Haben Sie fürs Alter vorgesorgt? So dass es auch reichen wird? Mieten steigen. Energiepreise steigen. Lebensmittelpreise, Benzinkosten, ÖPNV-Tarife – alle steigen. Nur die Renten sinken. (Und die Löhne real bislang auch, aber mir geht’s jetzt um die Renten.) Die OECD macht sich Sorgen über zunehmende Altersarmut in Deutschland. Und die Riester-Rente, vom Staat bezuschusst und lange Zeit als Wunderwaffe gegen Altersarmut angepriesen, hilft nicht allen. Insbesondere Rentenempfänger, die im Alter auf staatliche Sozialleistungen angewiesen sind, haben nichts davon, denn die Riester-Rente wird auf diese Leistungen angerechnet.
„Monitor“ hatte mit der These für Wirbel gesorgt, „Millionen“ künftiger Ruheständler müssten damit rechnen, dass sich ihre Ersparnisse dereinst „in Luft“ auflösten; so zitierte das WDR-Magazin den Rentenexperten Winfried Schmähl. Protest aus Berlin: „Völliger Unsinn“, unverantwortlich … Fakt ist: Für eine bestimmte (noch) recht kleine Gruppe von Menschen lohnt sich das Riestern tatsächlich nicht, wie Michael Bergius im FR-Kommentar schreibt.
Dazu FR-Leser Ralf Richter aus Dresden:
„Der Nutzen der Riesterrente bleibt fragwürdig – garantiert profitieren davon lediglich die Anbieter: Banken und Versicherungen, die regelmäßige Einzahlungen erhalten. Ob der Zahler dagegen später jemals etwas davon sieht? Notlagen können lange vor dem Rentenalter auftreten. Das Geld, was in die Riesterrente fließt, sollte für diesen Zweck besser gespart werden. Wer „riestert“ riskiert, dass er im Notfall erstens viel weniger zur Verfügung hat, als er haben könnte und zweitens sollte sich jeder einmal in aller Ruhe ausrechnen, wie alt er werden „muss“, um wenigstens seine eigenen Einlagen unverzinst wieder heraus zu bekommen! Fast alle Auszahlungskonditionen sind Zumutungen: Auszahlungen werden erst nach Erreichen des „gesetzlichen Rentenalters“ – wo das in zehn Jahren liegt, steht in den Sternen. Außerdem schreibt der Staat vor, wie viel der Einzelne pro Monat maximal bekommen darf. Alles auf einmal schon gar nicht! Das ist eine Gängelei und Bevormundung sondergleichen, bei der noch viele bereuen werden, dass sie nicht auf vermeintlich weniger attraktive, aber den realen Lebensverhältnissen wesentlich besser angepasste Spareinlagen gesetzt haben.“
Man muss sich nochmals vergegenwärtigen, weshalb die Riester-Rente eingeführt worden ist: Die Politiker haben auf Lobby-Druck der Kaptaleigentümer und insbesondere der Versicherungswirtschaft eine Verschlechterung von Rentenformel und damit eine Absenkung des Rentenniveaus herbeigeführt, so dass die Rente nicht mehr die Rente ist, die bis zur Zeit der rot-grünen Regierung Geltung hatte. Die Befürchtungen einiger Pessimisten scheinen richtig zu sein: Ein Durchschnittsverdiener kommt über eine Grundsicherung im Rentenalter nicht hinaus. Oberlobbyisten, wie Rürup und Raffelhüschen, die für Vorträge bei privaten Versicherungsunternehmen fünfstelligen Gagen abkassieren, durften in vielen Medien als die Gewährsmänner für die Notwendigkeit der Privatisierung der Rente auftreten. Die Wählerinnen und Wähler wurden, auch mit ihren eigenen Steuergeldern, die für die Werbekampagne der damaligen Bundesregierung benutzt worden sind, weichgekocht, so dass die Überzeugung sich breit machte, das seitherige Rentensystem stehe vor dem Kollaps. Mittlerweile sehen sich Wissenschaftler und Experten das Riesterprodukt genauer an und stellen fest, dass die Behauptung, Niedrigverdiener könnten im Alter armutsfrei leben, nicht stimmt.
Giacomo Corneo ist Professor für Finanzwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Er kam in einer Untersuchung von Ende 2007 zu dem Resultat, dass die Riester-Rente kein neues Sparpotenzial bei den Unterprivilegierten schaffe. Diejenigen, die über Geld verfügten, schichteten ihr Portfolio um, um die staatlichen Zuschüsse abzugreifen.
Und diese sind nicht gering. Ab dem Jahr 2009 kommen nach Schätzungen der Bundesregierung auf den Fiskus jährliche Steuerausfälle in Höhe von 12,5 Milliarden Euro zu. Nach Engelen-Kefer (ehem. stellvertretende DGB-Vorsitzende) war diese Förderungshöhe schon im vergangenen Jahr eingetreten: „Wenn diese (zumindest teilweise) nicht zielgerichtet eingesetzte steuerliche Förderung und dazu noch die enormen steuerlichen Mittel für die öffentliche Werbekampagne für die Riester-Rente stattdessen für die gesetzliche Rentenversicherung eingesetzt würden, könnten die Beiträge um mindestens ein Prozent entlastet werden. Ein Beitragspunkt macht etwa 7 Milliarden Euro aus.“
Das sind Fakten, die Riester und seine Hilfswissenschaftler verschweigen. Der Bundestagsabgeordnete selbst soll als Vortragsreisender bei Banken und Versicherungen über 180.000 Euro sog. Nebeneinkünfte gehabt haben (siehe Handbuch des Bundestages).
Die Wahrheit steht in den Sternen, aber doch soviel zu dieser unsäglichen Debatte.
1) Die Behauptung, die Rente sei nicht mehr sicher ist, gelinde gesagt, Propaghanda. Denn sowohl die kapitalgedeckte, als auch die gesetzliche Rente sind und bleiben von dem tatsächlich produzierten Wohlstand abhängig. Beide Systeme verteilen nur um, was produziert wird. Volkswirtschaftlich kollektives Sparen ist nicht möglich, es würde die Produkte heute billiger und morgen teurer machen (also würde ich morgen trotz sparen nicht mehr bekommen).
ABER
2) Wenn ich die Altersvorsorge privatisiere, dann werde ich viele haben die (aus welchen Gründen auch immer, meistens weil sie dafür kein Geld haben) nicht fürs Alter vorsorgen. DANN UND NUR DANN ist Sparen für die spätere Rente möglich. Jemand „verzichtet“(meistens machen dies jene, die ohnehin soviel Geld verdienen, dass sie nicht alles ausgeben können, sie sparen sich also nichtmal was vom „Munde“ ab) auf einen Konsumteil heute und kann daher in Zukunft den produzierten Wohlstand zu seinen Gunsten umverteilen. D.H.: Diejenigen, die heute schon überdurchschnittlich viel Geld verdienen und besitzen können durch die Privatisierung der Altersvorsorge ihre Vermögensposition zu Lasten zukünftiger Generationen und zukünftiger RentnerInnen (ohne Vorsorge) für die Zukunft verstetigen.
3) Die Zerstörung der Rentenformel, wie bakunix schon erwähnte, ist das Ergebnis einer massiven Propaghandaschlacht, die mit der Blümschenformel „Die Rente ist sicher“ verloren ging. Seither haben die Versicherungskonzerne durch ihren Lobbyismus die Parteien größtenteils für sich eingenommen.
4) „Das demographische Problem“ ist keineswegs eine derartige Bedrohung, wie es gerne behauptet wird. Der viel zitierte Altersqoutient ist kein geeignetes oder aussagekräftiges Argument. Denn die „Belastung“ ist heute und wird für alle Zeiten immer das Verhältnis der „arbeitenden“ und der „nicht-arbeitenden“ betrachten müssen. D.h. sowohl die Kinder als auch die Rentner ebenso wie die Erwerbslosen und die Stille Reserve leben alle von dem gesamtgesellschaftlich produzierten Wohlstand. Und diese Belastung ist aktuell auf einem historischen Tiefststand und wird etwa 2030 wieder Werte wie in den frühen 1970er Jahren erreichen. D.h. eine Belastungsdramatik ist aus der demographischen Entwicklung nur mit BÖSEM Willen zu ziehen.
Ferner muss berücksichtigt werden, dass alle Experten schon seit längerem Wissen, dass die gesetzliche Rentenversicherung derartige zusammengekürzt worden ist, dass selbst wenn ich Riester und Betriebsrente abschließe und die Renditeentwicklung für die Zukunft sehr positiv sehe, ich das ehemalige Rentenniveau um längen unterschreiten werde. Ergebnis ist, dass heute und in Zukunft durch die Privatisierung MEHR Beitärge zur Altersvorsorge nötigen sein werden und vor allem deutlich MEHR als wenn die alte Rentenformel aufrecht erhalten worden wäre. Aber dies wussten alle Entscheidungsträger vorher, wenn ich ein Non-Profit-Unternehmen wie die Gesetzliche Rentenversicherung durch eine Profitorientierte private Versicherung ersetze, können nur Idioten davon ausgehen, das meine Beiträge besser angelegt wären. Während (hoch gegriffen) die GRV mit 5 Prozent Verwaltungsausgaben auskommt, liegt diese Zahl (inkl. der Gewinnabzweigung) bei weit über Zehn Prozent bei privaten Unternehmen. Das aber bedeutet, dass die Rendite einer privaten Versicherung mindestens DOPPELT so hoch sein müsste, nur um das Leistungsniveau der Gesetzlichen Rentenversicherung zu halten. Aber diese Rechnung machen die großen von der Industrie gesponserten Forschungsinstitute nicht auf. Wissen freilich tun sie diesen Tatbestand.
Auch die Tatsache der gezilmerten Verträge offenbart den Beschiss: Die ersten (und aus kapitalsicht aufgrund des Zinseszinseffektes) lukrativsten Jahre (durch aus zwei oder drei Jahre) spare ich faktisch AUSSCHLIEßLICH für die private Versicherung. Diese heimst sich also auch noch die besten Jahre ein und hat, lange (Jahrzehnte) bevor sie zeigen muss, ob sie ihr Geld wert war, bereits ihr Vermögen an mir verdient.
Das Dilemma ist momentan nur, dass wenn nicht alle mitmachen beim Boykott der Privaten Vorsorge, sind alle die dummen, die sich keine Private Vorsorge leisten können oder wollen. Aber dies war immer der Zweck der Reform von ROT-GRÜN-SCHWARZ-GELB. Und dass wir auf die Debatte einer Grundrente hinauslaufen war jedem vernünftigen Menschen schon seit den Riesterreformen klar. Denn eine Gesetzliche Rente, die für die Mehrheit der Menschen zukünftig keine Rente über Grundsicherungsniveau mehr bieten wird, ist ihrer Berechtigung und Grundlage beraubt. Gleichzeitig ist der Ruf nach sozialer Abfederung auch der Ruf nach dem Todesurteil für die GRV und dem Umschwenken auf eine bedingungslose Grundrente (aller Vorraussicht nach unter der heutigen Grundsicherun) und einer daraus folgenden totalprivatisierung der Altersvorsorge. Die Reichen wirds freuen, die anderen lassen sich von Werbeslogans kaufen. Armutsvermeidung oder gar gesellschaftliche Umverteilung wird in der ganze Debatte nur noch als Utopie vorkommen. SCHÖNE NEUE WELT. Und sage keiner hinterher, es hätte vorher keine Mahnenden Stimmen gegeben…
Früher hat man gespart, damit man später nicht andern auf der Tasche liegt. Jetzt erfahren wir, daß solches Vorgehen dämlich ist, denn wer spart, um später nicht andern auf der Tasche zu liegen, verzichtet ja auf das Geld, daß er später bekommen kann, wenn er andern auf der Tasche liegt.
Ich denke, so kann man die Grundidee des Monitorbeitrags zusammenfassen.
Meine Anmerkung dazu ist, ja allerdings, dies ist eine SCHÖNE NEUE WELT, in der die Moral derart den Bach runter gegangen ist, daß ein solches Denken nicht auf Anhieb von den Menschen als dermassen antisozial erkannt wird, daß Journalisten sich hüten würden, solche Dinge zu bringen und sich als antisozial denkend zu entlarven.
Meine Ansicht ist, daß es die Verpflichtung eines Jeden sein sollte, nach seinen besten Kräften zu verhindern, andern auf der Tasche zu liegen. Reichen diese eignen Kräfte nicht, so muß es Unterstützung geben, und dies sollte auch nicht als „auf der Tasche liegen“ bezeichnet werden, es ist eben Hartz IV und es besteht eine Berechtigung zu seinem Bezug. Würden aber die eignen Kräfte (momentan) reichen, in Riester (oder andere private Vorsorgesysteme) einzuzahlen, und damit dann später die Belastung der helfenden Gemeinschaft ZU VERINGERN (da es einen Riester-Rentenanteil gibt), aber man tut dies dann doch nicht, weil ja später „doch nur“ eine Grundsicherung dabei herauskommt, genauso wie wenn man gar nichts sparen würde, so halte ich dies für antisozial, und die Tatsache, daß dies in der Diskussion über diesen Sachverhalt NIEMAND SONST erwähnt, spricht Bände über den Zustand unserer Gesellschaft, insbesondere die Selbstverständlichkeit, mit der man mit Hartz IV rechnet und rechnen kann, AUCH wenn man nicht sein Möglichstes tut, um durch eigne Leistungen Hartz IV zu vermeiden oder die Belastung der Hartz IV Kassen zu vermindern.
Herr Wedell,
die Unternehmer behaupten, dass wir die Rentenversicherung privatisieren müssen, weil sie nicht vorsorgen wollen, weil sie den Menschen nicht helfen wollen, obwol sie von ihrer Hände Arbeit leben. Ferner hat der Monitorbeitrag (nicht fachlich aber politisch) recht, wenn er den Menschen sagt, die Bundesregierung kürzt Euch ständig Eure Rentenansprüche und verspricht Euch, wenn ihr nur privat vorsorgt, dann geht es Euch im Alter nicht schlechter als es Euch gegangen wäre, wenn wir die GRV nicht kaputt gemacht hätten. Und dann (und das wissen alle „Experten“ schon seit Jahren) „stellt“ sich heraus, dass die GRV PLUS Riester PLUS Betriebsrente weniger sein wird, als es gewesen wäre und zwar deutlich weniger. Zum einen, weil Riester und Betriebsrenten gar nicht den Zins schaffen, der unterstellt wurde, zum anderen aber auch, weil das Grundproblem durch die private Vorsorge nicht gelöst wird: Die abhängig Beschäftigten bekommen vom produzierten Wohlstand immer weniger ab. Da in Deutschland traditionell die Reichen sich aus den Solidarsystem raushalten dürfen, können sich die abhängibeschäftigten damit auch nicht mehr für das Alter ordentlich absichern.
Und ihr geschreibse über Hartz IV offenbart nur, dass sie keine Ahnung haben von Hartz IV: In diesem System ist bereits jemand wegen Leistungskürzungen verhungert. Aussteuern (raus aus dem Bezug egal wie) von Bedürftigen ist die normale Umgangsform. Macen sie mal ein halbes Jahr hartz iv und dann kommen sie wieder…
Wenn es eine private, freiwillige Altersvorsorge gibt, egal wie die heißt (muß nicht Riester sein), und jemand, der sie betreiben KÖNNTE, es nicht tut, weil er durch den Umfang, in dem er sie betreiben kann, später als Rentner insgesamt sowieso nicht über das sozial garantierte Minimum hinauskommt, so kommt mir das antisozial vor, denn er sagt dann, die Altersvorsorge verjubel ich jetzt lieber erstmal, und lebe später von Zuwendungen ANDERER in Höhe von 100% des sozial garantierten Minimus, statt eine Altersvorsorge so zu betreiben, daß er nur von Zuwendungen Anderer in Höhe von 80%, 60% oder 40% des sozial garantierten Minimums muß.
So hat also das, was ich schrieb, nicht unbedingt was mit Riester oder Hartz IV zu tun, es geht ums Prinzip.
Aber das Prinzip ist doch, dass Altersvorsorge schon immer eine Frage der Solidarität war und immer sein wird. Denn stets leben die RentnerInnen von der Arbeit der mitteleren Kohorten. Das ist die eine Frage. Die zweite Frage ist die der sozialen Gerechtigkeit innerhalb einer Generation und wenn es da Personen gibt, der Einkommen trotz Vollzeitarbeit z.B. unter dem steuerlichen Existenzminimum verdienen (oder vielleicht nur knapp darüber), dann ist es eine Frage der innergenerationalen Solidarität, dass dieser nicht auch noch 20% ihres Einkommens fürs Alter bei seite legen müssen, denn faktisch leben sie bereits ohne Abzüge unter dem was sie zum Leben brauchen, folgten sie also ihrer Vorgabe, sollten sie lieber heute verhungern und dafür zukünftig der Allgemeinheit nicht auf der Tasche zu liegen. Ihre Forderung ist wahrlich Menschenverachtend und von heftigster Anti-Solidarität. Ich bleibe bei meiner Vermutung, dass sie von der sozialen Realität nur wenig Ahnung haben. Übrigens sei hier betont, dass die GRV wie sie momentan besteht, dies auch nicht leisten kann, da vor allem unter Schwarz-gelb aber auch rot-grün die wenigen sozialen Umverteilungselemente der GRV gestrichen wurden. Stattdessen werden Ausnahmen für Reiche und bessernverdienende eingebaut, die Leistung der unteren 80 Millionen muss sich für die oberen 10.000 schließlich lohnen, wo kämen wir denn sonst hin. Und am ende würde diese Ausbeuter auch noch aus Deutschland abhauen. Welch fürchterliche Vorstellung.