Unser nächster Bundespräsident wird, daran kann wohl kein Zweifel bestehen, der jetzige Außenminister Frank-Walter Steinmeier von der SPD. Und wer jetzt fragt: SPD? Momentchen — sind die politisch wirklich noch so bedeutend, dass sie einen Bundespräsidenten durchsetzen können? Der wird jetzt wohl ein bisschen blöd aus der Wäsche gucken, denn tatsächlich hat SPD-Chef Sigmar Gabriel es mit seinem Coup geschafft, der deutschen Republik den dritten Bundespräsidenten aus SPD-Reihen zu bescheren. Das ist tatsächlich eine Leistung. Und dürfte nicht zuletzt der Tatsache zu verdanken sein, dass aus dem Merkel-Lager niemand so richtig wollte. Als wäre der Posten des Bundespräsidenten ein Schleudersitz. Sonderbar.
Gewiss, die Zeiten sind vorbei, als man noch „Hoch auf dem gelben Wagen“ durch deutsche Lande ziehen konnte, woraufhin einem sofort alle Herzen zuflogen. Oder als man als tapferer Wanderer durchs Mittelgebirg ziehen und so die Sympathien gewinnen konnte. Die Geschichten von Horst Köhler und Christian Wulf haben gezeigt: Bundespräsident ist nicht ohne. Gerade in diesen Zeiten nicht, in denen die Gesellschaft auseinander driftet.
Ist Frank-Walter Steinmeier der richtige für diesen Posten, der in seiner Bedeutung vielfach unterschätzt wird? Es geht dabei ja – gerade in unserer Zeit – nicht mehr einfach nur darum, den repräsentativen Kitt zu liefern, der unsere Gesellschaft hoffentlich noch irgendwie zusammenhalten wird. Sondern es geht darum, die Gräben zu überbrücken, die sich im Fundament dieser Gesellschaft aufgetan haben. Leider ist Steinmeier als einer der Architekten der Agenda 2010 mit für diese Gräben verantwortlich. Unbestritten sind allerdings seine Fähigkeiten als Außenpolitiker — und das ist in Zeiten, in denen wir es sowohl in Russland als auch in den USA mit Großmäulern zu tun haben, möglicherweise ein Wert für sich.
Von J. Edgar Hoover, dem legendären Chef des FBI, ist der Satz überliefert, es sei ihm egal, wer unter ihm US-Präsident sei. Ich bin gespannt, welche Erfahrungen künftige deutsche Außenminister in dieser Hinsicht mit einem deutschen Bundespräsidenten Steinmeier machen.
Leserbriefe
Helga Nitsche aus Obertshausen meint:
„Stephan Hebel stellt in seinem Beitrag Überlegungen an, welche Eigenschaften ein besserer Kandidat als Frank-Walter Steinmeier für das Bundespräsidentenamt haben müßte. Das erscheint mir doch nun einigermaßen müßig. Viel interessanter wäre es in meinen Augen der Frage nachzugehen, warum die CDU/CSU keinen eigenen Kandidaten finden konnte. War es interne Uneinigkeit? Es heißt, daß keiner der infrage Kommenden gewollt habe. Warum nicht? Fühlte sich keiner dieser Aufgabe gewachsen? Fühlte sich keiner unabhängig genug? Hat man die falschen Leute gefragt? Norbert Lammert, den nach seiner Rede zum 3. Oktober Viele, ich auch, für sehr geeignet gehalten haben, wollte wohl schon vor Jahren nicht. Aber gab es sonst Niemanden?
Steinmeier macht als Außenminister einen guten Job. Er wird sicher auch als Bundespräsident einen guten Job machen. Aber daß die CDU/CSU ihn bis zur letzten Minute ablehnte und nun keinen anderen Namen nennen konnte, das bleibt mir ein Rätsel.“
Peter Bläsing aus Bonn:
„Man kann sich nur wundern, dass Merkel und Seehofer so lange gebraucht haben, um Steinmeier als Kandidaten der Großen Koalition für die Bundespräsidentenwahl zu akzeptieren. Wahrscheinlich war das bei den beiden schon längst beschlossene Sache, sie haben nur noch eine gewisse Schamfrist eingehalten. Denn ein Kandidat Steinmeier ist für die CDU/CSU insofern günstig, als damit die drohende Gefahr, dass ein CDU-Kandidat bei der Präsidentenwahl durchfällt, gebannt ist, und für die Bundestagswahl die einzige, wenn auch schwache Wahlkampflokomotive der SPD aufs tote Gleis geschoben wird. Als Folge davon wird ein SPD-Kanzlerkandidat, wer auch immer es sein wird, noch ungefährlicher. Aber auch Gabriel kann sich die Hände reiben, kommt doch jetzt sein Coup mit dem Vorschlag „Steinmeier“ voll zur Wirkung; denn der Dicke ist damit erstens seinen Hauptkonkurrenten um die Kanzlerkanditatur los (wenn es denn eine geben sollte), und zweitens ist das Signal für schwarz-grün, das ein Präsidentenkandidat Kretschmann hätte bedeuten können, blockiert. Somit geht es weiter in Richtung auf die Große Koalition und ihre Fortsetzung mit einer SPD, die sich offenbar mit dem Job als Juniorpartner zufrieden gibt. Das wiederum wird die AfD freuen, ein „Weiter so“ hilft ihr am meisten; denn auch ein Politikwechsel à la rot-rot-grün ist, zumindest für die Präsidentenwahl, vermutlich aber auch für den Rest der Vorwahlzeit, kein Thema mehr. TTIP-Gabriel als nunmehr wahrscheinlicher Kanzlerkandidat und der „Architekt der Agenda 2010“, Steinmeier, als Bundespräsident garantieren weiterhin eine SPD-Politik, die die Linke würgt. Aber wir leben in Trump-Zeiten, da wird aus einer Prognose ganz schnell ein Party-Gag und umgekehrt.“
Heidger Brandt aus Emkendorf
„Deutlicher als mit der Nominierung von Walter Steinmeier, dem angeblichen „Mann der Mitte“, kann das Signal für das „Weiter-so“ kaum gestellt werden. Ausgerechnet einer der „Architekten“ der rot-grünen „Agenda 10“ soll der Präsident „aller Deutschen“ werden. Gemeinsam mit den Grünen hat die SPD u.a. mit der Aufhebung des Equal-pay, des gleichen Lohnes für gleiche Arbeit, den größten Niedriglohnsektor in der EU geschaffen. Betroffen vom „deutschen Jobwunder“ aus Minijobs, Kettenbefristungen, Werkvertragsanstellungen, Teilzeit und Leiharbeit ist mittlerweile fast die Hälfte aller Arbeitnehmer. Leiharbeiter erhalten bei gleicher Qualifikation und Leistung durchschnittlich 1000 Euro weniger im Monat. Nach Berechnung der gewerkschaftsnahen Böklerstiftung wurden mit Hilfe der „Agenda-Instrumente“ allein im Zeitraum zwischen 2000 und 2013 über 1,1 Billionen Euro aus den Löhnen in die sprunghaft wachsenden Unternehmensgewinne umverteilt und massenhaft Altersarmut vorprogrammiert. Ergebnis: Die scheinheilig beklagte „Spaltung der Gesellschaft“ mit einer Vermehrfachung der Vermögen der Reichen innerhalb weniger Jahre auf der einen und einer wachsenden Mehrheit auf der anderen Seite, die nicht mehr weiß, wie sie aus den dramatisch gekürzten Einkommen u.a. die laufend steigenden Miet- und Stromkosten (Privatisierung sei Dank!) noch bezahlen soll. Und da wundern sich die „Realpolitiker“, dass die nach jeder Wahl immer neu Betrogenen jetzt zur „Denkzettelwahl“ übergehen und der ebensowenig wählbaren AfD wohlmöglich 2017 zum Wahlsieg verhelfen. – Glückwunsch, dazu wurde mit Walter Steinmeier genau der richtige Mann zum richtigen Zeitpunkt ausgeguckt.“
Sigurd Schmidt aus Bad Homburg:
„In der Causa Frank-Walter Steinmeier hat schlicht und einfach die Vernunft insofern gesiegt, als die Union erkannte, dass angesichts der zahlreichen Absagen von möglichen Kandidaten an die Kanzlerin das Allgemeinwohl des Staates über Parteiinteressen zu stellen sei. Auch war die Beliebtheit von Steinmeier im Volk nun einfach nicht zu übersehen. Die Zeiten, als eine große deutsche Tageszeitung Frank-Walter Steinmeier als „blutleeren Apparatschik“ bezeichnete, weil er auf dem „Beamtenticket“ in die Politik gekommen war, sind längst vorbei, denn Steinmeier macht als Außenminister einen vorzüglichen Job.
Man sollte jetzt aber nicht spekulieren, dass mit dieser Personalie auch schon gleich wieder eine große Koalition ab Herbst 2017 eingeläutet sei. Dazu ist es viel zu früh, weil erst einmal die Bundestagswahl mit den genauen Mehrheitsverhältnissen abzuwarten ist. Nicht nur Politologen, sondern auch der normale Wahlbürger sind sich allerdings in der Auffassung weitgehend einig, dass eine weitere Groko ordnungspolitisch nicht wünschenswert ist, weil dann wieder die Opposition zu schwach wäre. Es ist auch nicht einzusehen, warum es Deutschland nicht auch einmal mit einer Minderheitsregierung versuchen sollte, so, wie dies gegenwärtig in Spanien der Fall ist.
Die Formulierung: „Durch Deutschland solle ein Ruck gehen“, hatte der seinerzeitige Bundespräsident Roman Herzog benutzt. Die Situation, auch was die Notwendigkeit von Systemreformen anbelangt, war damals allerdings eine andere.“
Manfred Kirsch aus Neuwied:
„Die Einigung der Spitzen der großen Koalition auf Frank Walter Steinmeier als Bundespräsident löst bei mir zwiespältige Empfindungen aus. Während auf der einen Seite sicherlich keine Zweifel daran bestehen, dass in diesen schweren Zeiten, in denen die Demokratie von rechts bedroht wird, Steinmeier sich als Versöhnungskandidat vor die demokratische Republik stellen wird, so ist andererseits sicherlich kritisch anzumerken, dass die Entscheidung auch wieder ein Signal für ein Weiterbestehen der großen Koalition sein wird. Doch eine große Koalition wirkt halt auf Dauer nicht demokratiestärkend, sondern eher im Gegenteil. Ein bitterer Beigeschmack bleibt auch, wenn man in Rechnung stellt, dass Frank-Walter Steinmeier ja leider auch ein Architekt der Agenda 2010 ist. Auch die Tatsache, dass er sich zumindest passiv gegenüber dem ehemaligen Guantànamo-Häftling Murat Kurnaz und dessen Menschenrechten verhielt, deutet nicht gerade darauf hin, dass er die menschenrechtspolitische Unbeflecktheit hat, die meines Erachtens zur Ausübung des Amtes als Bundespräsident eigentlich unverzichtbar wäre. Dennoch sollten sich Demokraten jetzt hinter Steinmeier versammeln und seine Politik auch als Gegenentwurf zum neuen Präsidenten der USA Donald Trump betrachten. Zweifel sind in diesem Zusammenhang angebracht, ob es sinnvoll ist, einen Kandidaten aus der ersten politischen Reihe zu nehmen, oder ob es nicht besser gewesen wäre, etwa eine Sozialdemokratin oder einen Sozialdemokraten zu nominieren, die oder der besser und glaubwürdiger und unbelastet von Hartz IV für die Einbindung der in prekären Lebensverhältnissen befindlichen Menschen hierzulande sorgen würde. Dennoch sollten wir uns im Interesse der Demokratie hinter Frank Walter Steinmeier versammeln und gemeinsam gegen rechte Populisten antreten.“
Nicht nur bei Manni Kirsch, auch bei mir löst die Nominierung von Frank Walter Steinmeier zwiespältige Gefühle aus.
Neben seiner Urheberschaft für die Agenda 2010 gibt es noch andere dunkle Flecken wie die undurchsichtige Geschichte mit Kurnaz, seine Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz, die sich leider nur wenig von der seines künftigen Amtsvorgängers Gauck unterschied, vor allem aber störte mich das devote Verhalten auf der Konferenz der Arbeitgeber im Herbst 2013.
Zum anderen habe ich das ungute Gefühl, dass die SPD für die Zustimmung der Union eine Gegenleistung erbringen muss, deren Inhalt noch nicht bekannt ist. Sei es die weitere Verwendung von Martin Schulz oder, was ich schlimmer fände, eine Zustimmung zu weiteren Schweinereien aus dem Hause Schäuble oder Dobrindt?
Für Steinmeier als Außenminister sprach sein diplomatisches Feingefühl – das ihn wohltuend von Oettinger unterscheidet – und vor allem, dass er den Faden zu seinem russischen Amtskollegen Lawrow nie abreißen ließ, womit sicherlich manches Schlimme auf der Welt verhindert werden konnte.
Zu Manfred Kirsch: Ursache und Wirkung werden vertauscht.
Was mich an der ganzen AfD-Debatte am meisten wundert ist, dass selbst kritisch denkende Leute ständig Ursache und Wirkung vertauschen. So ist es nicht die AfD, die die „Demokratie von rechts bedroht“. Es sind die sogenannten demokratischen Parteien, die mit ihrer Umverteilungspolitik zum Vorteil einer kleinen Minderheit auf Kosten der Großen Mehrheit, des Gemeinwesens und der Volkswirtschaft als Ganzes den Nährboden geschaffen haben, auf dem die AfD wachsen konnte.
– Oder glaubt irgendjemand ernsthaft, eine nennenswerte Zahl von Bürgern würde die AfD wählen,wenn die Löhne und Gehälter seit Kohl-Genscher und extremst von Schröder-Fischer nicht vom Wirtschaftswachstum abgekoppelt und kein Niedriglohnsektor geschaffen, es keinen Riesterrentenbetrug, keine „alternativlosen Sparmaßnahmen“ zur Gegenfinanzierung der Steuergeschenke für „oben“ und keine Kostenexplosionen im Zuge der rot-grünen und schwarz-roten Privatisierungspolitik gegeben hätte? Es sind die „Demokraten“, hinter denen wir uns jetzt gegen die AfD versammeln sollen, die mit der Zerstörung der urdemokratischen Prinzipien von Gleichheit und Gerechtigkeit und der Umkehr des sozialstaatlichen Grundsatzes, dass starke Schultern mehr tragen als schwache, und mit ihrer Kungelei hinter verschlossenen Türen, ihren ewig gebrochenen Wahlversprechen und und und, die Demokratie nicht nur gefährden, sondern in eine Plutokratie verwandelt haben. Dem Weiter-so dieser Politik verweigern sich jetzt immer Menschen, absehbar die Mehrheit. Zum einen durch Wahlverweigerung und zunehmend durch Protestwahl. Mangels einer tatsächlichen Alternative erfährt die AfD bei uns, in Frankreich der Front National und in den USA ein Trump einen Massenzulauf, der mit Sicherheit nicht die Demokratie gefährdet, aber die Pfründe und Machenschaften derjenigen, die sie bereits bis zur Unkenntlichkeit ausgehöhlt und verzerrt haben. Sie nutzen das einzige verbliebene demokratische Element, das ihnen geblieben ist, um denen, die ihre existentielle Not produziert haben, einen „Denkzettel“ zu verpassen. Aber anstatt umzusteuern und ihrer demokratischen Verantwortung als vom Volk Gewählte gerecht zu werden, behaupten sie und ihre Fürsprecher, die AfD sei Schuld und würde die Demokratie gefährden, als Teil der – neoliberalen – Propaganda fürs Weiter-so.
Natürlich ist es die AfD, die die Demokratie von rechts bedroht. Keine der demokratischen Parteien würde auf Flüchtlinge schießen lassen, um nur ein Beispiel zu nennen.
Herr Brandt, es ist leider ein beliebter Fehler, den Linke wie Sie immer wieder machen, wenn sie alles und jeden auf ökonomische Ursachen zurückführen. Ich bin zwar Ihrer Meinung, dass wir bei der Umverteilung umsteuern müssen. Aber ich glaube nicht, dass das der einzige Grund oder auch nur der ausschlaggebende Grund für das Erstarken der Rechtspopulisten ist. In der deutschen Gesellschaft gab es schon immer einen braunen Bodensatz. Auch in der westdeutschen. Die Mitte-Studie aus Leipzig hat für 2016 ergeben, dass 5,4 Prozent der Deutschen ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild haben. Diese Zahl ist in den vergangenen Jahren seit 2002 stetig gesunken. Da waren es noch 9,7 Prozent. Das widerspricht Ihrer Darstellung, dass es an der Umverteilung liegt, denn in demselben Zeitraum ist die Schere zwischen Arm und Reich ja immer weiter aufgegangen. Die Mitte-Studie ist zwar nicht unumstritten, aber aus der Luft gegriffen sind die Zahlen ja wohl nicht. Alle Indikatoren, auch die Ausländerfeindlichkeit, sind 2016 gemäßigter als 2002. Das können Sie hier nachlesen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Mitte-Studien#Ergebnisse
Ich bitte das richtig zu verstehen. Damit möchte ich die Rechtsextremen nicht verharmlosen. Ich will damit nur sagen dass es allein an wirtschaftlichen Gründen nicht liegen kann, dass die Populisten solchen Zulauf haben. Da muss noch mehr passiert sein. Deswegen geht Ihr Kommentar am wesentlichen vorbei.
Mein Verdacht ist, dass die Leute durch die Hetze im Netz aufgepeitscht werden. Es ist ja teilweise nicht auszuhalten, was heutzutage im Netz gepostet wird, ohne dass jemand eingreift. Facebook ist nur eine von vielen Plattformen, auf denen man lange schreiben konnte, was man wollte, und wenn es blanker Hass war. Das wird sich nun hoffentlich ändern. Es gibt erste Verurteilungen wegen solcher Hassprediger. Es ist, als wäre eine Meute entfesselt worden. Dabei bekommen einzelne Stimmen ein größeres Gewicht, als sie verdienen, und häufig sind es auch nur wenige Typen, die einfach nur laut genug herumschreien und sich Gehör verschaffen. Und denen laufen dann alle hinterher. Das konnte man gut bei „Pegida“ beobachten. Da gab es ein paar wortgewandte Einpeitscher (Bachmann, Festerling u.a.), aber die große Masse brachte teilweise kein einziges klares Wort heraus. Das sind Leute, die das Gefühl haben dass endlich mal jemand die Wahrheit sagt. Diesen Rattenfängern laufen sie dann hinterher. Mindestens genauso wichtig als ein Umsteuern bei der Umverteilung ist es also, das Internet in den Griff zu bekommen.
Und noch was: Herr Brandt, es gibt in Deutschland keine „existenzielle Not“. Das ist ein Kampfbegriff ultralinker Einpeitscher. Ich hoffe, dazu gehören Sie nicht. Es gibt in Deutschland Armut, das ist richtig. Zu viel Armut. Aber keine existenzielle Not. Jedem Deutschen steht im Zweifelsfall Grundsicherung zu. Die Grundsicherung (Hartz IV) ist umstritten und knapp bemessen. Sie ist eben nur, wie das Wort lautet: eine Grundsicherung. Existenzielle Not ist etwas ganz anderes. Schauen Sie nach Aleppo, wo die Bomben fallen, oder nach Äthiopien, wo Dürre herrscht und die Menschen hungern. Von existenzieller Not in Deutschland zu reden bedeutet, die wahre existenzielle Not zu verharmlosen.
Ich wünsche Frank-Walter Steinmeier ein gutes Händchen bei der Amtsführung. Er wird in einer Zeit Bundespräsident, in der wir einen kühlen Kopf an der Spitze dringend brauchen.
Der Kommentar führt die Mittel vor Augen, mit denen das neoliberale System die erreichten „Erfolge“ verteidigt:
Wer die Billionen schwere Umverteilung aus den Arbeitseinkommen in die Unternehmensgewinne kritisiert, wird herabsetzend als „Linke wie Sie“ angesprochen. In den USA wäre jemand, der argumentative Wirkungstreffer erzielt, als „Kommunist“ diskreditiert worden.
Weiter unten wird behauptet, der Begriff „existentielle Not“ sei ein „Kampfbegriff ultralinker Einpeitscher“. Wer sich also nicht als „ultralinker Einpeitscher“ entblößen will, darf diesen Begriff auf keinen Fall verwenden, verknüpft mit dem anmaßenden „Ich hoffe, dazu gehören Sie nicht.“ – Es wird nicht nur ein Begriff belehrend tabuisiert, sondern unterschwellig damit gedroht, im Wiederholungsfall mit „ultralinker Einpeitscher“ betitelt zu werden.
Zum Vergleich: Als Saarlands CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer im Vorwahlkampf 2013 laut über eine Wiedererhöhung des Spitzensteuersatzes auf 53 Prozent nachdachte (allerdings ohne die von Rot-Grün zum Vorteil der Spitzenverdiener extrem aufgeweiteten Progressionsstufen zurücknehmen zu wollen), erklärte SPD-Chef Sigmar Gabriel: „Solche linksradikalen Forderungen stellen in der SPD nicht mal mehr die Jungsozialisten.“ i
Die nachfolgende Behauptung, es gäbe „in Deutschland keine existenzielle Not“, beschreibt exakt die Basis der „demokratischen“ Parteien, auf der diese nachzuweisen versuchen, dass die Menschen, die nach der Wahlverweigerung zunehmend die AfD wählen, sich lediglich „abgehängt fühlen“, während es ihnen in Wirklichkeit gut geht.
Verbunden mit der nächsten Belehrung: „Existenzielle Not ist etwas ganz anderes. Schauen Sie nach Aleppo, wo die Bomben fallen, oder nach Äthiopien, wo Dürre herrscht und die Menschen hungern. Von existenzieller Not in Deutschland zu reden bedeutet, die wahre existenzielle Not zu verharmlosen.“ – Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Auf die – noch schlimmere – existentielle Not woanders zu verweisen, bedeutet die existentielle Not hier zu verharmlosen.
Um zu belegen, dass es in Deutschland keine existentielle Not gibt, wird auf die „Grundsicherung“ verwiesen. Das Ausmaß der damit bewiesenen Realitätsverweigerung kann u.a. in der Novemberausgabe des SoVD, Sozialverband Deutschland nachgelesen werden. Die Überschriften lauten: „Und davon soll ich leben? – Von wegen Grundsicherung – Existenzminimum willkürlich kleingerechnet“. Auf Seite zwei lauten die Überschriften u.a.: „Armut als Bezugsgröße; Hartz IV reicht nicht für Strom“.
Hilfreich wäre auch, ein Gespräch mit jemanden zu führen, der „Dank“ der „Agenda-Reformen“ entlassen wurde und das „Glück“ hatte, zumindest als Leiharbeiter oder Werkvertragler mit einer Einkommensreduzierung von 1000 oder 1500 Euro wieder eingestellt zu werden und nicht mehr weiß, wie er Miete und Nebenkosten, Abgaben und Versicherungen bezahlen soll, der nachts nicht mehr schlafen kann und krank wird und jeden Tag vor der sofortigen Entlassung und Hartz IV steht. Der in der Folge zu den mittlerweile 10 Prozent Überschuldeten gehört und keinen Kredit mehr hat und als Pendler weder die nächste Autoreparatur und neue Reifen noch neue Kleidung für seine Kinder und deren Teilhabe am Leben der Freunde und Klassenkameraden bezahlen kann. Und kommen Sie mir nicht mit dem Hinweis, diese Leute bräuchten kein Auto und können sich auf einer Altkleidersammelstelle umsonst sogar Markenkleidung aussuchen.
Die Grundsicherung soll Teilhabe ermöglichen und nach unserer Verfassung ein Leben in Würde gemessen an unseren Maßstäben garantieren. Diese Würde haben SPD und Grüne und nachfolgend CDU/CSU mit der FDP und CDU/ CSU und SPD unter Merkel-Gabriel Millionen Menschen genommen, die gezielt zu Niedriglöhnern und nachfolgend zu Sozialhilfeempfängern ohne ausreichende Grundsicherung degradiert wurden, mit der einzigen Lebensperspektive auf bedrückende Armut und Altersarmut, zusätzlich befördert durch den rot-grünen Riesterrentenbetrug. Alles und allein, um die Reichen noch reicher zu machen.
Um diese, für ein so reiches Land wie Deutschland unerträglichen, gegen alle Prinzipien und Gesetze des demokratischen und sozialen Rechtsstaates verstoßenden Zustände zu verteidigen, äußern Sie den „Verdacht“, „die Leute“, die zur AfD laufen, seien lediglich „durch die Hetze im Netz aufgepeitscht“ und würden „den Rattenfängern“ „hinterher laufen“.
Anschließend werden die AfD-Wähler mit Pegidaanhängern gleichgesetzt, verbunden mit der nicht mehr zu überbietenden Arroganz und Anmaßung, es seien ja sowieso alles nur Dummis, etwas wie Untermenschen, wie man angeblich bei den Pegidaveranstaltungen sehen konnte: „Da gab es ein paar wortgewandte Einpeitscher (Bachmann, Festerling u.a.), aber die große Masse brachte teilweise kein einziges klares Wort heraus. Das sind Leute, die das Gefühl haben dass endlich mal jemand die Wahrheit sagt. Diesen Rattenfängern laufen sie dann hinterher.“
So einfach ist das. Und dann wünschen Sie ihrem mutmaßlichen Parteifreund, einem der Hauptverantwortlichen für die existentielle Not von Millionen, für Massenarbeitslosigkeit und wirtschaftliche Stagnation durch die damit zerstörte Kaufkraft und Nachfrage, ein „gutes Händchen bei der Amtsführung. Er wird in einer Zeit Bundespräsident, in der wir einen kühlen Kopf an der Spitze dringend brauchen.“ – Genau: Mit diesem „kühlem Kopf“ und seinem „guten Händchen“, hat Herr Steinmeier diese „Zeit“ mitgeschaffen, indem er die ureigene Klientel der „deutschen Arbeiterpartei“ an die Arbeitgeber zur maximal möglichen Ausbeutung auslieferte.
Und wer dies kritisiert, wird als „ultralinker Einpeitscher“ diffamiert, um zu verhindern, dass dieser wohlmöglich demnächst als „Rattenfänger“ vor Dummis auftritt, die nicht begriffen haben, wie gut es ihnen unter Leuten wie Steinmeier geht. – Und Sie behaupten, die AfD würde „natürlich“ die Demokratie von „rechts“ gefährden, so als sei dies ein Naturgesetz. Kann es sein, dass die Hand, die mit dem Finger auf diejenigen zeigt, die Ihre Machenschaften stören, mit mindestens drei Fingern auf Sie selber verweist?
Glückwunsch, Herr Brandt, zu dieser für den heutigen Sonntag sehr frühen Replik zu Herrn Briem. Auch ich muß vermerken, das diese „Friede-Freude-Eierkuchen“-Politik, wie sie von der Groko betrieben wird, nur den Rechten der AfD in die Hände spielt. Unsere Vermögenden und die Oligarchen, welche die Wirtschaft bestimmen, reiben sich doch nur die Hände über diese, scheinbar alternativlose, Unterstützung der Schröder-Riester-Steinmeier-Fischer-Politik, Diese sind fein raus, weil wie immer nie und nimmer Schuld an gar und nix.
Das Problem scheint zu sein, schon seit geraumer Zeit, das (nicht nur) bei uns die Wirtschaft der Politik sagt, wo es lang zu gehen hat. Und das merken sogar die mit nur Volksschul-Abschluß, und wählen dann die AfD. Die Linke ist in sich selbst zerstritten, träumt in weiten Teilen von rot-rot-grün und Menschen wie Wagenknecht und Lafontaine gelten als Außenseiter oder angebliche Querfrontler.
Ich befürchte, das wir alle, (ich vielleicht weniger), nächstes Jahr nach den Wahlen im September ein böses Erwachen haben werden mit einer AfD, welche drittstärkste oder sogar zweitstärkste Partei wurde, und dann wieder literweise Krokodilstränen von den etablierten Parteien, vor allem der SPD, geweint werden.
Aber vielleicht kriegen wir ja auch Jamaika, mit schwarz-gelb-grün. Passt scho‘, vor allem im Hinblick auf 2021, weil dann Petry & Co. sich auf den ersten Platz freuen dürfen.
@H. Brandt und W. Fladung
Sie behaupten beide, dass die AfD hauptsächlich aus ökonomischen Gründen gewählt wird. Die Umfragen zeigen jedoch, dass die Wähler aus allen Schichten kommen und mit überwältigender Mehrheit aussagen, dass sie die Partei wegen der Flüchtlingspolitik wählen. Das passt irgendwie nicht zu Ihren Thesen. Vielleicht könnten Sie ihre Meinungen mit Fakten unterlegen.
@W. Fladung
2013 wird die Linke die SPD überflügeln (das Orakel W. Fladung im Jahre 2008) und 2021 überflügelt die AfD alle (sagt das gleiche Orakel 2016).
Wer auf Dauer ernst genommen werden will, sollte nicht orakeln.
So wird es wohl kommen. Es sei denn, dass sich zuvor doch noch die dringend benötigte, tatsächlich demokratische Partei und damit eine für alle Bürger wählbare Alternative zu den neoliberalen Umverteilern von Schwarz bis Grün bildet, einschließlich der Linken, sobald sie mitregieren oder selbst regieren. – Gäbe es diese Partei bereits, hätte sie sicher gute Chancen, die Bundestagswahlen zu gewinnen.
Es ist schon ein wenig interessant, was Sie da sehr wortreich schreiben, Herr Brandt. Am interessantesten ist aber die Bestätigung, dass Linke dazu neigen, wenn man sie in die Ecke drängt, wieder und wieder und immer wieder dasselbe zu schreiben. Ihr ganzer langer Kommentar vom 20.11. und 6:24 Uhr ist im Grund nichts weiter als eine Wiederholung des Kommentars vom 17.11. um 20:13 Uhr. Ich stelle mich schon mal darauf ein, dass Sie auch in Ihrem nächsten Kommentar wiederholen werden, dass Hartz IV zu wenig ist und schikanös ist — was ich ja gar nicht bestritten habe. Ich bin schon gespannt auf die sprachlichen Variationen, die Sie sich sicher einfallen lassen werden. Falls Ihnen nichts einfällt, können Sie ja mal ältere Kommentare von Wolfgang Fladung nachlesen. Der hat das ganz ähnlich gemacht. Zum Glück inzwischen nicht mehr. Das wird Sie sicher inspirieren. Wobei ich aber zugebe, dass Sie der geschicktere Schreiber sind. Herr Fladung hat meist einfach dasselbe noch einmal geschrieben. Sie variieren immerhin ein bisschen. Aber auf Dauer wird das trotzdem langweilig.
Ich bleibe dabei: Ich halte es für verfehlt, das Erstarken von Rechtspopulisten allein auf ökonomische Ursachen zurückzuführen. Das mag eine beliebte Masche von Linken sein. Mir greift das zu kurz.
Was Hartz IV betrifft, möchte ich noch ausführen, dass die Zahl der Empfänger von 2009 bis 2016 um 550.000 gesunken ist. Wie meine Zahlen über die Entwicklung bei den Rechtsextremen, auf die ich in meinem vorigen Kommentar bezogen habe, widerspricht auch die Entwicklung bei den Hartz IV-Empfängern Ihrer Anschauung, dass das Erstarken der Rechtspopulisten mit „existenziellen Nöten“ — die es in Deutschland nicht gibt! — zu tun haben soll. Trotzdem bin ich dafür, die Situation der Empfänger von Grundsicherung zu verbessern und mit den Schikanen aufzuhören.
Mit anderen Worten: Sie haben nichts in der Hand, Herr Brandt, außer Ihren Vermutungen. Dies allerdings sehr wortreich und mit viel Ausschmückung.
Nein, Herr Brandt, die Populisten lassen sich nicht allein mit Hartz IV erklären. Wir sollten nach den eigentlichen Ursachen suchen. Dabei ist Ihr Kommentar allerdings eher hinderlich, weil Sie gerade da, wo es darauf ankommt, wegsehen. Ich bin der Meinung, dass es an einem Prinzip liegt, dass man auch als „Freie Bahn für freie Bürger“ bezeichnen könnte. Das Internet bietet viel zu viel Raum für Hassparolen, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden. Hetzer nutzen diese Freiräume für ihre Zwecke, und viele Menschen laufen ihnen hinterher. Es ist bestimmt kein Zufall, dass die AfD gerade im Osten zuletzt besonders hohe Zahlen geholt hat. In der DDR hat ja praktisch keine Aufarbeitung der braunen Vergangenheit stattgefunden. Deswegen halte ich es für zwingend notwendig, dem Internet Regeln zu geben, die verhindern dass weiter in dieser Weise gehetzt werden kann.
Ach ja, entschuldigen Sie, Herr Brandt, aber ich kann mir nicht verkneifen, noch einen Satz von Ihnen auseinander zu nehmen. Er hat mir besonders gut gefallen.
„Und wer dies kritisiert, wird als „ultralinker Einpeitscher“ diffamiert, um zu verhindern, dass dieser wohlmöglich demnächst als „Rattenfänger“ vor Dummis auftritt, die nicht begriffen haben, wie gut es ihnen unter Leuten wie Steinmeier geht.“
Ich verhindere gar nichts. Ihr Kommentar beweist das. Der einzige, der verhindert, dass Sie demnächst als Rattenfänger vor lauter Dummis auftreten, sind Sie selbst, weil Sie sich um Kopf und Kragen reden und die wirklichen Probleme nicht erkennen. Und unter Steinmeier ging es niemals jemandem gut oder schlecht. Steinmeier war nie Bundeskanzler.
Gute Nacht.
Aktuell schlägt für den russischen Präsidenten, vor allem außenpolitisch, die Gunst der Stunde. Warten auf einen besseren Augenblick wäre für die eigenen interessengeleiteten Ambitionen nachlässig und würde Putins machtstrebenden Sinn widersprechen. Es existiert für ihn keine bessere Gelegenheit als jetzt, dass Russland als ein gleichberechtigter, strategischer Global Player aufsteigt. Für Putin würde insgesamt ein „geopolitischer Traum“ in Erfüllung gehen, hält er sich doch, vor allem gegenüber den unerfahrenen und dadurch schwachen Trump, für den wahren Gerechten auf dem alles ruht bzw. vertritt er die Ansicht, dass ohne ihn alles auseinanderfallen würde. Der neue Kremlideologe Wolodin formulierte es folgendermaßen: „Putin – das ist Russland. Mit Putin steht und fällt Russland.“ Trump hat in seinem Wahlkampf mehrere indirekte Zugeständnisse an Putin gerichtet. Sollte Trump diese nicht umsetzen, bestätigt dies für Putin einmal mehr den Eindruck einer süffisanten Doppelzüngigkeit der Amerikaner sowie würde es den endgültigen tektonischen Bruch beider Großmächte und eine zunehmende Radikalisierung der regionalen Konflikte um dessen Vormachtstellung in der internationalen Arena bedeuten. Im schlimmsten Fall könnte ein Machtkampf auf drei Ebenen ausgetragen werden: Erstens auf politischer Ebene: Autoritarismus vs. Demokratie; Zweitens auf geopolitischer Ebene: Multipolarität vs. Pax Americana; Drittens auf ideologischer Ebene: Sozialismus vs. Kapitalismus. Fakt ist: Entweder Putin steigt auf Augenhöhe im anzuerkennenden Konzept der Multipolarität auf oder er wird seine zukünftigen Interventionen machtpolitisch, durch den Wortbruch Trumps, legitimieren und den Zerfall des westlichen Staatenbündnisses sukzessive provozieren wollen. Das Einzige was Trump und Putin eint ist erstens: ihre Unberechenbarkeit, wobei Trumps Unberechenbarkeit aus mangelnder Erfahrung und Putins aus ausreichender enttäuschter Erfahrung gegenüber den Westen resultiert, zweitens: ihr Pragmatismus und drittens: ihre konservative Agenda. Der neue Populismus in beiden Ländern ist die insgesamt sehr populäre, traditionelle und konservative Wertevorstellung in der Politik. Doch darin könnte gleichzeitig ein immanentes Gefahrenpotenzial für beide Präsidenten bestehen. Die richtungsweisenden populistischen Aspirationen müssen immer mit einer unsentimentalen Analyse der geopolitischen Faktoren und den strategischen Elementen der Politik berücksichtigt werden, die den Gegebenheiten zugrunde liegen. Trump muss ein Land von Florida bis Alaska bzw. Putin von Kaliningrad bis Kamtschatka irgendwie zusammenhalten, dass nach Sprachen, Ansichten und Lebensgewohnheiten so vielfältig ist. Ein Schritt zu weit nach rechts oder zu weit nach links und die Macht ist dahin. Extreme Veränderungen könnten letztlich den inneren Zusammenhalt ihres jeweiligen Landes gefährden und einen fatalen Zustand von Chaos generieren. Außenpolitisch müssten Russland und die USA zu einer „pragmatischen Kooperation zu beiderseitigem Nutzen zurückkehren“, so beschrieb es der Kremlsprecher Dimitri Peskow. Ob beide Länder wirklich dazu bereit sind bestimmte geopolitische Privilegien, zugunsten einer internationalen Kooperation, einzubüßen ist die weitaus entscheidendere Feststellung.
Herr Briem, noch so viel zu Ihren nicht weiter diskussionsfähigen Beiträgen: Es sind doch Sie, der argumentativ in „die Ecke gedrängt“ wurde. In dem Moment, wo Ihnen die Argumente fehlten, haben Sie jede sachliche Ebene verlassen und nach dem Versuch, anderen Vorschriften über begriffliche Verwendungen zu machen, greifen Sie zum Mittel der „psychologischen Analyse“, versuchen es mit Ironisierung und Lächerlichmachung und maßen sich an, Bewertungen über Mitdiskutanten auszuteilen. Und nicht nur das. Nach den unterschwelligen Drohungen kündigen Sie Konsequenzen an. Wer sind Sie eigentlich oder glauben Sie zu sein? Und in welchem System leben wir bzw. Sie gedanklich eigentlich, wenn Sie meinen, ich würde mich „um Kopf und Kragen reden“? Ist es schon wieder so weit, dass einem Sachverhalte und Worte so hingedreht werden, wie das Establishment es braucht, um kritische Bürger mundtot zu machen oder gar um ihre Existenz zu bringen, wie Sie unverhohlen angekündigen? Da Sie mich bisher lediglich als „Linke wie Sie“ in die Schublade gesteckt haben, die Sie für die Aufrechterhaltung Ihrer weltfremden Deutungsidee benötigen, und noch nicht als „ultralinker Einpeitscher“ beschimpft haben, ist Ihnen entgangen, dass ich mich mit dem Satz, den Sie glauben auch „noch auseinandergenommen“ zu haben, gar nicht selber gemeint haben kann. Und wenn, wäre das doch wohl mein bürgerliches Recht. Oder haben wir schon wieder die Verhältnisse, die Sie zu bekämpfen vorgeben?
Weiter habe ich „unter Leuten wie Steinmeier“ geschrieben, womit wohl eindeutig Schröder, Merkel und Gabriel gemeint sind. Und auch Steinmeier als Minister. Denn wenn Herr Steinmeier Minister ist, ist er auch Mitglied des Kabinetts, das die politischen Entscheidungen gefasst hat, die nachfolgend von Bundestag und Bundesrat abgesegnet wurden. Und damit ist auch Herr Steinmeier voll mitverantwortlich für die heutige Situation einer durch diese politischen Entscheidungen zutiefst in zunehmend Arm und zunehmend exorbitant Reich gespaltenen Gesellschaft sowie für einen überschuldeten Staat, der immer weniger in der Lage ist, selbst die elementarsten Aufgaben staatlicher Daseinsvorsorge ausreichend zu erfüllen – und für die daraus erwachsenden Reaktionen der immer drastischer Geschröpften und Ausgebeuteten, die Sie – aus durchsichtigen Motiven – auf „braune Gesinnung“ reduzieren möchten.
@ Stefan Briem
Es ist immer wieder amüsant, zu beobachten, wie unsachlich und pesönlich verletzend Sie werden, sobald es jemand wagt, an „Ihrer“ SPD Kritik zu üben. Die Begriffe, die Sie verwenden (z.B. „ultralinke Einpeitscher“), erinnern mich lebhaft an die Argumentationsweise der Konservativen in den 1960er Jahren, die jedem, der es damals wagte, Kritik der CDU-Republik Deutschland und dem Vietnamkrieg anzumelden, gebetsmühlenartig antworteten: „Wenn es dir hier nicht passt, dann geh doch rüber!“, womit natürlich die DDR gemeint war.
Sicher äußert sich Herr Brandt in seinem gerechten Zorn über den Sozialabbau in den letzten 20 Jahren zum Teil etwas überspitzt. Aber Ihre Gegenargumente überzeugen wenig. Wenn die Armen und Alten bei uns wirklich ihr Auskommen hätten, dann frage ich mich, warum es so viele „Tafeln“ gibt und warum ich regelmäßig an die FR-Altenhilfe spenden muss, wenn das anscheinend gar nicht nötig ist. Und warum und wie hat sich eigentlich die rechte Hetze in den 1930er Jahren verbreitet, obwohl es da noch kein Internet gab? Ich fürchte, da machen Sie es sich wirklich zu einfach. Auch damals waren es Not und Verunsicherung, die die Wähler den rechten Rattenfängern in die Arme trieben, und keine sogenannten „sozialen Netzwerke“.
@ Heidger Brandt
In einem muss ich Ihnen, Herr Brandt, allerdings widersprechen. Wer sich das Wahlprogramm der AfD wirklich ansieht und dann immer noch glaubt, in dieser Partei die Lösung der sozialen Probleme unseres Landes zu finden, ist wirklich, es tut mir leid, so hart urteilen zu müssen, ein Dummi. Das trifft ebenfalls auf die Trump-Wähler zu, die ernsthaft meinen, einem so skupellosen und ausbeuterischen Geschäftsmann wie Trump gehe es um das Gemeinwohl und die Rettung der sozial Abgehängten.
Nachtrag zu Stefan Briem
Sie mokieren sich über Heidger Brandts Formulierung „unter Steinmeier“ und argumentieren damit, dass Steinmeier nie Bundeskanzler war. Merkwürdig! Ich ging immer davon aus, dass die Verantwortung für eine bestimmte Politik nicht nur in den Händen des Regierungschefs/der Regierungschefin läge, sondern dass er/sie ein Team mit seinen/ihren Ministern bildete und dass auch diese mitverantwortlich für die Regierungspolitik seien. Da hat unser Finanzminister Schäuble also keinen Anteil am Umgang mit der Finanzkrise und Wirtschaftsminister Gabriel hat nichts mit Ceta und TTIP zu tun? Alles allein Merkels Werk? Interessante Sichtweise!
Aktuell schlägt für den russischen Präsidenten, vor allem außenpolitisch, die Gunst der Stunde. Warten auf einen besseren Augenblick wäre für die eigenen interessengeleiteten Ambitionen nachlässig und würde Putins machtstrebendem Sinn widersprechen. Es existiert für ihn keine bessere Gelegenheit als jetzt, dass Russland als ein gleichberechtigter, strategischer Global Player aufsteigt. Für Putin würde insgesamt ein „geopolitischer Traum“ in Erfüllung gehen, hält er sich doch, vor allem gegenüber dem unerfahrenen und dadurch schwachen Trump, für den wahren Gerechten, auf dem alles ruht bzw. vertritt er die Ansicht, dass ohne ihn alles auseinanderfallen würde. Der neue Kreml-Ideologe Wolodin formulierte es folgendermaßen: „Putin – das ist Russland. Mit Putin steht und fällt Russland.“
Trump hat in seinem Wahlkampf mehrere indirekte Zugeständnisse an Putin gerichtet. Sollte Trump diese nicht umsetzen, bestätigt dies für Putin einmal mehr den Eindruck einer süffisanten Doppelzüngigkeit der Amerikaner. Es würde den endgültigen tektonischen Bruch beider Großmächte und eine zunehmende Radikalisierung der regionalen Konflikte um dessen Vormachtstellung in der internationalen Arena bedeuten. Im schlimmsten Fall könnte ein Machtkampf auf drei Ebenen ausgetragen werden: Erstens auf politischer Ebene: Autoritarismus vs. Demokratie; zweitens auf geopolitischer Ebene: Multipolarität vs. Pax Americana; drittens auf ideologischer Ebene: Sozialismus vs. Kapitalismus.
Fakt ist: Entweder Putin steigt auf Augenhöhe im anzuerkennenden Konzept der Multipolarität auf oder er wird seine zukünftigen Interventionen machtpolitisch durch den Wortbruch Trumps legitimieren und den Zerfall des westlichen Staatenbündnisses sukzessive provozieren wollen. Das Einzige was Trump und Putin eint ist erstens: ihre Unberechenbarkeit, wobei Trumps Unberechenbarkeit aus mangelnder Erfahrung und Putins aus ausreichender enttäuschter Erfahrung gegenüber den Westen resultiert, zweitens: ihr Pragmatismus und drittens: ihre konservative Agenda. Der neue Populismus in beiden Ländern ist die insgesamt sehr populäre, traditionelle und konservative Wertevorstellung in der Politik. Doch darin könnte gleichzeitig ein immanentes Gefahrenpotenzial für beide Präsidenten bestehen. Die richtungsweisenden populistischen Aspirationen müssen immer mit einer unsentimentalen Analyse der geopolitischen Faktoren und den strategischen Elementen der Politik berücksichtigt werden, die den Gegebenheiten zugrunde liegen. Trump muss ein Land von Florida bis Alaska bzw. Putin von Kaliningrad bis Kamtschatka irgendwie zusammenhalten, dass nach Sprachen, Ansichten und Lebensgewohnheiten so vielfältig ist. Ein Schritt zu weit nach rechts oder zu weit nach links und die Macht ist dahin. Extreme Veränderungen könnten letztlich den inneren Zusammenhalt ihres jeweiligen Landes gefährden und einen fatalen Zustand von Chaos generieren. Außenpolitisch müssten Russland und die USA zu einer „pragmatischen Kooperation zu beiderseitigem Nutzen zurückkehren“, so beschrieb es der Kremlsprecher Dimitri Peskow. Ob beide Länder wirklich dazu bereit sind bestimmte geopolitische Privilegien, zugunsten einer internationalen Kooperation, einzubüßen ist die weitaus entscheidendere Feststellung.
@ Heidger Brandt – Stefan Briem
Zur Erinnerung: Das Thema des Threads lautet „Gemeinsam gegen rechte Populisten“.
Mit Verlaub: Ich kann das, was Sie beide hier abziehen, diesen Mischmasch aus Besserwisserei und Demonstration persönlichen Beleidigt-Seins nur noch als peinlich empfinden. Und es erinnert mich an verbohrtes sektiererisches Hick-Hack zu Zeiten der Studentenbewegung. Die daran Beteiligten haben inzwischen aber etwas hinzugelernt.
Zur These von der „existentiellen Not“ als vermeintlicher Hauptursache für „Pegida“ und AfD (Heidger Brandt, 17.11.,20:13):
– Um ein Gespür dafür zu bekommen, wann der Begriff „existentielle Not“ angemessen ist, empfehle ich eine Beschäftigung etwa mit der gegenwärtigen Situation in Aleppo, wie im Artikel der FR von heute beschrieben:
http://www.fr-online.de/syrien/syrien-krieg–sie-wollen-aleppo-ausradieren-,24136514,34951966.html
Auch Kennenlernen von Flüchtlingen, die z.B. verschiedene Massaker überlebt haben, kann da weiterhelfen. (Einen solchen „Wirtschaftsflüchtling“ aus Afghanistan namens Hafeez habe ich andernorts bereits vorgestellt. Monatelang kaum ansprechbar, arbeitet er inzwischen aktiv in meiner Theater-AG mit und hilft auch bei Amnesty-Aktionen aus.)
Auch Erinnerung kann evt. nützlich sein: Als Jüngster einer 8-köpfigen vaterlosen Flüchtlingsfamilie habe ich selbst nach dem Krieg 10 Jahre lang mit der ganzen Familie in einem einzigen Raum gelebt – ohne dass mir je in den Sinn gekommen wäre, von „existentieller Not“ zu sprechen. – Vielleicht ein Grund, warum ich die Verwendung solcher Begriffe zu ideologischen oder propagandistischen Zwecken als Beleidigung für diejenigen empfinde, für die das tatsächlich zutrifft.
Zu rechtspopulistischen „Alternativen“:
– Um keine falschen Schlüsse aufkommen zu lassen: Natürlich ist das, was sich in einem reichen Land wie die BRD in Sachen „Umverteilung von unten nach oben“ tat und noch tut, schlichtweg eine Sauerei und Grund zu Empörung. Und es schreit nach Konsequenzen. – Aber ein Grund, nationalistischen Rattenfängern nachzurennen? Und für Verharmlosung desselben als „Massenzulauf, der mit Sicherheit nicht die Demokratie gefährdet“, wie Heidger Brandt hier rundweg behauptet? – Der Programmparteitag der AfD vom Mai etwa spricht da eine ganz andere Sprache:
http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/nach-programmparteitag-so-radikal-will-die-afd-deutschland-umbauen-14210980-p3.html?printPagedArticle=true#pageIndex_3
Und wo, bitteschön, sind hier die Vorstellungen und Initiativen zur Lösung des Gerechtigkeitsproblems durch die selbsternannten „Retter der Entrechteten“? Dispensiert Armut von eigenem Denken, von Bemühung darum, wer die eigenen Interessen tatsächlich wahrnehmen könnte?
Zur Anfälligkeit für Populismus:
Eine Zwölf-Länder-Erhebung des britischen Instituts YouGov stellt dazu fest:
(http://www.fr-online.de/politik/-yougov—studie–deutsche-sind-weniger-anfaellig-fuer-populismus-,1472596,34953444.html)
„Populistische Ideen seien in Deutschland eher für Menschen mit einem mittleren Bildungsniveau attraktiv als für weniger gebildete.“ Und weiter: „Als empfänglich für populistische Positionen definiert die Studie jene Menschen, die bestimmte Grundüberzeugungen teilen: eine ablehnende Haltung zur EU, generelle Vorbehalte gegen Einwanderung in ihr Land, eine kritische Haltung gegenüber der gängigen Formulierung der Menschenrechte sowie eine Präferenz für eine robuste, auf nationale Interessen fokussierte Außenpolitik.“
Alles Punkte, die auf Suche nach Sündenbocken verweisen bzw. auf Flucht in eine vorgegaukelte Identität „nationaler Stärke“. Von einer Automatik, dass soziale Benachteiligung zwangsläufig in Präferenz für Rechtspopulismus umschlagen müsse, ist hier nicht die Rede.
Und zu Fragen, um die sowohl SPD wie Linke sich herumzudrücken suchen:
– Warum laufen diesen Parteien, die beide „soziale Gerechtigkeit“ auf ihre Fahnen geschrieben haben, in Scharen die Wähler (nicht nur, aber auch) aus sozial benachteiligten Schichten davon – und zwar beiden Parteien? Wo ist dazu die ehrliche, schonungslose Analyse? Das Aufzeigen einer Perspektive statt gegenseitiger Schuldzuweisungen und Schlagen der Schlachten von gestern (Agenda 2010 u.a.)? Die Analyse des Versagens auch der Linken, als einer Partei, die als „Protestpartei“ prädestiniert schien, berechtigte „Wut“ aufzufangen, zu kanalisieren für zukunftsorientierte Projekte? Die offenbar auch nichts anderes mehr anzubieten hat als ideologische Phrasen oder (schlimmer noch) Anbiederung an rechtspopulistische Phrasen (Wagenknecht, Lafontaine), welche sozial Benachteiligte gegen Menschen auszuspielen suchen, die noch weit schlimmer dran sind?
Selbstkritische Analysen dazu wären hier wohl am Platze und müssten Menschen, die das eigene Denken noch nicht an die Wut im eigenen Bauch (ob berechtigt oder nicht) delegiert haben, nicht peinlich berühren.
Zu Brigitte Ernst vom 21. November 2016 um 9:51 und Henning Flessner vom 20. November 2016 um 20:05
Zunächst vielen Dank, Frau Ernst, für Ihre hilfreichen Einwürfe von „außen“.
Vielleicht hätte auch ich an der einen oder anderen Stelle deeskalierend wirken können, indem ich auf die eine oder andere Äußerung, die möglicherweise gar nicht so provokativ bzw. persönlich verletzend gemeint war, anders reagiert hätte, so dass es sich leider immer weiter hochgeschaukelt hat. (Ebenso hatte ich übrigens in meinem vorausgehenden Kommentar auf die gleiche Weise auf den Sachverhalt zu „unter Steinmeier“ hingewiesen.:))
Es überrascht mich jedoch, dass Sie annehmen, ich würde meinen, die AfD würde Lösungen anbieten. Das Gegenteil ist der Fall. So hatte ich in meinem Leserbrief geschrieben, dass die „Denkzettelwähler“ der „ebenso wenig wählbaren AfD wohlmöglich 2017 zum Wahlsieg verhelfen.“ Im Kommentar vom 17.11.: „Mangels einer tatsächlichen Alternative erfährt die AfD bei uns, in Frankreich der Front National und in den USA ein Trump einen Massenzulauf.“
Das ist ja das Erschreckende an der jetzigen Situation, dass der durch die wechselnden „demokratischen“ Parteien in den letzten Jahrzehnten vollzogene Umbau der parlamentarischen Demokratie und der sozialen Marktwirtschaft in ein neoliberales Bereicherungssystem ein derartiges Ausmaß angenommen hat, dass persönlich und inhaltlich nicht wählbare Kandidaten faktisch (USA) und Parteien absehbar (u.a. in Frankreich und bei uns) in Regierungsverantwortung gelangen können. Zusätzlich massiv befördert u.a. durch die immer neu gebrochenen Wahlversprechen, die Kungeleien hinter verschlossenen Türen und die durchsichtigen Versuche, Programme wie TTIP und Ceta an der Öffentlichkeit vorbei durchzudrücken.
Wer sich das Programm anschaut, was ich ebenfalls getan habe, erkennt in dem äußerst kurzen Kapitel über Steuern u.a., dass der neoliberale Kurs der etablierten Parteien mit der angekündigten Abschaffung der Vermögenssteuer und der Erbschaftssteuer die finanzielle Notlage des Staates noch einmal verschärfen würde. Zusätzlich sollen nach der drastischen Absenkung der Körperschaftssteuern von ursprünglich 42 auf nur noch 15 Prozent durch SPD und Grüne sowie CDU/CSU und SPD in der Merkel-Steinbrück-Regierung auch noch die Gewerbesteuern für Industrieunternehmen und Gewerbebetriebe abgeschafft werden. Hier ist deutlich die Handschrift des ehemaligen BDI-Präsidenten Henkel und der ehemaligen FDP-Mitglieder zu lesen. Insofern versteht sich der Zuspruch aus diesen Bereichen. Zur Gegenfinanzierung der zusätzlichen Steuerausfälle in Milliardenhöhe sollen Städte und Gemeinden nach eigenem Ermessen Steuern erheben bzw. erhöhen können. Welche Steuern dies sind, wird wohlweislich nicht gesagt. Denn in Frage kommen lediglich Steuern wie die Grundsteuer und Abgaben etwa für Wasser, Abwasser und Kitabetreuung. Diese werden – ebenso wie heute – bei der Masse der Bürger und den Familien eingesammelt bzw. sind allein dort schmerzhaft, bei den „Mittel- und Geringverdienern“, die die AfD angeblich steuerlich entlasten will.
Dass die AfD-Wähler „Dummis“ sind, die dies nicht durchschaut haben, glaube ich nicht. Es ist vielmehr so, dass diese weder von der AfD noch von Trump Lösungen erwarten und diese auch nicht wegen, sondern trotz ihrer Parolen gewählt haben, als Ventil für ihren „Frust“.
Bei Umfragen, Herr Flessner, bin ich äußerst skeptisch, weil diese allzuhäufig bereits in ihrer Fragengestaltung und -auswahl manipulativ angelegt sind. Was auch die Berichterstattung auf der Basis von Umfragen bzw. deren Interpretation selbst angeht.
Sie fragen nach Belegen für die Annahme, dass das maßgebliche Motiv die Abstrafung für die verursachten Notlagen und für die Umverteilung ist. Während sich die FR – leider – fast ausschließlich darauf beschränkt hat, die AfD zu bekämpfen und ihren Wählern ausländerfeindliche Motive zu unterstellen und damit den Neoliberalen noch willkommene Schützenhilfe geleistet hat, haben die Kieler Nachrichten nach dem Wahlerfolg der AfD in Mecklenburg-Vorpommern mehrmals vor Ort recherchiert. Hier ein Paar Auszüge aus der Reportage vom 5.9.2016:
»Wer die mehr als 20 Prozent für die AfD, die seit gestern die Berliner Politik beschäftigen,« heißt es im Bericht, »wer diese nächste politische Erschütterung erklären will, findet hier, in der Heimat von Leif-Erik Holm, Antworten. Überall im Dorf stößt man auf diese eigentümliche Mischung aus Wut und Frust, Fatalismus und Trotz“. ..… „Eine Nachbarin hält ihre kleine Tochter im Arm. „Fast alle, die ich kenne, haben ihr Kreuz an der richtigen Stelle gemacht“, erklärt sie und zeigt mit ihrer freien Hand auf die andere Straßenseite. Drüben hängen an einem Laternenmast zwei Wahlplakate der AfD. … Ein anderes trägt den Slogan: „Asylchaos beenden“. Natürlich wisse sie, dass in Barner Stück keine Ausländer leben. Aber die Flüchtlinge seien ihr sowieso egal. Ihr gehe es um etwas anderes: „Wir wollen den Bonzen, die uns vergessen haben, einen Denkzettel verpassen.“«
Als nächstes kommt ein Paar zu Wort, das ein »kleines Fertighaus« in einem Neubaugebiet gebaut hat und beteuert, nicht die AfD gewählt zu haben (und deshalb, weil es damit „sauber“ geblieben ist und keine Angst vor Diffamierung haben muss, offenbar als einzige auch bereit war, sich mit Bild und Namen ablichten zu lassen): »„Aber den Frust der Menschen können wir verstehen. Die Politik hat die kleinen Leute vergessen. Migranten werden uns Deutschen vorgezogen.“ … Besonderen Groll hegen sie gegen die Schweriner Politik. „Während wir kaum über die Runden kommen, streichen die Abgeordneten und Minister hohe Diäten und Übergangsgelder ein. Jede Entscheidung wird hinter verschlossenen Türen eingefädelt. Das kann so nicht weitergehen.“«
Anschließend wird das eigentliche Motiv der AfD-Wähler, die Quittung dafür, dass die „Politik die kleinen Leute vergessen hat“, noch einmal konkreter: »Der Weg von Klein Trebbow nach Schwerin führt vorbei an einem Schnellimbiss. Hinter dem Tresen brät eine junge Frau Burger und füllt Fritten in Papiertüten. „Klar“ sagt sie, „da sind viele neue Jobs entstanden. Aber was sind das für Jobs? Von der miesen Bezahlung können die meisten nicht mehr leben.“ Sie selbst gehe morgens putzen, bevor sie am Nachmittag die Schürze umbinde. Dennoch reiche das Geld kaum aus, um sich und ihre Tochter zu ernähren. Im Urlaub war sie seit zehn Jahren nicht mehr. „Ich habe heute AfD gewählt. Ich bin nicht rechts, ich bin frustriert.“
Einige Kolleginnen nicken ihr zustimmend zu. … Sind Wut und Frust der Nährboden, auf dem die AfD gedeiht? … Zunächst ist es nach der Wende die PDS, die spätere Linkspartei, die als Sammelbecken für die Unzufriedenen dienst. Doch nach acht Jahren in der Regierung an der Seite der SPD gilt die Linke als angepasst – und verliert ihre Funktion an die NPD. Selbst die FDP kann eine zeitlang auf der Protestwelle surfen. Der „Slogan „Steuern runter“ reicht 2006 für gut 9 Prozent. Die FDP ist längst wieder raus, ebenso wie seit gestern auch die NPD (ebenso wie übrigens die Grünen). Jetzt kommt also die AfD. Lösungen erwartet niemand von den Rechtspopulisten. Dennoch saugt sie aus allen Richtungen Stimmen ab.«
Und es gibt selbst für Millionen Menschen mit einem gehobenen mittleren Einkommen genügend Gründe, den „Bonzen“ einen „Denkzettel“ zu verpassen“ und aus Frust die ultra-neoliberale AfD zu wählen, selbst wenn es zu ihrem eigenen Schaden wäre. So haben die Länder zur Gegenfinanzierung der von der Merkel-Gabriel-Regierung verfassungswidrig und mit frei erfundenen Argumenten abgeschafften Erbschaftssteuer für Unternehmenserben den Beamten u.a. das Weihnachtsgeld gestrichen. Allein das kleine Bundesland Schleswig-Holstein spart auf diese Weise jährlich 100 Millionen Euro, verlogen wie perfide erklärt als „solidarischer Beitrag zur Sanierung des Landeshaushalts“. Tatsächlich wurden und werden die öffentlich Bediensteten zur gesteigerten Vermögensbildung der Reichsten der Gesellschaft zwangsverpflichtet. Das 13. Gehalt fehlt nicht nur in den Portemonnaies, es wurde auch dem volkswirtschaftlichen Kreislauf weitgehend entzogen. Mittlerweile wurde rund eine Milliarde umverteilt, nur mit einer Gegenfinanzierung für nur eine der zahlreichen Steuergeschenke in nur einem kleinen Bundesland.
– Wer den „Kampf gegen rechte Populisten“ gewinnen möchte, muss für eine gerechte Verteilung der Lasten und Pflichten sorgen, so wie es unsere Verfassung vorsieht, sowie für eine faire, an den volkswirtschaftlichen Notwendigkeiten orientierte Gewinnverteilung. Da dies von den „etablierten“ Parteien, die mit ihrer „Modernisierung der Steuergesetze“, den „Agenda-Reformen“ und der Privatisierung u.a. der Bahn und der öffentlichen Wohnungsbestände sowie der Energieversorgung für die heutige Situation und damit für den Wahlerfolg der „Populisten“ verantwortlich sind, nicht zu erwarten ist, werden die kritischen Bürger nicht umhin kommen, die tatsächliche Alternative selbst zu gründen. Die Frage ist nur, wann diese so weit sind, dies zu erkennen und diesen Schritt zu machen. Vor 2017 kaum. Vielleicht erst nach 2021, nachdem die AfD, wie Wolfgang Fladung zurecht vermutet, im Moment absehbar die Wahlen gewinnen wird.
Nein, ich habe keine Erklärungen für das, was derzeit passiert und erst Recht keine Lösungen anzubieten. Ich registriere nur, und das nicht nur durch Meldungen und Kommentare der Medien, sondern auch private Gespräche, das derzeit eine starke Mischung von Wut und Ratlosigkeit herrscht. Nein, es wäre zu einfach, die AfD-Symphatisanten auf dumm und ungebildet zu reduzieren. Allerdings vermerke ich eine gewisse Gedankenlosigkeit: aus dem Wunsch heraus, es denen „oben“ zu zeigen, contra zu geben, wird der braune, um nicht zu sagen faschistoide Bodensatz übersehen, der langsam Raum in dieser Partei greift. Wollen wir 1933 zurück? Geschichte wiederholt sich nicht!?
Unser Land hat sich ja, genauso wie viele Andere, (und da möchte ich nicht nur auf die Türkei, Polen oder Ungarn zeigen) schon längst von einer wirklichen Demokratie, also Volksherrschaft, in eine Plutokratie, also Herrschaft der Wirtschaft und diese steuernde Oligarchen verwandelt. Politik und die ausübenden Personen haben sich inzwischen konturlos verbandelt, und der Austausch ist zu einem einzigen Verschiebebahnhof verkommen.
Die Linke hat keine Visionen mehr, und ist ohnmächtig, oder backt und hofft – bei Bündnissen – auf kleine Brötchen. Und die AfD ist eine, vermeintliche, Alternative für viele, weil sie einfache Lösungen anbietet. Wer hat denn schon Lust und Zeit, nicht nur sich umfassend zu informieren, sondern auch sich dialektisch mit den Informationen auseinander zu setzen? Wir glauben ja lieber an das, was wir uns wünschen, als an das, was wir befürchten müßten – auch wenn sich beides manchmal vermischt.
Ich weiß nicht, aber wünsche es manchmal, wir würden aus dem alten links-rechts-Schema ausbrechen und eher zu einem oben-unten-Prinzip gelangen. Meint, das wir uns Themen, Thesen, Personen und Verifizierung von allen genauestens anschauen sollten. Wer ist für mich, wer vertritt mich, glaubhaft? Und wer lullt mich ein, macht mir nur etwas vor, weil er dann mit meiner Stimme in sein, da übertreibe ich jetzt, Wirtschaftsparadies reitet, wo er all die, welche ihm das ermöglicht haben, künftig mit dem Götz-Zitat belegt.
Was will Mensch, und warum setzt er bei bestimmten Predigern eher auf Heilung als bei anderen? Vermutlich, weil es eigentlich nur Unwissende gibt. Und jeder, der von sich behauptet, zu wissen, hat nur den nächsten Schuß noch nicht gehört.
@ Wolfgang Fladung
Ich finde folgenden Absatz aus Deinem Kommentar problematisch und möchte ihn zur Diskussion stellen.
„Unser Land hat sich ja, genauso wie viele Andere, (und da möchte ich nicht nur auf die Türkei, Polen oder Ungarn zeigen) schon längst von einer wirklichen Demokratie, also Volksherrschaft, in eine Plutokratie, also Herrschaft der Wirtschaft und diese steuernde Oligarchen verwandelt. Politik und die ausübenden Personen haben sich inzwischen konturlos verbandelt, und der Austausch ist zu einem einzigen Verschiebebahnhof verkommen.“
Erste problematische These: Entwicklung von einer „wirklichen Demokratie“ in eine Plutokratie. Wenn ich mir die Bundesrepublik unter Adenauer anschaue, kann ich keine „wirkliche Demokratie“ erkennen – was auch immer das genau sein soll. Schon damals haben die Parteien „an der Willensbildung mitgewirkt“, wie es im Grundgesetz so schön schwammig heißt. Der Unterschied ist allerdings, dass es damals nur drei Parteien gab, heute aber potenziell sechs, die im Bundestag vertreten sind. (Außer CDU/CSU, SPDG, Grünen und Linken habe ich dabei FDP und AfD einberechnet, die im nächsten Bundestag präsent sein können.) Damit ist Deutschland doch eigentlich vielfältiger geworden, oder nicht? Auch wenn man über das Auftreten der AfD unglücklich ist, müsste diese Entwicklung echten Demokraten gefallen und könnte zu der Annahme verführen, dass die aktuelle Bundesrepublik demokratischer ist als die von Dir behauptete „wirkliche Demokratie“, die wir angeblich mal waren.
Zweite problematische These: konturlose Verbandelung von Politik und Wirtschaft. (Das hast Du zwar so nicht gesagt; ich ziehe das zusammen, um es auf den Punkt zu bringen, indem ich davon ausgehe, dass Du dies meinst. Wenn Du etwas anderes meinst, stellen wir das richtig.) Ich sehe diese konturlose Verbandelung nicht. Ich sehe, dass es Lobbyisten gibt, die oft erfolgreich Einfluss nehmen, was sich durchaus auch schon zu ihrem Nachteil entwickelt hat (Autobranche). Ich sehe, dass Politiker nach ihren politischen Karrieren, manchmal auch aus ihnen heraus, in gut bezahlte Posten in der Wirtschaft wechseln, aber dabei handelt es sich um eine überschaubare Zahl von Fällen, die jeweils (Schröder, Fischer, von Klaeden, Pofalla, Barroso) viel Kritik auf sich zogen. Diese Fälle hatten auch Konsequenzen (Karenzzeiten). Nun kann man niemandem verbieten, sich nach der aktiven politischen Laufbahn nach einem neuen Job umzuschauen, wenn er sich noch nicht auf dem Altenteil sieht. Das ist möglicherweise im Einzelfall kritikwürdig. Darüber hinaus gibt es einflussreiche Organisationen und Webseiten wie Abgeordnetenwatch und Lobbycontrol, welche diese Verbandelung, also potenzielle Korruption, im Auge behalten und Transparenz herstellen (z.B. heute Abend im heute-journal zum Thema Sponsoring von Parteitagen). Von einer konturlosen Verbandelung zu sprechen, scheint mir reichlich überzogen.
Gleichwohl existieren diese Vorwürfe natürlich, auch wenn sie der genaueren Überprüfung in der zugespitzten Form, in der Wolfgang Fladung sie hier präsentiert hat, nicht standhalten. Vorbehalte gegen Politiker werden gezielt eingesetzt, um Menschen aufzuhetzen, siehe Pegida. Dies scheint mir einer der Punkte zu sein, an dem der grassierende Populismus ansetzt, um die Menschen mit seinen schlichten Botschaften an sich zu ziehen. Wie kann man die Menschen dazu bringen, die Wirklichkeit so differenziert wahrzunehmen, wie sie tatsächlich ist?
Ja, lieber Bronski, ich habe da zugespitzt und vielleicht auch ein wenig überzeichnet. In der Adenauer-Zeit waren sicherlich, siehe Globke, noch Alt-Nazis am Werk und aktiv. Nur – die Tatsache, das wir es heute mit mehr Parteien zu tun haben, bedeutet für mich noch lange nicht auch Vielfalt. Damals gab es einen klaren Unterschied zwischen CDU und SPD, im Programm, aber auch im Wirken. Und die FDP war noch eine wirklich liberale Partei und kein Anhängsel der Wirtschaft. Aber vielleicht beschönige oder verkläre ich hier auch die Vergangenheit. Nostalgie pur, halt.
Ich bin bei meiner Kritik nicht vom Wollen ausgegangen, sondern von den Ergebnissen. Und da mußt doch auch Du dich fragen: Warum klafft die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander? Nur Schicksal, oder Zufall, oder Lauf der Dinge und der Zeit, oder was? Oder gibt es da Einwirkungen, die dann wiederum Auswirkungen haben? Sollen wir das einfach hinnehmen, weil die heutige Demokratie eben ist, wie sie ist?
Wir Menschen neigen dazu, Orientierung zu suchen und zu benötigen. Wenn alles ins Rutschen gerät, und nirgendwo mehr es klare Trennlinien gibt, kein Schwarz-Weiß mehr, nur noch verwaschene Grautöne, suchen wir uns – ja was? Wenn die physikalische Wirklichkeit, und das, was wir gelernt und beigebracht bekommen haben, keinen Halt mehr gibt, wenden wir uns Gefühlen zu. Und das stärkste, und am einfachsten zu artikulierende, und vor allem Gruppenzugehörigkeit vermittelnde und durch die Gruppe noch verstärkte Gefühl ist der Hass. Liebe, Symphatie, Zuneigung kommen auf leisen, samtenen Pfoten, und verunsichern, geben Anlaß zum Hinterfragen. Aber Haß ist mächtig, stark, baut die Persönlichkeit auf, gibt Muskeln. Und daher rührt auch der Erfolg der Rechtspopulisten samt faschistischen Ausläufern. Dies gilt auch für die radikalen Religiösen, nicht nur im Islam, siehe TEA PARTY. Wenn alles ins Rutschen gerät, ist eben der Hass eine Haltestange, oder auch ein Korsett, und wird positiv empfunden.
Nein, ich sehe keine Möglichkeit, außer bei einigen Zweifelnden, und denen, die ihr Heil jenseits psycho-politischer Bestätigung suchen, nicht auf schlichte Botschaften herein zu fallen und zwingend zu differenzieren. Dazu bedarf es an Vielem, nicht nur abgewogene Information und Für-Wider-Sowohl-als auch Gedanken, sondern vor allem eine stabile, in sich ruhende Persönlichkeit. Und wer hat die heutzutage noch?
Sehr geehrter Herr Bronski,
ich möchte mir morgen oder übermorgen noch Zeit nehmen, etwas zu dem Unsinn zu sagen, der in Ihrem Blog von Linkspopulisten verbreitet wird. Ich danke Ihnen jedenfalls für Ihr Einhaken bei dem Absatz von Herrn Fladung, den Sie aus seinem Kommentar herausgenommen haben. Es handelt sich dabei eindeutig wieder einmal um Hetze.
Sie haben dankenswerterweise darauf hingewiesen, was in dem Absatz von Herrn Fladung alles nicht stimmt. Er hat sich daraufhin damit herausgeredet, dass er ein bisschen übertrieben habe. Dieses „bisschen Übertreibung“ ist Populismus. Und das ist bei Herrn Fladung kein Ausrutscher. Zu anderen inakzeptablen Details in der Auseinandersetzung mit Herrn Brandt möchte ich mich später äußern.
Ich finde es gut, dass Sie nachgehakt haben. Herrn Fladungs Reaktion zeigt, dass er ganz einfach nicht begriffen hat, was er da eigentlich sagt. Das ist ja teilweise wortwörtlich Pegida-Sprech! Es leuchtet auch ein, dass er kein Rezept gegen Populismus hat, denn er argumentiert ja selbst populistisch. Er behauptet zum Beispiel einfach, dass wir eine Plutokratie sind, bleibt aber jeden Beweis schuldig. Er behauptet einfach, dass politische und wirtschaftliche Klasse eins sind, ohne das zu belegen. Genau das ist das Schema, wie der Populismus vorgeht. Es wird etwas behauptet, was das Lebensgefühl anderer trifft, auch wenn es keiner genauen Überprüfung standhält. Postfaktisch
Wie ich schon einmal geschrieben habe: Leute, die so argumentieren, sind mit Schuld, wenn dieses Land vor die Hunde geht. Ich protestiere gegen diesen kruden Unsinn!
Noch eine Ergänzung zu Deiner Kritik: Mit meiner Wortwohl „wirkliche Demokratie“ meinte ich keinen tatsächlichen Zuustand zu irgendeiner Zeit, sondern das von den Gründervätern der BRD angedachte und im Grundgesetz verankerte Wunschbild.
Und allein die Tatsache, das es inzwischen mehr Parteien gibt als damals (wenn ich die nur zeitweilig existierenden wie BP, REP, DKP oder KPD) und Splitterparteien wie NPD oder Piraten weglasse, heißt ja nicht, das somit automatisch Vielfalt, Auseinandersetzung, unterschiedliche Programmatik etc. pp. besteht.
Gerade der Erfolg der AfD zeigt doch, das von vielen Menschen das, was CDU/CSU/FDP/SPD und Grüne anbieten, als ähnlich oder sogar identisch empfunden wird, beziehungsweise nicht mehr den Aussagen von vor 20 Jahren und davor entspricht. Nehmen wir die Grünen. Wer heute übersieht, das dort das dominierende Realo-Lager sich gut ein schwarz-grünes Bündnis vorstellen kann, vergißt das grüne Wollen der ersten Jahre. Kretschmann ist hier das beste Beispiel, war ja ein möglicher Kandidat der CDU für das Bundespräsidentenamt.
Werter Herr Briem,
jetzt lassen Sie aber mal die Kirche im Dorf!
Ihr ewiges Gejammer über die angebliche Hetze seitens angeblicher Ultralinker oder Linkspopulisten nervt allmählich. Wollen Sie denn ernsthaft behaupten, es gebe in unserem Land keine Übermacht der Wirtschaftsbosse und Finanzhaie, denen auch und gerade die Politik der SPD bisher keine Schranken setzen konnte oder wollte? Wer denn auch? Schröder, Steinbrück oder Ceta-Gabriel etwa? Und jetzt stehen wir schon wieder dank Deutscher Bank und Konsorten kurz vor einer Finanzkrise, weil es die Politiker seit dem letzten Mal wieder nicht geschafft haben, diesem gefährlichen Treiben ein Ende zu bereiten. Und wenn dann das Kind wieder in den Brunnen gefallen ist und noch mehr völlig verunsicherte und zugegebenermaßen verpeilte Menschen im rechten Lager ihr Heil suchen, war der ultralinke Hetzer Fladung schuld. Hören Sie doch bitte endlich mit solchen Witzen auf!
@ Wolfgang Fladung
„Und wer lullt mich ein, macht mir nur etwas vor, weil er dann mit meiner Stimme in sein, da übertreibe ich jetzt, Wirtschaftsparadies reitet, wo er all die, welche ihm das ermöglicht haben, künftig mit dem Götz-Zitat belegt.“
(22. November 2016 um 19:21
Zur Beantwortung dieser Frage gibt es doch gerade jetzt sehr eindeutige Hinweise! Weitaus schwieriger allerdings die Frage, woher das massenhafte Bedürfnis kommt, sich „einlullen“ zu lassen. Und am schwierigsten, was dagegen zu tun sei. Vor allem diese beiden Punkte sind zu untersuchen.
„Wenn alles ins Rutschen gerät, und nirgendwo mehr es klare Trennlinien gibt, kein Schwarz-Weiß mehr, nur noch verwaschene Grautöne, suchen wir uns – ja was?“
(22. November 2016 um 23:46)
Die Behauptung, dass „etablierte“ Parteien nicht mehr unterscheidbar seien, halte ich für ein Gerücht, das auch dadurch nicht überzeugender wird, dass man es ständig wiederholt.
(Und, lieber Wolfgang Fladung: Dies wird auch dadurch nicht besser, dass Sie die „Pegida“/AfD-Sprachregelung „CDU/CSU/FDP/SPD und Grüne“ – hier nur durch Slash getrennt – übernehmen!)
Die Antwort, warum dies so wahrgenommen wird, dürfte auch hier nicht so sehr in der so beschriebenen Wirklichkeit liegen, sondern in der verschobenen Perspektive des Betrachters,
der (1) gar nicht bereit ist, „Grautöne“ wahrzunehmen, sondern sich nach Simplifizierungen, nach Schwarz-Weiß-Denken sehnt,
und der (2) in solch emotional aufgeladenem Schwarz-Weiß-Denken eine Art Orientierung („gut-böse“), vielleicht gar „Heimat“ zu finden meint:
„Trump-Effekt“:
Die „Guten“ sind die „in-group“, die, die mich „verstehen“ (eher: vorgeben, dies zu tun). Die können dann rumpoltern, hetzen, verleumden, wie sie wollen, ohne dass man ihnen etwas übel nimmt. Die „Bösen“ sind dann alle, die zur „out-group“ gehören („mainstream“), im Prinzip also alle andern, zugespitzt aber durch Feindbilder („establishment“). Von denen muss ich mich nicht nur scharf und vor allem emotional abgrenzen, ich darf ihnen auch, ohne jegliche Belege, alle nur denkbaren „bösen“ Intentionen unterstellen, bis hin zu kriminellen Absichten mit entsprechenden Konsequenzen. – Dass solches Schwarz-Weiß-Denken, in Trump idealtypisch repräsentiert, im Prinzip totalitäres Denken ist, liegt auf der Hand.
Beispiele:
– Trump-Aussage: „Ich könnte einen auf offener Straße in New York umbringen und würde trotzdem gewählt.“ – Wie wahr! – Hillary Clinton als „Verbrecherin“
Bibliograph. Hinweis: Wikipedia: Vorurteilsforschung, Bleibtreu-Ehrenbergs Synthese
– Hinweis: Präzisere Ausführungen sind in einem Kurzstatement nicht zu leisten, müssen später erfolgen. Hier nur ein kurzer Verweis: Konkrete Belege für solches Verhalten lassen sich vielfach und in nahezu jedem Kommentarteil zu Artikeln über Trump, etwa in Faz.net finden.
@ Stefan Briem,23. November 2016 um 6:55
Ich halte die Intention prinzipiell für richtig. Eine solche Auseinandersetzung muss geführt werden, allerdings sachorientiert und ohne persönliche Spitzen, selbst, wenn manche Einlassungen noch so diffus sind.
An Frau Ernst um 11:13 Uhr
„Wollen Sie denn ernsthaft behaupten, es gebe in unserem Land keine Übermacht der Wirtschaftsbosse und Finanzhaie, denen auch und gerade die Politik der SPD bisher keine Schranken setzen konnte oder wollte?“
Nein, das will ich nicht behaupten und das habe ich auch nicht behauptet. Aber dieses Thema ist viel zu komplex, um es so kursorisch abzuhandeln, wie Herr Fladung oder auch Sie das tun. Zunächst einmal ist Deutschland nicht allein auf der Welt. Die Fehlentwicklungen auf den Finanzmärkten, die es unbestritten gibt, gehen vor allem von der Wall Street aus, die Taktgeber in dieser Entwicklung war und immer noch ist. Ausschlaggebend war nach meiner Meinung die Deregulierung während der Präsidentschaft von Ronald Reagan. Diesem finanziellen Sog und dieser offenkundigen Faszination sind andere Börsen und andere Länder gefolgt. Dabei hat sich eine fatale Dynamik entwickelt, die eigentlich nach Regulierung geschrieen hat, aber es hat sich keiner getraut, das Problem anzugehen, solange die USA es nicht anzugehen bereit waren. Schröder, Steinbrück und Gabriel sind in diesem Finanzspiel ganz kleine Lichter und können allein überhaupt nichts machen. Das Problem ist, dass die Dynamik der Entwicklung quasi Gesetzmäßigkeiten erzeugt hat, die nur global angegangen werden können. Dahinter steckt keine Verschwörung, wie man fast glauben könnte, wenn man Herrn Fladung liest, und auch keine „Plutokratie“. In einer solchen Reichtumsherrschaft hätte das besitzlose Volk nichts zu sagen. Es dürfte nicht wählen. Wir dürfen aber wählen und wären zumindest theoretisch auch in der Lage, eine völlig andere Regierung zu wählen. Ich wage aber zu bezweifeln, ob selbst eine Linkspartei, die mit absoluter Mehrheit regieren würde, allein etwas gegen die Gesetzmäßigkeit der globalen Finanzmärkte unternehmen könnte.
Übrigens wären in diesem Zusammenhang aktuell nicht Schröder, Steinbrück oder Gabriel zu kritisieren. Es ist typisch für Ihre Sicht der Dinge, dass diejenigen, die für dieses Thema gerade zuständig sind, in Ihrem Kommentar gar nicht vorkommen, nämlich Schäuble und Merkel. An allem ist nämlich die SPD schuld. Immer.
Der DEUTSCHLANDFUNK meldet heute, mit Berufung auf die PASSAUER NEUE PRESSE:
In Deutschland sind mehr Menschen als früher von Armut bedroht – selbst wenn sie eine Arbeitsstelle haben.
Das berichtet die „Passauer Neue Presse“ unter Berufung auf aktuelle Zahlen der EU-Statistikbehörde Eurostat, die die Linksfraktion im Bundestag ausgewertet hat. Demnach lag der Anteil der von Armut bedrohten Beschäftigten 2015 bei 9,7 Prozent. Vor zehn Jahren habe er noch 5,5 Prozent betragen. Nach wie vor seien viel zu viele Menschen in Deutschland arm trotz Arbeit, sagte die Linken-Fraktionsvize Zimmermann. Als armutsgefährdet gilt nach EU-Definition, wer über weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens verfügt.
Ist dies jetzt blanker Populismus, nur weil die Zahlen von der LINKSFRAKTION ausgewertet wurden? Wenn die Schere zwischen Arm und Reich, incl. Vermögenszuwachs bei Reichen und vor allem Superreichen, immer weiter auseinander klafft – wer ist dafür verantwortlich? Diese Frage stelle ich nicht nur Herrn Briem.
Und wenn vor allem die Wall Street, vereinfacht ausgedrückt, daran Schuld ist, was bei uns so abgelaufen ist und weiter abläuft, dann können Schröder & Fischer natürlich nix für ihre Agenda 21. Diese wurde ihnen ja quasi durch die Globasilierung (Urban Priol) aufgezwungen. Genauso wie die Steuersenkungen und ausgesetzten Steuern (Vermögens-, etc.), die ja alle per Ordre mufti vom großen Bruder (der ja „watching You and us“ ist) uns aufgedrückt.
Schön, wenn es für alles eine Begründung gibt. Da kann man selbst die Hände in den Schoß legen, so wie es Merkel und Schäuble ebenfalls weiterhin tun. Ich ersetze mein Prädikat der Plutokratie ab sofort durch Herrschaft der Sachzwänge.
@ Stefan Briem: Neues vom Hetzer:
Nee, an allem ist die SPD nicht Schuld, aber an vielem. Und ich freue mich schon auf die Bundestagswahlen 2017, und die langen Gesichter bei den ach so sozialen Demokraten. Und die aus den Fingern gelutschten Begründungen, warum so und nicht anders, und die AfD so hoch etc. pp.
Zwingt die Wallstreet eigentlich Erzengel Gabriel auch dazu, sich so pro CETA und contra Klimaschutz einzusetzen?
@ Ralf-Michael Lübbers,22. November 2016 um 14:49
Was die Auswirkungen des „Neoliberalismus“ angeht, besteht keinerlei Notwendigkeit (zumindest bei mir nicht), offene Türen einzurennen.
Das Problem ist ein völlig anderes: Es besteht darin, dass in der DDR sattsam eingeübte Ansätze der „Kapitalismuskritik“ (die ich als „vulgärmarxistisch“ bezeichnen möchte) auch heute, insbesondere in Positionen der Linken, fortgeführt werden, ohne dass je eine Rückbesinnung stattgefunden hätte.
Sie sind zu erkennen an einer simplifizierenden Anwendung der Marxschen These „Das Sein bestimmt das Bewusstsein“.
Dabei haben vor allem sowjetische Sprachwissenschaftler und Psychologen bereits seit den 40er Jahren (Wygotski, Rubinstein, A.N. und A.A. Leontjev – sogar Stalin hat ein sprachwissenschaftliches Traktat geschrieben) das Ungenügen dieser These herausgearbeitet, ausgehend von dem Problem, wo denn „Sprache“ einzuordnen sei. Antwort: Sie ist weder Teil des Seins noch des Bewusstseins, sondern ist Brücke zwischen beiden. Was von enormer Bedeutung ist. Denn es verbietet, unvermittelt, dh. im Kurzschluss-Verfahren, von extrem allgemeinen und abstrakten Begriffen bzw. Phänomenen (hier: Auswirkungen des „Neoliberalismus“) unmittelbar konkrete Anwendungen bzw. Schlussfolgerungen, gar Handlungsstrategien folgern zu wollen. Was dann zu einer „linken“ Phraseologie führt, wie sie etwa für Sarah Wagenknecht typisch sind. Und wobei dann Berührungspunkte zur demagogischen Rechten nicht mehr verwundern.
Etwas simpler und weniger ideologiekritisch ausgedrückt: Es führt zu keiner Handlungsstrategie, sondern bestenfalls zu willkürlichen individualistischen Setzungen, z.B. aus persönlichem Frust heraus (wie – ohne ihm zu nahe treten zu wollen – bei Wolfgang Fladung deutlich zu beobachten ist). Daher – in Übertragung der Kritik von W.F.Haug an moralisierender Faschismus-Kritik der 50er und 60er Jahre (z.B. „Wörterbuch des Unmenschen“) – mein Hinweis auf Hilflosigkeit. Die ich (auch hier möchte ich Ihnen nicht zu nahe treten, denn ich habe selbst keine Patentlösungen parat) auch an Ihren Einlassungen erkennen kann. (Dennoch kurz eine etwas zugespitzte Kritik: Wer sich der sozialen – wie ideellen – Belange auch nur eines Flüchtlings oder sozial Benachteiligten annimmt, hat mehr getan als der, der hier große Theorien wälzt.)
Zurück zur Theorie:
Die materialistische Sprachwissenschaft, besonders Psycholinguistik, versucht das Problem von Sein und Bewusstsein in einer differenzierteren „Widerspiegelungstheorie“ zu lösen:
„Die objektive Wahrheit ist nicht die objektive Realität, sondern sie ist die objektive Erkenntnis dieser Realität durch das Subjekt.“ (S.L.Rubinstein, Sein und Bewusstsein, Rotdruck, s’Gravenhage 1972, S.33)
Eine Definition, durch die oben genannte Kurzschlüsse vermieden werden. Sie verlangt differenzierte Auseinandersetzung (1) mit der Frage, was „objektive Erkenntnis“ eigentlich ist, (2) mit psychologischen Realitäten und Befindlichkeiten des „Subjekts“ und (3) wie dieses, mittels des „Transmissionsriemens“ Sprache zu „objektiver Erkenntnis“ gelangen kann, bzw. wie dieses Erkenntnisvermögen beeinträchtigt oder verfälscht wird.
Erst, wenn auf allen drei Ebenen eine befriedigende Antwort vorliegt, erscheint eine etwas umfassendere Handlungsstrategie auch bez. „Kapitalismus“ oder „Neoliberalismus“ (wie sie die „kommunistische“ Doktrin etwa der DDR zu besitzen glaubte) überhaupt möglich. Ohne diese kann nur ein „eklektisches“ Herantasten (mit Bereitschaft zur Revision), ausgehend von konkreten Problemlagen bzw. Lösungsansätzen, wenigstens ein bisschen weiterhelfen (z.B. Flüchtlingshilfe). Träume vom „Zusammenbruch des Kapitalisms“ anhand einer grundlegenden „Systemkritik“, die sich in mittlerweise ca. 150 Jahren nicht realisiert haben, können demgegenüber ruhig hintanstehen.
Im oben genannten Sinn erscheint mir die Beschäftigung mit dem „Trump-Phänomen“ gegenwärtig mit Abstand am dringlichsten.
Ich möchte diese Diskussion aber lieber in den Thread „Gemeinsam gegen rechte Populisten“ verlagen, wo sie thematisch eher hingehört.
An Wolfgang Fladung, 12:55 Uhr
„Ist dies jetzt blanker Populismus, nur weil die Zahlen von der LINKSFRAKTION ausgewertet wurden?“
Natürlich nicht. Wie kommen Sie nur auf einen solchen Unsinn?
„… dann können Schröder & Fischer natürlich nix für ihre Agenda 21. Diese wurde ihnen ja quasi durch die Globasilierung (Urban Priol) aufgezwungen …“
Das ist natürlich falsch, wie Sie auch wissen müssten. Auf die Globalisierung zu reagieren und Deutschland konkurrenzfähig zu machen, war und ist trotzdem richtig.
„Schön, wenn es für alles eine Begründung gibt. Da kann man selbst die Hände in den Schoß legen, so wie es Merkel und Schäuble ebenfalls weiterhin tun.“
Nein, das sollte man nicht. Aber ohne Kenntnis der Sachzwänge kann man nicht handeln. Etwas mehr Sachlichkeit wäre Ihnen dringend zu empfehlen. Andauernd werfen Sie alles durcheinander. Argumenten begegnen Sie regelmäßig ausweichend, indem Sie einfach eine weitere Baustelle aufmachen.
„Ich ersetze mein Prädikat der Plutokratie ab sofort durch Herrschaft der Sachzwänge.“
Schimpferei, nichts als Schimpferei. Es ist sooooo ermüdend. Ich habe zunehmend das Gefühl, dass Sie eigentlich ganz zufrieden mit all den Missständen sind, die Sie andauernd anprangern. Darüber lässt sich schließlich herrlich schimpfen.
„Zwingt die Wallstreet eigentlich Erzengel Gabriel auch dazu, sich so pro CETA und contra Klimaschutz einzusetzen?“
Wie kommen Sie nur auf einen solchen Unsinn?
@ Stefan Briem
Na sehen Sie, geht doch. Jetzt haben Sie es tatsächlich geschafft, sich einen ganzen Beitrag lang auf die inhaltliche Auseinandersetzung zu beschränken und es zu vermeiden, jeden, der es wagt, SPD-Politiker zu kritisieren, in die Schublade des bösen ultralinken Hetzers zu verfrachten und damit mundtot machen zu wollen. Mehr wollte ich gar nicht erreichen.
Was die SPD und ihren Anteil an der Deregulierung und dem Sozialabbau anbetrifft, so sehe ich es geradezu als Tragik an, dass ausgerechnet eine Partei, von der man erwartet, dass sie die Belange der „kleinen Leute“ vertritt, deren Interessen z.B. mit der Agenda 2010 z.T. stärker zuwidergehandelt hat als die Parteien, von denen man das erwartet, nämlich die CDU/CSU und die FDP. Daher rühren wohl der Zorn sowie die oft einseitige Kritik an der SPD: Von einer Partei, die traditionell die Begüterten bevorzugt, erwartet man nichts anderes, und nur eine Partei, die man mit sozialer Gerechtigkeit verbindet, kann einen so enttäuschen.
Tippfehler! Sorry, bitte diesen … 🙂
Zu Werner Engelmann vom 21. November 2016 um 16:03
Zu Ihren sachbezogen Aussagen zum Thema „existentielle Not“ und der Frage nach den „Vorstellungen und Initiativen zur Lösung des Gerechtigkeitsproblems“:
Zu 1. Ähnlich wie Stefan Briem argumentieren Sie bei der Bewertung des Grades von „existentieller Not“ mit dem Verweis auf Zustände in Kriegsgebieten. Diese Argumentation ist nur scheinbar logisch und zielführend, denn ihr liegt ein grundlegender methodischer Irrtum zugrunde, weil Sie zwei grundverschiedene Dinge in einen Topf werfen: In den Kriegsgebieten sind es externe Aggressoren bzw. Kombattanten einer Nation, die ihre Konflikte mit Gewalt vor allem auf dem Rücken der zivilen Bevölkerung austragen.
Bei uns – d.h. in nahezu allen westlichen Demokratien – sind es die vom Volk gewählten Volksvertreter, die im tiefsten Frieden seit zwei bis drei Jahrzehnten mit ihrer (Umverteilungs-)Politik die millionenfach bedrückenden existentiellen Notlagen produziert haben, diejetzt zu den beklagten Gegenreaktionen führen. Und dies gezielt und geplant bzw. als wissentlich in Kauf genommener „Kollateralschaden“, um eine winzige Minderheit in maximal kürzester Zeit maximal zu bereichern. Dazu nicht nur zum Schaden der Menschen, die u.a. durch jahrzehntelange Lohndrückerei, verfassungswidrige Niedriglöhne und „alternativlose Sparmaßnahmen“ zwecks Gegenfinanzierung der schier endlosen Kette von Steuergeschenken an Vermögende, Spitzenverdiener, reiche Erben und Konzerne um ihre Lebensteilhabe und ein Leben in Wohlstand und Sicherheit betrogen und Armut und Altersarmut übereignet werden, sondern auch massivst zum Schaden des Gemeinwesens und seiner Zukunft (u.a. durch die dadurch verursachte „Demographie-“, „Fachkräfte-“ und „Klimakrise“), der Volkswirtschaft als Ganzes und letztlich der Demokratie und aller „Werte“, für die diese Politik nur vorgeblich bzw. demagogisch zum Zweck des Weiter-so steht.
So entsetzlich das ist, was in Syrien, Afghanistan, in Afrika und und und passiert, wer dies zum Maßstab für die Bewertung der hier im Frieden, dazu in einem vergleichsweise so unvorstellbar reichen Land von den eigenen „Volksvertretern“ geschaffenen Situation macht, unterstützt deren perfide, hochgradig verantwortungslose, zutiefst undemokratische, gegen das Grundgesetz verstoßende und gegen die eigene Bevölkerung gerichtete Politik, deren vorrangiges Ziel die maximale Bereicherung der ohnehin Reichen und die Sicherung ihrer eigenen Pfründe ist. Und auch der Ausgangspunkt für die fatalen politischen Umwälzungen, die absehbar auf uns zukommen, wenn es nicht gelingt einen grundlegenden Politikwechsel herbeizuführen.
Damit zu Punkt 2: Wenn Sie einmal frblog.de/umsteuern googeln, kommen Sie auf meinen Leserbrief „Deshalb müssen die Bürger jetzt selber handeln“.
Dort habe ich den – einzig verbleibenden – konkreten Weg skizziert und angeregt, der in der Lage ist, den dringend in allen Bereichen von der Steuer- bis zur Klima-Energiepolitik benötigten Politikwechsel herbeizuführen.
Dieser Weg wurde in der Diskussion mit Werner h. weiter konkretisiert und in meinem letzten Kommentar auch inhaltlich in mehreren zentralen Punkten ausgeführt.
Zusätzlich wären u.a. die von Wolfgang Fladung in seinem Kommentar vom 19. November 2016 um 15:04 im Blog „Deutschland ist längst ein Einwanderungsland“ angesprochenen Maßnahmen einzubeziehen.
Abschließend möchte ich auf folgendes hinweisen:
Während Ihre Frage nach „Vorstellungen und Initiativen zur Lösung des Gerechtigkeitsproblems“ das ist, was ich mir von diesem Forum erhoffte, verbunden mit der Hoffnung, dass die von mir angeregte Initiative hier einen konkreten Ansatzpunkt nehmen könnte (wo sonst in Deutschland?), bewegt sich Ihr rhetorischer Tenor mit Vokabeln wie „hier abziehen“ und „selbsternannte Retter der Entrechteten“ leider auf demselben aggressiv-abwertenden, autoritären und anmaßenden Rambo-Niveau wie die Äußerungen von Stefan Briem, die meine empörte Reaktion ausgelöst haben.
Wenn dies hier nicht nur lautes Getöse und damit Zeitverschwendung sein soll, muss es doch um einen achtungsvollen Umgang bei der Suche nach der „Wahrheit“ und der „Lösung“ gehen.
@ Stefan Briem: Ich hätte mir eher eine sachliche Begründung gewünscht, warum Sie meine Argumentation nicht gut finden, als nur das „blanker Unsinn“. Sei’s drum. Die Mißstände prangere ich nur deshalb an, weil alles voller Widersprüche steckt.
Ist die Wallstreet auch Schuld daran, das in den europäischen Südländern, also von Portugal, Spanien, Italien bis zu Griechenland die Arbeitslosigkeit zu hoch ist, also z.B. die Jugendarbeitslosigkeit in Griechenland um die 50%? Oder steckt dahinter vielleicht Schäuble & Co., mit seinen schwarzen Nullen, und seinem verfehlt gestarteten und gehandelten Euro? Wenn ich ein Land mit aller Gewalt zum Sparen zwinge, zwinge ich auch die ganze Volkswirtschaft zu Boden. Ohne Schulden gibt es keine Investitionen, keine Einkommen bei den Werktätigen, und daher keinen Konsum und keine Firmen, welche sich verschulden, um daraus wiederum Investitionen zu kreieren. Eben die alte Leier: Schulden betriebswirtschaftlich Scheiße, aber volkswirtschaftlich gut, weil sie etwas ankurbeln. Und hinter diesem ganzen Dilemma steckt nicht die Wallstreet, sondern unser Finanzminister Schäuble samt Gefolge. Ich will jetzt nicht alle Nationalökonomen aufzählen, von Stiglist bis Flassbeck, die eben diese Vorgehensweise von Schäuble nicht nur für schädlich, sondern für blanken, um Ihren Begriff aufzunehmen „Unsinn“ halten.
In punkto Freihandel, der ja mit Globalisierung einher geht, gilt das Gleiche. Wir freihandeln z.B. die afrikanischen Staaten in Grund und Boden, und wundern uns dann über die Zuwanderung.
Aber da ziehen SPD und CDU, also Merkel, Schulz und Gabriel, an einem Strang.
So, genug gehetzt. Ich gehe jetzt schlafen. Und da Sie sicherlich wieder anderer Meinung sind, was Ihr gutes Recht ist, sollten wir die Kommunikation per Mail hier vielleicht ganz lassen. Sie halten mich für verbohrt und hetzerisch und unwissend, und ich, na ja, würde Ihnen sogar den Stein der Weisen vor die Türe legen, so ich ihn finde.
An Wolfgang Fladung, 22:38 Uhr
Sie nerven mit Ihrer Art, durch die Themen zu hüpfen. Nein, die Wall Street ist nicht schuld an der hohen Arbeitslosigkeit in Südeuropa, sondern daran sind viele Entwicklungen schuld, und auch hier sind die Zusammenhänge komplex. Muss ich Ihnen wirklich die Welt erklären? Ich habe nicht den Eindruck, dass das was bringt.
Natürlich trägt die Austeritätspolitik von Merkel und Schäuble erheblich zur Situation bei. Ich heiße diese Politik nicht gut. Sie wird sich als historischer Fehler herausstellen, weil sie die Solidarität in der EU unterminiert hat. Aber sie ist nicht die einzige Ursache für die Situation. Von Land zu Land kommen verschiedene weitere Ursachen hinzu. In Spanien gab es eine Immobilienblase, die geplatzt ist. Für die soll die deutsche SPD wohl auch verantwortlich sein, oder? Sie hat Spanien ein großes Defizit beschert und hohe Arbeitslosigkeit verursacht. In Griechenland ist ein korruptes System ganz erheblich mitverantwortlich, das seine Unterstützer jahrzehntelang in gute bezahlte Posten gebracht hat. Zudem hat Griechenland sich die Mitgliedschaft in der Eurozone mit miesen Tricks erschlichen. Daran soll die Wall Street übrigens mitgewirkt haben. Die Investment-Bank Goldman Sachs soll beim Schönen der Statistiken geholfen haben. Griechenland ist zu 80 Prozent selbst schuld an seiner Misere. Dass dies gerade die Menschen ausbaden müssen, die am wenigsten dafür können, ist wirklich tragisch. Und das ist natürlich die Schuld der SPD. Und Italien hat seit Jahrzehnten Strukturprobleme, die nie ernsthaft angegangen wurden. Dort hat die politische Klasse versagt. Auch die Schuld der SPD. Ebenso der Klimawandel und das Scheitern von Schiaparelli auf dem Mars.
Ihr zweiter Punkt: Freihandel ist nicht per se Teufelszeug. Das sieht man am besten an der EU selbst. Der Binnenmarkt ist ja nichts anderes als eine Freihandelszone. Er hat Europa viel gebracht. Wer Handel miteinander treibt, führt keine Kriege. Voraussetzung für eine funktionierende Freihandelszone ist meiner Meinung nach, dass die Handelspartner auf Augenhöhe sind, schon beim Aushandeln des Vertrags. Das ist zwischen der EU und den afrikanischen AKP-Staaten nicht der Fall. Diese afrikanischen Länder mussten skandalöse Bedingungen akzeptieren, um Zugang zum europäischen Binnenmarkt zu bekommen. Die EU ist eigentlich laut Lissaboner Vertrag verpflichtet, mit ihrer Handelspolitik auch die Entwicklung in den Ländern zu fördern, mit denen sie handelt. Aber das ist weit und breit nicht zu sehen. Ceta hingegen sehe ich überwiegend positiv, nachdem die Schiedsgerichte nicht kommen werden und nachdem das Bundesverfassungsgericht zur Bedingung gemacht hat, dass eine Kündigung des Vertrages möglich sein muss. Ich habe keine Ahnung, ob das Abkommen wirklich viel bringen wird, aber schaden wird es in der jetzigen Fassung wohl kaum.
Was Sie, Herr Fladung, bei alldem übersehen, wenn Sie alle Fehlentwicklungen samt und sonders der SPD in die Schuhe schieben, ist dass die SPD nicht in Brüssel an der Macht ist. Die Gestaltung des Handels ist aber eine Angelegenheit der EU. Ich finde außerdem Ihre Unterstellung bösartig, dass Gabriel mit seiner Zustimmung zu Ceta allein den Konzernen zu Willen sein will. Man kann aus voller Überzeugung für Freihandel sein, weil man ihn für gut und sinnvoll hält, und ist deswegen noch lange nicht zwangsläufig korrupt. In diesem Punkt unterstütze ich Sigmar Gabriel.
Ich weiß nicht, woher Sie Ihre einfachen Wahrheiten beziehen. Es ist beinahe spektakulär, dass Sie sich wirklich trauen, diesen ganzen Unsinn in einem renommierten Blog wie diesem zu veröffentlichen.
Nachtrag:
Es war schwierig, bei meinem Kommentar so sachlich zu bleiben. Daher möchte ich Brigitte Ernst fragen, ob Sie wirklich viel dagegen hätten, wenn ich beim nächstenmal wieder deutlicher Klartext schreibe. Sie können sich ja die Augen zuhalten.
@ Stefan Briem
Der letzte Abschnitt war ja nicht mehr so sachlich. Aber im Grunde geht es mir nicht allein um meine Nerven, die durch Ihre Neigung zur extremen Unsachlichkeit strapaziert werden, sondern um Ihre eigene Überzeugungskraft, der Ihre immer wieder zwischengeschalteten Entgleisungen nur schaden – ganz abgesehen davon, dass sie nicht in einen renommierten Blog wie diesen passen :).
@ Stefan Briem
Nein, die SPD ist nicht an allem Schuld. Und das habe ich auch nirgends behauptet. Aber Sie trägt für Vieles, was Richtung Abbau von Rechten und sozialer Teilhabe lief, die (Mit-)Verantwortung. CETA haben Sie bezüglich Gabriel erwähnt, aber auf eine Kommentierung seiner Haltung zur Klimakonferenz verzichtet.
Die Gretchenfrage ist doch, warum sich die Granden der SPD nicht mal Gedanken darüber machen, was zum Niedergang ihrer Partei beigetragen hat. Ein stolzes Resultat, ein Ergebnis von mehr als 40% noch unter Brandt zu halbieren (lt. neuesten Umfragen).
So, da bin ich mal wieder unsachlich durch Themen gehüpft, habe diese einfache Wahrheit bezüglich SPD-Chancen aus dem Automat gezogen und/oder durch meine Hetze herbei geführt.
Aber Sie können ja mal ein paar Beispiele aufführen, warum mensch weiterhin oder wieder SPD wählen sollte. Und in welcher Konstellation diese Partei und mit welchem Partner bzw. Partners sie wieder antreten will. Zur Kandidatenkür siehe diesen Kommentar vom SPIEGEL-Redakteur Sven Böll:
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/spd-kanzlerkandidatur-die-partei-muss-eine-urwahl-wagen-kommentar-a-1122574.html
Wiederum auch so ein linker Hetzer, woll?
@ Heidger Brandt, 23. November 2016 um 22:26
Nun atmen Sie doch erstmal tief durch, bevor Sie sich weiter in eine solche Empörungshaltung hineinsteigern, dass Sie völlig außer Kontrolle geraten!
Dass ich nun – ohne zu wissen, warum – in den Focus Ihrer Wut geraten bin mit ziemlich unfassbaren Anwürfen von „aggressiv-abwertendem, autoritärem und anmaßendem Rambo-Niveau“ – sei’s drum. Ich werd’s ertragen.
Interessanter zu verfolgen, wie solche Ausraster überhaupt zustande kommen.
(Bezug: meine Stellungnahme vom 21. November 2016 um 16:03)
Ausgangspunkt: Ihre problematische und völlig unbelegte These, dass „existentielle Not“ Hauptursache für „Pegida“ und AfD sei (17.11.,20:13). Durch bisherige Erkenntnisse, wie die von mir genannte Studie, im Wesentlichen widerlegt. Was zur noch problematischeren, weil gefährlichen Verharmlosung von Rechtspopulismus führt: als „Massenzulauf, der mit Sicherheit nicht die Demokratie gefährdet“. Oder Behauptungen wie: „So ist es nicht die AfD, die die ‚Demokratie von rechts bedroht’“. (ebd.)
Auf einen Link zum AfD-Parteitag, wo eben diese Gefahren für die Demokratie deutlich aufgezeigt werden, bezieht sich, und zwar ausdrücklich (!), meine Aussage: „Und wo, bitteschön, sind hier die Vorstellungen und Initiativen zur Lösung des Gerechtigkeitsproblems durch die selbsternannten ‚Retter der Entrechteten’“?
Dass sich der zuletzt genannte Ausdruck völlig unmissverständlich auf unmittelbar davor benannte AfD-Strategen bezieht, die mit eben diesem Anspruch antreten, kann nur übersehen, wer entweder bewusst Aussagen von anderen verfälschen will oder nicht mehr in der Lage ist, elementare Zusammenhänge, die sich aus dem Kontext ergeben, adäquat wahrzunehmen.
Mit einer Methode (ob bewusst oder unbewusst, ist dabei unerheblich), mit der Aussagen willkürlich aus dem Zusammenhang gerissen, emotional aufgepumpt und in einer (sehr wohl beleidigenden!) Form auf einen Gesprächspartner umgemünzt werden, ist die Basis für einen rationalen und konstruktiven Dialog entzogen. Dafür kann auch „gerechte“ Empörung nicht als Entschuldigung herhalten.
Ich erspare mir dementsprechend weiteres Eingehen auf inhaltliche Ausführungen. Was zudem gegenüber einer Argumentationsweise, die von permanenter Emotionalisierung und Steigerung ins Extreme geprägt ist, sowieso so gut wie aussichtslos erscheint.
Da mir in keiner Weise daran liegt, Ihnen den Impetus für „Gerechtigkeit“ abzusprechen oder ihn gar lächerlich zu machen, statt dessen eine Episode, an der veranschaulicht wird, dass dazu auch die genauere Kenntnis der ungerecht Behandelten sowie der für eine Veränderung notwendigen Einschätzung der Machtmittel gehört.
Ot: Berlin-Kreuzberg.
Zurück von einer Klassenreise mit einer 8. Klasse (15-Jährige), die schönste meiner Laufbahn. Die Hälfte davon Nicht-Deutsche, vorwiegend Türken, alle, auch türkische Mädchen daran beteiligt. Euphorische Stimmung auf der Rückfahrt. Besserer Zusammenhalt, so schien mir, war nie.
Begegnung mit dem Rektor. Knappe Mitteilung: „Ihre Klasse wird aufgelöst.“ Auf Nachfrage, warum: Das sei aus Frequenzgründen notwendig. In der Annahme, dass auch ein Rektor etwas von Pädagogik versteht, meine Frage, warum gerade meine Klasse, mein Hinweis auf den guten Zusammenhalt in der Klasse. Barsche Antwort: „Eben deshalb wird sie aufgelöst.“
Ich werde beim Schulrat, in der Bezirksverordnetenversammlung vorstellig. Man hört mich immerhin an, mehr nicht. Erst später erfahre ich, dass meine bald folgende Versetzung damit zusammenhängt.
Ich rufe einen Elternabend ein, schildere die zu erwartenden negativen Folgen für die Schüler, rege Schritte der Eltern dagegen an. Ein Vater: „Welche Mittel zur Durchsetzung haben Sie? Können Sie uns einen Erfolg garantieren?“ Ich: „Natürlich nicht. Man kann es nur versuchen.“ Antwort: „Na, sehen Sie!“
Ich begreife, dass der Vater Recht hat. Dass es nicht nur um Einsatz für Gerechtigkeit geht, sondern auch um die Möglichkeiten und Mittel dazu. Wer selbst von Ungerechtigkeit betroffen ist, der weiß das. Dennoch bedaure ich keinen meiner Schritte, der Versetzung zum Trotz.
Ein Jahr später: „Herr Engelmann, es ist noch viel schlimmer gekommen, als Sie vorausgesagt haben.“ Gut ein Drittel der auf andere Klassen verteilten Schülerinnen und Schüler sind nicht versetzt worden.
Bezüglich SPD lasse ich mal Herrn Lübbers aus dem Nachbarblog „2 Tage FR lesen, Blutdruck von 200“ kommentieren, siehe dort:
Michael Lübber sagt:
24. November 2016 um 13:59
Nur ein Gedankenexperiment.
In der letzten Phoenix-Runde gab ein dänischer Journalist eine Prognose für die Regierungsbildung nach den Bundestagswahlen ab: AfD mit der Linken.
Ich lasse mich für einen Augenblick auf den Gedanken ein, male mir die „herrlichen Zeiten“ aus, denen wir entgegen gehen.
Schlagartig aber wird mir das Sündhafte meines Tuns bewusst, das Sakrileg, das eine solche Gleichsetzung enthält. Allein die Vorstellung, jemand wie ich würde Derartiges als Diskussionsgegenstand in den Raum stellen! Ich höre das Wutgeschrei der Gerechten, deren Aufmerksamkeit – für einen Augenblick nur – von den Lieblingsfeinden, den Schäubles, Merkels und Erzengel Gabriels, abgewendet wurde. Das Kreischen der sich selbst aufschaukelnden Empörungsmaschine.
Tabubrüche sind gut und heilsam – solange sie das eigene Vorrecht bleiben. Derjenigen, die in sich selbst „das Volk“ verkörpern. Sie sind des Teufels, wenn andere sich dasselbe anmaßen. Gar drohen, liebgewonnene eigene Tabus ins Wanken zu bringen. Rambomethoden eben.
„Lügenpresse“, „Anti-Establishment“, „Wir sind das Volk!“ – Wo kämen wir hin, wenn andere die eigenen heiligen Kühe in Frage stellen, den Spieß gar umdrehen wollten!
„Die Hölle sind nicht nur die andern. Die Hölle – das bin zuerst ich.“ So André Heller 1983, vor dem Brandenburger Tor, anlässlich des Massenprotests gegen Pershings, Cruise Missiles und SS-20-Raketen auf deutschem Boden. Der damit zugleich das Selbstverständnis einer damals noch existierenden Friedensbewegung formulierte. –
Lang, lang ist’s her.
(nicht nur) Werner Engelmann, 25.11., 10:15:
Auch ich habe die Phoenix-Runde gestern abend gesehen, in welcher der deutsch-amerikanische Publizist Eric T. Hansen (kein Däne) einen echten Klops losgelassen hat, oder einen Versuchsballon steigen ließ. Hätte ich nicht längst gesessen, hätte ich dies tun müssen.
Da schmeißt also einer die unterschiedlichen Begründungen der Linken und Vorurteile der Rechtspopulisten, in einen Topf und leitet daraus ab, warum links = rechts ist und umgekehrt. Globalisierung, gegen CETA und TTIP, sein, reicht dann schon als Identitätsbeweis. Das wäre genauso schlau, wie einem Vermögenden, welcher draußen im Grünen wegen Abgasen, Lärm und Ruhe allgemein seinen Wohnsitz hat, mit einem Geringverdiener gleichzusetzen, der sich die Wohnung in der Stadt bzw. in der Nähe seines Arbeitsplatzes nicht leisten kann. Wenn mensch sämtliche Farben vermischt, kommt ja auch in der Regel „braun“ heraus.
Ist das jetzt nur dumm und unüberlegt daher geschwätzt, oder eine perfide Strategie zur Desavouierung der Linken? Wagenknecht und Petri rudern gemeinsam in einem Boot? Die Linken wollen Steuern für Reiche erhöhen, die AfD senken, irgendwie dasselbe, weil es ja um Steuern geht? Zuwanderung begrenzen, weil alles radikale Muslime, die uns unseres Wohlstands berauben bei der AfD gegen die Linke, welche die Gründe für das Abhauen in den erbärmlichen Lebensbedingungen in den Heimatländern sieht, welche die Globalisierung noch verschärft hat?
Ich fasse es nicht, und hoffe nur, das nur wenige auf diesen Blödsinn herein fallen.
An Wolfgang Fladung vom 24.11. 11:02 Uhr
„Aber Sie können ja mal ein paar Beispiele aufführen, warum mensch weiterhin oder wieder SPD wählen sollte.“
Da ich kein SPD-Wähler bin, werde ich das nicht tun. Wenn Sie sich den wichtigsten Grund, nämlich Merkel, Schäuble und De Maizière aus der Regierung zu bringen, nicht selbst denken können, ist Ihnen nicht zu helfen.
Wir machen jetzt mal was anderes. Ich habe hier viel Realpolitik geliefert, während von Ihnen nicht mehr als Populismus kam. Jetzt spielen wir Wunschkonzert. Mal sehen, ob Sie genauso viel Kreativität aufbringen wie beim Schimpfen und Pöbeln, wenn Sie konstruktiv sein sollen.
Das Thema hier ist „Gemeinsam gegen rechte Populisten“. In einem Punkt sind wir uns vermutlich einig: Es muss sich was in diesem Land ändern. Den Populisten muss das Wasser abgegraben werden. Beantworten Sie mir bitte lösungsorientiert folgende drei Fragen:
1. Was würden Sie konkret ändern?
2. Wie bringen Sie die Politik dazu, Ihre Forderungen aufzugreifen?
3. Welche Partei soll Ihre Forderungen umsetzen?
Jetzt bin ich gespannt. Überraschen Sie mich, aber bitte im positiven Sinn.
@ Wolfgang Fladung
Bez.den Publizisten Eric T. Hansen: Kann wohl sein, dass ich mich bez. seiner Nationalität geirrt habe, da ich die Vorstellung am Anfang der Sendung verpasst habe. Meine Zuordnung erfolgte nicht nur wegen des Namens, sondern auch seines Akzents. Habe lange genug u.a. mit dänischen Kollegen zusammen gearbeitet.
Das war’s aber auch schon, was ich Ihrem Beitrag abgewinnen kann.
Lächerliche Farbenspiele z.B. tragen wohl kaum zur Bewusstseinsbildung bei. Erinnern mich aber auf wenig angenehme Weise an meine Verabschiedung durch meinen ersten Schulleiter, der zu seinen vornehmsten Aufgaben zählte, Kollegen, die er nicht mochte, öffentlich zu desavouieren. Der meinte, das Abschiedsgeschenk für mich am roten Papier zu erkennen. Von mir darauf hingewiesen, dass da auch Grün dabei sei, meinte er: „Und genügend Braun.“ –
So tut halt jeder, was er kann, um sich selbst zu charakterisieren.
@ Stefan Briem, 25. November 2016 um 11:49:
1. Was würden Sie konkret ändern?
a) aufklären, auf Widerspruche und Heuchelei hinweisen, und versuchen, Mehrheiten für mehr Steuergerechtigkeit zu erhalten. Und die Gewerkschaften wieder auf ihren Ursprung hinweisen: eine Vertretung der Arbeiter und Angestellten zu sein. Und klarmachen, das Sparen um des Sparens willens auch in den Abgrund führen kann.
2. Wie bringen Sie die Politik dazu, Ihre Forderungen aufzugreifen?
Indem ich einfach bestimmte Personen, die fest mit der Wirtschaft verbandelt sind, in den Medien benenne und nicht mehr wähle. Diese Aufmischung durch die AfD bringt wohl unsere Politiker nur dazu, noch weiter populistisch zu agieren, siehe die CSU.
3. Welche Partei soll Ihre Forderungen umsetzen? Da gibt es derzeit nur DIE LINKE, aber die pendelt um die 10% auf Bundesebene. D.h., Mehrheiten müssen her, also lasse ich mal meine Skepsis bei Seite und sage: geht nur mit rot-rot-grün. Dies setzt allerdings voraus, die SPD, und auch den Großteil der Grünen, wieder an ihre Wahlprogramme und ihr früheres Wollen zu verweisen.
Der Parteilose und BP-Kandidat Butterwegge hat dies in einem Interview so formuliert:
„Die Grundüberzeugungen der SPD vertrete ich immer noch (ist 2005 ausgetreten): mehr soziale Gerechtigkeit, Umverteilung von oben nach unten, die Macht des großen Kapitals beschränken“.
Und sowohl SPD als auch Grüne sollten sich klar darüber werden, das sie durch ihren Rechtsruck in den vergangenen Jahren keine klaren Trennlinien mehr zu CDU/CSU und FDP gezogen haben, sondern verwechselbar und ihre Forderungen austauschbar geworden sind.
Und genau dies ist Wasser auf die Mühlen der AfD (und von PEGIDA). Die Menschen haben, so wie die WählerInnen in den USA, die Schnauze voll von Parteien, die für sie nur noch das Establishment vertreten. Ihre Stimme heißt nicht, das jetzt alle plötzlich rechts und nationalistisch geworden sind, sondern endlich einmal wieder einen Wechsel woll(t)en. Sie sind es überdrüssig, immer die gleichen Gesichter mit den gleichen Aussagen zu sehen und zu hören.
Werner Engelmann, 25.11.16, um 13:16:
Schade, Sie argumentieren sonst doch immer recht sachlich. Daher verstehe ich Ihre Bemerkung mit den „lächerlichen Farbenspielen“ nicht. Versuchen Sie doch mal, mir auf der Sachebene zu begegnen. Danke.
@ Wolfgang Fladung
Die Vorstellung, Die Linke zu wählen, bereitet mir einige Bauchschmerzen. Ich habe dies in der Vergangenheit zwar schon getan, aber derzeit stört mich deren einseitige Putinversteherei. Da treffen sie sich nämlich leider ebenfalls mit der AfD, die ja enge Kontakte zu den russischen „Patrioten“ unterhält und von Putin unterstützt wird (wie gestern Abend bei Phönix zu sehen war). Bei Sahra Wagenknecht z.B. bewundere die messerscharfen Analysen wirtschaftlicher Zusammenhänge, mit denen sie immer wieder in Talkshows brilliert, aber dann lässt sie solche Klopper los wie gestern, als sie behauptete, Donald Trump habe mehr wirtschaftspolitisches Know-How als Merkel. Und dann die ständige Verteidigung eines Putin, der doch nun genau das Gegenteil von dem verkörpert, wofür eine wirklich linke Überzeugung steht.
Brigitte Ernst 25. November 2016 um 18:54
Hallo Frau Ernst,
Putin-Versteherei heißt für mich nicht, alles zu gutieren, was seitens Putin kommt. Dieses schwarz-weiß-Denken ist mir abhold. Nur versuche ich, auch anhand und aus der Historie, mir anzuschauen, was und welche Kriege – völkerrechtswidrig – z.B. die USA in den letzen 20 Jahren geführt haben, wie es mit der NATO-Osterweiterung aussieht, und wie Putin & Co. darauf reeagierten. Wir können darüber streiten, inwieweit sich die Menschen in der Ostukraine sich gegen das Oligarchen-System aus Kiew entschieden haben und dafür diese „gelenkte Demokratie“ aus Moskau wählten. Wir können darüber debattieren, ob die Sache mit der Krim eine Annexion oder eine Sezession war, auch bedingt durch die historische Einstellung der Krim-Bevölkerung Richtung Mütterchen Rußland.
Aber, und das bitte ich doch zu vermerken, Rußland mit Putin führte keine völkerrechtswidrigen Angriffskriege wie USA contra Ghaddafi oder Hussein.
Aber ich lasse mich da gerne eines Besseren belehren.
Das Madame Merkel wirklich mehr wirtschaftspolitisches Know-How hat als Herr Trump, bezweifle ich. Wenn dies so wäre, würde sie z.B. (…) Schäuble schon längst vor die Tür gesetzt haben. Weil dieser, mit seinem Spar-Verstand einer schwäbischen Hausfrau, den Euro, die meisten Südländer, z.B. Griechenland, in Grund und Boden gerichtet hat.
Zum Schluß: Putin ist beileibe kein „Linker“, so wenig wie Merkel und Schäuble, von Gabriel ganz zu schweigen, wahre christliche Demokraten oder soziale Demokraten sind.
Welche Partei wählen Sie denn bei den BTW im September 2017? Vielleicht die AfD (kann ich mir aber eigentlich nicht vorstellen)?
Ich hatte heute eine, teil recht heftige, Debatte mit meiner Frau, welche übrigens auch Brigitte heißt. Und das Resultat war eher – Ratlosigkeit.
(…) Passage gelöscht, Anm. Bronski
FR „Politik, S., Spalte 1 „ Linkspartei will mitregieren.“
Es ist ja wunderbar, die Linke möchte regieren. Falls dies tatsächlich ernst gemeint sein sollte, müsste zunächst einmal eine Partei-Namensänderung erfolgen.
Links = Opposition im Parlament.
Rechts = Regierung.
Rechtspopulistisch also Regierungspopulistisch.
Also nationalistischen Rechtspopulismus gibt es eigentlich gar nicht.
Wenn schon, wäre da nationalsozialistischer Populismus die richtige Begrifflichkeit.
Korrekte Wortwahl sollte im rechten, (richtigen) Journalismus stets Maxime sein wenn Journalisten nicht nur von sogenannten Linksorientierten ernst genommen werden möchten. Ansonsten spricht mir der Artikel aus der Seele.
@ Wolfgang Fladung
Das ist ja nun mal ein erstaunlich sachlicher Beitrag, dem man fast zustimmen könnte. Wobei freilich die Allgemeinheit der Aussagen ins Auge sticht, und der Teufel steckt bekanntlich im Detail.
Um zwei der zu hinterfragenden Begriffe aufzugreifen: „verwechselbar“ und „Establishment“.
– „durch ihren Rechtsruck in den vergangenen Jahren keine klaren Trennlinien mehr zu CDU/CSU und FDP gezogen“:
Zunächst: Was soll denn schlimm daran sein? Notwendigkeit zu Kompromissen haben Koalitionen nun mal so an sich. Wichtiger aber: Nun wird Frau Merkel in ihrer Partei ein „Linksruck“ vorgeworfen, mit deutlich höherer Sprengkraft (nicht nur bez. Seehofer und CSU). Mit weit größerer Berechtigung auch, denkt man an das, was in der Koalition durchgesetzt worden ist (allem voran Mindestlohn). – Wie also wird nun ein Schuh daraus? Aus der Tatsache aber, dass aus erfolgreichem Abarbeiten von Projekten (die zwangsläufig eine Annäherung bedingt) den Vorwurf der Nichtunterscheidbarkeit abzuleiten, ist schon eine sehr merkwürdige und unlogische Argumentation. Dies zumindest, solange nicht eine differenzierte Aufstellung an inhaltlichen Forderungen folgt, die nicht erfüllt sind, verbunden mit einer realistischen machtpolitischen Analyse, wie sie denn hätten realisiert werden können.
Als Schlussfolgerung meine These, dass es sich weniger um ein Problem der Durchsetzung politischer Inhalte als um ein Problem der Wahrnehmung vor allem seitens von „Linken“ handelt.
– „Establishment“:
Hier wird das oben bereits angedeutet noch deutlicher. Und das richtet sich mehr gegen die Linke als Partei.
(1) Die Linke, als ehemalige Protestpartei, hat noch deutlicher an die AfD verloren als die SPD. Ist also von schon daher für deren Aufstieg in hohem Maße mitverantwortlich. Wann aber ist jemals ein klare und schonungslose Analyse der Linken dazu publik geworden?
(2) Der Begriff „Establishment“ (bzw. vergleichbar pauschalisierende Begriffe), in ähnlicher Weise von AfD wie von der Linken gebraucht, zeigt, dass die Linke in hohem Maße als Stichwortgeber rechter Populisten fungiert, somit hier auch besondere Verantwortung trägt. Dies umso mehr, wenn sie nicht bereit oder in der Lage ist, sich einer klaren Diskussion zu stellen, worin denn nun die entscheidenden Unterschiede in Inhalten und Strategie zu Rechtspopulisten sind. Die (zweifellos provokative) These von einer AfD-Links-Regierung ist also lange nicht so ein „Blödsinn“, wie Sie behaupten. Denn sie legt den Finger in eine Wunde, und zwar in die von linken Tabus.
Die vielfach mit Emotionen aufgeladenen Pauschalisierungen, die sich bei AfD wie bei Linken finden, tun hier noch ein Übriges.
(3) Zu Putin und Trump (vgl. Argument von Frau Ernst):
Dies ist ein weiterer inhaltlicher Punkt. Wobei es nicht um zufällige Übereinstimmungen geht. (Opposition gegen TTIP ist nicht deswegen schon falsch, weil die AfD auch dagegen ist.) Ein Putin aber hofiert nicht nur die AfD (und umgekehrt), sondern sämtliche reaktionäen bis faschistischen Parteien Europas. Und die zahllosen Berichte über Putins Versuche der Spaltung Europas sollten wohl auch an „linke“ Ohren gedrungen sein. Wie also da noch glaubwürdig vermitteln, regierungstauglich und ein verlässlicher EU-Partner zu sein? – Aus meiner Sicht ist schon aufgrund solcher Widersprüchlichkeit die Linke nicht regierungstauglich und auf Bundesebene auch nicht wählbar.
Nicht nur Werner Engelmann:
meine kluge Frau und ich standen gestern rund 90 Minuten in der Küche und haben debattiert. Und ich habe versucht, mich dabei zu beobachten und mich dann gefragt: Was soll das Ganze, warum tust Du dir das an (ernst gemeint) und wohin führt es. Und da ist mir mal wieder der kluge Spruch vom Brandenburgischen Pfarrer Oettinger eingefallen:
„Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“
Und ich bin fest entschlossen, dieses kluge Bonmot künfig nicht nur zu mögen, sondern es auch zu praktizieren. Alles andere kostet nur Zeit und Kraft, und führt nicht weiter, oder nur dahin, sich Verbohrtheit vorwerfen zu lassen. Schauen wir mal – spätestens zur nächsten Wahl werden wir mehr wissen. Bis dahin werde ich mir eine Auszeit zum FR-Blog nehmen, und einfach mal versuchen, gemäß Oettinger zu leben.
Der kluge Sascha Lobo hat am 23.11. auf SPIEGEL ONLINE eine sehr gute Kolumne verfasst unter der Überschrift „Die große Verstörungstheorie„, die genau ausdrückt, was ich meine und der ich mich vorbehaltlos anschließen kann.
@ Wolfgang Fladung
Ich beurteile Putin und die amerikanischen Präsidenten nicht allein nach den Kriegen, die sie führen oder geführt haben. Aber ob jetzt die Nato-Osterweiterung stärker zu kritisieren ist als die Annektierung der Krim und die Entsendung der „grünen Männchen“ in die Ostukraine, ganz zu schweigen von der Kriegführung an der Seite eines Mannes, der systematisch sein eigenes Volk vergast und schlachtet, weiß ich nicht. Was hätte die Nato denn Ihrer Ansicht nach tun sollen, als die Balten und die Polen sie um Aufnahme in die Nato baten, weil sie sich vor Russland, das sie jahrzehntelang unter seiner Knute gehalten hatte, fürchteten? „Nee, Freunde, da können wir euch nicht helfen, damit würden wir Herrn Putin auf den Schlips treten, deswegen seht mal schön zu, wie ihr allein fertig werdet“?
Was ich jedoch am meisten an Putin kritisiere, ist, dass er ein machtgieringer Despot ist, der alle, die ihm nicht passen, bekämpft, mit Scheinprozessen drangsaliert, in Lager steckt oder töten lässt. Das haben bisher nur wenige US-Präsidenten geschafft, vielleicht wird ja Trump der erste sein.
Welcher Partei ich bei der nächsten Bundestagswahl meine Stimme geben werde, weiß ich noch nicht. Wer von vornherein ausscheidet, sind AfD, NPD, FDP und CDU. Die Entwicklung der anderen schaue ich mir im nächsten Dreivierteljahr genau an, und dann gelange ich vielleicht zu einer Entscheidung, mit der ich selbst leben kann. Ich werde mich für das geringste Übel entscheiden.
@ Brigitte Ernst:
Ein Gebot der Höflichkeit, Ihnen mitzuteilen, das ich mich aus der Debatte, wie Sie vielleicht überlesen haben, ausgeklinkt habe. Also lassen wir es gut sein – bis ca. 09/17. Und schauen dann mal, oder auch nicht.
PS: Irgendwer hat immer den schwarzen Peter.
Ich habe es mir gedacht. Herr Fladung ist wirklich ein Populist. Die Menschen aufhetzen kann er ganz gut, aber wenn es an die realen Probleme herangeht, verabschiedet er sich aus der Debatte. Ein paar unscharfe Parolen, was er ändern würde, und weg ist er. Dieses Verhalten erinnert mich an Nigel Farrage, den britischen UKIP-Chef, der jahrelang das Unbehagen der Briten mit der EU instrumentalisiert hat. Als der Brexit geschafft war, hat er sich ganz schlau aus der Parteiarbeit zurückgezogen. Von nun an hätte er ja liefern müssen. Nicht mehr nur Parolen absondern, sondern konkrete Vorschläge machen. Von da an konnte er nur noch verlieren. Und so ist es auch mit Herrn Fladung.
Herr Fladung, es steht Ihnen frei, sich so zu verhalten, aber ich werde Sie an Ihr Versagen erinnern, wenn Sie wieder hier auftauchen.
@ Stefan Briem
Nun isses aber mal gut, Herr Briem. Die alte Lehrerin in mir würde sagen: Diskussionsstil 6.Persönliche Anwürfe statt inhaltlicher Argumente, und dann auch noch Drohungen: „Wehe, wenn du noch mal wagst, dich hier zu äußern, Fladung, dann gibt’s Keile!“ Ziemlich arm, Herr Briem.
Wolfgang Fladung jedenfalls pflegt, auch wenn er vielleicht manchmal etwas gewöhnungsbedürftige Ansichten äußert, Mitdiskutanten nicht derart persönlich zu verunglimpfen.
@ Wolfgang Fladung
Ich gönne Ihnen Ihre Auszeit.
Genießen Sie Ihr Leben, erholen Sie sich gut, und schönen Gruß an Pfarrer Oettinger.
An Frau Ernst um 2:59
Sie verdrehen die Dinge ein wenig. Ich wollte ja diskutieren, aber auf einer vernünftigen Ebene, der sich Herr Fladung entzogen hat. Diese Diskussion hätte jetzt beginnen können. Was Sie als „persönliche Anwürfe“ bezeichnen, zielt meinerseits auf den unmöglichen Stil, den Herr Fladung hieur gepflegt hat, nicht auf ihn persönlich. Ich verunglimpfe ihn nicht, sondern ich fordere ihn heraus. Das war für ihn offenbar ungewohnt. Ich muss Ihnen daher sagen, verehrte Frau Ernst, dass ich es „ziemlich arm“ von Ihnen finde, wenn Sie zwar sagen, dass Herr Fladung manchmal etwas gewöhnungsbedürfte Ansichten geäußert hat, wie Sie schreiben, und dass Sie Ihr Unbehagen trotzdem nicht geäußert haben. Vielleicht hätte er seine Ansichten bereits geändert, wenn ihm von Ihrer Seite etwas entgegengesetzt worden wäre? Überlegen Sie sich das mal. Stattdessen haben Sie (und andere) ihm hier das Feld überlassen. Nennen Sie das auch Diskussionsstil?
Ihren Vorwurf mit der Keile weise ich zurück. Es geht hier um eine rein verbale Auseinandersetzung. Es geht darum, dem Populismus Vernunft entgegenzusetzen. Das gilt für Rechts- wie Linkspopulisten, wobei ich von dieser Unterscheidung nichts halte, weil auch eine Sahra Wagenknecht oder ein Oskar Lafontaine Dinge sagt, die sich von Positionen der AfD nicht unterscheiden.
@ all
Ich denke, die Positionen sind nun geklärt. Bitte kehren Sie zum Thema zurück. Ich werde Herrn Fladung anmailen und einladen, weiter mitzureden.
Zu Werner Engelmann vom 21.11, 16:25 und Stefan Briem vom 26.11., 23.31.
Herr Engelmann, ich möchte Sie bitten, einmal Ihre Ausführungen unter der Einnahme einer umgekehrten Konstellation zu lesen. Vielleicht geht Ihnen dann auf, wer hier emotional übersteigert und „ausrastet“, d.h. verbal entgleist. Und jedes Mal legen Sie mit weiteren Unterstellungen noch einmal zu.
Dies gilt gesteigert für Stefan Briem. Dessen Ausfälle zuerst gegen mich und nachfolgend insbesondere gegen Wolfgang Fladung haben schon lange die Grenzen des Erträglichen überschritten und können nur noch als pure Hetze bezeichnet werden.
Der letzte „Kommentar“ vom 26.11. hätte aus meiner Sicht nicht veröffentlicht werden dürfen. Es sei denn, um zuzulassen, dass Herr Briem sich auf diese Weise selbst demontiert. Das ist gelungen. Der Langmut von Wolfgang Fladung, selbst auf die derbsten Ausfälle immer wieder sachlich bzw. um eine einvernehmliche Gesprächslage bemüht zu reagieren, um damit nur die nächste Vorlage für den nächsten, mit verquirlter Logik geführten Überfall zu liefern, hat mich ohnehin erstaunt. Den mit dieser Zermürbungstaktik provozierten Ausstieg aus der “Diskussion“ als „Versagen“ zu diagnostizieren, an das er Wolfgang Fladung „erinnern“ würde, sollte er „wieder hier auftauchen“, erreicht bereits pathologische Dimensionen. Und statt einer Entschuldigung folgen die nächsten Beleidigungen. Aufgrund dieser Kommunikationsstrukturen bin ich schon lange aus dieser “Diskussion“ ausgestiegen.
Ich melde mich jedoch noch einmal, vor allem um die folgenden, auch in der Sache erfundenen Behauptungen von Herrn Engelmann nicht unerwidert stehen zu lassen: Ich habe nie behauptet, dass die „existentielle Not“ die Hauptursache für „Pegida“ und AfD“ bzw. deren Entstehen ist. Pegida habe ich nicht einmal erwähnt, beides haben Sie mir untergeschoben. Ich habe in Verbindung mit existentieller Not immer nur vom AfD-Wahlerfolg und den Beweggründen der AfD-Wähler gesprochen. Während die von mir zitierte Reportage der Kieler Nachrichten eindeutig den Zusammenhang des AfD-Wahlerfolgs in Mecklenburg-Vorpommern mit der bedrückenden existentiellen Situation der AfD-Wähler belegt, behaupten Sie, meine entsprechend lautende „These“ sei „völlig unbelegt“. Auch hier zeigt sich Ihre selektive Wahrnehmung und zweifelhafte Vorgehensweise.
Darüber hinaus eine „Studie“ als „Beweis“ für irgendwas zu nehmen, erachte ich für mehr als blauäugig. Wir haben in Deutschland eine regelrechte „Studienindustrie“ aus sogenannten Forschungsinstituten wie dem ifo-Institut, dem Essener RWI und dem Institut der Deutschen Wirtschaft. Zu den insgesamt 89 „Forschungsinstituten“, die in der Leibnitz-Gemeinschaft zusammengefasst sind, gehören auch die Weltwirtschaftsinstitute und die Stiftungsinstitute, die vielfach voll in die Universitäten integriert sind. Deren „Experten“, „Ökonomen“, „Wissenschaftler“, „Forscher“ und „Professoren“ treten in der Öffentlichkeit stets als unabhängige Fachleute auf, um die Bürger vorgeblich sachlich auf der Basis angeblich rein wissenschaftlicher Untersuchungen und „Forschungsergebnisse“, „Analysen“ und „Studien“ in „Stellungnahmen“ und „Gutachten“ über die „Situation“ und die zu ergreifenden “richtigen“ Maßnahmen zu „informieren“. Die Ergebnisse dieser – von den Regierungen des Bundes und der Länder sowie der Wirtschaft in Auftrag gegebenen – „Forschungen“ mit ihren bestellten Ergebnissen sind dann Gegenstand der Darstellungen der Situation und Grundlage der politischen Entscheidungen, versehen mit dem Etikett fachlich-wissenschaftlicher Fundierung, inhaltlicher Neutralität und gemeinwohlorientierter Ausgewogenheit. Tatsächlich geht es um massivste, aus Steuergeldern bezahlte Manipulation zur Absicherung der neoliberalen „Errungenschaften“ der vergangenen 25 Jahren bzw. der betriebswirtschaftlichen Interessen der großen Konzerne und der hierzu notwendigen Machtkonstellation in den Parlamenten.
Ein Baustein hierzu ist die auf breitester Front gefahrene Eintrichterung, die AfD-Wähler hätten eine „braune Gesinnung“, wären Ausländerhasser und Dummis, die nicht begriffen hätten, wie gut es ihnen in Deutschland geht. (Denn existentielle Not ist ja etwas ganz anderes.) Ziel dieser Stigmatisierung: Die Bürger von der Protest-Wahl abhalten.
Dass dabei allein mit dem Mittel der Unterstellung und Tabuisierung gearbeitet und nicht das – ultra-neoliberale – Programm der AfD diskutiert bzw. „auseinandergenommen“ wird, obwohl alle Parteienwelt ständig ankündigt, die AfD mit „Argumenten stellen“ zu wollen, hat einen ganz simplen Grund: Würde beispielsweise das Steuerkonzept der AfD öffentlich diskutiert werden, würden die Bürger die erschreckende Nähe zur Steuerpolitik der sogenannten demokratischen Parteien feststellen. Die AfD hat das, was ohnehin läuft, programmatisch nur noch einmal gesteigert, ebenfalls verbrämt als Wohltat für die Bürger und vor allem die Familien. Und selbst die absurden wie lebensbedrohlichen Aussagen zum Bereich Klima und Energie spiegeln nichts weiter wieder als die Realpolitik von CDU/ CSU, SPD, FDP, Grünen und Linken.
@Heidger Brandt
Statt Fakten bieten Sie uns jetzt eine Verschwörungstheorie, in die fast die gesamte deutsche Wissenschaft verwickelt sein soll.
Ihre Einschätzung mit einer neu gegründeten Partei im nächsten Jahr die absolute Mehrheit holen zu können, hat mich schon etwas stutzig gemacht. Mit dieser Verschwörungstheorie habe ich Mühe, Sie ernst zu nehmen.
@ Stefan Briem
Wie Sie festgestellt haben müssten, bin ich mit Wolfgang Fladung durchaus nicht immer einer Meinung – aber wir tragen das auf einer sachlichen Ebene aus. Es wäre hilfreich, wenn auch Sie zu dieser sachlichen Ebene finden könnten.
Ich möchte um Entschuldigung bitten für den Fall, dass ich jemanden persönlich beleidigt haben sollte. Das lag niemals in meiner Absicht. Ich wollte immer stets zur Sache argumentieren und habe das meiner Meinung nach auch getan, wenn auch vielleicht in einem Ton, der schärfer war als das, was sonst in diesem Blog praktiziert wird. Mir liegt nichts daran, Menschen persönlich zu beleidigen. Es geht mir um die Positionen. Die sind freilich persönlicher Natur. In diesem Sinne argumentiere ich auch auf der persönlichen Ebene, wenn ich meine Meinung gegen eine andere stelle. Ein Wolfgang Fladung ist es anscheinend nicht gewohnt, dass ihm jemand widerspricht. Dabei muss auch er realisieren, dass auch seine Kommentare von persönlicher Meinung charakterisiert sind wie auch meine. Es ist nicht möglich, unpersönlich zu streiten, wenn man über Meinungen diskutiert. Ich werde weiter scharf für meine Positionen streiten und werde es sagen, wenn ich eine Meinung für populistisch oder Hetze halte. Wenn jemand bessere Argumente hat, möge er sie vorbringen. Beleidigen möchte ich aber niemanden.
Lieber Stefan Briem,
ich kann es nachvollziehen, wenn sich jemand emotional in eine Diskussion einbringt und dabei auch manchmal die gemeinhin akzeptierten Grenzen der sachlichen Auseinandersetzung überschreitet. Ich würde mir allerdings wünschen, dass die persönlichen Vorwürfe nie so weit ausufern würden, dass einzelne Diskussionsteilnehmer sich derart gekränkt fühlen, dass sie sich ganz aus der Debatte zurückziehen. (Typisch weibliches Harmoniestreben, oder was?).
@Brigitte Ernst
Nur damit Herr Briem nicht glaubt, dass er alleine ist:
wie würde ich doch die sachlichen Beiträge von W. Fladung vermissen z. B. diesen:
„… wie man in der SPD inzwischen DEMOKRATIE versteht. Eher in Richtung Führer, pardon, Wirtschaft befiel, wir folgen.“
Zu Henning Flessner vom 28.11.2016 um 0:06.
Können Sie mir einmal zeigen, wo ich geschrieben habe, dass „fast die gesamte deutsche Wissenschaft verwickelt“ sein soll?
Wenn nicht, sollten Sie mit dem Umgang des – neoliberalen – Totschlagarguments bzw. der Unterstellung von „Verschwörungstheorien“ in Zukunft vorsichtiger umgehen.
Oder muss ich aus Ihrem Kommentar schließen, dass Sie die Vereine, die sich Institute nennen, wie das ifo-Institut und die Gesamtheit der „Leibnitz-Institute“, für „die deutsche Wissenschaft“ halten?
Oder meinen Sie, dass die rund 1000 in die Universitäten integrierten Stiftungsprofessuren „die Deutsche Wissenschaft“ sind?
Dann hätte ich meinerseits Probleme Sie ernst zu nehmen.
Weiter würde mich interessieren, ob Sie glauben, dass es sich bei den über 9000 „Wissenschaftlern“, die in diesen Vereinen angestellt sind und für den Bund und die Länder für jährlich über 1,64 Milliarden Euro „Studien“ und „Analysen“ wie die „Gemeinschaftsdiagnose“ anfertigen (Sie fragen ja ständig andere nach „Fakten“, ohne selbst jemals welche zu liefern), um unabhängige „Experten“ und „Wissenschaftler“ handelt? Gilt da nicht: Des Brot ich ess, des Lied ich sing?
Auch ob Sie die von der Wirtschaft finanzierten Stiftungsprofessoren für unabhängige, der reinen Lehre verschriebene Wissenschaftler halten bzw. ob diese dafür von der Wirtschaft bezahlt werden?
Auf Ihre Anmerkung zu der von mir für dringend notwendig erachteten Gründung einer neuen, tatsächlich demokratischen – und tatsächlich sozial-ökologischen – Partei würde ich dann anschließend gern eingehen. Auch auf Ihre Anmerkung gegenüber Herrn Lübbers, dass Sie eigentlich gar nicht verstanden haben, was Neoliberalismus eigentlich ist.
@Heidger Brand
„Können Sie mir einmal zeigen, wo ich geschrieben habe, dass „fast die gesamte deutsche Wissenschaft verwickelt“ sein soll?“
Na ja, von 10’000 reden Sie immerhin und da die ja zum Teil in die Universitäten eingliedert sind, müssen die Universitäten mit denen wohl auch unter einer Decke stecken.
@ Herrn Flessner
Ich habe nicht behauptet, dass Wolfgang Fladungs Beiträge immer sachlich seien. Für mich macht es aber immer noch einen Unterschied, ob sich ein unpassender Vergleich wie der von Ihnen zitierte gegen eine Partei richtet oder gegen einen Gesprächspartner. Sie z.B. kritisieren Herrn Fladung ja auch des öfteren, ohne jedoch persönlich beleidigend zu werden.
@ Werner Flessner
„Na ja, von 10’000 reden Sie immerhin und da die ja zum Teil in die Universitäten eingliedert sind, müssen die Universitäten mit denen wohl auch unter einer Decke stecken.“
Jetzt haben Sie mich aber zum Lachen gebracht. – Können Sie mir mal die hinter Ihrer Aussage stehende Logik erklären? Wenn 1000, von der Wirtschaft finanzierte Stiftungsprofessuren an den Universitäten eingerichtet wurden, dann „stecken“ die Unis mit den vom Bund und den Ländern finanzierten Vereinen wie dem ifo-Institut und ihren 9000 „Forschern“ wie u.a. Hans-Werner Sinn, dem ehemaligen Chef des ifo-Instituts, „unter einer Decke“?
Ich wäre Ihnen auch dankbar, wenn ausnahmsweise Sie mal auf meine Fragen antworten.
@Brigitte Ernst
„Für mich macht es aber immer noch einen Unterschied, ob sich ein unpassender Vergleich wie der von Ihnen zitierte gegen eine Partei richtet oder gegen einen Gesprächspartner.“
Ich verstehe diesen Satz so, dass es für Sie akzeptabel ist, Menschengruppen (Parteien) zu beleidigen, nicht jedoch Gesprächspartner. Ich versuche, niemanden zu beleidigen, auch keine Gruppen.
@Heidger Brandt
Was uns unterscheidet:
Ich stimme mit Herrn Sinn meistens nicht überein, weil ich der Meinung bin, dass er durch seine ideologische Brille die Fakten falsch interpretiert und somit irrt. Sie dagegen behaupten, dass er wider besseres Willen die Unwahrheit sagt und greifen ihn in seiner Menschenwürde an.
@Heidger Brandt
Was werfen Sie denn z.B. dem Leibniz-Institut für Astrophysik in Potsdam vor? In meinen Augen treiben die dort gute Wissenschaft.
@ Henning Flessner
Bitte genau lesen! Erstens habe ich vorausgeschickt, dass ich Herrn Fladungs Beiträge nicht immer für sachlich halte, und zweitens habe ich gesagt, dass es für mich einen Unterschied (bei der Beurteilung der Schwere der „Schuld“) macht, nicht, dass ich Beleidigungen in irgendeiner Form gutheiße.
Finden Sie denn Stefan Briems ständige Anwürfe gegen Herrn Fladung und sonstige „linksradikale Populisten und Hetzer“ in Ordnung? Warum kritisieren Sie ihn nicht?
Dass Sie, lieber Herr Flessner, überhaupt keine Beleidigungen äußern, habe ich ja bereits anerkennend erwähnt, und das macht Sie zu einem vorbildlichen Diskutanten.
An Herrn Brandt
Sie sollten ganz, ganz vorsichtig sein mit Urteilen darüber, welche Kommentare veröffentlicht werden dürfen und welche nicht. Ich halte Teile Ihres Kommentars vom 27.11. um 20:04 nämlich für justiziabel, weil verleumderisch. Das hat außer Herrn Flessner hier offenbar niemand bemerkt. Vermutlich hat keiner den Kommentar gelesen, weil er so lang ist. Vielen Dank fürs Nachhaken, Herr Flessner. Und nun zum Inhaltlichen.
„Deren „Experten“, „Ökonomen“, „Wissenschaftler“, „Forscher“ und „Professoren“ treten in der Öffentlichkeit stets als unabhängige Fachleute auf …“
So wie Sie an dieser Stelle, der wohl ein Experte fürs Expertensein ist. Oder was sollen die vielen Anführungszeichen? Was wollen Sie damit in Frage stellen? Sie ziehen damit die Berechtigung in Zweifel, dass jemand, der den Professorentitel führt, sich Professor nennen darf? Oder was soll das? Dass er in Wirklichkeit kein Professor ist und diesen Titel in täuschender Absicht führt? Oder sprechen Sie ihm diese Berechtigung ab, weil er anderer Meinung ist als Sie?
„… Forschungen“ mit ihren bestellten Ergebnissen …“
Hier wird es wirklich haarig. Wenn ich mich nicht täusche, ist das eine Tatsachenbehauptung. Bitte belegen Sie sie. Sonst werde ich Herrn Bronski bitten, dies zu löschen, weil so was hier eigentlich gar nicht stehen dürfte, wenn Sie es nicht beweisen können. Ihre Kritik richtet sich in unzulässig globaler Form gegen die Leibniz-Gemeinschaft und ignoriert dabei, dass dazu auch Museen gehören, nicht nur Wirtschaftswissenschaftler. Die LG ist ein eingetragener Verein, die die hohe Qualität der wissenschaftlichen Arbeit garantieren will, auch um früh auf neue Entwicklung zu reagieren. Das heißt die Arbeit dieser Gemeinschaft richtet sich in erster Linie auf sich selbst.
Natürlich ist nicht auszuschließen, dass es einzelne Gefälligkeits-Gutachten gegeben haben kann. Bei Studien ist das schon schwieriger, weil sie ganz schnell in der öffentlichen Kritik stehen können. Ein Beispiel dafür sind die Mitte-Studien der Uni Leipzig, die scharf kritisiert worden sind. (Die Uni Leipzig gehört nicht zur Leibniz-Gemeinschaft, so viel ich weiß.) Der Ruf eines Wissenschaftlers ist schnell ruiniert, wenn er unseriös arbeitet. Aber solche Differenzierung scheint Sie nicht weiter zu interessieren. Sie werfen einfach alles in einen großen Topf, rühren schwungvoll um, geben einen gehörigen Schuss Verschwörungstheorie hinzu und fertig ist der populistische Salat.
„Tatsächlich geht es um massivste, aus Steuergeldern bezahlte Manipulation zur Absicherung der neoliberalen „Errungenschaften“ der betriebswirtschaftlichen Interessen der großen Konzerne und der hierzu notwendigen Machtkonstellation in den Parlamenten.“
Ach, tatsächlich. Alle korrupt, nicht wahr? Das nenne ich eine Verschwörungstheorie. Im Prinzip hat ja der Herr Fladung schon nichts anderes behauptet und ist damit kläglich gescheitert. Genau wie er bleiben Sie jeden Beweis schuldig.
„Ein Baustein hierzu ist die auf breitester Front gefahrene Eintrichterung, die AfD-Wähler hätten eine „braune Gesinnung“, wären Ausländerhasser und Dummis, die nicht begriffen hätten, wie gut es ihnen in Deutschland geht. (Denn existentielle Not ist ja etwas ganz anderes.) Ziel dieser Stigmatisierung: Die Bürger von der Protest-Wahl abhalten.“
Noch einmal, Herr Brandt: Existenzielle Not ist Lebensnot. Ich kann ja nachvollziehen, dass Sie hier das größtmögliche Drama aufziehen wollen, um Ihren Theorien Nachdruck zu verleihen, aber warum sagen Sie nicht einfach Armut, wo Sie Armut meinen? Niemand wird bestreiten, dass es viel zu viel Armut in Deutschland gibt. Es hat auch niemand bestritten, dass der soziale Druck, der von Hartz IV und anderen Schikane-Instrumenten ausgeht, einer der Gründe für das Erstarken der AfD sein könnte. Aber eben nur einer. Die AfD ist inzwischen anscheinend bis in die Mittelschicht hinein wählbar, die nicht unmittelbar von Armut bedroht ist, aber möglicherweise Angst vor dem Abrutschen in Armut hat. Ich halte nichts davon, alles, aber auch wirklich alles immer nur auf rein ökonomische Ursachen zurückzuführen. Das Problem ist nämlich, dass diese Angst von der etablierten Politik bisher nicht ernst genommen wurde. Und wenn die Menschen sich lange genug nicht ernst genommen fühlen, gibt es eine Protestwahl. Hier muss konstruktive Kritik ansetzen, wenn wirklich etwas gegen den Populismus unternommen werden soll. Es liegt auch (!) am praktizierten Politikstil. Leider sehe ich schwarz, wenn wir in zehn Monaten wieder Merkel als Kanzlerin bekommen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die ihre Art zu regieren so grundlegend ändern kann, wie es nötig wäre, und ich hoffe wirklich, dass Sie 2017 scheitert.
@ Stefan Briem
Tja, mit den Studien und Statistiken ist das so eine Sache. Herr Flessner kennt sich da ja bestens aus, er selbst weist in seinem eigenen Blog ja hin auf die vom RWI regelmäßig herausgegebenen „Unstatistiken des Monats“. In den meisten Fällen sind Professoren an der Erstellung solcher Studien beteiligt. Ob die anzweifelbaren Untersuchungsergebnisse, die da aufgelistet werden, auf purem Unwissen, vorgefassten Meinungen, falschen Erwartungen basieren oder vielleicht doch die Absicht verfolgen, bewusst zu manipulieren, ist sicher schwer zu beurteilen. Ich erinnere mich z.B. an das Ergebnis einer seitens des Verbandes der Versicherungen in Auftrag gegebenen Studie, das besagte, die Angst (wovor auch immer) in Deutschland wachse. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt…
Ich selbst halte mich an das gute alte Motto: „Vetraue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“.
Ja, Frau Ernst, Sie haben natürlich recht, dass man Studien kritisch hinterfragen kann und muss. Deswegen ist es wichtig, dass wir eine kritische, vielfältige Wissenschaftslandschaft haben, die solche Studien diskutieren und Fehler finden kann. Und das passiert doch auch! Es ist doch nicht so, wie Herr Brandt das darstellt, dass unsere Wissenschaftslandschaft praktisch gleichgeschaltet ist. Zudem: Auf welcher Grundlagen wollen Sie denn überhaupt diskutieren, wenn nicht auf der Basis von Statistiken und Studien? Woran wollen Sie Ihre Sicht der Dinge denn sonst messen?
Was die Studie betrifft, die Sie ansprechen: Ich finde sie sehr interessant. Damit bekommt die Debatte über Angst Hand und Fuß. Ich sage nicht, dass ich die Studie jetzt einfach für mich übernehme, aber sie scheint auf den ersten Blick eine Beobachtung zu bestätigen, die ansonsten völlig diffus bleibt. Alle sagen, dass die Angst in Deutschland zugenommen haben soll. Deswegen reden wir hier über Populismus. Die R+V-Studie, von der ich rede, liefert dazu konkrete Zahlen. Der Herr Flessner kann sie ja mal auseinandernehmen. Hier ist der Link:
https://www.ruv.de/presse/aengste-der-deutschen
@Stefan Briem, 29. November 2016 um 12:30
„Das hat außer Herrn Flessner hier offenbar niemand bemerkt. Vermutlich hat keiner den Kommentar gelesen, weil er so lang ist.“
Ich habe es sehr wohl bemerkt. Ging ja auch gar nicht anders, wo doch das Ganze auch an mich adressiert war, obwohl ich damit gar nichts zu tun hatte. Manchmal erscheint es mir allerdings klüger, nach der Devise zu verfahren: „Da schweigt des Sängers Höflichkeit.“
@Stefan Briem
Danke, dass Sie mir den Ball zugespielt haben, aber ich kann Ihnen nicht zusichern, die Studie zu lesen.
Was aber sofort bei diesen Studien auffällt, ist, dass die grösste Gefahr gar nicht auf der Liste steht, weil wohl gar nicht danach gefragt wurde. Im letzten Jahr gab es mehr als 125’000 Fälle häuslicher Gewalt. Der Terrorist sitzt vielleicht schon neben einem vor dem Fernseher.
@ Stefan Briem, 29. November 2016 um 18:24
Zu der von Ihnen verlinkten Studie der R+V-Versicherung „Ängste der Deutschen“.
Natürlich ist es unsinnig, ohne jegliche Beweise mit Vermutungen über „Gefälligkeitsgutachten“ oder Manipulationen aufzuwarten. Bez. der von Ihnen verlinkten Studie sind einige Fragen hinsichtlich des Verwertungsinteresses aber schon angebracht.
Wenn eine Versicherung einen so hohen Aufwand betreibt, um eine solche Studie zu befördern, darf man ein solches Interesse schon unterstellen. Und man hätte dazu auch gerne einige Hinweise: Etwa das Interesse, Versicherungstarife entsprechend regionaler Unterschiede dem jeweiligen „Angstfaktor“anzupassen? Oder Erkenntnisinteresse von Behörden derart, z.B. den Angstfaktor „Überforderung von deutschen Behörden durch Flüchtlinge“ durch entsprechend restriktive Maßnahmen zu senken? Oder, etwa für Hausbesitzer, den Angstfaktor „Spannungen durch Zuzug von Ausländern“ in die Vermietungspraxis einfließen zu lassen?
Nicht zu sprechen von politischen Parteien: Zumindest CSU und natürlich AfD scheinen bei ihrer Programmatik von derlei Studien ja schön gehörig profitiert zu haben. Von unschätzbarem Wert vor allem für die AfD hinsichtlich der Frage, wie und auf welchen Gebieten der Angstfaktor noch gesteigert oder zumindest aufrecht erhalten werden kann. Eine für ihre Entwicklung ja ganz entscheidende Frage. Wir können ja Wetten darauf abschließen, welche Themen von dieser ach so bürgernahen Partei demnächst ins Zentrum des Wahlkampfs gerückt werden.
Fazit:
Mir fehlen – über die vagen Hinweise auf globale Ereignisse hinaus – Faktenchecks: Also z.B. Vergleiche mit tatsächlich vorhandenen und regional unterschiedlichen Ursachen für solche Angstfaktoren, etwa tatsächliche Konzentration von Flüchtlingen oder etwa Moslems. Hilfreich durch Hinzuziehen solcher Faktenchecks könnte da z.B. die „Landkarte der Angst“ sein, die auf gleiche Situationen sehr ungleiche Angstreaktionen ausweist. Ein Hinweis darauf, was die eigentliche Gefahr vor allem rechtspopulistischer Parteien und Bewegungen ausmacht: Eine auf Kenntnis und Erkenntnis von Fakten und Problemlagen aufbauende Politik durch eine angstgeleitete und -bestimmte Politik zu ersetzen, mit den Merkmalen Verdrängung (Leugnung von Umweltproblemen) und Diskursverweigerung einerseits, Irrationalisierung durch Aufschaukeln von Ängsten und Hassparolen andererseits.
Studien solcher Art sind durchaus geeignet, solche Tendenzen zu verschärfen, indem sie ihnen nicht nur unverdiente Aufmerksamkeit schenken, sondern auch mithelfen, bloße Befindlichkeiten, deren wirkliche Ursachen oft im Dunkeln bleiben, zu entscheidenden weltbewegenden Faktoren zu erklären.
@ Stefan Briem
Genau diese Statistik meine ich. Sie erscheint in der Liste des RWI als „Unstatistik des Monats Juli 2016“. Googeln Sie das mal.
Oh je, Frau Ernst, da haben wir’s. Wissen Sie denn nicht, dass RWI zur Leibniz-Gemeinschaft gehört? Das sind die mit den „bestellten Ergebnissen“ (Heidger Brand). Wenn die gegen eine solche Studie vorgehen, dann steckt bestimmt das neoliberale Politbüro dahinter. In der Logik von Herrn Brand würde das bedeuten, dass irgendetwas an der R+V-Studie dem Politbüro nicht gefällt. Also ganz, ganz vorsichtig sein!
An Herrn Engelmann:
„Studien solcher Art sind durchaus geeignet, solche Tendenzen zu verschärfen …“
Damit haben Sie natürlich recht. Aber Angst vor der Angst zu haben ist auch kein Konzept und keine Lösung. Man muss drüber reden. Wie Ihr Kommentar zeigt, kann eine solche Studie trotzdem ein Diskussionsanstoß sein. In diese Diskussion möchte ich heute abend aber nicht mehr einsteigen. Dafür bin ich zu müde. Ich mache daher jetzt den Nigel Farrage. Aber nur für heute.
@ Stefan Briem
Ich kannte bis gestern die Leibnitz-Gemeinschaft nicht. Dann stieß ich zufällig auf Henning Flessners Blog, in dem er in einem Link auf die regelmäßigen Veröffentlichungen der „Unstatistiken“ verweist. Wie ich festgestellt habe, werden diese wiederum u.a sowohl von einem Mitgleid des RWI als auch einem Psychologen des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung herausgegeben. Von der Max-Planck-Gesellschaft nahm ich bisher an, sie sei gemeinnützig. Also tatsächlich ein Hinweis auf die dunklen Verflechtungen, von denen Heidger Brand spricht? Und Henning Flessner, mitsamt seinem Blog, mitten drin in der Verschwörung? Sie haben recht, man kann nie vorsichtig genug sein.
@ Henning Flessner
Natürlich kommt es darauf an, welche Fragen bei einer solchen Erhebung gestellt werden. Aber man muss unterscheiden zwischen dem, wovor die Leute subjektiv Angst haben, und dem, was eine objektive Gefahr darstellt. Und wer möchte sich schon gerne eingestehen, dass die größte Gefahr vom eigenen Lebenspartner oder Vater ausgeht? Das verdrängt man gern, weil man sich doch wenigstens in der eigenen Familie sicher fühlen möchte. Lieber schiebt man die Gefahr dann auf den (im wahrsten Sinne des Wortes) „schwarzen Mann“.
@ Noch mal Stefan Briem
Ihr ständiger Vergleich mit Nigel Farrage hinkt gewaltig. Weder Wolgang Fladung noch Sie haben etwas so Folgenschweres wie den Brexit über die Menschheit gebracht. Sie haben lediglich in einem sehr begrenzten Forum Ihre Meinung geäußert, mit einer ebenso bescheidenen Wirkung. Und danach darf man sich ja wohl aus der Diskussion zurückziehen, ohne mit Nigel Farrage verglichen zu werden. Man sollte sich und die Mitdiskutanten nicht überschätzen.
Bei der besagten Umfrage ist mir schon die Frage unklar. Was ist gemeint «mit Angst vor einem Terroranschlag haben»? Wenn man dem Ergebnis glaubt, lebt zwei Drittel aller Deutschen in ständiger Angst. Ein nicht sehr glaubhaftes Ergebnis. Ich glaube nicht, dass alle Befragten das gleiche Verständnis von der Frage gehabt haben.
Wenn man die Frage in der Form «Für wie wahrscheinlich halten Sie es, Opfer eines Terroranschlages zu werden?» gestellt hätte, wären die Antworten sicherlich ganz anders ausgefallen.
Ein interessantes Ergebnis ist, dass die Niedersachsen erheblich weniger Angst als die Hessen haben.
Ich glaube nicht, dass es daran liegt, dass alle Angsthasen sich nach dem letzten Frühjahrssturm gen Süden aufgemacht haben.
Da wir über Gefahren ja hauptsächlich aus den Medien erfahren, könnte es vielleicht an der Medienlandschaft in Hessen liegen. Aber auch da habe ich meine Zweifel.
Auch interessant: es wird uns ca. zweimal pro Woche der Weltuntergang durch den Klimawandel angedroht und trotzdem schafft es die Angst davor nur unter ferner liefen.
Zum Schluss etwas Vereinfachendes und Provokatives:
Gute Studien werden peer-reviewed (durch Experten gegengelesen) und erscheinen in wissenschaftlichen Zeitschriften. Die anderen erfüllen ihren Hauptzweck, in dem ihre Zusammenfassung in der Zeitung erscheint.
@ Henning Flessner
Einen richtig großen Terroranschlag (und damit meine ich nicht einen versprengten Islamisten, der im Zug mit dem Messer herumrennt) würde man ja eher in einer wichtigen Großstadt erwarten. Da böte sich dann Frankfurt mit seinem riesigen internationalen Flughafen und seinem Großbahnhof eher an als Hannover oder Goslar. Das sehen die anderen Hessen vielleicht auch so.
An Frau Ernst
Man wird wohl mal einen Scherz machen dürfen.