Eine Vorschau auf die kommende soziale Eiszeit

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Rentendebatte: „Merz‘ Problem mit den Jüngeren“ und „Selbstverschuldete Eskalation“, FR-Politik und -Meinung vom 17.11.


Weimarer Verhältnisse? Was war das noch mal?

Die „jungen Rebellen“ in der CDU geben schon eine Vorschau auf die soziale Eiszeit, die sich ausbreiten wird, wenn sie erst mal das Ruder übernehmen – sie oder ihre Gesinnungsfreunde von der AfD, die ja in punkto Sozialpolitik ein ähnliches Programm verfolgen und die vermutlich die Dividende aus der Kontroverse einstreichen werden.

Wie kann man auch nur so dumm sein, sich auf eine aus Beiträgen finanzierte Rente zu verlassen? Anstatt ein anständiges Aktiendepot anzulegen und dafür zu sorgen, dass es stetig wächst.

Das Ziel dieser „Rebellen“ ist nichts anderes als ein gesellschaftlicher und kultureller Rollback. Soziale Spaltung? – Na und? Weimarer Verhältnisse? – Was war das nochmal?

Susanne Roether, Frankfurt


Ein Sockelbetrag, der für alle gleich ist

Bei der Diskussion über die Renten wird ein Aspekt gar nicht genannt: Das Problem der prozentualen Rentenerhöhung. Diese führt dazu, dass die Differenz zwischen niedrigen und hohen Renten immer größer wird. Bekomme ich 1000 Euro Rente im Monat erhalte ich bei einer 5%igen Rentenerhöhung 50 Euro mehr. Habe ich 5000 Euro Rente sind es 250 Euro. Bei der Nächsten Rentenrunde sind aber 5250 Euro die dann um 5% erhöht werden. Dementsprechend geringer fällt die Erhöhung aus, wenn der Basisbetrag nur 1050 Euro ist. Die Lebenshaltungskosten steigen aber aber für alle Menschen gleich stark an. Dies führt nach einigen Jahren dazu, dass der eine Rentner sich eine zweite Ferienreise leisten kann, während der Andere kaum über die Runden kommt. 

Weshalb ist es nicht möglich in den nächsten Jahren einen Sockelbetrag für alle Rentner und natürlich auch für Pensionäre (ich bin selber einer) zu bezahlen. In vielen Tarifverträgen war dies doch auch möglich. 

Heinrich Mesch, Attendorn


Abgeordnete haben in der Regel ausgesorgt

Der Enkeltrick der Jungen Gruppe in der Union ist eine Frechheit. Alle Mitglieder der Gruppe sind Mitglieder des Bundestages. Nach vier Jahren Mandat haben MdB einen Anspruch auf eine Pension im Ruhestand für deren Höhe durchschnittlich bezahlte Arbeitnehmer innen 35 Jahre arbeiten müssen. Und dazu in die Rentenversicherung einzahlen. Wer mehrere Legislaturen im Bundestag verbringt kann in dieser Zeit, ist ja keine Neuigkeit, reichlich Kontakte knüpfen um Nebeneinkünfte einzunehmen. Sorgen über zu wenig Kaufkraft im Ruhestand braucht sich dann niemand machen. Dazu gibt es als MdB reichlich Gelegenheit nach dem Mandat eine immer sehr gut bezahlte Stelle zu finden. Siehe C .Lindner. Was der alles kann und weiß. Wann schläft er dann überhaupt noch.

Besonders gemein und hinterlistig ist es dass diejenigen die die genannten rentenpolitischen Forderungen stellen nie von den Beschlüssen die diese Forderungen in Gesetze fassen betroffen sind. Es ist so wie mit dem Wasser und dem Wein.

Wer es wie auch immer geschafft hat in den Bundestag zu kommen muss nie mehr befürchten ohne Arbeit und Einkommen dazustehen. Wird nie erleben „dürfen“ nach dem Beginn einer Arbeitslosigkeit den nicht sehr angenehmen Spruch zu hören „dann kommt Hartz vier“, heute Bürgergeld genannt. Alle die diesen Spruch anhören durften werden sich mit Magenschmerzen daran erinnern. Es sind die die Steuern erwirtschaften mit denen die Pensionen der MdB finanziert werden.

Gerhard Müller, Offenbach


Ein Blick über den Zaun zu den Nachbarn

Ich war Anfang der 1970er Jahre aus beruflichen Gründen im Schul- und tertiären Bildungsbereich intensiv mit Fragen der Rentenversicherung – z. B. auch im Vergleich zur Beamtenversorgung – befasst. Dazu war von der seinerzeitigen Bundesregierung eine sog. Personalkommission eingesetzt worden, ein fünfbändiges Werk wurde von dieser vorgelegt. Darin waren u. a. bereits Elemente eines sog. Dreisäulenmodells konzipiert. Die Schweiz leitete schon damals eine umfassende Rentenreform ein.

In Deutschland gab es dazu wenig zukunftsorientierte politische Entscheidungen – eines der größten Versäumnisse aller Regierungen, obwohl sich die Schwächen des Rentensystems abzeichneten. Festzustellen ist, dass es sich heute aber nicht mehr nur um Schwächen handelt, sondern eine Implosion der gesamten umlagefinanzierten Rentenversicherung droht.

Ein Blick über den Zaun zu Nachbarn zeigt: U. a. in den Niederlanden wurde das gesamte Rentensystem längst erfolgreich umgebaut, jetzt von den Menschen „Cappucino-Modell“, formal „Dreisäulenmodell“ genannt. So wurde dort insgesamt eine bessere, d. h. höhere und nachhaltigere Absicherung der Rente erreicht durch: 1. Staatliche Basisabsicherung der Grundrente. 2. Verpflichtende betriebliche Altersvorsorge über branchenspezifische Pensionsfonds, die am Aktienmarkt angelegt sind. 3. Freiwillige private Rentenvorsorge, die durch den Staat finanziell gefördert wird. Dabei ist z. B. interessant, dass die in den Niederlanden seither geltende Mindestrente gleichzeitig als soziales Sicherheitsnetz funktioniert.

Der dringend notwendige und grundlegende Umbau der Rentenversicherung  in Deutschland müsste spätestens zum 1. Januar 2029 erfolgen und nicht wie derzeit propagiert, „erst irgendwann nach dem Jahr 2031.“ Alle Bürgerinnen und Bürger sollten sich eingehend mit diesen Fragen befassen, die derzeit für erheblichen Streit in der Regierung sowie innerhalb der Union selbst, sorgen.

Josef F. Draxinger, Vohburg


Gewöhnt an begüterte Verhältnisse

Nun ist Kanzler Merz selbst bei seinem eigenen Parteinachwuchs in Verschiß geraten. Vorgeblich geht es den Unionsjüngern in Sachen künftiger Altersversorgung um die Belange der jungen Generation, hauptsächlich aber um ihre eigenen Interessen und die Befürchtung, aus den persönlichen Pfründen verstärkt für die Finanzierung des Gemeinwohls abgeben zu müssen. Daß in der steinreichen bundesdeutschen Klassengesellschft wie kürzlich berichtet ein halbe Million Menschen obdachlos sind und schon heute viele Rentner und vor allem Rentnerinnen nur mit Hilfe von Lebensmitteltafeln über die Runden kommen, gibt den arroganten Lautsprechern der Jungen Union freilich nicht im entferntesten zu denken. Da sie reich begüterte Verhältnisse gewohnt sind – sonst wären sie ja nicht in der Jungen Union – fehlt diesen egoistischen Kreisen jegliches Verständnis für sozialen Ausgleich und solidarisches Teilen. Das von der Exekutive beschlossene Rentengesetz kann aber auch trotz Boykott durch die Jungunionisten legislativ verabschiedet werden, dann eben mit Stimmen der Linken und Grünen.

Joachim Bohndorf, Bensheim


Der Generationenvertrag ist im Prinzip richtig

Es könnte so einfach sein, die Rentenproblematik zu entschärfen. Eine Lösungsmöglichkeit wurde bereits diskutiert und als Sakrileg sogleich verworden, nämlich höhere Altersbezüge (Renten und Pensionen) teilweise abzuschöpfen. 

Nicht nur die Demografie sondern auch die Dynamisierung verzerren das im Kern richtige Prinzip des sogen. Generationenvertrags, also Finanzierung der Bezieher und -innen durch die zeitgleichen Beitragszahlenden. So triften die Renten immer weiter auseinander. Die lineare Erhöhung begünstigt die besseren Renten und die kleinen Renten werden immer mehr abgehängt. Grundfehler ist, dass das System nicht die Tarifrealität berücksichtigt. Im Erwerbsleben werden bei Tarifabschlüssen idR Kappungsgrenzen und Sockelbeträge realisiert, um ein Auseinandertriften der Einkommen zu begrenzen.

Es gibt das administrativ unlösbare Problem, der geringverdienenden Friseurin etwas mehr zukommen zu lassen, ohne zugleich die geringfügig „mitarbeitende“ Facharztgattin in gleicher Weise zu fördern. Es bleibt nur, oben einzubremsen, nicht nur durch die der Progression unterliegende Besteuerung der Alterseinkommen.

Zusätzliche Vorsorge zur Aufstockung kann nur finanzieren, wer nicht darauf angewiesen ist. Wer es dennoch tut, darf nie in die Klauen der Grundsicherung geraten, denn dann wird die zusätzliche Alterssicherung angerechnet. Das alte Modell der Kapitallebensversicherung ist sogar aufbrauchpflichtig. Also entweder Klotzen oder bleiben lassen. Alles dazwischen ist für die Katz.

Hartmut Willibald Rencker, Mainz


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