Am 1. Februar erschien im FRplus Kultur ein Text des Autors Jürgen Roth, der vielen LeserInnen dank seiner spitzen Feder ein Begriff sein dürfte. Entsprechend häufig kommt es vor, dass jemand nicht so ganz einverstanden ist mit dem, was Herr Roth schreibt – gerade weil er meistens unmissverständlich ist. Diesmal geht es um ein „kulturhistorisches Plädoyer aus gegebenem Anlass“. Dieser Anlass – lesen Sie dazu hier und hier. Es geht also ums Rauchen bzw. um den Schutz der Nichtraucher. Und der Herr Roth hat nun sämtliche political correctness in den Wind schießen lassen und das Ganze mal kulturhistorisch aus Rauchersicht gesehen.

Dazu schreibt mir erbost Bernd Ackermann:

„Ich lese die FR seit über zwei Jahrzehnten im Abo, aber das ist der mit Abstand dümmste und skandalöseste Artikel der jemals geschrieben wurde. Als ich mich in den achtziger Jahren für die FR entschied, war es wegen der hohen Verantwortungsethik, die aus der gesamten Zeitung entgegenkam. Wie können Sie es wagen, als Zeitung, die die Vernunft auf ihre Fahnen schreibt, einem solchen hochentwickelten sophistischen Schwachsinn wie in diesem Artikel über das Rauchen Raum zu geben? Was denken Sie sich angesichts tausender Tote unter Nichtrauchern wegen der verdammten Raucherei und des Terrors der Raucher, eine solche Beeinflussungsstrategie zu fahren? Haben Sie noch niemanden in ihrer Umgebung an Raucherkrebs leiden oder sterben sehen? Wie steht es denn mit den Krankheitskosten, die daraus entstehen und die kaum noch in den Griff zu bekommen sind? Reicht das intellektuelle Niveau in der FR neuerdings nicht mehr aus, diese Zusammenhänge zu erkennen? Auch im FR-Literatur- und Kulturteil steigt der Schmutzpegel an. Das ist verantwortungslos und skandalös.“

Damit hier keine Missverständnisse aufkommen: Ich bin Nichtraucher und vermutlich durch Passivrauchen längst geschädigt. So wie durch andere Einflüsse auch (Feinstaub, UV-Strahlung u.v.a.m.). Soll heißen: Ich habe nichts gegen RaucherInnen. Aber ich bin trotzdem der Meinung, dass der Nichtraucherschutz vorangebracht werden muss. Das ist auch die Linie der FR, wie aus unserer Berichterstattung wohl auch hervorgehen dürfte.

Ist es aber wirklich „verantwortungslos und skandalös“, wenn wir mal auf die Geschichte des Rauchens zurückblicken lassen? Niemand kann sagen, welche Werke bedeutender KünstlerInnen nicht entstanden wären, hätten diese Leute nicht geraucht. Soll heißen: RaucherInnen neigen mitunter dazu, Ihre Sucht zu überhöhen. Vielleicht auch, um sie dadurch zu rechtfertigen. So ist es also unmöglich, den Einfluss des Rauchens auf die Kulturgeschichte exakt zu bestimmen. Aber er ist zweifellos da.

Natürlich bin ich mit der Kritik von Bernd Ackermann zu den Verantwortlichen gegangen. In diesem Fall zu Christian Schlüter vom FRplus Kultur, der ebenfalls der Meinung ist, dass ein Fortschritt im Nichtraucherschutz dringend erforderlich ist. Er sieht das eher aus der moralischen Perspektive als aus der politischen oder juristischen. Er meint jedoch auch, dass ein solcher Fortschritt durch Verzicht an anderer Stelle erkauft wird: Es fällt etwas anderes dafür weg. Etwas, was engagierte NichtraucherInnen nicht direkt vermissen werden, was sich aber trotzdem auch für sie auswirken könnte. Davon versucht der Artikel von Jürgen Roth zu sprechen. Ob das gelungen ist? Eines kann man wohl aber festhalten: Niemand wird wegen diesem Artikel das Rauchen anfangen.

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9 Kommentare zu “Plädoyer, kulturhistorisch

  1. @“Rauchen“;
    das trifft sich aber gut! gerade las ich in der heutigen Kommentarspalte der FR auf Seite 3, den „Raucherkommentar“ von Arnd Festerling: „Rauchverbot“, über das „Trauerspiel“ ums Rauchen in der Gastronomie, wie es eigentlich nur unser Föderalismus hervor bringen kann!
    Wenn mann das Herumgeeiere unser „schlauen“ MPs sich anschaut; jedenfalls wie in dem Kommentar geschildert!
    Aber für mich liegt die Lösung auf der Hand, nämlich in Singular und Plural des Wortes oder Ortes KNEIPE! Hier wird einfach ein „N“ (Vorschlag Wulf) für die Nichtraucher angehängt, also KNEIPEN und für die anderen heißt die Kneipe, bzw. der Qualm-Ort für Raucher dann: „KNEIPER“; na, wäre das was?

  2. Wenn bald die Indianer keine Friedenspfeife mehr rauchen dürfen, wird das Kriegsbeil gar nicht mehr aus der Hand gelegt.
    Will sagen: Die soziale Komponente des gemeinsamen Paffens (auch bei Bleichgesichtern) zur Schlichtung von Meinungsverschiedenheiten, gerne bei einem Bier, und darüber hinaus etwa das Bekräftigen der Verbundenheit bei der Zigarette Danach kommt auch bei Jürgen Roth zu kurz.
    Als Nichtraucher seit 18 Jahren habe ich die Erfahrung gemacht, dass Raucher entspannter sind und ihnen die Strenge (genau genommen: Verbohrtheit) von Nichtrauchern fremd ist – weshalb ich mich bei Bahnfahrten bewusst ins Raucherabteil hocke.
    Es reicht doch vollkommen, wenn die Raucher zur Rücksichtnahme auf diejenigen, die halt ein anderes Laster haben, eingeschworen werden.
    Jedenfalls ist es Bernd Ackermann nicht erlaubt, hier als selbsternannte Gesundheitspolizei Amok zu laufen.

  3. @Klugsch.“Nichtraucherabteil“;
    Gemach, gemach, gegenüber Bernd Ackermann. Aber was ich gar nicht wusste, bzw. weil so lang her, verdrängt hatte, dass es jetzt außer den früher bekannten Schnapsschnorrern, nun die moderne Version, also auch den „Rauchschnorrer“ gibt! Aber ich erinnere mich, dass ich ,nachdem ich mir seinerzeit, als 20-jähriger das Rauchen abgewöhnt hatte, damals bewusst im Raucherabteil der Bahn, auch noch hinter einer Dampflok, nach Frankfurt fuhr und auf dem Bürgersteig gern hinter einem Raucher herging; Wahnsinn einfach Wahnsinn, wenn ich so zurückdenke! Aber nichts desto Trotz, Rauchen ist sicher schädlich! Ich habe viele gute Bekannte und auch nahestehende Familienangehörige, relativ früh an typischen Raucherkrankheiten, wie Bronchial-, Rachen und Darmkrebs erkranken und sterben sehen! Und noch etwas, wenn parallel dazu – noch nicht mal extremer – Alkoholgenuss kam, trat die Erkrankung und Tod nicht weit hinter 50 auf!
    Deshalb Klugscheißer, es war die richtige Entscheidung mit dem Rauchen aufzuhören, und Geld sparts auch!

  4. @Hallo
    Ich erinnere mich, dass ich den oben genannten Text in der FR begonnen hatte zu lesen und irgendwann den Faden verloren habe. Der Sinn des Textes hat sich mir nicht wirklich erschlossen, wie ich gestehen muss, und aus dem Grund habe ich in der Mitte etwa aufgegeben. Das Ganze (oder soll ich lieber sagen die Hälfte) wirkte auf mich belanglos und langatmig. Der Leserbrief von Herrn Ackermann hat wenigstens Biss. „Hochentwickelter sophistischer Schwachsinn“, ja damit hat erschon Recht, liebe FR.

  5. #2″….. habe ich die Erfahrung gemacht, dass Raucher entspannter sind und ihnen die Strenge (genau genommen: Verbohrtheit) von Nichtrauchern fremd ist………“

    Beide, Raucher wie Nichtraucher geben sich nichts. Verbiete einem Raucher das Rauchen und es ist vorbei mit der Entspannung, wie man jetzt ja bei der Rauchverbotsdiskussion sieht. Und so ganz fremd ist einem Raucher auch die Verbohrtheit/Strenge nicht wenn es um das Rauchverbot geht.

  6. @“Raucher und Rauchen“;
    ich erinnere mich, dass irgendwann mal ein Psychologe erklärt, dass das Rauchbedürfnis meist in früher Kindheit zu suchen ist. Er hat das begründet mit verschiedenen Baby- bzw, Kleinkindbedürfnissen, die in der frühkindlichen „Prägungsphase“ nicht zufrieden gestellt wurden, warum auch immer!

  7. @“Rauchen“, bei Jugendlichen, bzw. auch Kindern;
    Eine neueste Untersuchung der UNICEF über Suchtgefahren bei Jugendlichen und Kindern in Vergleichbaren Industriestaaten, hat herausgefunden, zum EINEN, dass es in Deuschland am Schlechtesten ist und die Gefahr besteht, dass „WIR DIE ZUKUNFT VERLIEREN“, weil unsere Jugend aufs höchste gefährdet ist; dies insbesondere auch was das RAUCHEN anbelangt! In Staaten wo das RAUCHEN GEÄCHTET ist und in Gaststätten und Schulen absolutes RAUCHVERBOT besteht – es auch keine Raucherlehrerzimmer gibt, wird unter Jugendlichen kaum geraucht! Deshalb es bewahrheitet sich die Regel: „Schlechtes Vorbild und/oder falsche Vorbilder ziehen falsche Verhalten der Kids nach sich!“
    LEUTE LASST DAS RAUCHEN!

  8. 8.Eva K.“Hinweis(Link) auf Goethe;
    das was Beilharz im letzten Absatz da zu Goethes „Raucheranklage“ im letzten Absatz schreibt habe ich auch so empfunden!
    Nun aber doch noch etwas aus des Dichterfürsten W. Goethe seiner Anklage.
    Zitat:
    „…Aber es liegt im Rauchen eine arge Unhöflichkeit, eine impertinente Ungeselligkeit! Der Raucher verpestet die Luft weit und breit! (…) Wer ist imstande in das Zimmer eines Rauchers zu treten ohne Übelkeit zu empfinden?“
    Ich meine dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen!

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