Gewalt auf dem Opernplatz: Irgendwas läuft gerade ganz gewaltig falsch!

Erst Stuttgart, jetzt kürzlich Frankfurt: Junge Leute randalieren gewaltsam gegen die Polizei. Menschen werden verletzt und verhaftet, und die Polizei hat keine angemessene Antwort. Vor allem keine de-eskalierende. Es gibt daraufhin in Frankfurt ein Betretungsverbot für den Opernplatz. Und dabei der Verdacht im Raum: Es waren vor allem Migranten! Köln lässt grüßen, hatten wir ja schon.

Kürzlich Innenminister Seehofer: Keine Studie wegen „Racial Profiling“ in der Polizei, weil „Racial Profiling“ gesetzlich verboten sei; also sind Polizist*Innen offenbar automatisch immun gegen Rassismus. Nun fordert Innenminister Seehofer aber eine Studie über Gewalt gegen die Polizei.

Der Fisch stinkt bekanntlich immer vom Kopf. Dass die Polizei ein Problem hat, ist durch die jüngsten Enthüllungen der FR hinlänglich bekannt geworden. Ich verweise dazu auf die parallel laufende FR-Blog-Diskussion zum Thema „Rechtsextreme in der Polizei“, die auch die entsprechenden Links zur Berichterstattung anbietet. Diese Diskussion hat mit der über die Randalen in Stuttgart und Frankfurt durchaus zu tun, denn indem die Polizei solche Vorbehalte nicht ausräumt, statt sich als Stütze des Rechtsstaats zu profilieren, wird sie nun möglicherweise nicht mehr als rechtsstaatlich anerkannt. Man unterstellt ihr, unterwandert zu sein. Dadurch wird sie diskreditiert. Die Verantwortlichen, allen voran Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), aber auch der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU), müssten ein Interesse daran haben, die Polizei als Ordnungskraft im öffentlichen Bewusstsein zu verankern. Diese Verankerung schwindet jedoch, wie die Nachrichten vom Frankfurter Opernplatz zeigen. Warum also gibt es keine Aufklärung über rechtsradikale Umtriebe in der Polizei? Der Rechtsstaat schadet sich selbst? Ein Hoch auf die Erosion des Rechtsstaats?

Szenen wie die vom Frankfurter Opernplatz sind ein Indiz dafür, dass etwas falsch läuft. Jetzt wird vielfach die Corona-Pandemie für die Exzesse verantwortlich gemacht, aber die Pandemie hat in vielerlei Hinsicht eigentlich nur gezeigt, was bisher schon falsch gelaufen ist.
Wenn junge Menschen nicht mehr Party machen können, obwohl das bisher zu ihrem Leben gehört hat, dann suchen sie sich Ventile. Ist das gut? Ist das schlecht? Ist das menschlich? Ist das männlich? Es führt jedenfalls anscheinend zu nichts Gutem, wenn sie nicht dürfen. Nun stellt sich die Frage: Ist „Party machen“ ein Bestandteil unseres Lebens, auf das wir ein Recht einpochen können? Manche scheinen das zu glauben. Wenn sich diesen Menschen die Polizei entgegenstellt, dann wird anscheinend jedenfalls für Einige von ihnen ein Spaß daraus.

Ach ja: Hier noch ein Link auf ein sehr erhellendes Interview, das mein Kollege Oliver Teutsch mit dem Kriminologen Thomas Feltes geführt hat.

fr-debatteDie Frage nach der Lebenswirklichkeit

In der Analyse der Unruhen auf dem Frankfurter Opernplatz und anderswo werden Sicherheitsdezernent und Polizeipräsident in ihrer Ratlosigkeit ausführlich zitiert. Doch – wo bleibt die Stimme der Jugenddezernentin und der Fachleute aus Jugendpolitik, Jugendhilfe und der Jugendarbeit?
Da man dieses Thema nicht nur sicherheitspolitisch angehen kann, sollte diese Expertise angefragt und genutzt werden. In sicherlich allen Frankfurter Stadtteilen gibt es Offene Jugendarbeit, Straßensozialarbeit, Jugendsozialarbeit, Jugendringe, Quartiersmanagement,…viele Erfahrungen und Kenntnisse, die Aufschlüsse über Ursachen der Unruhen geben und Strategievorschläge machen könnten.
Vor allem die Antwort auf die Fragen nach der Lebenswirklichkeit der an den Unruhen beteiligten jungen Männer, nach ihren sozialen und ethnischen Herkünften könnte bei der Entwicklung von Gegenstrategien helfen. Es war vorauszusehen, dass junge Menschen den Lockdown nicht ewig in ihren Kinderzimmern (sofern vorhanden) verbringen würden und sich irgendwann wieder bemerkbar machen würden. Aber das war kein Corona-Thema, die Jugendpolitik schwieg. Stattdessen wurde und wird viel Energie darauf verwandt, den Fußball weiter rollen zu lassen und den Konsum anzukurbeln. An Jugendliche (und an Kinder) denkt und dachte man kaum. Genau wie auf Bundes- und auf Landesebene hörte man die Verantwortlichen für Jugendpolitik und Jugendhilfe auch in Frankfurt zu den Jugendlichen in Corona-Zeiten gar nicht – das rächt sich jetzt.
Korrektur ist vonnöten. Warum deshalb zum Beispiel nicht mal auf einem „Jugendgipfel“ gemeinsam zwischen Jugendpolitik/Jugendhilfe und Polizei die Sachlage analysieren, Strategien und Maßnahmen entwickeln?

Marion Reinhardt, Frankfurt

fr-debatteWenn der Hass alles aus dem Ruder laufen lässt

Ehrlich gesagt frage ich mich inzwischen, inwieweit man sich vom ‚feierwilligen Volk‘ alles gefallen lassen muss? 6000 meist ‚vernünftige Menschen‘, die die ‚Verbarrikadierung‘ der letzten Monate kompensieren müssen, wie im Artikel vorher zu lesen ist? Bitte wie? Verbarrikadiert?? Dann möchten diejenigen doch mal nach Spanien oder Italien schauen, was da für Maßnahmen ergriffen wurden! Und hier ist man angepisst, wenn man nicht zu jeder beliebigen Zeit die Sau rauslassen kann?
Und was die 400 Mülltonnen angeht: ich hätte noch mehr aufstellen lassen! Und vielleicht sollte man mal überlegen, den Dreck jeder Nacht einfach liegen zu lassen – als Mahnung.
Die Leute haben so viel Kraft und Energie, haufenweise Alk mitzunehmen und Party machen bis zum Morgen – und für den Dreck sind dann andere zuständig?
Nein, irgendwas läuft hier gerade ganz gewaltig falsch, wo der Hass auf die Polizei dann alles vollends aus dem Ruder laufen lässt.

Dieter Künnecke, Offenbach

fr-debatteDer Mob muss konsequent bestraft werden

Erst wird sich auf dem Opernplatz „mannhaft“ betrunken. Dann „mannhaft“ geschlagen. Das ganze offenbar schlimm genug, dass Hilfskräfte von Polizei und ein Krankenwagen auffahren müssen. Diese HILFS-kräfte werden unter Gejohle massiv mit Flaschen beworfen und verletzt.
Was hat das mit Themen wie „Drohmails von NSU 2.0“ oder Aufbegehren gegen „Rassismus in der Polizei“ zu tun? Nichts.
Im Gegenteil, eine solche Interpretation beleidigt all jene, die sich gegen Missstände und Rassismus engagieren und friedlich auf die Straßen gehen!
Was sich am Samstagabend auf dem Opernplatz abgespielt hat, war nichts anderes als Randale eines durch Testosteron und Alkohol außer Rand und Band geratenen Mobs. nd als solches gehört es nicht nur bezeichnet, sondern auch konsequent verfolgt und bestraft.

Bertram Hock, Oberursel

fr-debatteIgnoranz, Dummheit und Brutalität

Die erneute Gewalt und Zerstörungswut auf dem Frankfurter Opernplatz in der Nacht vom 18. auf den 19. Juli ist allem Anschein nach leider kein singuläres Ereignis. Ein Video, das der Hessische Rundfunk ins Netz stellte, weckt schlimmste Befürchtungen. Machos in der Altersgruppe von älteren Jugendlichen und jungen Erwachsenen schleudern unter lautem Gejohle Mülltonnen auf die Straße und präsentieren sich in aggressivem Imponiergehabe. Eine junge Frau wirft mit einer Flasche in Richtung der umliegenden Geschäfte.
Mich erinnern die Randalierer in Aussehen und Outfit an jene unsympathischen Zeitgenossen, die mir regelmäßig auf Gehwegen mit E-Rollern entgegenkommen oder mich dort überholen, manchmal gar anrempeln. Vielfach zu zweit auf einem Gefährt. Und die meinen Protest mit dem Stinkefinger beantworten. Nach meinem Eindruck entstammen die feiersüchtigen Gewalttäter und die rücksichtslosen E-Roller-Fahrer demselben Milieu. Nämlich einer Parallelgesellschaft, in der Ignoranz, Dummheit und Brutalität zu den geforderten Zugangsvoraussetzungen zählen.
Eigentlich müsste es bei der Tatsachenlage für die Ordnungs- und Strafverfolgungsbehörden relativ einfach sein, die Täter zu ermitteln.

Klaus Philipp Mertens, Frankfurt

fr-debatte

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35 Kommentare zu “Gewalt auf dem Opernplatz: Irgendwas läuft gerade ganz gewaltig falsch!

  1. Ich denke wenn man am Samstag Nacht auf den Opernplatz gegangen wäre und hätte eine Umfrage gemacht wer was weiß über ein rechtes Netzwerk in der Polizei wären wohl für einige überraschende Ergebnisse raus gekommen. Bei denen die festgenommen wurden hat wahrscheinlich noch nie einer was davon gehört.

  2. @ Bertram Hock

    Trotz des nachvollziehbaren Bedürfnisses nach konsequenter Vefolgung und härterer Bestrafung, muss man aufpassen, dass es nicht bei dieser Verachtung der Randalierer stecken bleibt. Es geht nicht um ein falsches Verständnis von Unrecht, sondern nicht zu vergessen, dass eben hinter den Eskalationen junger Menschen mehr steckt als nur blinde Wut. Es ist nicht nur ein Ausbruch aus dem Corona-Eingesperrtsein.
    Wenn es sich um junge Menschen handelt, dann tritt auch eine Rat- und Orientierungslosigkeit dieser vor allem männlichen Generation zutage, die auch schon vor Corona da war. Nur eben schwelte sie so vor sich hin.
    Auch mag es sich für den einen oder anderen jetzt langweilig anhören, aber der gesellschaftliche Wandel mit den vielen neuen sozialen und biografischen Unsicherheiten (Arbeitswelt, Wertewandel, Identitätsverluste, Leistungsethos ohne Lohn u.a.m) lassen eine Generation von jungen Menschen irgendwie im luftleeren Raum zurück. Und irgendwann und irgenwie kommt es zum Knall.
    Die Krise der Männlichkeit und der Jungen haben in der öffentlichen Debatte keine große Resonanz. Müsste sie aber haben.

    Mir machen zeitweise unachtsame und sture alte Erwachsene in der Krise mehr Sorgen.

    Und: Die Polizei (ich rede jetzt nicht von den Rassismusvorwürfen)tut mir zur Zeit leid. Sie haben einen harten Job, auch in dieser Zeit der Demos, Proteste, Krawalle und Regelüberschreitungen. Sie steckt in einer richtigen Mausefalle. Es muss eine wahre Kunst sein, jetzt das Richtige zu machen und an den Schauplätzen Deeskalation zu schaffen.
    Es gibt viel zu reflektieren, nicht nur zu reagieren.

  3. zu @ Jürgen Malyssek
    Man könnte ihnen ja zustimmen, aber sie blenden völlig aus das Jugendliche mit Migrationshintergrund da eine große Rolle spielen. Wir sind dabei Köln in ganz D. zuzulassen. Das kann so nicht sein. Gerade habe ich im Heute Journal gehört das die Rädelsführer der Massenvergewaltigung die heute verurteilt wurde aus Syrien sind. Der Hauptverantwortliche ist wohl auch schon öfters aufgefallen kann aber nach Syrien nicht abgeschoben werden. Sorry das kann so nicht sein. In der Nachrichtensendung wurde auch über einen offenen Brief von 3 Bürgermeistern berichtet die eine Änderung im Ausländerrecht fordern. In dem man Flüchtlingen die bereit sind sich zu integrieren mehr helfen soll, aber auch gegen Kriminelle härter durchgreifen. Vergewaltigung oder ähnliches ist nicht schön zu reden. Gewalt wie in Stuttgart oder Frankfurt auch nicht. Wenn ein Syrer der Rädelsführer von einer Massenvergewaltiger ist sollte sein Aufenthalt in D. ein baldiges Ende finden.

  4. @ hans

    Dass Jugendliche mit Migrationshintergrund eine (große) Rolle spielen, blende ich ja nicht aus. Ich spreche aber in erster Linie von jungen Männern. Laut Presseberichte habe ich mitbekommen, dass soundsoviele Migranten bei den Festgenommen waren. Ich habe auch nichts dagegen, dass man das Kind beim Namen nennt, aber darf nicht dazu führen, dass wir schon wieder die allzu gerne benutzte Zielscheibe immer und immer wieder ins Feld führen, um von den eigentlichen gesellschaftlichen Problemen abzulenken. Damit auch Vorschub für Ausgrenzung und Stigmatisierung bei sowieso schon mit Vorurteilen behaftete junge Menschen leisten. An dieser Stelle finde ich auch langsam die Bezeichnung „Migrationshintergrund“ problematisch. Mein Gott, wieviel Menschen in Deutschland haben diesen Migrationshintergrund, generationenübegreifend! So lange diese Ausschreitungen und Gewaltausbrüche passieren, die Menschen mit „Migationshintergrund“ werden immer in der ersten Reihe der Sündenböcke stehen. Den Makel wirst du irgendwann nicht mehr los. Und es sind eben nicht nur diese „Migranten“, die Rabatz machen. Da gebe ich auch Klaus Philipp Mertens (s.o.) recht, wenn er etwa von Machos und jungen (feierwütigen) Zeitgenossen aus einem bestimmten Milieu spricht, was aber nicht heißen muss, dass es eben und ausdrücklich diejenigen mit Migrationshintergrund sind. Und selbst wenn es eine Mehrheit ausmachen würde, muss man sich langsam fragen, was sie wirklich umtreibt, das Innenstadtleben so auf den Kopf zu stellen?

    „Wir sind dabei Köln in ganz D. zuzulassen.“ Was bitte hat das jetzt mit dem, was in Frankfurt passiert ist, zu tun? Und dann kommt noch die Keule: „Rädelsführer der massenvergewaltigung … aus Syrien“
    Ich finde, dass, was am Opernplatz in Frankfurt passiert ist, überhaupt nicht gut. Das war richtig scheiße! Aber wir müssen auch allmählich damit aufhören, alle leider stattgefundenen gewalttätigen Ereignisse wie einen großen Müllsack über die gleichen vermeintlichen Sündenböcke auszuschütten. So schlecht und so schlimm die alle waren, aber dauernd nach schärferen Strafgesetzen oder nach Abschiebung und Rausschmiss zu rufen, das bringt doch auf Dauer gar nichts. Zumal wir damit weiter Fremdenfeindlichkeit schüren und die Nutznießer sind dann wieder die Rechten und die Nazis.
    Wir haben einen Haufen soziale Probleme in Deutschland.
    Wenn wir es nicht schaffen, den vielen jungen Menschen, die diese viele Wut im Bauch haben, biografische und berufliche Perspektiven zu geben, dann geht das immer weiter und weiter. Und irgendwann ist es zu spät. Es ist eine große gesellschaftliche Aufgabe. Mit dem Holzhammer ist nix getan!

  5. zu Jürgen Malyssek
    Schauen sie sich das Heute Journal von gestern Abend mal an. Das was ich geschrieben habe ist im Prinzip da weitgehend auch gemeldet worden. Die Massenvergewaltigung in Freiburg wurde von einem jungen Mann aus Syrien angeführt und es wurde darüber berichtet welche Maßnahmen der Staat ergreifen kann und welche nicht(z.B. Abschiebung). Genau so wurde über den von mir genannten offenen Brief von 3 Bürgermeistern ausführlich berichtet. Ich denke auch man muss den Tatsachen ins Auge sehen. Deshalb finde ich auch nicht gut das man nichts über die Nationalität der Anderen erfährt die in Freiburg verurteilt worden sind. Vielleicht ist es ja gar nicht so das Ausländer da eine große Rolle spielen? Wir bekommen derzeit aber Zustände über die man nur den Kopf schütteln kann. Mir fällt da der Überfall auf die Feuerwehr in Dietzenbach ein man hat zwar erfahren das es ca 50 junge Männer waren aber nicht welche Nationalität sofern man das weiß. Natürlich müssen wir versuchen den Menschen die vielleicht arbeitslos sind zu helfen egal ob jung oder alt, deutsch oder nicht deutsch. Es gibt aber Grenzen die nicht mehr tolerierbar sind. Deutsche die diese Grenzen überschreiten gehören ins Gefängnis und Ausländer abgeschoben. Wenn wir das beides nicht machen läuft die Sache aus dem Ruder und hat Folgen die keiner will.
    Ihre Aussage zum Thema Migrationshintergrund teile ich übrigens. Ich denke ich werde das Wort nicht mehr verwenden. Es gibt Deutsche und nicht Deutsche fertig. Welchen Pass die Eltern haben darf keine Rolle spielen.

  6. @ hans

    Wir können uns ja darauf verständigen, dass wir diese Gewalttaten und Eskalationen verurteilen. Und dass es zu Straftatverurteilungen kommen muss. Im Falle Freiburg passiert es auch bzw. ist der Prozess jetzt mit entsprechenden Urteilen gegen die Täter zuende gegangen. Insofern ist „den Tatsachen ins Auge gesehen“ worden. Über das Maß der Bestrafungen kann ich mir kein objektives Urteil erlauben. Das ist Sache der Justiz.
    Die Gefahr in unserer (demokratischen) Gesellschaft, dass die Geschehnisse aus dem Ruder laufen können, die besteht. Das sehen wir schon an den aktuellen Morddrohungen gegen Politikerinnen und Politiker, gegen öffentliche Personen usw.
    Es bleibt aber bei dem Blick auf die offenen und verdeckten Ursachen Probleme, die wir in einer Überforderungsgesellschaft und einer fast auf die Spitze getriebenen sozialen Spaltung erreicht haben. Daran haben nicht „Migranten“ und Geflüchtete schuld. Das Problem der jungen Männer habe ich schon an anderer Stelle angedeutet. Das ganze Konzert passt einfach nicht mehr zusammen. Da der Shoppingrausch, die Spaßgesellschaft, das flache Freiheitsverständnis, die maßlos Besitzenden, die weitverbreitete Bräsigkeit, die rasenden Ego-Zocker usw. und dort die vielen Armen und Außenseiter, Kinderarmen, die Gestandeten, die über 200 Tafeln in einem reichen Lande, die Flüchtlinge, die verlorenen Generationen …

    Ich sehe insgesamt eine zunehmende Verrohung und Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft, die man nicht den einfach Ausländern anlasten kann. Da stecken ganz andere Langzeitwirkungen dahinter. Und wir sehen (bereits gesagt), dass die Corona-Krise das viele Ungereimte nach oben schwemmt, bis hin zu den vielen (deutschen) Uneinsichtigen, Feierwütigen und Verdrängungskünstlern, die Öl ins „lodernde Feuer“ (muss dabei gerade an Stoiber denken) gießen, weil ihre heile Welt nicht berührt werden darf.

    Es freut mich jedoch, dass Sie auch mit dem „Migrationshintergrund“ Ihre Probleme haben!
    Das ist doch schon mal was.

  7. (…)

    Vielen Dank für Ihren Kommentar. Der ist allerdings nicht zum Thema „Randale auf dem Opernplatz“, das hier besprochen wird. Ich habe Ihren Kommentar daher in die aktuelle offene Diskussion verschoben. Das sind die Diskussionen mit der Überschrift „FR-Leserforum vom … bis …“ Hier ist der Link zum neuen Platz Ihres Kommentars.
    Viele Grüße, Bronski

  8. zu @ Jürgen Malyssek
    Ihrem ersten Satz kann ich zustimmen. Dann hört es aber auf. Es kann nicht sein das man Gewalt gegen andere Menschen damit rechtfertigt das die Vermögensverteilung in D. nicht richtig ist. Zusammengefasst machen sie nämlich nichts anderes.
    Über die Urteile die von Gerichten gesprochen werden kann man schon eine Meinung haben. Selbst am Opernplatz waren bei den Festgenommenen Widerholungstäter dabei. Warum sind die denn jetzt wieder auf freiem Fuß und können heute den Polizisten die sie verhaftet haben die Hand geben. Sorry das muss ich nicht verstehen und kann dann auch nachvollziehen das es in der Polizei Frust gibt.
    Über das was in Freiburg passiert ist habe ich noch mal einiges gelesen. Das waren wohl Flüchtlinge. Ob das Urteil angemessen ist oder nicht lassen wir mal offen, aber mich würde interessieren was ein Ausländer tun müsste das er ausgewiesen wird nach ihrer Meinung.

  9. @Juergen Malyssek
    Stimme Ihnen zu, was das Problem der jungen Männer betrifft und auch, dass dies eigentlich schon lange ein Thema sein müsste, das mehr Aufmerksamkeit bedarf.
    Ich denke nur, dass sich am Opernplatz auch andere Probleme gezeigt haben. Was ist mit der Masse derer, die die Randalierer angefeuert haben, das waren wohl nicht nur junge Männer mit „Migrationshintergrund“.
    Die Aussage des Polizeipräsidenten am Tag danach, ließ mich an Verstand und Fähigkeiten desselben zweifeln. „Die Aggression der Polizei gegenüber sei aus den USA herüber transportiert“. Gibt es nicht gerade in Hessen, auch durch die Unfähigkeit von Herr Beuth, den Polizeiapparat Mal genauer unter die Lupe zu nehmen, genügend Gründe, in der Polizei nicht nur den Freund und Helfer zu sehen? Mal davon abgesehen, dass mir diese immer nur martialisch aufgerüstet begegnet. Ausser der Dame die diese Woche am Wendelsplatz den Verkehr geregelt hat. Sie wäre einen Clip auf YouTube wert gewesen. Die Domina schlechthin.

  10. @ Anna Hartl

    „Ich denke nur, dass sich am Opernplatz auch andere Probleme gezeigt haben. Was ist mit der Masse der, die die Randalierer angefeuert haben, das waren wohl nicht nur junge Männer mit „Migrationshintergrund.““

    Das meine ich.

    Die Masse kann dumm und grausam sein. Mitläufer gibt es wie Sand am Meer …

    Das, was innerhalb der Polizei in Hessen offensichtlich schief läuft und inzwischen viele Menschen des öffentlichen Lebens bedroht, muss aufgeklärt werden.

    Auf Grund meiner zurückliegenden beruflichen Erfahrungen möchte ich mir die Vorstellung von der Polizei als Freund und Helfer nicht ganz ruinieren lassen. Der Job ist hart und verlangt verdammt viel Selbstdisziplin.

    Freut mich, Frau Hartl, dass Sie das mit den jungen Männern auch so sehen.

  11. @ hans

    Nochmal: Ich RECHTFERTIGE nicht Gewalt gegen andere Menschen und auch nicht aufgrund der schiefen Vermögensverteilung in D.

    Aber ich spreche von einer Wohlstands- und gleichzeitig Überforderungsgesellschaft, die das Maß verloren hat und vor einer wirtschaftlichen, sozialen und politischen Zerreißprobe steht. Wenn sich da nicht was ändert, dann drohen uns schwere Zeiten. Siehe Rechtsradikalismus, soziale Tiefenspaltungen und Demokratieschwund.

    Warum reden Sie immer von Ausweisung bei Flüchtlingen und Ausländern?

    Wir sind doch in Deutschland keine ideologische Festung!

  12. zu @ Jürgen Malyssek
    Warum sollte man Leute die bereit sind schwerste Verbrechen zu begehen im Land behalten? Es reicht völlig das Deutsche die so etwas machen die Gefängnisse füllen.

  13. Die Rücksichtslosigkeit des Party-Milieus in Zeiten der Pandemie (= kein Mindestabstand, keine Masken, ignorieren des Verbots von Massenveranstaltungen) zieht den gewaltbereiten Pöbel geradezu magisch an. Doch die Zuständigen im Frankfurter Magistrat zeigen sich trotz Vorwarnungen verwundert bis hilflos. Es hat den Anschein, dass sie die hedonistische Massenfeierei für einen wesentlichen Teil der Jugendkultur halten.

    Die soeben veröffentlichte Sinus-Jugendstudie (siehe FR vom 24.07.20: „Spaßgesellschaft war gestern“) weist schlüssig nach, dass es bei Jugendlichen zwischen 14 bis 17 Jahren zum allerüberwiegenden Teil keine Schnittstellen mit der so genannten Party-Kultur gibt. Dies ließ sich bereits aus der Shell-Jugendstudie des vergangenen Jahres herauslesen. Eine deutliche Mehrheit in dieser und der sich anschließenden Altersgruppe beschäftigt sich mit den großen Herausforderungen der Zeit. Dazu gehört vor allem der Klimawandel. Viele sehen hier angesichts der fortschreitenden Zerstörung der Lebensgrundlagen auf der Erde die Gefahr einer Katastrophe. Auch die Corona-Pandemie wird mit letzterem in Zusammenhang gebracht. Die Jugendlichen heute seien überwiegend „ernst und problembewusst“. Neben dem Klimawandel sorgt auch das Thema soziale Gerechtigkeit für Unmut, heißt es in der Sinus-Studie, aber auch die Migration. „Trotz überwiegender Akzeptanz von Vielfalt in der Gesellschaft verunsichert die anhaltende Zuwanderung weite Teile der Jugend“, schreiben die Autoren.

    Nach den Tumulten auf dem Platz vor der Alten Oper wandte sich Planungsdezernent Mike Josef (SPD) mit einer E-Mail an die SPD-Mitglieder und fordert kurzfristige Maßnahmen für den öffentlichen Raum. Die Corona – Pandemie habe das bisherige Leben komplett auf den Kopf gestellt. Er zieht daraus diese Schlüsse:
    „Außergewöhnliche Zeiten brauchen außergewöhnliche Maßnahmen. Mögliche Plätze, die für geregelte Freizeitangebote geöffnet werden sollten, sind aus meiner Sicht Rossmarkt, Rathenauplatz, Goetheplatz, Hauptwache und die Weseler Werft. Ich kann mir außerdem sehr gut vorstellen, dass wir mehr Verkehrsflächen wieder für die Bevölkerung zurückgewinnen. Dazu gehören neben Parkplätzen im öffentlichen Raum auch die Parkdecks mit Skyline Blick in der Innenstadt.“

    Beim Lesen des letzten Satzes stelle ich mir vor, wie Mülltonnen, Bierflaschen, Molotow-Cocktails und anderes von oben auf die Straßen geschleudert werden. Sind das nicht auszuschließende Kollateralschäden einer neuen Frankfurter Stadtkultur? Und warum nichts Konkretes zur Abwehr der Pandemie, die bekanntlich die größten Fragezeichen hinter alle Veranstaltungen setzt?

    Offensichtlich hat ein maßgeblicher Lokalpolitiker das Wesentliche seiner Aufgaben nicht verstanden – nämlich für den Gemeinnutz zu planen. Tatsächlich erfordert die Corona-Pandemie, die derzeit erneut durch Leichtsinn angeheizt wird, neue Standards in Gastronomie und Hotellerie, aber auch bei Kinos, Theatern, Veranstaltungs- und Messehallen. Die Zeit der räumlichen Enge und der unzureichenden Be- und Entlüftung sowie der unzureichenden ÖPNV-Anbindungen sind vorbei. Mutmaßlich wird ein großer Teil der Betriebe diesen Wandel nicht überstehen. Ähnlich ergeht es dem Verbrennungsmotor, nicht wegen Corona, sondern wegen des Klimas. Aber alles hängt mit allem zusammen.

    Das Corona-Virus, mit dem wir leben müssen (mit oder ohne Schutzimpfung), zeigt deutlicher als sämtliche politischen Deklarationen, dass die Plünderung des Planeten umgeschlagen ist in die existenzielle Bedrohung der Menschheit durch die von ihr entfesselten Fehlentwicklungen. Diese Erkenntnis lässt sich nicht wegfeiern. Und auch nicht in Krawallen verdrängen. Ein Teil der Jugend hat das bereits begriffen, siehe die SINUS-Studie.

    Bezeichnend für das Unvermögen der Politik in dieser Sache ist auch die Tatsache, dass sämtliche Pläne für ein neues Schauspielhaus und eine neue Oper nicht ansatzweise auf zukunftsfähige Lösungen für die Architektur der Zuschauerräume eingehen.

  14. zu @ Jürgen Malyssek
    Warum reden Sie immer von Ausweisung bei Flüchtlingen und Ausländern?
    Die Frage beschäftigt mich schon.
    Der Massenvergewaltiger von Freiburg ist zu 5 Jahren Haft verurteilt worden. Nach Syrien wird nicht abgeschoben. In 5 Jahren wird er also spätestens wieder hier rum laufen. Möchten sie ihn als Nachbar haben? Oder haben sie eine Tochter? Für nicht Deutsche sollte die Frage erlaubt sein ob wir sie im Land haben wollen oder nicht. Die Antwort darauf sollte auch davon abhängen wie sie sich verhalten. Ab bestimmten Straftaten sollte es dann vorbei sein mit der Toleranz.

  15. @ Jürgen Malyssek

    Ich kann Ihnen nur zustimmen. Diese Leute, die in Stuttgart, Frankfurt oder sonstwo diese Randale veranstalten, gab es schon zu früheren Zeiten (im alten Rom forderten sie Panem et circenses, so ging Rom auch zugrunde).

    Später haben Karl Marx und Friedrich Engels sie an verschiedenen Stellen als „Lumpenproletariat“ bezeichnet, die absolut für jede Bewegung käuflich sind, aus verschiedenen Klassen stammend und daher nicht als Mitstreiter für hehre Ziele betrachtet werden können.

  16. Die 39 Personen die letzte Woche festgenommen wurden sind wahrscheinlich zu einem hohen Prozentsatz dieses Wochenende wieder in Frankfurt unterwegs. Sie waren fast alle Polizei bekannt also mehr oder weniger Widerholungstäter. Ob sie heute wieder gewalttätig sein werden weiß ich nicht aber alleine wenn man sich vorstellt das es wirklich so ist ist eigentlich klar was da als erstes falsch läuft. Das brauchen eigentlich gar nicht viele zu sein. Die Partyszene ist aus den Vorcoronazeiten ja nicht als sehr gewaltbereit bekannt. Sie wird im Moment benutzt von Einigen um sich in der Menge zu verstecken. Diese Einige müssen rausgefiltert werden und dann darf man sie in der nächsten Woche nicht wieder mit machen lassen.

  17. @ Klaus Philipp Mertens

    Dass die Sinus-Studie Deutschlands Jugend eine „neue Ernsthaftigkeit“ bescheinigt, ist ein erfreuliches Ergebnia: Spaßgesellschaft ist passé. Das ist Chance und Herausforderung für Politik und Zivilgesellschaft.
    Dass die anhaltende Zuwanderung weite Teile der Jugend verunsichert, muss nicht irritieren. Hier haben die Erwachsenen eine entsprechende Aufgabe. Kritisches muss Platz haben, aber der Ton der inzwischen herrscht, ist unfair und führt nur in eine dauerhafte politische Sackgasse.

  18. @ hans

    Das ist mir zuviel Spekulation im Hinblick auf das, was die Partyszene wohl als Nächstes anstellen mag. Alles was zu diesem Spektakel führt, interessiert wenig.

    Und vor allen Dingen wäre es schön, jetzt mal Freiburg und Frankfurt auseinander zu halten.
    Das sind zwei Paar verschiedene Schuhe.

    Diese Forderung nach Abschiebung und Gefängnis für die ausländischen Täter erinnert mich an Schröders alte Wort: „Wegsperren für immer“!

    Und diese Suggestivfrage, ob ich eine Tochter habe oder den Täter als Nachbar haben möchte, das bringt doch garnichts.

  19. @ Peter Boettel

    Danke! Nur würde ich ungern das „Lumpenproletariat“ ungern mit Randalierern in Verbindung bringen.
    Jedenfalls wäre das Lumpenproletariat für mich aus heutiger Sicht das Prekariat, die Tagelöhner, die praktisch auf dem Arbeitsstrich auf Arbeitsgelegenheiten warten.
    Kein schöner Begriff, aber neue Realität.

  20. zu @ Jürgen Malyssek
    Sie unterstellen mir immer ich wollte Ausländer anders behandeln als Deutsche. Das ist ganz klar nicht so. Wenn sie Vergewaltiger und Steinwerfer getrennt halten wollen nennen wir sie in Zukunft Gewalttäter. Das ist mir auch recht. Ob Gewalttäter Deutsch oder nicht Deutsch sind ist zuerst einmal egal. Das ist gleich zu verurteilen. Man kann und sollte sie aber dann anders behandeln. Das liegt in erster Linie daran das man Deutsche nicht abschieben kann. Da hilft ab gewissen Straftaten nur wegsperren. Es müsste doch auch für sie klar erkennbar sein das festnehmen, Haftrichter vorführen, freilassen, festnehmen , Haftrichter vorführen u.s.w. nicht wirklich erfolgsversprechend ist.

  21. @ Jürgen Malyssek

    Sie nannten richtigerweise oben auch „die Wohlstands- und gleichzeitig Überforderungsgesellschaft, die das Maß verloren hat und vor einer wirtschaftlichen, sozialen und politischen Zerreißprobe steht“, die von den beiden Klassikern gleichfalls zum Lumpenproletariat gezählt werden.

  22. @ Hans

    Hans meint, dass „die Partyszene aus den Vorcoronazeiten nicht als sehr gewaltbereit bekannt“ sei. Doch das kommt auf den Blickwinkel an. Denn „feiern“ bedeutet in diesem Milieu nicht zuletzt „trinken“, nämlich Alkohol – und diesen nicht zu knapp. Zu den bekannten Folgen zählen Händel bis hin zu Schlägereien. Nicht von ungefähr gehört zu den typischen Hinterlassenschaften der Szene der Glasmüll (saufen bis „Flasche leer“, um Trapattonis geflügeltes Wort aufzugreifen).

    Die latente Bereitschaft, sich über Grenzen hinwegzusetzen (was auf immensen Verdrängungsbedarf schließen lässt), üben auf Rowdys unterschiedlicher Zusammensetzung eine große Anziehungskraft aus. Dies gilt insbesondere für Bildungsferne mit Migrationshintergründen (was auf ein kollektives Versagen des gesamten deutschen Bildungssektors hinweist). Ein solches Zusammenwirken funktioniert aber nur dann, wenn in der Gruppe, deren Gesellschaft man sucht, bereits ähnliche Tendenzen vorhanden sind. Denn gleich und gleich gesellt sich gern.

    Mich erinnern die Vorgänge in Frankfurt, Stuttgart und anderswo an den Vortrag, mit dem der Kommunikationswissenschaftler Neil Postman die Frankfurter Buchmesse des Jahres 1985 eröffnete: „Wir amüsieren uns zu Tode“. Er war ein Kapitel seines gleichnamigen Buchs. In diesem beklagte er den Trend zum „Infotainment“, also der Verkürzung von Informationen auf ihren Unterhaltungswert. Dieser führe letztlich zur Infantilisierung der Gesellschaft. Dieser eklatante Mangel an Ernsthaftigkeit ist der Partyszene eigen (und unterscheidet diese vom größten Teil der Jugendkultur). Wenn man Teilnehmer fragt, wen oder was sie feiern, sind Antworten wie „Feiern, einfach feiern“ nicht selten.

    Wer einfach feiert, dem sind auch die Probleme, mit denen die Gesellschaft konfrontiert ist, völlig gleichgültig. Der hält trotz Corona keinen Mindestabstand ein, der trägt keine Atemschutzmaske. Der ist nur noch Konsument einer Unterhaltungsindustrie, die auf dem intellektuellen Level von Facebook & Co beginnt und in so genannten Clubs noch lange nicht endet. Der ist jener „eindimensionale Mensch“ (Herbert Marcuse), den der Kapitalismus als Geschäftsmodell existentiell benötigt. Weil er käuflich ist und auch gegen seine eigenen langfristigen Interessen handelt – siehe Peter Boettels Erwähnung des „Lumpenproletariats“.
    Im „Kommunistischen Manifest“ bezeichnen Marx und Engels diese Schicht als „passive Verfaulung der untersten Schichten der alten Gesellschaft“. Man wird sie, lieber Jürgen Malyssek, mit dem Prekariat nicht gleichsetzen können. Denn letzteres ist sich seiner sozialen Situation überwiegend bewusst und möchte sie überwinden. Vor allem die prekären Beschäftigungsverhältnisse.

  23. zu @ Jürgen Malyssek
    Man kann zur Partyszene z. B. folgendes klar sagen. Als man ihr vor 10 Jahren die loveparade abgenommen hat weil eine Stadtverwaltung in Duisburg überfordert war sind sie ohne jeden Protest einfach in den entsprechenden Club gegangen und haben weiter gefeiert. Ich denke das ist das beste Beispiel wie gefährlich diese Leute sind. Da sind auch keine Leute denen es finanziell schlecht geht. Die Clubs in denen sie die ganze Zeit gefeiert haben sind nicht billig. Ein früherer Arbeitskollege von mir sagte mal vor ca einem Jahr: Ich bekomme 30 Tage Urlaub, verdiene gut, gehe am Wochenende in den Club, wenn im Radio oder Fernseher Nachrichten kommen schalte ich um oder mit anderen Worten Es ist alles gut. Von Gewalt habe ich in diesem Umfeld die 10 Jahre die ich Kontakt zu solchen Leuten habe nie gehört. Das wäre ja Stress und den wollen sie nicht und haben die Meisten auf der Arbeit genug.

  24. zu @ Klaus Philipp Mertens
    Das was sie schreiben zur Partyszene ist nicht falsch, aber sie unterschätzen die Leute. Nach meiner Erfahrung sind sie nicht dumm und beruflich oft erfolgreich. Wenn man über Politik spricht kommt oft die Antwort. Ich kann doch auch nichts ändern wenn ich mich interessiere also sehe ich zu das ich Spaß habe. Für gefährlich halte ich diese Leute aber wirklich nicht.

  25. Lieber Klaus Philipp Mertens, Sie haben wohl recht. Man kann beides, Prekariat und „Lumpenproletariat“ bzw. diese unterste Schicht nicht gleichsetzen.
    Vive la difference!
    Und: Neil Postman war schon vor mehr als drei Jahrzehnten hellsichtig an den Folgen der Vergnügungsgesellschaft dran. Guter Hinweis!

  26. @ hans

    Für mich war es jedenfalls nicht so klar zu erkennen. Gut, diese Verfolgungs-, Verhaftungs- und Vorführkette ist sicher nicht sehr befriedigend. Das kann starken Frust hervorrufen.
    Ich glaube übrigens, dass es prophylaktisch wirksam und überhaupt zur Wahrnehmung in der Groß-Stadt mehr polizeiliche Präsenz geben sollte, bevor die Lunte brennt. Diese Alltagsautorität der Polizei in einem „gesunden“ Maße. Ohne dass gleich wieder ein großer Aufschrei aus dem Publikum kommt: Jetzt haben wir wieder einen Polizeistaat!
    Ich las diese Überlegungen heute in der FAS (S. 1 und 2) und finde das nicht abwegig.

  27. Lieber Peter Boettel,

    Sie bringen die Erklärung, die Herr Mertens wohl gleichermaßen so gemeint hat. Also: einverstanden. Ich habe das ‚Kommunistische Manifest‘ schon länger nicht mehr in den Händen gehabt. Meine letzte Quelle zum Thema war der Reader von Ilia Trojanow: Der überflüssige Mensch (2013), der die alten Klassenbegiffe wieder benutzt.

  28. @ hans

    Diese chronische Feierlaune der „Feierbiester“ dürfte auch dem Umstand einer großen inneren Leere entspringen. Auch das hat eine lange Entwicklung in einer Gesellschaft, die fest im Griff der Wachstums- und Konsumideologie ist. Fortwährend getrieben von einer rastlosen Suche nach Ablenkung, Unterhaltung, Kicks, Events und Lust auf Zoff.

    Ja, vielen Leuten im Großstadt-Rummel, denen geht es finanziell bestimmt nicht so schlecht.
    Die Eskalationen jetzt in der Corona-Zeit, die haben die lange Pause vom Austoben und Spektakel bestimmt nochmal einen besonderen Pusch verliehen. Wenn das so wäre, dann sind diese gewaltbesessenen Partyszenen Symptomträger einer viel tieferliegenden Krise der angeschlagenen Zivilgesellschaft.

  29. Lieber Jürgen Malyssek,

    danke, wir sind uns wie auch in anderen Fragen einig. Und es ist erfreulich, doch noch auf Gleichgesinnte zu treffen.

  30. zu @ Jürgen Malyssek
    Ich denke der Unterschied zwischen Menschen die im FR Blog schreiben und denen die sie Feierbiester nennen könnte kaum größer nicht sein. Deshalb werde ich es auch nicht schaffen zu erklären wie diese Menschen ticken. Aber zwei Anmerkungen, als getrieben sehen diese Menschen sich selbst sicher nicht an und Lust auf Zoff habe ich von diesen Menschen auch noch nicht erlebt. Ob sie Zeichen einer tieferliegenden Krise einer angeschlagenen Zivilgesellschaft sind wäre wohl ein abendfüllendes Thema. Wenn man sie fragen würde käme wohl als Antwort die Gegenfrage was man so zu sich genommen hat.

  31. Ausgewählte Frankfurter Innenstadtplätze sollen zur Partyzone werden (siehe FR-Frankfurt und Rhein Main vom 27. Juli). Das Projekt erhält sogar einen hochtrabenden Namen: Kultursommer. Und das dafür notwendige Geld steht auch zur Verfügung. Die beteiligte Gastronomie muss lediglich ein coronataugliches Konzept präsentieren, dass auch die Zustimmung der Behörden findet.

    Möglicherweise wird ein Sonderrecht erlassen. Letzteres scheint bei den letzten Partys auf dem Opernplatz bereits gegriffen zu haben. Denn weder die im Müll-Chaos geendete am 10./11. Juli noch die, welche in Gewalt ausuferte (18./19. Juli), erfüllte die Bestimmungen der hessischen „Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung“, die vorläufig bis zum 16. August in Kraft ist.

    Ganz anders verfährt die Stadt Frankfurt bei Lesungen und Veranstaltungen in der Stadtbücherei. Die sind seit dem 16. März ausgesetzt; bis zum 28. August ist die Verfügung in Kraft.
    In der Hoffnung, ab September wieder starten zu können, plane ich derzeit mit den anderen Ehrenamtlichen eines Fördervereins in Sachsenhausen die nächsten Lesungen und Publikumsgespräche. Da Corona in der Welt ist und dort bleiben wird, müssen die Schutzmaßnahmen gegen die Pandemie exakt erfüllt werden: Mindestabstand, Maskenpflicht beim Betreten der Bibliothek, keine Getränke und Speisen.
    Wegen des Abstands ist die Zahl der Zuhörer beschränkt. Statt der üblichen 30 bis 40 können im Erdgeschoss nur noch maximal 20 Personen Platz nehmen. Theoretisch ließe sich das Obergeschoss mit einbeziehen. Aber das ist vorsorglich wegen der maximal 50 Besucher, die sich während der Ausleihzeiten zeitgleich zwischen den Regalen bewegen dürfen, gesperrt. Falls es geöffnet würde, wäre die Installation von Mikros, Verstärkeranlage und Lautsprechern nötig. Die Stadtbücherei verfügt über solche Geräte, die meist zentral gelagert sind. Um sie in Sachsenhausen in Betrieb zu nehmen, müssten sie desinfiziert werden. Die Desinfektion müsste durch offizielle Mitarbeiter erfolgen. Aber die stehen wegen des aufwendigen Normalbetriebs am Abend nicht mehr zur Verfügung. Außerdem würden Schutzfolien für die zwei Mikros benötigt, die bei jedem Weitergeben an die vier Vortragenden auf dem Podium ausgetauscht werden müssten; die Stadt besitzt nichts dergleichen.

    Würde das Bibliothekszentrum Sachsenhausen am 17. September von einigen Hundert alkoholisierten Literaturfreunden (männlich und weiblich) gestürmt, die vor Begeisterung über die vorgetragenen Texte (an diesem Abend steht Heimito von Doderer auf dem Plan) auf die Bücher kotzten und die Regale für Pissecken hielten, dann, ja dann hätten wir ein anderes Standing gegenüber den politisch Verantwortlichen. Dann wären auch wir ein Teil der Party-Kultur, könnten ungehindert die Sau raus lassen und uns wieder zum Kind machen.
    Doch das wollen wir nicht und wir halten die Einschränkungen zur Abwehr von Corona für dringend geboten. Also bleiben uns nur die Opfer-Rollen und die hämischen Bemerkungen der Partysten. So erging es vielen zufälligen Passanten am Frankfurter Opernplatz. Gewalt hat auch eine verbale Seite, die erfahrungsgemäß rasch umschlagen kann.

  32. @hans
    @Juergen Malyssek
    „Was man so zu sich genommen hat“!
    Ich könnte mir vorstellen, dass es auch mit dem Blick aus dem Alter heraus zu tun hat, dass die Sichtweise so unterschiedlich ist.
    Manchmal denke ich, dass dieses Bedürfnis zu „feiern“ auch daher kommt, dass der größte Teil des Lebens fremdbestimmt ist und sich hier etwas bietet, dass so etwas wie Freiheit suggeriert.
    Es ist der Alltag vieler Menschen und hinterfragen ist auch nicht für jeden das Mittel der Wahl.
    Für die einen ist so das Leben, für die anderen ist es gefangen sein in Abhängigkeit des sinnlosen immer mehr.

  33. @ Anna Hartl

    Wir haben in den 60ern und 70ern auch viel gefeiert. Auch bei den Fußballern und auch in unserer „Szene“. Aber auf einem ganz anderen gesellschaftlichen Hintergrund. Der Umgang mit Alkohol war auch nicht gerade zurückhaltend. Aber es war eine andere Stimmung (im Lande).
    Ich will deshalb auch nicht nur den Stein auf die Szene heute werfen. Es dürfte irgendwie (Corona mal stehen lassen) sowas sein, wie Sie’s ausdrücken. Bestimmt spielen Leere, Stress, (verkappte) Angst, Frust oder Maßlosigkeit eine Rolle.
    Und: die Masse hat auch eine andere Bedeutung eingenommen, was sich in der digitalen Welt widerspiegelt: Massennachrichten, Nachrichten an eine Masse, Stimmungsmache an eine Masse, usw.

  34. @ hans

    Ich weiß, mit „Zivilisationkrise“ wird keine Anhängerschaft zu gewinnen sein. Dabei tauchen Gesellschaftskritiker wie Philipp Blom („Was auf dem Spiel steht“ / „Das große Welttheater“) oder Pankaj Mishra („Das Zeitalter des Zorns“)noch viel tiefer in die Materie ein.

    Und: Lust am Zoff. Da sind in den Städten die Straßen voll davon. Man muss halt ein wachsames Auge üben, um nicht Initialzündung zu sein.

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