Heute titelt die FR: „Symbol der Krise“. Die Überschrift gilt den Fusionsplänen der Autobaukonzerne PSA (dazu gehört Opel) und Fiat-Chrysler. Wenn die zusammengehen, entstünde nach VW, Toyota und Renault-Nissan der viertgrößte Autobaukonzerne der Welt. Groß und immer größer zu werden, ist offenbar das Diktat der Zeit, weil dich sonst ein anderer Großer schluckt. Doch die Probleme werden dadurch nicht kleiner. Gerade die in der Autobranche nicht, denn zumindest die deutschen Autobauer haben den Trend zur Elektromobilität verschlafen und hinken jetzt der Entwicklung hinterher. Schlimmer noch: Sie haben bei den Autofahrern ein Anspruchsdenken herangezogen und gefördert, an dem sie gut verdient haben und immer noch verdienen, das ihnen jetzt aber auf die Füße fällt.
„Fährt hier eigentlich überhaupt noch ein normales Auto rum?“, fragte mich mein Mann vorgestern, als wir in Frankfurt unterwegs waren. Definiere normal: das, was man früher als Mittelklassewagen bezeichnet hat und was man heute wohl eher als Kleinwagen bezeichnen würde. Denn Frankfurt – und auch in Offenbach ist das deutlich zu sehen – ist voller „Sport Utility Vehicles“, kurz SUV. Diese großen, schweren Fahrzeuge tun dasselbe wie ein Kleinwagen: Sie transportieren Menschen von A nach B. Unter hohem Materialeinsatz und hohem CO2-Ausstoß. Auch wenn man sich die Pendlerströme ansieht, verhält es sich nicht anders als wie mit „Von A nach B“: So wie früher sitzt meist nur eine Person im Wagen. Und im Stau. Diese Gefährte verschärfen zudem die Parkraumsituation in den Städten. Schon gibt es Forderungen, neue Parkhäuser zu bauen, die den Anforderungen dieser Autos gerecht werden sollen, vor allem hinsichtlich der Breite der Parkplätze. Mit anderen Worten: Diese Autos sind das „Symbol der Krise“. Auch wenn es, wie unten zu lesen sein wird, individuelle Gründe geben mag, warum die Kaufentscheidung bewusst für ein solches Gefährt ausfällt.
Nun glauben die Autobauer, diesem von ihnen selbst gesetzten Trend folgen zu müssen. Dass man Autos im (angekündigten) Zeitalter der E-Mobilität anders denken muss – kleiner, leichter, für mittlere Strecken konzipiert –, passt nicht zu diesem Trend. Mit enormem technischen Aufwand – Tesla hat es vorgemacht – versucht z.B. Mercedes, einen Elektro-SUV auf dem Markt zu platzieren, den EQC, der laut Hersteller bis zu 471 Kilometer Reichweite haben soll. Zulässiges Gesamtgewicht: knapp drei Tonnen. Preis: gut 70.000 Euro (laut Herstellerbroschüre). Was für ein Irrsinn! Elektromobilität muss zum Massenmarkt werden. Ja, im Premiumsegment verdienen die Autobauer bisher ihr Geld. Sie werden umdenken müssen. Renault hat mit dem Zoë gezeigt, wohin es geht; allerdings ist auch dieser Mittelklassewagen mit seinen etwa 1,5 Tonnen immer noch zu schwer. Für den Stadtbereich und den städtischen Umkreis, also für die Kurzstrecke, tut es auch ein e.Go „life“, ein Viersitzer, gut eine Tonne schwer, mit einer Reichweite von 100 Kilometern. Das heißt also: Autofahrer müssen runter von ihrem Wohlstands- und Anspruchsdenken. Man kommt auch mit rustikaleren Mitteln von A nach B, wenn man denn nicht gleich auf den öffentlichen Nahverkehr umsteigen will. Der E-Autobauer e.Go ist übrigens ein Unternehmen mit 450 Mitarbeitern, das in Aachen produziert und nicht zu den traditionellen Autobauern gehört.
Die SUV stehen in der Kritik, auch bei den FR-Leserinnen und -Lesern. Ich habe mal zwei der zuletzt hereingekommenen SUV-kritischen Leserbriefe herausgenommen und unten neu veröffentlicht. Dem folgen zwei Zuschriften, die durchaus Vorteile der SUV erkennen, wobei der erste (der anonymisierte) einen Sonderfall beschreibt: Toyota hat früh auf Hybridmodelle gesetzt und ist in diesem Segment heute Weltmarktführer.
Deutsche Ingenieurskunst
Zu: „SUV machen Klima-Fortschritte zunichte“, FR-Wirtschaft vom 22. Oktober
Der Anti-SUV-Protest kommt als städtischer Protest daher: „Dieses Auto gehört nicht in die Stadt!“ – Aber aufs Land? – 2,5 Tonnen Autogewicht wollen bewegt sein … Die Fehlleitung (endlicher) Ressourcen ist offensichtlich, die CO2-Bilanz desaströs.
Klima-Fortschritte könnten schnell realisiert werden – ohne eine Diskriminierung von SUV-Fahrer*innen: Tempo 120 auf den Autobahnen, Landstraße 80und innerörtlich 30 km/h; so forderte es jüngst auch die Linke/Hessen. Besonders der ÖPNV ist durch neue/zusätzliche, attraktive und preisgünstige Beförderungsangebote gefordert und stellt diese zeitnah zur Verfügung.
Ab dem 1.1.2021: Zulassung der Neu-PKW auf deutschen Strasse nur noch als Drei-Liter-Autos (drei Liter Spritverbrauch auf 100 km/h Fahrleistung). Verwunderlich, warum diese alte Forderung nicht gestellt wird. – Die deutsche Autoindustrie hätte eine einjährige Umstellungszeit und könnte sich durch smarte, intelligente, formschöne PKW profilieren Die so oft gepriesene deutsche Ingenieurskunst ist gefordert. Die deutsche Autoindustrie produziert die Drei-Liter-Autos so, dass eine 95-prozentige Wiederverwertung der PKW-Bauteile möglich ist und schafft in Deutschland die entsprechende Recycling-Industrie in Form einer „Kreislaufwirtschaft“. Der VW-Autogigant könnte an den Lupo anknüpfen!? Die Arbeitsplätze in der exportorientierten deutschen Automobil-Industrie wären absehbar gesichert.
Beim sozialökologischen Umbau sind auch die IG-Metall und die Eisenbahner-Verkehrsgewerkschaft etc. jetzt hart gefordert; es gibt bei unseren DGB-Gewerkschaften erkennbar Bereitschaft und politisches Wollen, eine klimafreundliche Wende bei der Erbringung von Leistungen mitzubewirken!“
Thomas Ewald-Wehner, Nidderau
Was macht diese Fahrzeuge so reizvoll?
Zu: „SUV machen Klima-Fortschritte zunichte“, FR-Wirtschaft vom 22. Oktober
Ich selbst habe mein Auto gefunden, indem ich einen 34 Jahre alten Opel-Senator fahre. Beim SUV-Problem ist es nicht damit getan, gegen die SUVs zu wettern. Man sollte sich fragen: Was macht diese Fahrzeuge so reizvoll? Und für wen sind SUVs ein reizvolles Angebot? In der Anfangszeit in den USA war das SUV ein einfaches (technisch veraltetes) Billigauto gegenüber den „fortschrittlichen“ Straßenkreuzern. Heute meine ich hier bei uns zu beobachten, dass der Gebrauchswert eine Rolle spielt. Damit meine ich die immer wieder genannten Vorzüge: Höhe, Platzangebot, Laderaum, Übersicht. Das sind Eigenschaften, die die heute angebotenen „Normalfahrzeuge“ nicht mehr bieten – VANs vielleicht ausgenommen.
Ich bin 72 Jahre alt, 196 cm groß, da demoliere ich mir beim Einstieg in ein aktuelles Normalfahrzeug meinen Kopf an der schrägen A-Säule regelmäßig – das geht gar nicht!
Es fehlt ein modernes Angebot dergestalt: leicht, ohne viel technischen Dödelkram, geräumig und nur ausreichend motorisiert. Die Kfz-Steuer sollte entfallen und nur über erhöhte Spritpreise eingenommen werden – also allein verbrauchsabhängige Besteuerung! Sollte es eine Straßenmaut geben, dann sollte sie nach Leistung und Gewicht gestaffelt werden. Leider tendiert unsere Fahrzeugentwicklung in die falsche Richtung:zusätzliche Technik (z.B. autonomes Fahren) erhöht das Fahrzeuggewicht noch weiter und das zugehörige 5G-Netz belastet die Umwelt zusätzlich. Wer bei der Reise arbeiten, spielen, schlafen will, soll gefälligst Bahn fahren!
Carsten Dietrich Brink, Gauting
Es gibt auch SUV mit lobenswerten Eigenschaften
Ich erspare mir hier die Wiederholung zahlloser Argumente, die auch in dieser Zeitung gegen SUV vorgebracht wurden und werden. Zumeist sind sie zutreffend, insbesondere, wenn es um deutsche Produkte geht. Es gibt aber – auch auf dem deutschen Markt – SUV (mit all ihren lobenswerten Eigenschaften, die hier ebenfalls nicht erneut aufgeführt werden sollen), die ganz und gar nicht in diese Kategorie fallen. Ich fahre seit kurzer Zeit einen Toyota RAV4 der 5. Generation mit Hybrid-Antrieb. Und ich bin hellauf begeistert. Mit Blick auf das üblich SUV-Bashing möchte ich hier das Folgende herausstellen. Was die beklagte Größe betrifft, ist mein RAV4 sogar 16 cm kürzer als meine zuvor genutzter Avensis-Kombi – OK, er ist 5 cm breiter; die größere Höhe stört ja ohnehin nicht im Verkehrsraum. Was die Masse betrifft, fällt mein RAV4 ebenfalls aus dem kritisierten SUV-Raster: Er ist mit 1750 kg nur 40 kg schwerer als meine frühere Limousine. Und dank „echtem“ Hybrid – kein Plug-in, also ohne Strom aus der Steckdose (dasselbe Prinzip, mit dem die Formel 1 arbeitet) – habe ich über die ersten 1600 km (Stadt, Land, Autobahn) einen realen mittleren Verbrauch von 6,5 l/100 km (Super E10) ermittelt; und dabei habe ich meine zügigen Fahrstil nicht verändert. Dementsprechend gering ist die Abgaslast: 129 g CO2/100 km (laut ADAC). Noch ein Wort zur Batterie: In meinem Hybrid arbeitet eine Nickel-Metall-Hydrid-Batterie und keine Lithium-Ionen-Batterie, für deren Herstellung die Umwelt stark belastet wird. – Es geht also auch anders. Und übrigens, ich werde nicht von Toyota bezahlt.
Anonymisiert (der Red. bekannt)
SUV sind gut für ältere Leute
Die Verwirrung in den Zeitungsberichten und Leserbriefen durch Verallgemeinerung, Gleichsetzung, Gleichschaltung dieses Begriffs SUV tut schon recht weh: SUV ist nicht gleich SUV, kein Geländewagen, erst recht kein Sportgeländewagen. Sie sind zu unterschiedlich für einen Sammelbegriff! Sie haben nur eines gemeinsam: Man sitzt höher. Die einen, um möglichst viel Bodenfreiheit bei Fahrten über „Stock und Stein“, in Stein- und Felswüsten zu haben (nur rund zehn Prozent der Sahara ist Sand); die anderen, um in ihren Dickschiffen sich erhaben zu fühlen beim Das-Kind-zum-Kiga-hin-und-her-Fahren und die Plastiktüte beim Einkauf. Das ist jetzt böse gesagt, aber mit viel Wahrheit.
Normale SUV gibt’s schon mit denselben Motoren und Verbrauch wie bei normalen PKW ab Kleinautos. Sie sind gut für ältere Leute, beim Ein-und Aussteigen und wegen der besseren Übersicht. Also bitte gerade auch hier nicht alles über einen Kamm scheren, verdammen und nicht alles in einen Topf zum Allerleibrei!
Insbesondere hat keiner dieser „Es-ju-wies“ die Qualität eines Geländewagen. Beim Fahren im freien Gelände würden sie versagen, schon beim Tempomachen vor dem Brettern über Wellblechpisten etliches abbrechen gar auseinanderfallen: Nur A-Pisten, geteerte Wüsten-Straßen, wären geeignet.
Ich habe als schon älteres Semester einen 1,6l-Benziner-SUV. Mit dem würde ich, nach meinen Sahara-Erfahrungen, keinen Kilometer durch Stein- und Felswüste fahren.
Hans-Karl Ortmann, Hofheim
Zitat aus „Die Anstalt“ vom 01.10.2019:
SUV= Super Unnützes Vehikel
Zu welchen Zwecken werden solche Vehikel überhaupt hergestellt? Wer braucht sie?
Früher sind fünf bis sechs köpfige Familien mit dem Käfer nach Italien in Urlaub gefahren. Ich benutze mein Auto (natürlich kein SUV, ) so selten wie möglich und laufe zu Fuß oder fahre mit der Bahn.
@Hr. Boettel ja früher war alles viel besser.
Ich habe zwar keinen SUV, habe aber trotzdem einmal versucht, mich zu informieren um eine qualifizierte Aussage zu dem Thema machen zu können.
Meine Kollegen, die aus der Stadt rausziehen mussten, weil sie sich die Mieten nicht mehr leisten können, ziehen ca. 50 km nach draußen.
Zu Fuss zur Arbeit ist da schwierig und mit der Bahn oder dem ÖPNV dauert es einfach 2 h.
Also fährt Mensch mit dem Auto.
Und es gibt sogar welche, die eine sogenannten SUv haben, der nachweislich genausovielSprit verbraucht und die gleiche Menge an Schadstoffen ausstößt wie ein normaler PKW. Also schon ab und zu differenziert argumentieren. Und weiter schön zu Fuß gehen,gell.
Das pauschale SUV-Bashing wird langsam lächerlich. Seit dem schlimmen Unfall in Berlin scheint man sich auf diesen Fahrzeugtyp einzuschießen. Dabei wäre das Ergebnis mit einem VW Golf und einem Fahrer mit Epilepsieanfall wohl genauso tragisch ausgefallen (oder mit einem Kleintransporter).
Unter dem Begriff SUV wird inzwischen alles subsummiert, was höher als durchschnittliche PKW gebaut wird. Es handelt sich hier keineswegs ausschließlich um wirklich große Gefährte wie Audi Q7, VW Touareg oder Porsche Cayenne, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Auch ein Ford Ecosport oder ein Opel Mocca, beide im Außenformat eines Golf, eben nur höher, sind auch SUV. Niemals hat jemand behauptet, das seien Geländewagen. Viele davon haben nicht einmal Allradantrieb. Sie werden in erster Linie von Menschen gekauft, die etwas höher sitzen und leichter ein- und aussteigen wollen. Die Hybridversionen, wie der oben genannte Toyota RAV4, verbrauchen kaum mehr als ein Golf Benziner. Gefährlich sind bestenfalls die Fahrer, nicht deren Fahrzeuge. Viel eher frage ich mich, wozu es demnächst einen Golf mit 330 PS geben wird. So ein Fahrzeug ist in meinen Augen überflüssig. Für mich dient ein PKW dazu, mich komfortabel und sicher (und möglichst umweltfreundlich) von A nach B zu bringen.
Die derzeit wohle beste Lösung für den Individualverkehr, der m. E. auf längeren Strecken nicht zu ersetzen ist, sind Wasserstoff angetriebene Fahrzeuge. Davon gibt es leider nur wenige zu unerträglich hohen Preisen, ganz zu schweigen von der nur marginal vorhandenen Kraftstoffversorgung. Hier wurde extrem viel verschlafen. Leider.
Im Übrigen warte ich noch immer, dass wir das drittletzte Land werden (noch vor Afghanistan und Nord-Korea), das ein generelles Tempolimit auf seinen Autobahnen einführt. Das würde hoffentlich die Entwicklung hoffnungslos übermotorisierter Kleinwagen beenden. Hier stirbt die Hoffnung zuletzt.
Ich habe auch einen sogenannten SUV: Einen „High-Rider“-Hybrid von Toyota (wird nicht als SUV verkauft). Bequemer Einstieg und angenehmes Fahren. Kohlendioxyd-Ausstoß: 86 g/100 km
Wie „Napez“ sagt: Es geht um die „fetten“ SUVs und die braucht man wirklich nicht, ausser für sein unterentwickeltes Ego.