Rechtsextreme in der hessischen Polizei: Nach zwei Jahren erfolgloser Ermittlungen

Janine Wissler, die Linken-Fraktionsvorsitzende im hessischen Landtag, hat Drohmails vom „NSU 2.0“ bekommen. Damit ist sie nicht allein. Wie jetzt zu erfahren ist, hat auch der ermordete Walter Lübcke (CDU Kassel) Drohmails bekommen, ebenso nun wohl auch der hessische Minsterpräsident Volker Bouffier und der Innenminister Peter Beuth (beide ebenfalls CDU). Spätestens seit dem Mord an Lübcke werden solche Mails aber offenbar ernstgenommen. Keine einfache Situation für den Innenminister, denn die Spur führt in die Reihen der hessischen Polizei, für die er – und natürlich auch Bouffier – verantwortlich ist.

Wissler„Die beiden Mails an Wissler stammen aus dem Februar“, schreibt FR-Redakteur Pitt von Bebenburg, der das aufgedeckt hat. „Sie enthalten üble Beschimpfungen und Drohungen und sind gespickt mit rechtsextremen Bezügen. So verwendet der Absender die Nazi-Grußformeln ‚Sieg Heil‘ und ‚Heil Hitler‘. Er beschimpft die Politikerin und droht Wissler einen ‚Tag X‘ an, an dem die Polizei sie nicht beschützen werde. Es ist bekannt, dass manche rechtsterroristischen Gruppierungen sich auf einen ‚Tag X‘ vorbereiten, an dem sie gewaltsam die Macht an sich reißen und ihre Gegner angreifen wollen. Teilweise wurden Waffen- und Sprengstoffverstecke solcher Terrorgruppen ausgehoben.“

Dass die hessischen Sicherheitsbehörden – und nicht nur die, man denke an das KSK – ein Problem mit Rechtsextremismus in ihren Reihen haben, dieser Verdacht ist alles andere als neu. Schon die Aufklärung der Morde des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) der Jahre 2000 bis 2007 hat ihn genährt, es ist der Ruch im Raum geblieben, dass der hessische Verfassungsschutz irgendwie in diese Morde verwickelt ist. Erinnert sei an den damaligen Agenten Andreas Temme, der auch „kleiner Adolf“ genannt wurde, und den Mord an Halit Yozgat. Und da wäre auch noch der Fall der Frankfurter Anwälting Seda Başay-Yıldız, die ebenfalls Drohmails vom „NSU 2.0“ bekam – mit nachweislicher Beteiligung von Polizeicomputern des 1. Polizeirevier Frankfurts, über die auf polizeiliche Daten zugegriffen wurde, die in den Drohmails auftauchen.

Diese Vorfälle und Verdachtsmomente begründen keinen Generalverdacht gegen die Polizei insgesamt. Aber die Öffentlichkeit hat ein begründetes Interesse daran zu erfahren, wie ernst jene Behörden, die eigentlich für ihre Sicherheit sorgen sollen, es mit Recht und Gesetz halten. Geschweige denn mit Rechtsstaatlichkeit. Minister Beuth steht darum momentan ziemlich unter Druck, denn er ist einer von denen, die immer von Einzelfällen gesprochen und weitere Warnungen nicht ernst genommen hatten. Das muss sich nun endlich ändern! Wir Bürgerinnen und Bürger wollen Vertrauen in die Behörden haben, die Recht und Gesetz durchsetzen! Ich bin sicher, dass ich damit für die überwältigende Mehrheit der Menschen in diesem Land spreche! Muss der ominöse „NSU 2.0“ seinen Worten erst Taten folgen lassen, bis etwas geschieht? Das will ich nicht hoffen!

fr-debatteStändige Bagatellisierung

Um das Problem Rechtsradikalismus in der hessischen Polizei zu lösen bedarf es wahrscheinlich ebensolch mutiger Maßnahmen, wie sie von der Verteidigungsministerin bezüglich der KSK getroffen wurden. Die ständige Bagatellisierung dieses Problems, durch die Politik und diverse Journalisten, mit Verweis auf Einzelfälle, führt sehr schnell zu einem Problem struktureller Art. Wenn es nicht sogar schon längst ein strukturelles Problem ist. Gleiches gilt für das Phänomen von Rechtsradikalen innerhalb von Justiz und Verwaltung.

Rolf Lang, Heusenstamm

fr-debatteDie Position der Polizei ist sehr intransparent

Seit nunmehr knapp zwei Jahren wird ermittelt, wer für die mit „NSU 2.0“ unterzeichneten Drohmails an die Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz verantwortlich zeichnet. Sie vertrat im Münchner Prozess gegen rechtsextreme NSU (Nationalsozialistischer Untergrund) die Familie des ersten von elf Mordopfern. Aktuell ist bekannt geworden, dass Janine Wissler, Stellvertretende Bundesvorsitzende der Partei „Die Linke“ und Fraktionsvorsitzende der Partei im Hessischen Landtag, Hassmails erhält. Sie enthalten, lt. FR vom 4./5. Juli 2020, nicht frei zugängliche persönliche Daten und die Prophezeiung, dass sie an einem „Tag X“ nicht mehr von der Polizei beschützt werden wird und dieselbe Absenderangabe. Bei Basay-Yildiz entstammten die nicht frei zugänglichen Daten einem Rechner des ersten Frankfurter Polizeireviers. Bisher ist unbekannt, wer sie verbreitet hat. Die Position der Polizei erscheint mir sehr intransparent. Peter Beuth (CDU, Innenminister des Landes Hessen) lässt Bedienstete auf rechtsextremistische Vorfälle prüfen, mit der Begründung, dass der „tadellose Ruf“ der Polizei keinen Schaden nehme. Man könnte einen Zusammenhang zu den zwei Jahren erfolgloser Ermittlungen sehen. Leider helfen die ernst gemeinten Solidaritätsbekundungen der demokratischen Parteien im Hessischen Landtag gegenüber Janine Wissler nicht weiter. Pit von Bebenburg hat Recht mit seinem Appell, dass die Ermittlungen bezüglich der Drohmails höchste Priorität besitzen müssen.

Juliane Schätze, Frankfurt

fr-debatteWer hat wann welche Abfrage abgeschickt?

Wenn ich im Internet eine Webseite aufrufe und keinen Ad-Blocker nutze, werden unendlich viele Daten von mir ausgelesen und in der Regel vom Webseitenanbieter an Dritte verkauft. Diese Daten können auch durch die Polizeisoftware „Palantir“ genutzt werden, um Profile von allen hessischen StaatsbürgerInnen anzulegen und zu analysieren. Dies ist ein erheblicher technischer Aufwand bei der Datensammelei gegenüber allen Bürgern in Hessen. Da soll es nicht möglich sein, festzustellen, wer diese Drohmails verschickt hat?
Es mag vielleicht sein, dass innerhalb der Polizei Nutzungsdaten der informationstechnischen Geräte (noch) nicht erfasst werden. Aber spätestens nachdem feststand, dass Daten vor fast zwei Jahren vom 1. Polizeirevier aus genutzt wurden, um die Anwältin Seda Basay-Yil-diz zu bedrohen, hätten technische Vorkehrungen getroffen werden können: Es ist kein Hexenwerk, Dateien (logfiles) zu erstellen, in denen festgehalten wird, wer wann welche Abfragen abgeschickt hat. Dies wäre auch legitim, da damit nicht persönliche Daten von Bürger*innen erfasst werden, sondern eine Datenerfassung innerhalb des Dienstgebrauchs erfolgen würde.
Dass dies bis heute offensichtlich nicht geschehen ist, kann zwei Gründe haben: Der Innenminister wollte die Nachprüfbarkeit in solchen Missbrauchsfällen verhindern, oder, was wahrscheinlicher und fast noch schlimmer ist, er ist schlicht in Fragen der Informationstechnologien überfordert. Da gibt es offensichtlich bei den hessischen Regierungsparteien noch erhebliche Bildungsarbeit zur Medienkompetenz leisten.

Axel Stolzenwaldt, Königstein

fr-debatteGefahr für das demokratische Staatswesen

Der FR und Pitt von Bebenburg muss attestiert werden, dass sie entsprechend ihrer journalistischen Aufgabe ein in der Tat gravierendes Problem ans Licht der Öffentlichkeit gebracht haben. Es ist der skandalöse Vorgang, dass offenbar größere Teile der hessischen Polizei in rechtsextremistische Strukturen eingebunden sind, die mit Drohungen unter dem Terrorabsender NSU 2..0 ihren Ausdruck finden. Die Vorgänge in Hessen und auch in anderen Bundesländern beweisen, dass es starke Kräfte bei der Polizei gibt, die aus ihrer rechtsextremistischen Gesinnung keinen Hehl machen und eine Gefahr für das demokratische Staatswesen darstellen. Der Rechtsextremismus in dieser Bundesrepublik ist weitaus stärker ausgeprägt, als der hessische Innenminister Peter Beuth und der Bundesinnenminister Horst Seehofer von der CSU wahrhaben wollen. Der von der FR aufgedeckte Skandal wurde just zu diesem Zeitpunkt öffentlich gemacht, als auch der Bundesinnenminister sich erneut weigerte, eine Studie über Racial Profiling erstellen zu lassen. Es sind alles Lppenbekenntnisse,die von vielen Innenpolitikern von CSU und CDU abgegeben werden. Die verantwortlichen Minister der Union müssen noch den Nachweis erbringen, dass ihre großen Bekenntnisse für Demokratie und gegen die Rechtsradikalen ernst gemeint sind. Solange jedenfalls in der Polizei rechtsradikale Strukturen blühen, erinnert vieles in der Bundesrepublik an das durch die Rechten beförderte Ende der Weimarer Republik.

Manfred Kirsch, Neuwied

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33 Kommentare zu “Rechtsextreme in der hessischen Polizei: Nach zwei Jahren erfolgloser Ermittlungen

  1. Wir brauchen endlich eine unabhängige Kontrolle der Polizei durch eine eigens dafür geschaffene Institution, wie etwa in Großbritannien das Office for Police Conduct (IOPC). Diese Institution soll professionell und ohne Ansehen der Person ermitteln. Und dort können auch Whistleblower ihr Wissen preisgeben.

    Im vorliegenden Fall sind offenbar haarsträubende Ermittlungsfehler passiert: Presseberichten zufolge fand keine Auswertung der privaten Computer, des Handys und der Datenträger des Wiesbadener Polizeibeamten statt. Auch eine Hausdurchsuchung wäre rechtlich möglich, ja bei der Schwere des Vorwurfs sogar geboten gewesen. Eigentlich gehören solche Maßnahmen zum Standard. Warum sie unterblieben sind, ausgerechnet auch noch durch das LKA, ist mir ehrlich gesagt vollkommen schleierhaft. So kann man natürlich, kein rechtes Netzwerk enttarnen.

  2. Es hat mich ziemlich mürbe und traurig gemacht in den letzten Tagen von den Morddrohungen („Tag X“)gegen Janine Wissler zu lesen. Ich schätze sie sehr als Mensch und Politikerin und werde den Gedanken nicht los, dass die Gefahr von rechts sich so weiter zuspitzen wird, dass wir keine Zeit mehr verlieren dürfen, diesem Bösen, diesem braunen Dreck, politisch die scharfe Kante zu zeigen. Jeder am seinem Platz. Dass das rechte Netzwerk sich offensichtlich in der Polizei befindet, sollte nicht ganz überraschen, aber es macht das Ganze noch deprimierender. Und es ist ja nicht nur ein Problem in Hessen. Es gibt ab jetzt keine Ausreden mehr!

  3. Das alles ist doch nicht wirklich was neues. Seit dem allgemeinen Schreddern der NSU Akten ist doch wohl klar das es eine Organisation gibt die das veranlasst hat.

  4. Meine persönlichen Erfahrungen hinsichtlich der Ermittlungen der Staatsschutzabteilung der Kriminaldirektion Frankfurt gegen einen Rechtsextremisten, der mich über einen Zeitraum von mehr als drei ½ Jahren (beginnend mit dem August 2016) mit Droh- und Hassbriefen malträtierte, sind positiv.

    In der Anfangsphase der Nachforschungen hatte ich eher den Eindruck, dass die zuständige Staatsanwaltschaft auf die Bremse trat. Da ich über eine juristische Ausbildung verfüge, ist mir der Unterschied zwischen Meinungsäußerung, Beleidigung und Volksverhetzung bekannt. Insbesondere kenne ich den § 130 Strafgesetzbuch, der den Straftatbestand der Volksverhetzung definiert und der Definitionen, die der politischen Opportunität geschuldet sind, nicht zulässt. Und ich habe gelernt, dass beispielsweise die Ankündigung der Hinrichtung eines politisch oder ethisch Missliebigen nichts mit dem Kundtun einer legitimen weltanschaulichen Überzeugung zu tun hat.

    Da ich auf jeden der anonymen Drohbriefe mit einem Strafantrag reagierte (in dem ich auch die aus meiner Sicht rechtliche Situation anhand von höchstrichterlichen Entscheidungen ausführlich darstellte), hat dies möglicherweise die Bewusstseinsbildung der Staatsanwaltschaft beeinflusst. Am 28. Juni 2018 wurde der Täter vom Amtsgericht Frankfurt zu einer hohen Geldstrafe verurteilt – allerdings nur wegen Beleidigung!
    Da fruchtete mein vorab eingebrachter Beweis für eine indirekte Holocaust-Leugnung leider nicht („OLG Frankfurt 2017: Die Negation des Holocaust in Privatbriefen ist keine strafbare Volksverhetzung, da es nicht öffentlich ist.“). Ebenso nicht die Kopie einer mir übermittelten rassistischen Zeichnung mit der Inschrift „Mixing the races – no more white faces“.

    Das Urteil hielt ihn jedoch nicht von weiteren Droh- und Hassbriefen ab. Im Gegenteil: Er zeigte mich ein Jahr danach an, weil er sich von einem meiner in der FR veröffentlichten Leserbriefe beleidigt fühlte (als „braunen Erweckungsprediger“ hatte ich ihn ohne Nennung seines Namens bezeichnet). Nach einer durchweg korrekt und fair verlaufenden Anhörung im Polizeipräsidium Frankfurt wurde das Verfahren von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Allerdings frage ich mich, warum diese Behörde überhaupt ein Ermittlungsverfahren gegen mich in Gang gesetzt hatte. Denn bei der betreffenden Person handelt es sich zu diesem Zeitpunkt um einen durch die Amtsgerichte Wetzlar, Limburg an der Lahn und Frankfurt am Main verurteilten Serientäter, der in verbaler Weise blindwütig um sich schlägt und indoktrinieren will.

    Irritiert war ich auch über die Staatsanwaltschaft in Limburg an der Lahn. Die hatte mehrere Strafanträge gegen den Verantwortlichen eines für jeden anklickbaren Internet-Blogs zurückgewiesen, in welchem im Juli 2017 zu einem „kleinen Holocaust“ aufgerufen worden war. Wörtlich stand dort: „Da brauchen wir schnellstens eine internationale Sonderkommission, die da mal einen [ ] »kleinen Holocaust« veranstaltet und diesen Puff ausräuchert.“ Gemeint waren so genannte „Schwarze Blocks“ und andere Gewalttäter, die am Rande des G20-Gipfels in Hamburg randaliert hatten. Die Staatsanwaltschaft begründete die Nichtaufnahme eines Ermittlungsverfahrens so: „Ohne Frage ist die Verwendung des Begriffs »kleiner Holocaust« in Bezug auf Menschen eine sprachliche Entgleisung. Solche Entgleisungen stellen aber nicht zwangsläufig einen Straftatbestand dar. Aufgabe des § 130 StGB, der Volksverhetzung, ist im Wesentlichen der Minderheitenschutz vor grober Verunglimpfung. Der Schutz gilt jedoch nicht uneingeschränkt.“

    Doch exakt diese Interpretation ist strittig. Denn der Paragraph 130 des Strafgesetzbuchs trat im Januar 2015 in einer neuen, verschärfenden Fassung in Kraft. So bezieht Absatz 2 sämtliche öffentlichen Äußerungen in Wort, Schrift und Bild, die die in Absatz 1 genannten Tatbestandsmerkmale erfüllen, in die Strafandrohung ein. Absatz 3 schließlich erweitert den Personenkreis eindeutig auf alle, die „eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 6 Abs. 1 Völkerstrafgesetzbuch bezeichneten Art in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigen, leugnen oder verharmlosen“.

    Die Bürger, welche die Strafanträge gestellt hatten, wiesen in ihren Begründungen explizit darauf hin, dass die öffentliche Verwendung des Begriffs „kleiner Holocaust“, die sprachlich ein Diminutiv des tatsächlichen Holocausts sei, die NS-Verbrechen an den Juden verharmlose. Damit erfülle diese Formulierung vollständig die juristischen Kriterien, die an den Straftatbestand der Volksverhetzung anzuwenden wären. Kennzeichnend für diese Wortschöpfung sei das Herbeireden eines Maßstabs, der es gestatte, aus dem quantitativen Umfang der Vernichtung eine qualitative Einstufung abzuleiten. Der in den Anzeigen Beschuldigte erwecke den Eindruck, dass zwar die 6 Millionen Opfer des tatsächlichen, des „großen“ Holocausts, zu viel gewesen sein könnten. Aber die systematische Ermordung von einigen hundert Randalierern – ohne Gerichtsverfahren und Verurteilungen – ginge hingegen in Ordnung. Eine andere als diese Schlussfolgerung ließe sich aus dem Aufruf nicht ableiten. Darum verharmlose er die mit der Bezeichnung Holocaust untrennbar verbundene systematische Vernichtung von Menschenleben gleich welchen Umfangs.

    Der zunehmende Rechtsextremismus in diesem Land wird nach meiner Einschätzung möglicherweise von Netzwerken innerhalb der Polizei befördert. Aber er kann sich auch und vor allem rechtlich wirksam entfalten durch Staatsanwälte, die ihren gesetzlichen Aufgaben nicht nachkommen. Gegen die Ablehnung eines Ermittlungsverfahrens hilft denen, die Strafanträge stellen, nur die Beantragung eines Klageerzwingungsverfahrens. Das ist mit hohen Kosten verbunden und es kann lange dauern – bei zweifelhaftem Ausgang. Zu viele öffentliche Ankläger nutzen diese hohe Hürde. Entweder aus Bequemlichkeit oder aus politischer Gesinnung. Die Landesjustizminister und -ministerinnen sind gegenüber den Staatsanwaltschaften weisungsbefugt, ebenso die Bundesjustizministerin gegenüber der Bundesanwaltschaft. Selbst nach den Anschlägen von Halle (Saale) und Hanau sind mir keine entsprechenden Verfügungen bekannt geworden.

  5. Von Politikern u.a. Innenminister Seehofer (CSU) und Hessens Innenminister Beuth (CDU) wurde jahrelang bestritten, dass es ein Rechtsextremismus-Problem gibt, „alles nur Einzeltäter“. Nach dem Mord an Regierungspräsident Walter Lübcke waren alle entsetzt und bass erstaunt, dass so etwas möglich ist. Langsam setzte ein Umdenken ein: Jetzt heißt es, „dass vom Rechtsextremismus die größte Bedrohung ausgehe“ (Seehofer), ein Studie zu Racial Profiling lehnt er allerdings weiterhin ab. Wen erinnert das nicht an Max Frischs „Biedermann und die Brandstifter“? Und wie das ausging ist ja hinlänglich bekannt.

  6. Eine Untersuchung würde es „amtlich“ machen, dass „Racial Profiling“ massenhaft existiert! – „Racial Profiling“ ist kein neues Phänomen und hat uns als (ehrenamtliche) Jugendrichter schon vor Jahrzehnten beschäftigt. Damals gab es nur diesen Begriff für die diese ungute Polizei-Praxis noch nicht; und leider hat sich nichts geändert!
    Weniger die Untersuchungs-Ergebnisse als die Konsequenzen daraus wären deshalb wichtig. „Racial Profiling“ lässt die (deutsche) Polizei in eine ganz bestimmte Richtung gucken. Wo genauer hingeschaut wird, läßt sich mehr erkennen. Dafür werden die „Inländer“ weniger beobachtet. Kam es dennoch zur Feststellung von Delikten konnte durch frühzeitiges Tätigwerden z.B. der Eltern bzw. des privilegierten Umfeldes Jugendstrafe etc. wirksam abgewendet werden. – „Wirecard“ und „Tönnies“ läßt wie durch ein Brennglas deutlich werden, dass durch zu wenig gezielte „Beobachtung“ tatsächlich größter Schaden entsteht und dass ein „Hoeneß“ im Reinluft-Knast zu Landsberg die Ausnahme ist.
    Auch wenn das Jugendstrafrecht „pädagogisiert“ ist, sind unsere Jugendknäste 1. überfüllt und 2. mit jungen Menschen (vorwiegend männlich!) mit „migrantischem“ Hintergrund belegt. Und hier ist die soziale Dimension erkennbar: Wie können diese (jungen) Menschen hier so gefördert und unterstützt werden, dass gute Alternativen möglich sind (und „billiger“ wäre es allemal!) .
    Aber aktuell und dringlich ist, dass die ungute Polizei-Praxis des „Racial Profiling“ permanent Thema der (hoch-)schulischen Polizei-Ausbildung ist und in der täglichen Arbeit von Polizisten ständig „supervidiert“ und damit zurückgedrängt wird, damit z.B. ein studierter Mann und Materialwissenschaftler aus meinem persönlichen Nahbereich bei Heirat nicht mehr seinen schönen persischen Nachnamen ablegt und sich einen guten deutschen Nachnamen zulegt. – Für „Racial Profiling“ bleiben dann aber immer noch der Bart und „dunkle“ Haut; was beschämt und kränkt und nicht förderlich für unsere Gesellschaft sein kann.

  7. Unser Innenminister stellt fest, dass es keinen Rechtsradikalismus in der Polizei gibt, weil solche Tendenzen ja verboten sind. Eine Untersuchung zu diesem Thema erübrige sich also.
    Dieses Argument folgt der Logik des Herrn Palmström, der „so schließt er messerscharf, nicht sein kann, was nicht sein darf.“ Christian Morgenstern lässt grüßen.
    Am Ende leistet der Innenminister seiner Polizei einen Bärendienst.

  8. Wie Recht hat Herr Beuth, dass der Verdacht, in der hessischen Polizei bestehe ein rechtsextremes Netzwerk, „schwer wiegt“. Wenn er allerdings erwartet, „dass sie (die Polizei?!) nichts unversucht lässt, um diesen Verdacht zu entkräften“, dann offenbart diese Formulierung wohl eher einem Vertuschungsversuch als einer bedingungslosen Aufklärung. Zumal dann, wenn die Polizei gegen sich selbst ermitteln soll.

  9. In der FR lese ich, dass der hessische Innenminister nach langem Leugnen, dass es in der hessischen Polizei rechtsextreme Netzwerke gibt, endlich der Einsetzung eines Sonderermittlers zugestimmt hat. Erschüttert hat mich der Auftrag, den Beuth dem Sonderermittler erteilt hat: Er erwarte von der Polizei, „dass sie nichts unversucht lässt, um diesen Verdacht zu entkräften“. Es sollte doch wohl die Aufgabe eines solchen Ermittlers sein, möglichst objektiv zu ermitteln, ohne Zielvorgabe. Wer weiß, wie die Karriere weiter verläuft, wenn der Ermittler nicht zum gewünschten Resultat kommt?

  10. Wieder haben mehrere Politikerinnen Drohschreiben vom „NSU 2.0“ erhalten, wieder wurden zuvor private Daten von hessischen Polizeirechnern abgerufen. Ein Forscher glaubt nicht an Einzeltäter. Schon wieder Hessen, schon wieder „NSU 2.0“, schon wieder ein Polizeirechner. Gruppen wie die Beratungsstelle „response“ für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt haben schon lange und wiederholt gefordert, nicht vorschnell von Einzeltätern zu sprechen, sondern den Blick auf Ermittlungen zu rechten Netzwerken und Strukturen zu lenken.
    Endlich schließt auch der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) nach den Drohschreiben gegen Janine Wissler nicht mehr aus, dass es ein rechtes Netzwerk in der Landespolizei geben könnte. Sorge bereite vor allem, dass im Falle der Drohschreiben an Wissler erneut von Daten die Rede ist, die von einem Polizeirechner abgerufen wurden. Noch ist allerdings unklar, wie die Strukturen bei den Verfassern der Schreiben sind. Wurden private Daten, wie vor zwei Jahren auch im Fall der Frankfurter Anwältin Seda Basay-Yildiz geschehen, nun im Fall Wisslers, von Polizeirechnern abgerufen oder stammten auch die Verfasser aus den Reihen der Polizei?
    Die Staatsanwaltschaft hat keine Hinweise auf Hacker-Angriffe. Wer die Drohschreiben verfasst habe, sei weiterhin nicht bekannt. Hinweise darauf, dass jemand sich von außen in das Informationssystem der Polizei gehackt hat, gibt es offenbar nicht. Neben der hessischen Linken-Politikerin haben auch die Fraktionsvorsitzende der Linken im Berliner Abgeordnetenhaus, Anne Helm, die Thüringer Bundestagsabgeordnete Martina Renner eine derartige Drohmail erhalten. In den Mails wurden alle mit dem Tode bedroht.
    In Hessen soll nun ein Sonderermittler die Arbeit aufnehmen und Licht in den Fall Wissler bringen. Warum erst jetzt und nicht schon im Fall der Frankfurter Anwältin Seda Basay-Yildiz? Denn solange der oder die Täter nicht gefasst sind, steht die ganze hessische Polizei unter Verdacht. Und das in einer Zeit, in der auch viel von strukturellem Rassismus und Racial Profiling die Rede ist.
    Polizeiforscher Behr sieht ein großes Problem bei der Aufklärung von Vorwürfen rechter Strukturen bei der Polizei aufgrund der „Mauer des Schweigens“, die zur Polizeikultur gehöre. Er hofft deshalb auf ein Whistleblower-System, an das er aber klare Erwartungen hat: „Es darf kein Ombudsmann oder Polizeibeauftragter innerhalb der Struktur der Polizei sein.“
    Die Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern tragen aktuell Informationen zu Rechtsextremismus und Rassismus in den Sicherheitsbehörden zusammen. Neben der Polizei betrifft das auch die Bundeswehr und das Zollkriminalamt. Auf Basis der dabei gewonnenen Erkenntnisse soll das Bundesamt für Verfassungsschutz Ende September eine Art Lagebericht veröffentlichen.
    Ich bin sehr gespannt, was dabei herauskommt.

  11. Ich muss lächeln, wenn ich lese und höre, wie aufgeregt man über die Machenschaften von Innenminister Peter Beuth im Zusammenhang mit der Affäre um Janet Wissler und die Anwältin Basay-Yildiz berichtet. Herr Beuth kommt aus dem Dunstkreis von Volker Bouffier und Roland Koch! Insofern folgt sein Handeln einfach der Tradition. Sind denn wirklich alle „Unregelmäßigkeiten“ der CDU / Bouffier / Koch schon vergessen? Umgang mit dem Giessener Umweltaktivisten Bergstedt. Steuerfahnder-Affäre. Küdische Vermächtnisse bzw. Schwarze Kassen. Umgang bei der – erfolgreich verhinderten – Aufklärung der NSU-Affäre. usw.
    Ein bis zu seinem Einzug in die Regierung Bouffier recht unbekannter Politiker (Tarek Al-Wazir) hat mal im Wahlkampf im Zusammenhang mit CDU / Koch / Bouffier von „Mafia“ gesprochen. Ich bin sicher, er hat sich damals geirrt – könnte er sonst Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident unter Volker Bouffier sein?
    Aus eigener Erfahrung -im Zusammenhang mit dem Projekt „LiLa-Lahn“ – weiß ich, wie in dieser Landesregierung manipuliert, getäuscht und verweigert wird.

  12. Der Dauerskandal um kriminelle Strukturen innerhalb der hessischen Polizei und der Umgang der politischen Führung damit macht tatsächlich fassungslos und ist zutiefst empörend. Leider scheint das aber weit repräsentativer für den Zustand in den rechtskonservativen Politkreisen zu sein als deren anscheinend überzeugungsfreien Bekundungen in den immer gleichen Sonntagsreden nach voraus gegangenen Anschlägen/Morden.
    Klar; sagt ein Polizist, über dessen Kennung die Daten für die Mordandrohungen abgerufen wurden, er sei’s nicht gewesen, dann nehmen die Ermittler das einfach ab und unterlassen, was bei jedem Anderen geschehen würde, nämlich eine weitergehende Durchsuchung/Beschlagnahmung privater Datenträger – es könnte ja was Unpassendes dabei herauskommen.
    Dabei steht es doch unzweifelhaft fest: Nazis sind feige! Ihre Drohungen sind anonym, ihre Morde geschehen aus dem Hinterhalt, ihre Anschläge und Verfolgungen kommen aus der Überlegenheit einer Gruppe gegenüber Einzelnen. Werden sie erwischt, sind sie alles Mögliche, aber auf keinen Fall Nazis oder Rassisten. Da sind sie ganz bei ihren Großvätern; oder kennen Sie einen faschistischen Mörder, einen KZ-Wächter oder Schlächter, der vor Gericht mal ausgesagt hätte: Ja, ich war’s, ich bin schuldig? Wenn nicht – dann sollte auch heute den mutmaßlichen Tätern und ihren Aussagen mit einer gewissen Skepsis begegnet werden – und das sollte dann auch im Falle betroffener Sicherheitsbehörden zu ernsthaften Ermittlungen führen. Alles andere (vgl. die mörderischen Nordkreuz-Strukturen bei den Bundeswehr Spezial-Einsatzkräften) könnte ansonsten zu einem bösen Aufwachen führen.

  13. Eine kleine Geschichte zur Wirkung der Drohbriefe: Wir, die Schnackschrauber (benannt nach der ehemals größten Erstaufnahme Hamburgs, der Schnackenburgsallee und weil wir zudem untereinander und mit unserem Klientel viel kommunizieren, halt schnacken wie man hier zu sagen pflegt), geben seit nunmehr 5 Jahren von uns aufgearbeitete Spendenräder an Geflüchtete und reparieren sie auch mit ihnen zusammen. Inzwischen tun wir das auch mit und für andere Bedürftige. Da es in letzter Zeit etwas spärlicher wurde mit Spendenrädern hatten wir in der regionalen Presse einen entsprechenden Aufruf gestartet – mit großem Widerhall. Dadurch wurde der NDR bzw. dessen Redaktion des Hamburg-Journals auf uns aufmerksam und plant einen kurzen Fernsehbericht über uns. Dieses (eigentlich für unsere Arbeit sehr positive) Ansinnen führte nun einer Diskussion ob ein solcher Beitrag zu unerwünschten Nebenwirkungen, konkret „Besuch oder Bedrohung durch NSU.2“ etc. führen könne falls wir persönlich identifizierbar wären. Also wir werden diesen Beitrag machen und uns nicht von unserer Arbeit für Geflüchtete und andere Bedürftige abhalten lassen, aber alleine das eine solche Befürchtung aufkommt, zeigt die (gewollte) Wirkung dieser Aktionen von rechter Seite. Wir sind ein bunter Haufen, auch politisch unterschiedlicher Herkunft und beileibe kein rein linkes Projekt. Das „Gutmensch“ inzwischen abwertend und zu einer Art Schimpfwort geworden ist, zeigt wie das politische Klima sich verändert hat, und die (offenbar wirksame) Einschüchterung durch Droh- und Haßmails ist die nächste und aktuelle Entwicklung. Da muß die Öffentlichkeit und die Politik offensiv drauf reagieren und es darf nicht verharmlost werden.

  14. Von Politikern u.a. Innenminister Seehofer (CSU) und Hessens Innenminister Beuth (CDU) wurde jahrelang bestritten, dass es ein Rechtsextremismus-Problem gibt, „alles nur Einzeltäter“. Nach dem Mord an Regierungspräsident Walter Lübcke waren alle entsetzt und bass erstaunt, dass so etwas möglich ist. Langsam setzte ein Umdenken ein: Jetzt heißt es, „dass vom Rechtsextremismus die größte Bedrohung ausgehe“ (Seehofer), ein Studie zu Racial Profiling lehnt er allerdings weiterhin ab. Wen erinnert das nicht an Max Frischs „Biedermann und die Brandstifter“? Und wie das ausging ist ja hinlänglich bekannt.

  15. Die Stuttgarter Polizei will nach Mitteilung des Polizeipräsidenten Stuttgarts bei Verdächtigen der Tumulte vom 21. Juni gezielt die Herkunft nachforschen lassen soweit sie einen Pass der Bundesrepublik besitzen. Ein solches Vorgehhen erinnert an den „Ahnenpass“. Offenbar machen die Behörden wieder einen Diener vor dem rechten Teil der Bevölkerung. Es gehört nach wie vor zu meiner Überzeugung, dass eine Strafverfolgung in einem Rechtsstaat nur beim Vorliegen eines konkreten Tatvorwurfs erfolgen darf, nicht aber auf Grund der kulturellen Herkunft, aus der dann Rückschlüsse über Motive usw. gezogen werden.
    Es wird für mich schwer, angesichts der vielen verfassungsrechtlich bedenklichen Entgleisungen von Behörden (Hessen-Polizei, Staatsanwaltschaft in Kiel, NSU-Verbrechen usw.) noch daran zu glauben, dass auf entscheidenen Stellen des öffenlichen Dienstes noch Personen sitzen, die jederzeit rückhaltlos sich für unser Grungesetz einsetzen.

  16. Wie die Frankfurter Rundschau berichtet, hat sich der Landespolizeipräsident Udo Münch in den vorzeitigen Ruhestand verabschieden lassen. Nun kann der Innenminister von Hessen, Herr Beuth (CDU), ruhigen Gewissens seine nicht nachweisbaren Recherchen nach den Tätern in der hessischen Polizei fortsetzen. Korrekt wäre es gewesen, er hätte den Hut genommen und wäre aus der Hessischen Landespolitik verschwunden.
    Eindeutig hat man hier ein Bauernopfer gefunden, der, da er in kürze sowieso in den Ruhestand gegangen wäre, keine großen finanziellen Verluste hinnehmen muss. Wer aber denkt, damit wäre die Affäre um die Datenweitergabe von Polizeicomputern erledigt, wird enttäuscht sein, denn die Bedrohung von Menschen, die sich gegen den Antirassismus in Deutschland auflehnen und ihn bekämpfen, wird hiermit nicht zu Ende sein.

  17. Im Beitrag von Herrn Pitt von Bebenburg sind einige Aspekte angesprochen, aber aus meiner Sicht nicht tief genug. Wir müssen uns bewusst machen, dass nach dem 2. Weltkrieg die Dienste natürlich mit dem ehemaligen Personal (aus den 30igern) bestückt wurden; nicht nur die Sicherheitskräfte auch die Justiz und Lehrkräfte. Somit war das Gedankengut dieser Epoche weiterhin erhalten und schon damals ‚verfestigt‘ und nicht erst jetzt wie Herr von Bebenburg schreibt. Darüber wurde natürlich nie gesprochen und diese Vergangenheit wurde auch nicht aufgearbeitet wie im Fall der STASI. Diese tiefsitzende nationalsozialistische Gesinnung zu thematisieren war auch das Anliegen von Ulrike Meinhof; leider hat die brutale Vorgehensweise der RAF von dem ursprünglichen Thema abgelenkt.
    Einige der ehemaligen Angestellte sind inzwischen ausgeschieden, die Gesinnung ist anscheinend geblieben, siehe die verschiedenen Skandale um Herrn Hans-Georg Maßen (ehemaliger Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz) und der sehr eigenartige Versuch der Sicherheitsbehörden die NSU Morde aufzuklären. Auch die stockenden Verfolgungen der Morddrohungen durch ‚NSU 2.0‘ (seit 2018!!) und der Skandal um die KSK sind Belege dafür, dass man immer noch nicht willens ist das nationalsozialistische Gedankengut und dazugehörige Gesinnung aus öffentlichen Behörden zu entfernen. Und da liegt das eigentliche Probleme: die Dienste werden nicht ‚unterwandert‘ wie Herr von Bebenburg meint, sie sind schon ewig unterwandert. Wir können nur hoffen, dass ein Herr Thomas Haldenwang seit November 2018 Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) eine Änderung der Gesinnung einleiten kann. Das kann nur geschehen mit entsprechenden Botschaften aus höchster Ebene. Eine Botschaft wäre eine lückenlose und vor allen Dingen transparente Aufklärung und entsprechende Ahndung innerhalb der KSK und der Verantwortlichen, die hinter NSU 2.0 stecken. Also nicht wieder mit geschwärzten Dokumenten und geschredderten Beweisen die Bürger abspeisen. Denn die Botschaften im Rahmen der Aufklärung der NSU Morde bestärkt die nationalsozialistischen Elemente in unseren Sicherheitsbehörden.
    Ein weiterer Aspekt von vielen Organisationen praktiziert und sicherlich nicht neu ist eine größere Sorgfalt bei der Auswahl von Personal schon bei der der Bewerbung.
    Meiner Meinung nach hat die Ausbildung einen maßgeblichen Einfluss auf die Einstellung und Vorgehensweise der Bediensteten. Hier werden die Weichen gestellt, wie sich zukünftige Angestellte der Sicherheitsdienste verhalten werden. Zum Beispiel sollten Bedienstete nicht nur die Menschenrechte kennen, sondern auch warum deren Einhaltung wichtig ist für das Überleben des Rechtsstaates und der Demokratie. Und warum ein Rechtsstaat und eine Demokratie für alle Bürger von Vorteil ist. So wie eine Firma ihre Angestellten auf ihre Einstellung und Strategien einschießt, können die Ausbilder der Polizeiakademien zum Beispiel ihre zukünftigen Mitarbeiter auf Rechtsstaatlichkeit und Menschenwürde einschießen. Noch wichtiger wäre eine Kultur des innerbetrieblichen Diskurses zu schaffen, wo auch in der Kaffeepause auf den Dienststellen diese heiklen Themen diskutiert werden. Es liegt an den ‚Oberen‘ diese Diskussionen (zum Beispiel zu Morddrohungen gegen rechtschaffene Bürger) einzufordern, unabhängig von weiteren Untersuchungen. Nur so kann das ‚Schweigekartell unterwandert‘ werden! Aber erstmal braucht es einen ernstgemeinten politischen Willen! Den sehe ich auch heute noch nicht.

  18. Zu meiner Zeit -ich bin 75 Jahre alt – wurde noch öfter der Begriff “Nibelungentreue” gebraucht. Nibelungentreue ist laut Wikipedia “ eine Form bedingungsloser, emotionaler und potentiell verhängnisvoller Treue“.
    Pitt von Bebenburg hat seinen Leitartikel mit „Das Schweigekartell“ überschrieben. Letztendlich ist das „Schweigekartell“ eine Folge jener verhängnisvollen Treue, die offenbar in den Kreisen derSicherheitsbehörden herrscht , und die es so schwer macht, die „unfassbaren Vorgänge“, so Beuth, aufzuklären.
    Mir scheint, auch manche Politiker, wie beispielsweise Herr Seehofer und Herr Beuth , zeigen diese Form der bedingungslosen….. Treue. Wie könnte man sich sonst erklären, dass Hessens Innenminister sich damit begnügt, die Polizisten zu fragen, ob sie Demokraten seien. Ja um Himmels Willen, wer von ihnen wäre so dumm, nein zu sagen? Unser aller Innenminister, Horst Seehofer, lehnt eine Studie über „Racial Profiling“ durch die Polizei (erklärt auf Seite 4 der Rundschau vom 10.7.2020) ab mit der Begründung, er sei gegen die Stigmatisierung einzelner Berufsgruppen.
    Dabei tun doch offenbar einige Mitglieder dieser Berufsgruppe alles dazu, eben diese Polizei in ein schlechtes Licht zu rücken.
    Wie anders wurde dagegen die Verfassungstreue der Staatsdiener geprüft, als es in den „achtundsechziger„ Jahren darum ging gegen „Linksextreme“ vorzugehen. Damals genügte oft schon die flüchtige Bekanntschaft mit einem Mitglied einer linken Partei, in manchen Bundesländern sogar die Mitgliedschaft in der SPD ( eigene leidvolle Erfahrung) um einem vom Staatsdienst fernzuhalten.
    Es stimmt wohl, dass manche in diesem unserem Lande auf dem rechten Auge blind sind.
    Sind denn die grauenhaften Ereignisse während des Nationalsozialismus schon vergessen?
    Armes Deutschland!

  19. Jeden Tag neue Enthüllungen, nicht durch Polizei oder Staatsanwaltschaft, sondern durch die Presse, hier vor allem der „Rundschau“ und der „Jungen Welt“.

    Danke an alle Journalisten, die daran arbeiten.

    Vor einigen Wochen konnten wir lesen, dass ein Autobahnpolizist seine Vorgesetzten über faschistische Äußerungen eines Frankfurter Polizisten informiert hatte, das Ganze endete in einer VERURTEILUNG des Täters.
    Ein extremer Einzelfall; und hier stimmt die Vokabel „Einzelfall“, denn „normalerweise“ werden Verfahren gegen Polizisten eingestellt.

    Über das Verhalten der Kolleginnen und Kollegen des Verurteilten hörten wir nichts.
    Haben sie interveniert? Oder feixend dabeigestanden? Von einer Intervention dieser Leute wurde nichts berichtet.

    Ohne Intervention des Autobahnpolizisten wäre das Ganze den üblichen Weg gegangen: Strafanzeige wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt, Beleidigung, Körperverletzung. Alle anwesenden Beamten hätten das vor Gericht bezeugt.
    Anschließend hätten Beuth und seine Freunde wieder die kriminellen Ausländer und die Respektlosigkeit gegen Polizeibeamte beklagt. Lautstark assistiert von der „Ansammlung faschistischer Demagogen“ (AfD)

    Der Mord an Ouri Jalloh wird wohl nie geklärt werden; einem Staatsanwalt, der Ermittlungen wegen Mordverdachts eingeleitet hatte, wurde der Fall entzogen;
    kurz darauf von einer anderen Behörde eingestellt.

    Wieso befinden sich eigentlich persönliche Daten von antifaschistischen Politikerinnen auf Polizeicomputern?
    Wieso wurde der Computer des Wiesbadener Polizisten, der die Anfrage angeblich nicht gemacht hat, nicht beschlagnahmt und analysiert? Bestand die Gefahr etwas zu finden?

    Seit zwei Jahren ermittelt die Staatsanwaltschaft in diesem Fall; Ergebnis:
    Immer mehr Menschen werden bedroht. Die Täter fühlen sich offensichtlich
    sehr sicher; denn offensichtlich herrscht das Gesetz der Omertà.

  20. Politische Beamte sind Lebenszeitbeamte, die ein Amt bekleiden, bei dessen Ausübung sie in fortdauernder Übereinstimmung mit den grundsätzlichen politischen Ansichten und Zielen der Regierung stehen müssen. Diese absolute Ausnahmeregelung will die schwarz-grüne Landesregierung mit ihrem „Dritten Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften“ jetzt auch auf die Leitung des Landeskriminalamts ausdehnen. Dessen Spitze soll nach Ausscheiden von Amtsinhaberin Sabine Thurau nicht mehr mit einem kompetenten, unabhängigen Kopf besetzt werden, sondern mit einem willfährigen, anpassungsfähigen Abnicker, der sich bereitwillig als Bauernopfer hergibt, falls der zuständige Innenminister mal wieder Mist bauen sollte. Als Trostpflaster winkt ihm dann bei vorzeitiger Versetzung in den Ruhestand eine attraktive Versorgungsregelung, von der Normalbürger nur träumen können. Was beim grünen Koalitionspartner in der Opposition noch einen empörten Aufschrei ausgelöst hätte, degeneriert jetzt in staatstragender Regierungsverantwortung zur gesinnungslosen Beihilfe, bislang unabhängige Spitzenbeamte per Gesetz mundtot zu machen. Für den nächsten Wahlkampf schlage ich daher den, der Parteitradition zutiefst verpflichteten Slogan vor „Bündnis 90/Die Grünen – Unsere Anpassung kennt keine Grenzen“.

  21. Am 6. April 2006 wurde Halit Yozgat in seinem Kasseler Internetcafe ermordet. Danach kam es in den hessischen Behörden zum Betriebsunfall: Das hessische LKA ermittelte handwerklich einwandfrei den Mitarbeiter des hessischen Verfassungsschutzes Andreas Temme als zur Tatzeit am Tatort anwesend und verdächtigte ihn als Täter ja erfrechte sich sogar, ihn verhören zu wollen. Der damalige Innenmister Bouffier konnte das erfolgreich verhindern: Anstatt eines Verhörs kam es auf seine Weisung hin lediglich zur indirekten Befragung d.h. das LKA durfte Fragen einreichen, die dann mit zeitlicher Verzögerung durch Temme bzw. den Rechtsanwälten des VS beantwortet wurden. Der Rest ist bekannt: Auch in Hessen liefen die Aktenschredder auf Hochtouren und die schwarz – grüne Landesregierung versah Akten mit Sperrvermerken von bis zu 120 Jahren versehen – eine Tatsache, die m.E. wenig Interpretationsspielraum lässt.
    Bouffier musste aber auch direkt Weisung geben, um die Aufklärung gegen den VS im direkten Verhör zu verhindern. Diese Peinlichkeit bliebe einem (schwarz – grünen) hessischen Innenminister zukünftig erspart, wenn er lediglich seine dann nicht mehr unabhängige LKA Chef(in) telefonisch zu ermahnen hätte bzw. an ihren Hals zu erinnern bräuchte.
    Hessen hat sich unter Bouffier zum Rechtsterror – Hotspot der Bundesrepublik entwickelt. Das Hauptproblem scheint zu sein, dass nicht alles (120 Jahre) unter dem Tisch bleibt. Genauso ist die geplante Politisierung der Stelle der LKA Führung zu interpretieren.

  22. Die Verniedlichung dessen was in der Nacht von Samstag auf Sonntag am Opernplatz passiert ist die man heute in der FR lesen kann ist nicht ok. Wer am Abend von zu Hause weg geht und sich so ausrüstet das er sich in der Nacht gut vermummen kann wird nicht vom Alkohol zum Krawall machen verführt sondern zieht das von Anfang an zumindest in seine Überlegungen ein wie die Nacht verlaufen könnte. Das hat dann auch nichts damit zu tun ob es in der Polizei rechte Netzwerke gibt und ist genauso zu kritisieren als ob es in einem Fußballstadion passiert.

  23. Gratulation an den Hessischen Innenminister Peter Beuth. In Schachspielen nennt man das ein „Bauernopfer“. Manchmal muss am einen Bauern opfern (dem abgetretenen Landespolizeipräsidenten Udo Münch), damit ein Läufer (Peter Beuth, CDU) politisch überleben kann. In Public Relations – vormals Propaganda – wird das „framing“ genannt. Das versteht Peter Beuth sehr gut. Er hat einen Beamten in den, immer wohlverdienten, Ruhestand versetzt, und damit die gesamte Debatte „reframed“. Und Schwupps! Alle reden nur noch über die hessische Polizei und die NSU 2.0 und niemand redet mehr über Peter Beuth und die CDU. Innerhalb der CDU sollten man sich Gedanken über Peter Beuth machen. So mein Mann kann man gebrauchen. Er hat sich für höhere Aufgaben qualifiziert. Meine Gratulation.

  24. Drei Anmerkungen zum hessischen Polizeiskandal:
    Als Saskia Esken Anfang Juni auf die Möglichkeit des latenten Rassismus bei der Polizei hinwies, wurde sie von großen Teilen der deutschen Presse ordentlich in den Senkel gestellt, flankiert von den eigenen Genossen. Ich vermisse jetzt die ebenso laut vorzutragende Bitte um Entschuldigung gegenüber der SPD-Vorsitzenden.
    2. Was steht eigentlich so alles über unbescholtene Bürgerinnen in Polizeicomputern? Hätte ich ein Recht, das zu erfahren? Warum werden in solchen Computern überhaupt ansonsten unzugängliche Daten über Bürgerinnen gespeichert? Wo hat die Polizei diese her? Die Aufklärung hierüber vermisse ich.
    3. Nach wie vor wird immer wieder beteuert, dass die große Menge der PolizeibeamtInnen fest auf dem Boden des Grundgesetzes steht. Wenn sie in der großen Öberzahl sind:Warum sind eben diese Menschen (vom einfachen Polizisten bis hin zur Vorgesetzten) dann nicht in der Lage, die wenigen Nazis in ihren Reihen ausfindig zu machen und zu entfernen? Ist es nicht falsch verstandener Korps-Geist, diese Leute zu decken? Wäre es dem Korps nicht dienlicher, wenn es nur aus aufrechten, dem demokratischen Gedanken verhafteten Menschen bestünde, so wie es uns alltäglich in den Fernsehkrimis vorgeführt wird?

  25. Trotz Fahndung keinerlei Ergebnisse – wie wäre es mit einer hohen Belohnung? Jetzt stochern alle aufgeregt im Nebel und die Fahnder laufen Gefahr sich lächerlich zu machen. Dabei ist der Vorgang sehr ernst. Schwer vorstellbar das man im Netz ohne Spuren übelste mails verschick en kann.Noch schwerer zu glauben ist der ungeheure Verdacht das diese Mails aus Kreisen der Polizei kommt. Wobei das ja schon kein Verdacht mehr ist – sondern Gewissheit.
    Statt Stochern im Nebel – wie wäre es hier eine hohe Belohnung auszuloben für die Ergreifung der Täter (und es sind vermutlich Männer). 50 000 oder 100 000 Euro dürften den Fahndungserfolg deutlich steigern. Das ist dann immer noch günstiger als Spitzenbeamte in den Ruhestand zu schicken. Und der ramponierte Ruf lässt sich wieder etwas verbessern. Doch das muss man auch wollen….

  26. Gratulation an den Hessischen Innenminister Peter Beuth. In Schachspielen nennt man das ein „Bauernopfer“. Manchmal muss am einen Bauern opfern (dem abgetretenen Landespolizeipräsidenten Udo Münch), damit ein Läufer (Peter Beuth, CDU) politisch überleben kann. In Public Relations – vormals Propaganda – wird das „framing“ genannt. Das versteht Peter Beuth sehr gut. Er hat einen Beamten in den, immer wohlverdienten, Ruhestand versetzt, und damit die gesamte Debatte „reframed“. Und Schwupps! Alle reden nur noch über die hessische Polizei und die NSU 2.0 und niemand redet mehr über Peter Beuth und die CDU. Innerhalb der CDU sollten man sich Gedanken über Peter Beuth machen. So mein Mann kann man gebrauchen. Er hat sich für höhere Aufgaben qualifiziert. Meine Gratulation.

  27. Beim wiederholten Lesen über die verschlafenen und unwilligen Reaktionen der CDU-Innenminister Beuth, Seehofer u.a. gegenüber den zunehmenden rechtsterroristischen Bedrohungen und Anschlägen kommt in mir eine Mischung aus Fassungslosigkeit und ohnmächtiger Wut hoch. Als älteres Semester erinnere ich mich noch sehr gut an die RAF-Zeiten in den Siebziger Jahren. Obwohl deren (scheußliche) Anschläge und Morde inzwischen von denen der Rechtsterroristen – beginnend mit dem Oktoberfest-Attentat von 1980 bis Halle und Hanau – weit in den Schatten gestellt wurden, was Anzahl der Täter/innen und Opfer angeht, waren sie damals das beherrschende Thema in der Politik, gefolgt von Gesetzesverschärfungen und Fahndungen aller Art in einer Stimmung aus Hysterie und Schuldzuschreibung („Sympathisanten“-Vorwurf z.B. gegen Heinrich Böll). Bei jedem Grenzübertritt wurde ich als Träger von Bart und langen Haaren intensiv überprüft, bei mancher Autokontrolle blickte man in die Mündung von Maschinenpistolen der Polizei.
    Heute dagegen sind die zuständigen Minister mehr mit ihrem angekratzten Image als mit wirkungsvoller Aufklärung und Bekämpfung der rechten Straftaten beschäftigt. Dass der Skandal der innerpolizeilichen Netze von zumindest Sympathisanten der Rechtsterroristen nicht aufgeklärt werden kann oder soll, hat dann so fatale Folgen, dass die Polizistinnen und Polizisten, die zugunsten eines Verletzten an der Alten Oper am Samstag einschritten, sich von angetrunkenen Chaoten unter dem – konkret sicher nicht berechtigten – Vorwurf, mit brutaler Polizeigewalt in Verbindung zu stehen, beleidigen und angreifen lassen mussten. Und noch fataler: die von Hetzschreiben Bedrohten stehen zwar weiter tapfer in der Öffentlichkeit, müssen aber nach dem Attentat auf Walter Lübcke durchaus um ihr Leben und die Sicherheit ihrer Angehörigen fürchten.
    Was ich mir heute wünsche, ist nicht die Überreaktion und Hysterie der siebziger Jahre. Aber diese hohe Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und der Politik für diese Gefährdung unserer Demokratie stünde uns heute wohl an. Stattdessen hat die Empörung nach einem Attentat nur eine kurze Halbwertzeit, und man geht schnell wieder zur Routine von Verharmlosung („Einzelfälle“) und Vertuschung über. Nachdem lange genug den Anfängen nicht gewehrt wurde, wächst nun die Gefahr, dass die Hütte brennt.

  28. Über unterschiedlichste Verbrechen von in jüngster Vergangenheit mit „NSU 2.0“ gezeichneten Drohbriefen diagnostiziert der Verfasser als Täter einen „Nazi oder, was wahrscheinlicher ist, die Nazigruppe, die dahintersteckt“. Sie hätten „offenkundig ein Problem mit Frauen“. Abgerundet wird seine Einschätzung, dass Rassismus, Sexismus und Antifeminismus fester Bestandteil der rechtsextremen Ideologie ist.
    Was dann folgt ist einerseits der weitgehende Verzicht auf eine Genese der Verbrechen, wodurch die Dimension der von ihnen ausgehenden Gefahr vernebelt wird. Andererseits sind es die üblichen wohlklingenden Wünsche (Phrasen) „Es muss eine Selbstverständlichkeit sein, dass … , Die Öffentlichkeit und die demokratischen Institutionen müssen …Es muss alles getan werden, damit die Täter gefasst, ihre Netzwerke zerschlagen und die unsäglichen Abfragen persönlicher Daten von Polizeicomputern gestoppt werden. Dass Menschen eine Ideologie der Ungleichheit vertreten, sich selbst auf die oberste Stufe stellen und andere abwerten, ist wie die anderen beklagten Verhaltensweisen jedoch nicht eine den Nazis anzulastende Erfindung, sondern ein seit Jahrtausenden praktiziertes Herrschaftsmittel im Kleinen wie im Großen, das von den Nazis in ihre Politik übernommen wurde.
    Die aktuell zu beklagenden Verbrechen sind deswegen nur eine Spitze des Eisbergs, die auf uns als Teil der kulturellen Identität lastet. Sie ist in Teilen bestenfalls mit einer langfristigen Strategie zu bekämpfen. Die beschriebenen Verbrechen mit ihrer sehr langen Geschichte, die nur einen kleinen Ausschnitt des Menschenunrechts ausmachen, stehen für sich nicht allein. Die Aufzählung kann ergänzt werden: Ausbeutung am Arbeitsplatz, Kindesmissbrauch, Tötungsdelikte in der Familie, Frauen als Gewaltopfer in Ehe und Familie; die ca. 25 %-tige schlechtere Bezahlung für Frauen in Unternehmen; zu Hungerlöhnen produzierte Waren, usw.
    Gemeinsam ist den im Einzelnen nur unvollständig aufgezählten Problemen, dass Menschenrechte weiter mit Füßen getreten werden. Die Missachtung der Menschenrechte wird oft noch als Kavaliersdelikt angesehen. Notwendig wäre ein verändertes Denken, auf der Grundlage des Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“. Im konkreten Fall ist eine Politik erforderlich, die Verstöße gegen Menschenrechte als solche umfassend tabuisiert und sanktioniert. Gefordert ist eine Menschenrechtspolitik, vergleichbar der des Mutterschutzes, des Umweltschutzes, des Tierschutzes, wie auch anderer Schutzgesetze. Auch hier ist JEDER gefragt.
    Als Willy Brandt „den blauen Himmel über der Ruhr“ zum Ziel erklärte, wurde er von Vielen verlacht. Die weitere Entwicklung hat aber gezeigt, dass auf der von ihm gelegten Grundlage, in Deutschland sehr erfolgreich Umweltpolitik betrieben wurde. Schon seit Jahrzehnten ist der blaue Himmel über der Ruhr Realität.
    So könnte der Traum „Alle Menschen werden Brüder“ den Strom derer verstärken, die schon längst unterwegs sind und sich vom „höher, weiter, schneller“ nicht mehr blenden lassen.

  29. Ohne das hinlänglich bekannte Trauerspiel, konkreter, die beängstigende Verwirrnis um das NSU-2.0-Debakel an dieser Stelle zu rekapitulieren, bewegen mich einige dringliche Fragen.
    Sollte der offensichtlich maßlos überforderte Herr Beuth nicht besser mit einer von ihm zu bewältigenden einfachen Verwaltungstätigkeit betraut werden?
    Handelt es sich bei den Juristen der Staatsanwaltschaft Frankfurt tatsächlich um ebensolche, oder um Zombies aus der Zeit der „furchtbaren Juristen“ und von daher außerstande, die Ansprüche einer „wehrhaften Demokratie“ zu erfüllen? (der Verzicht auf unverzügliche Ermittlungen wurde mit der Corona-Zeit begründet. Mein lieber Herr Gesangverein !!!)
    Wie weit sind Hessens Grüne mittlerweile im Darmtrakt der CDU vorgedrungen?
    Wie soll man sich als auf den Rechtsstaat vertrauender Bürger angesichts dieser von demokratischen Prozessen überforderten ‚Pfeifen‘ einer dystopischen Grundstimmung erwehren?
    Und – das waren nur die dringlichsten meiner Fragen.

  30. So wie es aussieht, geht die Armbanduhr von Herrn Beuth nicht nur fünf MInuten, sondern schon fünf Jahre nach. Verhält man sich so als Landesminister des Inneren? Ist dass das Rückgrat eines Politikers, einen engen Mitarbeiter des Ministers in den vorzeitigen Ruhestand zu schicken, und dann zu sagen, es ist wieder alles gut? Natürlich nicht! Beschämend, amateurhaft, unglaubliches Versagen auf dieser Ebene. Bei diesem Fall stimmen alle Beschreibungen.
    Seit Jahren verfolge ich, im Rheingau-Taunus-Kreis jahrelang wohnend, wie Herr Beuth regelmäßig im „Lokal-Blättchen“ des Rheingau-Taunus-Kreises (mit großem Foto) erschien, weil er wieder einmal unbedingt einen Bewilligungbescheid über 1000 Euro an die freiwillige Feuerwehr in „Dingenskirchen“ im Rheingau-Taunus-Kreis, persönlich übergeben wollte, auch nach Bekanntwerden der „NSU-Affäre“. Selbstverständlich an einem Freitag um 11 Uhr. Und dann wieder schnell nach Hause nach Taunusstein im Rheingau-Taunus-Kreis. Ist ja schließlich Wochenende.
    Man kann es gar nicht in Worte fassen, daß dieser Minister angeblich nicht in den eigenen Händen haben will, endlich nachweisen zu können, „wer wann, wieso, weshalb und warum“ an den Wiesbadenern Dienst-Rechnern war und sensibelste Daten abfragen konnte, ohne dass sich dieser oder diese Person zu erkennen geben musste. Es hat schon der Anschein der absoluten Lächerlichkeit. Das Schweigen dazu von Herrn Bouffier spricht Bände.
    Wäre Herr Beuth doch bis dahin, nach dem Tod von Herrn Schäfer, vielleicht aussichtsreicher Kandidat für dessen Nachfolge gewesen. Gott bewahre.

  31. Die Untätigkeit der Staatsanwaltschaft, der politischen Führung und der Polizeiführung lässt doch eigentlich nur einen Schluss zu. Das rechte Netzwerk ist deutlich größer als bisher bekannt. Es ist so groß das die Mitglieder sich trauen das was geschehen ist zu tun und keine Angst haben entdeckt zu werden. Das ist für mich so lange klar bis wieder erwarten das Gegenteil bewiesen wird. Ich erwarte da eine baldige klare Aussage der Grünen die in Hessen ja mit in der Regierung sind.

  32. Vor dem Hintergrund des Skandals um den vom „NSU 2.0“ teilkontaminierten Polizeiapparat muss einen verwundern, dass die CDU sich mit der von ihr politisch und menschlich stets verleumdeten politischen Feindin Janine Wissler so scheinheilig solidarisch zeigte. Ansonsten dürfte aber klar sein, dass der Grund und die Ursache der rechten Todesdrohungen gegen Menschen, die dem Konzept der sozialen Gerechtigkeit und Mitmenschlichkeit verpflichtet sind, seine Wurzeln auch im Dunstkreis der rechtsgerichteten Alfred-Dregger- und Holger Bellino-CDU hat.
    In unguter Erinnerung bleibt, wie feindselig und rücksichtslos Michael Boddenberg die ihm intelligenzmäßig und sprachlich überlegene, damals noch recht junge Janine Wissler zu Rechtsausleger Kochs Wahlkampfzeiten in hr-Fernseh-Runden angegangen ist. Sie hatte einen für die konservativen Kreise unerträglich schnellen politischen Aufstieg hingelegt. Wer wollte bezweifeln, dass – trotz eines Walter Lübcke – geheime Bande zwischen einer gewissen CDU-Gefolgschaft, überkommenen rechtsaffinen Strukturen im hessischen Verfassungsschutz und zu Angriffen entschlossenen Rechtsaußen sich übers Land spannen, für die ein Andreas Temme, dessen Rolle im Mordfall Halit Yozgat unaufgeklärt ist, ein Indiz darstellt?
    Der CDU geht es politisch nur um die Zementierung der schlichten ökonomischen Machtverhältnisse zwischen den Unseren da droben und den Unwürdigen da unten. Für sie ist der grenzenlos triviale besitzbürgerliche Materialismus das Höchste der Gefühle und Ideale. Der Faschismus lauert stets auch im angemaßten bürgerlichen Mittelstand.

  33. Für mich ist die zentrale Frage in diesem Fall, warum immer noch kein wirklicher Ermittlungserfolg bezüglich der Drohmails von „NSU 2.0“ vorliegt. Genauer gesagt: ich finde, es ist ein Skandal, dass unsere Behörden eineinhalb Jahre nach der ersten Mail gegen die Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz immer noch die Serie der Drohmails nicht unterbunden hat. Immerhin hat Frau Basay-Yildiz eine NSU-Opferfamilie als Nebenklägerin im Prozess gegen Tschäpe und Co vertreten. Man hatte offensichtlich zu wenig Interesse an dem Schutz von Frau Basay-Yildiz.
    Ich habe sie selbst bei einer Veranstaltung erlebt, bei der es darum ging, das ganze katastrophale Versagen unserer Staatsorgane bezüglich des NSU aufzuzeigen. Viele wichtige Fragen zur NSU-Mordserie sind ungeklärt. Und von Staats wegen will man auch nicht mehr wissen. Die diesbezügliche Akten des Verfassungsschutzes sollen jetzt „nur 30 Jahre“ unter Verschluss bleiben. Es gibt sicher etwas zu verbergen. Und dazu passt leider auch noch das Ermittlungsversagen bei den Drohmails gegen Frau Basay-Yildiz und anderen engagierten Frauen.
    Februar 2020 wurde Janine Wissler bedroht. Betroffenheit in den Reden im Landtag, aber die Datenträger und Diensträume der Verdächtigen wurden nicht untersucht. Das ist geradezu eine Ermunterung an die Täter weiter zu machen. Man kann sich sicher fühlen…
    Eigentlich muss man nicht mehr fragen, ob es institutionellen Rassismus in der Polizei gibt, wenn doch auch die obersten Dienstherren in diesem Fall durch Untätigkeit auffallen. Die NSU-Morde waren rassistisch, Frau Basay-Yildiz engagiert sich gegen Rassismus und hat Migrationshintergrund. Die Drohmailschreiber beziehen sich explizit auf die Mordserie des NSU und die obersten Entscheider in Hessen unternehmen deutlich zu wenig. Das ermutigt Rassisten in der Polizei und in der Gesellschaft. Und dies ist der Fall seitdem die NSU-Morde nur halbherzig aufgeklärt wurden.
    Mitlerweile wurde wenigstens ein „Trittbrettfahrer“, sogar mit illegalem Waffenarsenal, ermittelt. Aber es bleibt dabei: Beuth muss gehen, Bouffier muss gehen. Und es muss vor allem sehr schnell aufgeklärt werden, wer welche Mails geschrieben hat. Die rechten Netzwerke müssen ausgehoben werden.

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