Wäre zurzeit nicht gerade das Staatsversagen der vergangenen Silvesternacht Hauptthema allüberall, dann würden wir heute vielleicht eher über TTIP diskutieren, das umstrittene Freihandelsabkommen mit den USA. Freihandel, das klingt ja eigentlich toll. Wer kann schon einen unfreien Handel wollen? Der war jedoch lange Zeit gewissermaßen die Regel. Mit Einfuhrzöllen schützen Regierungen Teile ihrer Volkswirtschaften gegen übermächtige Konkurrenz aus dem Ausland — vor allem dann, wenn diese Wirtschaftszweige international nicht konkurrenzfähig sind. Diese Zölle verteuern die konkurrierenden Einfuhren um ein Maß, dass die heimische Wirtschaft mithalten kann.
Diese Handelshemmnisse stehen auch im Fokus der Economic Partnership Agreements, kurz EPA (nicht zu verwechseln mit der US-Umweltbehörde, die gerade VW riesige Probleme bereitet). Doch hinter den Economic Partnership Agreements, welche die EU mit afrikanischen Ländern verhandelt hat, steht weder Partnerschaft noch ein Agreement auf Augenhöhe, sondern Druck auf die afrikanischen Länder bis hin zur Erpressung, damit sie das Abkommen ratifizieren. Die EU möchte nämlich ihre Agrarüberschüsse loswerden. Sie ist in der Lage, jene landwirtschaftlichen Produkte, die sie im gesättigten europäischen Binnenmarkt nicht an die Konsumenten bringen kann, in den schwachen afrikanischen Volkswirtschaften zu Preisen anzubieten, die unter denen der regionalen Erzeuger liegen. Das geht natürlich nur, weil diese Produkte aus dem Agrarhaushalt der EU subventioniert werden. Freihandel? Klingt das noch länger fair? Da freuen sich die Hühnchenzüchter von Kenia bis Mauretanien, vom Senegal bis Simbabwe.
In unserer Kolumne „Gastwirtschaft“ hat Wirtschafts-Autorin Christa Müller diese Dinge offen angesprochen. Es handelt sich um eines dieser Themen, die gerade untergehen. Fluchtursachen bekämpfen, Aufnahmeregionen stabilisieren, Flüchtlinge und Rückkehrer unterstützen — das sind die Ziele des Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, die offenkundig den Zielen der EU-Kommission diametral zuwiderlaufen. Die müssten wohl heißen:
- Fluchtursachen schaffen
- Aufnahmeregionen destabilisieren
- Flüchtlinge ermutigen
- Rückkehrer abschrecken
Wir sehen zu, wie in aller Stille die Grundlagen für Flüchtlingsströme der Zukunft geschaffen werden. Hartwig Hohnsbein aus Göttingen meint dazu:
„Dank für den Artikel, in dem auf das kurz vor Inkrafttreten stehende und wohl kaum bekannte Abkommen zwischen der EU und akfrikanischen Staaten, Economic Partnership Agreement (EPA) genannt, hingewiesen wird. Dieses Abkommen kam, so erfährt der Leser, durch Erpressung vonseiten der EU zustande und wird bewirken, dass die EU sich neue Absatzmärkte sichert etc., wodurch die afrikanische Bevölkerung ihre Produktionsmittel verlieren und „den direkten Weg in die Verelendung“ gehen wird. Ihr bleibt als einzige Möglichkeit zum Überleben die Flucht nach Europa, wenn sie hier überhaupt noch hereingelassen wird. Durch EPA werden also bewusst Verelendung und „Fluchtursachen“ geschaffen. Für mich ist dieses Abkommen ein Dokument der Unmenschlichkeit.“
Dietmut Thilenius aus Bad Soden:
„Freihandelsabkommen und entsprechende Zwangsverträge – mal von der EU verordnet, mal direkt von Deutschland gegenüber Griechenland ausgeführt – sind ein Verbrechen an den Menschengrundrechten, lässt abhängige Nationen verelenden, vertreibt sie aus ihrer Heimat. Wie können unser Bundeswirtschaftsminister, die vielen Herren Raubritter der Nehmerseite sich noch im Spiegel ansehen? Was sie sich vormachen, wie sie die Fakten verdrehen, ist widerlich.
Der Artikel von Christa Müller ist sehr gut geschrieben. Als Kind sang ich „Deutschland über alles“, wenn wir zum Dienst antreten mussten. Heute wird gesungen „Einigkeit und Recht und Freiheit“, allerdings pervertiert zu dem Recht des Stärkeren auf Freihandelszonen. Dass damit das Glück schwindet, zeigt die Silvesternacht auf dem Bahnhofvorplatz in Köln. Im Weggucken sind wir Meister. Bis man in die Grube fällt. Deswegen: Recht tun!“
Wilfried Jannack aus Hannover:
„In der Spalte „Gastwirtschaft“ hat sich die Leiterin von „Anstiftung“ am 8. Januar in bemerkenswerter Weise zum Thema „EU-Waren zerstören lokale Ökonomien in Afrika“ geäußert. Da schaut man sich gern gleich mal die Internetpräsenz von ‚Anstiftung‘ an. Christa Müller verdeutlicht, wie die EU-Kommission Freihandelsabkommen in Afrika durchboxt, um europäische Agrarprodukte zu exportieren. Zurecht stellt sie dies als die allererste Fluchtursache in den Vordergrund und beendet den Text mit dem Finger in der Wunde: „Diese Welt wird keine Ruhe finden, solange sie als Ware gehandelt wird.“ Der thematische Rahmen erstreckt sich von asymmetrischer ‚Partnerschaft‘ (Economic Partnership Agreements = EPAs) über die induzierte Verelendung und daraus resultieren-den Migrationsfolgen hin zur Kommodifizierung („Alles wird zur Ware, alles ist handelbar, folglich wird auch mit allem gehandelt.“), dem Spezifikum kapitalistischer Produktionsweise. Das ist immerhin kein Naturprozess, sondern menschengemacht, folglich modifizierbar und durch menschlichen Einfluss abzuschaffen, generell, nicht nur in Afrika. Das von Christa Müller verwendete Bei-spiel von afrikanischen Flüchtlingen, die über Ceuta nach Spanien flüchten, um dort in prekären Verhältnissen Tomaten zu pflücken, die anschließend nach Afrika exportiert werden, weil der dortige Markt zum Erliegen gekommen ist, spricht für sich. Das Beispiel ist ein Bild. Im Gesamtkontext ist dieses Bild ein Menetekel.“
Wie kann man sich darüber wundern wenn die Deutsche Bauern Partei die Kanzlerin stellt?
Ich habe mal gelesen das über 80% der Bauern ihre Partei wählen. Sie heißt CDU und muss dann halt auch liefern. Mit Marktwirtschaft hat das dann wenig zu tun. Solche Regeln gelten nur für Arbeitnehmer. Die haben nämlich keine Partei die sie vertritt.
Ich habe mir den Artikel von Frau Christa Müller einmal durchgelesen und bin auf die Verhängung von Strafzöllen gegen Kenia aufmerksam geworden.
Daraufhin bin ich auf folgenden Artikel auf der Seite „Brot für die Welt“ gestoßen:
https://info.brot-fuer-die-welt.de/blog/eu-strafzoelle-bedrohen-kenias-fairen-blumenanbau
Demnach sind frische Schnittblumen eine der Export-Schlager aus Kenia, die mit Strafzöllen belegt worden sein sollen.
Die Höhe der Einfuhrzollsätze auf Waren aus jedem beliebigen Land und zu jedem beliebigen Zeitpunkt der letzten Jahre (bis heute) kann unter
http://auskunft.ezt-online.de/ezto/Welcome.do
eingesehen werden.
Frische Rosen haben die Codenummer 06031100000.
Man kann als für den Maßgebenden Zeitpunkt (frei wählbar) z.B. 01.01.2014 oder 01.01.2015
die Zollsätze für frische Rosen aus Kenia nachsehen.
Ich konnte dort keinen Strafzoll erkennen. Ich gehen auch davon aus, dass es für andere Waren keinen Strafzoll gab. Beim einem Drittlandszollsatz handelt es sich jedenfalls um keinen Strafzoll.
Vielleicht kann mich jemand eines Besseren bezüglich der Strafzölle gegenüber Kenia belehren – ich denke aber eher, dass hier ein besonders gemein klingendes Wort mit Absicht falsch eingesetzt wurde.
Damit will ich mich nicht zu den Vertragsverhandlungen als solchen äußern, ich stelle nur die in vielen Artikeln üblichen Unsachlichkeiten fest.
Im Amtseid der Regierungsmitglieder heißt es aber auch „…zum Wohle des deutschen Volkes, seinen Nutzen zu mehren…“
Den Nutzen zu mehren – geht doch im Grunde nur auf Kosten anderer, in unserer enger werdenden Welt.
# 1 Hans:
Bereits Adenauer sagte: „Für die Bauern brauchen wir nichts zu tun, die wählen uns sowieso.“ Und dies unterscheidet die Konservativen von den „Fortschrittlicheren“, denn die Anhänger konservativer Parteien wählen diese stets ohne Rücksicht auf deren Politik, oder ob sie gar von ihnen in den Hintern getreten werden, während Wähler, anhänger oder Mitglieder wesentlich empfindlicher reagieren und deshalb differenzierter wählen.
aber es ist leider tatsächlich so, dass die Ereignisse von Köln oder jetzt von Istanbul andere Themen verdecken und von den Mainstream-Medien gerne unterdrückt werden, so dass die Politiker unbemerkt Schweinereien à la TTIP verhandeln und verabschieden können.
Bereits Karl Marx sagte im Rahmen einer Rede über die Frage des Freihandels in Brüssel im Jahre 1848: „…Freiheit wessen?… Es bedeutet die Freiheit, welche das Kapital genießt, den Arbeiter zu erdrücken.“
Es liegt auf der Hand, daß das Economic Partnership Agreement (EPA) zwischen der Europäischen Union und den afrikanischen Staaten, von denen die meisten europäische Kolonien waren, eine Fortsetzung der Kolonisierung mit anderen Mitteln sein wird.
Durch den Wegfall von Handelsschranken dürften die Märkte dieser Staaten nicht nur von subventionierten europäischen Agrarerzeugnissen überschwemmt werden. Auch mit den billigen Industriegütern aus Europa, besonders, wenn sie in Fernost hergestellt wurden, werden einheimische Hersteller nicht konkurrieren können. Mit den Importzöllen fällt eine weitere Einnahmequelle weg.
An Exportgütern aus diesen Ländern fallen einem natürlich zuerst die landestypischen Waren, wie zum Beispiel Kunstgegenstände und Agrarprodukte, die bei uns bis jetzt noch nicht gedeihen, ein. Damit diese Agrargüter, wie zum Beispiel Kaffee, für uns Europäer erschwinglich bleiben, werden sie auf riesigen Plantagen angebaut, für die man die Kleinbauern von ihren Land vertrieben hat.
Für die europäischen Industriestaaten von weit größerem Interesse sind allerdings die mineralischen Rohstoffe, über die doch einige dieser Staaten verfügen und die weltweit immer knapper werden. Hier wiederum nützt der Abbau dieser Stoffe zuerst einmal den meist nicht inländischen Abbauunternehmen und dann den Staaten, die entsprechende Förderlizenzen erteilen, genauer: den Machthabern und nicht der Bevölkerung.
Soweit scheint alles in Ordnung. Die EU-Kommission regelt das schon. Unsere Bundesregierung hat keine Einwände. Das EU-Parlament kann erst etwas sagen, wenn es gefragt wird. Und der Bundestag wird gar nicht erst gefragt. So funktioniert Europa.
Seit einem Jahr haben wir den Mindestlohn und keine der negativen Prognosen ist in Erfüllung gegangen. Die Einnahmen einiger sehr gut betuchten Mitbürger dürften aber durch die höheren Gehälter ihrer Mitarbeiter etwas gelitten haben. Kaum hatten einige Flüchtlinge/Asylbewerber die großzügige Einladung in unser Land angenommen kam die Idee auf, den Mindestlohn aufzuweichen. Unsere Neubürger mögen doch bitte mit einem Lohn unterhalb des Mindestlohns als Sklaven für unser Soziales, der Marktwirtschaft verbundenes, Land tätig werden. Gibt es vielleicht einen Zusammenhang zwischen dem Kapitalverlust weniger und der Einladung für viele? Jahrelang haben sich unsere Politiker nicht um das vorhandene Flüchtlingsproblem und deren Lösung gekümmert. Es gibt ja die Möglichkeit die Kapitalertragssteuer der Einkommensteuer anzupassen. Mindestens 90% unserer Steuerpflichtigen Einwohner hätten keine finanziellen Nachteile und unsere Neubürger und Sozialhilfeempfänger anständige Unterkünfte bessere Integrationsmöglichkeiten und genug Bares zum Leben (mehr Bares vom Bruttoinlandprodukt in Umlauf). Sollte noch Geld vorhanden sein kann es zur Verbesserung der Infrastruktur in den Herkunftsländern (die wir durch subventionierte Billigprodukte zerstören) verwendet werden, was seit Jahren versäumt wurde. Sicherlich können wir danach auch weniger Gäste begrüßen. Je weniger Gäste wir dann begrüßen, umso mehr Geld bleibt dann für Hilfe in den Herkunftsländern. Aber unsere Politiker fördern lieber auch schmutzige Freihandelsabkommen die das Problem noch verstärken.
Aber unsere Wohlhabenden Mitbürger müssen sich weiterhin nicht an den Krankenkosten von uns armseligen Kassenpatienten beteiligen (Privatversicherung), müssen sich nicht angemessen an der Finanzierung der Alterskosten (Rente und Pflege) und auch nicht angemessen am Erhalt unserer Bildungs- und Infrastruktur (Steuern, Erhöhung lieber auf den Verbrauch – evtl. Benzin? – als auf Vermögen) beteiligen. Auch nicht an der Beseitigung der Schäden die die freie Marktwirtschaft weltweit anrichtet.
Alles zum Wohle des deutschen Volkes. Das deutsche Volk ist allerdings ganz schön geschrumpft. Besteht es derzeit noch aus 100000 Bundesbürgern oder sind es nur noch knapp 10000, inklusiv unserer Politiker?