Bronskis Homeoffice-Tagebuch – Tag 10

Leben und Arbeiten in Zeiten der Pandemie

Ein wunderschöner Frühlingstag, leider etwas windig. Man könnte glatt vergessen, dass wir gerade Pandemie haben. Tatsächlich mehrt sich die Zahl der Zuschriften, die davon am liebsten nichts mehr wissen wollen. Einem Leser habe ich soeben zurückgeschrieben, ob er sich nicht vorstellen kann, dass es durchaus Menschen gibt, die auf dem Laufenden bleiben wollen, und dass die Medien eigentlich nur ihren Auftrag erfüllen. Schon zur Zeit der Schlacht von Marathon war es nicht der richtige Ansatz, den Boten für die Botschaft verantwortlich zu machen. Aber ich kann den Frust durchaus nachvollziehen. Mir geht es sogar ähnlich. Und wissen Sie, was ich dann gemacht habe? Ich habe den Fernseher abgeschaltet bzw. einen Film reingeschoben.

Bronskis Homeoffice-Tagebuch – Tag 10
Donnerstag, 26. März 2020

Während sich die Lage in Deutschland ganz allmählich zu beruhigen scheint, geht es jetzt in den USA richtig los. Millionen von US-Amerikanern melden sich arbeitslos, die Zahlen der Infizierten und Toten steigen sprunghaft. Wir beobachten genau den exponentiellen Anstieg, der eigentlich mit allen Mitteln unterbrochen werden müsste, doch US-Präsident Donald Trump ergeht sich lieber in dümmlichen Sprüchen. Ob er das auch noch täte, wenn er selbst infiziert wäre? Viel mehr als um die der Amerikaner*innen sorgt er sich darum, dass die Wirtschaft flutscht. Klar, er ist selbst Unternehmer, und seine Hotels stehen derzeit natürlich leer. Sollen wir Trump die Insolvenz wünschen? Oder reicht es, wenn wir vermuten dürfen, dass sein verspätetes, ineffizientes Krisenmanagement Trump die Wiederwahl kosten dürfte? Die Menschen in den USA schätzen starke Führungspersönlichkeiten – und sie nehmen es ihnen übel, wenn sie eben nicht führen. Das hat George W. Bush nach dem Hurrikan Katrina erlebt, als seine Umfragewerte massiv in den Keller rauschten. Hätte er für eine weitere Amtszeit antreten dürfen – ich glaube nicht, dass er gewählt worden wäre. Trump werden die Menschen in den USA nachtragen, dass er zwar herbe Sprüche über das „China-Virus“ geliefert hat – als könne man die Pandemie besiegen, indem man einen Sündenbock benennt -, dass er die Dinge ansonsten aber viel zu lange hat laufen lassen. Das werden viele Wählerinnen und Wähler zu spüren bekommen.

Anderes Thema: Die Lage an der Leserbrieffront wird langsam dramatisch. Schauen Sie sich mal bitte folgenden Screenshot aus dem Redaktionssystem der FR an:

2020_03_26_16_41_06_Seitenbearbeitung_2_Frankfurter_Rundschau_Leserforum_1_FRD_LES_0_NDas sind Ihre Leserbriefe auf einer meiner Planungsseiten, mit denen ich die Zeitungsseiten vorbereite. Genauer gesagt: Es handelt sich um einen kleinen Teil Ihrer Zuschriften. Die roten Kästchen in den Ecken der Layout-Kartons besagen, dass da Text unten rausläuft. Und zwar viel Text! Viermal so viele Leserbriefe stehen außerdem rechts davon und werden von diesem Ausschnitt nicht erfasst. Zurzeit geht es wirklich wild zu. Viele Menschen haben ein erkennbar erhöhtes Mitteilungsbedürfnis. Mir würde es durchaus helfen, wenn nur Einige von Ihnen die Möglichkeit nutzen würden, die Ihnen das FR-Blog bietet, indem Sie nämlich Ihre Meinung hier posten, im Blog. Damit ist eine Veröffentlichung im Print-Leserforum keineswegs ausgeschlossen. Was mache ich nun mit diesen zahlreichen Zuschriften? Einige davon sind auch wieder ziemlich lang. Und dann wird der Lesermeinung auch noch Platz weggenommen! Für die morgige Ausgabe habe ich gerade mal eine halbe Zeitungsseite für Leserbriefe über dem Wetter. Immerhin habe ich es geschafft, auf diesem minimalen Raum vier Ihrer Zuschriften unterzubringen.

Habe ich gerade wirklich laut geklagt? Welche Berechtigung zur Klage hätten dann erst die Gastronomen wie zum Beispiel denen im „Komm“, einem Einkaufszentrum in Offenbach? Alles zu, nur der Drogeriemarkt und der Tegut sind offen. Stichwort Grundversorgung. Da müssen wir jetzt durch. Seit dem vergangenen Samstag fährt die Bundesrepublik ein nie dagewesenes Programm der Abstinenz in Sachen sozialer Kontakte. Mit dem Ziel, die Infektionsketten zu unterbrechen und zu verhindern, dass der Anstieg der Infiziertenzahlen weiterhin exponentiell verläuft – denn das birgt die Gefahr der Überforderung unseres Gesundheitssystems in sich. So wie es in Norditalien und jetzt auch im Elsass geschieht, wo alte, kranke Menschen, für die es keine Kapazitäten auf den Intensivstationen gibt, dem Sterben überlassen werden. Dieses Schicksal ist modernen, zivilisierten Gesellschaften unwürdig!

Gewiss, wir müssen alle irgendwann sterben. Das ist jedoch nicht der Punkt, denn wir wären ja grundsätzlich in der Lage, diese Leben zu retten. Wir hätten nur vorausschauend handeln müssen. Und wir hätten die Gesundheitsversorgung nicht als Wirtschaftsgut, sondern als Menschenrecht betrachten und behandeln müssen. Dass selbst Intensivmedizin sich rechnen muss – das ist ein Irrwitz eines auf die Spitze getriebenen, entmenschlichten Wettbewerbsgedankens. Ich hoffe sehr, dass Sars-CoV2 uns dahin bringt, dass wir diese Denkweise überdenken.

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5 Kommentare zu “Bronskis Homeoffice-Tagebuch – Tag 10

  1. Ich melde mich mal wieder aus der Quarantäne. Es geht bisher allen Familienmitgliedern mehr oder weniger gut. Symptome sind unterschiedlich ausgeprägt vorhanden. Bei meiner Mutter im Krankenhaus auch. Nach der letzten Aussage von einer Ärztin dort aber im grünen Bereich. So könnte es einfach bleiben. Ich habe begonnen mehr zu lesen auch hier im Bloog und natürlich die FR jeden morgen. Man lernt mit der Situation besser umzugehen. Was aber inzwischen klar ist das eins besser nicht passiert wenn man in Quarantäne ist nämlich das man einen Arzt braucht. Meine Schwester hatte ein Problem schon mit in die Quarantäne gebracht. Die behandelnde Ärztin ist dann in voller Schutzmontur gekommen. Die Frage wie sehr es ihr geholfen hat das sie in einer PKV ist möchte ich lieber gar nicht stellen. Unser Hausarzt hat ihr auf jeden Fall angeboten einen Coronatest bei ihr zu machen. Bei der PKV wird er so bezahlt bei der GKV nicht. Das Gesundheitsamt hält einen Test bei uns für nicht nötig. Warum ist mir eigentlich nicht ganz klar. Da widersprechen sie sich man kann schon sagen täglich. Das Thema hatte ich aber ja schon in einem früheren Beitrag. Welche Auswirkungen es bei Corona hatte wenn man PKV oder GKV versichert war wird wohl spätestens in der Nachbetrachtung der Krise eins sein. Am Wochenende ist es dann 2 Wochen her das die Nachbarin meiner Mutter die Viren vorbei brachte. Gestern sagte bei Phönix ein Prof. das bei Menschen mit schwachen Symptomen das Ganze nach 10 Tagen vorbei ist. Das sollte, wenn ich es wirklich habe, bei mir ja dann am Wochenende soweit sein. Ich kann mir das auch vorstellen das es so ist weil die vorhandenen Symptome wie Halsschmerzen abgeklungen sind. Damit nähern wir uns in der Familie auch dem Thema das meine Mutter, pflegebedürftig, geheilt aus dem Krankenhaus kommt im laufe der nächsten Woche. Erste Kontaktaufnahmen von uns zu diesem Thema zeigen das die Übergangssituation auch spannend wird, aber ich denke das ist einen neunen Beitrag wert.

  2. Übrigens Bronski, ich freue mich schon darauf Ende nächster Woche bei uns im Teegut einkaufen zu gehen.

  3. Ich habe inzwischen die FR gelesen. Da gibt es einen Artikel in dem es darum geht das Pflegekräfte aus Osteuropa in Zukunft fehlen werden. Der Artikel ist richtig sollte aber nicht auf die Zukunft verweisen sondern auf die Gegenwart.

  4. Zu Trump:

    seine dummen Sprüche kennen wir ja, da es von ihm keine anderen gibt. Gestern erfuhr ich, dass er den venezolanischen Präsidenten Maduro verhaften lassen will. Mit welchem Recht? Angeblich wegen Drogendelikten. Sollte dies zutreffen, wäre ein venezolanisches Gericht zuständig, nicht aber Trump.

    Andererseits weigern sich die Amis, internationale Gerichte wie die in den Haag, anzuerkennen, dann sollten sie auch nicht andere belangen.

    Leider hat die Tagesschau diese Angelegenheit sehr einseitig – zugunsten Trumps – gemeldet. Als wäre Trump ein unschuldiger Engel, er sollte sich erst einmal um die Gesundheit seiner Landsleute kümmern, dies wäre seine Aufgabe und nicht die Unterstützung seines Schülers Guaidó.

    Und heute lese ich in tagesschau.de: „Maduro wütet gegen Trump“, ja, soll sich Maduro etwa noch bei diesem Irren bedanken, dass er ihn verfolgen lässt?

    Und die Bundesregierung hat in dieser Zeit nichts Besseres im Sinn als bewaffnete Drohnen zu beschaffen und Auslandseinsätze der Bundeswehr zu verlängern. Brauchen wir denn nicht dieses Geld dringlicher für die Gesundheit der Menschen, und können wir die Bundeswehr nicht sinnvoller hier einsetzen?

  5. @ Peter Boettel

    Zu Trump noch was zu sagen, ist eigentlich vergeudete Zeit.
    Leider und das schon lange, spielen die Evangelikanen so eine bedeutsame Rolle, das System Trump zu erhalten. Es kann einem schlecht werden, schaut man sich die Kohorten- Gebete dieser frommen Rechten an!
    Die USA, die wird wahrscheinlich noch Dramatisches erleben. Und die Staaten insgesamt betrachtet, das tut auch richtig weh. Mir geht es so.
    Oder die Bilder aus New York, die City, der Centralpark, das Queens-Hospital …

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