die FR ist doch an einer tiefergehenden Diskussion gar nicht interessiert – die Blog-Teilnehmer erscheinen mir immer mehr als eine Art Feigenblatt. Seht her, wie toll sich unsere Leser einmischen! Ein Blog ist jedenfalls nicht das geeignete Medium für eine „echte“ Diskussion, zumal – rein technisch – nur eine chronologische Aneinanderreihung der Beiträge möglich ist. Durch eine Baumstruktur, die eben auch Nebenäste einordnet, wie es in den Newsgroups des Usenets schon immer gang und gäbe ist, lässt sich eben auch strukturierter argumentieren.

    Daneben benötigt eine (zielführende) Diskussion in einem offenen Medium auch eine entsprechend engagierte und sachkundige Moderation. Eine solche kann und will Bronski aber gar nicht leisten – er beschränkt sich neben einer Einleitung auf Ordnungsrufe und Zensur.

    Die Online-Kommentare (als Schnellschüsse für das Dem-Volk-aufs-Maul-Schauen) sind durch Registrierung samt Denunziantenbutton und Zensur derart öde geworden, dass man die Kommentarfunktion auch gleich ganz abschalten könnte. Die Redaktion hält das hartnäckig aber weiterhin für eine Erhöhung der Qualität und für einen Beweis ihrer tollen Leserbeteiligung. Nein: Leser stören und machen unnötige, unbezahlte Arbeit – sie sind ein notwendiges Übel.

  52. Bei den Zuschriften @50-52 bin ich an einen kleinen Dackel erinnert, der einsam durch eine große Wüste tippelt, sich irgendwann, voller Wut und Zorn, auf seine Hinterpfoten stellt und drohend ausstößt: „Wenn jetzt nicht sofort ein Baum kommt, dann ist hier aber was los!!“ 😀 😀 Oder auch an Rumpelstilzchen, welches in tiefer Nacht, mit herzerweichender, tränenerstickender Stimme wimmert: „Warum, in Gottes Namen, spielt denn keiner mehr mit mir!!“ 😀 😀

    @Bronski: Als unverbesserlicher Gutmensch tun mir die beiden Blogteilnehmer jedoch auch aufrichtig leid. Meine gutmenschliche, empathische Grundeinstellung lässt mich deshalb an Sie appellieren, die verzweifelten, nächtlichen Hilferufe, wie sie insbesondere in @50 zum Ausdruck kommen, nicht zu überhören. Wenn schon kein Redakteur, kein Bundespräsident, also kein DuMont, Hebel, Wulff, ja, noch nicht einmal eine Merkel auf die staatstragenden Ausführungen dieser beiden Blogteilnehmer reagieren, dann, bitte, bitte, tun Sie es doch, lieber Bronski. Diese geradezu flehentlichen Bitten um Augenhöhe, Aufmerksamkeit, Wertigkeit et cetera, machen nicht nur Enttäuschung sondern auch Einsamkeit deutlich, zumal das alles mitten in der Nacht erfolgt. Ich möchte mich schon jetzt, lieber Bronski, für Ihr Verständnis, so von Gutmensch zu Gutmensch, herzlich bedanken, und bei der Gelegenheit ein besonders schönes Wochenende wünschen.

    mfg
    Jutta Rydzewski

  53. Vielleicht kommt es in Ihrer Welt (Passage gelöscht) nicht vor, dass es Menschen gibt, die – mehr oder minder – nachtaktiv sind oder es aus Erwerbsgründen sein müssen. Der inhaltsleere Beitrag #54 ist nicht nur in Stil und Inhalt persönlich verletzend, sondern setzt auch eine ganze Gruppe von Menschen herab – nämlich all diejenigen, die nachts für das Funktionieren lebenswichtiger Systeme unserer Gesellschaft arbeiten. [1] Sich selbst als Herr und Frau Saubermann hochstilisieren, (Passage gelöscht)

    Ich beschwere mich nicht darüber, dass ich als kleiner Selbständiger unangenehme Aufträge annehme, statt es mir mit ein wenig Schwarzarbeit in der Hartz-IV-Hängematte bequem zu machen. Das ist für mich eine Frage der Selbstachtung. Dass mir Altersdiskriminiertem am Ende netto kaum mehr bleibt als einem Empfänger diverser Transferleistungen, stört mich nicht.

    Meine jüngeren KollegInnen mit kleinen Kindern finden es toll, dass ich von Zeit zu Zeit ihre Nachtschichten übernehme, damit sie bei ihren Familien bleiben können. Diese Solidarität ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Die so häufig angemahnte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, die auch mir zusteht, lässt sich nachts manchmal eben nur über das Internet realisieren.

    Wie gesagt: ich beschwere mich nicht über die von mir selbst gefällten Entscheidungen und ich erwarte dafür natürlich auch keine Anerkennung. Ich verbitte mir aber ganz entschieden – nicht zum ersten Mal, Frau R.! – eine ständige derartige Herabsetzung.

    [1] „Die Anzahl der regelmäßigen Nachtarbeiter im Jahr 2009 war im Vorjahr mit 3,54 Millionen sogar noch höher – der höchste Wert seit der Wiedervereinigung.“, nach: http://marc-strucken.suite101.de/nachtarbeit-a103523

  54. zu @ Anna
    Nicht ärgern, wenn es die Beiträge von Max Wedell nicht gäbe würde doch auch was fehlen. Das die Rechte derzeit ein Problem hat wenn sie von H. Wulff den Spiegel vorgehalten bekommt ist verständlich. Hier geht das ja soweit das man versucht den Mitlesern klar zu machen das das Verhalten von H. Wulff normal ist und man niemanden finden kann der sich anders verhält.

  55. @hans
    Na, die Rechte bekommt was vorgehalten?
    Mal nachgelesen, welche Affairen die Linken und Mittleren so vollbracht haben?

  56. @schnippsel, jutta

    Da kommt ja im Beitrag 54 auch so ein hübsches Demokratieverständnis zum Vorschein.

    Ja, tatsächlich, wieso sollten die Damen und Herren Wulff etc. ihre Aufmerksamkeit einem Winzling wie mir widmen, mir gar zuhören oder antworten oder sich überhaupt angesprochen fühlen?
    Wieso sollten sie sich von Berichten der BILD, der FR, FAZ und jeder anderen Zeitung angesprochen fühlen, oder gar vom Volke irgendwie stören lassen?

    Wegen der vielen Dackel vielleicht…

    Mit Grüßen auf Augenhöhe, Frau R.

  57. @BvG

    Auch mich interessiert zunächst vor allem, was hinter dieser Wulff-„Affäre“ steckt. Meine zwei wesentlichen Fragen, die miteinander eng zusammenhängen, bleiben bis jetzt jedenfalls unbeantwortet. Ich befürchte allerdings, unsereiner kann sich hier nur irgendeine Art Verschwörungstheorie zusammenbasteln.

    1. Warum wurden die bereits bekannten Vorwürfe bzgl. des Hauskredits nicht bereits vor Wulffs Wahl zum BP entsprechend recherchiert und publiziert? Wer hat(te) ein Interesse daran, die Vorwürfe vor Wulffs Wahl herunterzuspielen?

    3. Wer hat(te) ein Interesse daran, die Vorwürfe ausgerechnet vor Weihnachten in die Öffentlichkeit zu bringen und an Wulffs Stuhl zu sägen? Anders gefragt: wem nutzt die ganze Chose eigentlich?

    Sind bzw. waren es dieselben „Kreise“, die Horst Köhler weggemobbt haben? Wir erinnern uns: Horst Köhler hatte im Mai 2010 in so wunderbar klarer Weise offengelegt, dass auch die BRD zur Sicherung ihrer Interessen zu militärischem Eingreifen bereit sei. [1] Der Umbau der Bundeswehr von einer Wehrpflichtarmee zur Landesverteidigung in eine Interventionsarmee spricht da ja Bände.

    War Wulff im August 2011 in seiner Rede vor Wirtschafts-Nobelpreisträgern in Lindau ebenfalls zu weit gegangen? [2]

    „Auf dem Deutschen Bankentag hatte ich den Finanzsektor bereits gewarnt. Wir haben weder die Ursachen der Krise beseitigt, noch können wir heute sagen: Gefahr erkannt – Gefahr gebannt.
    […]
    Ich verstehe die Empörung vieler junger Menschen an vielen Orten der Welt, wenn sie sich aufregen, dass es aus ihrer Sicht nicht fair zugeht und dass zum Teil ihre Zukunftschancen bereits in der Gegenwart verbraucht werden. Denn es sind ihre Zukunftschancen, die hier auf dem Spiel stehen. Der Internationale Währungsfonds warnt sogar seit einigen Jahren vor einer sogenannten ‚verlorenen Generation‘.
    […]
    Politik muss ihre Handlungsfähigkeit zurückgewinnen. Sie muss sich davon lösen, hektisch auf jeden Kursrutsch an den Börsen zu reagieren. Sie darf sich nicht abhängig fühlen und sich am Nasenring durch die Manege führen lassen, von Banken, von Rating-Agenturen oder sprunghaften Medien.
    […]
    In freiheitlichen Demokratien müssen die Entscheidungen in den Parlamenten getroffen werden. Denn dort liegt die Legitimation.
    […]
    Solidarität ist wesentlicher Teil der Europäischen Idee. Es ist allerdings ein Missverständnis, Solidarität allein an der Bereitschaft zu bemessen, andere finanziell zu unterstützen, für sie zu bürgen oder gar mit ihnen gemeinsam Schulden zu machen.
    […]
    Ein Grundprinzip der Marktwirtschaft ist, dass Risiko und Haftung Hand in Hand gehen. Wer Risiken eingeht, kann auch scheitern. Dieses Prinzip muss auch für den Finanzsektor gelten, für kleine Anleger wie für große Institute. Hier muss Versäumtes dringend nachgeholt werden – weit über das hinaus, was in der G20 bisher angestoßen worden ist. Am Ende kommt es darauf an, dass wir alle gemeinsam durchsetzen, dass der Finanzsektor wieder in seine dienende Rolle zurückfindet und zu einer nachhaltigen globalen Entwicklung beiträgt. Wir brauchen gut funktionierende, leistungsfähige globale Kapitalmärkte, die dabei helfen, Risiken zu beherrschen, anstatt sie zu schaffen. Und die Kapital und Ideen zusammenbringen – Ideen zur Lösung der großen Aufgaben, vor denen die Welt steht.
    […]
    Mich stimmt nachdenklich, wenn erst im allerletzten Moment Regierungen Bereitschaft zeigen, Besitzstände und Privilegien aufzugeben und Reformen einzuleiten.“

    Das entschuldigt natürlich nicht Wulffs Verhalten. Der steht wie ein kleiner Bub in kurzen Hosen da, den man beim Schellenkloppen erwischt hat, und leugnet einfach weiter. Ich hatte ein solches Verhalten bereits weiter oben als „dämlich“ und „feige“ bezeichnet. Erwachsen sein heisst aber: Verantwortung für sein Tun zu übernehmen.

    Auf Ihre Vorschläge unter #46 möchte ich in einem folgenden Beitrag auch noch kurz (naja: ich kann’s ja wenigstens mal versuchen) eingehen. Ein „Bravo!“ für Ihre Fähigkeit, Dinge kurz und knapp zu formulieren (z.B. in #49):

    „Ist es in diesem Staate möglich, so zu leben, daß man dessen Präsident werden könnte?
    Leben genug Menschen in diesem Staate so, daß man dessen Präsident werden wollte?“
    [3]

    [1]„Meine Einschätzung ist aber, dass wir insgesamt auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen – negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen.“

    [2] http://www.bundespraesident.de/SharedDocs/Reden/DE/Christian-Wulff/Reden/2011/08/110824-Wirtschaftsnobelpreistraeger.html

    [3] Die FR meldet heute auf der Medienseite (S.37), dass die „Dschungelshow“ mit 25% Marktanteil an Platz 1 der TV-Sendungen stand.

  58. @schnippsel

    Vielen Dank für diesen Beitrag und die Quellen.

    Natürlich will ich die Verfehlungen Wulffs nicht herunterspielen, er hat dafür Rede und Antwort zu stehen, das gehört zur Redlichkeit. Aber ich frage trotzdem, ob ein Politiker nicht gezwungen ist, sich durch diesen Macht-Sumpf hindurchzukämpfen, um eine Position zu erreichen, aus der heraus er endlich die Wahrheit sagen kann.

    Jede Führungskraft wird diesen Weg zur unabhängigen Meinung nachvollziehen können. Es ist ein verlogener Weg zur Wahrhaftigkeit und das ist eine Kritik am System, nicht an den Personen. Kinder und Narren sagen die Wahrheit. Die Naivität des Amtes ist ja institutionell festgeschrieben, die Narrenfreiheit quasi verbrieft, wenn auch edler umschrieben. Aber erreichen muß man dies Amt erstmal. Umso interessanter wird es, wenn ein Insider, einer, der im und durch das System gewachsen ist, am Ende seinen Kumpanen Bescheid gibt.

    Das wäre zu schön, wenn Wulff sich als einer entpuppt, der es fertigbringt zu sagen: „So, nun bin ich euer Präsident, ihr Pappnasen, nun:“ in medias res“!“ Schöner wäre es gewesen, Köhler hätte dies durchgehalten, ihm hätte ich mehr zugetraut. Vielleicht hat er aber auch nur den Weg bereitet.

    Schön ist auch Ihr Hinweis auf das Dschungelcamp. Eines der Sternchen hat ja gesagt, es käme nicht darauf an, als was man in den Dschungel hineingeht, sondern darauf, als was man herauskommt. Kann man sehen wie man will.
    Beschämend ist letztlich nur, daß Politik in Deutschland ein Dschungel ist.

  59. zu @ BvG Beitrag 59
    Die Linke würde zu einem Fall Wulff sagen: Da haben wir ein schwarzes Schaf in unseren Reihen. Die Rechte sagt: Wie hier zu lesen, so ist die Welt eine Hand wäscht die andere. Das Verhalten von H. Wulff lässt für mich nur den Schluss zu das er keinerlei Unrechtsbewusstsein bei der ganzen Sache hat. Deshalb weiss er auch nicht was er auf den Tisch legen soll. Seine Entschuldigungen sind inzwischen auch völlig unglaubwürdig. Das kann man ihm aber gar nicht vorwerfen da er nicht weiss für was er sich entschuldigen soll. Für ihn war es wohl völlig normal das jeder der ihm ein Bier ausgibt sein Freund ist. Und für Freundschaftsdienste muß man sich nicht entschuldigen.

  60. @56

    Nachdem Sie sich nunmehr haben erleichtern dürfen, dabei Einblicke in Ihre näheren Lebensumstände, und persönlichen Befindlichkeiten gegeben haben, hofft (Passage gelöscht) Frau Rydzewski, dass es Ihnen jetzt ein bisschen besser geht. Die Danksagungen und Unterstützungsbekundungen durch Ihren „Leidensgenossen“ sind ja bereits ausgiebig erfolgt, so dass Sie auch daraus neue Kraft schöpfen können. Um das alles nicht zu gefährden, verzichte ich natürlich darauf, auf Ihre o.g. Verlautbarung näher und angemessen einzugehen. Vielmehr freue ich mich, dass ich offenkundig zur Stabilisierung Ihres seelischen Gleichgewichts beitragen konnte. Vielleicht noch ein kleiner Tipp zum Abschluss: Etwas mehr Selbstbewusstsein könnte Ihr Wohlbefinden sicherlich noch weiter steigern. Ansonsten Kopf hoch und weitermachen. So, nun aber zum eigentlichen Thema zurück, bevor es vom Blogbetreiber Haue gibt. 😀

    mfg
    Jutta Rydzewski

  61. @ BvG

    Nachtrag zu Horst Köhler, der sich gleichermaßen mit der Finanz- und der Atomlobby anlegte [1]:

    „Bundespräsident Horst Köhler hat die Banker dazu aufgefordert, sich zur Schuld an der Finanzkrise zu bekennen. Er vermisse noch immer ‚ein klar vernehmbares mea culpa‘, sagte Köhler im Interview mit dem stern. ‚Jetzt muss jedem verantwortlich Denkenden in der Branche selbst klar geworden sein, dass sich die internationalen Finanzmärkte zu einem Monster entwickelt haben, das in die Schranken gewiesen werden muss.‘ Die Branche habe ‚kaum noch Bezug zur Realwirtschaft. Dazu gehören auch bizarr hohe Vergütungen für einzelne Finanzmanager.‘ Die Finanzwelt habe sich ‚mächtig blamiert‘.

    Köhler hielt im Gespräch mit dem stern eine längere Gewinnung von Energie aus Atom- und Kohlekraftwerken für denkbar, verteidigte aber den Grundsatzbeschluss zum Ausstieg aus der Kernenergie. ‚Ich halte es für zwingend, dass Deutschland eine entschlossene langfristige Strategie zur Nutzung regenerativer Energien und zur massiven Verbesserung der Energieeffizienz entwickelt und umsetzt‘, sagte der Bundespräsident.“

    Nun könnte man einwenden, „der hat gut reden, das bleibt ja folgenlos“. Aber dann frage ich mich zweierlei:

    1. Wenn die BP-Reden eh folgenlos bleiben, wieso erwartet man sie dann so vehement?
    2. Wenn der BP seine Reden gar nicht in eigenes Handeln umsetzen kann (so wie es seine grundsetzlich definierten Aufgaben vorsehen), ist er dann nicht quasi kraft seines Amtes unglaubwürdig?

    Die einzige unmittelbare Eingreifmöglichkeit, also der einzige operative politische Einfluss der BP, liegt in seiner Funktion als „Staatsnotar“ – also bei der Prüfung, Unterzeichnung und Verkündung der beschlossenen Gesetze. Köhler hat, soweit ich mich erinnere, mindestens viermal von diesem Recht Gebrauch gemacht und wegen verfassungsrechtlicher Bedenken seine Unterschrift verweigert: beim Zugangserschwerungsgesetz (Internetsperrengesetz), bei der Teilprivatisierung der Flugsicherung und beim Verbraucherinformationsgesetz. Ohne eigene Prüfung hat er, in Absprache mit dem BVerfG, die Unterzeichnung der Ratifikationsurkunde zum Lissabon-Vertrag verweigert.

    Hätte Wulff vielleicht seine Unterschrift zu den Rettungsschirm-Plänen der Schuldenkanzlerin verweigert?

    [1] Stern-Interview mit Horst Köhler vom 14.Mai 2008
    http://www.stern.de/politik/deutschland/stern-interview-koehler-nennt-finanzmaerkte-monster-620186.html

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