Danke, lieber Herr Ebbers, für die Anregung, Bronskis Urlaub ein bisschen aufzufüllen. Ich will nichts zu Kurnaz sagen, wie Sie vorschlagen, sondern mich gern noch mal mit der RAF im Allgemeinen und Christian Klar im Besonderen beschäftigen, weil mich Klars Grußwort an die Rosa-Luxemburg-Konferenz noch beschäftigt. Ich hatte das Thema in der FR kommentiert und intern wie extern kritische Hinweise erhalten, auf die ich hier gern eingehen will.
Zunächst zur internen Kritik: In meinem Kommentar gibt es eine, wie ich zugebe, problematische Stelle: „Es gibt eine Menge Leute, die das wenig menschenfreundliche Weltbild eines George Bush mit keineswegs humaneren Sprechblasen beantworten wie ,… die Niederlage der Pläne des Kapitals zu vollenden‘.“ Die Frage, die in der Redaktionskonferenz aufkam: Ist – unbeschadet von Klars Vergangenheit – der aus seine, Grußwort stammende Halbsatz über die Niederlage des Kapitals nicht zu harmlos, als dass man ihn mit Bushs sehr praktischer Kriegspolitik vergleichen könnte?
Nun ja, ich sehe, dass der Vegleich sehr verkürzt war. Mir lag daran, folgendes anzudeuten, das mir gerade wichtig ist, weil ich mich durchaus zur Linken zähle: In einem Teil der (dogmatischen) Linken werden bis heute in intoleranter Weise Feindbilder gepflegt. Wenn es um „das Kapital“ oder „den Imperialismus“ geht, ist zumindest verbal alles erlaubt. Ich kenne diese Sprache und das dahinter stehende Denken seit meiner Jugend, und ich habe erlebt, dass auch die Entwicklung des RAF-Terrorismus sich aus ihr speiste. Das heißt überhaupt nicht, dass ich aus Klars läppischer Erklärung auf seine Rückkehr in den Terrorismus schließen würde – ich bin immer noch für seine Begnadigung und finde die gerade hereingekommene Meldung, dass er wegen dieser Erklärung vorerst keine Hafterleichterung bekommt, sehr unerfreulich. Aber ich bleibe, auch wenn ich mich unklar ausgedrückt hatte, dabei: Manche Linke ticken in Sachen Feindbilder wie Bush, und sie erschweren damit die Gesellschafts-Kritik, die sie angeblich üben.
Die externe Kritik muss ich gerade in diesem Zusammenhang zurückweisen. Carsten Ondreka schreibt zu meinem Kommentar: „Die Suche nach Alternativen zum zur Zeit als alternativlos regierenden Kapitalismus mit seinen immer mehr zu Tage tretenden desaströsen Nebenwirkungen wie Massenarbeitslosigkeit, entrechtete Arbeitsverhältnisse und Umweltzerstörung etc. ins Lächerliche zu ziehen, gehört wohl zum Job sogenannter linksliberaler Medien. Aus Ermangelung eigener Alternativen zum Bestehenden und der scheinbaren Begeisterung für das ständige Herumdoktern an offenen eiternden Wunden (mit ölverschmierten Fingern), werden all jene verulkt die sich gegen die Windmühlen stellen dh. eine Grundsätzliche Änderung der bestehenden Verhältnisse für unabdingbar halten. Statt chinesischer Kommunisten habe ich in der Aufarbeitung des LL-kongresses in Berlin spannende Diskussionen um Projekte in Venezuela und Kuba in Erinnerung.
Dass sich jemand wie Christian Klar mit einer Kapitalismuskritischen bzw. -feindlichen Grussbotschaft melden ist weder krude noch altbacken. Altbacken und Hilflos wirken eher jene, die solche Kommentare verfassen und danach weiter tote Pferde reiten.“
Lieber Herr Ondreka: Zum „Job linksliberaler Medien“ gehört es keineswegs, Alternativen ins Lächerliche zu ziehen. Es gehört allerdings dazu, sehr genau aufzupassen, dass man sich – wenn auch mit entgegengesetzten Inhalten – nicht denjenigen anpasst, deren Verhalten man für menschenverachtend hält.
@“Kapitalismuskritik“;
ich hoffe sehr, dass nach der so große Wellen schlagenden Klar-schen Kapitalismuskritik, sich demnächst nicht alle Kapitalismus-Kritiker im selben Atemzug nicht auch von Klar distanzieren müssen!
Lieber Herr Hebel,
Vielen Dank, dass Sie während Bronskis Urlaub ein weiteres Thema zur Diskussion stellen.
Nun zum Thema:
Da ich den Kommentar „Dampfgetöse“ in der Zeitung vom 27. Februar als erstes gelesen hatte (also vor dem Bericht auf dem Titelblatt), hatte ich Verständnisschwierigkeiten in Bezug zu dem von Ihnen zitierten Ausschnitt. Nach der Lektüre des Textes auf dem Titel habe ich Ihren Kommentar zum zweiten Mal gelesen und die sog. problematische Stelle zum vierten Mal und ich glaube dass meine Irritation in erster Linie damit zusammenhing, dass ich das Zitat von Herrn Klar einfach nicht verstehe, weder inhaltlich noch grammatikalisch. Ich habe mir bildlich versucht, vorzustellen wie jemand die „Niederlage der Pläne des Kapitalismus vollendet“ und stoße an meine geistigen Grenzen. Auch bin ich nach wie vor ratlos, welche konkrete „Handlungsanweisung“ dieses Orakel birgt, bzw. ob es wirklich so „harmlos“ ist, wie von Ihnen angedeutet. Wie auch immer, nachdem ich die Ursache meiner Irritation nun endlich gefunden hatte, war mir Ihr Beispiel mit Bush und der Sprechblase völlig verständlich und ich nehme daran keinen Anstoß, kommt es mir doch bekannt vor. Nach jeder Friedensdemo, konnte ich bergeweise Flugblätter ins Altpapier werfen, die mir irgendjemand in die Hand gedrückt hatte und die in jener ätzenden, von Ihnen zitierten „Pathos-Rhetorik“ verfasst wurden. Allerdings verwenden Sie dieses Beispiel als eine Art „Entlastung“ für Klar, in dem Sinne, dass es genügend andere gibt, die den gleichen Schwachsinn oder noch Schlimmeres von sich geben. Bei den in Ihrem Kommentar nun gezogenen Schlussfolgerungen, kann ich nicht in allen Punkten mitgehen, auch wenn ich Ihre Beiträge grundsätzlich sehr schätze, insbesondere auch einige Ihrer Kommentare zur RAF.
Ich unterstütze ihre Meinung, dass diese bizarren Äußerungen es niemals rechtfertigen würden, Christian Klar ein Leben lang wegzusperren. Allerdings geht es im Augenblick nicht um die Frage einer dauerhaften Inhaftierung, sondern um eine Begnadigung, also um eine vorzeitige Entlassung. In diesem Zusammenhang spielt „politisches Dampfgetöse“, das jemand ablässt, der ein Gnadengesuch formuliert hat, schon eine Rolle. Nun stellt sich die Frage, ob man die Gnade eher im Sinne einer großzügige Geste der Nächstenliebe (z.B. dem Feind gegenüber) versteht, die keine Gegenleistung fordert, also auch jemandem zukommt, der es eigentlich nicht verdient hat. (So ähnlich argumentierten Sie in früheren Kommentaren, wenn ich mich richtig entsinne) Die andere Variante wäre ,den Gnadenakt als eine Art der Belohnung zu verstehen. Dies bedeutet, dass eine Gegenleistung erwartet wird, zum Beispiel in Form einer inneren Auseinandersetzung. Ich kann beide Standpunkte verstehen, den ersten finde ich sympathisch, der zweite überzeugt mich mittlerweile mehr, v.a. in Anbetracht dieser sonderbaren Wortmeldung Christian Klars.
Da es, wie schon oft erwähnt, kein Recht auf Gnade gibt, ist sie auch nicht verhandelbar, ähnlich wie die Nächstenliebe. Folglich beherbergt der Gnadenakt von Vornherein neben der Option der Großzügigkeit auch die Willkür. Das Begriffspaar „Gnade und Willkür“ lässt einen aber an Herrscher denken, die mit dem Daumen über das Schicksal der um Gnade bittenden richten. Möchte sich der Rechtsstaat dagegen abgrenzen, müssen Kriterien gefunden werden zur Beurteilung eines Gnadengesuchs. Und welche Kriterien sind neben dem Grad der Gefährlichkeit eines Inhaftierten etc, besser geeignet als die innere Auseinandersetzung mit der eigenen Tat, auch wenn es grundsätzlich schwierig ist, dabei zwischen Heuchelei und Wahrheit zu unterscheiden. Normalerweise müsste man meinen, veranlasst diese innere Reflexion über die eigenen Handlungen, einen Menschen überhaupt erst dazu, ein Gnadengesuch zu formulieren. Dies ist das Widersprüchliche beim Gnadengesuch Christian Klars. In dem Zusammenhang könnte man psychologisch oder didaktisch argumentieren. So verstehe ich auch Ihren Schlusssatz „ Vielleicht sollte man ihn mal die Luft der Freiheit atmen lassen, damit er sie schätzen lernt“. Ob dies jedoch ein sinnvolles Kriterium ist, weiß ich nicht.
@Susanne, „Gnadenakt im Rechtsstaat“,
Hallo und schön, dass wir wieder in vertrauter Diskussion zusammen sind.
Bevor ich zum Thema komme, erst noch einen Dank an HEINRICH EBBERS für seinen Hinweis, bzw. Link an/zu Hildesheimer, wegen der Lokomotive; hierzu ein andermal mehr.
Liebe Susanne, ich kann das meiste von Ihnen so auch bejahen, aber ich sehe das mit der „Gnade“ etwas „leichter“. Denn bei uns heißt es zwar, der Bundespräsident übt die Gnade aus, ja oder nein. Aber der Unterschied zu einem Absolutherrscher ist doch egal ob früherer Monarch oder sonstiger Prägung, ein solcher entscheidet nach eigener „Laune“, bzw. jener wägt, eventuell nachvollziehbar, nach weiteren „Vorteilsaspekten“. Aber unser Bundespräsident ist doch mehr eine Stufe der staatlichen Verwaltung, also eine zwar oberste, aber doch Instanz und somit eine prüfende „Behörde“, zumindest wird im Falle eines anstehenden Gnadenaktes sich ein Kremium im Bundespräsidialamt mit dieser Entscheidung Gnade oder keine Gnade befassen. Und ein weiterer Unterschied zum früheren Absolutismus: Es wird hierüber eine genaue nachvollziehbare, wenn nicht sogar akribische Dokumentation über diese Entscheidung mit Angabe von Gründen und wohl auch Prognosen und Perspektiven über/für den Zubegnadigenden erfolgen!
@Stephan Hebel
Zunächst einmal vielen Dank für Ihre treffenden Kommentare zum „Fall Klar“. Wie sehr Sie an einer differenzierten Analyse interessiert sind, zeigt sich nicht zuletzt dadurch, dass Sie ihre Kommentare an dieser Stelle wiederholt zur Diskussion stellen.
Ich erlaube mir mal, kurz zu skizzieren, was mir beim Nachdenken über die öffentliche Diskussion zu Christian Klars Bemühungen um Hafterleichterung und die Reaktionen auf sein Grußwort bei der Rosa-Luxemburg-Konferenz durch den Kopf geht. Ich stimme Ihren Ausführungen, Herr Hebel, dass es dem Rechtsstaat gut zu Gesicht stünde, dem Gnadengesuch nachzukommen und der Wortlaut des Grußwortes dafür schlicht irrelevant ist, uneingeschränkt zu. Da bin ich auch ganz nah bei Christian Semler, der heute in der taz schreibt: „Was ist das für eine Art Liberalismus, der mit Guido Westerwelle Hafterleichterungen von der positiven Haltung des Gefangenen zur „Grundordnung“ der Bundesrepublik abhängig macht und kapitalismuskritische Positionen mit dieser „Grundordnung“ für unvereinbar hält? Und worin unterscheidet sich dieser „Liberalismus“ noch von Becksteins und Stoibers Positionen?“ (Quelle: http://www.taz.de/pt/2007/03/01/a0076.1/text)
Doch es wäre in meinen Augen ein unvollständiger Umgang mit der Thematik, wenn der Versuch einer Interpretation der Entscheidung der Verantwortlichen auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz, Klars Ausführungen als Grußwort zu verlesen, unterbliebe. Ich vermag nicht zu beurteilen, wie ernst es Christian Klar mit seinem Gnadengesuch meint. Niemand kann in seinen Kopf hineinschauen, und doch ist genau das vermutlich eine Frage, die sich viele stellen. Sie ist für den praktischen Umgang mit dem Gnadengesuch nicht entscheidend, wohl aber bei der Beurteilung des Handelns der Vertreter der Rosa-Luxemburg-Konferenz.
Angenommen, Christian Klar meint es ernst mit seinem Gnadengesuch. Der Respekt vor ihm gebietet es, ihm zunächst nicht das Gegenteil zu unterstellen. Dann wäre es doch grob unverantwortlich von den Veranstaltern der Konferenz, dieses Grußwort vorzulesen. Für den Inhalt des Grußwortes gilt die Meinungsfreiheit, darum geht es mir nicht. Aber im Gegensatz zu Klar, der seit 25 Jahren in Haft sitzt und die Auswirkungen einer solchen Wortwahl im Hier und Jetzt nur schwerlich beurteilen kann, hätten die Konferenz-Veranstalter abschätzen können, dass sich dieser Text negativ auf seine Chancen auf Hafterleichterung auswirkt. Dass es nun auch so gekommen ist, bedaure ich ebenso wie Herr Hebel. Aber es hätte nicht viel Weitblick erfordert, das frühzeitig zu erkennen und auf dieses Grußwort zum Schutz von Christian Klar zu verzichten.
Dass dieses beträchtliche Risiko in Kauf genommen wurde, kann man auf den Dogmatismus bei einem Teil der Verantwortlichen schieben. Im Sinne eines trotzigen „Wir lassen uns nichts verbieten von diesem Staat, bei dem Meinungsfreiheit für Linke eh nicht gilt“. Wie gesagt, das Recht zur freien Meinungsäußerung ist Christian Klar, bewahre, keinesfalls abzusprechen. Aber es muss zumindest – ohne dass ich ansatzweise sagen möchte, es sei so – der Gedanke zugelassen sein, dass es Klar mit dem Gnadengesuch eventuell eben doch nicht ernst gemeint hat und über dieses Grußwort jetzt, wo die Chancen auf eine Begnadigung so schlecht nicht standen, genau die Reaktionen erzielt werden, die das vermeintliche (immer noch?) Staatsbild Klars bestätigen. Denn Stephan Hebel hatte in seinem ersten (?) Kommentar vor wenigen Wochen völlig Recht, als er schrieb, der Staat könne Stärke beweisen, wenn er eben nicht so gnadenlos handelte, wie es dem von rechtskonservativen Kreisen Christian Klar auch heute noch unterstellten Staatsbild entspräche. Vielleicht aber war genau das, dass der Staat Stärke zeigen könnte, gar nicht gewollt und mit dem Grußwort sollte da nochmal nachgeholfen werden?
Oder aber Klar meint es ernst, wurde aber zum Spielball respektive Opfer von Leuten, die ihr Staatsbild mal wieder untermauert sehen wollten. Dieser Gedanke muss erlaubt sein, denn das mit Blick auf Klars Chancen verantwortungslose Handeln der Vertreter der Rosa-Luxemburg-Konferenz und von Heinrich Fink, der das Grußwort verlas, scheint mir, wenn man Klar wirklich unterstützen wollte, unbegreiflich. Dass im Moment viel darauf hindeutet, dass das Gnadengesuch erfolglos bleibt, wäre dann doppelt bedauerlich. Denn genützt hätte die Geschichte dann nur den Extremen auf beiden Seiten.
PS: Wäre es möglich, dass Sie ihren Kommentar hier vollständig zitieren, damit er zum Nachvollziehen der Diskussion auch später noch verfügbar bleibt? Ihr Kommentar, auf dem die erste Blog-Diskussion aufbaute (http://www.frblog.de/?p=330), ist nämlich leider nicht mehr abrufbar.
@katja: Hier isser, der Kommentar vom 22.1. Inhaltlich komme ich heute wohl nicht dazu, auf einige sehr spannende Gedanken hier zu antworten. Aber morgen.
Gnade macht stark
Von Stephan Hebel
Wie viele Jahre Gefängnis sind angemessen bei einem halben Dutzend
kaltblütiger Morde? Nimmt die Gerechtigkeit gegenüber den Opfern mit der
Zahl der Haftjahre zu? Fragen, die schon bei „gewöhnlichen“ Verbrechern
schwer zu beantworten sind. Bei den Terroristen, über deren Freilassung bald
entschieden werden soll, scheint die Antwort noch schwerer zu fallen.
Brigitte Mohnhaupt, die sich am heutigen Montag einer gerichtlichen Anhörung
über ihre Zukunft stellt, sitzt seit 24 Jahren und gut zwei Monaten im
Gefängnis. Bei Christian Klar sind es genau fünf Tage weniger. Die eine hat
beantragt, ihre Reststrafe zur Bewährung auszusetzen, der andere bittet den
Staat, den er einst blutig bekämpfte, um Gnade. Wer deutlich älter als 30
Jahre ist, wer sich an den „Deutschen Herbst“ 1977 mit den Morden an Hanns-
Martin Schleyer und anderen erinnert, wer den inhumanen Zynismus und die
fanatische Staatsfeindlichkeit der RAF-Kommuniqués noch im Ohr hat, der weiß
zunächst: Jeder Terrorist der „Rote Armee Fraktion“ wäre damals lieber
gestorben, als den Staat um irgendetwas zu bitten. Heute scheint ihnen die
Freiheit wichtiger zu sein als der monströse Kampf, mit dem sie so viele
Leben zerstörten. Das liefert einen ersten Hinweis: Dieser Staat hat von
seinen damals gefährlichsten Gegnern wohl nichts mehr zu befürchten. Die
Souveränität, ihnen die Freiheit zu schenken, kann er sich leisten.
Aber genügt das? Reicht die Prognose, dass eine Freilassung den Terror der
RAF nicht wieder aufleben lassen wird, für eine solche Entscheidung aus? Ist
nicht die Stimme von Waltrude Schleyer, der Witwe des ermordeten Arbeitgeber-
Präsidenten, ein entscheidendes Gegengewicht? „Lasst den Mörder meines
Mannes nicht frei!“, hat sie gesagt. „Bis heute haben wir kein Wort der
Entschuldigung von Christian Klar gehört.“ Ja, das wiegt schwer, und es ist
menschlich zutiefst verständlich. Und doch spricht die rechtsstaatliche
Vernunft, die noch Gewichtigeres kennt als die nachvollziehbaren Gefühle der
Betroffenen, für diese Freilassungen.
Die rechtsstaatliche Vernunft: Sie kennt vor allem keine Rache. Die „Sühne“,
die sie Tätern auferlegt, muss nicht nur zur Schwere ihrer Schuld im
Verhältnis stehen, sondern auch zum Gebot der Humanität, der Menschenwürde.
Und sie muss an der Gefahr gemessen werden, die von einem Häftling nach
dessen Freilassung ausgeht. Eine ruhige, rationale Abwägung ist also gefragt,
so unbeeinflusst wie möglich von den Motiven der Täter. Gerade da, wo es um
seine Gegner geht, kann der Rechtsstaat durch sein Tun beweisen, dass er die
besseren Argumente hat. Das gilt für den Terror der RAF genauso wie für den
Terrorismus des dritten Jahrtausends.
In beiden Fällen ist keineswegs ausgemacht, dass der Rechtsstaat diese Probe
bestanden hat. Die Neigung, auf Terror mit der Einschränkung von
Bürgerrechten und staatlicher Humanität zu reagieren, ist bekannt. Im
„Deutschen Herbst“ war es die Behinderung von Verteidigern, es waren
fragwürdige Haftbedingungen, und es war ein Generalverdacht auch gegen jene,
die zwar radikale Parolen verbreiteten, aber nicht zur Gewalt griffen. Noch
jetzt ist gelegentlich ein Echo dieser Hysterie zu spüren: Ein Stück Straße
in Berlin nach Rudi Dutschke zu benennen, dem 68er-Protagonisten und
glühenden Gegner der RAF, bringt auch im Jahr 2007 viele Konservative auf
die Palme. Heute ist es der kaum verhohlen pauschale Islamismus- und
Terrorverdacht gegen Muslime, der Menschenrechte verletzt – der
regierungsamtliche Umgang mit dem Bremer Guantánamo-Häftling Murat Kurnaz
könnte sich da als schrecklicher Höhepunkt erweisen.
Gerade jetzt also stünde es dem Staat gut an, in Sachen Mohnhaupt und Klar
ein Zeichen der anderen Art zu setzen. Nicht, weil an ihren Taten
irgendetwas zu verharmlosen wäre. Im Gegenteil: Justiz und Politik könnten
zeigen, dass sie es 30 Jahre danach nicht nötig haben, besiegte
Herausforderer anders zu behandeln als alle anderen Verbrecher. Mit einer
Autorität, die sich aus Humanität speist und nicht allein aus Macht.
zu 6. (und 3.)
Lieber Herr Hebel,
leider hatte ich nicht die Gelegenheit, direkt Ihren Artikel zu lesen, daher möchte ich jetzt die Gelegenheit ergreifen, „meinen Senf“ dazu zu geben:
Schon bei Ihren ersten Sätzen kommen mir Bedenken (eigentlich wollte ich mich nicht ganz so vorsichtig ausdrücken): Es ist nachvollziehbar, dass man zu Sinn einer Strafe unterschiedlicher Meinung sein kann, aber die Fragen nach dem Gegenwert (in Jahren „Knast“) eines Menschenlebens oder nach der Auswirkung auf Genugtuung bei den Hinterbliebenen (sicher, diese Personen sind besonders betroffen, aber schlimmer dran sind doch wohl die eigentlich Betroffenen, oder?) darf sich doch nicht wirklich stellen.
Terrorismus ist immer ein „Krebsgeschwür“ und diejenigen, die ihm „fröhnen“, müssen bestraft werden. Dazu gibt es Gesetze und Gerichte, die „im Namen des Volkes“ Recht sprechen, und das ist gut so! Dass hier die Massstäbe (bei verschiedenen Delikten) von Zeit zu Zeit etwas verschoben erscheinen, ist bedauerlich und sollte auch zu einem Lernprozess der Verantwortlichen führen.
Im Falle Klar verstehe ich jedoch die ganze Aufregung nicht: Jemand, der noch nicht einmal die Einsicht über die Ungesetzlichkeit (ich spreche bewusst nicht von Verwerflichkeit) hat – eine formlose Entschuldigung (hat nichts mit Rechtfertigung oder Canossa-Gang zu tun) würde zumindest ein Zeichen setzen – kann doch nicht für jedermann, zumindest nicht für so schlichte Gemüter wie mich, nachvollziehbar einen Gnadenakt o.dgl. erwarten. Ob jemand wirklich hinter einer Entschuldigung steht, kann im Übrigen ohnehin niemand erkennen.
Somit bleibt Herrn Köhler als „oberster Institution“ unseres Staates, wie es Herr Schulz im Tenor zutreffend geschrieben hat, doch gar nichts Anderes übrig als sich gegen die vorzeitige Entlassung auszusprechen.
Das Gnadengesuch Christian Klars ist für mich deshalb besonders interessant, da sein Ausgang für Teile der Öffentlichkeit ein Instrument darzustellen scheint, um den Freiheits-und Gerechtigkeitsbegriff unseres Staates (sowie in weiten Teilen der Öffentlichkeit und der Medien) abzulesen und zu deuten. Jedoch halte ich das Ergebnis allein nicht für aussagekräftig. Wenn man Kriterien als Grundlage zur Beurteilung des Gesuchs annimmt und eines dieser Kriterien die Auseinandersetzung mit den Taten des Gefangenen darstellt, müssen wir uns als Außenstehende vergegenwärtigen, dass uns wesentliche Informationen nicht zugänglich sind, die als Grundlage der Entscheidungsfindung dienen. Klars verrätselte ausschnitthafte Äußerung halte ich zwar durchaus relevant in Bezug auf das Gnadengesuch, jedoch nur dahingehend, dass sie vom Bundespräsidenten in einen sinnvollen Zusammenhang gebracht und interpretiert wird. Eine voreilige Urteilsfindung in der Öffentlichkeit (in welche Richtung auch immer) ist meines Erachtens anmaßend.
Anders verhält es sich, wenn man für die Gnade im Sinne einer gütigen Geste plädiert, da diese ja von Bedingungen entkoppelt ist.
Der wichtigste Punkt ist für mich, dass Christian Klar gleich behandelt wird wie die Antragsteller eines Gnadengesuches vor ihm. Hier spielen also auch die schon erwähnten psychologischen Aspekte eine Rolle. So wird ja immer wieder von kompetenter Seite bezweifelt, dass Inhaftierte zu Reflexionen, wie sie nun gefordert werden in der Lage seien auf Grund der Persönlichkeitsveränderungen in der Haft usw. Da ich in dieser Hinsicht gar nicht kompetent bin, ist es mir wichtig, dass hier ein einheitlicher Maßstab angelegt wird.
Die Sorge, die Sie Herr Hebel in einem Ihrer Kommentare äußerten (wenn ich mich richtig erinnere), der Druck der Öffentlichkeit könnte die sachliche Entscheidungsfindung des Bundespräsidenten behindern, teile ich auch, sehr sogar.
@8.Susanne;
„…..Klars verrätselte ausschnitthafte Äußerung……“! Könnte es sein, dass Ch.Klar bewusst sich so äußerte, eigentlich im Widerspruch zu seinem Namen, um damit uns allen, die wir ja alle auch eigentlich Gnadengesuchsadressaten sind und nicht nur dem Bundespräsident als unser Repräsentant, einen Spiegel vorhalten will, wie wir ticken? Kann auch sein, dass er eventuell überhaupt nicht freikommen will? Denn eines ist doch auch klar, womit wir wieder beim Namen sind, die Aufsicht der Öffentlichkeit – wie auch immer – wird Klar bis an sein Ende nie mehr ganz loslassen!
@Herr Schulz
Um die bewussten oder unbewussten Absichten von Herrn Klar beurteilen zu können, müsste man sich direkt mit ihm auseinander setzen. In dem Zusammenhang finde ich die Überlegung von Katja und Ihnen zwar sehr interessant, da auf diese Weise ein neuer Gesichtspunkt die Diskussion bereichert. Jedoch können wir darüber nur spekulieren. Ich persönlich halte es für naheliegender, dass Herrn Klar die Sprachgewohnheiten der RAF so verinnerlicht hat, dass ihm, verstärkt durch einen verzerrten Bezug zur Realität, das Befremdliche seiner Äußerung nicht bewusst ist. Denn im Falle, dass jemand unbedingt im Knast bleiben möchte, gäbe es andere Möglichkeiten, als um Gnade zu bitten, was ja doch eine gewisse Überwindung kostet, da Gnadengesuche ja allgeinhin eher ein Zeichen der Demut sind.
@Susanne;
sicher, wie immer wird uns nur die Zeit lehren, bzw. erkennen lassen, was die eigentlichen Beweggründe oder Überzeugung des in Rede stehenden Gnadenantragstellers Ch.Klar sind/ist. Ob ein Gnadengesuch unbedingt als Einsicht zu werten ist, kann auch nur vermutet werden, zumindest aber auch nicht unbedingt als das Gegenteil, da haben Sie aber auch recht. Aber wie ich eingangs des Treads ja anmerkte, ist Kapitalismuskritik per se ja auch nicht unbedingt schon als umstürzlerisch zu beurteilen, es sei denn man(Klar) wolle wieder in alte RAF-Muster, bzw. -Methoden zurück.
@Hans-Jürgen Schulz
Ich stimme ihnen zu, dass Kapitalismuskritik per se nicht als umstürzlerisch zu beurteilen ist. Nur wie ich schon eingangs bemerkte, ist mir die Äußerung Klars unverständlich. Was bedeutet „Niederlage(…)vollenden“? Das Wort „vollenden“ verbinde ich nicht nur mit einer harmlosen Kritik, da sehe ich schon ein aktives Moment drin. Ob sich auf diese Weise einfach das Gefangensein Klars im RAF-Jargon zeigt oder ob diese Äußerungen auf weniger harmlose Gedankengänge hindeuten, erschließt sich mir nicht ohne weitere Informationen.
Ich teile die Ansicht, dass die Interpretation der Klar-Äußerung an Grenzen stößt – vor allem, wenn man, wie bei Ihnen hier im Gegensatz zu manchen Politikern der Fall, wirklich zu verstehen versucht, statt den Vorgang für ein politisches Süppchen zu missbrauchen (Beckstein).
Natürlich steckt, wie Sie, Susanne, sagen, im Spruch vom „Niederlage vollenden“ etwas Aktives, das man auch in Richtung Gewalt denken kann. Aber da stoßen wir schon wieder auf mein Problem: Vielleicht stellt Klar sich ja wirklich vor, dass irgendwann ein gewaltsamer Umsturz stattfindet. Dann ist er vielleicht eine Art Vulgärmarxist, wie sie haufenweise (frei) herumlaufen. Ich gleube eben nur, dass das die Prognose, er könnte wieder Terror ausüben, nicht zulässt.
Sehr wichtig ist mir auch, dieses Grußwort im Zusammenhang zu sehen, auch mit dem Gnadengesuch. Für einen wie Klar muss die entscheidung, es zu stellen, in der Tat schon ziemlich nah an einer Demutsgeste gewesen sein. Ich glaube schon, dass dies positiv in Köhlers entscheidung einfließen kann.
Und die Sache mit der Gnade: Ich finde, die entscheidung wird über den Begnadigenden mindestens so viel aussagen wie über den Begnadigten. Anders gesagt: Ich neige der Position zu, dass Gnade nicht an Gegenleistung gekoppelt gehört, sondern eine aktive Geste der Versöhnlichkeit darstellt. Das geht nur aus einer Position der Stärke, die weiß, dass sie vor dem zu Begnadigenden keine Angst (mehr) haben wird.
@13.Stephan Hebel, „Gnade“;
richtig, wenn Sie sagen, dass aus der, bzw. „einer Position der Stärke“ ein Gnadenakt erfolgen kann und vermutlich auch sollte, aber die Frage ist immer auch diese Position der Stärke dem Umfeld, also uns zu vermitteln, bzw. bewusst werden zu lassen. Dies sollte eigentlich abschließend nach erfolgter ausgiebiger öffentlicher Diskussion – wie jetzt erfolgt, dann dem Bundespräsidenten möglich sein. Denn unser jetziger Bundespräsident Horst Köhler, eigentlich auch keiner seiner Vorgänger, muss auf Wählerstimmen betreffend einer Wiederwahl Rücksicht nehmen; ob er aber über eine unter Umständen beträchtliche Gegenmeinung in der Bevölkerung hinweggehen kann, ist wieder eine andere Frage und da ist wahrlich „Stärke“ gefragt. Die Frage mit der „Angst vor dem Zubegnadigenden“, ist meiner Meinung weniger eine Angst, die man direkt vor Ch.Klar haben müsste, sondern eher – wenn er uneinsichtig wäre – vor Sympatisanten und Leuten die auf eine „Gallionsfigur für Erweckungsfantasien“ Hoffnungen hegen. Aber da sollte wahrhaftig unser Rechts- der eigentlich schon fast Sicherheitstaat zu nennen ist, keine Angst vor haben!
@Diskussion um Ch.Klar;
So wichtig diese Diskussion auch sein mag, aber mir beschleicht sich doch immer mehr das Gefühl, „was wir doch für eine RÜCKWÄRTSGEWANDTE Gesellschaft sind“; und nicht nur hieran glaube ich dies feststellen zu können.
Vermutlich ist dies vielmehr ein Symptom einer alternden Gesellschaft, denn es ist bekannt, dass ältere und alte Menschen sehr in ihrer Vergangenheit gedanklich „Spazieren gehen“!
Wie komme ich darauf:
Vor einigen Jahren waren erste Zeichen für mich, die Debatte im Bundestag um Joschka Fischers „Frankfurter Vergangenheit“, mag ja sein, dass diese Dinge mal zur Sprache kommen können, eventuell auch sollen, aber wie das vor einigen Jahren dann auch in den Medien ablief, war schon seltsam.
Dann die „Erinnerung“ an 50 Jahre 1.Fußball-WM Deutschlands 1954, was da für ein Klamauk war um den Film, der darob gedreht wurde. Ja, gut, die WM war dann in 2006 in Deutschland und das Volk musste eingestimmt werden!
Aber jetzt nun wieder die „Neuentdeckung“ der Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten nach dem ach so unseligem 2.Weltkrieg; auch das füllt wieder die Printmedien und hat breiten Raum und Rahmen in Film, Funk und Fernsehen. Na, klar, auch die Ehefrau eines bekannten „Medienherrschers“ spielt dabei eine tragende Rolle!
Also, wir erleben Vergangenheit und noch Mal Vergangenheit; wir werden halt immer älter! Schreibt deshalb niemand mehr der vertrauten FR-Blogger seit über 24 Stunden?
Schönes Wochenende, Ihr hjs
Danke Herr Hebel für Ihre Antwort, die mich überzeugt hat.
In der heutigen Ausgabe konnte man einige gelungene und erhellende Texte zu diesem Thema finden. Beeindruckt hat mich der kluge Beitrag von Peter Michalzik, in dem er sich mit der Äußerung Peymanns auseinandersetzt.
Mich beschäftigt die Frage der gesellschaftlichen Vermittelbarkeit, die Herr Schulz angesprochen hatte. Die Wurzel der Verständnisschwierigkeit liegt meines Erachtens schon in der juristischen Sprachregelung „lebenslänglich“ oder „fünfmal lebenslänglich“. Auch wenn die meisten Menschen vielleicht wissen, dass „lebenslänglich“ nicht gleichzusetzen ist mit „ein Leben lang“, so verwirrt es doch viele, dass mit dem Strafmaß „fünfmal lebenslänglich“ auch nicht „ein Leben lang“ gemeint ist. Zum Thema „Wegsperren für immer“ haben Sie Herr Hebel, erst kürzlich einen sehr gelungenen Kommentar geschrieben, den ich nur unterstützen kann. Leider wird am Ende von spektakulären Prozessen das Strafmaß von unseriösen Medien absichtlich reißerisch inszeniert und damit eine falsche Erwartungshaltung in der Bevölkerung gesät. Umso schwieriger ist es später zu vermitteln, dass es gerecht ist, jemanden nach 26 Jahren in die Freiheit zu entlassen, weil er keine Gefahr mehr darstellt. Wenn also an dieser Begrifflichkeit festgehalten wird aus welchen Gründen auch immer, dann müsste besonders gewissenhaft mit der Bezeichnung „lebenslänglich“ umgegangen werden. Auch müsste man sich bemühen, die Hintergründe darzulegen, z.B. welche Grundrechte der Staat im Falle einer Inhaftierung beschneidet, bzw. gegeneinander abwägt. Hier ist natürlich neben den Medien besonders die Schule gefordert. Besonders ärgerlich ist es jedoch, wenn sogar Politiker persönliche Meinungen äußern, die Zweifel daran aufkommen lassen, ob sie mit den wesentlichen Grundgedanken unserer Gesetzgebung vertraut sind.
@16.Susanne, „Lebenslänglich“;
na ja, so wie ich unser Recht verstehe, hat die Strafzumessung „Lebenslänglich“ schon eine nicht zu gering einzuschätzende Berechtigung.
Denn es gibt der/unserer Justiz immerhin die Möglichkeit, die Schwere der Schuld zu bemessen und zu dokumentieren. Aber auch später genau das Verfahren anzuwenden, das jetzt in aller Munde ist, bzw. eine objektive Abwägung und Fallbeurteilung durchzuführen. Was aber auch in Form eines Gnadenaktes durch das Staatsoberhaupt die Strafe „abzukürzen“ ermöglicht; ob allerdings immer so ein „Gedöns“ veranstaltet werden muss, wie im Falle der RAF-Verurteilten, steht wieder auf einem anderen Blatt.
Und da haben Sie Susanne vollkommen den Kern getroffen, dass das Händeln gewisser Medien, mit diesen höchst sensiblen „Themen“, besser Fällen, hier nicht immer zum Wohle unserer gesellschaftlichen Einschätzung unserer Rechtsordnung, vermutlich aber auch hiermit dem/des/unseres Rechtsfriedens nicht immer einen guten Dienst erweisen!
@16
Susanne, Sie haben’s doch selbst geschrieben: „.. weil er keine Gefahr mehr darstellt ..“.
Wollten Sie wirklich die Verantwortung übernehmen? Wer stellt sich dann den Opfern oder deren Angehörige gegenüber und rechtfertigt die Entlassung?
Es ist einfach, vom bequemen Schreibtischstuhl aus zu philosophieren, aber die Realität sieht doch etwas anders aus.
Das finde ich auch. Außerdem gilt das für alle Gewalttäter, dass sie nach ihrer Entlassung rückfällig werden können. Dafür sollten wir nicht die Verantwortung übernehmen wollen. Aber wer berechnet die Kosten und Risiken, sie wegzusperren, bis der Tod sie von uns scheidet. Das können wir auch einfacher, kostengünstiger und rationeller gestalten: Rübe ab!
@Stephan Hebel
Lieber Herr Hebel, die Anregung habe ich doch gerne gegeben, hatte nur leider keine Zeit zum Kommentieren. Nicht zum Nachteil, scheint mir, der von klugen Leuten geführten Diskussion, auf deren genauere Lektüre heute Abend ich mich freue.
@ Herrn Schulz (3.):
„Hallo und schön, dass wir wieder in vertrauter Diskussion zusammen sind.
Bevor ich zum Thema komme, erst noch einen Dank an HEINRICH EBBERS…“
Lieber Hans-Jürgen Schulz, ich weiß noch nicht, ob ich zum Thema komme, aber wenn sie, wie auch ich, die Diskussion als vertraut empfinden, ist vielleicht doch mittlerweile der Zeitpunkt gekommen, wo wir vom förmlichen „Sie“ zum trauten „Du“ übergehen könnten, wie ich es auch bereits mit der klugen Susanne pflege, was halten sie davon?
Grüße an sie und an alle!
@20.heinrich ebbers, „Du“;
Lieber heinrich, wie könnte ich dieses Angebot eines so geschätzten Diskutanten ablehnen, also nun etwas prosaisch: Sei mir gegrüßt, Du edler kluger und kundiger Blogger; auf dass wir weiterhin zu unserer und anderer Erbauung und Horizonterweiterung unsere Beiträge hier bei Bronski kundtun.
Im übrigen hatte ich schon an anderer Stelle eingetragen, dass ich sehr erfreut bin über den Lok-Hinweis zu Hildesheimer. Ich hatte auch – „leider“ eine Woche Urlaub – sofort als ich es las, geantwortet und auch eine schöne Geschichte über Wahrheit und Lüge in, bzw. im Fuldaer Land(kürzlich im Fernsehen) eingetragen, aber während ich schrieb, wurde der Tread abgeriegelt. Na ja, vielleicht bei anderer Gelegenheit, eventuell hattest Du es ja auch schon bei der Ausstrahlung(DrittesHR) gesehen.
MfG, hjs
@20
ich hoffe, dass Sie den letzten Satz nicht ernst gemeint haben!
@ Hajo Gebhardt, 7., 22:
Ich grüße sie! Wieso sollte ich auch nicht, da ich sie hier als Diskussionspartner mit Ansichten anspreche, die ich z.T. kritisiere. Sie können das gleiche mit meinen Auffassungen tun oder mich als ihren persönlichen Feind missachten, das bleibt ihnen unbenommen.
Ich habe, denke ich, bloß versucht, ihre Überlegungen konsequent zu Ende zu denken, so wie sie ja offenbar die hier anderweitig aufgeworfene Frage, was denn wohl die Kriterien des Bundespräsidenten für eine Begnadigung seien, für sich (oder gar für ihn?) verbindlich beantwortet haben, wenn sie kategorisch sagen können: „Somit bleibt Herrn Köhler (…) gar nichts Anderes übrig als sich gegen die vorzeitige Entlassung auszusprechen.“
Sollte Herr Köhler aber trotz ihres Verdikts doch einen kleinen Entscheidungsspielraum haben, z.B. nach dem Kriterium, ob womöglich von einem freigelassenen Herrn Klar eine Gefahr ausgehe, so kann ihm ja nunmehr Entwarnung gegeben werden (s. den Beitrag in der heutigen FR: „Verfassungsschutz – Keine Gefahr durch Christian Klar“!).
@ H.-J. Schulz
Schön, lieber Hans-Jürgen,
dann tu doch – sie wird dagegen wohl keine Einwände haben – mit Susanne desgleichen, wie ich es mit ihr auch schon pflege. Sie sei so in unserem Bunde die dritte, was ggf. andere nicht ausschließen soll.
Nein, ich habe den Beitrag nicht gesehen. Kannst du deinen Kommentar bzw. einen Link oder den genauen Titel nicht einfach hier posten? Mit Susanne habe ich jüngst auch schon etwas „Sachfremdes“ ausgetauscht, und Stephan Hbel wird es uns ebenso wenig verübeln wie Bronski.
Da lese ich doch ein paar harte Töne!
@19. Lieber Herr Ebbers, ich glaube nicht, dass hier jemand insgeheim „Rübe ab“ denkt, auch Herr Gebhardt nicht. Ich habe größten Respekt für die Sorge, dass jemand doch rückfällig werden könnte, und erst recht für den Gedanken an die Opfer. Allerdings, lieber Herr Gebhardt, halte ich die Befürwortung der Freilassung keineswegs für unrealistisch („vom Schreibtischstuhl aus“, wie Sie es nennen). Die Abwägung zwischen den Rechten potenzieller Opfer (auf Unversehrtheit) und den Rechten, die eben auch Täter haben (Freiheit nach Strafverbüßung) ist natürlich immer ein Risiko. Wenn man sich auf die sichere Seite begeben will und einen Täter trotz nicht erkennbarer Rückfallgefahr weiter inhaftiert, dann läuft man – ungewollt – Gefahr, diese Rechte am Ende doch zu verletzen.
Für das kleine Rest-Risiko, das wir mit der Freilassung eingehen, handeln wir uns im Gegenzug rechtsstaatliche Zuverlässigkeit ein. Und die nutzt am Ende allen. Das finde ich sehr realistisch!
@24.heinrich ebbers, „Susanne als weibliche Komponente in unserem Diskutantenkreis“. Gern will ich auch Susanne duzen, sie möge mir ihr Einverständnis auf diesem Wege mitteilen; denn auch ihre Beiträge schätze ich sehr.
Nun noch mal zu meiner „Hildesheimer-Rückantwort“; vom „Administrationsverfahren“ am 25/26.02.07 geschluckten „Fulda-story“:
Als einmal ein Fremder in Fulda spazierte, hörte er so einiges, was ihn jedoch sehr nachdenklich machte. Unter anderem, dass die Fuldaer Luft besonders gesund sei und dass die Fuldaer auch extrem ehrliche Leute seien.
Daraufhin sprach er einen ihm doch sehr alt erscheinenden Bürger an, mit der Frage, den vorgeschilderten Sachverhalt betreffend. Der ältere Herr sagte ihm auf die Frage, „wie es um seine Gesundheit stehe“, die Antwort: „Ich fühle mich sonst pudelwohl, nur heute bin ich etwas niedergeschlagen“! Wieso denn dieses und wie alt sind Sie eigentlich? Ja, so der Fuldaer, zuerst das Alter, ich bin 72 vor Kurzem geworden und ich habe Ärger mit meinem Vater, weil der sich mit meinem Großvater gestritten hat! „Was, 72 Jahre und ihr Großvater lebt auch noch? So der Fremde sichtbar ungläubig, und wie alt ist ihr Opa? Und nach dem Vater frage ich garnicht? Ja, egal, ich sags aber trotzdem, mein Vater ist 94 und dessen Vater, also mein geliebter Opa 115 Jahre alt. „Dies kann und will ich überhaupt nicht glauben“, so der Fremde! Darauf der Fuldaer: „Wenn sie es mir nicht glauben, dann gehen sie in das Pfarrhaus oder die Kirche und fragen sie den Pfarrer, der hat ihn schließlich als Säugling getauft“!
So viel zur gesunden Luft und der verbalen Langlebigkeit der Fuldaer!
Ich jedenfalls verwette für die Richtigkeit – außer aber der mathematischen Logik dieser Geschichte, nicht meinen Hals!
Wichtig: Diese Geschicht wurde in HR3-Fernsehen von einem Fuldaer Stadtführer erzählt, natürlich mit gebührlichem Ernst, aber erheblichen Lachfalten um seine Augen und die anwesenden Zuhörer!
MfG, hjs
@25.Stephan Hebel, „harte Töne“;
sicher braucht heinrich ebbers nicht meinen Beistand, aber wie ich seine bisherigen Einträge verstanden habe, war das zu Herrn Gebhardt Geschriebene, wohl anders, ich glaube sogar satirisch zu verstehen!
Sicher wird heinrich ebbers sich dazu melden, und ich bin überzeugt, dass er den mittlerweile per Volksbefragung – so viel ich weiß – gestrichenen entsprechenden „Passus“ unserer Hessischen Verfassung, auch mit Recht vom höherwertigen Bundesrecht(Grundgesetz) gebrochenen „Todesstrafenparagraphen“ seinerzeit schon außer Kraft gesetzt, von h.ebbers als mittelalterliches Überbleibsel angesehen wurde und wird!
Ich denke hier mit Schrecken, noch an einen früheren Justizminister der Christ-Union, den man wegen seiner diesbezüglichen harten Haltung, mit einem dies aussagenden treffenden Spitzwort belegte, den älteren jedoch auch politischen Bundesbürgern sicher noch in „guter“ Erinnerung!
@Hans-Jürgen und heinrich
Hallo Ihr beiden,
vielen Danke erst mal für die freundlichen Worte! Natürlich, bin ich, lieber Hans-Jürgen, mit deinem Angebot einverstanden, die förmliche Anrede durch das „du“ zu ersetzen. 🙂
Da ich noch arbeiten muss, werde ich heute leider nicht dazu kommen, mit Euch weiter zu diskutieren, auch nicht über „harte Töne“. Aber um ab und zu mal zu schauen, was ihr hier so schreibt, reicht die Zeit natürlich…
Deshalb bis bald und herzliche Grüße von susanne
@28.Susanne,“Du“;
alles im „Grünen Bereich“(hat nichts mit dem/meinem politischen Standpunkt zu tun. Auch ich werde heute nicht alt, wie man so sagt; ich sage nur „Grippe“, also bis später. Auch ich werde wenn ich kann, mal die Tastatur bearbeiten.
PS: Sussnne, kanntest Du die „Fuldaer Storry“?
Mit herzlichen Grüßen, hjs
Danke, Hans-Jürgen, für den Beistand, danke, Stephan Hebel, für den Hinweis, sorry, Hajo Gebhardt, für die dort zurückgewiesene mögliche Unterstellung, die mir allerdings fern lag. Ich dachte nicht, das betonen zu müssen.
In meinem kurzen, aber prägnanten Beitrag steckt natürlich eine zugespitzte Argumentation, man nenne sie meinetwegen satirisch, die aber so besser kenntlich wird und mit der auseinanderzusetzen es sich ja vielleicht lohnt.
In Stephan Hebels Beitrag klingt es an, was auch im Gesetz verankert ist:
„Der Strafvollzug soll die Gefangenen befähigen, „künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (Vollzugsziel). Der Vollzug der Freiheitsstrafe dient auch dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten“ (§ 2 StVollzG).“
„Dient a u c h dem Schutz der Allgemeinheit, heißt es hier ausdrücklich, aber eben a u c h der Resozialisierung der Gefangenen.
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Wenn man den Sicherheitsaspekt verabsolutiert und den Resozialisierungsgedanken vernachlässigt, verkehrt sich notwendig der intendierte Sinn und Zweck des Strafvollzugs. Wer den nicht im Sinne unserer gesetzlichen Ordnung teilt, sondern zurückkehren möchte zum Rache- und Vergeltungsprinzip, soll entsprechend Farbe bekennen. Es steht bei der ganzen öffentlichen Diskussion um diesen Komplex, lieber Stephan Hebel, nicht nur die Abwägung von Rechten zur Frage, es geht auch um zivilisatorische Errungenschaften, um die Grundorientierung unserer Gesellschaft auf Humanität.
Würde man diese Problemstellung ins Zentrum der Diskussion stellen, würden sich ganz andere als die zum Erbrechen wiederholten plakativen Fragestellungen und „Alternativen“ auftun, z.B.: Was ist eigentlich in unserem Strafvollzug los, dass es dort nicht möglich zu sein scheint, Menschen, die 25 Jahre lang rund um die Uhr unter staatlicher Obhut und Gewahrsam sich befinden, entgegen allen nachvollziehbaren psychischen Blockaden mit Hilfe von Therapeuten und Betreuern zur Besinnung auch auf die Fehlorientierungen ihrer Vergangenheit zu bringen? Und wieso leisten wir uns keine entsprechende Opferbetreuung, welche den Angehörigen zu einer entsprechenden Trauerarbeit und einem Abschied von einer sie selber schädigenden jahrzehntelangen Konzentration auf die Täter und deren Sühne verhilft?
@ Hans Jürgen: Fuldaer Story
Sehr hübsch!
Hierzu passt, wie ich finde, sehr schön eine Anekdote, die ich jüngst in einer Biografie des von mir verehrten Pablo Casals las, der nicht nur ein genialer Cellist und Musiker war, sondern auch ein konsequenter und achtenswerter Kämpfer gegen den Faschismus und für Demokratie und Frieden.
Zu seinem 90. Geburtstag, den er agil und gesund und in ungebremster Schaffenskraft begehen durfte, überreichte ihm sein Freund und Manager, wissend, dass die Georgier, wie die Fuldaer, sehr alt zu werden pflegen, eine gefakte Einladung des Traditionsorchesters von Tiblissi, des Inhalts: obwohl alle Mitglieder des Orchesters über hundert Jahre alt seien und gemeinhin nicht mit Musikern unter hundert zusammen aufträten, würde man bei Casals eine Ausnahme machen und lade ihn angesichts seiner großen Verdienste für die musikalische Kunst trotz seines jugendlichen Alters ein, zusammen mit dem Orchester ein Gastkonzert zu geben.
Casals, der die Sache für ernst nahm, sagte: „Da gehen wir hin!“.
@31.heinrich: „Casals und die Hundertjährigen“;
hoffentlich schaut keiner von den unseligen und seit Kurzem in Massen – immer mehr werdenden – auftretenden „Rentenverkürzern“ in unseren Tread rein, sonst müssen wir damit rechnen, dass das Rentenbeginnalter auf über 70 angehoben wird.
Aber schön ist es schon, dass wir etwas Lockerheit in den Blog bringen; ich bin auf Bronskis Reaktion gespannt.
Grüße, hjs
@Hajo Gebhart Nr.18
„Wollten Sie wirklich die Verantwortung übernehmen? Wer stellt sich dann den Opfern oder deren Angehörige gegenüber und rechtfertigt die Entlassung?“
Nun Herr Gebhart, zur Gefährlichkeit Christian Klars hat der Verfassungsschutz, wie hier schon bemerkt wurde, eine Einschätzung abgegeben. Unabhängig davon, möchte ich Sie fragen, welche Gewalttaten Sie konkret befürchten?
Ich überlege mir, ob man in den Äußerungen Klars eine Verschiebung des Feindbildes feststellen kann, weg von den Menschen als Vertreter der aus seiner Sicht zu bekämpfenden Institutionen hin zur unbestimmt abstrakten Systemkritik, die in Satzteilen wie „Pläne des Kapitalismus“ zum Ausdruck kommen. Auch wenn die Systemkritik immer im Zentrum der RAF-Rhetorik stand, ist doch zu bedenken, dass sich die Gruppe in Wort und Tat v.a. gegen bestimmte Personen in der Öffentlichkeit richtete. Ich denke, dass man in dieser Hinsicht, von Klar nichts befürchten muss. Dafür spricht auch, dass andere RAF-Mitglieder nach ihrer Entlassung nicht gewaltsam aufgefallen sind, also die bekannt gegebene Auflösung der RAF damit bestätigt wurde.
@ Hans-Jürgen
„Aber schön ist es schon, dass wir etwas Lockerheit in den Blog bringen; ich bin auf Bronskis Reaktion gespannt.“
Eigentlich müsste der liebe Bronski ja heute zurückgeflogen sein, sofern ihn die Korallenfischchen nicht daran gehindert haben. Aber da sich Herr Hebel so freundlich um uns gekümmert hat, sieht Bronski vielleicht keine Notwendigkeit, gleich ein neues Thema zu erfinden oder Kommentare zu schreiben, was man ja auch verstehen kann. Hans-Jürgen, ich finde deine Auflockerungen immer sehr süß, ich hoffe nur, dass Bronski dies nicht wieder in Richtung „kein Mensch kann nur Wichtiges und Ernstes in sich hineinstopfen“ deutet und uns mit Themen beglücken möchte wie „krebbelig“ oder „Sudoku“. Was meinst du?
@34.Susanne,“Bronski und krebelig“;
warten wir es ab. Wer weiß schon was unser lieber Bronski bei den Korallenfisch`chen für Ideen hatte.
Kann ja sein, dass er uns nun mit den wichtigen Themen der Zeit konfrontiert, die da sind: Muss in Hamburg nun Altkanzler Schmidt einspringen, da der jugendliche Vo. kneift? Oder kriegen die Gewerkschaften die SPD nun doch soweit, dass sie einsieht, was für ein Quatsch die Rente mit 67 ist? Also Fragen über Fragen! Meine ganz persönliche in diesen Tagen größte Frage ist: Wann endlich lässt meine Frau und mich dieses verdammte Grippevirus wieder los? In diesem Sinne; „Gesundheit“ Euch allen da im Blog. mfg, hjs
@ Susanne:
Es gibt Korallenfischchen und Korallenfische. Für alle gilt, dass sie mich wieder haben gehen lassen. Ob ich auch gehen wollte, steht auf einem anderen Blatt. Aber nun geht es ja wieder heimisch zu hier im Blog, und ich fühle mich komischerweise wie zu Hause …
Leider habe ich mir eine Erkältung mitgebracht, so dass ich noch einen Tag krank bin. Was mich nicht abhalten konnte, ein neues Thema aufzumachen
Hallo armer kranker Bronski, hallo armer grippegeplagter Hans-Jürgen,
ich wünsche euch beiden gute Besserung!
Schön, dass du wieder da bist, Bronski und danke für das neue Thema.