Ich greife hier an der Stelle einmal die Debatte auf, die Bronski Anfang Septbember im Blogpost „Die Putinversteher verstehen Putin nicht“ angestoßen hatte. Mittlerweile haben wir nämlich am 12. September den Gastbeitrag „Konkrete Schritte zum Frieden“ von Andreas Buro und Karl Grobe abgedruckt. In diesem Text geht es erfrischenderweise nicht mehr um Erklärungen des Ukraine-Konfliktes, sondern um eine Bestandsaufnahme, ein These und Vorschläge zur Lösung.
Ich finde diesen Text fantastisch, weil er endlich eindeutig einen konkreten politischen Handlungsbedarf festmacht und Vorschläge dazu liefert. Es kann doch nicht sein, dass die Politik ihren Entscheidungsspielraum auf „Soldaten entsenden, ja oder nein“, „Sanktionen, ja oder nein“ und „Waffenlieferungen, ja oder nein“ beschränkt. Und die Kooperation für den Frieden, für die Karl Grobe und Andreas Buro ein ausführliches Dossier vorgelegt haben, aus dem die FR einen Auszug veröffentlicht hat, ist kein romantischer Alt-Linken-Stammtisch, oder We-Shall-Overcome-Gesangsverein, sondern ein Zusammenschluss von mehr als 60 Initiativen und Organisationen aus der Friedensbewegung, teilweise Experten für Konfliktvermittlung. Wie gesagt, diese suggerierte Einbahnstraße: Übermacht der wirtschaftlichen Interessen, Waffengewalt, Kampf der Kulturen – und die ganze politische Visions- und Fantasielosigkeit, die so zum Ausdruck gebracht wird, die bin ich gründlich leid.
Doch nun zur Bestandsaufnahme von Grobe und Buro:
„Was lässt sich über die Situation halbwegs sicher sagen? Die Usurpation der Krim durch Russland scheint nicht mehr ernsthaft infrage gestellt zu werden. Sie ist aus machtpolitischen Gründen zu erklären, aus rechtlichen und pazifistischen Gründen aber nicht zu billigen, ebenso wenig wie die russische Unterstützung für die Separatisten.“
Dann unterbreiten die Autoren ihre These zum Konflikt:
„Der Ukraine-Konflikt spielt sich auf drei Ebenen ab: der Konfrontation zwischen den West- und Ost-Großmächten, auf der Ebene der innergesellschaftlichen Gegensätze der Ukraine und im bislang wenig beachteten Bereich zwischen den USA und der EU. Die Gefahr der Eskalation des Konflikts ist beträchtlich.“
Und danach zeigen sie in elf Handlungsschritten, wie der Ukraine-Konflikt, der ja ein Wiederaufflammen des alten West-Ost-Konfliktes ist, entschärft werden könnte:
• Um die Gefahr einer nicht gewollten militärischen Eskalation zu verringern, erklären Nato und Moskau, sie wollen auf keinen Fall den Konflikt militärisch austragen. Es sollen ein rotes Telefon und ein entsprechender Krisenstab eingerichtet werden. Die EU begrüßt diese Erklärungen und bietet Hilfe zur Deeskalation an. Russland und Nato sichern zu, sich an der Verwirklichung zu beteiligen.
• Die Nato erklärt, sie beabsichtige nicht, die Ukraine als Mitglied aufzunehmen oder in anderer Form mit ihr militärisch zu kooperieren. Die EU erklärt, sie betrachte alle Teile des mit Kiew abgeschlossenen Assoziierungsabkommens, die sich auf eine militärische Kooperation beziehen, als ungültig.
• Kiew erklärt sich als neutral. Es würde keinem Militärpakt beitreten. Die USA erinnern Russland an den trilateralen Vertrag zwischen der Ukraine, den USA und Russland vom 13. 1. 1994 in Moskau, welcher der Ukraine Grenzgarantien zusichert. Russland erklärt sich mit der Neutralität der Ukraine einverstanden und verspricht, sie dauerhaft zu respektieren. Russland beendet daraufhin seine Unterstützung für die Separatisten in der Ost-Ukraine.
• USA und EU akzeptieren die Neutralitätserklärung der Ukraine. Sie kündigen einen Plan zur stufenweise Beendigung ihrer Sanktionen gegen Russland an und fordern Moskau auf, es ihnen gleichzutun.
• Kiew erlässt eine Amnestie für die Separatisten und gestattet ihren Abzug.
• Kiew erarbeitet eine neue föderale Verfassung mit Autonomierechten der Minderheiten. Sie legt eine Wirtschaftsordnung fest mit gleichberechtigten Beziehungen nach West und Ost unter Berücksichtigung der entwicklungspolitischen Bedürfnisse der Ukraine.
• Die Nato zieht die Streitkräfte ab, die sie in Mitgliedsstaaten mit einer Grenze zu Russland stationiert hatte.
• Kiew fordert eine neue Volksabstimmung auf der Krim über deren Sezession. Russland wird vorab vertraglich zugesichert, dass das Areal um den russischen Kriegshafen Sewastopol auf jeden Fall exterritoriales Gebiet Russlands bleiben würde. Die Volksabstimmung sollte unter strikter Kontrolle der OSZE erfolgen und die Ergebnisse wären verbindlich für alle Seiten. Russland müsse sich verpflichten, die kulturellen Rechte der Krimtataren zu respektieren, falls die Abstimmung die Angliederung der Krim an Russland bestätigt.
• Russland erklärt sich bereit, über diesen Vorschlag zu verhandeln.
• USA, EU und Nato heben nun alle Sanktionen gegen Russland auf. Russland erklärt sich bereit, mit Kiew über die Lieferung von Öl und Gas und über bestehende Schulden erneut zu verhandeln und seinerseits Sanktionen aufzuheben.
• Deutschland schlägt in Übereinstimmung mit der EU eine Dauerkonferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit vor – eventuell im Rahmen der OSZE. Kiew fordert Armenien, Aserbaidschan, Georgien und Moldawien auf, sich ebenfalls für Neutralität zu entscheiden. In regionaler Kooperation könnten bestehende Differenzen – etwa bezogen auf Berg-Karabach und Transnistrien – beigelegt und gemeinsame Interessen vertreten werden. Die Nato verzichtet darauf, sich um einen Beitritt dieser neutralen Länder zu bemühen.
Auf diesen Text hatte sich bereits sich bereits der Kommentator Rudi bezogen, der schrieb:
Vielleicht können wir uns ein wenig über die FR entgegenkommen, die heute einen Text von Andreas Buro und Karl Grobe “Konkrete Schritte zum Frieden” veröffentlichte. Für die darin enthaltenen Vorschläge habe ich Sympathie, auch deshalb, weil der Westblick auf den Konflikt nicht als einziger zugelassen und die Sichtweise der russischen Seite einbezogen wird:
“Am Ende des West-Ost-Konflikts hatte der Westen zugesichert, dass die Nato sich nicht auf die Staaten des ehemaligen Warschauer Paktes ausdehnen werde. Das Gegenteil geschah. Georgien, Moldavien und die Ukraine sind die nächsten Kandidaten. EU-Assoziierungsabkommen dienen als Vehikel. Zweifelllos empfindet der Kreml die Nato-Einkreisung als Bedrohung.”
Wenn diese von Buro und Grobe genannten Fakten in die Argumentationen einbezogen würden, würde das Putin-Bashing als solches leicht zu entlarven sein. Doch die in die Nato-Strategie involvierten West-Journalisten, die bei FAZ, Süddeutsche Zeitung und anderen zu finden sind, legen darauf keinen Wert. Sie sind us-embedded. (Stephan Kornelius, SZ, ist involviert bei: American Institute for Contemporary German Studies, Bundesakademie für Sicherheitspolitik, Deutsche Atlantische Gesellschaft, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik „Internationale Politik“, Körber-Stiftung, Münchner Sicherheitskonferenz.) Diese berufliche Sozialisation spricht Bände.
Inzwischen warnen sogar ehemalige CIA-Mitarbeiter vor den Westmanipulationen in der Öffentlichkeitsarbeit in einem offenen Brief an unsere Bundeskanzlerin. Einer der Mitunterzeichner McGovern sagte in einem Interview:
“Wir, die acht Offiziere, die diesen Brief an Angela Merkel unterschrieben haben, verfügen zusammengenommen über 225 Jahre Erfahrung im Nachrichtendienst, meist auf sehr hoher Ebene. Wir konnten Missbrauch und Manipulationen von Informationen sehen. Vor zwölf Jahren haben wir beobachtet, wie unser Beruf korrumpiert wurde, nur um einen Aggressionskrieg zu rechtfertigen. …“. (Quelle: http://weltnetz.tv/video/585)
Ich trete der Allianz der Mainstream-Medien dieser Republik und der regierenden Parteien samt der Scharfmacheroppositionspartei “Die Grünen” nicht bei. Allein diese große Übermacht, die die veröffentlichte Meinung dominiert, müsste einen Beobachter des Kriegstreibens doch kritisch werden lassen. Spätestens wenn etwa FAZ, Die Welt, Bild, Die Tagesschau die selbe Sichtweise hätten wie ich, müsste ich merken, falsch zu liegen.
Im Print hatte ich ein pro und ein contra zu den konkreten Schritten.
Bernd Schneider aus Frankfurt schreibt:
In ihrem Gastkommentar zum Ukraine-Konflikt gehen Andreas Buro und Karl Grobe immer wieder von den gleichen Prämissen aus. Diese werden auch durch Wiederholung nicht wahrer:
1. Die behauptete Zusicherung des Westens, die Nato nicht auf die ehemaligen Staaten des Warschauer Paktes auszudehnen, hat es nicht gegeben.
2. Von einer Einkreisung durch die Nato kann nicht die Rede sein (Wie soll die bei der Größe Russlands aussehen?).
3. Kein Russe, keine Russin empfindet die EU / NATO als Bedrohung, es sei denn, es wird ihm aus Propagandagründen eingeredet. Im Gegenteil, die EU verfügt über eine große Anziehungskraft, die der Kreml fürchtet.
4. Auch Putin fühlt sich nicht ernsthaft bedroht. Er braucht eine außenpolitische Drohkulisse zu innenpolitischen Zwecken, um sukzessive seine innenpolitische Herrschaft auszubauen.
Beide Autoren entwerfen eine Roadmap, die einseitig von der Nato und der EU Taten, von Russland lediglich Verhandlungsbereitschaft verlangt. Ein Beispiel dafür ist die Forderung nach Rückzug der Nato-Streitkräfte aus Polen und den baltischen Staaten ohne russische Gegenleistung. Wie wäre es denn mit dem Rückzug russischer Streitkräfte von den Grenzen dieser Staaten? Dass diese Streitkräfte eine reale Bedrohung für ihre Nachbarn darstellen, haben wir in der Ost-Ukraine und der Krim gesehen.
Immer wieder wird von den Befindlichkeiten Russlands gesprochen, auf die Sicherheitsbedürfnisse der Staaten, die jahrzehntelang unter der Diktatur Russlands zu leiden hatten, wird nicht eingegangen. Die Autoren sollten sich mal überlegen, in welcher Tradition sie damit stehen.
Karsten Kühnaus aus Waldems schreibt:
Der Gastbeitrag von Herrn Grobe und Herrn Buro ist hervorragend! Präzise wird die derzeitige Situation in der Ukraine und deren Hintergründe aufgezeigt. Wörtlich schreiben die Autoren: „Für die USA steht die Ausweitung der NATO nach Osten unter militärstrategischen und wirtschaftlichen Aspekten der Globalisierung im Vordergrund.“ Dies genau sind die Ursachen der Ukraine-Krise!
Ähnlich beurteilt es der Journalist und Auslandsexperte Peter Scholl-Latour im Buch: „Russland im Zangengriff“, das vor der Ukraine-Krise erschien. Dabei wurde am Ende des Ost-Westkonfliktes und vor der Wiedervereinigung Deutschlands Russland zugesichert, dass die Nato sich nicht nach Osten erweitern würde. Das Gegenteil geschah!
Logisch, dass Moskau sich bedroht fühlt. Ohne diese Zusicherung an Gorbatschow hätte die Wiedervereinigung Deutschlands nicht stattgefunden! Thorsten Knuf schreibt in seinem Artikel: „Auf Kollisionskurs“ in der FR am 4.9.2014: „Die Nato führte Krieg gegen Serbien, einen traditionellen Verbündeten Russlands. Sie rückte auch immer näher an Russland heran, indem sie ab 1999 ein Dutzend Staaten aus dem einstigen Moskauer Einflussbereich aufnahm. Beim Bukarester Nato-Gipfel im Frühjahr 2008 stand auch eine Entscheidung über den Beitritt der Ukraine und Georgiens an“. Scheinheilig ist, wer sich über die Reaktion Putins wundert!
Bezeichnend ist auch, dass der Bericht des holländischen Sicherheitsrates hinsichtlich des Abschusses der MH17 über der Ostukraine nicht mehr von einem Raketenabschuss spricht. Das heißt nichts anderes, als dass die MH17 von einem Kampfflugzeug oder einer Drohne abgeschossen wurde! Laut Nato haben jedoch die Separatisten mit Hilfe Russlands das Flugzeug mit einer Rakete abgeschossen. Bei der umfangreichen Luftüberwachung durch die Nato muss doch das Kampfflugzeug und dessen Nationalität registriert worden sein!
Hoffentlich gibt es bald einen weiteren Whistleblower, der die entsprechenden Unterlagen findet und veröffentlicht. Andernfalls klagt die USA wieder über eine weitere erschienene „Verschwörungstheorie“! Mathias Bröckers, Autor des Buches: „Wir sind immer die Guten“, äußert sich in einem Interview in der FR am 28.08.2014 folgendermaßen: „Zynisch ist, dass niemand von der Regierung Kiew Ermittlungen fordert für den Massenmord auf dem Maidan und das Massaker in Odessa und über die wahren Absturzursachen der MH-17…“. Kommentar überflüssig!
Mit Recht wird die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Putin kritisiert. Wer jedoch glaubte, dass Putin auf seine Schwarzmeerflotte und den Zugang zu internationalen Gewässern über das Schwarze Meer verzichten würde, ist wirklich naiv! Die USA und die Nato haben dies gewusst und bewusst provoziert! Zu der Verletzung des Völkerrechts kann ich nur sagen: Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen!
Wie oft haben die USA das Völkerrecht gebrochen! Annexion von Hawaii während des Spanisch-Amerikanischen Krieges 1898, Annexion von Grenada 1983, Stürzen demokratisch gewählter Regierungen in Süd-Amerika mit darauf folgenden Diktaturen. Unterstützung von Diktatoren, die den USA genehm waren und noch sind. Korea-Krieg, Vietnam-Krieg, Irak-Krieg, Afghanistan-Krieg, Unterstützung des Giftgaskrieges von Saddam Hussein gegen Iran. Dies ist alles bekannt! Aber wie sagt ein schönes Sprichwort: „Und ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich völlig ungeniert“. Allergisch ist jedoch die Reaktion der USA auf Whistleblower wie Assange oder Snowden die ihre geheimen Machenschaften publik machen.
Europa und Russland sind wirtschaftlich stark miteinander verbunden. Dies ist den USA ein Dorn im Auge und so wird nun durch Sanktionen gegen Russland der Handel mit Europa zurückgeschraubt. Ziel ist, die Abhängigkeit Europas von den USA zu vergrößern und zu fixieren. Deshalb soll das Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und Europa so schnell wie möglich unter Ausschluss der Öffentlichkeit ratifiziert werden. Schließlich soll Europa ja auch mit Genpflanzen und Fracking beglückt werden. Es ist zu hoffen, dass Europa sich endlich von der Vorherrschaft Amerikas befreit, zu einer freien Marktwirtschaft zurückfindet (der Neoliberalismus ist zum scheitern verurteilt!) und souverän wird!
Über die Verlogenheit unserer Politiker und der
willigen Presse kann man in der Wiederholung der
Politsatire „Die Anstalt“ einiges lernen.
Zu sehen in 3 SAT in den nächsten Tagen.
Dort wird auch der Film gezeigt wo angeblich
Banditen die Reste des abgestürzten Flugzeugs
MH17 ausplündern.
Die Vorschläge dürften dem recht nahe kommen , was am Schluß des Geplänkels als Kompromiß herauskommen dürfte , vermutlich wird hinter den Kulissen längst in diese Richtung gearbeitet.
Zu den drei Ebenen gehört noch eine vierte , was seinerzeit die Friedensbewegung war , sind heute die primär sozial motivierten Bewegungen , die weltweit unter der Oberfläche gären und die sich im Westen auch schon offen artkuliert haben .
Diese werden sich letztlich auch gegen die Logik der künstlich aufgebauschten Konfrontation wenden (oder tun es bereits), weil die soziale Frage nicht von diesem (und anderen) Konflikten getrennt werden kann.
Anders als im Kalten Krieg steht heute keine westliche Bevölkerungsmehrheit hinter diesem Konflikt , und auch im Osten tun sie es nur deshalb , weil der Westen Putin jeden erdenklichen Gefallen tut , sich selber als der Retter der Nation profilieren zu können.
Dieser Konflikt ist ein Konflikt der Eliten , auf beiden Seiten haben sie vor allem Machterhalt im Sinn , der uralte Klassiker , hast du einen äußeren Feind…
Längerfristig hat der Konflikt auch sein Gutes , der Primat der Politik wird wieder gestärkt daraus hervorgehen , geschwächt werden wird hingegen jener Teil der Medien , der sich – schönes Wort – als allzu „embedded“ erwiesen hat , und der gerade seine letzte Glaubwürdigkeit verspielt – und der , wie ich betonen möchte , erhebliche , aber nicht alle Teile der Presse-und TV-Landschaft umfaßt.
Die Lösungsformel für eine Beendigung des kriegerisch ausgetragenen Parts im Ostukrainekonflikt lautet: (A) entweder sofortige Friedenserklärung Putin´s mit konsekutiver Einstellung der Wirtschaftssanktionen durch den Westen oder (B) Austausch (also Einstellung) der Wirtschaftssanktionen gegen eine NATO-Beistandserklärung für die Ukraine minus separatistisch besetzte Gebiete. Noch hat Putin die Wahl. Wie lange aber noch ? Beginnt er damit, seine Streitkräfte aus der Ostukraine fortzuziehen, könnte dies auf Lösung A hindeuten. Friedenserklärung, und im Gegenzug Fortfall der Wirtschaftssanktionen. Die Forderung an ihn bleibt, die annektierte Krim wieder zurückzugeben. Das aber bliebe späteren Verhandlungen vorbehalten. Zuerst müssen die Waffen dauerhaft zum Schweigen gebracht werden, und die Ukraine muß sich darauf verlassen können, daß die Separatisten jedwede Kampfhandlung einstellen. Dies müssen sie tun, wenn Rußland ihre Versorgung mit Waffen und Soldaten einstellt.
Eine NATO-Beistandserklärung für die Ukraine minus separatistisch beherrschte Ostgebiete dürfte den kriegerischen Konflikt sofort entschärfen und die Waffen zu Verstummen bringen. Putin dürfte nur durch die Sprache einer angedrohten militärischen Antwort seitens der NATO dazu zu bringen sein, eine Ausweitung der Gebietseroberungen durch russisch unterstütztes Separatistentum zu unterlassen. Ein Beistandspakt der NATO böte zugleich die Chance, auf Wirtschaftssanktionen sofort und weitestgehend zu verzichten. Denn Wirtschaftssanktionen haben bislang keine wirklich zufriedenstellenden Ergebnisse gebracht und Putin zum Einlenken bringen können. Ein Beistandspakt der NATO könnte zudem die Kiewer Regierung von der Notwendigkeit einer kostspieligen Aufrüstung gegen den Aggressor aus dem Osten entlasten und dazu beitragen, das Geld in die Entwicklung des zivilen Sektors zu stecken. Auch die NATO bräuchte praktisch nichts an konkreten Schritten zu unternehmen, um ihre Beistandserklärung und Abschreckungsmacht konkret zu untermauern.
Wirtschaftsanktionen weg, NATO-Beistandsverpflichtung für die Ukarine minus separatistische besetzte Gebiete her. Ich bin sicher, daß dieser Lösungsweg längst in inneren Zirkeln von Politik und NATO kreist. Eine Beistandsverpflichtung für die Ukraine würde Putin mit großer Sicherheit respektieren und dazu veranlassen, das Zündeln im ukrainischen Osten einzustellen. Und sofort könnte die Wirtschaft auf beiden Seiten wieder die gewohnte Fahrt aufnehmen. Vielleicht bittet Putin ja noch Frau Merkel darum, damit er sich gesichtswahrend aus seinem Abenteuer verabschieden kann. Unsofern hätte eine NATO-Beistandsverpflichtung auch in diplomatischer Hinsicht für Putin etwas Gutes. Die Probleme mit der Krim, Donezk und Lugansk können nur so auf einen zivilisierten Lösungsweg gebracht werden. Welche Lösungen, kann nur die weitere Zukunft zeigen. Wenn also eine NATO-Beitstandserklärung die einzige Möglichkeit ist, den geschundenen Menschen der Ostukraine Ruhe vor Gewalt zu bringen, muß sie zwingend kommen.
Eine Bedrohung Rußland´s durch die NATO existiert nicht. Es ist eine bloße Erfindung, die antiquitiertes Hegemonialdenken kaschiert. Weder von den NATO-Mitgliedsländern baltische Staaten, Polen und Rumänien geht irgendeine leiseste Gefahr für Rußland aus. Von keinem Staat Europ´s, auch nicht von den USA. Die „Bedrohung“ ist ein reines Phantom, mit dem Rußland, und das bislang durchaus erfolgreich, eine uralte Machtspärenpolitik inszeniert. Die kleinen Staaten Osteuropas pfeifen aber darauf. Sie leben ihr souveränes Recht auf Freiheit aus, ihre Partner selbst und in voller Autonomie zu erwählen. Und wenn Rußland sein Hegemonialdenken aufgibt, wird es endlich SELBST zum freien europäischen Land. Und dann werden es die Staaten FREIWILLIG als Partner erwählen. Aber Partnerschaft aus Angst ? Nein, das geht nicht. Übrigens – Verzicht auf hegemoniales Denken ist NICHT gleichzusetzen mit der Aufgabe von Interessen als russischer Staat ! Aber es muß auf der Basis von Respekt und Recht erfolgen.
Eine auffällige Nachsicht mit den Großmachtinteressen Rußland´s hat sich einer deutschen Versteherlandschaft bemächtigt, die Rußland primär mit Tolstoi, die USA jedoch primär mit den Marines verbindet. Putin macht sich diesen Umstand geschickt zunutze, denn er weiß, daß auf die Beschwichtiger und Umdeuter seiner Politik im Westen stets Verlaß ist. Die Bereitschaft im Westen, Putin und seinen großrussischen Träumen mildernde Umstände für fast alles einzuräumen, was er an außenpolitischen Abenteuern eingegangen ist, einschließlich der Unterstützung des bewaffneten und gewalttätigen Separatismus in der Ostukraine, dürfte für ihn nicht nur ein Faszinosum, sondern vor allem eine verläßliche Konstante bei der Abwägung von Vor- und Nachteilen beim Aufbau außenpolitischer Droh- und Aktionskulissen sein. So kann sich Putin sicher auf eine westliche Unterstützerschaft verlassen, wenn er die NATO zur Bedrohung Rußland´s erklärt und aus ihrer bloßen Nähe zu seinen Grenzen schon eine Legitimation zu außenpolitischen Gegenaktionen ableitet, die selbst vor einer Annexion nicht zurückschreckt. Putin dürfte seine Verwunderung darüber, daß eine nicht unerhebliche Anzahl von Bürgern in Westeuropa in der NATO eher eine Aggressionsgemeinschaft sieht denn ein Verteidigungsbündnis, längst beiseite gelegt haben. Er zieht seinen Nutzen daraus, daß die für großrussische Belange so überaus verständnisbereiten Bürger ihrer eigenen Wertegemeinschaft in den Rücken fallen. Jedoch – wer die NATO zur Bedrohung Rußland´s erklärt, legitmiert eine russische Politik der Gegendrohung. So wird die Gemeinschaft der Rußlandversteher unversehens zur Wegbereiterin einer reaktionären, auf Belebung eines großrussischen Neo-Nationalismus gegründeten aggressiven Außenpolitik.
Die Ukrainekrise mit über 3000 Toten, dem Abschuß eines zivilen Flugzeugs, mit eingreifenden Wirtschaftssanktionen nebst inkauf genommer Selbstbeschädigung auf beiden Seiten konnte nur so weit gedeihen, weil die Bürger und Staaten West- und Osteuropa´s ihren eigenen Instrumenten der Kriseneindämmung nicht vertrauten. Die Ächtung der NATO als Bündnis der Selbstverteidigung, das sich seiner militärischen Abschreckungswirkung bedient, um die Mitgliedsstaaten vor Aggressoren von außen zu schützen, haben die Spirale der Gewalt in der Ostukraine in die bekannten Dimensionen hinein erst möglich gemacht. Zum Schaden von Menschen, zum Schaden des gegenseitigen Vertrauens, zum Schaden der Wirtschaft auf beiden Seiten in einer Phase weltweiter ökonomischer Instabilität, vor allem auch in der EU. Zögerlichkeit in der Anwendung von Maßnahmen zur Beseitigung einer drohenden Gefahr machen das Problem nur größer. Verzicht auf Anwendung der geeigneten Maßnahmen jedoch machen eine Gefahr zum Dauerproblem, aus dem ein sich stetig vergrößernder Schaden für alle Beteiligten erwächst. Die Regierungen der europäischen Union waren daher schlecht beraten, die Idee einer Unterschutzstellung der Ukraine unter den Schild der NATO von vornherein auszuschließen. Sie standen dabei jedoch unter dem Druck von Teilen der Bevölkerungen, die eine wachsende Kriegsgefahr herbeifantasierten, sollte auch nur die Restukraine unter den Schutz der NATO gestellt werden. In Wirklichkeit hätte die Schutzerklärung der NATO ein derart starkes Signal an Separatisten und unterstützende Russen gesandt, sodaß eine Ausdehnung und Ausweitung der Kampfzonen in die bekannten regionalen Dimensionen hinein sehr wahrscheinlich hätten vermieden werden können. Von der Verhängung von Wirtschaftssanktionen ganz zu schweigen. Denn ihnen wäre gar kein Stellenwert bei der Krisenbewältigung zugekommen.
Souveränes Handeln in der Ukrainekrise sieht anders aus. Hoffnung statt Aktion, obendrein garniert mit Selbstvorwürfen, legitime russische Hegemonialansprüche nicht ausreichend beachtet zu haben. Europa hat geglaubt, die Krise in der Ostukraine einer Art Selbstheilung überlassen zu dürfen. Der durch das partielle Heranrücken der NATO an seine Grenzen tief gekränkte russische Hegemon würde sich nach einer Weile schon ausgetobt haben. Eine falsche Diagnose zieht eine falsche Therapie nach sich. Selbstheilung durch Selbstdemarkation, und schon der in Kiew geborene Gedanke, eine Mauer von Nord nach Süd entlang der separatistisch beherrschten Gebiete ziehen zu müssen, zeigt die ganze Verzweiflung darüber an, daß die Konflikttherapeuten des Westens ihrer besten „Waffe“ nicht vertrauen. Und der Schwelbrand geht weiter. Russische Gereiztheiten mit Nadelstichen allüberall, ein permanentes Spiel mit Drohungen, betreffen sie nun Gas, Öl oder die Strategie einer nachhaltigen Beschädigung des Nachbarlandes Ukraine, indem man es eines wirtschaftlich auszehrenden, Menschen, Material und Militärgüter verschleißenden Dauerkriegs aussetzt. Die Angst davor, daß Putin weitere Gebietseroberungen geplant haben könnte, sind ein gravierendes Hindernis bei der Friedenssuche. Putin ist in der Lage, den Konflikt in militärischer Hinsicht ganz nach Belieben zu steuern und jederzeit wieder aufflackern zu lassen. Und alles nur, weil Europa sich nicht dazu entschließen kann, das verhängnisvolle Paradigma eines quasi naturgegebenen Hegemonialanspruchs seitens eines Landes von der Größe und Bedeutung Rußlands endlich einmal über Bord zu werfen.
Gebührt Rußland eine Rücksichtnahme, die über den Respekt vor der Souveränität anderer Länder hinausgeht, vor der Unverletzlichkeit ihrer Grenzen, vor der Freiheit von kriegerischen Akten von außen, vor ihren verbrieften Rechten als Mitglieder der internationalen Völkergemeinschaft ? Nein, denn Rußland hat nur genauso viele Rechte, wie sie jedem anderen Land dieser Erde wie sebstverständlich zukommen. So unumstritten diese Antwort sein dürfte, so problematisch wird es, sollte ein „aber“ hinzugefügt werden. Peter Scholl-Latour würde sein „aber“ damit begründen, daß Rußland aufgrund seiner Größe, seiner Resourcen, seiner Geschichte und daraus geborener Denkweisen in eine besondere Kategorie von Großmächten einzuordnen sei, die Dominanzbewußtsein mit dem Anspruch verbinden, in den Vorhöfen ihrer Einflußsphäre als Regulator und Ordnungskraft in einem tätig zu sein. Ein faktischer Anspruch, jedoch nicht auf einem Rechtstitel gegründet. Das ist die Kategorie desjenigen, der seine Macht deshalb ausübt, weil er sie besitzt. Und die Resultate der Machtausübung später in einen Rechtstitel wandelt, wie es dereinst Katharina die Große mit der Krim gemacht hat, die heute als altrussisches Kernland bezeichnet wird und den russischen Hegemonisten und Neo-Nationalisten als geschichtliche Rechtfertigung der Krimannexion dieser Tage dient.
Die baltischen Staaten jedoch legen ihr Veto ein. Polen, Rumänien, und nun sogar auch die Ukraine. Ein Veto gegen ein Denken in Hegemonial- und Machtkategorien, das schnellstens und dauerhaft überwunden werden muß. Das keinen Platz mehr hat in einer Welt, in der gegenseitige Abhängigkeiten einen Grad der Verflechtung der Staaten untereinander haben entstehen lassen, in der die Katastrophe des einen zwangsläufig auch zur Katastrophe aller anderen werden muß. Den derzeit zu besichtigenden Rückfall Rußland´s in eine besonders häßliche Form des Hegemonialdenkens damit entschuldigen zu wollen, daß die NATO eine Hegemonialmacht eigener Art sei, sogar als verlängerter Arm des US-amerikanischen Hegemons zu betrachten sei, wird in seiner seiner ganzen Absurdität dann offenkundig, wenn man den drei baltischen Staaten unterstellte, eine permanente Gefahr für den Bestand Rußlands und seiner Interessen nur deshalb zu sein, weil sie sich zum Schutz ihrer selbst einem militärischen Verteidigungsbündnis anvertraut haben. Als sei die NATO-Mitgliedschaft gleichzusetzen mit einem Pathogenitätszuwachs dreier Bakterien, denen es nun erlaubt sei, sich hemmungslos in den russischen Organismus hineinzufressen.
Rußland´s Hegemoniedenken ist wiedererwacht und bedient sich der Technik, Verteidigung in Angriff umzudeuten, Ängste der Anrainerländer mit einer Bedrohungslage seiner selbst zu relativieren, Selbstverteidung durch Unterschutzstellung unter einen militärischen Schirm als aggressiven Akt gegen Rußland zu werten. Bestritten werden nicht Rußland´s Rechte als Mitglied der Völkergemeinschaft. Bestritten wird jedoch Rußland´s Anspruch, zu einer Ausübung von Macht berechtigt zu sein, die über den Rechten und Ansprüchen eines jeden anderen Mitglieds der Völkergemeinschaft steht. Einer Macht qua Größe und Sendung, ohne Respekt und Achtung vor den Rechten anderer Länder, und grenzten sie unmittelbar an russisches Territorium.
Wir können Rußland nicht ersparen, einen Lernprozeß durchzumachen. Daß die NATO kein wohlfeiles Objekt russischer Bezichtigungen ist, mit Hilfe derer sich die eigenen hegemonial-aggressiven Strategien bemänteln oder sogar rechtfertigen lassen. Rußland wird lernen müssen, daß die NATO nichts als den Schutz auch von russischen Nachbarstaaten will, und zwar für den Fall, daß es sich einmal verleitet sehen sollte, es mit der Machtausübung zu übertreiben. Die NATO schützt insofern selbst Rußland davor, in die Rolle eines Großstaates zurückzufallen, der Rücksichtslosigkeit gepaart mit dem Einsatz militärischer Mittel zum Bestandteil seiner Außenpolitik macht. Rußland muß lernen, daß eine NATO, die direkt an seine Grenzen heranreicht, keinerlei Bedrohung für russische Interessen darstellt, solange russische Interessensausübung im Einklang mit dem internationalen Recht steht. Lernen wird Rußland dies nur, wenn es die NATO auch tatsächlich an seinen Grenzen weiß. Es bleibt Rußland frei, seinen Nachbarstaaten zu drohen, wenn es denn Drohungen wie die einer per Dumabeschluß gestützten Interventionsermächtigung zum (angeblichen) Schutz russischer Minderheiten in Nachbarländern für eine kluge Politik hält. Die NATO schützt nur vor dem militärischen Handeln, daß aus einer solchen Drohung erwachsen könnte. Deshalb sind die baltischen Staaten vor einer militärischen Intervention geschützt, und die Ukraine war und ist eben nicht. Es besteht, abgesehen von der Krimannexion, große Übereinstimmung darin, daß es ohne die mehr oder weniger verdeckte russische Waffenhilfe den gewalttätigen Separatisten in der Ostukraine nicht gelungen wäre, den Konflikt bis in die gegebenen Dimensionen hinein voranzutreiben. Eine Unterschutzstellung der Ukraine durch die NATO unter Aussparung der separatistisch beherrschten Gebiete ist für mich nun unabdingbar geworden. Besonders nach der hoch aggressiven und verantwortungslosen Rede des russischen Außenministers Lawrow, die er soeben vor der UNO-Vollversammlung gehalten hat.
Wir sollten Wladimir Putin in die Opposition schicken. und uns um eine neue Mehrheit in Russland kümmern. Sicherlich ein Wunschdenken, denn es sind ja noch Jahre in denen Wladimir Putin russischer Präsident bleiben wird. Die Amtszeit ist in Russland auf 6 Jahre begrenzt, die dritte Amtszeit von Putin ist bis 2018 , Wiederwahl wäre bis 2024, man muss sich also auf eine längere Amtszeit von Putin einstellen.Solange der Westen mit dem militanten Islamismus rumeiert, solange verfolgt der Kreml das Geschehen mit Genugtuung.
Ich muss zugeben, das mein Beitrag von 11. nichts mit der Roadmap für die Ukraine zu tun hatte.
Der russische Präsident wird auf nicht näher absehbare Zeit Präsident bleiben, darauf muss sich eingerichtet werden, wegen einer Roadmap für die Ukraine. Ich halte die Kiewer Regierung nicht für ein Unrechtsregime, ich halte es auch für legitim, das die Ukraine, die neue Kiewer Regierung sich militärisch wehrt. Bei der Krim Annektion war ein Wehren seitens der Ukraine nicht möglich, gab es zu der Zeit keine legitime Regierung in Kiew. Die Instabilität in Kiew wurde durch Russlands grüne Männchen ausgenutzt. Ich meine nicht, das es zum eigentlichen Plan des Kreml gehörte, den Donbass in die Föderation mitzunehmen. Das machte Eindruck, die Krim Annektion, die ohne einen nennenswerten Widerstand ablief. Der Eindruck war der, eines starken Russland und eines schwachen Westens. Das wieder kreierte Nachahmer im Donbass Becken in der Ostukraine, dem Beispiel der Krim zu folgen, der Krim in die russische Föderation zu folgen. So wehrlos wie im Fall der Krim Annektion will man nicht weiter Land und Boden an Russland verlieren. Ich stelle mir die russischen Gefühle der Menschen in der Ostukraine ähnlich vor wie in Westdeutschland, wenn es um die USA geht.
Der große Bruder zeigt Stärke, man darf sich mehr erlauben, zumal der Westen Schwächen zeigte. Man darf sich sogar erlauben zivile Verkehrsflugzeuge abzuschießen, ohne eine Sühne dafür zu erhalten. Das wird in der Roadmap von Grobe und Buro übersehen, was ist mit den Passagieren von MH17 ? Russland wird weiter Stärke zeigen, seine schützende Hand über den Donbass halten.
Bei noch so gründlichem Nachdenken – es fällt mir kein einziges Argument ein, warum uns Europäern der Beifall der USA für die europäische Einigung unwillkommen sein sollte. Warum wir den USA mißtrauen sollten, wenn es den Prozeß der europäischen Einigung mit ihren Interessen und geostrategischen Zielen als Weltgroßmacht im Einklang sieht. Darf ich als Europäer so selbstbewußt sein, bei aller Zustimmung oder auch Kritik von außen in der EU ein vorrangig eigenen und nicht fremden, außereuropäischen Interessen dienendes Konstrukt und Einflußgebilde zu sehen und weiterentwickeln zu wollen, welches Partnerschaften mit der Welt erwählt oder ausschlägt ganz nach Maßgabe des spezifischen europäischen Blicks auf Bündnisse, Zweckgemeinschaften und Kooperationserfordernisse ?
Das Editorial des Dossiers zur Ukraineproblematik sieht lediglich drei Ebenen, auf denen sich der Konflikt vollzieht. Eine vierte Interaktionsebene, nämlich diejenige, auf der sich die EU und Rußland mit ihren spezifischen Interessen begegnen, kommt darin nicht vor. USA – Rußland, USA – NATO und USA – EU sind die Hauptelemente der Analyse von BURO und GROBE und ihrer darauf aufbauenden „Road Map“ für eine zivile Lösung des Ukrainekonflikts, und ist darin von der EU die Rede, dann hauptsächlich in ihrer nachkriegshistorischen Zuordnung zur NATO und – der Lesart der Autoren zufolge – de facto Unterordnung unter die Interessen der USA als NATO-beherrschende Kraft. Die EU ist so gesehen ein Teil der NATO, die eine Einkreisung Rußland´s mit den Mitteln des wirtschaftlichen Zusammenschlusses ebenso betreibt, wie es die NATO mit militärischen Mittel tut. Alle politischen Aktivitäten des versammelten Westens in Richtung auf den europäischen Osten lassen sich daher als umfassende Bedrohung der russischen Interessen- und Sicherheitslage begreifen, für die man Verständnis aufzubringen habe. Wenn es Rußland denn so sehen will. So der durchgängige rote Faden in einer Analyse, die durch ihre einseitige Fixierung auf die Großmachtperspektive stutzig macht.
Den Ukrainekonflikt aus der Polarität zweier Großmächte zu begreifen, die sich um ihre Einflußsphäre in Europa streiten und dabei bei historisch gewachsene Ansprüche oder „Rechte“ geltend machen, ist Blockdenken pur. Die kleinen Länder Europa´s werden dabei wie gehabt einem der beiden Blöcke zugeteilt, ob sie wollen oder nicht. Und entscheidet sich ein Land anders, weil es sich auf seine Souveränität als freies und demokratisch verfaßtes Land beruft, so wird einem Rußland Verständnis gezollt, daß dieser „Insubordination“ eine Gegendrohung folgen läßt. Im Falle der Ukraine bleibt es nicht bei der Drohung, sondern Rußland läßt die Waffen sprechen. Buro und Grobe sekundieren, indem sie die demokratische Legitimität der gegenwärtigen politischen Machtstrukturen in Kiew infrage stellen. Die Wahl Poroschenko´s habe den Verlust an Legitimität durch den Maidan-Aufstand nicht ausgeglichen. Man fragt sich, warum ein nach demokratischen Regeln gewähltes Parlament, das die Vertreibung Janukowitsch´s politisch mitträgt und in eine Amtsenthebung umwandelt, ein irgendwie geartetes Legitimitätsproblem haben kann ?
Die „Road Map“ der Herren Buro und Grobe für eine zivile Lösung des Ukrainekonflikts ist nur dann ein gangbarer Weg, wenn man im althergebrachten Hegemoniedenken von Groß- und Blockmächten verharren will und die Europa-bezogenen geostrategischen Positionen von USA und Rußland für unantastbar erklärt. Wer dieses Denken überwinden will, muß die „Road Map“ jedoch klar abehnen, denn sie negiert nicht nur den generellen Friedens- und Kooperationscharakter, den die EU auch in Richtung Rußland einnimmt, sondern sie opfert die selbstverständlichen Rechte ehemaliger Ostblockstaaten auf dem Altar wiedererwachter russischer Großmachtfantasien. Den Weg zurück in die Vergangenheit kann nichts besser illustrieren als der bis zum Überdruß wiederholte Verweis auf eine Absprache, daß im Gegenzug zur deutschen Wiedervereinigung die NATO sich den Grenzen Rußland´s nicht weiter nähern dürfe, als es der damalige Status quo beschriebe. Die kleinen Länder Europa´s pfeifen aber darauf. Niemand hatte je das Recht, etwas derartiges über ihre Köpfe hinweg zu beschließen. Sie selbst bestimmen, vor wem sie Angst haben und wessen Schutz sie sich anvertrauen. Die Absprache zwischen den Vierermächten plus Deutschland West und Ost war von vornherein gegenstandslos, wertlos, obsolet, eine Rechnung ohne die vielen kleinen Wirte in Europa, die das Joch der Bevormundung endlich abschütteln wollten. Es kann keine Frage sein, daß eine Rückkehr zu einer Politik der Bevormundung kleiner osteuropäischer Staaten durch Rußland keine Zukunft haben kann, haben darf. Rußland hat zu lernen. Wenn nicht jetzt, wann denn sonst.
Jedoch, wir dürfen Rußland NICHT die Definitionshoheit überlassen darüber, was es zu einer Bedrohung oder gar aggressiven Akt erklären will. Zu leicht lassen sich so Vorwände schaffen. Wir sollten Rußland nicht noch dabei helfen. Auch nicht durch eine „Road Map“ mit falschen konstruktionsmerkmalen.
Gelingt nun der Befreiungsschlag ? Mit deutschen Drohnen zwecks Unterstützung der OSZE-Beobachtungsmission ? Sagen sogar die Separatisten ja dazu, nachdem es ihnen zu gelingen scheint, die ukrainische Armee aus letzten Stellungen innerhalb des umkämpften Gebietes zu verteiben ? Kommen Russen und Westen sich darin näher, den schädlichen Wirtschaftssanktionen ein Ende zu setzen ?
Nein. Solange NATO-Brandwachen verpönt sind, die ein Vordringen des Feuerherds in den ukrainischen Westen verhindern könnten, solange werden Mißtrauen und auf Mißtrauen basierende Aktionen beider Konfliktparteien die Spannungen zwischen Rußland und dem Westen am Leben erhalten. Eine Eindämmung, die auf frommen Wünschen beruht, ist eben keine. Es bedarf der Maßnahme, des faktischen Stoppsignals. Putin müßte langsam erkennen, daß die NATO auch ihn und seine wirtschaftlichen Interessen schützt, denn sie wäre in der Ukraine der Garant dafür, daß er dort nicht mehr über die Stränge schlägt. Soll er sich mit seiner einstweiligen Beute begnügen, an der er noch mehr als genug zu knabbern haben dürfte. Der kleinmütige Westen jedoch, der die Selbstbeschädigung durch Wirtschaftssanktionen im Vergleich zur militärischen Abschreckung der NATO für das kleinere Übel hält, hat den Test auf souveränes Handeln noch nicht bestanden.
„Ein breiteres Konzept für solch eine Lösung mit Russland bei der Ukraine hatten die beiden Friedens-Experten Andreas Buro und Karl Grobe für die deutsche Friedensbewegung schon ausgearbeitet: “Konkrete Schritte für den Frieden – Kooperation statt Konfrontation” (http://www.koop-frieden.de/fileadmin/Dossiers/Dossier_VII_Ukraine__Stand_14.08.14_.pdf externer Link pdf), dessen verkürzter Abdruck in der Frankfurter Rundschau noch eine lebhafte Diskussion ausgelöst hatte: (http://www.frblog.de/schritte/ externer Link) Das könnte wahrhaft zu einer neuen Weltordnung für mehr Frieden führen. Nur die Frage wird für uns dabei sein, wird es dafür – angesichts eines zunehmenden Rechtstrends auch bei uns – noch politische Mehrheiten geben können?“ Zitat aus LABOURNET-Germany
Ein „zunehmender Rechtstrend“ also könnte eine Konfliktlösungsstrategie verhindern, wie sie in der „Road Map“ der Autoren Buro und Grobe vorgeschlagen wird. Eine interessante Formulierung. Was ist „rechts“, wenn es um Frieden geht ? Gibt es einen „rechten“ und einen „linken“ Frieden für die Ukraine ?
Es gibt weit mehr Friedensbewegte außerhalb als innerhalb der sog. Friedensbewegung. Die extreme Mehrheit der Bundesbürger sogar, und sie dürfte sich außerhalb aufhalten, weil ihnen das Korsett zu eng ist, innerhalb dessen dort das Nachdenken über Frieden erfolgt. Die „Road Map“ ist geschrieben aus einem alles entscheidenden Blickwinkel. Der Westen dringt in den ehemaligen Herrschaftsbereich und jetzigen Einflußbereich Rußland´s vor. Der Westen „marschiert“ nach Osten. Eine Rhetorik, bei der man an Soldatenstiefel denkt, die auf den Boden trommeln.
Für die ehemaligen Ostblockstaaten könnte die Perspektive jedoch kaum gegensätzlicher sein. Für sie dringt die Demokratie gen Osten vor, das Selbstbstimmungsrecht der Nationen, sich als Staaten frei und souverän zu entfalten, ohne Bedrohung von außen, und sei der Nachbar noch so übermächtig. Die NATO ist Schutz, denn die Demokratie verläßt sich auf ihre innere Überzeungskraft und benötigt zu ihrer Verbreitung keine Soldatenstiefel.
Ist es falsch zu sagen, die „Friedensbewegung“ bedient sich „rechter“ Analyse, um zu „linken“ Friedensvorschlägen zu kommen ? Ist es nicht zutiefst „rechts“, die demokratischen Prozesse bei der Friedenssuche zu negieren und auf eine neue Erstarrung in Form festgezurrter und militärisch gesicherter Einflußbereiche der Großmächte zu setzen ?Die Welt in der Lösungssuche auf ein einziges Militärlager zu reduzieren, um dann das Militär bei der Konfliktlösung zu vergessen, kann kein erfolgversprechender Weg sein, weil schon die Analyse nicht stimmt. Die „Road Map“ löst nichts, sondern sie schafft allenfalls einen nur mühsam zu bändigenden faulen Frieden. Bedient wird eine Großmacht wie Rußland, und die kleinen Ostblockländer müssen darben. Für mich ist das eine „rechte“ Sichtweise, die autoritäre Staatsführungen wie diejenige in Rußland in ihrem distanziert bis ablehnenden Denken über Demokratie, Menschenrechte, EU und westliche Ideen generell stützt und schützt und nichts gegen die russische Verdächtigung unternimmt, die NATO sei ein Instrument der Aggression gegen Rußland statt ein Instrument der Selbstverteidigung, des Schutzes von Demokratien vor Übergriffen von außen. Die „Road Map“ ist von daher zutiefst scheinheilig, weil sie Rußland ein Recht auf Verdächtigung des Westens, ja der Idee der Demokratie als solcher einräumt.
Scheinheilig, kleinmütig, der eigenen Werte nicht sicher. So kommen nicht nur die „Road Map“, sondern auch die Materialsammlung einher, die der „Road Map“ zugrunde liegt. Sie bedarf der dringenden Überarbeitung, sodaß solche Zoten wie, der Westen unterstütze „Aufständische“ in Kiew statt einer politische Bewegung mit Westorientierung, die mittlerweile breite Unterstützung in Bevölkerung und Parlament besitzt und obendrein einen gewählten Präsidenten an ihrer Spitze weiß, nicht mehr vorkommen. Von anderen faktenwidrigen und schlecht recherchierten Einlassungen ganz zu schweigen. Die pro-russische Propagandaschleuder im ZdF, die sich des Kabaretts als Mitteilungsform bediente, ist auch ein Beispiel, wie man es nicht machen sollte.
Die „Road Map“ ist ein Vorschlag für einen „rechten Frieden“, denn sie negiert die demokratischen Rechte der kleinen Ostblockstaaten auf freie Entfaltung. Sie ist „rechts, weil sie die Herrschaftsansprüche eines autoritär geführten Rußland´s schützt. Sie ist „rechts“, weil sie an eine Sozialismus-befreite Variante der früheren sowjetischen Doktrin von der begrenzten Souveränität der Ostblockländer erinnert.