Warum soll die Gesellschaft nicht insgesamt von guten Zahlen profitieren?

Wie schön: Die CDU wird wieder konservativer, und die SPD kommt wieder mit Sozialismus an! Juso-Chef Kevin Kühnert hatte der „Zeit“ ein Interview gegeben, in dem er gefragt worden ist, was Sozialismus für ihn heiße. Wenn man dies einen Jungsozialisten fragt, darf man sich nicht wundern, wenn man klare Antworten bekommt, die der herrschenden Ausrichtung der Wirtschaftspolitik – ich sage es mal mit einem harmlosen Wort – diametral entgegenstehen. Die eigentliche Nachricht dabei ist nicht das, was ein Jungsozialist so denkt, sondern dass plötzlich alle darüber reden. Mit mehr oder weniger Schaum vorm Mund. Dabei fällt manchem Wirtschaftsliberalen gar nicht auf, dass wir hier eine Debatte übers Gemeinwohl führen. Bisher wird dieses Gemeinwohl mit dem Wohl der Wirtschaft gleichgesetzt: Wenn es der gutgeht, geht es Deutschland gut. Alle Berichte darüber, dass dies unzutreffend ist, weil wesentliche Aspekte dabei ausgeklammert werden, ändern nichts an der generellen Richtung dieser wirtschaftsliberalen Politik. Kevin Kühnert hat erkennbar eine andere Vorstellung von Gemeinwohl. Es tut gut, endlich mal wieder in dieser Weise über dieses Thema zu reden. Ganz unabhängig davon, was man von Kühnerts Thesen halten mag.

Das „Zeit“-Interview ist noch hinter der Bezahlschranke, so dass ich Ihnen die Inhalte in ihrer Zusammenfassung durch die FR anbiete. Kühnert hat ein „Bild von einer besseren Gesellschaft, in deren Mittelpunkt für ihn die demokratische Kontrolle darüber steht, wie Menschen arbeiten und was sie produzieren“. Da Entwicklung, Vermarktung und Montage eines Autos gleichwertige Tätigkeiten seien – durchdekliniert am Beispiel von BMW -, solle das den Beschäftigten das Unternehmen auch zu gleichen Teilen gehören. Kühnert plädiert also für eine Kollektivierung von Unternehmen. Ist das Sozialismus? Nein, es ist demokratische Kontrolle über die Wirtschaft und keineswegs ein neuer Gedanke.

KühnertSelbstverständlich agieren Unternehmen profitorientiert. Sie verhalten sich so, wie es ihren Interessen entspricht. Sie unterliegen keinerlei parlamentarischer oder anderer demokratischer Kontrolle, sondern sind ihren Investoren und Aktionären verpflichtet. Am beliebten Beispiel des „sport utility vehicle“ (SUV) zeigt sich auf den ersten Blick, dass solche Interessen dem Gemeinwohl sogar direkt entgegen stehen können. Ehrlich gesagt: Niemand in der Bundesrepublik braucht solche Autos. Sie sind groß, schwer und verbrauchen viel Sprit, sie sind so breit, dass sie in Parkhäusern nicht in die Parkbucht passen, ihre CO2-Bilanz ist verheerend. Sie sind zwar auch ziemlich sicher, aber ein wesentlich größeres Maß an Sicherheit ließe sich durch ein Tempolimit erreichen. Kurz: Sie sind überflüssig. Trotzdem beherrschen sie das Straßenbild in deutschen Städten. Sie sind Statussymbol und werden gekauft, weil man das Geld dafür hat und weil die Wirtschaft es geschafft hat, dieses Statusdenken mit dem großmotorigen Unsinn zu  verknüpfen, anders gesagt: ein künstliches Bedürfnis zu erschaffen, an dem sie gut verdient. Das Gemeinwohl aber leidet darunter. Es wäre dringend erforderlich, diesen Irrsinn einer Kontrolle zu unterwerfen. Wie auch immer die im Detail aussähe. Mit einer CO2-Steuer wäre schon einiges erreicht. Aber die Politik blockiert.

Selbstverständlich darf man also in Deutschland über andere Formen des Wirtschaftens nachdenken. Es ist offensichtlich, dass der gegenwärtige Turbokapitalismus diesem Planeten und der Menschheit in ihrer Gesamtheit schadet, da er sogar, wenn er nicht irgendwie reguliert wird, zu ihrem Ende führen könnte. Daher ist die Debatte, die Kevin Kühnert angestoßen hat, nicht nur nicht überflüssig, sondern es wurde tatsächlich höchste Zeit. Die Kritik vonseiten des anderen politischen Lagers kann man als politische Folklore abtun: Dieses Lager reagiert so, weil hier alte Reflexe aktiviert werden. Die Kritik aus der SPD hingegen stimmt nachdenklich. SPD-Chefin Nahles etwa findet Kühnerts Thesen falsch, aber immerhin seine Fragen richtig. Sigmar Gabriel verglich Kühnert gar mit Trump. Nach seinem Sturz in die parteipolitische Bedeutungslosigkeit ist dem Ex-Vorsitzenden wohl kein Vergleich zu schief, um von sich reden zu machen. Auch nicht gegen einen Parteifreund. Doch wir erinnern uns: Wer hatte seinerzeit als Juso-Vorsitzender gefordert, die „Vorrechte der herrschenden Klassen“ zu beseitigen? Lassen Sie sich nicht auf die falsche Fährte führen!

Balken 4Leserbriefe

Jutta Müller-Authorsen und Mathias Müller aus Frankfurt meinen:

„Danke Kevin Kühnert – endlich jemand, der wenigstens versucht, darüber nachzudenken, wie man den unbändigen Kapitalismus bändigen bzw. in Schach halten kann. Es ist gut, dass junge Menschen, die parteipolitisch organisiert sind, darüber nachdenken, wie in Zukunft mit immensem Reichtum und Besitz umgegangen werden sollte. Für viele Politiker/innen ist dieser Denkansatz utopisch und sie lächeln darüber hinweg. Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität sind positive Werte, die bereits im 19. Jahrhundert in Form des demokratischen Sozialismus formuliert wurden. „Kollektivismus“ ist sicher als Begriff unglücklich gewählt, da er aufgrund der Erfahrungen in und mit der DDR negativ besetzt ist. Aber in Zeiten, in denen eine Umverteilung von unten nach oben stattfindet und sich immer mehr Besitz und damit auch Macht in den Händen weniger ansammelt, müssen auch mal radikale Formulierungen verwendet werden, um eine gesellschaftliche Debatte anzustoßen, wie es in Zukunft mit unserem Wirtschaftssystem weitergehen soll. Warum sollen in erster Linie Kapitaleigner von guten Produktionsergebnissen profitieren und nicht die Gesellschaft insgesamt? Eine breite Debatte, wie das zu organisieren wäre, ohne eine planwirtschaftliches System à la DDR, würde sich lohnen.“

Kevin Kühnert überschätzt sich maßlos Laut Radioberichten soll Kevin Kühnert auch in einem Interview mit dem SPIEGEL seine kapitalismuskritischen Ansichten bekräftigt haben. Kühnert meint, in der Bundesrepublik könne man aufgrund ständiger „neo-liberaler Beschallung“ nicht mehr offen seine gesellschaftspolitische Meinung sagen. Kevin Kühnert ist zu entgegnen, daß er sich ideologisch auf ein ziemlich hohes, utopistisches , Roß setzt. Das Hantieren mit einem völlig überkommenen Kapitalismus-Begriff wird der heutigen höchst komplexen Geld- und Marktwirtschaft überhaupt nicht gerecht. Man kann leider dem ansonsten ja sehr alertem , Kevin Kühnert nicht den Vorwurf ersparen, in Kategorien der Verdinglichung zu denken.
Bei aller innerhalb der SPD gebotenen Toleranz gegenüber der Unterorganisation de Jungsozialisten (Jusos) ist es notwendig, wie dies SPD- Generalsekretär Lars Klingbeil ja tut, Kevin Kühnert mit seinen abwegigen Verstaatlichungs-Vorstellungen in die Schranken zu verweisen. Der Juso-Chef schadet mit seinen abstrusen Einlassungen dem Interesse der Gesamtpartei. Die SPD steht seit dem Bad Godesberger Programm von vor fast 6o Jahren fest auf dem Boden der Sozialen Marktwirtschaft, wobei das Prädikat „Sozial“ natürlich bei der Sozialdemokratie einen ganz anderen Stellenwert als bei den Konservativen in CDU, CDU und natürlich auch bei der FDP besitzt. Von Artikel 15 GG, also dem §:: Sozialisierung/Vergesellschaftung , ist seit Bestehen der Bundesrepublik aus guten Gründen nie Gebrauch gemacht worden, weil es, z.Bsp. beim notwendigen Ausbau des Straßennetzes im Entschädigungswege immer kompensatorische Lösungen zwischen den einzelnen staatlichen Ebenen und Privateigentümern gegeben hat. Kevin Kühnert hat ohne Not auf eine soziale Tretmine getreten und hat seinen eigenen Ruf eindeutig beschädigt.^ Eine ganz andere Frage ist, ob die Sozialdemokratie nicht Veranlassung hat, die Bedeutung des Kleingewerbes , der Selbständigen und des Mittelstands gegenüber Großkonzernen viel mehr hervor zu heben. Weiterhin ist im Wirtschaftsbrevier der SPD eindeutig unterbelichtet, daß das Genossenschaftswesen in der Bundesrepublik – über diejenigen Teile hinaus, die sich ja durchaus gut behauptet haben (siehe Raiffeisen-Genossenschaften und Volksbanken) – eine Renaissance erfahren sollte. ^^Es ist nichtverboten, in der Bundesrepublik – laut – über mehr Wirtschaftsdemokratie nach zu denken. Dabei sollten aber die vorhandenen Instrumente einer mit-gesellschaftlichen Verantwortung in den Unternehmen, also das Betriebsverfassungsgesetz und das Mitbestimmungsgesetz im Auge behalten werden. Zusätzlich zur völlig berechtigten Interessenlage von abhängig beschäftigten Arbeitnehmern ist der Verbraucherschutz noch mehr zu verstärken.
Sigurd Schmidt, Bad Homburg

Der Junge versteht sein Geschäft. Man muss nur auf die dickste Trommel hauen, dann erhält man sofort mediale Resonanz. Wie zu erwarten, haben natürlich sogleich alle Terrier ihren Beissreflex aktiviert, insbesondere derzeitige und gewesene Generalsekretäre wie etwa der heutige Automobilschutzminister. Alle von denen müssten doch wissen, wie man öffentlich Aufsehen erzielt, besonders wenn man sich auch noch des Vierbuchstabenblatts bedient. Sie tun aber so, als müsse man sich mit den Ergüssen eines 29jährigen Dauerstudenten inhaltlich überhaupt näher befassen. Dabei ist das alles nur politisches Kasperletheater ohne Substanz.
Nikolaus Jöckel, Offenbach

Ich bin nicht die größte Fanin (oder so ähnlich) von Kevin Kühnert, das liegt vielleicht an meinem Alter (1944 geboren)aber ich erkenne an, wenn jemand richtig gute Vorstellungen hat – das Wort Vision beinhaltet für mich das „nicht Machbare “ -und er hat gute Vorstellungen!
Warum gehört der größte Teil des deutschen Vermögens sehr wenigen Menschen? Warum hungern in unserem reichen Land Kinder, warum müssen immer mehr Menschen Ihr Essen bei den „Tafeln“ holen? Warum gibt es Rentner, die ein Leben lang gearbeitet haben, und deren Rente nicht zum Leben reicht? Warum bestimmen nicht die Ärzte, die die Patienten kennen, die Liegezeit in Krankenhäusern, sondern Vorschriften, die nach Kosten-Nutzen-Rechnungen erstellt wurden? Warum bekommt ein Patient nicht die notwendigen Medikamente, wenn das Budget erschöpft ist. Warum werden Genossenschaftswohnungen an Firmen verkauft, die Teil anderer Firmen sind und die wieder anderen gehören, sodass am Ende kein Eigentümer ermittelt werden kann, der verantwortlich ist, wenn Ratten am Kinderbett nagen?
Man kann noch endlos weiter fragen. Die Antwort ist immer die gleiche : „Mit dem System stimmt was nicht“ Also muss es geändert werden, auf Kevin, mach mal! Meine Stimme hast Du!
Christa Kreß, Gelnhausen

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30 Kommentare zu “Warum soll die Gesellschaft nicht insgesamt von guten Zahlen profitieren?

  1. Ausgerechnet Gabriel beschimpft Kühnert, er würde der Partei schaden.

    Wer hat denn der SPD im Laufe der letzten Jahre durch seine Sprunghaftigkeit mehr geschadet als Gabriel? Er warb für TTIP, Ceta und ähnlichen Unsinn, er meinte in Davos, die Deutschen seien reich und hysterisch, in der Opposition warb er für die Vermögenssteuer, in der Regierung sagte er, die Vermögenssteuer sei überholt, er forderte den damaligen Justizminister Maas auf, die Vorratsdatenspeicherung in die Wege zu leiten, und er hinderte den Justizminister daran, eine wirksame Mietpreisbremse auf den Weg zu bringen.

    Und mit dem Eintritt in die GroKo im Jahre 2013 wirtschaftete er die SPD auf einen Tiefststand von 433.000 Mitgliedern sowie die Zustimmung bei Bundestagswahlen auf rd. 20 Prozent herunter, weil ihre Politiker nicht mehr als glaubwürdig erkannt wurden.

    Nach all diesen Eskapaden sollte er den Mund nicht so voll nehmen und sich selbst fragen, inwieweit er auf dem Boden der Grundsätze der SPD steht und inwieweit er sich als Wirtschaftsminister von diesen Grundsätzen entfernt hat.

  2. Völlig unabhängig davon, ob jemand die Ideen und Vorschläge Kevin Kuehnerts gut und durchdacht findet oder nicht, ist sein Vorstoß ein sehr wichtiger und geradezu überfälliger Beitrag zum Diskurs. Veränderung tut sehr dringend not und es muss endlich eine Diskussion in Gang kommen über die Frage, wie wir unsere Form der Demokratie an die sich verändernden Lebensbedingungen und -Umstände anpassen. Dass es so, wie wir es momentan betreiben, unsozial und ungerecht ist, kann nur bestreiten, wer blind für sein Umfeld ist.

  3. Ja, Herr Boettel und Ja, Frau Heinzmann, ich stimme ihnen zu . Wir leben in merkwürdigen Zeiten, Schizophrenie aller Orten. Die Deutschen sind zu 84% dafür etwas für das Klima zu tun. Beinahe genau so viele weigern sich etwas dafür zu bezahlen, oder ihre Lebensgewohnheiten zu ändern. Das Fliegen darf nicht teurer werden etc. Ich halte das schlicht für eine dämliche Haltung. Das gleiche gilt doch auch für das Jammern über die Entwicklung arm / reich . Wenn man daran etwas ändern will gilt es doch dem Wirtschaftsliberalismus etwas entgegenzusetzen, da halte ich die Ansichten von Herrn Kühnert absolut diskussionswürdig.Gestern Abend in der Sendung von Frau Will (ARD) ging das Ganze natürlich völlig daneben. Wie kann man zwei solche Themen (CO2 und Herrn K.`s These) kombinieren? Da kommen beide Seiten zu kurz.Das sollte Frau Will wissen, warum tut sie es dann ? Diese Art Moderatoren brauchen wir nicht.

  4. @ Brigitte Heinzmann

    Ich stimme Ihnen absolut zu.
    Wobei das Problem nicht nur ist, dass es „unsozial und ungerecht“ zugeht.
    Wohnungsmarkt, Bahn, Klimafrage, Artensterben – nur einige Stichworte, die deutlich machen, dass es längst um mehr geht: um Unterminierung der Demokratie, um Zerstörung der Grundlagen, von denen wir leben.
    Und allen gemeinsam ist auch Privatisierung, Deregulierung, Hemmungslosigkeit: Privatisierung der Gewinne, Sozialisierung der Verluste. Und bei letzteren geht es auch um die Lebensgrundlagen, die Zukunft unserer Kinder.
    Das Gezeter, das Kevin Kühnert ausgelöst, zeigt auf eschreckende Weise, in welchem Maße dies alles, besonders bei Politikern, verinnerlicht ist. Und auch das gezielte Nicht-Sehen-Wollen. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf.
    Da ruft eben schon ein bloßer Gedanke, der einen Ausweg aus der Sackgasse sucht, geballte Aggressionen hervor.

    Wobei im Prinzip der „Club of Rome“ in „Die Grenzen des Wachstums“ die bevorstehenden Probleme schon vor über 50 Jahren vorhergesehen hat – ohne dass auch nur ein Finger gerührt wurde, um etwas zu ändern.

    @ Jürgen H.Winter

    A propos Ann Will: „Wie kann man zwei solche Themen (CO2 und Herrn K.`s These) kombinieren? Da kommen beide Seiten zu kurz.“

    Lassen Sie mich mal spekulieren: Vielleicht, weil das genau so sein soll? Weil sich so, wie Herr Kretschmer, seines Zeichens MP von Sachsen, demonstriert hat, mit maximaler Erregung und Niveaulosigkeit die hinter beiden Themen steckende sehr ernste Problematik zerreden lässt.
    Solches zu verhindern und die Problematik herauszustellen bedürfte wohl einer unparteilichen und souveränen Moderation.
    Aber haben Sie diese Tugend bei Anne Will schon entdeckt? – Ich nicht.

  5. @ Jürgen Malyssek

    Na ja. Wenn man sich ein Bild machen und auch eingreifen will, muss man sich sowas wohl antun. Und sogar noch Schlimmeres, wobei einem schlecht werden könnte. Sonst werden wir überrollt.

  6. Hallo Herr Engelmann, Herr Malyssek, sie beide haben ja so recht, erhebt sich aber doch die Frage, was ist mit den Bewohnern dieses Landes los, wieso merken die nichts ? Es liegt aber doch ein gut Teil an der Moderation, egal ob Frau Will , Frau Maischberger oder Frau Illner, Herr Plasberg dto., devot gegen Großkopfete, allen anderen redet man gnadenlos dazwischen usw. es ist nicht gut.Es ist also genau das gleiche Problem , wie in der Politik, Herr Kretschmer war Satire pur, besser kann man das nicht machen. was denkt sich der Mann,da ist ja Herr Laschet (NRW) weiter und ich dachte immer, schlimmer geht nimmer.Es lässt einen hilflos zurück. Desgleichen in der FR Interview mit Svenja Schulze, ihres Zeichens Umweltministerin, am 7.Mai. Originalton Schulze: Glyphosat tötet alles, was grün und keine Nutzpflanze ist. Noch vor kurzem winkte Frau Klöckner, Agrarministerin, eine ganze Batterie von Giften durch, so weit ich weiß für die nächsten 5 Jahre. Was tut Frau Schulze ? Offensichtlich nichts. Sitzt die nicht im Kabinett ? Da muss man doch den Laden platzen lassen, wenn man noch einen Funken Ehrgefühl im Leib hat. Aber überall wird ganz betroffen vom Artensterben gesprochen, es ist ein einziges Lügenkartell.Dasalles ist schlecht für den Blutdruck.

  7. @ Jürgen H.Winter

    Hallo, Herr Winter!
    „Herr Kretschmer war Satire pur.“

    Ich nehme an, dass Sie damit unfreiwillige Selbstsatire meinen. Zu wirklicher Satire wären solche Typen ja nicht in der Lage.

    Wichtiger ist etwas anderes:
    Klimakatastrophe und Artensterben sind natürlich als zwei Seiten der gleichen Medaille anzusehen.
    Dazu auch mein Kommentar zum gestrigen Leitartikel der FR, „Artenterben stoppen“. Ich verlinke hier den Kommentarteil, um mir die Wiederholung zu ersparen. (Falls noch nicht erschienen, etwas warten.)
    „https://www.fr.de/meinung/artensterben-stoppen-12255338.html#idAnchComments“

    Fazit:
    Da die Ursachen dieselben sind, nämlich eine kollektive Verdrängung und global verbreitete Ideologie („Die herrschenden Gedanken sind die Gedanken der Herrschenden.“), wird man dagegen auch nur etwas ausrichten können, wenn die Verdrängungsmechanismen selbst aufs Korn genommen werden. Ggf. auch mit vereinzelten gezielten Provokationen.
    Deswegen meine ich, dass Greta Thunberg, „Fridays-for-future“ und auch Kevin Kühnert es diesbezüglich völlig richtig machen.

  8. @ Werner Engelmann, Jürgen H. Winter

    Vielleicht kommt man nicht immer umhin, in die Plasbergs und Wills reinzugucken. Anschauen: Das Stimmungsbarometer im Lande. Aber je länger diese Talks laufen, desto klarer wird’s, wie die Muster der Kräfteverhältnisse auszusehen haben.
    Es gibt für mich inzwischen einfach Schmerzgrenzen des zu Ertragenden. Plasberg etwa ist noch schlimmer (ausschließlich tendenziös und manipulativ) als Anne Will.

    Ich habe den Königsweg auch noch nicht gefunden. Den gibt es bekanntlich selten. Aber es ist wohl wichtiger, die Thunbergs und Kühnerts zu unterstützen und sie nicht dem politischen und wirtschaftlichen Establishment zum Fraß hin zu werfen.
    Viel zu sehr werden diese Talksendungen zu meinungsleitendem Rüstzeug für die Masse. Und sie (die Talk-)haben es selten verdient.

    Warum laufen sie weiter und weiter und das Publikum bleibt fleißig dran? Es ist ja fast wie ein Konsumgut, eine bequeme Art, sich mit der Banalität zu begnügen. Selten wird die Herrschaftsmeinung kaltgestellt. Die abonnierten Stammgäste machen die ganze Sache auch nicht besser. Nee, dann zehnmal lieber Monitor, Frontal oder Report.
    Es wird Zeit die Gewohnheit von Talksendungen zu knacken!
    Ich verstehe Ihren Unmut, Herr Winter.

  9. An Alle, vielen Dank für die Zustimmung. Herr Kretschmer als Satire war natürlich unfreiwillig. Er könnte es nicht, wenn er es wollte . Hinsichtlich Sachsen habe ich zwei meiner Söhne vor Ort, da bekommt man doch einen Einblick in die Verhältnisse dort, es ist schon bemerkenswert. Zum TV , natürlich sind diese Talkshows abgrundtiefer Mist, aber weil meine Leib und Magenthemen haben ich mir das angetan, nur um zu erleben, dass man das eigentlich sein lassen sollte. Ich frage mich nur, wie der Normalbürger damit umgeht, Volksverdummung ist noch zu nett. Zu Monitor usw. würde ich auch Zapp noch dazu zählen.
    Morgen werde ich zum Fridays for future gehen, mit meinem kleinen Enkel, der muss ja später alles ausbaden.Ja, mit Plakat.
    Herr Engelmann : Kam an ihren Text noch nicht dran, werde es später nochmal versuchen.

  10. Und wie in der heutigen Printausgabe der FR zahlreiche Leserbriefe dem Kommentar von Michael Herl zustimmen, kann ich mich nur anschließen, er hat die Wahrheit auf den Punkt gebracht.

  11. @ Jürgen H.Winter

    Hallo, Herr Winter,
    aufgrund einiger Beobachtungen habe ich schon seit längerer Zeit den Eindruck, dass unsere Epoche von romantischen Grundstimmungen geprägt ist.

    Die deutsche Romantik des 19. Jahrhunderts ist in einer krisenhaften Situation des Umbruchs, während und nach den napoleonischen Kriegen und in Vorahnung der entfremdenden Realität des Industriezeitalters entstanden.
    Ähnlich auch die „Wandervogel“-Bewegung der 20er und 30er des 20. Jahrhunderts.
    Typisch für Romantik ist ihre Ambivalenz: Entdeckung der Psyche und der Innerlichkeit, Naturverbundenheit einerseits, Weltflucht bis hin zu Todessehnsucht, Flucht in „Gartenlauben“-Idylle andererseits. Dieser zweite, problematische Aspekt bedingte die Verirrung in Nationalismus. Noch schlimmer bei der „Wandervogel“-Bewegung: Er machte es den Nazis leicht, sie zu unterwandern und für die eigenen menschenverachtenden Ziele einzuspannen.

    Hier nun der Bezug zu heute
    Beim Wiederaufflammen des Nationalismus heute gibt es viele Ähnlichkeiten: Verunsicherung der eigenen Identität durch Globalisierung und Digitalisierung, Zukunftsängste, Verdrängung der realen ökologischen Gefahren, Projektion der Ängste auf personifiziere, „fassbare“ Fremde und Außenseiter, Flucht in vermeintlich „sichere“ Vergangenheit und dubiose Verschwörungstheorien mit pseudoreligiösem Charakter und anderes mehr.
    Der Unterschied zu den oben genannten romantischen Bewegungen:
    Es gibt keinerlei positive Naturerfahrung mehr, dementsprechend auch keinen Respekt, weder vor der Natur noch vor den mit ihr verbundenen Menschen (etwa Ureinwohner).
    Die Beziehung zu Natur und zu Menschen ist durch Technologien verzerrt, total entfremdet.

    Hier nun der Bezug zu Ihnen, soweit sich dies aus Ihren Beiträgen hier und Ihrer Website erkennen lässt.
    Mir fiel in diesem Zusammenhang eine Tagebuchaufzeichnung von Max Frisch (1946) ein, die ich (da ich ja selbst schon zur schriftstellerischen Feder gegriffen habe) sehr schätze:

    „Die Zeit verwandelt uns nicht. Sie entfaltet uns nur.
    Indem man nicht verschweigt, sondern aufschreibt, bekennt man sich zu seinem Denken, das bestenfalls für den Augenblick und für den Standort stimmt, da es sich erzeugt. Man rechnet nicht mit der Hoffnung, dass man übermorgen, wenn man das Gegenteil denkt, klüger sei. Man ist, was man ist. Man hält die Feder hin, wie eine Nadel in der Erdbebenwarte, und eigentlich sind nicht wir es, die schreiben; sondern wir werden geschrieben.
    Schreiben heißt: sich selber lesen. Was selten ein reines Vergnügen ist.“

    Ohne Sie kritisieren zu wollen:
    Die „Nadel in der Erdbebenwarte“ kann ich bei dem, was ich von Ihnen lese, gut erkennen.
    Doch die hat ja nicht nur die Funktion zu warnen. Sie zeigt auch an, was es zu bewahren, zu erhalten gilt.
    Die Primitivität nationalistischen Denkens, ihr Verdrängungsmechanismus resultiert aus ihrer Entfremdung von Natur und anderen Menschen: Kann man sich eine Beziehung von Bossen von Exxon Mobile oder von einem Unternehmen, zum Fracking oder der Ausbeutung von Bodenschätzen angetreten, welche die auf dem Gebiet lebenden Ureinwohner verjagen, mit der Absicht vorstellen, mit diesen in Kontakt zu treten? Oder kann man sich bei Trump-Bewunderern, die vor seiner an Geschmacklosigkeit nicht zu übertreffenden Prunkvilla vor Ehrfurcht erstarren, auch nur einen Rest von Respekt vor Naturphänomenen vorstellen?

    Zur Quintessenz:
    Das Hauptübel unserer Zeit liegt in dem entfremdeten Verhalten gegenüber Natur und damit auch sich selbst gegenüber. Dass man Menschen und Dinge verachtet, die man gar nicht kennt, so etwa fremde Menschen. Indem man seine „Identität“ in Wahnvorstellungen einer „Nation“ sucht, als Ersatzbefriedigung für Liebesunfähigkeit: so in der berüchtigten „Vaterlandsliebe“ rechtsradikaler Provenienz.
    Eine Beziehung zu Natur kann aber nur entstehen, wenn man sie kennt, so wie sie ist. Und ein Bewusstsein von der Ungeheuerlichkeit ihrer Zerstörung entsteht nur dann, wenn man selbst auf positive Weise erfährt, was sie für uns bedeutet.

    So ähnlich gehen auch Techniken der Selbsterfahrung, etwa des Autogenen Trainings, vor.
    Was freilich den Mut voraussetzt, sich nicht von seinen Ängsten bestimmen zu lassen, sondern sich einzulassen auf den Moment, auf das, was ohne unser Zutun auf uns zukommt.
    Oder – um mit Max Frisch zu sprechen – ohne an Zukunft zu denken, sich vom Augenblick schreiben zu lassen. Ihn festzuhalten, und sei es nur für einen Moment.
    So erst entstehen Bilder von dem, was zu schätzen und zu erhalten ist. Was, wenn wir das nicht begreifen, vielleicht unwiederbringlich verloren ist. Bilder auf der Höhe der Zeit, die so auch den Nerv der Zeit treffen können.

    Ich könnte mir vorstellen, dass jemand wie Sie dafür eigentlich prädestiniert ist.

  12. Hallo Herr Engelmann, ich habe 2 mal gelesen, das ist aber verdammt tiefes Wasser von dem sie da sprechen. Mein Ansatz ist eher die eigene Denkfähigkeit, also das von dem Max Frisch spricht, dem eigenen unbewussten aber doch in gewisser Weise gelenkten Denken, beim Entstehen zuzusehen. Es denkt sich, ich beobachte, nehme es auf und versuche es in Bilder umzusetzen, bin also in gewisser Weise schon bei dem von ihnen geschilderten, Max Frisch zugeschriebenen Verfahren.Letzlich gehorcht es aber doch meinem Logikverständnis, wie sie meiner Website entnehmen können, das Rot – Blau Problem erfasst eigentlich alles was hier so vorkommt. Im Lichte dessen krümmt sich natürlich meine Vorstellung vor dem was Politik und TV so absondern und ich frage mich,was in deren Köpfen so abläuft.Zu Ende gedacht, wird alles so ablaufen wie befürchtet, wobei ich als alter Mensch nicht mehr dabei sein werde. Gut so ! Aber meine Enkel ? Das Grundproblem scheint zu sein, dass der Spruch :Ich denke, also bin ich (Decartes)heißen müsste : Es denkt, also ist es . Es ist diese ich Bezogenheit des Menschen, also der Rot Anteil, der evolutionäre Antrieb, der nicht erkannt wird. Zu genau darf man ihn aber auch nicht erkennen, denn dieser Blauanteil im denken ist ohne Rot nicht lebensfähig. Weiter will ich hier erst mal nicht gehen. Ihren Link im vorhergehenden konnte ich nicht auflösen.
    Nach diesem Ausflug angenehmen Abend.

  13. Will mich nicht groß in den Dialog Engelmann/Winter einmischen, aber was Sie, Herr Winter, gesagt haben, ist mir dann doch einer kurzen Rückmeldung wert: „Mein Ansatz ist eher die eigene Denkfähigkeit, also das von dem Max Frisch spricht, dem eigenen unbewußten aber doch in gewisser Weise gelenkten Denken, beim Entstehen zuzusehen. Es denkt sich …“
    Das hat mir gut gefallen.
    Auch durch alle möglichen Zugänge zu Informationen und Standardaussagen (von denen man selber natürlich auch nicht frei sein wird), denkt ES sich auch immer weniger.
    Und insofern, werden (sehe ich inzwischen so)gerade diese Politik-TV-Sendungen immer bedeutungsloser: Regale und Schubladen voller Klischees. Routiniertes „Expertenwissen“.
    Ja, was läuft so in diesen Polit-Promi-Köpfen so ab, wenn sie von Sendung zu Sendung auf diesen Ledersofas Platz nehmen?
    Gute Nacht!

  14. Hallo Herr Malyssek, ja es ist ein schwieriges Vertun, aber es freut mich, doch den einen oder anderen bei ähnlichen Erfahrungen, das Denken betreffend, zu erleben. Viele sind es anscheinend nicht, die meisten meinen , sie seien Herr ihrer Gedanken. Das Interessante daran ist, dass dieses unser Hirn immer denkt, man bekommt es meist nicht mit. Es arbeitet selbst im Schlaf. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wenn man eines dieser um die Ecke gedacht Kreuzworträtsel macht, und man steckt fest, nimmt sich das dann wieder vor, es häufig vorkommt, dass meist sogar mehrere Begriffe einem praktisch sofort einfallen, mit anderen Worten, das Hirn hat in der Zwischenzeit weitergearbeitet. Eine andere Merkwürdigkeit ist, dass wenn man mit einem Menschen zusammen dieses Rätsel löst, die Köpfe dicht beieinander, beiden häufig eine Lösung genau gleichzeitig einfällt, so als seinen die beiden Hirne gleich geschaltet. Man darf diesen Spielereien nicht zu viel Bedeutung beimessen, aber bemerkenswert ist es doch. Fraglich ist natürlich, wieso die meisten Menschen nicht bemerken, dass ihr Hirn immer arbeitet, meist sogar ohne Auftrag und dass konzentriertes Arbeiten ohne dass das Hirn einem dazwischen funkt äußerst schwierig ist, denn das Hirn versucht immer seine eigenen Erfahrungen der letzten 100 000 Jahre in die Überlegungen einfließen zu lassen. Das erklärt übrigens sehr viel des menschlichen Tuns. und nun gute Nacht.

  15. Hallo Herr Engelmann, nur kurz zu den Populisten, Identitären, Schreihälsen usw.Hier liegt ganz klar eine Reduktion auf das Unbewusste, über Jahrtausende erworbene Verhalten vor, das früher sicher seine Berechtigung hatte, aber heute eben obsolet ist. Das wird von den entsprechenden Politikern angesprochen und benutzt, das war bei den Nazis auch so, man muss sich doch fragen, wenn man diese Politiker heute sieht, sowohl die von früher wie auch die von heute, meinen sie, was sie sagen oder benutzen sie einfach nur die begrenzten Fähigkeiten der Menschen, um eine Wirkung zu erzielen. Es ist so simpel, aber so schwierig wirkungslos zu machen, wird doch das Unterbewusste dieser Menschen angesprochen. Sie merken einfach nicht dass ES denkt, und nicht sie selbst.

  16. Sicher soll hier das Thema, ausgehend von der Äußerung Kühnerts, nicht aus den Augen verloren werden.
    Bronski spricht aber selbst schon ideologische Hintergründe an, die dazu führen, dass „Gemeinwohl mit dem Wohl der Wirtschaft gleichgesetzt“ wird.
    Es ist auch nicht möglich, Lösungen, wie dies zu überwinden sei, näher zu kommen, ohne sich auf Hinter- und Untergründe einzulassen. Deshalb seien folgende Einlassungen erlaubt, die sehr wohl die Thematik im Auge haben.

    Jürgen H. Winter hat in seinen letzten beiden Beiträgen, durchaus zu Recht, auf die Bedeutung des Unbewussten hingewiesen, durch welches „Erfahrungen der letzten 100 000 Jahre in die Überlegungen einfließen“ Was sich – so sehr etwa „Populisten“ und „Klimaleugner“ dies auch krampfhaft versuchen – nun mal nicht verdrängen lässt.
    Was sich psychologisch und physiologisch dabei abspielt, wenn das „ES denkt“, ist zwar, ausgehend von der Freudschen Traumanalyse, inzwischen geklärt. Dies hier zu erörtern würde aber zu weit führen.
    Wichtiger ist, auf den praktischen Umgang damit einzugehen, Gefahren und Chancen aufzuzeigen.

    Zunächst zum „Populismus“:

    Ich bin nicht nur davon überzeugt, dass wir in einer Epoche verdrängter „romantischer Grundstimmungen“ leben, sondern auch der geistigen (vielleicht auch moralischen) Dekadenz.
    Augenfälligstes Beispiel dafür das Phänomen „Trump“ – und ich meine damit nicht die in ihrer Widerlichkeit völlig uninteressante Person, sondern den Typus, der vor allem für Millionen von Amerikanern steht und erst dadurch relevant wird.
    Das Paradoxe des Versuchs, die „Reduktion auf das Unbewusste“ (Jürgen H. Winter) zu verschleiern und Beherrschung vorzugaukeln, wird exemplarisch sichtbar am Handschüttelkomplex. Natürlich Teil der Trumpschen Macht- und Einschüchterungsstrategien. Absolut unerträglich anzusehen, wie dieser Perversling etwa die Hilflosigkeit des japanischen Ministerpräsidenten genießt: als Demonstration der Weltbeherrschung von einem, der nicht einmal zu elementarsten zivilisatorischen Errungenschaften der Selbstbeherrschung fähig ist. Worin schon die Brisanz und Gefährlichkeit dieses Phänomens deutlich wird.
    Ziemlich sinnlos, sich auf einer solche Ebene überhaupt einzulassen. Was schon an sich ein Akt der Unterwerfung ist. Und selbst ein Macon hat mit seinem Versuch, bei den vom anderen vorgegebenen Spielregeln gegen zu halten, bestenfalls erreicht, dass der ihn möglichst zu meiden sucht.
    Und die Propheten des „Dialogs“ mit Rechtsextremen haben inzwischen den Schleier gelüftet und ihre wahren Absichten erkennen lassen. So etwa Prof. Patzelt, der in seiner Berater-Funktion für die sächsische CDU inzwischen bereits offen die Kooperation mit der AfD empfiehlt.
    Für das Ziel, die Ideologie der „marktkonformen Demokratie“ zu durchstoßen und die wirklichen Belange des “ Gemeinwohls“ zum Tragen zu bringen, kann dies keine Strategie sein. Es beseitigt nicht die vor allem im Unterbewussten angesiedelten Mechanismen der Herrschaft und des Selbstbetrugs. Man wird (so beim Beispiel Patzelt) vielmehr selbst Opfer des eigenen Selbstbetrugs.
    Adäquat erscheint dem gegenüber allein, die Egomanen der Macht und der Demagogie zu entlarven und sie der wohl verdienten Lächerlichkeit preiszugeben.

    Zum Unbewussten als kreativer Macht:

    Voraussetzung für kreativen Umgang mit dem Unbewussten ist, „Archaisches“ nicht allein in seiner negativen Bedeutung als Festhalten am Überkommenen zu begreifen, sondern auch in seiner positiven Funktion der Selbst- und Lebenserhaltung. Dies findet Ausdruck in emotionsgeprägten Symbolen.
    Alfred Andersch beschreibt in seinem Roman „Die Kirschen der Freiheit“ im Grunde eine einzige Sekunde seines Lebens: die, als er in Süditalien am 6. Juni 1944 den Entschluss fasste, von der Wehrmacht zu desertieren. Man könnte erwarten, dass er ausführlich die Lebensgefahr beschreibt, in die er sich begibt. Nicht so Alfred Andersch. Er überzeugt und beeindruckt durch die Kraft eines Bildes von Naturverbundenheit:
    „Mir gehört die Zeit, solange ich diese Kirschen esse. Ich taufe meine Kirschen: ciliege diserte, die verlassenen Kirschen, die Deserteurs-Kirschen, die wilden Wüstenkirschen meiner Freiheit.“
    Andersch greift hier das Symbol der Sehnsucht von Kommunisten auf, das Jean-Baptiste Clément, der Kommunarde der Pariser „Commune“ 1871 in dem berühmten, emotional ergreifenden Lied „Le Temps des Cerises“ geprägt hat: „Quand nous chanterons le temps des cerises…“ (Wenn wir die Zeit der Kirschen besingen werden…“
    In seiner scheinbar lediglich poetischen Romantik ein höchst politisches Lied.
    Hierzu drei Versionen:
    Nana Mouskouri: https://www.youtube.com/watch?v=mhUaSnAOB88 (2 Versionen in Folge)
    Zum Vergleich Yves Montand: https://www.youtube.com/watch?v=ncs4WlWfIZo
    Nicht anders die Romantik in der Hymne „Brüder, zur Sonne zur Freiheit!“ oder im Partisanenlied „O bella ciao“: „E seppellire lassù in montagna sotto l’ombra di un bel fior“ (Und im Gebirge, im Schatten einer schönen Blume begraben zu sein.)

    Zur Aktualität:

    Bereitschaft zu Engagement, politische Aktion schöpft aus dem „Archaischen“ des Unbewussten, lebt von (scheinbar „nur“) romantischen Bildern, deren Kraft sie zur Entfaltung bringt. Eine Kraft, die zu unserer Zeit sichtbar ungenutzt bleibt.
    Greta Thunberg wurde so sehr Sprachrohr von Millionen von Jugendlichen weltweit (und nicht nur von ihnen), weil die Ängste, die sie mit vollem Recht herausschreit, authentisch sind. Und weil diese von ihnen geteilt werden.
    Wie lächerlich dagegen die Versuche, sie zu diskreditieren, das „Profi“-Geschwätz eines Christian Lindner!
    Doch politische Aktionen lassen sich nicht auf bloßen Ängsten aufbauen. Denn Ängste lähmen oder lassen uns in Panik geraten.
    Kevin Kühnert hat zu Recht eine Debatte angestoßen. Doch er muss wohl noch lernen, dass bloß rationale Vorgaben auch kontraproduktiv werden können, wenn sie Gelegenheit geben zu demagogischen Vergleichen, wenn sie die Herzen der Menschen, ihre Sehnsüchte aber nicht erreichen.
    Und wir müssen wohl noch den souveränen Umgang mit den Demagogen unserer Zeit lernen. Dass sich auf ihre Ebene einzulassen uns nicht weiter bringt, rationale Versuche zu entkräften chancenlos sind.
    Wir müssen lernen, uns von ihnen zu emanzipieren. Unsere eigene Melodie vorzusingen statt nur deren Melodien mit Basstönen zu versehen. Uns zu dem zu bekennen, was uns bewegt, was wir ersehnen oder erträumen.
    Uns nicht nur als einen Teil der Natur zu begreifen und diese – schon aus reinem Interesse der Selbsterhaltung – zu respektieren. Wir müssen auch ihre Melodien hören, sie auf uns wirken lassen, sie mitfühlen und unsere Gefühle anderen vermitteln.
    So erfahren wir ihre schöpferische Kraft und machen sie uns zu eigen. Und können lachen über das (Vor-)Urteil in Politik und Gesellschaft.

  17. Zurück zum Thema . Herr Kühnert hat auf einen Aspekt des neoliberalen Wirtschaftens hingewiesen. Das ganze Problem nennt man heute die Märkte. Die Märkte sind der ganz große Popanz heute. Es ist wie auf allen anderen Gebieten auch, alles außer Kontrolle. Klima, Umwelt, Industrie, Arm – Reich Verhältnis, Wohnungsmarkt, Plastik, Muell etc. Sobald jemand nur den Versuch macht, etwas am bestehenden Zustand zu ändern – Riesengeschrei.Geschäftsmodelle wie Amazon, Uber,Medienkonzerne etc. entwickeln sich explosionsartig, je dummer, desto schneller, es gibt nur ein Kriterium, Marktmacht und Geld. Die große Frage ist, wer sollte daran etwas ändern ? Es gehört mehr als eine große Portion Optimismus dazu angesichts der gegenwärtigen Akteure auf Besserung zu hoffen. Niemand scheint auf die Idee zu kommen, dass große Zurückhaltung auf allen Gebieten die Antwort sein muss. Die Flieger dürfen nicht mehr fliegen, die Autos nicht mehr fahren, die Gesellschaft muss sich umbauen, angesichts fehlender Politik muss sie es wohl selbst tun,aus Überzeugung, man muss mir nicht sagen. dass das nie gehen wird, aber das wäre wohl die einzige Lösung dieses Dilemmas. Kühnert hat es angestoßen, wir alle haben die Reaktionen gesehen, da war Schwachsinn noch freundlich bei den Reaktionen. Und ich mache mir Gedanken über Schmetterlinge und Lerchen….

  18. Als ganz eindeutig in den neunziger Jahren in Deutschland alles Markt wurde und mit den Arbeitsmarktgesetzen der Rot-Grünen-Regierung auch das Soziale, bis weit in die Daseinsvorsorge, festgezurrt wurde, ist seitdem der Bruch in der Gesellschaft nicht mehr geheilt worden. Und wir sehen an den Reaktionen der Spitzenpolitiker, auf welcher Seite der Gesellschaft sie stehen, nämlich da, wo die Geschäfte laufen, wo die Wachstumsversprechen florieren, wo die Wirtschaftgiganten die Maßstäbe setzen. Die Namen sind genannt.
    Und jetzt kommt die SPD dran: Sie haben seitdem die Kurve nicht gekriegt und ich gehe davon aus, dass sie es mit dieser Führungsgeneration auch nicht mehr schaffen. Von den Konservativen und den Liberalen war eh kein Widerstand zu erwarten. Die Sozialdemokraten jedenfalls, so muss jetzt konstatiert werden, versagen auf ganzer Linie. Sie sind nicht mehr wählbar. Dann kommt Kevin Kühnert und traut sich was, macht das Fenster auf. Welch ein politisches Elend, diesen jungen Politiker so abzuwatschen!

    Das zweite Problem ist die Masse Mensch, die einfach nicht aus ihrer Konsumentengefangenschaft herauskommt. Es müsste sich im Verhalten der Menschen soviel ändern, dass Hoffnung auf Veränderung ein großes Wort ist. Also geht es nur so: Weiter die Thunbergs und Kühnerts praktisch und moralisch unterstützen! Und persönlich weitermachen, so gut es eben geht, auch im Umweltbereich und mit Beipielen an Verzicht und Vereinfachung der Lebensgewohnheiten.

  19. Hallo Herr Malyssek, sie haben ja so recht in allem was sie sagen. Es ist wirklich die Masse Mensch und hier auch die Jüngeren so 3o – 4o Jahre, die nehmen die Problematik einfach nicht wahr. Ich habe das Glück im Rahmen von Familie mit einer ganzen Reihe Menschen in dieser Altersklasse zusammenzukommen, da ist die Problematik weg, sie ist einfach nicht da. Kein Klima, Keine Umwelt Probleme, nichts. Es ist einfach kein Thema. Wenn überhaupt bemerkt man eine gewisse unterschwellige Sorge, nicht genau definiert, aber was soll man daran schon machen. Genau betrachtet ist es natürlich die allgemeine Politik, die dieses Verhalten hervorruft und bedient, als zwar immer gesagt wird, man sei sich des Ernstes der Lage bewusst, aber sofort danach kommt sozial verträglich, kostet kein Geld etc. nur wird das so nicht gehen. Die Grünen, die sie nicht mit aufgezählt haben, gehören m.E. in die gleiche Kategorie, auch die tun so als sei alles leicht machbar, aber sie machen auch nichts. Immerhin haben wir hier in Hessen eine grüne Umweltministerin, Frau Hinz, die vor ein paar Wochen allen Ernstes eine Botschaft ans Volk losließ über den Neuntöter als ob das das heutige Problem sei. Dass hier in unserem Dorf wir von einer Giftsteppe umgeben sind, wo praktisch nichts lebt außer Nutzpflanzen und die Großvögel wie Krähen, Dohlen, Tauben jetzt in den Gärten versuchen zu überleben, da es im freien Feld nichts gibt, das klammert diese Frau einfach aus . So etwas nennt sich Umweltministerin, sie ist aber gleichzeitig Landwirtschaftsministerin, müsste sich also eigentlich mit der linken Hand die Rechte abhacken, da diese ja für die Zustände in der Landschaft verantwortlich ist. Überhaupt, als Grüne mit den Schwarzen eine Koalition bilden geht gar nicht, denn wer mit dem Teufel paktiert verliert seine Seele.Ich könnte mir vorstellen, dass dieser Satz Herrn Engelmann gefällt. Na gut, trotz allem schönen Sonntag !

  20. Danke, Herr Winter, für Ihre Rückmeldung. Sicher kann ich nicht in allem, was ich sage, recht haben. Aber eine optimistische Weltsicht, die wird mir schwerlich noch gelingen. Vieles hängt dabei – sehen wir mal für einen Moment von den Krisen und Kriegen ab – einfach mit der Überforderung der Menschen in einer Gesellschaft der Enfremdung, Beschleunigung und des permanent Neuen zusammen …

    Sie sprechen die etwas Jüngeren an, die zwischen 30 und 40 Jahren, bei der scheinbar die Wahrnehmung der Problematik des Klimas, der Umwelt usw. nicht oder schwach ausgeprägt ist.
    Und dann die Ideologie, die Politik, die uns alle beeinflusst bzw. steuert.

    Ich muss allerdings auch sagen, dass mich auch ein Großteil der Alten immer wieder enttäuscht, die scheinbar das alles „gefressen“ hat, was ihnen so vorgegaukelt wird. Enttäuschend deshalb, weil sie es eigentlich sind, die auf eine lange Erfahrung zurückblicken können, mit teilweisen extremen Zeiten oder sagen wir mal, anderen bescheideneren Zeiten, bis hin zur erlebten Armut, der Nachkriegszeit u.v.a.
    Das Ganze wäre ein längeres Kapitel, das ich hier nur andeute.

    Ein anderer Punkt heute ist doch, dass viele Zeitgenossinnen und genossen, die Realisierung von dringend Notwendigen in der Gesellschaft (etwa Verbesserung der Infrastruktur oder die Beseitigung von Armut und Ungerechtigkeit) häufig nur von der Kostenfrage abhängig machen: „Wer soll das denn alles bezahlen?“
    Dabei wird doch sowieso schon für den größten Unsinn genug Geld ausgegeben – natürlich mittels Steuerzahler, auf das kaum Einfluss zu nehmen ist.

    Ich habe zur politischen Frage die Grünen deshalb nicht erwähnt, weil sie als (tief) bürgerliche Partei so mittenzwischen den Blöcken der Konservativen und den sog. Sozialdemokraten treiben. Sie haben deshalb keinen Freibrief.
    Die Kohärenzen bei Schwarz-Grün zeigen sich doch am Besten in der Hessen-Koalition. Mehr Übereinstimmung und Eintracht geht doch gar nicht! Nach einem „Teufelspakt“ sieht es jedenfalls rein äußerlich nicht aus.

    Noch einmal zum Stichwort Hoffnung: Es bleibt zunächst bei den Generationen Thunberg und Kühnert, die vielleicht noch am Rad drehen können, werden, sollten, müssen …

    Alles Gute!

  21. Die Aussage von K. Kühnert geht in die richtige Richtung, doch das Vergesellschaften hat nur wenig Wirkung solange das Mehr in unseren Köpfen breiten Raum einnimmt. Da droht ein Sozialismus a la DDR. Wir müssen unsere Ansprüche und Lebensgewohnheiten hinterfragen und nicht nur die Politiker auffordern andere Gesetze zu machen. Kapitalistische Denkformen nehmen in unseren Köpfen mehr Raum an als uns bewußt ist.
    Sogar der Koran hat fruchtbare Ansätze. Sure 102: 1. Es beherrscht euch das Streben nach mehr und mehr 2. bis ihr (eure) Gräber aufsucht. 3. Doch nein! Ihr wedet es wissen! 4. Abermals nein! Ihr werdet es wissen! 5. Doch nein! Wenn ihr es nur sicher wüßtet! Wahrlich ihr werdet das Höllenfeuer sehen. 7. Abermals: Wahrlich ihr werdet es mit dem Auge der Gewißheit sehen. 8. An diesem Tage werdet ihr dann gefragt werden, was ihr aus den Gaben des Lebens gemacht habt.
    Der Islam bietet also, wie alle Religionen, mehr als nur Kopftuchzwang und Repression.
    Ich bin kein Muslim.

  22. Hallo Herr Malyssek, Bronski hat das heute in der FR sehr gut zusammengefasst, nur, sie können sich sicher vorstellen, was jetzt kommt: Von der Umwelt im weitesten Sinne ist nicht die Rede. Kommt auch in der Regierungspolitik nicht vor, Bei den Grünen nur Gesprächsweise, um Wähler anzulocken, um dann mit der CDU… aber ich wiederhole mich.Wir leben in Zeiten von Evolution plus X, Warten wir ab was dabei rauskommt.Hinsichtlich Herrn Kühnert stimme ich ihnen jedenfalls voll zu. keine Frage. Zur SPD ist natürlich noch zu sagen, dass die die Gewerkschaften am Bein haben, die ja noch konservativer sind als unsere Neoliberalen, Hauptsache, das Geld stimmt.
    Zu ihrem Blogeintrag von heute, über die Alten. Bei mir zu Hause, eher unpolitisch, nicht in der Partei, hieß es Politik ist ein schmutziges Geschäft, da muss man sich raushalten, Originalton Eltern/Großeltern. Man muss dabei wissen, dass nach dem Krieg die Menschen merkten, dass die alten Nazis nach wie vor da waren, da wurden die Leute, die andere ins KZ gebracht hatten wieder Richter und Staatsanwälte, das war auch alles bekannt, aber die Menschen hatten jegliches Vertrauen verloren, kann man es ihnen verdenken? Adenauer & Co. vorneweg. Die Kinder dieser Menschen wurden dann häufig wie Henning Venske, siehe sein Beitrag zum Grundgesetz, ich kann mich da gut wiederfinden. Das nur zu den „Alten“, ich mache da keine Vorwürfe, das kann man nur aus der Zeit heraus verstehen. Es erklärt natürlich so manches, wie unsere Rechtslastigkeit auf vielen Gebieten, da waren die Nazis lange nach dem Krieg noch tätig… und wo sind sie heute??

  23. Hallo, Herr Winter,
    fand die Zusammenstellung von Bronski heute auch gelungen. Ich habe alle Kommentare gelesen. Und dass Elisabeth Abnedroth, Tochter von Wolfgang Abendroth sich auch zu Wort gemeldet hat, fand ich besonders erfreulich. Wolfgang Abendroth und die Geschichte der Arbeiterbewegung – da können einem beim Nachdenken über die Sozialdemokraten und den Sprüchen heute die Tränen kommen!

    Und dass Kühnert weiter standhält und sich so leicht nicht von der unsäglichen Kritik beirren lässt, ist auch gut zu hören.

    Ich komme nochmal auf die Protagonistin Greta Thunberg zurück, indem ich (weil Sie das Umweltthema vermisst haben) eine Aufgabenteilung zwischen ihr und dem Juso-Chef erkennen will: Greta, das klima, die Umwelt und Kevin, die soziale Frage, die gesellschaftliche Umverteilung. Zunächst einmal in richtigen Händen.
    Die Gewerkschaften: Meine Wahrnehmung ist die, dass sie wieder wacher geworden sind und nicht nur Tarife verhandeln, sondern die gesellschaftlichen Themen mit aufnehmen (z.B. die Wohnungsnot, Privatisierung der Daseinsvorsoge [Kliniken in den Händen von Konzernen]).

    Zu den Alten: Was Sie zu den Wahrnehmungen und Einstellungen der Menschen nach dem Krieg sagen, ist auch ein Teil der Erklärung, warum sie u.a. auch so unpolitisch geblieben sind.
    Haben Sie den Beitrag zum Grundgesetz von Henning Venske noch? Ich weiß es nicht mehr.

    Ich bleibe im Wesentlichen bei meiner Kritik an „den Alten“, die ziemlich regelmäßig meine Wege kreuzen: Diese Bräsigkeit, diese Haltung: „Wir haben das alles hier aufgebaut, die Knochen hingehalten – und was machen die jungen Faulenzer heute?“ (von mir etwas übertrieben so nachgesprochen, aber im Ton nicht so verkehrt). Der dumpfe rechte deutsche Geist war nie ganz weg, er schlummerte nur, bis die Zeit wieder „reif“ sein sollte.
    Dies freilich auch in der Generationsfolge.
    ‚Nacht!

  24. @ Jürgen H. Winter

    Henning Venske habe ich gefunden. War neben Luisa Neubauer. Wär’s ein Hund gewesen, hätt‘ er mich gebissen …

  25. Hallo Herr Malyssek, Ja der Henning Venske, noch bekannter war Hannes Wader,lang ists her,aber es gibt sie noch, ich habe vor kurzem ein Buch von Venske gelesen, so eine Art Zusammenfassung. Auf Dauer schon ein wenig anstrengend ,nun ja.
    Hoffen wir , dass sie recht haben mit den Gewerkschaften, mein Eindruck war und ist, alles sehr sozial, aber Umwelt und ähnliches,da wird doch sehr gefremdelt. Das war übrigens bei den Grünen auch nicht anders, damals in den 80ern war ich auch dabei, die hießen zwar Grün aber die konnten keine Erbse von einer Bohne unterscheiden, wenn sie die Pflanzen im Garten sahen.Es war alles sehr theoretisch. Und das ist heute auch noch so.
    Die Alten heute, ich gehöre wohl dazu (81),sie haben Recht, das bräsige ist schon vorhanden, aber auch das „sich raushalten“, häufig ist es einfach Dummheit, leider. Menschen werden ja auch im Alter intoleranter, nicht weiser . In meinem Beitrag vorher sprach ich eher von meinen Eltern . Beide Jahrgang 1908 . In einer solchen Zeit geboren zu sein ist schon eine Strafe, ich brauche das nicht aufzuzählen. Dass diese Generation alles nur so hinnahm, nicht meckerte, sondern den Rücken krumm und malochen, da hatte meine Generation außer den Anfangsjahren nicht auszustehen . Arbeit gab es genug, also Existenzangst hatte man nicht, die Studentenkrawalle nahm man zwar wahr, Springer war der Teufel, klar, aber es ging alles seinen Weg. Erst mit Beginn der 80er Jahre begann ich meine Umwelt mehr wahrzunehmen und mir Gedanken zu machen.Habe dazu meine Bilder gemalt und mir Gedanken über die Denkfähigkeit des Menschen gemacht.
    Ich weiß nicht, ob sie das Klimatreffen der Regierung heute im TV verfolgt haben, es war das übliche, in Zukunft alles toll , bis 2050 kein CO2 mehr, aber direkte Maßnahmen – keine, das muss noch diskutiert werden, im Klimakabinett. Was dabei rauskommt kann man sich gut vorstellen. Es ist schon ein Kreuz, mal sehen, was die jungen Leute sagen, am Freitag bei der Demo. Letzten Freitag ging nicht, da gab es ein Fahrraddemo, das ist mit einem 3jährigen Enkel zu kompliziert.
    Zum Klimakabinett ist noch zu sagen, dass seitens der EU in absehbarer Zeit Ausgleichszahlungen fällig werden, mal sehen wie das wird, denn ohne Zwang wird hier nichts passieren. Sorgen machen mir in der EU nur die Rechten, gegen geballte Dummheit ist wenig zu machen, haben diese Leute denn gar kein Hirn, nationalistische Deppen,wenn man das schon hört, Europa der Vaterländer, da prügeln sie dann wieder aufeinander ein, das ist dieses fatale archaische Gedankengut, aber es ist auch bei der sogenannten Führungsschicht vorhanden,weshalb trifft man sich sonst in Bayreuth um die Germanenmusik zu hören. Alles, was Rang und Namen hat. Bräsig ist richtige Ausdruck.Der dumpfe deutsche Geist, eben. Na dann, gute Nacht.

  26. Hallo, Herr Winter,
    Sie meinen Henning Venskes „Summa summarum“, das ich auch noch zu liegen habe. Ich mag seine hastlose,teils bitterböse Schärfe.
    Bei den Gewerkschaften bin ich schon froh, dass sie doch relevante gesellschaftliche Themen mit ins Programm nehmen. Das ist schon eine kleine Wiedergeburt.
    Zu den „Alten“ – und Sie sind ja doch ein paar Jährchen älter als ich (74) – möchte ich mich auch schon wagen (neben der Bräsigkeit) auch die Dummheit hinzuzunehmen.
    Wie auch immer, aber den Jahrgang ihrer Eltern, das ist schon etwas Besonderes, mit zwei Weltkriegen auf dem Buckel!!
    Ansonsten sehe ich „unsere“ Anfangsjahre, ähnlich wie Sie, weitestgehend (trotz der armen Umstände) angstfrei, auch berufsmäßig (Arbeit finden war kein Problem).
    Die 1980er Jahre warem schon irgendwie der allmähliche Beginn einer gesellschaftliche Veränderung. Es wirkte schon der Neoliberalismus. Wir haben’s nur nicht so genannt und es war noch nicht so pointiert.
    Dass Sie Bilder malen und Gedanken schaffen, das ist eine feine Sache. Ich male nicht, aber der Kopf mit den Gedanken hilft auch schon, um zu erkennen, wie absurd diese Welt inzwischen gestaltet wird.
    Das Klimatreffen via TV habe ich nur Nachrichten mäßig kurz mitbekommen. Ich habe im Grunde nur das hilflose Bekenntnis einer Angela Merkel wahrgenommen – Knochen ohne Fleisch und Blut …
    Auf die EU (Regelungen, Zwang) und die Rechten, den Populismus komme ich am Freitag noch zu sprechen.
    Ich muss los und bin dann mal weg (ohne Laptop).
    Machen Sie’s gut.

  27. Hallo Herr Malyssek,ja, es geht um summa summarum ich habe es durchgelesen, man sollte es eher häppchenweise zu sich nehmen, mal hier, mal da lesen, sonst macht es einen einfach fertig.
    Noch mal zu Herrn Kühnert. Totenstille überall, jetzt wird totgeschwiegen, so viel Aufmerksamkeit für ein solches Thema, das geht gar nicht. Das hat Methode ! Das gleiche gilt für das Artensterben, geht durch die Medien — und aus, eigentlich interessiert es niemanden.
    Dabei gibt es durchaus Entwicklungen, die dabei zu beachten wären, wie z.B. wenn die Vögel und Kleintiere sterben, die Pflanzen und Insekten verschwinden, halte ich es für durchaus möglich, dass es auch am Menschen nicht spurlos vorübergeht. Wenn ich mir so betrachte, mit wie viel Allergien die Kindergartenkinder zu kämpfen haben, und wenn ich dann die Freunde der Agrarfront mit ihren Spritzkanonen sehe, die ja für das breitflächige Sterben zumindest mitverantwortlich sind, da wird sehr viel verdrängt.
    Morgen zur Demo, mal sehen wie das wird!

  28. Hallo, Herr Malyssek, hallo, Herr Winter!
    Ich musste aus persönlichen Gründen in den letzten Tagen leider so manche Antwort schuldig bleiben. Wir sind z.Zt. in der Bretagne, wo wir heute die jüngere Schwester meiner Frau zu Grabe getragen haben. Bei Erfahrungen, die einem persönlich so nahe gehen, zugleich auch ein beeindruckendes Erlebnis von großer Anteilnahme und Mitmenschlichkeit.
    Erfahrungen, die in Erinnerung rufen, wofür und für wen sich einzusetzen sich lohnt.

    Für die Demo (ist sie nur in Berlin, von wo ich eine Einladung bekommen habe?) frohes Gelingen, mit der Hoffnung, dass es auch zu einem beeindruckenden Erlebnis von Mitmenschlichkeit wird!

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